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Harald Birgfeld, Webseite seit 1987/ Website since 1987

 

da liegt mein Herz, Geschichten aus Niemandsland 2022 -2024 (im Entstehen)

z.B.: 100 Jahre „Kafka“, eine herrenlose Fundsache (neu)

 

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Gedicht der Woche,

Lyrik, Prosa und Ingenieurarbeiten

 

 

Galeriebild der Woche und

Bildergalerie

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

Wir gerieten in den

Gürtel der Meteoriten

 

Lyrik.

10.000 Aufschläge

Band 15: Aufschläge 7000 - 7500

 
Harald Birgfeld

ISBN 3-937264-26-4

 

"Es lohnt sich, einmal einen heutigen Dichter kennen zu lernen, der mit der deutschen Sprache einen faszinierend fremden Weg betritt und trotzdem dem Leser Freiraum lässt für eigene Gedankengänge, ohne dass die Probleme in erhobener Zeigefingermanier zu zeitkritischen Trampelpfaden werden." (1986: Gutachten).

 

Harald Birgfeld, von Beruf Diplom-Ingenieur, schrieb seine Gedichte während der morgendlichen Fahrt mit der Hamburger S-Bahn zur Arbeit.  Seine Texte entstanden fast immer bereits in endgültiger Form.

 

Copyright 2007 beim Autor, Harald Birgfeld, alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne schriftliche Erlaubnis des Herausgebers, Harald Birgfeld, reproduziert werden. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verfilmung und Einspeicherung sowie Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Herausgeber, Autor, Redakteur: Harald Birgfeld, über e-mail:          Harald.Birgfeld@t-online.de

 

 

23 Gedichtbände, 10.000 Strophen: Wir gerieten in den Gürtel der Meteoriten, 10.000 Aufschläge.

Zum jeweiligen Volltext: 

 

Bd.  1: Aufschläge       1 -  500

 

Bd.  2: Aufschläge    501 -   999

 

Bd.  3: Aufschläge 1000 - 1501, (1. Version)

 

Bd.  3: Aufschläge 1000 - 1501, (2. Version)

 

Bd.  4: Aufschläge 1502 - 2000

 

Bd.  5: Aufschläge 2001 - 2499

 

Bd.  6: Aufschläge 2500 - 3000

 

 

 

Bd.  7: Aufschläge 3001 - 3501

 

Bd.  8: Aufschläge 3502 - 3999

 

Bd.  9: Aufschläge 4000 - 4500

 

Bd. 10: Aufschläge 4501 - 5001

 

Bd. 11: Aufschläge 5002 - 5499

 

Bd. 12: Aufschläge 5500 - 6000, (1. Version)

 

Bd. 12: Aufschläge 5500 - 6000, (2. Version)

 

Bd. 13: Aufschläge 6001 - 6501

 

 

 

Bd. 14: Aufschläge 6502 - 6999

(online und im Buchhandel)

 

Bd. 15: Aufschläge 7000 - 7500

 

Bd. 16: Aufschläge 7501 - 8002

 

Bd. 17: Aufschläge 8003 - 8500

 

Bd. 18: Aufschläge 8501 - 9000

 

Bd. 19: Aufschläge 9001 - 9500

 

Bd. 20: Aufschläge 9501 - 9827

 

Bd. 21: Aufschläge 9828 - 10.100

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Aufschläge 7000 - 7002

Aufschläge 7003 – 7005

Aufschläge 7006 – 7008

Aufschläge 7009 – 7011

Aufschläge 7012 – 7014

Aufschläge 7015 – 7017

Aufschläge 7018 – 7020

Aufschläge 7021 – 7023

Aufschläge 7024 – 7026

Aufschläge 7027 – 7029

Aufschläge 7030 – 7032

Aufschläge 7033 – 7035

Aufschläge 7036 – 7038

Aufschläge 7039 – 7041

Aufschläge 7042 – 7044

Aufschläge 7045 – 7047

Aufschläge 7048 – 7050

Aufschläge 7051 – 7053

Aufschläge 7054 – 7056

Aufschläge 7057 – 7059

Aufschläge 7060 – 7062

Aufschläge 7063 – 7065

Aufschläge 7066 – 7068

Aufschläge 7069 – 7071

Aufschläge 7072 – 7074

Aufschläge 7075 – 7077

Aufschläge 7078 – 7080

Aufschläge 7081 – 7083

Aufschläge 7084 – 7086

Aufschläge 7087 – 7089

Aufschläge 7090 – 7092

Aufschläge 7093 – 7095

Aufschläge 7096 – 7098

Aufschläge 7099 – 7101

Aufschläge 7102 – 7104

Aufschläge 7105 – 7107

Aufschläge 7108 – 7110

Aufschläge 7111 – 7113

Aufschläge 7114 – 7116

Aufschläge 7117 – 7119

Aufschläge 7120 – 7122

Aufschläge 7123 - 7125

Aufschläge 7126 – 7128

 

 

Aufschläge 7129 – 7131

Aufschläge 7132 – 7134

Aufschläge 7135 – 7137

Aufschläge 7138 – 7140

Aufschläge 7141 – 7143

Aufschläge 7144 – 7146

Aufschläge 7147 – 7149

Aufschläge 7150 – 7152

Aufschläge 7153 – 7155

Aufschläge 7156 – 7158

Aufschläge 7159 – 7161

Aufschläge 7162 – 7164

Aufschläge 7165 – 7167

Aufschläge 7168 – 7170

Aufschläge 7171 – 7173

Aufschläge 7174 – 7176

Aufschläge 7177 – 7179

Aufschläge 7180 – 7182

Aufschläge 7183 – 7185

Aufschläge 7186 – 7188

Aufschläge 7189 – 7191

Aufschläge 7192 – 7194

Aufschläge 7195 – 7197

Aufschläge 7198 – 7200

Aufschläge 7201 – 7203

Aufschläge 7204 – 7206

Aufschläge 7207 – 7209

Aufschläge 7210 – 7212

Aufschläge 7213 – 7215

Aufschläge 7216 – 7218

Aufschläge 7219 – 7221

Aufschläge 7222 – 7224

Aufschläge 7225 – 7227

Aufschläge 7228 – 7230

Aufschläge 7231 – 7233

Aufschläge 7234 – 7236

Aufschläge 7237 – 7239

Aufschläge 7240 – 7242

Aufschläge 7243 – 7245

Aufschläge 7246 – 7248

Aufschläge 7249 – 7251

Aufschläge 7252 – 7254

Aufschläge 7255 – 7257

 

Aufschläge 7258 – 7260

Aufschläge 7261 – 7263

Aufschläge 7264 – 7266

Aufschläge 7267 – 7269

Aufschläge 7270 – 7272

Aufschläge 7273 – 7275

Aufschläge 7276 – 7278

Aufschläge 7279 – 7281

Aufschläge 7282 – 7284

Aufschläge 7285 – 7287

Aufschläge 7288 – 7290

Aufschläge 7291 – 7293

Aufschläge 7294 – 7296

Aufschläge 7297 – 7299

Aufschläge 7300 – 7302

Aufschläge 7303 – 7305

Aufschläge 7306 – 7308

Aufschläge 7309 – 7311

Aufschläge 7312 – 7314

Aufschläge 7315 – 7317

Aufschläge 7318 – 7320

Aufschläge 7321 – 7323

Aufschläge 7324 – 7326

Aufschläge 7327 – 7329

Aufschläge 7330 – 7332

Aufschläge 7333 – 7335

Aufschläge 7336 – 7338

Aufschläge 7339 – 7341

Aufschläge 7342 – 7344

Aufschläge 7345 – 7347

Aufschläge 7348 – 7350

Aufschläge 7351 – 7353

Aufschläge 7354 – 7356

Aufschläge 7357 – 7359

Aufschläge 7360 – 7362

Aufschläge 7363 – 7365

Aufschläge 7366 – 7368

Aufschläge 7369 – 7371

Aufschläge 7372 – 7374

Aufschläge 7375 – 7377

Aufschläge 7378 – 7380

Aufschläge 7381 – 7383

Aufschläge 7384 – 7386

 

Aufschläge 7387 – 7389

Aufschläge 7390 – 7392

Aufschläge 7393 – 7395

Aufschläge 7396 – 7398

Aufschläge 7399 – 7401

Aufschläge 7402 – 7404

Aufschläge 7405 – 7407

Aufschläge 7408 – 7410

Aufschläge 7411 – 7413

Aufschläge 7414 – 7416

Aufschläge 7417 – 7419

Aufschläge 7420 – 7422

Aufschläge 7423 – 7425

Aufschläge 7426 – 7428

Aufschläge 7429 – 7431

Aufschläge 7432 – 7434

Aufschläge 7435 – 7437

Aufschläge 7438 – 7440

Aufschläge 7441 – 7443

Aufschläge 7444 – 7446

Aufschläge 7447 – 7449

Aufschläge 7450 – 7452

Aufschläge 7453 – 7455

Aufschläge 7456 – 7458

Aufschläge 7459 – 7461

Aufschläge 7462 – 7464

Aufschläge 7465 – 7467

Aufschläge 7468 – 7470

Aufschläge 7471 – 7473

Aufschläge 7474 – 7476

Aufschläge 7477 – 7479

Aufschläge 7480 – 7482

Aufschläge 7483 – 7485

Aufschläge 7486 – 7488

Aufschläge 7489 – 7491

Aufschläge 7492 – 7494

Aufschläge 7495 – 7497

Aufschläge 7498 – 7500

 

 

Aufschläge 7000 - 7002

 

Klettere nach oben, klage an

Und klage uns,

Denn unermesslich ist dein Schmerz,

So klettere nach oben,

Höre unsre Klagelieder an,

Sie machen schließlich schmerzfrei,

Und sieh hinter dich und finde

Schatten, die sind nicht mehr dunkel sondern

Licht und bunt gekleidet,

Ja, sie fielen von dir ab

Und gehen ihrer eignen Wege,

Und der tiefe

Schmerz lässt sich nicht einfach wiederholen,

Und ich hörte, dass die

Herzverletzten große Narben in sich trügen,

Die versorgt kein Blut.

 

 

 

Nachts, das sah ich nun, als ich mich

Wieder zu dir legen wollte,

Weil du mir begehrenswert erschienst

Und weil du mir entgegen kamst,

Ja, nachts schob ich die

Säule hellen Lichtes mit dem

Bettgestell in eine große

Höhle, die entstand im

Zimmer, das war viel zu klein

Und weitete sich unermesslich aus für diesen Zweck,

Des Nachts erstarrtest du und ließt sich

Andre zu dir wenden

Und ich musste auf dich warten,

Und der

Lichtstrahl, der dich trug,

Fuhr viel zu langsam wieder ein.

 

 

 

Unter uns befanden sich auch

Puppenmenschen, die erfand man, um uns zu bevölkern,

Und ich lebte all die

Jahre unentdeckt und wechselte den

Standpunkt häufig,

Und ich hüte mich noch heute sorgfältig

Vor jeder

Art Verletzung.

 


 

Aufschläge 7003 – 7005

 

Man schrieb das

Jahr, das diesem folgen würde,

Und du hattest mir noch nichts erzählt

Von deinem und von deinem Leben,

Heute wusste ich davon,

Ich würde es erfahren in dem

Jahr, das diesem folgen würde,

In den

Bildern deutetest du alles an

Und ich entdeckte, wie geschickt du die

Gesichter deiner Zukunft zu verstecken wusstest,

Ganz natürlich fehlte ihnen die

Lebendigkeit,

Es war ja lang noch nicht das

Jahr, das diesem folgen würde,

Und ich stand am Ende,

So, wie du dich gabst,

Würd ich dich nicht aus einem

Kaufhauskatalog erwerben wollen.

 

 

 

Einmal dachte ich zurück soweit ich konnte,

Machte vieles ungeschehen

Und befinde mich nun hier,

Und habe die

Erlaubnis über meine Zukunft nachzudenken,

Die geschieht gewiss,

Und ich spiel darin keine Rolle,

Und ich spüre einen

Ruck, weil man an diesen

Reisezug ganz unvermutet neue

Wagen hängt,

Die kann ich zwar nicht sehen,

Doch ich weiß, dass sie mich etwas

Angehn.

 

 

 

Gestern schlug ich mit der

Spielzeugpeitsche einen

Kreisel aus der Jugend,

Und ich sag es nur, weil mir die

Dummheit meiner Handlung heute auffiel

Als ich aus dem Kreisel kletterte,

Der stand noch in der letzten

Drehung aufrecht,

Und es wurde

Zeit für mich.

 


 

Aufschläge 7006 – 7008

 

Manchmal wurd es dir zu viel,

Und vieles wurde viel zu schwer für dich,

An deinen

Armen zog ein Auftrieb, der dich oben hielt,

Die

Schwimmbewegung deiner

Beine war ganz ungeübt,

Und auch umsonst stießt du das

Eine und das andre Mal in Tiefen wo der

Boden fehlte,

Und dein

Anruf wurde falsch von mir verstanden,

Ich benahm mich in der

Hilfestellung, die du abriefst, völlig ungelenk,

Du wusstest nicht, dass ich die

Angst vor offnem

Wasser niemals überwinden würde,

Und ich sah auch nicht genau,

Was unter deiner

Oberfläche stand.

 

 

 

Im

Bahnhofseingang lag ein junger Mensch,

Und andre beugten sich zu ihm,

Man legte ihm den eignen

Kopf in seinen Nacken und die

Arme unter seine Füße, dass das

Blut so besser zirkulieren könnte,

Seinen weißen

Blindenstock warf man zur

Seite, weil jetzt andre für ihn sahen,

Das war besser,

Und man dachte, dass man ihn mit etwas

Glück würd retten können.

 

 

 

Draußen trafen

Sommervögel ein,

Das freute mich, ich zog zu ihnen auf, weil eine kleine

Freude größer war als keine Freude,

Und sie waren aus der

Nähe nicht die Gäste aus dem Vorjahr,

An die Alten konnte man sich kaum erinnern,

Und ich spräche eine längst vergangne

Nestzeit an,

Die wäre wirklich zweimal abgetan.

 


 

Aufschläge 7009 – 7011

 

Hätt ich nicht auf dich gewartet,

Wär mein Raum jetzt leer,

Du siehst auch, dass der

Regen später fiel, denn unter mir ist trocknes

Straßenpflaster, das biet ich dir als Beweis,

Du aber blickst hinauf zur

Wolke wilder Tauben,

Und ich kann es nicht verstehen, wie sie

Antwort geben sollen,

Woher willst du wissen, dass sie dort schon flogen,

Als ich ankam.

 

 

 

In der

Jugend fesselte ich einen

Baumstamm an sich selbst,

Ich hatte dafür auch ein

Urteil fällen müssen,

Und das Seil fand ich auf einer Straße,

Damals nahm ich es als

Fingerzeig, das war erlaubt,

Und alles war gerecht und richtig,

Und ich lebe heute völlig anders

Und notiere alle

Nachtgeräusche, die ich auf der

Tagesbrücke höre, und zur

Tarnung geh ich aus mit einem

Blindenstock, den hänge ich mir auch im

Gehen lose an den Arm, weil ich mir sicher bin,

Dass mir wohl niemand in so später

Nacht begegnen wird,

Und die, die mich verfolgen,

Lassen sich nicht täuschen.

 

 

 

Ich musste mich als

Diener unter Dienenden verkleiden,

Und ich lebte so die

Tage und die Nächte und so fort

Und war in

Wirklichkeit ein

Diener unter Dienenden,

Der brauchte sich nicht zu verkleiden,

Den erkannte man sofort,

Und Dienende hätt man mit ihrer eignen

List niemals betrügen können.

 


 

Aufschläge 7012 – 7014

 

Ich konnte gehen, wann ich wollte

Und wohin ich wollte,

Und ich lebte völlig in der

Symmetrie,

Wuchs ich nach oben, ging es auch gleich in die

Tiefe,

Wenn ich aß, begann schon die Verdauung,

Dachte ich, traf mich sofort die

Flüchtigkeit,

Und war ich höflich, nutzte ich mich schamlos aus,

Die

Freiheit, die ich eingoss, floss aus einem

Bodenriss als Sklaverei ins Tischholz,

Und der

Rand, der dann entstand, war kaum noch zu entfernen,

Und ich liebte schließlich den

Verzicht so sehr wie die

Erfüllung.

 

 

 

Täglich legte man mir

Zahlen in den Schoß, die ich sortierte,

Und man goss mich ein in eine neue

Nachricht, legte gleich darüber eine neuere,

Und es entstanden viel zu viele Schichten,

Und nur einmal, als ich mich in einem schwarzen

Kasten nicht zurechtfand,

Wurde alles zum

Erlebnis und ich selbst zum

Mittelpunkt des Weltgeschehens,

Das erzählte ich und oft genug und immer wieder neu

Dem kleinen Zimmervogel,

Der war jung und lernte grad das

Singen.

 

 

 

Nachts erkannte man kaum die

Kanäle unsrer Stadt,

Ich orientierte mich nach

Spiegelungen heller Punkte und nach ihrem

Flackern auf den kurzen Wellen,

Alles sah ich von dem

Fenster meines Zimmers aus,

Mit meinen

Füßen war ich auf der Straße,

Die

Kanäle zogen sich durch

Riesenaugen,

Und ich stand ganz dicht vor ihnen.

 


 

Aufschläge 7015 – 7017

 

Von meiner

Langeweile riss ich wahllos ein Kalenderblatt

Und schaute, ob ich einen dieser

Sprüche darauf finden würde,

Aber es war leer,

Ich rollte eine Perle, die war wertlos,

Hin und her in meiner Hand,

Die schlug an meinen Fingerring,

In dem schoss eine ganz geheime

Rohrpost rund, die hatte keinen Ausgang,

Und ich kannte den

Empfänger nicht,

Und drüben stand die

Frau vor einem Sprechgerät

Und sang ein

Klagelied aus ihrer fernen Heimat,

Und der

Text blieb unverständlich,

Und es nützte nichts, dass sie ihn wiederholte,

Und ich dachte, wenn man nur noch seine

Freiheit zu verlieren hätte,

Hätte man doch nichts mehr zu verlieren,

Und die

Freiheit wäre nicht mehr abzureißen.

 

 

 

Andre trugen

Fahnen, die an Stangen hingen,

Und auf ihren Spitzen steckten mörderische

Spieße, die ganz nutzlos in den

Himmel stachen,

Und erst später, als der

Aufmarsch längst vorüber war,

Entdeckte ich die Wunden über mir,

Es tropfte

Blut aus einer langen Straße,

Die war ganz unmöglich zu betreten,

Und sie war der

Fußweg unsrer Köpfe.

 

 

 

Außerdem besaß ich einen kleinen

Namensstempel,

Damit war es einfach, einen

Abschied nicht gleich zu vollenden,

Und ich stempelte die eigne

Hoffnung immer wieder auf ein winziges

Papier, das ließ ich nur für mich dort

Liegen.

 


 

Aufschläge 7018 – 7020

 

Ich lebte in

Bescheidenheit und wich mir aus

Und las nichts über mich, weil es mich intressierte,

Und ich wollte mich bezwingen,

Und die zweifache Natur wurd immer deutlicher,

Die Kunst ging mir verloren,

Und ich hatte alle

Hände voll zu tun und schwankte zwischen mir und mir

Und wusste nicht mehr, wem ich galt,

Die

Frau an meiner Seite riss mich aus dem Schlaf,

Sie spürte instinktiv

Gefahr in ihrer Nähe,

Und ich war nicht dankbar,

Und es ging ja wirklich nicht um sie,

Ich fragte nicht ein

Wort und suchte vor dem

Bett nach Resten.

 

 

 

Als ich mich zum

Essen an den Holztisch setzte, fand ich einen

Brief, der war ganz unbeschrieben,

Lag auf meinem Platz, und er galt mir,

Ich las ihn bis zum

Ende und verfiel in eine Starre,

Dass ich mich dort sitzen lassen musste,

Und ich staunte, dass mich diese

Kleinigkeit so treffen konnte,

Und ich aß woanders.

 

 

 

Neben mir saß dieser

Mann in einem festen Kunststoffmantel,

Und ich hörte dessen

Stoffe aneinander reiben, wenn er sich bewegte,

Es entstand darin ein

Rhythmus, der mir auffiel,

Und ich sprach ihn an, um ihn zu fragen,

Doch er war in Angst, denn dieser

Mantel würde unter einer ganz bestimmten

Wärme, die er noch nicht kannte, in sich selbst

Zerfallen und im letzten

Augenblick geräuschlos werden.

 


 

Aufschläge 7021 – 7023

 

So sah ich dieses

Frühjahr mit zwei Augen,

Und die

Bilder lagen ineinander,

Dass ich glaubte, mich zu irren,

Und vor unsrem

Haus stand eine Birke, der das zarte

Grün noch fehlte,

Andrerseits wuchs es schon unter jeder

Knospe, und der ganze

Baum erstrahlte bis tief in die Nacht,

Die wurde nicht mehr schwarz,

Sie nahm das

Blattgrün an wie alles ringsumher.

 

 

 

Die

Frau in meiner Nähe ließ mich sein

Und wandte ihren

Blick nie mehr auf mich, dass ich erschrak,

Ich weinte über mich und kroch in einen

Schrank, damit mich niemand sah,

Und ihre

Augen hatte ich gegessen und verschlungen,

Und sie sah mich aus den

Händen an,

Die hatte ich mir vors

Gesicht geschlagen.

 

 

 

Es war auch so, dass meine

Augen es erlernten,

Bilder, die sie nur am Rand erkannten,

Ganz genau zu sehen,

Und ich sah ja nicht dorthin,

Ich sah daran vorbei und achtete nur auf das

Äußere Geschehen meines Blickfelds,

Das entzog sich später raffiniert in einen

Raum direkt vor meinen Augen,

Und es machte mich zu seinem

Mittelpunkt.

 


 

Aufschläge 7024 – 7026

 

Es dauerte sehr lange,

Und die

Fahrt, die ich mir vornahm, nahm an einem

Kreis, den ich mit einem

Stock in weichen Boden schrieb, den Anfang,

Und sie endete in einer

Wüste, die war leer,

Und leicht war es für mich nun die

Bedeutung zu erkennen,

Und sie sollte Zuflucht sein,

Ich war der

Flüchtling, der in seiner neuen Heimat stand,

Es folgte niemand, niemand war vor mir,

Und meine

Spur lag unentdeckt noch unter meinen Füßen,

Und ich sah:

Was an mir endete, blieb

Unvollendet.

 

 

 

Aus dem

Fenster fiel ein Blatt Papier,

Das sollte mir nun weiterhelfen, weil die

Stimme, die mir etwas sagen wollte,

Unterwegs verloren ging,

Sie hatte nirgends Spuren hinterlassen,

Und das

Echo, das man kannte, traf nicht jedes

Ohr.

 

 

 

Ich sollte ein

Vermächtnis hinterlassen,

Und ich hatte wirklich keine Zeit,

Und würd ich stehen bleiben, keilte sich ein

Abstand ein,

Der trennte mich von mir,

Der bräche mich wohlmöglich auseinander,

Und ich schrieb in

Hast, dass ich voll

Zugeständnis sei und sehr darunter litte.

 


 

Aufschläge 7027 – 7029

 

Ich gab dir einen

Gruß auf deinen Weg,

Darüber lachtest du,

Es gab ja keinen mehr,

An den du ihn entrichten konntest,

Und die Luft um dich drang ein in dich und mich

Und kannte keinen Unterschied,

Und später, als du fort warst, blieben die

Gedanken an die Leere hier bei mir,

So konnte ich dir etwas helfen.

 

 

 

Als ich aufsah lag ich bäuchlings vor der hellen

Wand,

Und die war nicht aus

Stein und nicht aus Mauerwerk, es war ein

Strahlenvorhang, der stand senkrecht bis in eine

Ferne,

Mit den Blicken, die das

Ende suchten, rief ich laut:

„Was soll ich tun,

Ich habe ja bereits getan

Was ich noch machen soll

Und kann nur machen, was ich tat,

Und hätt das Ende gerne abgesehen,“

Das, so wusste ich genau,

Lag nicht dort oben sondern dicht vor mir,

Und mit dem

Kopf stieß ich an seine Kante.

 

 

 

Jemand lebte lange

Zeit im Hohn,

Zu mir sprach er:

„Grüß mir den

Atem, den du liebst, und halte ihn nicht fest,

Und lass ihn frei für mich,“

Ich dachte auch, dass ich wohl sterben müsste,

Bliebe er bei mir

Und stand auf einem

Salzsee, der war ausgetrocknet,

Und vor mir, auf einem

Schreibtisch lag die Bilderkarte, die bewies, dass dieser

See tatsächlich existierte.

 


 

Aufschläge 7030 – 7032

 

Wenn ich rückwärts schaute, sah ich mich auf einer

Oberfläche, die war stramm gespannt als

Tuch, und sie verdeckte eine

Wahrheit, die war schlecht zu sehen,

Und das Tuch, das federte, warf jeden

Sprung und jeden Fall zurück,

Dass man sich kaum getraute,

Und ich schrieb ins

Tagebuch, das lag nun auch zurück,

Ich schrieb, dass ich den

Wahnsinn der vor mir Getöteten,

Nun übernommen hätte,

Und er wäre mit der

Welle über mich gekommen,

Die war durch ein

Meeresbeben ausgelöst

Und hatte lange angedauert.

 

 

 

Man brachte mich in dieses überweiße

Zimmer, dass ich ganz allein mit meinem

Leiden sei, das war nicht schlimm, weil mich die gleiche

Farbe quälte,

Und sie löste sich nun auf,

Und über meinem

Schlafbett hing ein

Werbespruch, der mahnte mich zur

Ruhe und empfahl:

„Leg du dein Herz beiseite, aus dem

Längsschnitt über deiner Brust

Tropft reichlich Blut,

Das reicht für zwei.“

 

 

 

Zwischen meinem

Raum und dem dahinter fielen meine

Worte an die Glaswand,

Und dort sah ich

Menschen leben,

Und sie sahen mich und trieben so geräuschlos in der

Schwebe, dass wir nicht mehr aufeinander hörten,

Und es war die Perversion gemalter

Und bewegter Bilder hinter

Glas.

 


 

Aufschläge 7033 – 7035

 

Keines von den

Bildern ließ mich aus,

Wir lebten in der

Zeit, die nur in Bildern sprach, die

Worte wurden blätterarm,

Man schlug sich auf und andere

Und sah hinein

Und schlug sich wieder zu und legte sich beiseite,

Und für illustrierte Leben zahlte man den

Reichtum aus,

So wurde man verdient,

Man bildete auch farbig

Lippen ab, die spitzten sich ein wenig wie zum

Kuss und, wie die andren sagten,

Formulierten sie den

Richterspruch, den hing man auf in

Galerien.

 

 

 

Hinter meinem

Wohnhaus fing ein Wäldchen an,

Das war sehr klein und lebte von den

Pinselstrichen, die die

Stämme, Äste, Blätter strukturierten,

Und ich selbst trug beim

Betreten eine Sichtschutzbrille.

 

 

 

Über mir begann die

Hörigkeit, die schlug sich auf die

Erde nieder,

Und ich rechnete mir die

Entfernung aus, die nötig wäre, um die

Luft, das Wasser, um das Feuer und die

Erde zu vergessen,

Und der Abstand reichte bis zu mir,

Und in die

Falle war ich nur geraten, weil dies doch ihr

Wesen war.

 


 

Aufschläge 7036 – 7038

 

Ich begann die

Briefe neu zu lesen, und ich las der

Reihe nach, wie du es damals dachtest,

Nichts von dem war eingetreten,

Deine

Wünsche lagen eingeschlagen zu Papier

Und waren ungeöffnet, jede

Zeile blieb versiegelt,

Und ich las nun alles rückwärts noch einmal, dass ich zum

Anfang fand, dort stieg ich in das

Bergwerk ein, ich übersah es seinerzeit,

Erst jetzt entdecke ich den

Einstiegstunnel,

Der war menschenleer und endete in tiefer

Dunkelheit,

Du hattest mir nichts hinterlassen,

Und ich staunte über deinen

Einsatz, der war ohne Schranken,

Heute hörte man nur

Wassertropfen, die in Seitengängen aus der

Decke fielen.

 

 

 

In dem

Wohnhaus wuchs der

Ruhepilz und breitete sich aus,

Ich ging in eine

Bodenkammer und durchbohrte dort die

Decke, dass ich unter mir ins

Zimmer, das ich grad verlassen hatte, gucken konnte,

Und es war noch immer leer,

Ich richtete mich ein, die

Ruhe würde sich verraten wollen, wenn ich

Wiederkommen würde,

Und ich wartete.

 

 

 

Ständig hörte ich die fremde

Stimme über mir, sie kündigte

Stationen an und brachte einen

Hinweis, eine

Möglichkeit, sich zu verhalten,

Etwas nicht zu tun,

Sie ignorierte meine

Existenz und dass ich als

Gefangner mitfuhr.

 


 

Aufschläge 7039 – 7041

 

Du erklärtest allen, die

Natur sei voller Unschuld,

Und sie werde schuldig nur durch uns,

Auch schweige sie zu allem, was an ihr geschehe,

Und du sagtest auch,

Dass wir uns selbst beringten, wenn wir an dem

Waldrand stünden und nach innen lauschten

Und dann außen auf ein

Echo warteten,

Und ganz unnötig wusstest du, dass dieser

Baum schon damals, als das große

Töten stattfand, wuchs und seine

Augen offen hatte,

Ganz umsonst gemahntest du

Und blicktest in die falsche

Richtung.

 

 

 

Die

Natur ist ohne Kunstherz,

Und sie lebt ganz ohne die

Gerechtigkeit,

Und damals, als du Bilder maltest,

Nahmst du amputierte Glieder,

Und du stelltest sie gewaltlos in die

Malerei,

Ich fand auf diese

Weise auch heraus, aus wie viel fremden

Teilen ich bestand.

 

 

 

Manchmal brach ich ein in meiner eignen

Sprache,

Und es war der

Untergang in einer Eigentötung,

Und du riefst mir nach, ich sollte meine

Augen offen halten, dass ich heil nach

Hause kommen würde,

Und die

Worte steckten mir im

Halse.

 


 

Aufschläge 7042 – 7044

 

Mein

Wohnhaus hatte ich verlassen,

Und ich sah zurück,

Es mochte sein, und ich stand still,

Es mochte sein, dass dies mein letzter

Rückblick war,

Ich blickte in die

Runde, ob wohl jemand neben mir erwuchs,

Den ich nicht sehen konnte,

Später sollte man von mir nicht sagen können:

„Jahrelang stand er daneben und bemerkte nichts,“

Auch wollte ich nicht, dass man sagen würde:

„Das ist einer dieser Richter, die auf fremder

Unschuld wohnten,“

Und an meinem

Handgelenk befand sich immer noch der abgeschlossne

Ring von der Gefangnenkette,

Und ich zog den

Ärmel meines Mantels über ihn.

 

 

 

Ich war zu wahr zu mir, dass ich mir glaubte,

Und gab alles auf,

Man hatte mir den

Tag schon lange prophezeit,

Und würd ich jemals wiederkommen,

Müsste es ein

Tag vor diesem sein,

Der war bereits vorbei.

 

 

 

Die junge

Frau nahm keinen

Platz an meiner Seite, setzte sich nicht neben mich,

Sie sah mich schreiben,

Und sie hatte, wie ich aus ihr las, die

Angst, ich würde sie verbrauchen,

Und ich schrieb sie auf,

Und nichts von ihr blieb übrig,

Und sie hatte es bemerkt

Und brach noch in derselben

Nacht in meine Stube ein

Und holte sich zurück.

 


 

Aufschläge 7045 – 7047

 

Nichts erfasst der Mensch, der

Tropfen löst sich kugelrund vom

Wasserhahn, ich halte meinen Finger unter ihn

Und bringe ihm das

Ende, das ist glaubhaft,

Und die

Tänzer in dem aufgeblähten

Bauch des Pferdes sieht man nicht,

Man sieht sie einfach nicht, man sieht sie nicht,

Und niemand traut sich mit dem

Messer den Kadaver aufzustechen.

 

 

 

In der Stadt, lief ich mit meinem

Körper gegen ein Relief, das war aus dünner

Bronze und so hoch als große Hauswand,

Und ich war mit meiner

Schulter angestoßen, dass ich niederfiel,

Ich schlug auf schmale

Bretter, die das ganze stützten, und der

Wind fiel in das stramm gespannte Segel,

Und das Kunstwerk fuhr mit mir davon,

Es hatte mit der

Abfahrt bis auf den Zusammenstoß

Gewartet.

 

 

 

Jemand sprach mich an und wollte

Kieselsteine von mir haben, um den

Heimweg zu verschönern,

Ja, er wollte sie erst waschen und dann

Links und rechts die

Zufahrt damit zieren,

Und ich hatte nichts, was ich ihm hätte geben können,

Und er sagte gleich, dass er nur wenig brauche,

Und es sei genug und wusch vor meinen

Augen alles aus,

Das nahm er mit und war zufrieden.

 


 

Aufschläge 7048 – 7050

 

Spät am

Abend sandtest du mir deine

Grenze in mein Haus,

Sie ist ein schmaler

Brief, den ich zu öffnen hab,

Ich hätte heute Morgen noch gesagt:

„Mir bleibt ja keine

Wahl, denn dieser Tag, den du gern

Ungeschehen machen möchtest, hat begonnen,“

Aber nun weiß ich mir keinen Rat, die

Grenzverletzung wird mich töten, wenn ich sie gestatte,

Und vor mir erlaube ich dem

Bildschirm, dass er hinter seine eigne

Wand tritt, mir von dort berichtet,

Und es dauert lange, lange,

Und ich höre keine Zeichen mehr

Und gebe auf.

 

 

 

Drei der

Seiten meines

Zimmers haben einen falschen Platz,

Es ist die Frage nach dem

Zwischenraum ganz unrichtig gestellt

Und ist an einem

Sitzstuhl zu erkennen, der steht dreifach hier:

Er selbst, sein

Schatten, der erst auf den Boden und dann weiter über eine

Rückwand fällt,

Und drittens bildet er sich ab in einem Spiegel,

Und die Existenzen liegen in der rechten

Hand, die ruht auf einem Lampenschalter

Und kann frei entscheiden.

 

 

 

Später höre ich dich lesen,

Und du sprichst von einem

Nagelschild, mit dem du kämpfen willst,

Und keiner, der dir zuhört, wagt zu lachen,

Weil man noch nicht weiß, wie es auf deiner

Seite wirklich aussieht,

Und ich stehe hinter dir

Und könnte sagen, dass dort alles leer ist,

Dass du gar nicht

Existierst.

 


 

Aufschläge 7051 – 7053

 

Du redetest zu viel

Und machtest alles käuflich,

Und der

Helm auf deinem Kopf war

Erde, die man über eine Unschuld häufte,

Weil sie ohnehin nur unter einem

Schutzschirm leben konnte,

Und du hörtest die

Musik darunter, die war ganz aus

Leichtmetall und fiel auf dich;

Ein räuberischer

Mörder, der an dir vorbeiging und sich auswies:

„Ich hab eine lange Strafe abgebüßt, weil ich in

Tötung lebte,“

Konnte dich nicht irritieren, deine

Gleichgewichte waren angeschraubt

Und standen fest.

 

 

 

Etwas weiter drüben ging ich in ein

Gotteshaus, das nenne ich nur so, damit ich weiß,

Wovon ich spreche,

Und in Wahrheit war es eine große

Kuppel, die im Echo lebte,

Und man schwieg darin,

Und als ich eintraf, war es so, dass ich noch aus dem

Raum der Kuppel stehlen konnte, was sich in der

Deckenwölbung selbst gefangen hielt

Und sinnlos an die Rundung prallte,

Und hier durfte niemand reden,

Nur zu hören war erlaubt.

 

 

 

Schmerzlos musste alles sein,

Und schlimme

Dinge wurden aufgeführt in einem

Katalog, den hatte jeder vor sich liegen,

Um darin zu blättern und um nachzuschaun,

Und meine rechte Hand war diese

Nacht am Armstumpf eines völlig fremden

Menschen angenäht,

Es hatte alles seine Richtigkeit,

Und in dem Katalog war nichts zu

Finden.

 


 

Aufschläge 7054 – 7056

 

Ich stand in einem

Wartezimmer und es stach ein leuchtend roter

Sonnenstrahl herein, der schnitt die

Schwebeteilchen aus dem Raum, dass sie nun

Deutlich wurden,

Und man rief mich auf, weil ich nun an der

Reihe war, ich sollte diesen Strahl bewachen und sofort die

Meldung machen, wenn ein

Teilchen ausschied oder eines neu hinzu kam,

Und ich war der falsche

Wachmann, weil ich außerhalb der

Straße meine Augen offen hielt, und lange, meinte man,

Müsst ich noch auf die

Heilung warten.

 

 

 

Man hatte mir vom

Nebenraum erzählt und ihn beschrieben,

Und er wäre später nur für mich,

Und bis man ihn errichten konnte, würde viel

Verständnis nötig sein,

Er musste, weil er nur für mich sei, ohne

Wände sein und sollte hier in dieser

Höhe an dem Hochhaus hängen

Und mich wirklich isolieren.

 

 

 

Vor meine

Sonne hielt ich eine grüne Scheibe,

Und sie schien hindurch und spielte selbst ein

Spiel,

Und ihrerseits nahm sie nur einmal eine

Hand vor ihre Augen,

Und die

Scheibe wurde unnütz.

 


 

Aufschläge 7057 – 7059

 

Man lockte mich mit einer

Alltagsforderung, ich öffnete die

Tür zum Eingang,

Die fiel hinter mir unsichtbar in die

Mauer,

Und ich stand in einem

Turm mit einer Wendeltreppe, die galt mir,

Ich stieg hinauf und hatte kein Verständnis,

Meine Blicke suchten schon im Voraus um die Kurve,

Und es war nichts abzusehen,

Und ich war es leid,

Die

Fische, die hernieder fielen aus dem blauen

Himmel, sagte man, entließe nur ein

Wirbelsturm weit über uns,

Der hatte sie zuvor dem

Meeresarm entrissen,

Und ich wurde es noch einmal leid, ein

Bild zu sehen,

Das bestand aus falsch herum gesetzten

Buchstaben, aus lückenhaftem Text,

Ich sah, die Grenze des Erträglichen war nicht gerade,

Wie ich immer dachte.

 

 

 

Dann sah ich ein

Blatt Papier am Boden liegen, das war nicht mehr weiß,

Und irgendjemand hatte irgendetwas unterschrieben,

Und ich dachte an die

Selbstbefriedigung, die lag in jeder Unterschrift,

Und zwischen braunem

Samtstoff lag ein loser roter Seidenfaden,

Den sah ich mir voller Misstraun an und wollte ihn entziffern,

Und ich las an ihm.

 

 

 

Hinter einer

Glasvitrine standen Taubenvögel,

Und ich sah hinein und auch hindurch

Und achtete auf eine

Stimme der Vitrine, die war schwach und schwankte,

Und ich dachte an das

Glas, das es zerbrechen konnte und auch an die

Malerin davor, der sah ich auf die

Finger und ins Werk,

Die Tiere standen vor dem Abflug,

Und kein Träger kam,

Mir etwas abzunehmen.

 


 

Aufschläge 7060 – 7062

 

Blütenweißer

Wasserfall der Rispen schlägt auf

Steine deines Gartens,

Meine

Hand verfärbt sich unter einem

Tropfen Bittermilch des Löwenzahns,

Aus deinen

Brüsten trat einst andrer Saft

Und stand in kleinen Quellen,

Damals nährtest du ein Kind,

Und heute wirfst du deine langen

Haare über deine Stirn in einen

Frühling, um sie besser auszukämmen

Und den

Sonnentanz in deinem Nacken zu genießen,

Und es fällt das

Blatt von deinem Mund, weil es sich dort, in dieser

Stellung, nicht mehr halten konnte.

 

 

 

Kurz vor dir verwandelt sich mein

Kuss in Bitterkeit des Ginsters,

Dass ich mich erinnern soll,

Ich falle nicht zurück,

Es ist, ich weiß nicht was, und warte auf den neuen

Wandel, der schlägt diese

Wolke um in eine Lust, mich an dem

Gelbbusch zu vergreifen,

Deine Zähne bleiben völlig rein

Und in der Reihe,

Und du siehst mir zu und wartest.

 

 

 

Ich weiß von deinem

Leben, dort auf dem Balkon,

Du siehst, du hörst, du riechst ganz anders als die

Menschen, die weit über dir in unbekannten

Höhen wohnen und die

Füße nie auf diese Erde setzen,

Und sie gehen, sehen, riechen, hören,

Soviel weiß man, alles umgekehrt.

 


 

Aufschläge 7063 – 7065

 

Heute, als ich nicht mehr daran dachte, sprang ein

Ball ganz plötzlich auf mich zu,

Ich musste reagieren

Und ihn fangen oder schlagen oder laufen lassen,

Und ich dachte, dass es wohl derselbe

Ball von gestern war, denn der ging mir verloren,

Weil ich ihm nicht nachsah, als er sich im

Fliegen abhob,

Ich saß immer noch im

Baum, inmitten Blüten wilder Kirschen,

Und ich führte ein Journal von ihrem

Aufbruch an bis zum Zerfall,

Dann würde ich mich wieder zeigen,

Doch auch dieser

Ball ging mir verloren.

 

 

 

Tags darauf war es ganz anders, weil ein rotes

Blütenblättermeer in einer

Flut anstieg und dann sofort verebbte,

Und in einer

Gabel saß in hohen Ästen jener

Zufall, der mich gestern so bedrängte,

Und nun langte ich nicht mehr hinauf,

Ich hatte das Journal beendet.

 

 

 

Irgendjemand machte ohne

Worte eine Häusermalerei an großen

Wänden, die erklang in unsrer Straße als ein

Echo das sich dauernd wiederholte,

Und man könnte

Glockenläuten darin hören, wenn man es nicht

Besser wüsste.

 


 

Aufschläge 7066 – 7068

 

Man hatte diesen

Neutag ausgerufen, das war gut,

Ich sah mich um und fand den kleinen

Blumenstrauß verwelkt,

Den hatte ich ganz frisch vor wenigen

Minuten in das Glas gestellt,

Ich fand auch einen

Kletterer mit nackten Füßen im Gebirge,

Der stieg schnell empor,

Man sagte mir, dass hier der

Stein ganz weich sei und man hinterlasse seine

Spuren, und es wäre gut so,

Und ich hatte nur gesehen, dass die

Höhe ständig zunahm, wie zum

Trost warf ich dir Münzen über mörderische

Spalten zu, in deinen Schoß,

Du saßt dort drüben auf dem

Nadelkamm,

Ich wagte nicht daran zu denken, dass die

Felsen unter dir schon endeten,

Und du stiegst weiter auf.

 

 

 

In der

Haustür standen Männer, die verglichen die

Maschinen,

Und ich ahnte nicht, wovon sie sprachen,

Und sie setzten sich am

Ende völlig falsch zusammen,

Und man fragte mich und wies auf einen kleinen

Vogel über uns, der zog dort seine Kreise:

„Ob ich gläubig wäre,“

Und ich sah zu meinen

Füßen graue Krähenvögel an dem Felsvorsprung im

Aufwind stehen,

Und sie waren unbegreiflich nahe.

 

 

 

Drüben stürzten

Bäume um, die hatten ihre

Wurzeln nur auf nacktem Fels,

Das erste kleine Echo, das auch nicht aus diesen

Bergen kam, ja dieses erste kleine

Echo packte sie am Stamm

Und brachte sie zu Fall.

 


 

Aufschläge 7069 – 7071

 

Über mich rollt schwer und scharf der

Knall des Überschalls,

Und tief im Feld steht hoch ein Einzelbaum

Im gelben Grün der jungen Triebe,

Weit darüber schiebt sich eine Lerche

Mit den kurzen Flügelschlägen ihrem hohen

Lied beständig näher, unterbricht den

Flug und fällt ins Nichts,

Man will mich etwas fragen, und ich weiß nicht was,

Und mit den

Worten springt ein Erdtier dicht an mir vorbei,

Es sieht mich gut, und es verharrt ganz kurz,

Dann laufen alle

Farben wieder ineinander.

 

 

 

Vor mir liegt das

Tagebuch auf meinem Tisch,

Ich seh es an, und es zerreißt sich, ohne meine

Hilfe in sehr schmale Streifen,

Die befestigt irgendjemand irgendwie als

Vorhang vor dem Ausgang,

Und es ist jetzt schwer geworden

Nachzulesen, was der Vortag brachte,

Und fürs Heute müsste ich dort erst

Hindurch.

 

 

 

Wenig

Zubehör liegt draußen, und man sagt, die

Silberfolie soll die

Vogeltiere von der Jungsaat scheuchen,

Und es kann nicht sein,

Denn tausendfach gestaltet und zerknittert

Spannt sich ein metallner Himmel über uns

Und alles,

Und die Diebe haben gar kein Mitleid,

Und mit langen Stangen brechen sie noch

Glasvitrinen auf und sehen doch auch so hinein

Und könnten sich von deren Leere nur mit ihren

Augen, die nichts sehen,

Überzeugen.

 


 

Aufschläge 7072 – 7074

 

Man schrieb die ideale

Landschaft aus und hängte die

Entwürfe in die Galerie,

Und ich hing unter ihnen,

Und es schmerzte nicht, man nahm auch

Rücksicht auf die Menschlichkeit, die haftete an mir,

Und andre hatten außerordentlich Verständnis,

Und sie streuten, von dem

Eingang kommend, einen

Sandweg, eine schmale Spur bis hin zu mir,

Und jeder der Besucher setzte seinen

Fuß ein wenig nur daneben,

Und man ahnte gleich das knirschende Geräusch,

Das wollte man vermeiden.

 

 

 

Unter unsrer

Auswahl war auch die Entscheidung,

Irgendeiner musste sie noch treffen,

Und man ging von Saal zu Saal,

Ich selbst vertrieb mich aus dem

Wohnhaus, das befand sich noch am Anfang,

Und zur

Zeit befand ich mich ganz nah und unter einem

Zimmer mit der Nummer

Dreizehntausend.

 

 

 

Fremde

Menschen kamen zur Besichtigung,

Man durfte sie nicht fragen,

Und ich fragte doch und drang auf eine Antwort,

Und man drängte sich um mich und sprach von einer

Neuerung, die andrerseits verwirrte,

Und man hob die Kinder hoch, damit sie mehr

Und besser sehen konnten,

Und man ging davon,

Und nicht einmal die

Fragen schrieb man auf

Für später

 


 

Aufschläge 7075 – 7077

 

Die

Sonne fiel ins

Zimmer und beleuchtete die goldne

Schlangenhaut, es war kein Tier in ihr, ihr

Schweigen stand im Raum, und niemand hörte zu,

Sie wand sich und gebärdete sich lebend,

Rollte lautlos hin und her im warmen Licht,

Und irgendjemand müsste sich wohl damit gürten,

Sie um seine Nacktheit legen,

Und ich wollte es nicht sein und war es nicht,

Und auf dem

Boden lagen Silbertropfen ihres ausgespritzten

Giftes.

 

 

 

In dem

Großraum spielten in verschiednen

Nischen gleiche Instrumente gleiche Melodien,

Man hörte alles falsch,

Von beiden Seiten kam der Eindruck,

Und man konnte sich nicht wehren,

Und so sperrte ich in meinem

Kopf die Räume zu und legte schwere

Balken der Gedanken vor die Tür,

Und die verrieten mir,

Dass außerhalb der

Frieden brannte.

 

 

 

Es fiel ein

Tanzkostüm auf einen Stuhl,

Das war so leicht, ich blies es mit dem

Atem hoch,

Es schwebte über mir, die

Tänzerin entstand ganz neu darin und tanzte ihre

Farben,

Alles handelte vom weißen Blut, von schwarzem

Eifer und dem roten Willen,

Und es reichte meine

Zeit nicht aus.

 


 

Aufschläge 7078 – 7080

 

Das Unterholz war dicht,

Und meine

Haare hielten sich ganz fest darin,

Wenn ich sie überstrich, sie glätten wollte,

Unterschied ich sie nicht mehr von

Nadeln oder Blättern trockner Bäume,

Unter mir lag Trümmerschutt,

Hier war von einem

Augenblick zum anderen das

Kirchendach herabgestürzt, ich ging auf den

Verschütteten, auf Lockenschöpfen und auf Grauhaar, meine

Sohlen brannten,

Und das Kirchenschiff, in dem ich stand,

Frohlockte über einen freien Himmel,

Und ich konnte mich nicht mehr entscheiden,

Meine Flügel klebten fest als

Teer auf sie hernieder tropfte.

 

 

 

Draußen zündete ein

Mensch die Flamme an und dankte,

Und es sprang ein

Funke auf die Steine,

Und es war nicht einer unbehauen,

Und man sah auch zwischen den

Reliefs die Abfahrtzeiten, die man mit dem

Meißel damals eingeschlagen hatte,

Und ich war verspätet,

Und das Lesen hatte ich verlernt

Und stand armselig über mir.

 

 

 

Mir blieb nur das

Problem, mich mitzuteilen,

Und ich fragte dich,

Du riefst mir zu, es wäre nicht genug,

Und andre lachten über unsren großen Abstand,

Du standst zwischen mir und mir,

Und ich stand zwischen dir und dir,

Wir waren uns sehr nahe, und das

Pfingstfest klopfte an,

Wir wussten vorher,

Dass es kommen würde.

 


 

Aufschläge 7081 – 7083

 

Ich sandte meine

Ohren aus, die lauschten an dem

Stein, der sprach vom Wasser,

Das hätt ihn hierher gebracht,

Und nirgends sah ich einen

Fluss und keine Küste,

Und der

Stein sprach, dass es gestern schon gewesen sei,

Und damals hätte es mich nicht gegeben,

Und ich stünde auf dem

Boden eines Meeres,

Alles ginge viel zu schnell,

Es fiel ihm auch noch ein, dass er zuvor zum

Baustein eines Gotteshauses auserkoren war,

Das mochte nun geschehen,

Und ich richtete ihn aus, dass seine

Stirn in Richtung seines Glaubens zeigte,

Darum bat er mich und dankte,

Alles andre läge nicht in seiner

Hand.

 

 

 

Hinter deinem

Wohnhaus würdest du dir einen Garten bauen wollen,

Und du schriebst mir einfach, dass du in die hinterste

Gelegenheit den Teich gestalten möchtest,

Und du wolltest nur verstehen lernen,

Dass man in die Tiefe eines

Wassers schauen musste, um den

Himmel zu begrenzen.

 

 

 

Diesmal hatte ich mich vorbereitet,

Und der

Regen würde nicht umsonst an meine

Fenster schlagen,

Und ich lag in meinem

Bett und wachte, über alles spannte sich ein großes

Zelt, der Regen würde darauf treffen

Und mich warnen, denn das

Wohnhaus würde mich nicht

Ewig schützen können.

 


 

Aufschläge 7084 – 7086

 

Gestern schrieb ich dir vom

Himmel, der war zu begrenzen,

Ich vergaß dabei die

Dunkelheit, sie ist ein Teil von ihm,

Und über meinen Tisch weht eine leichte

Fahne Maiglöckchenduft, die schwebt ganz ohne

Schatten,

Und der Blütenstaub der Kiefer wäre ihr ganz ähnlich,

Meinte man nicht, dass man alles besser wüsste.

 

 

 

Meine Sorge ist, dass ich mich teilen müsste,

Und was wüsste ich von mir, dem anderen,

Wir träfen uns vielleicht als

Fremde wieder,

Und die

Schwarzschrift bricht, wenn man zu lange darauf starrt,

In eine Farbe auf,

Sie wird ein wenig rot,

Und auf der andren

Straßenseite gehe ich von mir getrennt,

Und schmerzlich ist es, zuzuschauen,

Meine

Arme reichen nicht hinüber,

Und die

Straße, die dazwischen liegt,

Wird viel zu schnell befahren, ist besetzt

Und duldet keine Unterbrechung.

 

 

 

Von der

Wasseroberfläche steigen Schwäne auf,

Sie brauchen lange, um sich abzuheben,

Und ich kenne das

Geräusch, das ihre Schwingen machen,

Wenn ich bete, spreche ich genau die gleichen

Worte, und die

Tiere fliegen tief, tief über mich hinweg,

Man wird mich sicherlich erhören.

 


 

Aufschläge 7087 – 7089

 

Zwei

Vogeltiere saßen an der Tränke, warmer

Wind umspülte meinen Nacken,

Vor mir fiel ein kleiner

Wasserfall ein wenig aus dem

Garten über einen Kunststein,

Und ein feiner

Regen blühte auf zum Diamanten,

Aus dem

Baumdach über mir, beträumten mich die

Blütenblätter,

Jedes, jedes, jedes war für sich,

Und irgendwo lag unter einem

Stein, ganz nah, vielleicht auch weit entfernt, ein

Gruß, der war für mich bestimmt,

Ich musste warten und geduldig sein,

Und dieses Flüsschen litt ganz einfach unter

Erdenschwere, die es abwärts rinnen ließ.

 

 

 

Die

Luft, in die ich atmete, verlief in Strudeln,

Auf der Oberfläche drehten sich die

Tagesreste, und der eigne

Abfall kam nicht von der Stelle,

Und ich pflanzte endlich

Gärten der Geräusche darin an,

Die würden zart beginnen,

Und in ihren Wurzeln würden sich die

Netze knüpfen.

 

 

 

Zwischen allem standen bronzene

Figuren,

Und ich fand ein freches

Mädchen unter ihnen, das sprach mich gleich an, vom

Künstler habe es auch einen

Namen mitbekommen, der sei in dem Sockel eingeschlagen,

Und ich sollte suchen,

Und ich fand nur eine

Ordnungsnummer, die las ich nicht vor,

Ich schämte mich und ging in seinem

Rücken fort,

Es konnte mich nicht sehen.

 


 

Aufschläge 7090 – 7092

 

Du trugst ein

Stachelhalsband unter einem hingehauchten

Tuch, das deinen Körper weit umschlang,

Und es versteckte eine Dornenreihe,

Und es roch an dir der

Regen dieser Nacht,

Die Äste waren grün bemoost

Und feucht und glatt,

Dies war der

Treffpunkt, den wir ausgemacht,

Den wir vereinbart hatten,

Und du warst bewaffnet gegen dich,

Und meine

Arme waren mir umsonst gewachsen.

 

 

 

Der

Regen hatte aufgehört, die

Seufzer schliefen langsam ein,

Die

Schlafnacht trieb in schwüler

Hitze durch die Zimmer,

Der erwachsnen Frau entglitt das

Stofftier,

Und ich lehnte mich an ein Geländer,

Das gab endlos nach

Und ließ mich doch nicht fallen.

 

 

 

Wir luden

Freunde ein, die aßen

Abendbrot mit uns,

Und einer sprach vom roten

Licht und einem Leuchtstaub der Verheißung,

Die läg über dieser Runde,

Und wir tranken nichts als Tee

Und aßen Brot,

Ja, wir betrafen uns einander,

Und ich hatte meine

Ungeduld bekundet, die mich lähmte,

Und ich wurd von euch

Gefüttert.

 


 

Aufschläge 7093 – 7095

 

Gestern fiel ich in ein

Schlangennest, man nahm mich freundlich auf,

Ich fand den

Frauenleib, von dem ich träumte, unter einem kühlen

Kleid, das locker hing und weit,

So schloss

Verrat die Treue doch nicht aus, ein

Kuss sprang mir blitzschnell auf meine Wange,

Und sein Gift war süß, es drang durch meine Haut

Und legte sich auf meine Zunge,

Und ich würde niemals mehr dem

Blinden in die Augen sehen wollen,

Meine

Spucke schäumte hinter den geschlossnen

Lippen.

 

 

 

Mit dem

Eisen schlug ich in das

Holz, dass ich erschrak,

Ich sah erst jetzt, was vor mir lag,

Vielleicht sollt ich es spalten oder mit dem

Eisen vor den Trockenrissen schützen,

Oder sollte ich vielleicht ein

Schnitzer werden, der die Sache falsch begann,

Und aus den hundert Bildern wählte ich das eine aus,

Das dir sehr ähnlich war,

Du stauntest über meine Meinung und dein

Lächeln blieb im Ansatz stecken.

 

 

 

Früh am

Morgen schnitt ich Flieder ab,

Der

Regen saß noch auf den Blättern,

Und ich kletterte von einer Leiter in den Baum

Und schnitt

Und schnitt

Und schnitt, und las am andren

Tag von einer Katastrophe, die das

Meeresbeben an dem fernen

Küstenstreifen unter hunderttausend

Menschen angerichtet hatte.

 


 

Aufschläge 7096 – 7098

 

Das

Frühjahr war vorbei und du entdecktest es im

Nachhinein,

Nun erst wärst du geboren,

Von den

Schmerzen in dem Mutterleib hätt man dir nichts erzählt,

Und jahrelang war jede

Einzelheit an dir vorbeigerannt,

Und alle Menschen, die du lange kanntest,

Waren auferstanden,

Und du schautest voll

Erwachen in die Welt, die war dir neu,

Und jemand drehte an Geräten, und man sprach von

Dingen, die du nie gesehen hattest,

Sicher waren sie entstanden, als du noch mit ihnen

Lebtest.

 

 

 

Als du dich in deiner neuen

Sonne sahst, erhobst du dich,

Ich sprang herzu und schnitt die

Drähte, die dich in der Fassung hielten, durch

Und feilte auch die spitzen

Reste nieder bis auf deine Haut,

Es sollte dich nichts mehr erinnern an die

Gegenwart, die solltest du als erstes liegen lassen,

Meine Augen schweiften ab von dir,

Ich gab es zu, sie schweiften allzu oft im

Nacken junger Mädchen, die an mir vorüber gingen,

Ihre spitzen

Füße rissen mich mit fort.

 

 

 

Im

Stadtbild, ganz in meiner Nähe, stand ein junger

Brunnen,

Täglich sah ich ihn und saß auf seinem Rand,

Ich freute mich, wenn ich mich dort entdeckte, über die

Begegnung,

Und zu meinem

Liebweib sprach ich über mich

Und gab nicht zu, dass ich mit meinem

Rücken viel zu nah am

Schachtrand stand.

 


 

Aufschläge 7099 – 7101

 

Du lebtest immer in der

Freiheit und du merktest nichts davon,

Und neben dir schlug jemand einen

Sklavenleib aus Stein, den

Kopf jedoch beließ er unbehaun,

Das war die

Ohnmacht, die der Künstler nicht aus ihren

Augen schauen ließ,

Und ich in meiner Sklaverei genieße jede

Freiheit, die ich habe,

Und als ich in

Freiheit lebte, lebte ich in

Sklaverei und streckte meine

Hand nach einer gelben

Traube aus, die wuchs an dem

Goldregenbaum in seinem Gift.

 

 

 

Man rief dich auf, du warst im letzten

Jahr verstorben,

Und man hatte dich geehrt

Und wollte dich noch einmal ehren,

Und ich stand im

Garten auf dem Rasen, der war sauber,

Und man hatte eigentlich die

Samen dieses Grases auf den

Menschenleib gestreut und ihn verklebt,

Er war bei guter Pflege aufgelaufen,

Und er grünte nun in allen Farben.

 

 

 

Drüben sollte ich mich an der

Pforte melden und mit einem

Messingreifen klopfen,

Und ich sah genau, dass hinter dieser

Pforte, die ein

Rahmen hielt, sich weiter nichts befand,

Es stand dort kein Gebäude,

Und es war kein Mensch zu sehen,

Und man sagte mir, dies wäre eine

Sache des Vertrauens,

Und ich ging und klopfte an,

Es war natürlich ganz umsonst,

Und auf der andren

Seite fühlte sich nicht einer

Angesprochen.

 

(2011:Aufschlag 7101, Frankfurter Bibliothek der Klassikerausgabe …)

 


 

Aufschläge 7102 – 7104

 

Die

Tischuhr steht auf einem Buch,

Ich sehe über meine

Schulter zu dem Tisch,

Und ich verstehe nichts von dem

Zusammenhang, der zwischen

Uhr, dem Buch und mir und einem

Rückwärtsblick zum Tisch besteht,

Daneben liegt das braune

Hundetier im Sonnenfleck und ist der

Schlüssel, den ich suche:

Ich entdecke zwischen

Zeit und Denkgewohnheit, Eigenheit und Suche keinen

Unterschied,

Und auch der Stahldraht, der mir in meinen

Reifen stach, weil ihn die Straße freigab, lebt in der

Berechtigung,

Man bog ihn längst beiseite.

 

 

 

Aus dem

Nachbargarten dringen

Bilder bis in meine Stube,

Und sie existieren hier,

Ich schließe alle

Fenster, und sie bleiben,

Und ich gehe fort,

Sie folgen mir, sind überall

Und werden schließlich schwächer,

Diesmal waren sie noch ohne

Farben, das wird sich bald ändern,

Und Geräusche hören mich nicht mehr.

 

 

 

In einem

Schreibgerät saß eine

Prüfungskommission, die lebte in der Dunkelheit,

Und sie erfasste alles, was zu schreiben war

Und klagte nie,

Sie war nicht festzustellen und erfüllte ihren

Auftrag ganz unmerklich und

Vollkommen.

 


 

Aufschläge 7105 – 7107

 

Es hing ein

Bügel an der Wand, der war aus Draht,

Man hatte ihn geformt, um

Kleider aufzuhängen,

Er war leer und schaukelte sich in ein

Gleichgewicht,

Wie sollte ich ihn je erreichen,

Und ich stieß ihn immer wieder vor dem

Stillstand an und wagte nicht, mich zu entfernen,

In den kurzen

Pausen schrieb ich den Bericht, dass man in meinem

Rücken schon von meiner Not erführe,

Und ich dachte an das

Gleichgewicht, an den Bericht und an die

Leute hinter mir,

Von denen wusste ich nicht einmal,

Ob sie wirklich existierten.

 

 

 

Eine

Lösung fiel mir ein, die

Schrauben, die uns fest am

Boden auf dem Sockel hielten,

Konnte ich entfernen,

Und ich ging zunächst alleine fort,

Es war ein

Fallen und ein Stürzen über unbekannte Dinge,

Und von euch, die ich nicht löste, blieb mir kaum mehr die

Erinnerung, so schnell war ich so weit gekommen und

Entfernt.

 

 

 

Ich musste

Gegenstände pflegen, das verstand ich gut,

Und machte meine

Arbeit, wie man es verlangte,

Und nur einmal, als ich mich zu sehr vor meiner

Pflege fürchtete, erteilte ich mir

Hausverbot,

Das galt solang ich lebte,

Und ich hielt mich streng daran

Und ließ mich nie mehr sehen,

Und ich lebte oft in dem

Verbot und merkte nichts davon.

 


 

Aufschläge 7108 – 7110

 

„Buschwindröschen, weiß und rosa,

Nun weiß ich genau, wozu ich fähig bin,“

Und werf mich in den

Sand zu ihren Füßen, küsse unsre Erde,

Unterbreche das Gespräch

Und male mir das Himmelsblau, wahrhaftig, wie es ist,

Es taucht sich selber ein in eine

Morgenröte,

Heute Abend ziehe ich es dort heraus,

Und zwischendurch gieß ich den

Eimer gelber Farbe über alles hin,

Darunter, weiß ich, schwimmt ein kleines

Körnchen Gold,

Wird blendend blinken,

Und ich werde warten bis heut Abend.

 

 

 

Es war nicht dieses

Selbstgefühl der Macht, das mich erhob,

Es war der mürbe

Stoff, der meinen Blick durchließ,

Dahinter sah ich einen

Fluss, der über scharfe Grate in die Tiefe fiel,

Ich hörte auf die

Stimme dieses Wassers, das mich warnte

Und mir zeigte, wie mich

Einsamkeit erschrecken könnte,

Und ich sah zu einem

Fressnapf, der stand auf dem

Boden und versorgte unser Tier,

Ich fand ihn noch gefüllt mit

Nahrung.

 

 

 

Abends traf ich mich mit fremden

Leuten, denen gab ich meine

Kleidung, dass ich nackt vor ihnen stand,

Man lobte meine Bravheit,

Und man fragte, ob ich von der

Brücke springen würde,

Unter mir der

Fluss sei völlig unbefahren,

Und kein Schleppkahn und kein

Boot sei weit und breit,

Ich sollte einzig das

Geländer überwinden,

Alles andre stünde mir dann frei.

 


 

Aufschläge 7111 – 7113

 

Ich hatte ganz vergessen, dir von meiner

Erdbeerfrucht zu schreiben,

Von dem

Saft, den ich erträumte, lange vor dem ersten

Biss ins warme Fleisch, der lag in meinen

Ohren,

Und es war ein ganzes

Feld noch nicht geerntet,

Und es lag und reifte unter blauer Sonne,

Und dies war kein Urteil, das mir jemand vortrug,

Sondern frei war ich mit allen

Sinnen.

 

 

 

Hinter mir brach dann dieselbe

Sonne durch das

Grünglas hoher Blätter,

Und sie selbst hielt sich verborgen,

Über ihrer eignen

Helligkeit stieg, weißer noch, ein

Strahlenbündel auf,

Das zierte diese Bäume, setzte ihren

Kronen eine eigne

Krone auf.

 

 

 

Dein

Vorwurf traf mich deshalb schwer,

Das

Quälen hatte doch schon längst ein

Ende, jede Qual bei weitem überschritten,

Und du folgtest mir,

Und du bespucktest meine

Fußspur einzeln, so verhasst war dir der

Duft von frischen

Erdbeerfrüchten,

Und ich konnte diese

Schuld nicht mehr ertragen,

Und ich hinterließ mit jedem

Schritt den neuen Abdruck,

Der, so sagtest du, entstünde absichtlich von mir,

Um dich noch weiterhin zu quälen.

 


 

Aufschläge 7114 – 7116

 

Durch die

Farbschnur trennte man den

Straßenbau vom Sommergarten,

Rot wuchs

Mohn aus schwarzem Gras,

Und ich blieb unbeteiligt, weil man mich auf diese

Weise hintergangen hatte,

Rotes Mohnblatt konnte ich mit roter

Kreide nicht beschriften,

Und es blieb kaum Zeit,

Die ersten langen Stiele fielen in die

Bauarbeiten,

Und die Blumen ließen ihre

Röcke aufgeschlitzt zu Boden sinken,

Und es war ein

Zwischenfall, der schien mir nur belanglos,

Und er zwang mich zur Bescheidenheit.

 

 

 

Du hattest einen

Eisenbügel ganz verbogen,

Und er zeigte in die falsche Richtung,

In der Zeitung las ich von dem

Unfall zwischen einer

Mähmaschine und dem Menschen, der war fest im

Kornfeld eingeschlafen,

Und ich bog die

Demut an der schwächsten Stelle hin und her,

Das hatte ich mit

Kupferdrähten oft gemacht,

Ich wusste auch, wie sehr manch

Kerkermeister an dem Häftling hing,

Und trotzdem war ihm keine der

Erniedrigungen groß genug.

 

 

 

Ich schwieg aus

Höflichkeit und sah mich um in diesem

Haus,

Es war ein großes Haus, das lud mich ein,

Ich fand nicht einen

Hinweis auf die Kunst, so dass die

Angst, die Kunst könnt mir zur Falle werden,

Größer wurde,

Und die

Türen hielt man fest verschlossen,

Und die Gäste müssten jeden

Augenblick, so sagte man, erscheinen,

Und man fragte auch, ob ich mit Etwas

Vorbereitet wäre.

 


 

Aufschläge 7117 – 7119

 

Es las mich eine

Frau, die lag in einem Krankenhaus

Und fand mich ganz normal,

Und anderswo las mich ein

Mann, weil er mich töten wollte,

Das fand ich normal,

Und alle andren, die mich lasen, lasen mich

Normalerweise,

Und sie sprachen meinen

Tod im Leben aus,

Ich aber blätterte die Seite um,

Das kostete mich noch ein

Jahr.

 

 

 

Im

Schlaf, vielleicht, es mochte sein, dass ich erwacht war,

Fasste ich mich an,

Die eigne Hand wurd nun zur fremden

Hand in eigner Hand,

Ich wachte auf, dass mich der

Schlaf so überraschte,

Und ich fand nun doppelt

Glück, ja zweifach Glück,

Und alles schrieb ich auf in dieser Nacht

Und grub die Worte ein in dem Papier,

Das fand ich später nicht mehr wieder.

 

 

 

Sonst war ich verspätet,

Und es fiel nicht auf,

Ich hatte keine

Eigenliebe wie die anderen

Und lebte ohne Regeln,

Alles was mich band, erreichte mich von außen,

Und ich hielt mich daran fest so gut ich konnte,

Trotzdem fiel mir manches losgelassne

Seil in meinen Schoß,

Es wäre ohne jeden

Sinn, würd ich nach

Gründen dafür suchen.

 


 

Aufschläge 7120 – 7122

 

Heute wohnen wir in

Kugelhäusern, die sich irgendwie bewegen,

Und sie rollen unsichtbar und unbeweglich

Über alles hin,

Ich wusste wirklich nicht bis jetzt,

Dass in die andren Häuser, neben mir, das

Leben überspringen konnte,

Und die Kapsel riss entzwei,

Ich hörte aus der

Nachbarkapsel eine frohe

Stimme Lieder singen,

Sie war ganz allein, besang die runden Wände,

Und sie sah mich plötzlich vor sich stehn,

Und sie erschrak und schwieg und hatte nie den

Riss aus einer fremden Kapsel miterlebt,

Hier drang nun

Leben ein und aus,

Und lange sprach ich schon mit dir.

 

 

 

Hinter mir band man ein

Bündel langer Rohre fest zusammen,

Und sie hingen an dem

Seil, das drehte sich ganz ruhig,

Und ich sah durch sie hindurch

Und sah mit einem

Aufschrei in die Sonne,

Der würd schon nach

Augenblicken auf ihr landen und verbrennen,

Und das Bündel drehte sich

Gefährlich langsam frei vor meinem Himmel.

 

 

 

Jemand störte mich und fragte nach

Reserveteilen,

Und es war im

Grunde eine Falle, die mich, weil ich sie erkannte,

Gleich in Panik trieb,

Ich gab mich aus Versehen selber her

Und wurde so verwendet wie ich war,

Und schlimm, schlimm, schlimm war mein

Verständnis für die

Leute, die so handelten.

 


 

Aufschläge 7123 - 7125

 

Meine

Worte, sage ich, sind wahr, nur deshalb kann ich sie

Begreifen mit den Händen,

Und sie liegen hier,

Ich kann sie wägen, und ich fülle sie in

Kleinen oder großen Mengen ab,

Sie sind auch transportabel und verschiebbar,

Meine Worte existieren von alleine,

Und ich nehme mir davon so viel ich brauche,

Überall sind sie das

Fußbett, das ich hinterlasse,

Und sie liegen auf dem

Weg, den ich begehe,

Und im Garten zimmere ich mir aus

Hölzern eine Nackenstütze,

Dort hinein leg ich den Kopf.

 

 

 

Du schriebst auf geschriebnen

Büchern Ungeschriebenes

Und schriebst auf

Katalogen, Prüfberichten, Übersichten,

Und es stieg der

Wert von jedem einzelnen ins Unermessliche,

Man machte neue

Listen, um sie alle zu erfassen, die du so erfasstest,

Um die alten Listen zu ersetzen,

Die bedeuteten dagegen gar nichts.

 

 

 

Jedes meiner

Worte war zugleich ein Unwort,

Liebe war Besitz und

Speise war Verderben,

Hunger, Strafe und Verbannung waren

Bündel, die zum Himmel stachen und nie rosten würden,

Rost, so sagte jemand, sei

Betrug von Anfang an,

Er sitze jedem unter jedem Fingernagel,

Und es bliebe nur die

Mühsal ihrer Pflege, die sei eine

Lüge.

 


 

Aufschläge 7126 – 7128

 

Fensteraussicht und zwei Fensterflügel,

Und ich sehe die

Entfernung meines Raumes, eines

Raumes, den ich selber einnehm, mit dem

Kopf in Wolken,

Mit dem Kopf in Kronen hoher Bäume,

Mit dem Kopf auf meinen Schultern,

Und ich frage nach dem

Zeitvergleich, der kann nicht gegenständlich sein,

Und doppelt leben ist nicht zweifach leben,

Und was danach kommt, vermag ich nicht zu sagen,

Könnte sein, dass einem

Tod ein zweiter folgt,

Vielleicht sogar ein weiterer.

 

 

 

Man wollte mir in einer

Wohnung das Museum zeigen,

Das sei so bei jedem

Menschen, jeder habe sein Museum,

Und man ging mit mir zu mir,

Ich wollte gar nichts glauben,

Und in meinem eignen

Zimmer war nichts mehr vertraut, die

Möbel waren fortgeschafft,

Wir stießen auf drei

Stühle, die in einer Reihe standen,

Und auf jedem ihrer

Sitze brannte Feuer, das ein wenig rauchte,

Und es legte niemand nach, das

Feuer ging nicht aus, die

Stühle konnten nicht verbrennen,

Und es war ein kaltes

Feuer, das dort loderte.

 

 

 

Ich sah mich trotzdem um,

Ich wollte ja nichts glauben,

Und vielleicht befand ich mich zur Zeit in einem

Dreifachbild, das brauchte ich nur

Aufzuklappen oder zuzuklappen,

Ja, vielleicht sollt ich nur einfach darin

Weiterleben.

 


 

Aufschläge 7129 – 7131

 

Im

Wald sang eine Nachtigall,

Zu ihren

Füßen lehnte sich ein

Maler an den Baumstamm,

Und er sammelte die

Melodien, die über ihm entstanden, auf,

Sie waren

Hölzer, die er unter einem kleinen

Nachtlicht gleich bemalte,

Nicht ein einziges war wie das andere,

Er dachte an sein

Triptychon, das stand in einem Atelier,

Das war sein eignes Werk,

Und es beschrieb das

Recht, und die Gerechtigkeit und in dem

Mittelteil das Urteil,

Jetzt in dieser

Nacht erschien ein Mond und spiegelte die eigne

Blässe in dem

Rotblech, Weißblech, Blaublech wider,

Die benutzte er darin als Fenster.

 

 

 

Einsam wurde es als der

Gesang verstummte,

Morgentau schlug sich in einem

Glasbruch nieder, dass ich mit dem

Finger diesen Hauch für mich erspüren konnte,

Und es war in jedem

Fall zu wenig, viel zu wenig,

Und die Stadt, der ich zu dienen hatte, wurde eng

Und gab auch nachts nichts mehr.

 

 

 

Unter weißer

Sonne ging ich an denselben Platz,

Wo nachts die

Nachtigall gesungen hatte,

Es versammelten sich hier weit über hundert

Menschen, die erkannten in der

Malerei das Nachtgeschehen,

Und sie sprachen über

Tat und Wahrheit und versuchten ein

Verbrechen aufzuklären,

Und mit mir, das sagte man mir gleich, hätt diese

Untersuchung nichts zu tun,

 


 

Aufschläge 7132 – 7134

 

Wir mussten alle warten,

Und ein sanfter

Wind, vielleicht auch eine unnachahmliche

Bewegung deines Kopfes, hob die langen

Haare hoch und schlug sie zu mir hin, ergoss sie über mein

Gesicht und in den offnen Mund,

Du warst entsetzt,

Es war doch wirklich weiter nichts passiert,

Und zwischen uns verschoben sich die

Wolkenfelder nur unmerklich,

Beide sahen wir dorthin

und staunten über deren ungeheure

Weite, die würd jeden von uns tragen,

Selbst zu zweit entkämen wir darin

Ganz ungesehen.

 

 

 

Jemand fragte mich, warum ich sei an diesem

Platz, zu dieser Zeit, warum gerade ich,

Denn vor mir sei ein anderer gewesen,

Und der Frager war erschöpft vom vielen Fragen,

Und ich war der letzte,

Und ich nahm ihm das

Papier, den Schreiber aus der Hand,

Entließ ihn um der Würde willen, das verstand er gut,

Er ging sofort und hatte seine

Pflicht erfüllt.

 

 

 

Auf meinem

Weg verlor ich einen Augenblick,

Der blieb zurück auf einem weißen

Fleck, das war die an die Wand genagelte

Visitenkarte,

Und ich hatte schon von ihr gehört,

Man hatte den

Besitzer noch nicht ausgemacht,

Und auf der Karte las man:

„Ich bin nur ein

Stuhl, den halte ich besetzt,“

Und meine

Angst war unbegründet,

So würd man mich niemals finden.

 


 

Aufschläge 7135 – 7137

 

Schreie, schreie, schrei, schrei, schrei,

Und schlimm ist die

Verführung durch die Dankbarkeit,

Und auf der andren

Seite weckst du das Gefühl von

Zärtlichkeit im Morden,

Einer Frau stieß man die

Eisenstange in den Unterleib,

Die drang durch ihren ganzen Körper,

Grausam ist das

Zartgefühl der Mitleidlosen,

Und der Abend schaltete in festgefügter

Automatik seine Nachtlaternen an,

Die suchten immer noch den

Lichtkreis ihrer Nachbarlampen zu

Erreichen.

 

 

 

Jemand sprach in aller

Heimlichkeit zu mir von Ohrenwächtern,

Die vermittelten die

Selbstgespräche,

Und sie schirmten alles ab, was sich von außen drängte,

Ihre Träger konnte man daran

Erkennen, dass sie dauernd mit den

Augen etwas suchten, das vermuteten sie in der Nähe,

Und sie deckten alle möglichen

Verstecke dabei auf.

 

 

 

Weil ich eine

Wirklichkeit erfahren wollte, saß ich einen

Abend später unter einem Bild,

Es blieb mir nichts, als hier, an dieser

Stelle das Gemäuer zu durchstoßen,

Denn das Himmelsblau begann in

Wahrheit schon bei mir,

Ihm fehlte nur noch die

Verbindung, die zum Sichtbarwerden

Nötig war.

 


 

Aufschläge 7138 – 7140

 

In das

Stubenfenster rankte eine Rosenschlaufe,

Ihre Blüten standen noch geschlossen, regennass im

Sommersonnenlicht, statt ihrer blühten nun im

Augenblick die Tropfen auf,

Sie klammerten sich vor dem

Sturz an jeder Rundung fest

Und hingen noch an jedem

Ende, das nach unten wies,

Und rissen ihre Strahlenfächer auf,

So sprach ich auch zu dir am

Telefon, mein Hilferuf wuchs aus zu einem

Eiskristall, das stach in deine Hände, dass dir das

Gerät entfiel,

Ich wünschte ohne dich den Untergang,

Du wusstest wirklich nichts von mir

Und wärest dabei keine Hilfe.

 

 

 

Drüben ragtest du nun reglos, fassungslos in deinen

Tag, ich stand dicht neben dir, umfasste deine

Schulter, die brach ein,

Es blieb die

Starrheit während einer ganzen Nacht in dir, mein

Trost war dir kein

Wohnschloss, das dich aufnahm, meine

Worte wurden keine Diener, denen du

Vertrauen schenktest,

Und es lag an deiner

Hand, die war schon völlig abgegriffen.

 

 

 

Später ließ ich dich genesen, deine

Wutanfälle machten aus zerbrochnen

Gegenständen Stätten deiner Wonne,

Und du lebtest neben mir als die

Verwandlungstänzerin,

Die führte ich mit prahlerischer

Lust geladnen Gästen vor,

Du wurdest mir nun doch

Behilflich.

 


 

Aufschläge 7141 – 7143

 

In einer

Eisenschale brannte noch ein spätes Feuer,

Und das Holz, von mir darein geworfen, zeugte

Rauch, der senkrecht durch die

Äste naher Bäume stieg,

Das Volk, das sich versammelt hatte

Und sich nicht verschwenden lassen wollte,

Zog in langer dünner Reihe,

Und die

Flucht und Zuflucht fielen ineinander,

Und die Blicke stiegen ohne

Umkehr mit dem Rauch nach oben,

Und in deinen

Augen las ich Strophen deines Klageliedes,

Die verstanden Menschen jeder Sprache,

Und ich warf die

Tageszeitung auf die Flamme,

Die schlug gleich Alarm und schoss empor,

Ich hielt die Hände vors Gesicht, das

Opfer konnte nie von außen kommen.

 

 

 

In meinem

Fingerring befand sich eine Siegelschrift,

Die wollte ich benutzen,

Über mir stand eine

Möwe, die sah auf mich nieder,

Und ich hatte mich entschieden,

Und mit einem

Tuch zog ich mir meine Zunge aus dem Mund,

Mit einem schnellen

Handgriff brannte ich auf sie die Initialen,

Das befriedigte die

Möwe, meine Zunge und den Ring.

 

 

 

Ich nahm ein kleines, blaues

Lineal, das legte ich zum Unterstreichen an ein

Wort,

Es deckte, weil es undurchsichtig war, die andren

Wörter zu,

Entsetzlich war die

Isolierung, die entstand,

Mir nützte nun das

Wissen um die Dinge, die ich nicht erkannte,

Gar nichts.

 


 

Aufschläge 7144 – 7146

 

Alles hatte seine Richtigkeit,

Und deine

Blüten blühten dir auf deinem Kopf,

Und deine Füße sogen Wasser,

Ich kam zu Besuch, du sagtest noch,

Ich sei der letzte Gast,

Und nach mir würde keiner mehr erwartet,

Vor mir wäre niemals jemand hier gewesen,

Und mein

Schritt in eine Zukunft sei zugleich mein

Schreiten rückwärts,

Das traf mich nicht schwer,

Ich war um deinetwillen angekommen,

Und ich traf genau die Gegenwart,

Die legte deinen Duft in meine Arme.

 

 

 

Soviel hatte ich gelernt, am

Ende brennt doch überall noch Licht,

Ich sehe, dass die

Räume leer, verlassen sind, dass die

Maschinen ungewartet auf den Fluren stehen,

Niemand kümmert sich um sie,

Und niemand ist zurückgeblieben,

Keiner ist zurückgetreten,

Und man feiert überall und tummelt sich in diesen leeren

Zimmern, dass sie überquellen,

Und ich sehe immer wieder, dass am

Ende niemand daran denkt, die

Lichter auszuschalten.

 

 

 

Ich setzte meinen eignen

Fuß als Keil in eine Tür,

Die stand nun unbeweglich fest,

Sie konnte sich nicht öffnen

Und nicht schließen lassen,

Und ich tat es nur für alle Fälle,

Überdies ging ich so oft hindurch

Und wusste nichts von dieser oder jener

Seite zu berichten,

Irgendjemand wusch die weißen

Kacheln diesseits, jenseits an den

Wänden unablässig.

 


 

Aufschläge 7147 – 7149

 

Ich höre ein

Geräusch im Holz, so schlägt die

Uhr, die misst nicht unsre Zeit,

Und neben mir steht eine

Frau, mit einem Kind an ihrer Hand,

Und ihren Leib spannt eine neue

Schwangerschaft,

Und hinter einer

Hündin, die trägt auch, drängt sich ein

Hund, sie zu besteigen,

Und ich sehe fort,

Man zählt so oft die

Leben, die man kennt, die

Menschen lernen es, sich zu vergleichen,

Jemand sagte auch, als er den

Stein mit seinem Fuß aus weicher Erde stieß:

„Euch Würmer wollte ich beileibe nicht erschrecken,“

Und er legte einen anderen noch größeren darauf,

Der passte nicht, und trat ihn fest.

 

 

 

Ich schrieb mit einem

Regenschirm, der war ganz nass,

Und schrieb auf einen trocknen Tisch,

Dann, als die

Schrift versiegte, zog ich ihn durch Sand,

Und ich versuchte auch zu lesen was ich sah,

Und lang war seine Spur, das

Hundetier erfuhr als erstes das Geheimnis,

Und es roch die ganze

Schrift, die Zeichen, die sich mir entzogen,

Und das Hundetier ließ ich zurück,

Den Schirm dort liegen, wo er war,

Im nächsten

Augenblick jedoch trug mir das Tier den

Schirm entgegen, auf dem

Boden blieben Spuren des Zusammenhangs,

Die waren gut zu lesen.

 

 

 

Man sprengte eine

Kirche, und das ganze

Kirchenschiff fiel ein, der

Turm zerbarst uns stürzte senkrecht tiefer um die

Höhe seiner fortgerissnen

Fundamente und stand still und blieb so stehen,

Und ich sah mit eignen

Augen wie ein starker Mann den

Nagel mit den eignen Zähnen aus dem

Holzbrett zog,

Er ließ sich von dem

Publikum dafür bezahlen.

 


 

Aufschläge 7150 – 7152

 

Du schlugst den

Nagel seitlich in das Holz,

Er blieb halb darin stecken,

Und man konnte an ihm zupfen,

Es entstand ein dumpfes

Trinkglas der Musik,

In deinem Atelier bedeutete noch das

Geringste etwas,

Speise fand ich hier im Überfluss,

Du selbst warst aber schwach vor Hunger,

Deine Werke stülpten das Gedärm nach außen,

Irgendwo, so wusstest du mir zu berichten,

Putzte wiederum ein

Zwerg mit seiner Spucke und dem Wolltuch einem

Riesen seine übergroßen Stiefel,

Und der Wicht, der kleiner als die

Schuhe war, hielt große Reden, die verhallten im

Profil der Sohlen.

 

 

 

Alles, sah ich, war

Produkt der Phantasie,

Ich hielt mir nur ein

Auge zu und sprach mit euch, das irritierte euer

Denken,

Und ihr fühltet euch gleich hintergangen

Und auch unter meiner Obacht,

Und mit dem verdeckten

Auge sah ich alles gut und machte

Augenblicksaufnahmen, die ich zu bewegten

Bildern aneinander reihen würde.

 

 

 

Von einem

Stuhl aus sollte ich dann eine Rede halten,

Und ich sollte jemandem, von dessen

Schuld ich gar nichts wissen konnte,

Gegen euch verteidigen und sprach, weil ich’s

Nicht besser wusste, so, als ginge es um mich,

Und redete mich wirklich frei,

Man nahm mich ab vom Haken,

Und man ließ mich laufen

Und man rief mir nach, mir sei das

Glück ganz unverdientermaßen in den

Schoß gefallen.

 


 

Aufschläge 7153 – 7155

 

Heute Morgen stieg ich aus dem

Bett,

Mich überfiel sofort die

Frage nach dem Sinn des Schönen,

War es sinnvoll, wenn die

Axt aus Eisen und der Haublock ganz aus

Holz gefertigt waren,

Und verbarg sich hier, auf ihren

Oberflächen eine Antwort,

War es statthaft, nach der

Unterdrückung nachzugeben,

Konntest du die

Reiterin auf einer ausgezogenen Spirale sein, die

Tänzerin auf einem Stahlseil,

Und ich sagte auch:

„Du hast es gut, weil du dich immer bei dir hast,“

Ich muss hingegen immer auf mich warten.“

 

 

 

Dieser

Zwischenfall war so belanglos,

Und durch mich erfuhrst du eine

Spaltung, die dich doppelt werden ließ,

Das war nicht meine

Schuld, ich selbst war tausendfach geteilt verteilt,

Vielleicht erhöhte sich für dich nun automatisch die

Gelegenheit, mir zu begegnen.

 

 

 

Ich las in einem

Buch von Bäumen, die versteinert in der

Wüste lagen,

Und sie standen unter schwerem Schutz

Und niemand durfte sie berühren,

Und in einem

Wohnhaus türmten sich die

Bilder feiner Schnitte operierter Seelen,

Die erkannte ich sofort an ihren

Blank polierten Seiten,

Ja, man konnte sich in ihnen spiegeln,

Und das Eigenbild fiel tief in ihre

Poren,

Und man musste lange warten, bis es dort

Herausfand und sich wieder sehen ließ,

So dass man fortkam.

 


 

Aufschläge 7156 – 7158

 

Ich habe oft gehört, dass man den

König unter Bettlern wählte,

Und er blieb ein

Herrscher unter Bettlern, trotz der vielen

Mörder um ihn her, zum

Königsmantel nähte er sich seine

Schwächen um, die schützten ihn vor den

Verbrechern,

Er blieb so ein Dummkopf seiner Tage,

Und man dachte auch, wenn er die

Sache besser machen würde,

Könnte er sie nur verschlechtern,

Und er war nicht klug,

Er zählte ungeniert vor der

Versammlung der Minister seine

Rippen auf dem nackten Leib,

Das Hemd darüber hochgezogen.

 

 

 

Eines

Tages fing man einen blanken, nassen

Fisch, den trug man vor die vielen

Leute, die verlangten den Propheten,

Und in unsrer

Zeit war alles festgelegt und damit alles möglich,

Und man starrte auf das

Maul des Fremdlings, dass sich öffnete und schloss,

Und man verstand ihn nicht,

Der redete noch lange und bewegte sich bis zur

Erschöpfung,

Irgendjemand übersetzte seine letzten

Worte, die verliefen sich jedoch in dieser

Menge.

 

 

 

Dann standst du vor einem

Kochherd, der war alt und hatte in der

Mitte eine Öffnung, darin loderte ein Feuer,

Das schlug über deren Rand,

Du hattest es in diesem

Augenblick entdeckt und fasstest nach der Flamme,

Die verbrannte deine Hand,

Du rochst ein schreckliches

Erlebnis wieder,

Das war dir nicht neu.

 


 

Aufschläge 7159 – 7161

 

Dies blieb von dem

Gespräch mit dir:

In meinem

Schuh ein Steinchen, das sich dort

Nicht lange halten, sicher gleich am

Rand unmerklich werden würde,

Und dann könnte ich vergessen,

Deine

Landschaftsmalerei stand noch im Raum,

Die

Fenster, die du weit mit ausgestreckten

Armen in die Luft geschnitten hattest,

Waren noch geöffnet,

Ich sah schnell hindurch, die blauen

Wolken hatten sich zurückgezogen,

Und in einer

Glasvitrine stand die winzige

Symbolfigur der Fruchtbarkeit, die war in ihrer

Weiblichkeit viel ausgeprägter als der

Wahntraum meines weißen Himmels.

 

 

 

Mein

Schlaf war mein Geheimnis, und dein

Anruf in der Morgenfrühe ließ mich meinen

Zauberspruch vergessen,

Und verräterisch schlug eine

Zimmertür ins Schloss,

Ach, hätte ich doch einen

Fetzen meines Traumes über sie gehängt und meine

Hände fest auf sie gelegt…

Und nun die glatte

Mauer,

Niemand kannte außer mir das

Wort, dass sie sich öffnen lassen würde,

Und ich stand vor dem

Geheimnis des vergessnen Zaubers.

 

 

 

Du erholtest dich in dieser

Nacht und fegtest deine Straße,

Das sah ich durch Zufall,

Und du sprachst mit mir, es ginge dir um eine neue

Spur von mir, die müsstest du beseitigen,

So viel ich sah, war alles rein gefegt und sauber,

Und du sagtest auch, man dürfte nicht auf die

Getäuschten hören, denn sie könnten es nicht besser wissen,

Und ich sei im

Augenblick das Laub, das dir den

Weg verdecke.

 


 

Aufschläge 7162 – 7164

 

Regentropfen fallen auf den

Schirm in meiner Hand und um mich her in Sand,

Ich höre ihren Aufschlag,

Und ich unterscheide sie an dem Geräusch,

Wenn ich nun gehe, bleibt ein trockner

Weißfleck,

Dort hinein könnt eine blanke, blaue

Birke, die im Wetterhimmel kopfsteht, ihre

Wurzeln schlagen,

Zwischen mir spann ich die

Schnur und halte aus und still,

Und eine

Wasserperlenkette bildet sich

Und reiht sich daran auf.

 

 

 

Ein alter

Mann lehnt sich an einen Zaun,

Und ungewollt stützt er sich auf die

Regeln, die ihm gelten,

Und ihn ängstigt der

Zusammenbruch, der kommen könnte,

Und er denkt an Mittelmäßigkeit,

Den Zaum hatt man nicht tief genug gesetzt,

Der Alte ist kein Springer mehr,

In seinem Schweigen liegen

Schreie hoher Unvernunft, die wird man noch

Metallisch rahmen.

 

 

 

Während deiner

Rede sah ich nur auf deine Hände,

Deine

Worte ließ ich durch,

Du bogst herum an einem Drahtknäul,

Und du suchtest für den

Anfang nach dem Ende,

Beide waren unauffindbar.

 


 

Aufschläge 7165 – 7167

 

Du liebst es, wenn du liebst,

Und legst das

Ohr auf einen Instrumentenkörper,

Und du jagst die

Resonanz, die flieht und kann doch nicht verhallen,

Und allein dein kurzer

Atem ist ihr immer neue Nahrung,

Und du reißt an deiner Hand,

Dass sie dir frei zum Biss wird,

Eigentlich, denkst du, dürft dich die

Sonne gar nicht schrecken,

Und es ist die Panik, die du fürchtest,

Deine Augen hältst du nicht, wie sonst,

Wenn du dich zehren lässt, geschlossen,

Und es ist in dir, dass du empfängst

Und dort hinein gebierst.

 

 

 

Von deinen

Lippen reflektierte eine Spiegelei, der

Kopf auf deinem Hals sprach jedes deiner

Worte mit,

Es gab nun endlich diesen völlig glatten

Lippenstift, der ließ den

Mund erstarren in der Blankheit,

Und man lief, so könnte man fast sagen, mit den

Lippen Schlittschuh,

Stand mit eignen Lippen auf den

Kufen andrer Lippen,

Und es war ein

Rausch, der alle trieb,

Wir würden uns zu gerne an den scharfen

Kanten schneiden, als an einem

Blatt Papier,

Das wäre fast unmerklich und zugleich

Verheerend.

 

 

 

Unsre

Schritte machten wir geschickt,

Sie waren ja der

Hauptteil unsrer Pantomime,

Und wir gingen aufeinander zu

Und durften uns nicht nähern,

Und wir merkten bald, dass wir trotzdem der

Not der viel zu engen

Räume folgten,

Und wir standen mit dem

Rücken hin zur Wand.

 


 

Aufschläge 7168 – 7170

 

Auf meinem

Mund stand Wind, der hielt die

Hand ganz fest darauf,

Ich schrie umsonst nach

Atem, drehte mich und fand die

Lücke, die mich durchließ, dort versteckte ich die

Albernheit des Schreckens,

Hinter mir erhob sich jemand

Und er lachte auf,

Er konnte nichts erfahren haben,

Und der

Wind lag plötzlich still zu meinen

Füßen,

Und ich redete mir

Großmut ein,

Von nichts war nichts für nichts

Entstanden.

 

 

 

Jemand sprach mich an und zeigte in den

Himmel, und ich sah dort hin und meinte in der

Tiefe kleine Kiesel zu erblicken,

Dort war sicherlich der

Grund,

Die Heere schneller

Taubenvögel flögen noch viel höher, sagte er,

Und an den stillen

Tagen hörte man den Flügelschlag bis hier,

Dazwischen stand die dicke

Schicht, die konnte man sich nicht erklären,

Und die

Oberflächenwellen waren viel zu weit entfernt,

Die waren nicht zu finden.

 

 

 

Mir erging es so:

Ich malte auf die weiße

Fläche einen Schwarzpunkt, der bestand aus

Nacht,

Gleich hinter seiner Grenze lag der Tag,

Und in

Vergrößerung, die tausend-, tausend-, tausendfach geschah,

Lief beides ohne scharfe

Trennung ineinander,

Und ich sah die

Grenze nicht mehr ab und stach mit einer

Nadel zu, die öffnete mir einen

Ausgang im Papier,

Der wäre niemals ohne mich entstanden.

 


 

Aufschläge 7171 – 7173

 

Man kaufte

Helme internationaler Unvernunft,

Die trug man nicht, die legte man auf einen

Sonntagstisch und unterhielt sich über sie hinweg,

Ich sprach von einem

Weg, auf dem ich morgens geh

Und dass ich dabei einen

Fingernagel über die

Geländerspeichen springen lasse, dass ich das

Geräusch verherrliche,

Es läuft dabei ein

Speichenrad so neben mir und dreht sich nicht

Und kreist vielleicht in einer

Ebene, die läuft durch mich hindurch,

Vielleicht, wer weiß es besser, bin ich selbst die eine

Speiche, die heraus gebogen an den

Zaun schlägt,

Und ich drehe mich dabei unmerklich.

 

 

 

Ich stand vor dem

Gesetzesstein, der hatte recht,

Es stand ja dort geschrieben,

Und er wollte mich zum

Wissenden bestimmen,

Und ich lernte schnell und viel und fasste

Mut,

Und ich erweiterte die

Texte um die Worte:

„Jeder Blinder darf mit Recht die

Strafermäßigung erwarten.“

 

 

 

Drüben stand die

Aufsicht und sie blickte unerbittlich

Und belehrte mich,

Erst als ich, selbst zu einem

Gegenstand geworden, über sie befahl,

Wurd sie so redlich wie ich selbst,

Ich machte sie trotzdem zur

Herrscherin der kleinen

Insel, die ich für sie kaufte,

Und entließ sie dorthin als

Verbannte und verzichtete auf sie,

Wir wurden beide so zu einer

Frage nach der Zeit.

 


 

Aufschläge 7174 – 7176

 

Alles würde so geschehen, wie es hier geschah,

Man wusste nicht, von wem sich das

Geschehn geschehen lassen ließ, die

Bosheit wandelte sich um in Liebe,

Und das

Unglück wurde Zufall, dem man alles danken musste,

Schwer zog dieser

Schleppkahn an der Last, er stand fast still,

Ich ging am Ufer nebenher, er stürmte durch das

Wasser, wenn ich auf die Schnelligkeit des

Stromes achtete, und

Unaussprechlich unaussprechlich lag die

Wasseroberfläche an der Grenze.

 

 

 

Alles ließ ich los, das freie

Fallen trat nicht ein,

Wir drifteten ganz ruhig auseinander,

Und es war ein

Glück, denn unsren neuen

Abstand nutzten nun viel schnellere

Geschosse als wir selbst,

Sie hätten uns vernichten können,

Gerne hätte ich geglaubt, dass nichts dem

Zufall überlassen war, dass es den

Zufall gar nicht gäbe,

Und wir konnten auch nicht ahnen, dass es das

Geschehen, dass den Zwischenraum betraf,

Nicht geben konnte.

 

 

 

Viele Boten standen mir zu Diensten,

Und sie saßen oft gemeinsam auf der

Fensterbank und sprachen ruhig, ausgeglichen

Und besonnen miteinander,

Und den einen

Fenstersturz erklärten sie mir später als den

Selbstmord, der war lange angekündigt worden,

Und er hatte sich nun wieder wegen der

Gelegenheit geboten,

Wäre auch ein

Dienst an dem Geschehen,

Und ich hätte nichts davon geahnt.

 


 

Aufschläge 7177 – 7179

 

Ich legte meine

Hand ganz sanft auf deinen Mund,

Und deine

Zunge redete dagegen an, sie stieg aus ihrem

Becken, und sie schlängelte sich in das Rund,

Und du warst nahe dran, die

Tür lag tief im Boden,

Und sie wäre auch zu öffnen, könntest du erkennen,

Und du fragtest zwanzigmal das gleiche,

Fragtest immer wieder nach dem Grund,

Ich sagte dir, ein

Dichter ist ein Medium,

Das ist nicht eine Schuld,

Und ich bin

Dichter, darum bin ich selbst kein Dichter,

Sonst würd ich die Zunge fangen und sie meinen

Ohren schenken,

Die sind sehr bedürftig.

 

 

 

Mein

Kopf, aus Leuchtdraht nachgebildet,

Hing nun abgeschlagen über mir im Raum,

Es war die eigne Köpfung,

Und es tropfte aus dem

Nichts ein zäher, roter

Saft, den ich verleugnete und fallen ließ,

Und meine

Augen sahen in das Brunnenloch daneben,

Und ich lauschte angestrengt hinein,

Es würde niemals einen

Aufschlag geben können,

Und ich griff mit einem langen

Arm in seine Tiefe,

Meine Schulter schob ich nach

Und holte alle Rufe wieder,

Keiner durfte mir verloren gehen.

 

 

 

So entkam, ich schäme mich, es zuzugeben,

So entkam mir die

Bewölkung, die ich hüten sollte,

Die, ganz eng gedrängt, in einer meiner

Fäuste Platz gefunden hätte,

Und sie war entwichen,

Und sie breitete sich endlos aus

Und ordnete sich ohne meine Hilfe,

Und Geräte reichten nicht dorthin,

Ich hatte auch erwarten müssen,

Etwas aus den

Händen zu verlieren.

 


 

Aufschläge 7180 – 7182

 

In deinem

Mund stand Melodie im Zwiespalt,

Und du hörtest sie genau,

Und ließest du sie frei, wär sie verloren,

Und du müsstest auf ein Echo warten,

So, in dir, blieb sie nun ungehört

Und würde irgendwann den

Fluchtweg durch die Ohren finden,

Niemals hattest du zuvor den eignen

Leib in Feindlichkeit betrachtet,

Auf dem

Laubblatt, dass der Wind in seinen

Händen schaukelte, hielt sich ein Wurm,

Ihm war der Wind das

Grün, das ihn so reizte.

 

 

 

Es gab auch unbesetzte

Zonen, die man irgendwo vermutete,

Das war zu ihrem Schutz,

Man sollte an sich selbst nicht forschen,

Und den

Brief, den ich voll Zweifel schrieb,

Müsst ich vielleicht als Tagessuppe löffeln,

Und ich rollte ihn und schnitt ihn

Scheibchenweise auf

Und hatte alles so zurecht gemacht

Und vorbereitet.

 

 

 

Ähnlich war es mit

Maschinen, die bewohnten wir von innen,

Sie erhoben sich als Häuser, ließen alles hinter sich

Und stiegen auf,

Ich konnte nicht entscheiden, ob wir in die

Meerestiefe wichen oder längst kopfüber über unsren

Köpfen standen,

Es verging viel

Zeit, weil alle von uns nacheinander…

... nacheinander…

…nie zugleich…

…nie zugleich…

 


 

Aufschläge 7183 – 7185

 

Eine

Rose fiel mir wegen ihrer Farbe auf,

Ein zusätzliches

Blut, das unter Atem stand,

Ich rutschte mit den

Füßen über eine kleine, dünne

Stange, die war hartverchromt, und riss mich fort,

Ich wollte an ihr stehen bleiben,

Und ich brach im

Spreizschritt ein,

Die tote Sonne ging schon wieder unter,

Viel zu hart war die

Beschichtung dieses Rolleneisens unter mir,

Es funktionierte einwandfrei.

 

 

 

Dann verschlug es mich in einen

Stadtteil, wo die

Menschen ineinander wohnten,

Und sie schnitten sich mit spitzen

Fingern Fenster in die

Räume, um hinauszuschauen,

Und sie hielten ihre Aussicht frei,

Und regelmäßig putzten sie die Scheiben,

Die benutzten alle, wegen dieser Enge, von den beiden

Seiten, und man öffnete sie auch in beide

Richtungen.

 

 

 

Während meiner

Reise fuhren immer wieder fremde

Züge hier durch mein Abteil,

Das kam bei anderen nicht vor,

Man glaubte mir auch nicht,

Obwohl ich alles zeigen und beschreiben konnte,

Ja, ich hielt einmal den

Fernzug an, stieg um und fuhr davon,

In meinem Abteil änderte sich nichts,

Uns alles blieb das gleiche.

 


 

Aufschläge 7186 – 7188

 

Ich warnte dich, du wuschst die

Haare in dem Becken,

Vorgebeugt standst du,

Und alles wurde zum Gemälde,

Das hing so vor mir, das würd ich gerne malen,

Meine Farben würden dich direkt betreffen,

Und sie trafen dich direkt,

Ich stand gelähmt an diesem

Anblick, sah dir zu und zeichnete mit meinen

Augen deine Linien grob vorab,

Von unten stachen deine

Blicke zu mir hoch, sie waren voller Zweifel,

Du warst ausgeliefert,

Und ich lieferte mich deinem nackten

Oberkörper aus, die Lähmung war auf beiden

Seiten und hielt an,

Ich reichte dir das Tuch,

Darin warst du vorher genauso wie zu allen andren

Zeiten abgebildet.

 

 

 

Aus dem

Armstumpf tropfte Harz,

Doch das war lange her, die

Tropfen klebten aneinander,

Waren überhin gelaufen ohne sich zu regen,

Und sie würden den

Beginn der Tropfsteinhöhle bilden,

Unten lag eine Spiegel, das Gesicht nach oben,

Der sah anfangs gut, was über ihm geschah,

Dann wurd er blind und schwieg

Und tropfte seine

Blindheit in die andre Richtung, einfach nur entgegen,

Und es würde einer wohl den andren

Finden.

 

 

 

Man sandte mich an eine

Tür und gegenüber schlug die Turmuhr,

Ich trat ein und hatte keine Absicht,

Und die Klänge zwängten sich mit mir hindurch

Und nahmen gleich Besitz von jedem

Winkel, die erzitterten,

Ich hatte euch, das sagte man mir später, so aus der

Genüsslichkeit zu wecken,

Und ich klopfte alle

Wände ab und fand euch nicht,

Und die Geheimtür blieb verborgen.

 


 

Aufschläge 7189 – 7191

 

An einer täglich neuen, andren

Freiheit stellte sich die Unfreiheit,

Man hielt die eigenen

Gerüche gar für Wohlgerüche,

Und es ging dabei um weiter nichts, als um den

Fadenschein des dünnen Morgenkleides,

Dieser Tag würd ganz gewiss sehr lang,

Mit meinen

Schuhen klebte ich am Boden fest, dort hatte man vom

Süßgetränk verschüttet,

Und die Leute, die ich traf

Und die ich lange kannte,

Lernte ich nun kennen,

Und sie wurden fremd.

 

 

 

Ich ging spazieren und verließ die

Straße, als ein Sandweg seitlich abwuchs,

Vor mir her entstanden meine Spuren,

Denen gab ich nach und folgte ihnen,

Hinter mir blieb alles glatt und unberührt,

Es waren umgekehrte

Wege, die ich ablief, und die

Deutlichkeit verblasste schnell,

Auf hartem Pflaster wäre ich an mir

Vorbeigegangen.

 

 

 

Es gefiel mir nicht,

Und jemand wollte wissen, was mir nicht gefiel,

Ich hatte darauf keine Antwort,

Und man dachte für mich nach,

Man wollte helfen und fand alles in der

Ordnung und in rechter Reihe, auch die

Dinge, die ich nachlässig behandelte, erkannte man als gut

Und hielt sie für sehr wichtig,

Und man hielt mir alles vor

Und alles hätte seinen absoluten

Überlebenswert, man hatte auch die

Spielerein mit einbezogen,

Und man wollte morgen weitersehen,

Und dann übermorgen

Und so fort

Und fort

Und fort…

 


 

Aufschläge 7192 – 7194

 

Ich lebte im Verzehr,

Du hattest das Besteck gestohlen,

Meine

Leidenschaft war unsichtbar, fraß sich von einem

Tod zum anderen,

Sie schleppte sich durch eine

Landschaft, die war voller

Boten zwischen Beute und dem Jäger,

Dir gab ich ein neues

Spielzeug, das war schlimmer als zuvor,

Ich sandte dir die

Freundin, die lieh dir und mir ihr

Ohr und sprach zu dir mit meiner

Und zu mir mit deiner Zunge,

So versprach ich uns ein

Überleben,

Und wir durften uns nicht sehen.

 

 

 

Schweiß stand mir auf meinem Körper,

Meine Kleidung saß zu eng,

Und unter meinen

Mitgefangnen war ich nur ein kleiner

See, der lag in einer großen Seenplatte,

Und die Lyrik meiner Zelle war das

Lagerleben einer Großstadt,

Ich erinnerte mich auch in grellen

Farben und verfolgte keine

Lügen mehr, nur um der

Wahrheit eine Leuchtspur zu verschaffen,

Und die

Tage hinterließen weniger an mir als einen

Wandstrich,

Ausdruck größter Eile.

 

 

 

Das Lächeln kam zu

Unrecht, und du hattest nichts entdeckt,

Du wusstest auch nichts über mich

Und brauchtest dich und mich nicht zu entschuldigen,

Und Freundlichkeiten traute ich dir nicht mehr zu,

Und alles, was dich rührte, waren die

Gedanken an ein Unrecht,

Das entstand dir täglich neu,

Das fügtest du mir täglich zu,

Das war der

Brief, den jeder unbedingt zu

Ende lesen wollte.

 


 

Aufschläge 7195 – 7197

 

Ich lebte ganz in der

Mechanik, meine Arme waren Greifgeräte,

Und ich liebte sie, und es entstand ein mäßiges

Vergnügen, wenn ich sie bewegte,

Meine Welt bestand aus einem

Gummiband, das zog ich zu mir hin

Und sah im letzten Augenblick,

Dass es sich auf der andren Seite löste,

So entstand kein

Halt, ich machte mich durch mich betroffen,

Nirgends gab es einen

Ausverkauf der Arme.

 

 

 

Mit meiner

Stirn schlug ich an eine Wand,

Und eine sonderbare Leere kehrte ein,

In mir wuchs eine

Ruhe vor dem Schmerz bis beides explodierte,

Und mein

Schrei war längst vergeben,

Meinen Kopf, da war ich sicher,

Trug ich unter meinem Arm,

Ich sollte warten, hieß es, warten, warten,

Dass die Köpfe an die rechte

Stelle rücken würden.

 

 

 

Meine Augen tanzten,

Und sie sprangen auf den

Anblick eines jungen Silbermädchens,

Meine Reue warf ich hin als

Vogelfutter,

Und der Hunger hatte alle Sattheit überwunden,

Mit dem

Mund aß ich den Sand,

Es war unmöglich noch zu reden,

Meine Sprache sprach woanders

Weiter.

 


 

Aufschläge 7198 – 7200

 

Es war noch nicht genug,

Und der Triumph blieb aus,

Du stelltest deine

Beine auseinander, es entstand der

Bogen, der war gut genug für

Kinderspiele, nicht für mehr,

Nach oben gab es nichts zu greifen, keine

Nationalität und keine Phantasie, an der du

Halt gefunden hättest,

Dieser Spreizschritt ließ dich unterscheiden

Zwischen großem Fleiß und übergroßer

Unumgänglichkeit,

Kein einziger würd sich so vor dir bücken,

Um mit einem

Kinderlied hindurch zu schlüpfen.

 

 

 

Niemand opferte sich für ein

Bild, das war schon tot, wenn es entstanden war,

Und mir im

Kopf entstanden tausend Bilder,

Jedem einzelnen hatt ich mein

Leben zugesagt,

Am Gartenausgang wuchs die

Blume, und die Hochzeit stand bevor,

Auf diese Weise würde sich die

Kunst nicht mehr vermehren können.

 

 

 

In meinem

Herzen saß ich unablässig zu Gericht

Und wollte mich davon befrein,

Es fehlte mir auch das

Verständnis, über mir den

Sternenbogen räumlich zu erkennen,

Alle weißen Punkte standen unverrückbar

Und gleich weit von mir entfernt,

Mein

Urteil reichte hier nicht aus,

Es war nicht aufzufinden.

 


 

Aufschläge 7201 – 7203

 

Gestern noch stand hier mein Haus,

Und heute blüht ein

Flieder auf demselben Platz,

Dazwischen liegt nur eine Nacht,

Es raubte eine

Wohnung eine andre aus,

Ich trug den

Frühstückstisch, er war gedeckt, auf meinem

Kopf und stellte ihn in einen

Innenhof, dort waren alle

Fenster offen, auf mich schaute alle Welt,

Es war die

Anstalt, wo man Freiheit nur vergab, wenn man mit seiner

Freiheit büßte,

Und von mir erwartete man nun die ganz besondre

Art des Selbstmords,

Und man ließ mir Zeit,

Und niemand drängte mich.

 

 

 

Versagen war nicht zu befürchten,

Ich war offen und porös

Und kannte keine Schliche, steter

Wind durchspülte meine Poren, kühlte mich

Und brachte auch ein wenig

Feuchtigkeit, die schützte vor der übergroßen Hitze,

Andre Felsen um mich her zerbarsten unter einem

Tempraturgefälle zwischen Tag und Nacht,

Und ihre

Schuld erweckte bald in mir

Beredsamkeit, verlieh sie mir, wohl weil ich nicht ihr

Opfer werden konnte.

 

 

 

Den ganzen

Tag verbrachte ich im Stehen unter einem

Türenbogen,

Alles blieb belanglos;

Außer diesem Bogen, der mit jedem

Fortschritt alterte, geschah hier nichts,

Und aus den

Wolken fielen helle Masken wie man sie im

Schauspiel hatte, und sie fielen schnell, ihr

Porzellan zerbrach am Boden, ihre

Scherben lagen weit verstreut und

Durcheinander.

 


 

Aufschläge 7204 – 7206

 

Du gabst mir ein

Getränk, das sollte mir die

Schmerzen aus dem Kopf vertreiben,

Und ich winkte ab und trank es aus und hätte lieber diesen

Eisenreifen abgenommen,

Der lag fest als Stirnband, das war eingewachsen,

Nicht mehr aufzufinden unter harter Rinde,

Ja, selbst, wenn ich’s mir entfernen ließe,

Bliebe doch die eingeschnürte Stelle,

Davon konnte ich nichts sagen,

Und wir reichten beide nicht dorthin,

Und ein

Getränk vermochte es vielleicht als einziges sich durch die

Ritzen einzuschleichen.

 

 

 

Ich suchte in der

Stadt nach einem handbemalten

Porzellan, es sollte nur ein kleines

Schmuckstück sein mit weißem Grund

Und sonst in reinen blauen Farben,

Und ich schnitt mir vor dem

Spiegel in ein

Ohr, wie es sonst andre an mir taten,

Und das

Blaulicht tropfte auf mein Weißhemd,

Bis es irgendwann versiegte,

Und ich hätte mir von uns aus nicht geholfen,

Meine Suche war vergeblich.

 

 

 

Der

Künstler spielte eine Violine,

Die lag seitlich in dem Kasten,

Und es war ihm recht so,

Und ich kaufte eine

Zeigeruhr, die hatte eine Eigenart,

Sie lief dem Sinn entgegen,

Und die

Zeit, die sie so teilte, blieb wie überall

Und irritierte den Betrachter,

Mir hing ich sie vor den

Spiegel, das war wegen ihrer Zahlen

Auch nicht richtig.

 


 

Aufschläge 7207 – 7209

 

Du stolpertest auf deinem

Weg, und als kein

Halt dich mehr erreichen oder halten konnte,

Bliebst du fallend stehn, du wünschtest dir zu sehr,

Dass dich der Stillstand retten würde,

Die

Figur aus dir wurd nun zum angegebnen Bahnhof,

Zwischen allen Gleisen wuchsen

Büsche, Gräser, selbst das

Namensschild geriet schnell ins Vergessen,

Als ich von der

Reise wiederkam, sie dauerte den andren viele

Jahre, war der

Eingang, der in meine Wohnung führte, zugenagelt,

Und dahinter sah ich die zerfallne Tür,

Die Dielenbretter waren morsch und aufgerissen,

Und es lag auf allem eine

Staubschicht.

 

 

 

An die

Rückwand zielte eine Lampe ihren

Lichtschein, der war rund und weiß

Und irrte hin und her

Und suchte etwas,

Und der

Schwarzpunkt, den ich zu dir sandte,

Den du nicht entziffern konntest,

War nur die verkleinerte

Verkleinerung vom Rätseltext,

Den hättest du natürlich vielfach erst

Vergrößern müssen.

 

 

 

An diesem

Tag vernahm ich kein Geräusch, die

Ohren hatten mich verlassen,

Und ich sollte meinen

Mund statt ihrer nehmen,

Der war weit geöffnet,

Und die

Ärzte lobten mich für braver Haltung,

Und sie würden sich nach meiner

Rückkehr weiter um mich kümmern,

Und ich saß im

Wartezimmer ohne mein Gehör,

Das war noch in

Benutzung.

 


 

Aufschläge 7210 – 7212

 

Ganz aus

Versehen öffnete ich gleich das erste

Zimmer, darin waren die drei

Eingeschlossenen, die brauchten keine Tür,

Und wenn sie läuten würden, wäre das,

So sagten sie, der

Augenblick in welchem sie sich selbst verschlössen,

Dann stünd mir der Zugang frei,

Ich ging zurück und durch den eignen

Schatten, das war schmerzfrei,

Und dort drinnen ging man jedem

Schatten, wegen großer

Schmerzen aus dem Weg.

 

 

 

Ich baute mir ein

Haus, das schnell und leicht errichtet war

Und riss es wieder ab in Sorgfalt,

Alles musste gut verwendbar bleiben,

Und ich baute alles wieder auf und übers

Jahr riss ich es wieder ab und wohnte nicht darin,

Zur Zeit, so glaube ich, befinde ich mich in der

Aufbauphase,

Was danach kommt, lässt sich nicht bestimmen

Und im voraus sagen.

 

 

 

Neben mir las man aus einem übergroßen

Buch, es stand auf einem Pult,

Ich sah ihm über seine

Schulter ins Gesicht,

Das war noch völlig unbeschrieben,

Und ich würde lange warten müssen,

Über uns stand dieser rote

Drachen aus Papier im Himmel,

Der zog an dem

Faden, der durch meine Hände lief

Und hielt dort oben Ausschau.

 


 

Aufschläge 7213 – 7215

 

So bestimmte eine

Tür aus Holz den Eintritt,

Und ich hörte auch den leisen

Unterton von Ungeduld, der in ihr schwang, im

Öffnen und im Schließen, er betraf die beiden

Seiten,

Früher einmal sprach ich ihr das

Recht ab, eine eigne Existenz zu haben,

Heute war der

Höhepunkt des Durchgangs eine Drehtür,

Darin fand ich einen

Angelpunkt, um den herum nahm ich die

Wohnung.

 

 

 

Eure beiden

Köpfe legtet ihr aufs

Eis des zugefrornen Sees,

Und zwischen euch befand sich eine

Wasserstelle, war ein Luftloch, das gefror sehr schnell,

Und ganz genau bedachtet ihr in keinem

Augenblick den Sinn der Öffnung sondern nur den

Vorgang, der sofort nach euch

Auch alles andre überziehen würde,

Und es wäre an der

Zeit sich selbst mit einer

Glashaut abzufinden.

 

 

 

Auf den

Straßen fuhren selten Motorwagen,

Und auf einem graden Stück befand sich eine Stelle,

Dort gab jeder ein

Signal, den Warnton ab, der war so völlig sinnlos

Und wurd doch von jedem bei der

Durchfahrt eingehalten,

Und bei mir, ich stand am

Straßenrand, entstand der Eindruck einer wiederholten

Köpfung, ja ich spürte selbst das

Brechen des Genicks, das war sehr angenehm

Und völlig unerklärlich,

Und man sprach auch nicht darüber.

 


 

Aufschläge 7216 – 7218

 

Ich stand vor einer andren

Tür, die war ein Spiegel,

Und ich suchte noch, da tratst du ein

Und gingst durch mich hindurch, ein

Künstler kämpfte irgendwo ums

Überleben seiner Kunst,

Er wurde sehr, sehr krank dabei, das

Nahrungsangebot lag den Verhungernden in

Stahlbehältern vor dem Tor und war geschützt vor dem

Verderben, unerreichbar fern, das

Hauptziel wurde einem

Regenwurm, von einem Spaten durchgeschnitten, nun zur

Nebensächlichkeit, es wechselte das grüne

Licht sich regelmäßig ab mit einer hoch erhobnen roten

Hand, die wurde uns zum

Zeichen.

 

 

 

Etwas weiter fiel der

Schmetterling durch eine

Luft, die ihm gehörte,

Und mich hatte man der

Mitpflicht allen andren gegenüber ganz enthoben,

Und ich sah ihm zu, es kam kein

Vogel, der ihn schnappen wollte, meine

Eigenliebe jagte sich den

Kupfernagel durch die Mütze in den Kopf, so dass sie

Oben bleiben musste, nicht mehr niederfallen konnte,

Wenn ich mich vor mir verbeugte.

 

 

 

 

Mochte sein, dass auch die

Gegenstände ihre Richter hatten,

Dass sich unberührte

Mädchen mit den Jugendträumen quälten

Und die

Qualen Jahr um Jahr ertrugen,

Mochte sein, dass diese

Brücke unter meinen Füßen gar nicht existierte,

Weil ich dieser

Narr war, der dem größren

Dieb, als ich es selber war, in alle

Taschen schaute und ihm dienen wollte.


 

Aufschläge 7219 – 7221

 

Unvermutet ging ein

Schlagbaum vor mir nieder,

Und die Hand, die ihn herunterließ, war meine,

Zwischen mir und dem

Gerät bestand sonst keinerlei Verbindung, es geschah die

Untat unversehens,

Sie verlief so reibungslos, dass ich erschrak,

Ich fühlte mich in einer

Puppenwohnung, die bediente ich von außen

Und sprach ernst mit mir dort drinnen,

Schwierig wurde es, aus einer

Ebene des Denkens in die

Andere darüber liegende zu wechseln,

Ich dort draußen lauerte auf jeden

Einfall, den ich haben würde,

Einmal war mir dieser

Wechsel ja bereits gelungen.

 

 

 

Es war ein altes

Treppenhaus, das ich emporstieg, auf den

Stufen blinkte irgendeine

Sauberkeit, die setzte sich in

Wänden und in dem Geländer fort,

Es roch nach ausgesperrtem

Sonnenlicht, ich schaute unwillkürlich nach den kleinen

Fenstern, darin wohnten schon die

Leute dieses Hauses,

Mir war jeder

Aufstieg gleich, ich kannte keinen,

Wollte niemanden besuchen, die

Etagentüren standen offen,

Hier war niemand anzutreffen,

Und in einem dieser

Zimmer sah ich eine gelbe

Spielzeugeisenbahn, die fuhr auf einem

Kreis und hielt nicht an.

 

 

 

Vor dem

Stadtrand zog ein Deich in langem Bogen hin,

Und ich ging dort spazieren, eine

Wolke ferner Taubentiere ging als Regen nieder,

Das Gespräch, um dessentwillen wir die

Kieselsteine einzeln drehten, um das

Untere zu sehen, dies

Gespräch lag nun ein wenig überspült auf meiner linken

Seite,

Du warst fort, und ich erinnerte mich gar nicht mehr

An dich.

 


 

Aufschläge 7222 – 7224

 

Ich sagte etwas aus-

Und überhaupt-

Auf meinem

Weg bis hin zur Straße, die mich führen sollte, kam mir der

Gedanke an ein Lagerfeuer, an den

Rauch, der sich nach oben kräuselte und aufstieg,

Und es roch nach

Feuchtigkeit und Trockenheit, ein unbekanntes

Heimweh, dass mich nirgends hinzog, lag darin,

Und, wiederum am Straßenrand, lag, abseits vom

Drogisten aufgestapelt, die

Ruine eingestampfter Pappkartons,

Ich warf ein

Streichholz brennend in das

Reisig, das ließ man nicht zu,

Und

Rettung war im Ursprung immer die Vernichtung,

Haushoch schlugen Flammen auf.

 

 

 

Neben mir lag trautes

Alltagsglück,

Und jemand sagte, so sieht einer aus, der in

Extremen lebt,

Ich sollte mich wohl danach bücken,

Und ich hob es auf, das brachte

Beifall, meine Lippen standen im

Reflex, ich hatte höchstes Gut den andren

Gütern vorgezogen,

Und ich war verspätet, wie man sah,

Und nichts davon war

Wiederbringlich.

 

 

 

Wir lebten ja in

Sprechgeräten, die benutzten wir, um über weite

Ferne nah zu sein;

Mit dir in einer

Haut das Leben auszuleben wurde leicht gemacht,

Durch diese

Hilfe konnten wir uns manchmal tagelang in der

Begegnung nicht mehr auseinanderhalten.

 


 

Aufschläge 7225 – 7227

 

In deinen

Augen stand ein körperlicher Schmerz,

Die andren sagten, das sei nur ein Aufruf,

Ich hob meine Hand und streichelte dir deine

Wange, sonst bliebst du mir fremd,

Es war so, dass ich schnell begriff

Und es auch spüren wollte,

Helfen konnte ich dir nicht

Und half dir sehr,

Man hatte also recht, wenn man dir einen

Aufruf unterstellte,

Und ich sah auch hinter dir den wirklich

Kranken, der rief nicht mehr auf,

An seinem

Lager brannten rote Augenkerzen,

Die sich selbst bewachten.

 

 

 

Früher sprachst du, wenn du mit mir sprachst,

Direkt mit mir,

Und heute sandtest du mir die

Kopie der Rede, die du an mich richtetest,

Ich wollte wissen, wem du dich original

Verkauft, verschenkt, vergeben hattest,

Und du standst vor mir

Und sprachst und sprachst und redetest von dir

Und über dich

Und warst dir dabei fremder als die

Atmung, die du brauchtest,

Die ging an dir ein und aus.

 

 

 

Dann stelltest du dich auf den

Felsen, weil du weiter sehen wolltest,

Und erhöhtest dich

Und redetest dir so die

Gipfeleinsamkeit der kargen Berge ein,

Die würden dir das

Echo spenden, wenn du reden würdest,

Alles, was du dachtest aber, blieb

Verloren.

 


 

Aufschläge 7228 – 7230

 

Ich kam zu spät, die laue

Nacht war längst in Dunkelheit verzogen,

Viel zu leise gingen meine

Fenster auf,

Ich sah hinaus,

Und unter mir entdeckte ich zu meinem

Trost den Sternenhimmel weißer Rosenblüten,

Die bewegten sich auf keiner

Bahn und zeigten keine Sternenbilder,

Aufgerollt war jeder

Laut und keine Zeit verging,

Das war die

Schuld der vielen Einzelheiten,

Die ich so nicht sehen konnte,

Und ein Satz in meinem

Ohr erzwang Gehör:

Die Nacht ist nur das Gegenteil des Tages,

Das war ganz gewiss nicht wahr.

 

 

 

Morgens zog ich einen

Mantel an, darunter trug ich nichts,

Man fragte mich, warum ich in der

Wohnung nur in einem Mantel lebte

Und warum ich mich bei niemandem

Und auch nicht, wenn man mich besuchte, aus dem

Mantel schälte,

Mir war jede Frage recht,

Zum Schluss blieb einzig diese noch nach meinem

Mantel übrig,

Und ich sah, dass man mich schnell verwechselte.

 

 

 

Deine

Schuhe hinterließen eine schwarze

Schleifspur auf dem Zimmerboden,

Keiner konnte sie entfernen,

Deine

Kette schwärzte sich von einem Augenblick zum anderen,

Als ich sie dir im Nacken küsste, deine

Zähne rollen über rosa Zungensamt

Und sie verfingen sich darin, mein

Sternenhimmel zog sich hin in

Schwarzen, weißen, rosa

Straßen.

 


 

Aufschläge 7231 – 7233

 

Vor mir stand die

Blumenkanne voller Wasser, sie erlitt die

Einengung des Mundes,

Meine letzte

Nacht versandete im Traum,

Der war noch nicht beendet,

Und ich sprach das

Lippengedicht für Nichthörende,

Ich sprach die

Dialoge zwischen

Traum und Blumenkanne,

Deine Finger tasteten derweil den

Hals hinauf und mündeten an scharfen Kanten,

Offenbar war mir die

Nähe des geheimnisvollen Glückes, das man nicht

Erklären konnte.

 

 

 

In dem

Wohnraum hingen Bilder,

Die bewegten sich in ihren

Farben zueinander, sie verschoben sich darin

Und schlugen ihre Augen nieder, als ich sie betrachten wollte,

Und sie hatten Angst, dass man sie jetzt verkaufen würde,

Und ich war allein mit ihnen,

Und ich griff in ihren Schoss, der war sehr

Weiblich,

Und ich zahlte auch dafür.

 

 

 

Die letzten

Worte, die mich trafen, waren gut gemeint,

Sie hatten sich verletzt auf ihrem Weg zu mir,

Sie rissen nun die alten

Wunden wieder auf um derentwillen ich im

Rücken zu dir lebte,

Und du wusstest, dass ich ständig unter

Vergewaltigung durch rote Farben litt.

 


 

Aufschläge 7234 – 7236

 

Ich eilte an den

See, von dort her kamen Rufe,

Und es schien mir, dass sie nicht vom

Ufer kamen, sondern von der großen

Fläche, die war rosa-gelblich angelaufen,

Und ich sah nun endlich deinen Mund, in

Spiegelung verdoppelt,

Und er trank vom

Rande Milch und Honig,

Und er schwamm darin

Und rief und rief und rief,

Ich konnte nichts verstehen,

Und die

Arme reichten doch nicht hin und her.

 

 

 

Jemand sagte auch, es wäre gut, dass ich

Geständig sei, man sprach von mir als einer

Drittperson,

Ich musste meinen ganzen Großmut zeigen,

Und ich fragte dich, die

Frau, die seinerzeit von mir empfangen hatte,

Und du gabst den andren recht,

Auch sei ich dir zu oft gekommen,

Und es bliebe fast nichts zu gestehen,

Wenn ich dich ein wenig

Schneller drehen würde, sagtest du,

Entstünden völlig neue Farbenringe, die im

Raum ganz einfach stehen bleiben würden.

 

 

 

Es fiel feiner Regen,

Um mich her blieb Nacht,

Und andre sagten gleich, dass ich mich irrte,

Denn der Tag war überall, die

Tropfen sanken nicht zu

Boden sondern hielten sich als

Lichtschwarm vor den Lampen,

Glatt und nass stieg eine rosa Küste auf, der

Haaransatz stieß nicht auf deinen Mantel,

Und du standst von mir in einer langen Reihe,

Dich würd ich so nicht erreichen.

 


 

Aufschläge 7237 – 7239

 

Die Straße grenzte an den Abhang,

Dort wuchs dichtes

Gras, in dem die Sonne stand,

Verschiedenes Getier bewegte sich,

Und eine Grille fing mich ein,

Ein Vogel schoss an mir vorbei,

Ich sah noch, dass er aus einem

Notenblatt geschaffen war,

Er ließ sich in den

Ästen meines nahen Schattens nieder,

Zahm war diese Stille, voller Eigenheiten,

Eine junge

Frau saß an den Stamm gelehnt,

Sie sah nach oben in ein Grünbild,

Das bewegte sie in sich.

 

 

 

Ich sah wie du dich über einen

Holztisch beugtest, du bemaltest einen

Damenfächer mit den Miniaturen,

Das war eine klare

Liebesschrift, sehr gut zu lesen,

Später hörte ich, dass dieses ganze

Bild vor mir nicht mehr lebendig war

Und seit

Jahrhunderten verschwunden, unauffindbar in

Museumskellern lebte,

Und ich selbst stach mir mit einer

Schere in den

Arm, bis es mich schmerzte,

Und ich hatte keine andre

Garantie.

 

 

 

Ihr wart in kleiner

Runde, jeder legte hier sein

Herz auf einen Tisch,

Es durfte ruhig weiter schlagen,

Ich kam neu hinzu, das machte euch nichts aus,

In vielen andren Fällen, hörte ich mich sagen,

Sei es umgekehrt gewesen,

Und ich blieb verschlossen,

Niemand führte

Protokoll,

Es machte wirklich gar nichts aus.

 


 

Aufschläge 7240 – 7242

 

Hoch im

Baum sah ich die materielle Landschaft

Angehäuft, sie war als Nest schwer auszumachen,

Und ich sah es nur von unten,

Drinnen konnte man ein Leben nicht vermuten,

Nichts flog ein und aus, kein

Zugeständnis fiel herab,

Und alles war mit allem

Fest verbunden, fest vernagelt und verschnürt,

Und ich empfand die

Bürde einer ungewollten

Zuneigung gleich doppelt,

Und du legtest dich ganz offen auf den

Rücken,

Und ich nahm dich an und wehrte mich dagegen,

Das war innerlich,

Zuweilen traf ein

Haarriss bis nach außen, an die

Oberfläche.

 

 

 

Der Regen hatte plötzlich aufgehört,

Es war die

Trockenheit, die dein Gesicht befiel,

Du wendetest dich hoch vom

Tisch zu mir,

Und, selbst ein Mittelpunkt, wurdst du zur

Mitte deiner selbst,

Die Sonne kam, obwohl sie sich im

Untergang befand, hervor und brachte satte

Farben,

Diesmal führte ich kein

Protokoll und sprach dich auch nicht an

Und zog mich

Tag um Tag ein wenig mehr von dir zurück.

 

 

 

Du solltest nur bekennen,

Dass ich sehr, sehr müde war,

Und ich verlangte doch nicht viel,

Du zeigtest mir in einer andren

Ecke, dass die Auflösung begonnen hatte,

Das sei kein Verfall, so warf ich ein,

Und jeder, der in dieses

Zimmer kam, stand auf derselben Stelle,

Die war ohne Anspruch,

Meine Augen hingen an der Tür,

Ich wusste, diesmal war es anders,

Weil ich nicht davonkam.

 


 

Aufschläge 7243 – 7245

 

Gestern stand ich auf, kam auf mich zu

Und grüßte mich, vier

Wolkentore schlossen sich, nachdem ich eine

Treppe durch die Luft gegangen war,

Die Tore schlossen sich vor mir, ich hatte meine

Ähnlichkeit mit mir erkannt,

Dass wir identisch wären, hätte ich nicht angenommen,

Aus dem andren

Land erschienen andre scharenweise,

Ich verstand mich nicht und öffnete die

Schachtel der Identität,

Kein Inhalt war dort mehr vorhanden,

Jemand aus dem

Dorf kam auf mich zu und sprach von seinem

Heimatsee, der wär, das wüsste

Jedermann, der von dort käme, mit den

Meeren und den andren Seen verbunden,

Eines Tages würde man das

Adernetz beweisen können.

 

 

 

Wieder sprach mich einer an,

Von sich aus, sagte er, sein alle

Räume farblos, und, dass wir mit unsren

Flügeln schlagen, habe einen andren Grund,

Das Lesen der Gedichte sollte nicht ein

Rätselraten sein, es sollte zur

Begegnung mit dem eignen

Menschen führen ,

Der sei fremd und unerforscht,

Man selbst sei dabei ohne

Interesse.

 

 

 

Durch die

Gitterstäbe sah ich in den

Raubtierkäfig, dort stand einer, der die

Tiere zwang,

Mit spitzem

Mund beküsste er die Ungeheuer,

Jeder war vor jedem auf der Hut,

Doch ich blieb mit der

Hand am Gitter hängen und verletzte mich, das

Rotblut schmierte an die Stangen,

Bis ich es bemerkte, kam die ganze wilde

Schar schon auf mich zu, die

Gitterstäbe hoben sich, von dem

Dompteur gebändigt, in die

Höhe.

 


 

Aufschläge 7246 – 7248

 

Ich sah durch helle, bleigefasste

Fensterchen in einen Hof, dort lag der

Rest der letzten Nacht,

Und zwischen dem

Geruch der leeren Weinbehälter

Spielte die Zermachmusik,

Sie würde sich noch dauernd wiederholen,

Niemand kam und schaltete an diesem Apparat,

Um alles lief ein Kreuzgang,

Ich war hier nur

Gast, und meine Fingernägel konnten allenfalls in eine

Bleischnur kratzen,

Auf dem Sockel stand noch ein

Metall, es war der Bronzeabguss eines Bettlers,

Der erbat nichts mehr,

Sein Hunger war nun übertragbar, seine

Leiden litten nun die anderen, und alle

Scham stand mir im

Angesicht, das war in

Blei gefasst.

 

 

 

Jemand sang ein

Lied, die Melodie war harmlos,

Texte gab es nicht,

Mir fiel es leicht, dir einen

Sinn hineinzuwerfen, der war

Bunt genug für deine Augen,

Soviel sang ich vor:

„…der letzte Tag von deinen alten

Tagen wäre wert gewesen…“

Und es fehlten diesem

Liedchen wirklich wegen seiner

Einfachheit die Stimmen,

Und die

Glocken eines Sonntags übernahmen alles,

Konnte denn das Licht alleine das

Metall, das in dem Turm hing, so in

Schwingung bringen?

 

 

 

Licht im Licht schoss durch das

Wageninnere,

Und ich befuhr Luftschienen,

Zwischen Scherengittern schneller Schatten lag das

Schreibpapier auf meinem Schoß,

Es riss sich jedes

Wort aus meiner Hand und los,

Und ließ sich jagen und vertreiben,

Nur die Blendung blieb,

Vom Ufer stieg ein glatter

Rasen an und wuchs bis hin zum Herrenhaus,

Geblieben war davon nur die

Fassade.

 


 

Aufschläge 7249 – 7251

 

Ich konnte es nicht fassen,

Andre aßen gleich den

Glückskreis auf, so tierisch war die

Nachgeburt des Wohlbehagens,

Ich vermied die öffentliche Klage, im

Spaziergang schickte ich

Gedanken, die ich hatte, auf die Weide,

Und ich wollte beim

Betreten eines öffentlichen Hauses nicht mehr stolpern,

Andrerseits sah man mir immer öfter ins

Gesicht, wenn ich erzählte, meine

Sprache sei sehr gut zu trinken, sagte man,

Und nahrhaft sei es allemal vom frischen

Brot ein wenig zu erhalten,

Meine

Feinde saßen harmlos auf der Gartenbank,

Es gab nichts zu beraten.

 

 

 

Selbst die

Hoffnung, die ich hatte, wurde zum

Gemeingut, das verteuerte mir ungemein die Zeit,

Die Sprache schieferte in flachen Scherben ab

Und brach bei jedem

Wetter etwas weiter auf,

Das Weib, das sich in unsren

Betten räkelte und dort die Betten hütete,

Wies alles ab und strahlte seine unverschämte

Wohligkeit mit einem frechen

Lächeln lächelnd aus, ein

Mord wär angebracht gewesen, hätte man gewusst…

Sie nahm die

Hände nicht aus ihrem Schoß

Und darin, sah ich, brannte Licht,

Es zeigte sich ein

Brief, der war unlesbar,

Und er wurde grad geschrieben.

 

 

 

An der

Zimmerdecke wuchs ein Schloss,

Das nicht zu einer Tür gehörte,

Und es steckte tief in ihm ein Schlüssel,

Und du wusstest gleich

Bescheid und warst voll Ungeduld,

Und du verlangtest, dass ich über

Kopf um dieses neue Wachstum einen

Zaun errichten sollte, der wär flach zu halten,

Und der hätte nur das

Schlimmste zu verhüten, meine

Tage liefen rückwärts an.

 


 

Aufschläge 7252 – 7254

 

Und dann fiel ich in das

Schloss und intressierte mich von nun an für den

Mechanismus zugeschlagner Türen, aller

Anfang war der

Mund, der war schon aufgeschraubt

Und leicht zu lösen, meine

Phantasie hielt ein, zu dürftig war die

Abwelt die mich sandte, mit dem

Finger stieß ich an die Zunge, die war in

Bewegung, stieß an Zähne,

Aber sie bewegte nichts,

Ich sah auch etwas von dem

Schrecken zu zerstören, was sich nicht mehr

Reparieren lassen würde, etwas von dem

Schrecken eines Ausgesetztseins,

Heimlich trat ich gegen einen Stuhl,

Trat an den

Rahmen, der mich fasste,

Und ich hatte vor, die

Tür allein mit meinem Kopf zu öffnen, meine

Hände ließ ich übers

Türblatt gleiten.

 

 

 

Jemand sah an mir die schwarzen

Flügel, die mich tragen sollten,

Noch war ich am Boden,

Und ich wollte nichts beklagen,

Unter mir entdeckte ich die kleinen

Federn auf der Straße, auch schon dunkelgrau,

Sie stiegen mit dem

Windzug auf und sammelten sich schnell in einem

Wirbel,

Ich werd lieber wieder eine

Jacke über angelegte Flügel ziehen.

 

 

 

Dann fragte ich nach einem

Glas mit Wasser,

Und man reichte es herüber,

Und es war gefüllt mit einer

Oberfläche, die lag über einer anderen

Und die auf einer weiteren

Und fort und fort bis hin zum Boden,

Und darunter fand ich nichts für mich

Zum Trinken.

 


 

Aufschläge 7255 – 7257

 

Jemand teilte einen

Handbrief aus, ein

Flugzeug, dass sich näherte, zerbarst, und ein

Propellerteil drang mir in meine Stirn,

Man wollte immer wieder meinen Kopf,

Doch diesmal tauchte ich geschickt, der

Zettel fiel mir aus der

Hand und blieb auf einer Oberfläche liegen,

Kurz sah ich ihm nach, ein wenig

Neugier ging mit unter,

Dafür brauchte ich mich auch nicht zu entschuldigen,

Ich ging zu einem

Schreiber, der saß auf der Treppe,

Und er hatte nichts bemerkt, es war nicht seine

Sache, irgendwo

Berufung einzulegen.

 

 

 

Ein anderer erzählte mir von der

Geduld, sie könnte schnell zur

Hölle vor der Hölle werden,

Das verstand ich nicht und hatte recht verstanden,

Denn der Mensch sprach ja von sich, von jener

Teufelei, die mit dem

Warten auf Erfüllung einer Ewigkeit verbunden ist,

Er hatte sich dabei vergessen!

 

 

 

In der

Zeitung fand ich eine kleine Wasserquelle,

Die sprang dort aus einem

Wort, das war nicht mehr zu lesen,

Umgekehrt, ich fragte nach dem Sinn, wurd eine

Trockenheit daraus, die färbte sich, brach das

Papier und sprang und riss und könnte jeden

Augenblick aus sich die

Flammen schlagen lassen.

 


 

Aufschläge 7258 – 7260

 

Die

Zeit der süßen Gummibärchen war vorbei,

Man hielt sich wieder

Unkraut in den Gärten, es gedieh ein

Schachtelhalm aus einer Urzeit, ganz versehentlich,

Und überall entstand ein Ursprung,

Der war nicht zu übersehen, meinen

Wortzaun sah ich eines Tages, weil er mit verkeilten

Ästen hochgerissen war, weit über mir in einem Baum,

Ich kam nur selten her, auf einem

Baumstamm, der am Boden lag, saß eine junge

Frau, die hatte ihr Zuhause hier, ihr

Anblick rührte an ein Zartgefühl in mir,

Es war die tiefe

Wurzel einer Dankbarkeit, die sich

Bewegte.

 

 

 

Ungeheuer laut empfand ich das

Geräusch, das in die Stille stieß, es war das

Plätschern weißen Wassers oder doch das

Frauenlachen hinter vorgehaltner Hand,

Dann schob sich Ruhe wieder aufeinander,

Meinen Atem hielt ich an und kannte meinen

Willen,

So entschlossen, wie ich war in diesem

Augenblick, war ich bereit, mich ohne jeden Handgriff zu

Ersticken.

 

 

 

Über mir hing eine

Leuchte, die war ganz aus Glas,

Und hing an einem

Draht und klirrte leise,

Und sie würde fallen müssen,

Und sie war gefährlich,

Und ich saß doch unter ihr, ihr

Singsang würde, würde sie erst stürzen,

Schweigen,

Jemand sprach mich an und fragte nach dem

Weg.

 


 

Aufschläge 7261 – 7263

 

Die Zeit, da Kinder aus dem

Abfall Spielzeug schufen, ist vorbei, der

Überfluss ist überall und Abfall,

Und die

Kinder selbst erkennen sich in jeder

Tageszeitung wieder,

Und sie sehen, wohin sie gehören;

Nur zerbrochene

Geräte bringen etwas Einigkeit, die huscht dann

Ratlos zwischen den Erwachsenen und ihnen hin und her,

Hier gibt es nicht instand zu halten;

Einmal sah ich, dass ein

Junge einem Mädchen eine Feder in die Haare steckte,

Das berauschte alle Welt,

Es wurd ein großes Leiden.

 

 

 

An der

Wand hing noch ein Teller, der war blau,

Du sprachst von ihm und zeigtest draußen auf die blaue

Sonne, sieh, es ist die

Wahrheit, die ich schreibe, zwischen meinem

Teller und der Sonne war kein Unterschied,

Sie strahlten beide in der gleichen, glühend weißen

Farbe, wie du sagtest,

Und sie hingen beide irgendwie befestigt an der

Wand, die würde niemals etwas tragen.

 

 

 

Früher gab es

Tüten, die man aufblies,

Kinder ließen sie zerknallen,

Heute musste ich mit meinen ausgestreckten

Händen wieder Fenster in die

Landschaft schneiden, das schafft

Raum und bildet eine Schutzfassade,

Hinter der verbringe ich den neuen

Abstand.

 


 

Aufschläge 7264 – 7266

 

Allen

Dingen wuchsen Hälse, dass man sie von ihren

Köpfen schlagen konnte,

Andrerseits, je näher ich den

Einzelheiten kam und sie entdeckte,

Desto größer wurde die

Entfernung, bis zur Unerreichbarkeit,

Ich sah durchs

Glas, das noch vergrößerte,

Und unermesslich wurde eine Nichtigkeit,

Am Kiosk stand ein Mann,

Der hatte sich verirrt im

Garten seiner Worte,

Und in einer meiner

Hände sah ich eine

Pore, die sich schloss und öffnete,

Und deine

Fragen solltest du nun stellen, weil ich hören konnte,

Und in zwei Minuten, wusste ich,

Würd mich kein Wort erreichen, dann wär deine

Frage unter Glas.

 

 

 

Es schwankte dieser große, schwere

Kerzenleuchter auf dem Tisch

Und fiel nicht um,

Und das

Geräusch drang in das Tischholz,

Jemand kam mit langen Schritten auf mich zu,

Die anderen berichteten von schlimmer

Essgewohnheit, die man noch im Ausland pflege, meinen

Körper hielt man sorgsam angegurtet,

Und dort draußen gab es

Lebendessenden Verzehr,

Und man umstand mich

Und erzählte viel davon mit roten

Wangen und mit hektischen Bewegungen.

 

 

 

Es wurde auch von einem

Liebespaar erzählt, das hatte nicht die

Schlachterei bemerkt, in der es heimlich zueinander fand,

Und keiner fragte je den anderen

Nach dem Beruf, und

Nächte gab es für die beiden

Nicht in ihren

Zwischenwänden.

 


 

Aufschläge 7267 – 7269

 

Ah und Oh

Und Blah und Bloh, zum

Zeichen deiner Sprache hältst du deinen

Mund geöffnet, deine

Augen waren deine Ohren,

Und die Ohren schwiegen nun schon über

Fünfundzwanzig Jahre, ganz genau betrachtet brach der

Fenstersturz, der über deinen

Augen saß, schon aus der Stirn,

Und täglich kamst du heim und gingst zurück in das

Geschirr, das war dein eigenes,

Ein jugendliches

Haar, das in dem Fensterrahmen stand,

Erzählte plötzlich alles von der

Welt und ließ nichts aus,

Und erstmals blieb die

Sprache in der Rede liegen,

Und du schwiegst erneut betreten,

Ich entdeckte dich

Bei Tisch, wo du den

Unterschlupf genommen hattest.

 

 

 

Auf dem

Stuhl lag immer dieses weiße

Tuch, man sollte sich darin den

Mund, die Finger reinigen,

Ich sah dir zu:

Für dich war es im rechten

Augenblick die weiße Fahne,

Die hobst du umsonst,

Man lachte über dich, weil man dich liebte,

Und es wehte hier bei

Tisch kein Wind,

Unsichtbar bliebst du in der Todeszone.

 

 

 

Weit ins

Ausland sollte eure Reise führen, in der größten

Höhe fand ich euch, ihr spracht von weißen

Kerzen, die in einem

Flugzeug tropffrei brennen konnten,

Hier an meinem

Katzentisch, so würde man im Volksmund sagen,

Zündete ich meine

Kerzen unten an, die brannten in die Höhe,

Meine Speise stand bei

Tisch stets unterm Tisch.

 


 

Aufschläge 7270 – 7272

 

Ich lebte unter langen, großen

Menschen,

In den Ästen der Gelenke saßen kleine Vögel,

Früher kannte ich sie noch mit

Namen, heute war ihr Singsang keine

Warnung mehr für mich,

Ich wusste selbst genug

Und dass das Leben so nicht ausreicht,

Oft sah ich nach oben in die

Kronen, wo die Frauen Strickzeug hielten,

Leise klapperten die Nadeln,

Aus dem Korb an meinem

Arm bot ich die Ware an, es waren

Fotografische Erinnerungen, die ich zeigte und

So hoch wie möglich hielt,

Nur einmal kam ein großes

Vogeltier, das riss mir eine aus der Hand,

Die ging verloren.

 

 

 

Ich sah auch meinen

Reichtum, alles hatte ich einst

Katalogisiert und angebunden,

Heute stand ich fest verschnürt und pries mein

Glück in einem fort, ich konnte die

Mechanik nicht verhindern,

Drüben sah ich, wie ein

Ast im Laufe dieser kurzen Jahre sich in einen Zaun

Gewachsen hatte, seine

Hilfe kam mir viel zu spät.

 

 

 

Du sahst nur einmal auf, in deinen

Augen standen gleich zwei dunkle

Ringe, die erklangen aus Metall, die

Schwingung stand in meinem Ohr,

Ich hatte früher

Ringe dieser Art sich auf den

Tischen tanzen, drehen lassen,

Hart war das

Gespräch mit ihnen,

Immer endete es mit dem

Stillstand.

 


 

Aufschläge 7273 – 7275

 

Es wollte nicht in meinen

Kopf, dein Atelier war mit Erlebnissen gefüllt,

Du schlugst sie in den Stein,

Auch wenn sie sich noch nicht einmal ereignet hatten

Suchtest du nach einem scharfen

Werkzeug, um sie festzuhalten, die

Beharrlichkeit saß dir zur Seite, mich verfolgte eine

Kamera, die brauchte einen Vorwand, hinter einem

Schlüsselloch entdeckte sie die umgekehrten Zeichen,

Und sie lieferte nach draußen

Bilder einer schlimmen Herrschaft, die ließ keine

Diener zu, mein Ferienaufenthalt in dem Hotel

Ging schnell zu Ende.

 

 

 

Ich war einfach, meine

Rede stumm:

Ich sagte einmal „Ja“ und einmal „Nein“,

Das ließ ich auch zur Auswahl stehen,

Manches Missgeschick entstand dadurch und mancher

Glücksgriff ging daraus hervor,

Und ein Versehen war nicht möglich,

Ich misstraute nicht mehr mir,

Ich ging zum

Apfelbaum und führte Klage gegen seine Blüten

Und vor allen Dingen gegen deren Duft,

Denn der war abzusehen,

Und ich war davon besessen.

 

 

 

Abends hörte ich noch ein

Gespräch, es redete ein junger mit seiner

Frau, sie ließ ihn sich das „Ja“ von ihren

Lippen rauben, er gestand in ihrem Schoß

Die räuberischen Ziele, die er hatte,

Und sie rissen das

Papier, auf dem sie standen, in ganz kleine

Stückchen, die sie in die Höhe warfen,

Und darunter badeten sie beide in dem

Schnee

 


 

Aufschläge 7276 – 7278

 

Ich hatte deinen

Namen ganz vergessen,

Alles, was du meintest, dass ich von dir wissen müsste,

Fremd warst du, ein

Bausatz, den ich nicht zusammenbrachte,

Ich enttäuschte dich, aus mir stieg

Unglaubwürdigkeit und rief in dir Verachtung wach,

Ein leiser

Zweifel schlich sich noch auf deiner

Seite ein, es könnte sich bei mir um

Seelengröße handeln, die vergaß so leicht,

Und in dem

Tischholz war ein kleines, rundes

Loch, darin erkannte ich die glatt rasierte

Schädeldecke, die war noch an einem

Tier, das war von unten angebunden,

Und ich protestierte gegen diese dumme

Quälerei,

Und jemand schlug mit einem

Silberhammer diesen Schädel ein

Und löffelte daraus.

 

 

 

Schwer war der

Spaziergang unter Toten,

Ihnen war verboten worden, sich noch weiterhin zu lieben,

Und sie hatten eine

Sehnsucht, die war unerklärlich, mörderisch

Und auf die Dauer wirklich tötend,

Dann begann erst das Verbot.

 

 

 

Über meine

Haut wuchs Lack, der war natürlich,

Und er gab mir eine neue Freiheit,

Die bewährte sich von ganz alleine, auch im

Schlaf blieb gar nichts an mir haften,

Morgens fand ich einen Zettel vor mit wichtigen

Begebenheiten, und sie gingen mich nichts an,

Sie wurden auch nach Kurzem immer weniger, ein

Wort jedoch kam häufiger als früher vor,

Es war das „Ich“ vor meinem

Namen.

 


 

Aufschläge 7279 – 7281

 

Neben mir, so sah ich, bückten sich die

Frauenhände, um Blüten auszuzupfen,

Atem wurde Morgentau, der stand ein wenig in der

Luft,

Die Hände würden gut gedeihen, meine

Gegenwart stand abseits,

Und ich wagte nicht, sie anzusprechen,

In mir lebte die Idee der alten Tür von deren

Art es keinen Handgriff geben würde,

Und dahinter konnte man ganz sicher sein, die

Blumen schale stand mit

Pflanzen angefüllt zu deinen Füßen,

Einsam ist ein Garten ohne Zaun.

 

 

 

Die Augen streichelten die Rosigkeit der Wangen,

Mehr wär viel zu viel,

In einem alten Zimmer lief ein Spielfilm, der war so:

Noch während man ihn zeigte,

Konnte er sich ganz und gar verändern,

Und er blieb nicht, wie man ihn vielleicht zuvor gesehen hatte,

Sondern nahm ein völlig unbekanntes

Ende, davon wusste niemand etwas,

Als ich in den

Apfel biss, stieß ich auf Holz.

 

 

 

Drüben lauerte ein

Mensch, der sah zu mir,

Ich mochte stören oder auch gemeint sein, meine

Augen schickte ich voraus, ein

Zeichen meiner Unterlegenheit,

Sie blieben unbehelligt und entdeckten nichts besonderes,

Solange ich das

Futter in den Händen hielt, war ich geschützt,

Und in dem Gitter gab es kleine

Türchen, die man blitzschnell öffnen konnte,

Wenn man sie im rechten

Augenblick in seinen Händen hatte.

 


 

Aufschläge 7282 – 7284

 

Ich ging allein spazieren,

Und die Straßen waren voller Menschen,

Hinter Glasfassaden lagen Angebote,

Und ich sah hinein und in die

Steinigung des falschen Mannes, draußen gingen

Leute im Protest, sie wiesen auf die Ungerechtigkeit,

Die konnte man nicht übersehen,

Jemand fragte nach dem

Unterschied von Mann und Frau,

Und viele gaben

Antwort und nicht einer gab die Antwort,

Und ich sagte noch, der

Käfig ist doch nicht die Heimat eines Vogels, und,

Was wissen wir von dem Gesang,

Ich riss der

Taube ihren Kopf vom Leib,

Und weiter gurrte es aus ihrem Hals.

 

 

 

Meine

Jacke zog ich aus, ich legte sie in meinen

Schoß, der war es, der die Wärme brauchte,

Zwischen meine

Füße rollte nun ein Fußball,

Niemand war zu sehen, keine Kinder kamen,

Und ich ließ ihn liegen,

Da begann er ganz allein mit sich zu spielen

Und sprang ab, vielleicht zu andren

Leuten.

 

 

 

Schilder standen nicht mehr aufrecht,

Alle waren abgeknickt, vernichtet,

Umgebracht, verstoßen, fortgeschafft und hingeworfen,

Und man fragte weniger als sonst,

Und es entstand ein völlig neues Selbstverständnis,

Schwere Straßendecken wurden von den Wurzeln junger, wilder

Birken angehoben und ihr schnelles

Opfer.

 


 

Aufschläge 7285 – 7287

 

Ich hatte es gelernt, mir lautlos das

Papier vom Block zu reißen,

Um das

Wort, das ich drauf schreiben wollte, legte ich die goldne

Kante schwarzer Sonnenwolken,

Sie war voll von Regen,

Ganz geheim musst ich die Tage überleben,

Und ich lebte unter euch,

Ihr merktet nichts, mein

Wintervorrat war für euch nicht sichtbar,

Um so deutlicher erfragtet ihr

Wovon ich mich ernähren wollte,

Mit dem

Rücken stand ich an der Wand,

Und unter mir tat sich der Himmel auf,

Von mir aus sollte sich der Regen darin sammeln,

Und tief in der

Pfütze sah ich, was ich euch beschrieb.

 

 

 

Man dachte sich das ganze so: die

Vielzahl der Getreidekörner würde uns ernähren,

Und ich hatte einen

Ast von einem Baum gesägt, der aber diente

Vögeln, um zu ihrem Nest zu kommen,

Und ich band ihn wieder fest,

Auch weil ich in dem

Fenster meines Reisezuges windbewegte Blätter sah,

Die spiegelten sich blass von links nach rechts

In einem See,

Der nahm sie auf und kümmerte sich nicht um sie.

 

 

 

Jemand fragte nach dem

Buch, in dem er lesen wollte,

Und ich sah den

Fahrer eines Fahrzeugs, das stand still, der

Mann las in dem Buch,

Ich sprach ihn an,

Und es war ganz umsonst, man hatte diese

Kammer grade erst geöffnet, und die

Gegenstände und die

Menschen, die noch darin saßen, waren in

Jahrhunderten zerfallen, und der

Rest bei meinem Eintritt,

Lange, lange und vergeblich baute ich an einem

Kartenhaus.

 


 

Aufschläge 7288 – 7290

 

Das

Kind sitzt auf dem Ast, der

Vater trägt den Baum, und dessen

Vater macht den Buckel krumm,

Dass man drauf gehen kann,

Wer weiß noch wie es war;

In einem

Schuh drückt mich eine Stein,

Den schütte ich mit mir heraus, ein

Mensch schreit unter Qualen:

„Schlagt mich einfach tot!“

So ist die Gottgefälligkeit;

In diesem Fall half die Natur,

In einem anderen verlor die

Technik einen ihrer roten Fäden,

Jeder trägt den Stecker in der Hand, um

Billigschuhe, Grünland zu verschenken.

 

 

 

Damals, das war gestern und für mich erst morgen,

Weil ich es nicht schnell genug begriffen hatte,

Heute seh ich voller

Scham auf eine Zukunft, ich trag einen

Ring, den zog man einem andren von der

Hand, vielleicht stahl man ihn auch,

Vielleicht ließ man ihn einfach nicht zu

Boden fallen, in den Schlamm,

Und ich trag ihn in Ehren,

Wenn man kommt und ihn zurück verlangt,

Geb ich ihn her,

Mich rötet dauernd.

 

 

 

Ja, ich habe Kinder,

Und ich muss darauf gefasst sein,

Dass sie mit mir reden wollen,

Dass sie mir erklären wollen, was verloren ging,

Ich habe sie um ein

Geschenk gebracht, um ein

Vermächtnis,

Alles, alles holen sie nun selber nach,

Sie fragen die Maschinen, wie es ist im

Sterbeland, dort wo der Krieg läuft,

Und mit meinem

Leben, das noch währte,

Konnten sie nicht viel

Beginnen.

 


 

Aufschläge 7291 – 7293

 

Ich sprach von nie gelesnen

Büchern, die ich dauernd in den Händen hielt,

Ein junges

Mädchen übte einen Tanzschritt,

Und es musste ausruhn,

Und es musste stehen bleiben in dem Schritt,

Und eine Uhr hielt an,

Ich sah ganz deutlich einen

Stillstand der Bewegung,

Und viel schlimmer sah ich die

Bewegung eines Stillstands,

Sie durchraste dieses

Scheibchen Zeit in Greisenhaltung bis zum

Tod,

Ich fuhr in einem

Übungsraum auf der Maschine,

Und der Motor schwieg den Augenblick,

Ich war verkleidet.

 

 

 

Mein Gedächtnis kam zurück,

Sie trug am

Finger einen Perlenring,

Und ihre Hand fuhr über meine Wange, ihre

Waschung tat mir gut, die

Perle kehrte erstmals heim in eine

Heimat,

Und sie würde weiter wachsen.

 

 

 

Sonst verschwieg ich meine

Sinnlichkeit und sprach nur mit dem

Frauenbild, das trat für mich aus seinem

Rahmen,

Und es zeigte keinen

Ehrgeiz, mich zu sich zu zwingen,

Und es kehrte um, wenn ich es wollte,

Und verließ mich, ohne dass ich es verlassen konnte,

Meine

Rahmen hielt ich auch vor ihm

Verborgen.

 


 

Aufschläge 7294 – 7296

 

Du sprichst zu mir von dem

Versagen deiner Liebe, dass die

Liebe nicht mehr reichte, den zu lieben,

Den du liebtest,

Und die

Straße steigt einwenig hügelan,

Und was dahinter liegt, verrät ein übergroßer

Spiegel, deshalb sieh zurück und geh bergab, der

Hügel wird dir folgen, neige dich der

Straße zu, sie ist dir zugetan, du findest keine

Schuld in Zärtlichkeit des Herzens,

Und aus großer

Höhe stellt kein Wesen die Erhebungen und die

Vertiefungen mehr fest, man ortet heute alles mit den

Strahlenmessern, die sind

Beiderseits und an den Enden scharf geschliffen, jeder

Handgriff, sie zu führen, fehlt.

 

 

 

Dann sehe ich den regennassen

Nacken, einen Ausschnitt eines Menschen,

So, stell ich mir vor, ist auch die

Mitte der Erinnerung, vielleicht der

Mittelpunkt von dem Gedächtnis,

Später wird der Kragen hochgeschlagen,

Und es war nicht

Zeit, mit einem trocknen Tuch zu helfen,

Und es war genügend

Zeit, das Tuch lag auch bereit,

Und Schuld an allem war die

Lähmung.

 

 

 

Das Leben ging auch weiter,

Und ich fand an meinem

Finger die Verletzung, sah ins rohe

Fleisch, so sehr getrennt von mir war ich auf

Existenz bedacht und schirmte diese

Stelle ab, die

Satellitenaugen sahen weiter und zuletzt in alle

Richtungen.

 


 

Aufschläge 7297 – 7299

 

Nur eine

Frage hätt ich noch an dich,

Springt dir dein Haar noch immer durch die

Finger, strömt es immer noch als

Schnelle durch den Kamm, der diesen

Ansturm kaum erfassen kann,

Ist es noch immer dieses gelbe

Leichtgewicht, das sich bei jedem

Lüftchen hebt und senkt und das im

Windhauch auf und nieder schwingt,

Sag mir, bevor die

Sprechverbindung abbricht,

Sage mir, besitzt du immer noch das

Kopfgold, welches mich so gierig machte,

So unsagbar lähmte in Begierde, dass ich dich

Beinah bestohlen hätte,

Dass ich mich beinah um dich

Bestohlen hätte.

 

 

 

Einige der

Blitze standen fest und hielten sich sekundenlang,

Und andre schlugen in mich ein,

Sie blieben nur ein Weißlicht um mich her,

Sie waren das

Geräusch, das zwischen einer

Stille und der andren stand, mein

Kopf wurd von den Kräften hin und her gerissen,

Und in jeder

Frau erhoffte ich dich zu erkennen,

Alles stilisierte sich nach deiner Art,

Man hielt mir einen

Junghund hin, ein anderer verlangte von mir

Mitleid, jemand klagte gar vor mir, ich weiß nicht über was,

Die Räder liefen glatt,

Und ich war

Fahrer.

 

 

 

Deine

Hand lag auf dem Buch

Und alles, alles war zu lesen,

Blaue Schrift und rote Schrift,

Und Hautpapier, dass sich darüber spannte, trug ein

Silberfell aus dünnsten

Härchen.

 


 

Aufschläge 7300 – 7302

 

So entstand ein

Oberflächenschaum, der war mit Nägeln an die

Wand geschlagen,

Oder ich erklär es so:

Es war der

Augenblick als ich in neue

Kleidung schlüpfte, die saß warm und angenehm

Und hatte meine Farbe,

Und du hattest sie gekauft,

Für mich gekauft und wortlos hingelegt,

Ich lebte also unter Menschen,

Und ich konnte ihre

Wichtigkeit nicht teilen,

Und ich teilte plötzlich ihre Wichtigkeit,

Die rührte mich so wohlig an, ein

Untergang, der würde mich einst überleben,

Jemand schnitt das

Grüngras, das in meinem Zimmer wuchs, mit einer

Gartenschere.

 

 

 

Manchmal glaubte ich an eine kleine Liebe,

Und ich dachte, dass sie möglich wäre,

Und ich hoffte, dass mir das

Geschick die fremden, weichen

Frauenhaare auf die Lippen wehen würde,

Dich, an meiner

Seite, würde ich für diesen

Mord nicht gern zum Zeugen wählen,

Nach mir würdest du gewiss und lange von der

Zeit mit mir erzählen wollen,

Und die Einzelheiten blieben dir auch so,

Mir gingen sie verloren noch bevor sie

Eingetreten waren.

 

 

 

Für den

Sommer suchte ich mir ein

Quartier, das sollte an der Küste liegen,

Und ich fand es schnell, die

Küste war die Grenze zu den fernen Räumen,

Die erwarteten mich nicht und schlugen nicht mit

Strandgeplätscher an den Morgen,

Und von dort, vermutete ich gleich,

Kam auch mein hoffnungsloses

Lachen über mich

Zurück.

 


 

Aufschläge 7303 – 7305

 

Heute war schon wieder alles anders,

Du erinnertest von gestern kaum den Kampf,

Und mein

Zuhause waren Reisezüge, die du unterbrochen hattest,

Und ich war nun heimatlos, am

Bahnhof stand ich leer und ausgeschüttet,

Und ich blieb der einzige,

Es kam nur jemand, der den letzten

Müll zusammen sammelte und forttrug,

Der sah mich von unten an,

Wir fragten nicht,

Und jeder wusste von dem anderen genug,

Mich hielt dort nur

Verzweiflung, die wich keinen Schritt,

Und aus dem

Müllkorb tropfte noch ein

Saft auf Gehwegplatten.

 

 

 

Zweifach stand ein

Weißpunkt in der Blauheit über mir, die

Möwen flogen hoch, und dort, so dachte ich,

Beginnt die

Möglichkeit den Himmel aufzuknöpfen,

Jemand bot mir eine

Feier an, die fand dort oben statt,

Und er versprach mir eine

Leiter, um hinauf zu kommen,

Ich nahm an,

Für einen lächerlichen Preis und meinetwegen

Drehte man den Himmel in die Erde,

Und ich glitt nach unten,

Nichts war aufzuknöpfen,

Und die

Zeit war mir verloren.

 

 

 

In dem

Zimmer lag die Jacke über einem Stuhl,

Und ich sah, dass ihr

Knöpfe fehlten, abgeschnitten lagen sie auf einem

Tisch, sie waren bunt und schimmerten

Und schillerten und wurden mir zu kleinen

Inseln großer, außerordentlicher

Zärtlichkeiten.

 


 

Aufschläge 7306 – 7308

 

Meine

Füße hängen in den Schlaufen einer

Panik,

Ganz umsonst, ganz umsonst;

Ich baue einen

Nottisch auf und biete alles feil was mich bedrängt:

„Ihr Leute könnt es gut gebrauchen,“

Verschenken würde ich,

Wenn man auch dann noch nähme, meine

Zähne beiße ich zusammen, in dem

Mundraum, der mir bleibt, rollt eine

Kirsche hin und her, ich darf sie nicht zertreten,

Und ich habe auf das

Pappplakat geschrieben, warum ich nicht reden darf,

Man hat Verständnis, ganz zum

Schluss verbleibt mir immer noch der

Kern.

 

 

 

In der

Straße ist ein Sandloch, das ist nicht zu sehen,

Und verrät sich nicht,

Ich weiß davon und werfe einen

Stein, der gleich versinkt, hinein,

Ich streife mir mit meiner

Hand durchs Haar, ergreife mich,

Die Uhr muss abgelaufen sein,

Bei mir hat alles seinen Grund,

Und nichts darf ohne mich ertrinken.

 

 

 

In der

Sonne, hörte ich, soll alles eng sein,

Jeder stößt an jeden, das bedingt ihr

Leuchten,

Irgendjemand, der von dort kam,

Hat es mir erzählt,

Er meinte aber nicht die

Sonne, die wir kennen,

Davon wüsste keiner etwas zu

Berichten.

 


 

Aufschläge 7309 – 7311

 

Damals, als das

Weißlicht kam, schmolz

Stein vom Stein,

Und damals, als das

Weißlicht ging, schmolz

Mensch von Mensch,

Und damals, als das

Weißlicht endete, schmolz auch der

Rest von Unermesslichkeit,

Es ist doch keine

Kunst für mich, ganz ohne

Angst zu leben, wenn für mich die

Kunst dort lebt, wo

Weißlicht strahlen könnte.

 

 

 

Jemand schrieb ein

Buch der Ängste in der Kunst,

Und ich stand vor dem

Grab, das war erst ausgehoben und noch leer,

Es wäre denkbar,

Dass man es für jemanden verwendet,

Der nicht vorgesehen war,

Ich dachte auch an mich dabei, der

Ausblick von dort unten geht direkt

Nach oben.

 

 

 

Deine

Schuhe sind zu eng,

Und schön ist ihre Farbe,

Und das

Haus klemmt fest in seiner Eingangstür

Und will sich nicht verlassen;

In meinem

Mund halt ich zwei warme Kirschen,

Und die Zunge spielt mit ihnen, meine

Lust beschränkt sich nur auf mich,

Ein andres

Mal, ich wollte sprechen, öffnete ich meinen

Mund, die Kirschen sprangen im Verlassen,

Einmal wenigstens möcht ich von einem

Hochhaus springen.

 


 

Aufschläge 7312 – 7314

 

Als

Mensch lebt Mensch ganz gut, die

Pforten öffnen sich an seinem Mund,

Und eine

Brücke wächst heraus, ein

Überschlag, der reicht bis an den Strand,

Steht fest und still, der

Mensch lauscht tief hinein, die

Zufahrt bleibt erhalten,

Dann erhebt sich doch das

Ufer und ruft nach dem Meer,

Zu seltsam dringen die

Geräusche in das Ohr, nein in die beiden

Ohren, die sind sehr weit

Draußen.

 

 

 

Später kommt die

Flut, ich kenne die Methode,

Nichts bleibt stehen, nichts hält aus,

Was nicht von ihr getragen wird, geht unter

Und wird überspült, fällt aus der

Hand in Tiefe,

Auch der Mensch steht bis zum

Hals im Wasser,

Wär er nicht aus

Stein, würd er schon längst gefallen sein,

Als

Mensch lebt Mensch beständig und beschränkt

 

 

 

Deine

Axt schlägt ein ins Holz, das aufrecht steht,

Es soll ein

Mensch draus werden, der wird grob und

Unbehauen bleiben, aufrecht stehen

Und mit beiden

Beinen in den Himmel ragen, um den

Grund herauszufinden, das macht einen

Menschen aus, mit sanften

Farben trägst du ein

Gesicht auf seinen Leib,

Das soll ihn von den anderen erheben.

 


 

Aufschläge 7315 – 7317

 

Das

Haus ist fast nicht größer, als die

Tür, die mich hineinlässt,

Draußen sieht es anders aus,

Von hinten wächst das

Umland an die Pforten,

Es ist nur ein Schritt zu machen,

Vorher frage ich noch nach dem

Schlüssel, der hängt seitwärts an dem Haken,

Und ein

Hundetier will mit mir eingelassen werden,

Es sieht auf zu mir, ich bin nicht

Herr der Welt, doch dieser Irrtum bleibt, das

Tier, es stirbt so schnell an mir vorbei,

Wie lange lebt denn so ein

Mensch, wenn er durch eine

Pforte geht?

 

 

 

Die

Bauarbeiten hinterließen einen

Sandberg,

Und ich fragte nach und keiner konnte sich erinnern,

Und ich sah, dass er zur

Landschaft eines unsichtbaren Wandrers wurde,

Jemand züchtete dort schließlich

Felsen, um sie später auszusetzen,

Und die Arbeit, hörte ich, sei

Lange nicht beendet.

 

 

 

Neben mir wuchs dieser

Birkenbaum, er hatte sich die

Haltung eines jungen Mädchens abgesehen,

Und die Haare hingen tief herab,

Die weiße Haut zog ich ihm nur an einer

Stelle etwas ab und sah sofort das rohe Fleisch,

Und unter meiner

Haut blieb unbehaunes Holz.

 


 

Aufschläge 7318 – 7320

 

Ich stellte mir den ganz besondren

Fall vor, jenen Umstand nämlich,

Der mich zwingen würde,

Bliebe nun der

Reisezug auf seiner Strecke liegen,

Hätte ich nicht einmal eine

Decke für die Nacht,

Und früher glaubte ich den

Bühnen und nahm jede Wahrheit mit,

Heute halte ich ein grobes

Sieb vor meine Augen, das lässt vieles durch,

Ich schlaf am Ende mit mir selber,

Irgendwann, so denke ich,

Muss ich auf

Liebe stoßen.

 

 

 

Ich schweifte nie in meinem

Leben aus und lebte doch in dem Exzess,

Und du und deine

Schwester lagen neben mir,

Ich sah nicht hin und hätte mir gern gratuliert,

Und mich gefragt, ob Größe wachse,

Und ich hätte gerne eine

Spur gefunden, aufgenommen und verfolgt,

Und durfte mich nicht stören,

Weil es wichtig war, dass ich mir

Zusah.

 

 

 

Immer blieb die

Frage nach der

Wachheit und nach dem Beweis dafür,

Den blieb ich schuldig,

Manchmal sprachen wir von der

Begegnung, die stand aus und blieb ein

Wunschbild, das sich nicht erfüllen konnte,

Und den, den wir treffen sollten,

Konnte es nicht geben,

Und wir standen voreinander,

Von uns selbst betroffen,

Ich vor mir und

Umgekehrt.

 


 

Aufschläge 7321 – 7323

 

Für deine

Schönheit hattest du ein eigenartiges

Gefühl entwickelt:

Schlugst du deine Federn auf zum Pfauenrad,

Vergaßt du nicht, wie andere, das Schütteln,

Auf dem

Kinderbild in deiner Hand erwuchs ein Lächeln,

Das war überirdisch,

Und ich griff hinein und stahl daraus den

Ursprung,

Und ich sah an deiner und an meiner

Eitelkeit, wie ich als

Gegenwart abhängig war von der Vergangenheit

Und auf nicht mehr vorhersehbare

Weise von der Zukunft,

Die stand eng geschnürt und reichte bis zur

Tür, die hätte man von innen und von außen

Öffnen können.

 

 

 

Deine

Wonne stand im Rotlicht,

Vor den Lampen hielt sich Staub,

Der aufgewirbelt war und aufgestiegen,

Sich vereinzelte in Strahlen,

So sah die Verheißung aus, dein

Rocksaum, der sich vielfach hob, zugleich als

Vorhang fiel, sich in die Höhe hob

Und doch zu Boden stürzte;

Neben mir ging eine junge

Frau, sehr schmal gekleidet, über ihre

Schultern liefen Rucksackgurte,

Sie nahm gar nichts wahr

Und fragte mich nach einem

Treffpunkt auf dem Stadtplan,

Und es war ja unser

Standort.

 

 

 

Eines

Nachts erwachte ich, erhob mich und sah aus dem

Fenster, dort verglühten Meteoriten,

Einer schlug durchs Fensterglas und drang in meine

Stirn, ich werde seine Spur niemals vergessen können,

Und ich dachte an sein

Alter und an meine Existenz und dass der

Ursprung über mich zur

Zukunft springen konnte.

 


 

Aufschläge 7324 – 7326

 

Einmal ging ich fort, zurück zum

Ausgang, weil zwei falsche

Augen mir im Weg gestanden hatten,

Ich bedachte auch, dass einfach niemand

Auf mich wartete,

Dass niemand auf mich warten konnte,

Von dem Kirschbaum pflückte ich die

Frucht, die war mir gar nicht süß,

Und meinen Füßen wurde auch die

Erde sauer,

Und du stelltest auf den

Tisch den leeren Eimer,

Und ich sah hinein,

Du sagtest nichts dazu

Und wolltest etwas sagen,

Ich verstand dich gut,

Und trotzdem würdest du mir nicht in einen neuen

Anfang folgen wollen,

Und so leer könnt nie ein

Napf von dir gewesen sein.

 

 

 

Später ging ich übers

Armenfeld, dort konnte man mit wenig

Glück sehr großes Glück gewinnen,

Und ich stieß auf einen

Goldschatz, der lag unter Steinen,

Und man sah zu mir, ob ich mich wohl

Bereichern würde,

Und ich deckte alles wieder ab,

Und niemand war beleidigt,

Und es gingen alle ihrer Wege,

Einen solchen

Platz entdeckt man einmal nur im

Leben.

 

 

 

Über mir stand luftig hoch das

Vogeltier und hielt die

Flügel weit geöffnet,

Und ich sah die

Schale immer nur von unten an

Und wusste nicht, ob etwas darin lag

Und ob es jemand fortnahm oder nicht,

Und wer die Schale füllte.

 


 

Aufschläge 7327 – 7329

 

Hinter

Flügeln deines Mundes hieltst du dich verborgen,

Ich, hingegen, kämpfte auf der

Straße wider alle Süßigkeit der Worte,

Trat an die Metalle, die verbogen nicht

Und federten mich angenehm zurück, ich hatte

Glück, dass sie so guten Willens waren, der

Gedankenflug begann mit dem beschädigten

Propeller,

Und es fehlte ihm ein Flügel,

Seine Unwucht machte sich im

Stillstand schon bemerkbar.

 

 

 

Täglich riss ich eine neue

Mauer ein, man kannte das von mir,

Es war nicht schlimm genug, es zu verwehren,

Letzten

Endes standen alle doch auf meiner Seite, um als

Erste mit hindurch zu blicken,

Irgendwann würd man wohl

Zeuge der Begegnung werden;

Ich vermutete mich selbst dahinter,

Das verkündete ich nicht,

Ich müsste mir sonst vor dem

Vorfall selber Zeuge werden,

Und das Warten all der andren wär

Umsonst.

 

 

 

Ich ging nach

Hause und erhängte mich, mit meinen

Beinen trat ich in die Schlaufe, die sich um die

Fesseln legte,

Und ein

Mechanismus zog mich langsam hoch,

Ich wollte alles aus der Nähe miterleben

Und betrachtete von unten

Was mich oben töten sollte,

Später war es sicher einmal umgekehrt,

Und Gegenstände, die mir aus den

Taschen fielen, durfte ich für mich behalten als

Erinnerung.

 


 

Aufschläge 7330 – 7332

 

Du,

Mutterrock, lass mich dich über meinen

Körper streifen, lass mich doch vergessen,

Dass ich älter bin als du, dass ich kein

Kind mehr bin,

In meiner

Jugend fraß das

Muttertier sich selber auf,

Und mir blieb nur ein

Rest von seinem Fell, das war mir nicht genug,

Ich gebe zu, es war noch etwas mehr, die

Mutter gab mir im Spaziergang brav die Hand,

Die war in weißem Lederhandschuh, und kein

Loch ließ sich mit einem

Kinderfinger darein bohren.

 

 

 

Du, geliebte

Regenwolke, ich steig auf zu dir,

Ich möchte in dir schwimmen, und, ich geb es zu,

Ich möchte dann in dir ertrinken,

Möchte mich in dir ertrinken,

Ganz von dir ertrunken sein

Und in dir bleiben.

 

 

 

Mit der langen

Stange rissen wir ein

Elsternvogelnest aus einem Hochbaum,

Und ein junges

Tier fiel tief, das Herz lag ausgerissen

Und es schlug noch,

Und es starb für sich, wenn es erst sterben würde,

Und es hing am Leib und der sah zu,

Muss man zu töten

Herz in Leib in Nest in Hochbaum

Bringen?

 


 

Aufschläge 7333 – 7335

 

Als ich in das

Zimmer trat, entdeckte ich sofort die abgelegten

Flügel auf dem Tisch,

Und außer dir war niemand dort, dem sie

Gehören konnten, ja, die

Tageszeitung stand in Flammen,

Und du hieltst sie in der Hand

Und last mir vor daraus, man hatte die

Erwartung nicht erfüllt,

Und ich, als Künstler, konnte dich nicht trösten,

Und der

Stuhl, den du mir anbotst, hatte keinen Sitz,

Und deine

Politik war frei von jeder Kunst.

 

 

 

Lange stand ich vor dem

Stuhl, die Arme legte ich ihm auf die Rückenlehne,

Und am Herd stand eine junge

Frau mit milden, dunklen Augen,

Und sie warf mit einem schnellen

Griff den Hammer auf die Bratenpfanne,

Dann sah sie zu mir,

Ich sollte nun, wenn ich verstünde,

Etwas sagen, was man schreiben könnte,

Das als

Antwort wert genug zu lesen wäre,

Und ich sagte ihr: „Die

Kunst wird jeder Zukunft Sinn und Opfer sein, die

Kunst wird sich nicht unter unsren

Händen so und so verformen lassen,

Und die

Politik trennt ganz umsonst den

Kopf von Händen.“

 

 

 

Die

Fahrt war viel zu kurz, das

Fenster in dem Reisezug war viel zu klein,

Und niemand fuhr mit mir, ein

Ausstieg war verboten,

Und die

Schienen bildeten sich immer neu vor mir

Und hinter mir verwischten sie die Wellen,

Und du sagtest:

„Hab Geduld mit dir.“

 


 

Aufschläge 7336 – 7338

 

Spieglein ohne Glas, ein

Spieglein um hindurchzusehen,

Nur den Rahmen hältst du in der Hand,

Und ganz umsonst such ich an dir nach zwei

Gesichtern,

Und man sagt, das

Morgengrauen könnt man mit ein wenig

Spucke putzen, dass es hell und blank wird,

Und ich geh um dich herum,

Vielleicht entdecke ich dich doch,

Du lässt dich küssen und verspottest wohl im

Lachen mein Bemühen,

Beide stehen wir in einer

Automatiktür, die müht sich ganz umsonst, sich

Zwischen uns zu schließen

Und springt immer wieder auf.

 

 

 

Die

Kleiderschränke gaben ihre Türen frei,

Sie stehen aufgestapelt an der Wand,

Man kann heut ungehindert durch die

Schränke gehen, und die

Kleidung schiebt man, wenn sie stört, beiseite

Oder man beliebt zu bleiben,

Und man hängt sich an den

Haken hinter sie an eine Stange,

Die ist stark und wird auch alles tragen.

 

 

 

Ich erschrecke auch nicht mehr, wenn in der

Ferne jener schwarze Punkt auftaucht,

Noch kürzlich überfuhr ich ihn

Und riss mir meinen

Leib dran auf,

Und ich erinnre mich, zutage traten drei verschiedne

Flüssigkeiten, eine rote, eine weiße

Und die durchsichtige, wässerige,

In der schwimme ich seitdem,

Und ich verachte auch seit dem die

Leute, die sich vor dem Schwarzpunkt fürchten,

Ihnen kann doch nichts passieren.

 


 

Aufschläge 7339 – 7341

 

Übers große

Meer geflogen kam ein Vogel,

Und es war der gleiche, den ich überall an jeder

Küste sah, nur hatte er sich aufgemacht und seine

Zeit zurückgelassen, überflogen,

An dem weiten

Flügelschlag und an der Ruhe, die er mit sich brachte,

War er zu erkennen;

Ich bedachte meinen

Wohnsitz, der war klein und eng, von hieraus schnitten keine

Flüsse in das Land und strömten nicht zu mir,

Wenn Armut wirklich Armut wäre, wär ich reich,

Und überall stieß ich an

Goldgehänge, die ich den Ertrunkenen verwahrte, bis sie

Wiederkommen würden.

 

 

 

Andrerseits war ich am

Anfang meiner Suche,

Und wenn ich die

Augen öffnete, sah ich das Ende schon,

Dazwischen war nichts zu entdecken,

Und ein

Handarbeiter schnitt mit einem groben

Werkzeug einen Frauenkopf in Stein,

Und das

Gesicht entstand aus einem Überfluss,

Der splitterte zuerst, dann staubte er beiseite,

Und es war doch nichts, nach dem der

Steinmetz jagte,

Und er trank den

Saft aus einer Flasche,

Und der Meißel wurde dauernd stumpf.

 

 

 

Ich wollte nicht von

Mord, von Unschuld oder Hoffnung reden,

Und ich ging in ein

Museum, darin hing dein Bild,

Du sprachst daraus zu mir, kamst mir entgegen,

Warst in meiner Nähe,

Und es war nicht möglich, dich zu sehen,

Nur ein Wort mit dir zu reden,

Und du wichst mir aus.

 


 

Aufschläge 7342 – 7344

 

Das

Blau aus meinem Himmel zog sich weit zurück, das

Fernglas saß verkehrt herum vor meinen Augen,

Jemand sprach von einem

Brennglas, das die Strahlen bündeln könnte,

Und es wäre gut zum Feuermachen,

In der kleinen

Aussicht fuhr ein

Schiff, die Segel zuckten auf als Flammen,

Sonst, so dachte ich, fährt niemand mehr, den

Winden ausgeliefert auf so kleinem Raum,

Ich nahm das Fernglas ab,

Mir sprang sofort das

Feuer in die Haare.

 

 

 

Lange sah ich auf die

Blauglasperle, die lag still in meiner Hand,

Und sie verband mit mir

Erinnerungen, die ich nicht entziffern konnte,

Und ich steckte sie zurück in meine

Jackentasche, dort verwahrte ich sie schon seit

Jahren, viele Augen hielt ich, so versteckt,

An mir bereit und ließ sie auf mich blicken,

Wenn es nötig schien.

 

 

 

In dem

Gesicht vor mir vermisste ich den Mund,

Es war wohl, dass ich träumte

Und vorhergesehen hatte, was ich sah,

Denn ich erstaunte nicht,

Du sprachst trotzdem zu mir aus

Mündern, die tapetenmustergleich auf

Wänden saßen, und sie redeten mit mir bewegungsgleich

Aus einem

Mund.

 


 

Aufschläge 7345 – 7347

 

Ich bückte mich, um einen

Zweig von einem Sandweg aufzuheben,

Der war klein und haftete als

Schatten fest am Boden, über mir bewegte sich kein

Wind, nur kreisende Geräusche hoher, großer

Flugmaschinen konnt ich hören,

Mit dem

Finger, den ich abgewinkelt hielt, schlug ich ans

Gitter, das begann zu schwingen, und erzeugte einen

Laut, der meine Scham auffraß,

Die schwebte über mir, lag unter meinen

Füßen, war ein Irrtum meinerseits,

Ich selbst betrog mich obendrein,

Hier war nichts zu ergründen.

 

 

 

Du, dort drüben hattest mich beobachtet

Und fragtest mich nach einem

Wert, doch ich verstand dich nicht

Und setzte mich nicht mittelbar mit den

Gewichten auseinander,

Und du sagtest, dass du eine

Waage seist, die trüge schwer an einer

Doppellast, du legtest auch nichts ab,

Ich durfte und ich wollte dir nicht helfen,

Und ich wusste wirklich nicht, wo dir der

Zeiger stand.

 

 

 

Abends sahen wir die

Wasserspiele,

Und man musizierte und beleuchtete die

Säulen und die Bögen und die Bäume, die dabei

Entstanden und sich mischten und verendeten,

Die Vögel brachen in den Farben heller

Lampen ihre Flüge ab,

Und sie begriffen sich im

Stillstand auf den höchsten Punkten,

Und sie saßen auf den

Wasserzweigen.

 


 

Aufschläge 7348 – 7350

 

Man greift nicht mehr umsonst nach den

Vergeblichkeiten,

Und ich war gewiss, in dem Gesetz zu leben,

Und ich fürchtete mich nicht und hing ihm an,

Das war ein

Spott, und nur um deinetwillen wurde ich verurteilt,

Und man schickte mich nach

Hause, auf den schriftlichen Bescheid zu warten,

So sah meine Strafe aus, und meine

Freizeit füllte ich mit

Steinewerfen aus, die flogen hoch

Und kehrten nicht zurück,

Und auch der

Hügel brachte mich dem

Himmel und den Sternen überhaupt nicht näher.

 

 

 

Ich kniete an dem

Brunnenloch, das nutzte keiner mehr,

Und meine

Stimme tastete sich an dem

Schacht bis hin zum Grund,

Ich sah, obwohl ich eine ernste

Frage hatte, ja, obwohl ich etwas wissen wollte,

Das mir wichtig war und dessen

Antwort nur vom Grund her kommen konnte,

Ja, ich sah am

Boden in das Fenster eines Irrenhauses.

 

 

 

Um mich her begann man einen

Steinturm aufzurichten, der war ohne

Türen, ohne Fenster,

Und man zog von außen seine

Mauern hoch,

Ich durfte nicht hinaus, ich durfte aber mit den

Mauern in die Höhe wachsen,

Und zum

Schluss, als die Gerüste fortgezogen wurden,

War ich trotz des offnen

Daches eingesperrt und konnte nicht

Entkommen.

 


 

Aufschläge 7351 – 7353

 

Dieser

Morgen war allein, er stand dem

Fachwerk gegenüber,

Das war eingelassen in den neuen

Tag,

Und Vogelstimmen hattest du gemalt, der

Rotstein, der sie sang, lag noch in dumpfem

Tau, und junge Frauen legten sich die

Kettchen um die Fesseln,

Einige von ihnen sehnten sich nach Knechtschaft,

Pünktlich schlug die Turmuhr nach den Tauben,

Die erschraken kaum und stiegen etwas auf

Und fielen wieder ein, vom

Flugplatz kamen überlagerte

Geräusche der Motoren,

Lange würd es bis zum Abend dauern,

Und die

Regenflecken auf dem Straßenpflaster trockneten.

 

 

 

Eine

Wiese war noch voller Nachtstaub,

Wellen gingen flach auf ihr

Und kühl war hier der Grund,

Ich stieg hinein und schwamm ein kurzes

Stückchen meines Weges durch das Grün,

Und über mir begann auf schmalen

Pfaden die Geschäftigkeit,

Und ich ließ alles liegen

Und versäumte viel und nichts

Und dachte nicht darüber nach.

 

 

 

Rundherum bedeuteten die

Bäume Wildwuchs,

Der entstand am Stamm,

Und schwer war es für mich

An meinen eignen

Füßen Ordnung einzuhalten, die

Verholzung schritt so schnell voran,

Man würde an mir schnitzen

Und in meine

Rinde schreiben wollen.

 


 

Aufschläge 7354 – 7356

 

Ob es dir so geht wie mir,

Denn Lärm hat sich vor meinen Mund gestellt,

Er endet nicht,

Und fremd ist mir dein Kopf und ohne Tür,

Und niemals dürfte ich den

Blick in deinen Fremdleib werfen müssen,

Du bewegst dich, ohne dass ich dich erkenne, andersartig

Und mit fremden Gesten, deine

Lippen formulieren tonlos die

Vergebungssprüche, die kein Richter sprechen darf,

Und ich verfolge einen Wahnsinn, der wird immer klarer,

Und er zeichnet sich vor einem

Dunkel ab, das soll mich locken.

 

 

 

Nach dem

Regen blickte ich ins Zwielicht,

Und es zeigte mir die

Gegenstände, ausgewaschen, klarer,

Und im

Flugzeug über mir, sah ich die

Köpfe in den Fenstern, das war neu,

Du flogst so hoch mit den Gedanken,

Und ich flog an deiner Seite,

Und ich konnte erstmals sehen wie du dachtest,

Und die

Flüge wurden kontrolliert,

Wir waren viel zu nah und hätten kollidieren können,

Und dein

Überfliegen dauerte doch nur Sekunden.

 

 

 

Um Licht anzumachen, hatte ich den

Schalter zu bedienen,

Und ich tat es nicht,

Dort draußen war es hell, ich wagte nicht die

Mauern einzureißen, weil ich doch das

Herz der eignen Wohnung war, die

Folge wäre fürchterlich,

Ich dachte an die

Nachbarwohnung, an die Wohnung über mir,

Man würde kein Verständnis für mich haben,

Und ich stand im

Freien und ich konnte mich hier niemandem

Erklären.

 


 

Aufschläge 7357 – 7359

 

Ob du davon weißt, dass unter dir im

Erdreich Drähte laufen, dass dort

Hunderttausend Leitungen gezogen sind,

Es hat die ganze Stadt sich so vergraben,

Um zu leben,

Und ich sehe vor mir nur die

Haare eines Mädchens über seine Schultern wehen,

Davon weiß ich viel,

Den Wind entsende ich aus meiner Hand,

Bedenke unter dir und mir die vielen

Drähte, das Getümmel schneller Reaktionen,

Und vor mir sein ganzes Leben, das vom Kopf fällt,

Die Besitzerin ahnt gar nichts.

 

 

 

Im

Rahmen meines Reisefensters steht der Hahnenschrei,

Und wir hier dachten lange schon, dass

Bäume auch im Wald die kleinen

Schmucklaternen treiben, wie sie nachts in unsren

Städten brennen,

Ich vergaß dabei die große

Glocke, die sich über alles stülpt und nichts verdeckt,

Durch die hindurch zu sehen möglich ist,

Durch die hindurch nichts mehr zu sehen ist,

Ich selbst las damals noch ein

Buch, dass eine alte Welt beschrieb,

Die schuf sich grad das erste Grün.

 

 

 

Unsre

Frauen schnitten sich die

Worte mit der Schere aus der Luft,

Sie kleideten sich damit ein und nähten, flickten lange,

Und es war ein schwerer Anfang,

Ich bemühte mich umsonst um ein Gespräch,

Das wollte ich mit mir im

Beisein aller halten

 


 

Aufschläge 7360 – 7362

 

Du hattest mit der letzten

Nacht gespielt, die hing noch fest an dir,

Sie war aus einer

Kritzelei mit einem Schreiber auf Papier entstanden,

Andre kämpften lange um ein

Bild in dieser Art,

Ja, früher war mein

Haus gefüllt mit durchgeschnittnen Büchern,

Und das Fehlteil hielt ich gut versteckt,

Das Telefon ging dauernd,

Und ich nahm den Apparat nicht ab,

Die Spannung sollte bleiben;

Nachmittags besorgte ich den

Kiesweg links und rechts vom

Pfad, der führte hin zum Haus,

Und nirgends fand ich eine Fußspur,

In der

Mitte lagen weiße Platten, darauf ging kein

Mensch mehr,

Und man wollte absolut nichts hinterlassen.

 

 

 

Als ich einmal von der

Tugend sprach, war dieses

Wort ganz unbekannt,

Ich stand dabei an einem

Baum, der hoch gewachsen war,

Und eingeschnittne

Worte waren so weit oben,

Dass man nichts mehr lesen konnte,

Sicher würden sie uns lange überdauern,

Und hier unten schrieb man die

Verewigungen neuerdings auf winzige

Plaketten, die man an sich selber trug,

Und die man brauchte, um sich

Auszuweisen.

 

 

 

Drüben stand ein junger

Mensch im Park,

Ich ging hinüber, um ihn anzusprechen,

Und er löste sich vor meinen

Augen auf,

Das Wort auf meinen Lippen war umsonst,

Und ich verstand nichts mehr von dieser

Welt,

Und gestern, als ich trank, da konnt ich meinen

Durst noch löschen.

 


 

Aufschläge 7363 – 7365

 

Später kam ich an dein Haus,

Du ziertest es mit kleinen

Türmchen, die man nicht begehen, nicht besteigen konnte,

Deine

Eingangstür war schwarz, es stand darin die wahre

Nacht mit allen hellen Himmelssteinen,

Die bewegten sich hier nicht, ich ging hindurch,

Und nur im

Schlüsselloch, das ich noch sah, stand grell der

Tag, verschnürt und eingeengt,

Und zeigte kein Ereignis,

Sonst und außerhalb und auch, woher ich kam,

War ebenfalls der weiße

Tag.

 

 

 

Man sprach nicht über dich

Und sprach mit dir,

Du blättertest verlegen in der Tageszeitung,

Dann nahmst du sie hoch und vors Gesicht,

In Augenhöhe risst du kleine Schlitze ein, mit dieser

Maske konntest du viel mehr und etwas über dich erfahren;

Wir von draußen sahen wie gebannt auf deine

Finger, die umklammerten die ungelesne

Nachricht.

 

 

 

An dein

Haus schloss sich ein zweites Haus an,

Das war unerträglich, niemand wohnte dort,

Ich ging hinein und sah mich um,

Es setzte sich sofort auf meine

Schultern, und die Riemen schlossen sich um meine Brust,

Es drückte mich die

Last tatsächlich in die Knie, ich hatte

Mühe, mich zu retten,

Das gelang mir nur, weil ich die

Augen schloss und mich zum

Ausgang tastete,

Der war zugleich der

Eingang deines ersten

Hauses.

 


 

Aufschläge 7366 – 7368

 

Einmal dachte ich an die

Verbannten, mochte sein, dass unter uns

Von ihnen jemand lebte,

Schweigen müsste er um unsretwillen;

Neben mir zog eine

Frau die Schuhe aus und ließ sie einfach auf dem

Weg zurück, ging barfuß weiter,

Königlich und reizend wurden ihre schreitenden

Bewegungen,

Und in dem

Nassgras blieben feine Sohlen haften,

Über uns entdeckte ich die

Schwalbenvögel,

Und sie flogen hoch, wie ich es nie zuvor gesehen hatte,

Wovon lebt ein

Mensch, der alles von sich abstreift,

Und dem nur die eigne

Spur folgt.

 

 

 

Meinen

Himmel hielt ich abgedeckt,

Ich hielt ihn gegen mich verborgen,

So schuf ich ein

Sonnensegel, das mich trieb, ich dachte auch an den

Verzicht, den buk ich heimlich unter meine

Tagesbrote,

Andre buken sich das

Brot, nur weil sie nicht verzichten wollten,

Manchmal sah ich in die

Sonne, und ich dachte, dass es wohl ein Fehler sei,

Mein Augenlicht litt sehr darunter, doch ich brauchte die

Bestätigung sofort.

 

 

 

An der

Küste stiegen Spielzeugdrachen auf,

Man sah die

Fäden nicht, an denen sie befestigt waren,

Einmal löste ich mich voller

Übermut aus meiner Halterung und trieb nach oben,

Immer hätte ich geschworen,

Dass ich fallen würde,

Und es kam noch schlimmer,

Nirgends stieß ich an und stürzte nicht zu

Tode.

 


 

Aufschläge 7369 – 7371

 

Der

Traum in meinem Schlaf nahm keine Rücksicht,

Falsche Worte lagen mir im fremden

Mund, der fragte, was wir miteinander hätten,

Ich und du,

Und deine Eigenheiten hasste ich,

Du spucktest so mit meinem

Mund ein paar Mal auf dein Eigenbild,

Ich konnte mich nicht wehren,

Und du wolltest mir mit einer

Eisenkugel das Gesicht zertrümmern,

Und ich war gelähmt und hoffte, dass du mich

Verwechseltest mit jemandem,

Den ich noch nicht gesehen hatte,

Und ich rührte mich nicht von der Stelle,

Du kamst, ohne dich zu nähern,

Auf mich zu.

 

 

 

Das

Mädchen, das mir Speise brachte, sollte lächeln,

Und es sah mich nicht und lächelte auch nicht,

Ich wurde vor dem

Essen krank und musste mir den

Tisch, den Stuhl zum Krankenlager umgestalten,

Und das

Mädchen setzte sich jetzt an mein Bett

Und weinte unter seinem Lächeln,

Und die

Speisung hatten wir vergessen.

 

 

 

Dünne, feine

Striche zog der Regen auf die Fensterscheibe,

Dich sah ich dahinter sitzen,

Und ich wünschte mir, dass du mich hier entdecktest,

Nass war meine

Jacke, drinnen fehlte Licht,

Du strecktest deine

Hand durch Mauerstein, nach mir zu greifen,

Und ich wich dir aus,

Ich hatte plötzlich Angst,

Sah deine Hand noch voller Blut,

Und du sahst mich mit deinen milden

Augen durch die Scheibe

Und durch mich hindurch.

 


 

Aufschläge 7372 – 7374

 

Verwundert schauten deine

Lippen aus der Haustür,

Drüben, an der Holzwand,

Standen die noch nicht einmal Verurteilten,

Ihr Tod war längst beschlossen,

Qualvoll langsam wurde eine

Luke deines Ziegeldaches aufgeschoben,

Die blieb schräge stehen,

Alles, was ich hier beschreibe, war auf einem

Foto zu erkennen,

Heimlich hatte jemand euch beobachtet

Und musste unter jenen

Mördern sein, die später schossen,

Mich, der nur noch das Papier in Händen hielt,

Riss eine Lippe ein,

Sie konnte nicht mehr heilen,

Sprachlos wurde jedes

Wort von mir.

 

 

 

Auf dem

Esstisch lagen die halbierten Früchte,

Jemand hatte mit dem

Rotstift etwas darauf eingeschrieben, meine

Zähne sah ich mir im Spiegel an,

Sie waren blutig,

Und ich hatte doch noch nichts gegessen

Und noch gar nichts abgebissen,

Und in meinem

Mund war Blutgeschmack,

Der breitete sich aus auf meinen ganzen

Körper.

 

 

 

Jemand sprach mich auf die

Leere an, die sei so wunschlos und so freudlos,

Und ich schwieg, weil ich in ihr doch meinen

Namen hinterlassen hatte,

Und es war auch falsch gewesen, meinen wahren

Namen einfach abzulegen,

Und mein

Wunsch, ja, meine Freude, lagen dort begraben,

Rundherum stand dieser

Lagerzaun, der ließ nicht einen mehr an uns

Und uns an niemanden heran,

Der löschte wirklich alles aus.

 


 

Aufschläge 7375 – 7377

 

Im Stadtpark stand ein Friedensfest,

Das war nicht für die Menschen,

Wir, ich stand auch unter ihnen,

Sahen nur hinüber, weil dort nichts geschah,

Es sollte wohl der

Treffpunkt der Giganten werden,

Und der Parkplatz war für sie zu klein,

Sie würden sich, so sagte man,

Darüber, weit, weit über unsren Köpfen finden,

Und der

Frieden, den sie feiern würden, bliebe unsichtbar,

Man gab uns

Zettel in die Hände, die wir selbst beschreiben sollten mit dem

Frieden, den wir wünschten,

Ich riss mir ein

Loch in das Papier, damit ich sehen konnte,

Neben mir flocht sich ein

Mädchen daraus eine Schleife in sein Haar,

Denn unser

Frieden sollte sichtbar bleiben.

 

 

 

Beim

Nachhauseweg stieß ich auf die

Visitenkarte, die lag in der Straße,

Und ich hob sie auf und hielt sie für ein

Zeichen, dem ich nachging,

Und die

Anschrift war sehr gut zu lesen,

Und ich kam dort an,

Man war dabei, das

Haus aus einer Reihe andrer Häuser zu entfernen,

Ja, man riss es völlig ab und man entfernte auch die

Nummer dieses Hauses bis zu seiner völligen

Vernichtung.

 

 

 

Es blieb für uns ein Spiel,

Ich klebte dir auf deinen

Rücken leichte Flügel, die dir fehlten,

Du verstandst es gleich,

Und auch, als dir die

Flügel schnell und wirklich an den

Körper wuchsen, dass du damit fliegen konntest,

Stiegst du auf und übtest dich in diesen neuen

Dingen ernsthaft.

 


 

Aufschläge 7378 – 7380

 

Du trugst den

Kopf, das sah ich, unter deinem

Arm,

So schnell wie dir gelang mir nicht die Flucht,

Dort drüben auf der

Überbrückung spielte jemand auf dem

Instrument, es waren heimatliche Klänge,

Und man sollte dafür etwas geben,

Und ich dachte über meine

Heimat nach, es war die

Wolkendecke unter meinen Füßen,

Die verhinderte, dass ich die Erde sehen konnte,

Möglich war auch, dass mich jene

Flucht verfolgte,

Und ich warf das ganze

Kleingeld in die Mütze.

 

 

 

Jemand rief mich an

Und stieß mich an

Und nickte auf mich zu, ich hatte wohl das

Stichwort überhört,

Es war an mir, ich musste etwas tun,

Man drängte mich,

Man konnte nicht noch einmal wiederholen,

Und man forderte mich auf, ein letztes Mal,

Ich hob die Hand, mein

Zeichen kam zur rechten

Zeit, im rechten Augenblick,

Der stand sekundenlang, dann griff ich mir in meine

Stirn und zog vier stählerne

Propellerblätter aus dem Kopf,

Und die verwendeten die anderen sofort,

Ich hatte weiter nichts zu tun.

 

 

 

Am nächsten

Sonntag durfte ich mich frei bewegen,

Ich genoss die

Ausfahrt hinter Glas,

An Frauen fand ich meine

Lieblingsfarbe wieder, die war rot,

Auf jedem

Bahnsteig fielen mir die schönen

Tropfen in die Augen,

Niemand ahnte etwas von der

Täuschung, die ich mit mir vornahm.

 


 

Aufschläge 7381 – 7383

 

Ich kam an eine Schranke,

Die ließ man vor mir herab, ein

Durchzug nahte, und ich spürte Ruhe,

Hier war kein

Hinüberkommen mehr, ich nahm mir die

Gelegenheit, um endlich zu gestehen,

Eingestehen wollte ich vor mir, der

Durchzug würde jedes Eingeständnis

Überfahren und zermalmen,

Und ich gab mir zu, dass meine

Demut nur das größte Mittel war, der

Selbstgefälligkeit zu dienen,

Die war größer;

Und dass ich mich gegen alles stemmte,

Jetzt auf diese

Schranke lehnte, war die aufgezogne Feder,

Die mich gegen alles einnahm, um dafür zu sein,

Der

Haken hatte sich an mir verfangen,

Und ich liebte diesen Schmerz,

Und andre, hörte ich, beneideten die abgezogne

Haut um ihre Leiden.

 

 

 

Als ich heimkam, war der

Türgriff abgebogen und das

Haus so nicht mehr zu betreten,

Und, obwohl ich wusste, was mein

Haus mir bieten würde, mich der

Eingang gleich mit Sorgen überschütten würde,

Ging ich doch nicht fort,

Ich hatte mich von

Anfang an geirrt und suchte eine Lösung, die den

Handgriff lassen würde, wie er war.

 

 

 

Als ich

Dies Jahr wieder auf dich stieß,

Sprachst du noch immer von den gleichen

Dingen, die erkannte ich nicht mehr,

Du redetest mit einem

Lehnstuhl, der war dir vertraut,

Er trüge dich, so sagtest du, auf Händen,

In der Stube fand ich nichts,

Du musstest dich in deiner

Armut auf den Boden setzen.

 


 

Aufschläge 7384 – 7386

 

Ich wohnte an der schnellen Straße,

Fenster meines Hauses wiesen nach dort draußen,

Es verwischte sich in ihnen jede

Einzelheit, und nichts blieb haften,

Gestern lief der ganze

Sommer in nur einer Stunde ab,

Ihr dachtet, dass mir meine

Brötchenhälfte nichts bedeute, weil sie auf dem

Boden lag, es war die

Ungeschicklichkeit von mir;

Nach hinten gingen andre Fenster, davor stand ein

Baum, an ihm hing eine letzte Frucht, ein

Mund an einem Zweig,

Der hielt sich fest von

Tag zu Tag, im

Laub darunter lagen täglich neue

Worte, die verwelkten bis zum

Abend.

 

 

 

Jeder nutzte seine Wohnung aus,

Ich sah an mir herab,

Wie konnte ich in mich gelangen,

Eure

Wohnung lag ja außerhalb,

Ich brauchte nichts für mich zu zahlen

Und bezahlte nichts,

Und ratlos sah ich oft an mir herab.

 

 

 

Jemand zählte seine

Tage so:

Es hing der letzte

Apfel an dem Zweig des Baumes,

Und er hielt sich,

Heute kam ich wieder und sah nach,

Es war der letzte Apfel, der dort hing,

Und heute kam ich noch ein allerletztes Mal,

Es wurde Zeit,

Er lag nun auf dem Boden, irgendwo

Und nicht mehr auszumachen,

Tief im Laub.

 


 

Aufschläge 7387 – 7389

 

Soviel ist gewiss,

Und meine Schrift könnt ihr nicht lesen,

Ich schreib jedes meiner

Worte in den Wind,

Der nimmt sie mit sich fort, verwirbelt alles, dass der

Sinn verloren geht,

Und drüben in der

Häuserecke finde ich das Durcheinander,

Jemand stöbert mit dem

Stock nach dem Verstand,

Ich lache über so viel Unsinn, meinen

Finger halte ich trotzdem in Augenhöhe

Und schreib weiter,

Jemand schleicht sich hinter mich

Und liest halblaut,

Ich staune über seine

Reden, die gelangen mir ins Ohr.

 

 

 

Mich plagt eine

Müdigkeit, die macht nicht Halt,

Und abends, wenn ich schlafen möchte,

Lässt sie mich allein und zaubert aus der

Schrankwand dieses lange Spruchband,

Das nicht endet,

Es ist transparent und fängt den

Rückblick trotzdem ein,

Der bleibt in seinen

Sätzen hängen,

Und sie geben keinen Sinn,

Ich lese sie und lese sie und lese sie,

Halblaut sind meine Reden.

 

 

 

Deine Zähne stehen aufeinander,

Und du sprichst mit mir,

Ich frage mich, warum du deinem

Mund Gewalt antust,

Es ist sehr schwer für mich, dich zu verstehen

Und Verständnis aufzubringen,

Abends zündest du die

Nachtlaternen in den Winkeln deines

Mundes an, die haben dir die

Straße zu bewachen,

Niemand schleicht sich so an dir vorbei.

 


 

Aufschläge 7390 – 7392

 

Unseligkeit trieb auf mich zu,

Und unter runden

Segeln schiffte sie mit dem Gesicht zur Bühne,

Ich verstand von ihrem

Kommen nichts, man sprach zu mir vom

Schnabelfraß und von dem

Schwanenhals der Rede oder irgendwelcher Worte,

Immer wieder stellte man sie vor die

Bühne, dort saß ich ihr gegenüber,

Und ich war ein

Wartender, das Schauspiel hatte sich gewandelt,

Und man brachte kleine

Bilder, um sie auszustellen,

Die bestanden ganz für sich,

Ein jedes aus der eignen

Handlung.

 

 

 

Also war es so, die

Bühne war der Spielraum ohne Handlung,

Dort saß ich mit anderen,

Wir waren alle still und sahen, hörten zu,

Und alles spielte unter uns in ganz verschiednen

Nischen, ein Theater, das wir kennenlernen sollten,

Das war wirklicher als wir.

 

 

 

In den

Meeren trieben abgerissne Netze,

Und die Fischer gaben sie gleich auf;

In deinen und in meinen

Käfig streute man ein wenig Futter,

Ich nahm nichts davon,

Man schloss die Käfigtür nicht ab, die

Gitterstäbe waren ausgebrochen,

Und die Fütterung war ganz umsonst,

In unsrer

Luft stand schwebend

Blattgold, dass sich leicht auf

Mund und Nase legen konnte,

Man vergaß dabei sehr leicht zu atmen.

 


 

Aufschläge 7393 – 7395

 

Heute waren wir auf

Schnabelfang,

Ich trennte mich von euch und stahl den

Friedenskuss von jemandem, der gab ihn gerne,

Und er fragte noch, was ich mit seinem

Frieden machen wollte,

Und er dachte nicht an mich dabei,

Der Tänzerin zog ich das

Seidentuch von hinten über ihre

Stirn und vor die Augen und den Mund

Und nahm auch hier Gefangene,

Sie tanzte unter ihrem

Schleier weiter und verlangte Antwort,

Und ich ließ mich, ohne jeden

Laut zu geben, von ihr rufen,

Folgte ihr mit aufgesperrtem

Mund und Händen, die als Trichter wirkten,

Dabei wurde jemand satt in mir

Und steckte seinen

Schnabel in die Federn.

 

 

 

Ihr hocktet auf dem

Koffer, eure Augen waren leer

Und hingen an den

Schildern eines Bahnhofs,

Ich hingegen stürzte mich mit dem

Besteck auf euch und schnitt heraus, was mir bekam,

Ihr merktet nichts,

Und neben euch stand eine

Reihe leerer Pappkartons,

Ich klopfte gleich daran,

Das konnte niemanden von euch

Erschrecken.

 

 

 

Dann übtet ihr

Geräusche, die noch niemand kannte,

Und wir sollten raten,

Mir, so sagte ich, stehlt ihr

Gedanken, die sonst unerhört geblieben wären,

Zwischen uns saß eine

Frau, die sich mit ihren eignen

Augen unterhielt,

Die waren dunkel

Und wir hörten alle zu.

 


 

Aufschläge 7396 – 7398

 

Ein Bild war im Gespräch der Stadt, es zeigte einen

Dichter, der sein Volk verschlang,

Und so entriss man einen

Blinden jeder Obhut und geleitete ihn sicher

Über eine vielbefahrne Strecke,

Ich lag mit dem einen

Ohr auf einer Holzbank, die stand grün im Park

Und hörte in dem

Holz das Pochen meines Herzens,

Später waren es die

Schwellen, die ich überfuhr,

Ja, auch die

Parkbank steht auf Schienen

Und ist stets auf Reisen, ich auf ihr denk

Über neue Worte nach, der

Schlaf wird mir mein

Leben nicht erreichen.

 

 

 

Jemand bat um Feuer,

Ich war fassungslos und dachte nicht an diese

Kleinigkeit, die Geste, die ein wenig

Wärme über Tische reicht, von

Hand zu Hand,

Nie würde ich den

Brand, der meinen Rücken sengte,

Einfach weitergeben wollen,

Das Gedicht, an dem ich schrieb,

Hätt nicht gereicht, dir eine

Zigarette anzuzünden;

Meine Hände kannten sich gut aus

Und zogen aus der Seitentasche eine

Streichholzschachtel.

 

 

 

Als ich mich dann wusch, entstand im

Becken auf dem Boden eine große

Zeituhr,

Ich hielt ein, das Wasser sollte sich beruhigen,

Es lösten sich trotzdem die

Zahlen, Zeiger, das Gehäuse in dem

Stillstand auf,

Es blieb kein Rest

Und nichts zu tun für mich.

 


 

Aufschläge 7399 – 7401

 

Am

Anfang war mein Kopf

Ganz aus Papier und unbeschrieben,

Es gab also nichts, auf das man hätte schreiben können,

Anderen wuchs ich im Weg,

Man ging um mich herum

Und störte sich an mir,

Und mein Geschick war deutlich,

Lebend war mein Beispiel:

Pflegte man die Gärten nebenan,

Biss ich in meine Kissen und beneidete die

Nebenwege, die man nicht benutzte,

Weil man sie ja pflegte,

Lange kniete ich vor einem

Zettelchen und betete und hoffte auf ein

Wort, das sollte mir erscheinen.

 

 

 

Gar nichts war am

Anfang, auch bei mir sah ich das

Ende vor dem ersten Schritt,

Und einer

Schlange, die durch Gräser huschte,

Wünschte ich den Dämon in den Bauch,

Erschrak zugleich, als mir ein

Mann die Pferdeadern seines Körpers zeigte,

Und die

Not ging ungewöhnlich deutlich in mir ein und aus

Und schleppte an

Und nahm nichts wieder fort,

Von innen, dort wo ich nichts sehen konnte,

Nahm die

Schreiberei den Anfang.

 

 

 

Irgendwann kam ich in eine

Drahtfabrik, dort zog man eine

Glutschrift durch Maschinen,

Und die roten

Drähte bogen sich

Und bäumten sich

Und waren weich und lenkbar,

Und im

Augenblick, da sie sich als ein

Fehler ineinander schoben, schrieben sie ein

Wort, das gleich erstarrte und verblasste

Und war in drei Ebenen verfasst.

 


 

Aufschläge 7402 – 7404

 

Morgens kam mein

Kleiderschrank zu mir und ließ mich wählen,

Kleider gab es nicht, es ging hier um das

Tageskleid, um mein Gesicht, die

Türen fielen auf und gähnten auf mich zu

Und hielten sich ganz schräge in den Angeln,

Und ich wurde überschüttet mit dem

Angebot, das passte sich gleich an,

Und eine Auswahl fand ich nicht, der

Tag stand ja schon fest,

Ich sah auch neben mir die Frau

Und hob das

Nachtkleid über ihren Kopf,

Sie schlief dabei und nahm es hin,

Dann ging ich doch und wählte neu,

Der Schrank blieb nun vor mir

Verschlossen.

 

 

 

Ich erzählte dir von meinen

Worten,

Und ich hatte sie gemalt und zeigte eines meiner

Bilder, das war aus der Anfangszeit, die

Texte waren noch in roter

Schrift und trotzdem schon unleserlich gehalten,

Und ich las dir alles vor, weil du mein

Gast warst,

Bei den anderen verlangte ich mir vorzulesen,

Weil sich so der

Sinn der Bilder erst ergab.

 

 

 

Du gingst auf dem

Bahnsteig, ich saß in dem Zug, der ohne jeden

Halt vorbei fuhr,

Und du gingst in meine Richtung,

Und ich wollte winken, wollte rufen,

Und es kam ein

Gegenzug, der blieb zu lange zwischen uns,

In meinem

Abteil hörte ich metallisch hell die

Glieder eines Goldarmbandes aneinander stoßen,

Leises Klingeln, leises Läuten;

So bewegten sich die

Bilder, die ich malte, ungewollt und ohne

Absicht zwischen mir und dem

Betrachter.

 


 

Aufschläge 7405 – 7407

 

An dir willst du nicht finden,

Was ich an dir fand, der

Wind steht auf dem kleinen, runden

Fenster, das ist jenes Möwenauge über mir, das ist an

Sturm gewöhnt und abgerissne Wassersträhnen,

Das ist auch gewöhnt, aus großer

Höhe jeden Brocken zu entdecken,

Sich darauf zu stürzen und ihn vor den anderen

An sich zu reißen und ihn festzuhalten

Und ihn schließlich zu verlieren

Und ihm nachzujagen, nachzuschreien

Und ihn zu verschreien,

Und es bleibt ihm nichts,

Und das, was eben greifbar war,

Ist auch vorbei und fällt vielleicht aus einem

Schnabel in das Meer,

Das schlägt noch nicht einmal die

Augen auf.

 

 

 

Die

Flut kam schnell und lief in unsre Stadt,

In unsrem

Zimmer stand das Wasser,

Niemand öffnete die Türen in der Angst,

Und später einmal war es umgekehrt:

Ich baute mir ein

Haus auf einen Strand, das

Wasser war weit fort, der

Strand lag vor der Küste auf der Lauer, meine

Türen waren immer offen,

Nichts geschah,

Ich wartete auf einen

Sandsturm, der sollt mich nicht

Überraschen.

 

 

 

Plötzlich hielten wir auf freier

Strecke, unser Fahrer hatte seinen

Dienst beendet, abgebrochen und verließ den

Reisezug, es folgten viele,

Und ich blieb und sah, wie um uns her in größter

Eile Gräser, Büsche, Bäume wuchsen,

Und der Reisezug wuchs zu und wurde eingeschlossen

Und war nicht mehr zu bewegen.

 


 

Aufschläge 7408 – 7410

 

Drüben lag die

Insel, weit dahinter stieg im

Festland das Gebirge auf, die

Insel war bewohnt von einer

Frau und einem Kind,

Und beide hielten sich an ihren Händen,

Neben einem roten

Kirchturm lag ein Backsteinhaus,

Das konnte ich von hier erkennen,

Frau und Kind und Turm und Haus, in

Eintracht still und eins und

Ausschau haltend nach den Bergen,

Ich sah nach der

Insel, dünne Fäden spannen sich aus meinen

Augen, dort hinüber,

Neben mir saß dieser Mann, der nach

Gefühlen fragte und nach meiner Meinung,

Und er wollte wissen, wie ich

Dinge sehe, die man sonst nicht sieht.

 

 

 

Die Farben liefen ineinander, meine

Ungeduld lag neben mir und nagte an dem

Knochen, der war voller Mark,

Und alles war gut vorbereitet,

Und ich war noch jung genug,

Und drüben in der

Eiche saßen erste, gelbe Blätter,

Jemand sagte auch, dass sich das

Abendrot heut über alles fallen ließe,

Und ich selbst sah mich im

Spiegel hell in Flammen stehen.

 

 

 

Über meine linke

Schulter hing die Jacke, rechts aus meinem

Hals wuchs mir ein zweiter Kopf,

Und der erklärte mir, er sei der neue Herr

Und dachte völlig anders,

Und er fragte nicht nach mir

Und tat, als wäre er allein, die

Hände, Füße und der Mund, der nach dem

Essen schrie, verspürten schnell den

Umschwung.

 


 

Aufschläge 7411 – 7413

 

Ihr begleitetet die

Bilder mit der Mandoline,

Und ein Hochgefühl entstand,

Mir war in diesem

Augenblick die Lichtgeschwindigkeit

So immergleich wie eine

Lebenszeit, der hatte man den

Anfang und das Ende fortgelassen,

Einfach nur vergessen,

Vieles war noch nicht vollendet,

Und der Musiker verwischte seine Töne,

Irgendwann erklang die Lieblingsmelodie,

Die weckte die

Erinnerung an jene Zeit, als

Bilder sich noch frei

Und ungemalt bewegten.

 

 

 

Damals stand ich am

Geländer, das war hoch im Treppenhaus,

Ich sah hinab und starrte reglos in den

Freiraum, unter mir entstand ein

Klopfen, es war sicherlich mein

Herz, das klammerte sich fest an mich, der

Rauch von einer fremden Zigarette schwebte über diesem

Abgrund,

Niemand rauchte neben mir,

Ich war alleine,

Und es war ein

Nebel, der sich selbst entzündete.

 

 

 

Aus einem

Oberlicht fiel Sonne ein, die war an einer

Stelle ohne jede Streuung,

Und der Strahl ließ Schwebeteilchen leuchten,

Ich belauschte sie und hörte

Raumgespräche, die bezogen mich mit ein

Und ließen mich doch nichts verstehen,

Und mein

Finger, den ich in den Lichtstrahl hielt,

Entzündete sich rot.

 


 

Aufschläge 7414 – 7416

 

Draußen hing ein warmer

Sommerregen seine nassen Bilder auf,

Ich sah mich durch die

Straßen gehen,

Selbst ein Teilstück dieser Galerie

Wies mein Gesicht nach oben, offen war mein

Mund,

Und ich versagte mir den Biss,

Es rollten weiche

Tropfen über meine Haut, als

Rinnsal in den Kragen, meine

Farben flossen aus und ineinander,

Drinnen schnitt ich meinen

Anblick ab und schirmte mich

Und ging hinaus und fort

Und überließ mich ganz dem Wetter,

Das hielt an.

 

 

 

Sollte ich mich mir entgegensetzen,

Oder überlassen,

Oder von mir gehen,

Oder zu mir halten;

Und du sagtest:

„Dieses ist ein frohes Leben!“

Das erschreckte mich so sehr, dass ich nach einem

Halt griff,

Deine Türen standen immer offen,

Und das

Rätselspiel nach den Geräuschen, die man

Kennen und benennen musste,

Konnte ich nicht hören,

Meinen eignen

Herzschlag kannte ich nicht wieder.

 

 

 

Jemand hatte

Angst vor einer Brücke,

Und ich ging mit ihm,

Wir kamen an das

Schild, das nur verlangte:

Jedermann, der diene, habe auch zu lächeln,

Und ich ging vorbei,

Der andere blieb stehen,

Und ich hatte nicht gelächelt

Und mich ganz umsonst

Bemüht.

 


 

Aufschläge 7417 – 7419

 

Von den

„Gemalten Fensterscheiben“ sah ich nichts,

Heut sprach man anders, die

Gedichte waren teils gefroren,

Teils grad in der Schmelze,

Unvollendet waren sie in der Vollendung,

Niemand hatte

Zeit, um sie sich anzuhören,

Und man musste sie mit Haken werfen,

Daran hingen sie in

Fetzen, die man aufgab, selbst die

Kinder wussten nicht genau, ob sie das

Schulbrot essen würden, dass man ihnen mitgab,

Oder ob die weißen

Vögel, die vom Müllplatz kamen, damit ihre

Fressgier stillten,

Ich dort drüben auf dem

Müllplatz stand und hoffte,

Und ich jagte diesen

Tieren alles wieder ab.

 

 

 

Dort, wo ich lebte, goss ich mich auch aus,

Das heißt, dass ich mich in die

Form zerfließen ließ,

Die war jahrein, jahraus die gleiche,

Aber, wo ich lebte, lebte ich im

Dialog mit einem schweren Hammer,

Der war unversöhnlich,

Und die

Dialoge, die wir führten, hatten immer einen gleichen

Ausgang.

 

 

 

Ganz erstaunlich war die

Fähigkeit schnell zu vergessen,

Und ich litt darunter, weil sie mir abhandenkam,

Und mein

Gedächtnis nahm sich plötzlich jede

Freiheit, die mich täglich überführte,

Und mein

Schweigen half mir wenig,

Und ich dachte auch daran, dass dieses

Schweigen einst das

Zeichen meiner Teilnahmslosigkeit gewesen war,

Ich kehrte also heim.

 


 

Aufschläge 7420 – 7422

 

Gestern

Abend lief ein Vollmond gegen einen

Berg, ertrank und sank, mein

Forschen heute Morgen brachte nichts,

Es quälte mich nur meine

Sehnsucht nach der Weiblichkeit,

In meinen

Augen war die etwas angelehnte Tür,

Du hattest deine

Bluse wohl mit Absicht nicht ganz zugeknöpft,

Ich ging hinein, mein

Quälen wurde nun persönlich,

Und ich küsste dich und ging,

In Fensterhöhe sah ich, dass man große

Knöpfe auf das Hausdach nähte,

Und es hatte nichts mit mir zu tun.

 

 

 

Dann kam ich in den

Raum, wo Menschen warteten,

Ich war noch ahnungslos, mein

Name stand als einziger in

Kreide an der Tafel,

Und ich stimmte schließlich zu,

Es sei nicht schlimm und dieser

Vorfall sei belanglos,

Dann verließ man mich

Und ließ mich sitzen,

Und ich wusste nicht warum,

Man drückte mich noch einmal auf den

Stuhl, bedankte sich bei mir,

Und nie erfuhr ich, was man von mir wollte,

Und ich dachte immer wieder nach

Und grübelte.

 

 

 

Andre standen nie im

Mittelpunkt, man sah die

Fühler ihrer Sehnsucht selten,

Jemand saß mir plötzlich an der Gurgel,

Und er ließ nicht locker

Und war doch zu schwach,

Mich gleich zu töten,

Und ich griff nach ihm

Und konnte mich befrein,

Es blieb nur dieser

Druck auf meiner Kehle sitzen.

 


 

Aufschläge 7423 – 7425

 

In der Regenpfütze neben mir

Sah ich den Schirm in meinem Arm:

Schirm im Wasser,

Und wir sprachen gestern noch von den

Vergeblichkeiten;

In der Wasserlache ging der

Schutzschirm gegen mich spazieren,

Du dort drüben last in einer nassen

Zeitung, die war nicht mehr umzublättern,

Und die falschen Texte schlugen durch

Und schrieben sich verkehrt herum,

Mit meinen

Füßen schob ich eine leere Dose über einen

Straßenrand aufs Pflaster,

Die darunter wohnten, achteten auf jedes rollende

Geräusch.

 

 

 

Nur um eines

Abenteuer willen gab ich die

Gewissheit auf,

Mir reichte eine junge Frau die Hand, danach den

Arm und dann sich selbst,

Und ich entdeckte einen

Ring an ihrem Finger,

Und ich ließ sie wieder fahren,

Doch sie weinte, weil man einer

Frau, die sich, wie sie, ganz fest entschlossen hatte,

Nicht die Türe weisen soll,

Es blieb ihr Ring auf meinem Stubentisch zurück

Und als Beweis für mich gedacht,

Zugleich griff sie mich zweifach an,

Von innen und von außen,

Und ich hätte sie geliebt

Und liebte sie

Und gab nichts auf.

 

 

 

Immer hatte ich daran gedacht

Und mich gehütet,

Meine Angst bewohnte jeden Blumenstrauß,

Ich liebte sie und neigte mich, die

Düfte zu genießen, tief hinab;

Der Mensch, das fiel mir ein,

Ja, nichtig ist der Mensch,

Und dort, wo ich jetzt stehe und mich beuge,

Ist der

Raum nach mir gleich wieder leer.

 


 

Aufschläge 7426 – 7428

 

Auf dem

Heimweg sah ich eine

Schnecke, die ertrank im Sand,

Daneben hielt ein

Kirchturm seine Hände in der betenden

Gebärde in die Höhe,

Roter Staub lag angespült am Fuß der Mauer,

Eine aufgeschriebene

Parole galt hier nichts, im

Vorhof ragte die herabgestürzte

Glocke aus der Erde,

Und man sagte, dass der letzter

Ton noch nicht verklungen sei,

Nun lag sie fest im

Riss, der ging durch sie,

Und mein

Geburtstag und mein Sterbedatum

Standen eingeschlagen in den Stein,

Der stand vor mir auf einem kleinen Friedhof,

Und der

Aufschub war sehr ungewiss, ich sollte noch die

Schmerzen der Gebärenden erfahren.

 

 

 

Jemand lebte von den

Kräutern, die er sammelte,

Er zog auch von den

Bäumen Rinde ab, die war zu trocknen

Und dann zu zerreiben,

In dem andren

Land zerstörten Beben eine Stadt,

Das Schütteln und das Sterben wurden hier

Nicht registriert , die

Hängebrücke war nur bis zur Hälfte fertig,

Auf die andre

Seite spannten sich allein die

Seile, die man nicht begehen konnte.

 

 

 

Jemand hatte auch die Heizung abgestellt,

Man konnte nie erfahren,

Wer warum was machte,

Als ich dir

Gewalt antat, lagst du in meinen Armen,

Und du warst zufrieden,

Und ich tat dir nichts und tat dir alles,

Und du schwitztest schnell und schriest dabei,

Und hastig sprachst du über eine neue

Zukunft, die war absehbar und im

Entstehen.

 


 

Aufschläge 7429 – 7431

 

In dem

Garten hatte sich das blaue

Licht der Herbstzeitlosen angezündet,

In den

Händen hielt ich eine Kugel, ganz aus Glas,

Die rollte zwischen meinen

Fingern hin und her,

Ihr kamt aus einem

Bahnhof und erkanntet mich und grüßtet nicht,

Auf der bewegten

Treppe fuhrt ihr hoch, an mir vorbei,

Saht durch mich durch,

Und das

Erkennen war nur schwaches Augenzucken,

Andrerseits hielt ich euch später

Die zwei schweren

Gläser hin, ihr wolltet trinken,

Und sie waren nicht gefüllt,

Ihr ließt sie trotzdem aneinander stoßen,

Und der

Klang war grässlich hohl, die

Kugel lag auf einem ihrer

Böden.

 

 

 

Aus dem

Fenster lehnte sich die Frau,

Und unter sich erkannte sie ein

Mädchen, das stand neben einem jungen Mann,

Und es war alt genug für ihn,

Und von hier oben war nichts zu verhindern

Oder anzuzünden,

Und auf einem

Schaukelende standen die zwei jungen Leute voreinander,

Und sie taten es im Stehen,

Und die alte

Frau tat es, wie sie es immer tat auf ihre Weise,

Und sie rührte sich nicht von der

Stelle.

 

 

 

Einmal musste ich den

Helm aufsetzen, der war noch zu groß,

Ich konnte ihn verstellen, dass er passte,

Und er reflektierte alle

Strahlen, die sonst ohne weiteres durch jeden

Kopf gegangen wären,

Strahlendurchgang hieß das

Zählwerk, das ich trug.

 


 

Aufschläge 7432 – 7434

 

Mit einem

Schwung zogst du dir die Gardinen vor,

Ich konnte noch entscheiden, ob ich drinnen

Stehen bleiben wolle oder draußen, kein

Befehlsnotstand trat ein,

Hier drehte sich die

Bühne wie ich wollte,

Ich blieb draußen und empfand es so:

Ich hatte abgesagt

Und war doch noch dabei,

Ich wusste, wie es drinnen aussah

Und sah nicht hinein, ein

Selbstbedienungsladen für Gefühl hielt die

Drehtür unverschlossen,

Schwalbenvögel flogen nicht heraus, ein

Fensterchen stand offen.

 

 

 

Solange man mir meinen

Frieden ließ, empfand ich Dankbarkeit,

In meinem

Innern lief die Friedensuhr,

Die durfte niemand stellen,

Und ihr kamt zu mir und hattet einfach eine neue

Uhrzeit ausgerufen,

Die galt nun für alle.

 

 

 

Damals fiel mir ein, dass auch der

Himmel leben könnte, der

Gedanke hatte mich berauscht,

Nur nachts, so glaubte ich,

Könnt er sich offenbaren, meine

Augen lagen deshalb auf dem Dach,

Und meine Ohren standen vor der Tür,

Mein Herz hielt Ausschau nach dem ganz besondren

Zeichen,

Neben meinem Bett stand eine weise

Frau, die las mir eine

Zukunft aus der Hand.

 


 

Aufschläge 7435 – 7437

 

Der Raum an sich ist ohne Fallen,

Und man kann im

Kopfstand schlafen, kann den zugeknöpften

Mund entriegeln und ein wenig reden über sich,

Im fest verschlossnen

Mantel schweigt man allerdings viel besser,

Selbstmord ist kein Grund mehr, um zu überzeugen,

Und die

Schlafgemächer werden öffentlich,

Man schlägt sie aus mit

Schreibpapier und kann so eine

Nachricht hinterlassen.

 

 

 

Ganz spontan entschließ ich mich für eine

Reise, die ist angesagt und eine

Freude überkommt mich,

Und man sagt mir, dass die

Reise längst vorbei sei,

Dass die Reisenden schon fast vergessen hätten,

Und ich selbst sei Reisegast gewesen,

Und die

Reise, die ich meinte,

Fände nicht mehr statt.

 

 

 

Man gab mir auch ein

Beispiel, das verstand ich nicht,

Und ich vergaß es wieder,

Und das war das

Beispiel, welches ich mir merkte,

So nahm man mir jeden

Vorwand,

Und ich saß im

Kreise meiner Lieben, die mich

Richteten.

 


 

Aufschläge 7438 – 7440

 

Man sprach von uns,

Wir sprachen über uns,

Es ging um die

Berufung und um Widerruf, ein

Kran hob eine Schweißmaschine an

Und stürzte um,

Vernunft im Zufall,

Zufall, einzige Vernunft,

Und wir, von denen ich hier rede, leben in entfernten

Welten, weit von uns

Und sehen zu und haben kein

Vertrauen.

 

 

 

In den

Kreisen orientierte man sich nicht mehr nach dem

Mittelpunkt, sie waren selbst der

Punkt, der übrig war, das

Äußere war längst zersprungen,

Und wir scharten uns um uns,

Es war ein

Kommen und Verlassen unsrer selbst, im

Rathaus sah ich mich tagaus, tagein auf einer langen

Holzbank sitzen,

Und ich saß am

Anfang und am Ende,

Und ich musste mich dazwischen drängen.

 

 

 

Gegenüber saß die neue

Frau, die las in einer Zeitung,

Und die hielt sie hoch, vor das

Gesicht, die Hände, die ihr dienten,

Mussten übergreifen, sonst bedachte sie die

Unterseite keinen Augenblick, ihr

Gegenüber, das war ich, saß wirklich auf der andren

Seite.

 


 

Aufschläge 7441 – 7443

 

Immer war der letzte

Raum gleich neben mir,

Und grenzte an an mich

Und war von mir nicht einzunehmen,

Und der letzte dieser Räume würde nie versagen,

Abends ging ich auf die

Straße, Menschen kamen kaum vorbei,

Jetzt würde mich kein

Fahrzeug überraschen,

Und ich malte eine

Kreidebühne an die Schallschluckmauer,

Niemand trat hier auf und niemand sah hier zu,

Und ich allein war alles,

Bühne, Spieler und das Publikum.

 

 

 

Dieses war der

Augenblick der Wachheit,

Alle Schuld in meinem Leben stürzte auf mich ein,

Zuvor war ich zerstreut

Und hielt die

Hände über meine Augen,

Blendung, Halbschlaf,

Unbekümmertheit und Einfachglück bedeckten mich,

Doch nun riss eine

Wolkendecke auf, es lachte um mich her, die

Kleider fielen mir vom Leib,

Und auf dem Brot, von dem ich essen wollte,

Wuchs ein Schimmel,

Und der

Esstisch, den ich sauber und gepflegt verlassen hatte,

War verwittert, ausgelassen, aufgequollen

Und stand auf der Straße, meine

Zimmer waren völlig leergeräumt

Und standen zur

Vermietung.

 

 

 

Ich war außer mir und voller

Widerspruch, dass ich mich schwer beklagte,

Und, der in mir lebte, lag als flaches

Kreuz und bäuchlings auf der Erde und bedankte sich

Und sah nicht auf und litt den

Fuß, den ich in seinen Nacken stellte,

Und ich trat so fest ich konnte zu, trat sein

Gesicht fast in den Boden,

Jemand reichte mir ein

Festtagskleid, das sollte ich probieren.

 


 

Aufschläge 7444 – 7446

 

Ich kämpfte gegen jede

Müdigkeit und riss mich von der

Hand des Halbschlafs,

Stand dann schwankend, öffnete die

Augen immer wieder weit,

Man sagte mir:

Lebendig ist, wer wach bleibt,

Und die

Stunde kam, ein Anstieg im Geröll,

Dort oben wäre Platz genug, um auszuruhn,

Und meine Arme lagen auf dem Abhang,

Hinter mir entstand ein kleiner Steinschlag,

Dann entschied ich mich, blieb liegen

Und versandete.

 

 

 

Man sagte mir, wer wach bleibt, liebt auch die

Begräbnisse und findet

Freunde auf den öden

Kuppeln kahler Berge und lebt unter

Märchen und hat unerreichte

Reiche nur für sich,

Ich fiel in tiefen

Schlaf und spürte mit der

Wachsamkeit des Hofhunds alles, was

Lebendig machte.

 

 

 

Meine

Hand lag fest auf einem Schalter,

Das ist, hörte ich, der Schlüssel für das Licht;

Ich hatte es ja selbst gewusst und blieb ein

Wachmann all die Tage,

Niemand durfte mich bedienen,

Und den Schalter nahm ich mit

Und achtete nicht mehr auf meinen

Weg.

 


 

Aufschläge 7447 – 7449

 

Von einem

Tag zum anderen springt das

Ersatzherz ein,

Springt aus dem Leib und in den Leib,

Kehrt aus, kehrt ein, die

Heimat ging verloren,

Und mich sieht der

Trockenzweig so seltsam an,

Hängt unter meiner Zimmerdecke,

Ist der letzte Baum des Hauses,

Und ich kaufe auf dem

Trödelmarkt zwei ausgestopfte, fingergroße Vögel,

Die ich mit dem

Dünndraht an ihn binde.

 

 

 

Ich erfahre von den

Leuten neben mir, dass sie in falscher

Richtung sitzen,

Und der

Reisezug ist an der Endstation und endet hier,

Es war die letzte

Fahrt des Zuges überhaupt,

Ich wollte ganz alleine übrig bleiben

Und erlebe nun den Streit,

Der kann kein Ende finden.

 

 

 

Nachts, als ich mit meinem

Schlaf hoch in die Berge zog, erlebte ich die

Sternenklarheit,

Zweimal seltsam war, dass hier, in dieser

Höhe auch das Meer begann und endete,

Man konnte mit dem Licht der Sterne durch die schwachen

Wellen alles auf dem Grund erkennen,

Und die blanken

Fische standen, kaum bewegt, in der

Bewegung.

 


 

Aufschläge 7450 – 7452

 

Nun ist es zu spät,

Und ich kann nicht mehr fragen, ob die

Glocken meines Turmes klingen,

In dem

Zimmer zu dem Aufgang liegt ein

Splittersee aus Glas,

Und niemand weiß, was hier zerbrach,

Und keiner kann die tausendfachen Scherben klären,

Eine ist genau so groß wie jede andere,

Und alle brachen gleich,

Ja, könnte ich sie stapeln, gäbe es den

Schleifdorn, der wär nadeldünn

Und stiege endlos hoch.

 

 

 

Der

Feldstein, der nicht redet, schmiedet dunkle

Pläne voller Neid und gegen jede Sprachkassette,

Einmal stütze ich den

Fuß des tief gestimmten

Saiteninstrumentes auf ihm ab und spiele,

Und er bricht gleich mittendurch, das

Tonband hatte ich mir niemals angehört,

Und ich bedenke nun den

Stein und seine beiden

Hälften.

 

 

 

Drüben erntet man

Kartoffeln aus der Erde, meine

Beete zeige ich den Menschen,

Und ich lege meine Kleider ab, sie sehen nichts,

Ich muss mich auch noch häuten,

Dass sie endlich glauben,

Später muss ich mich mit meinem

Hunger wieder an sie wenden.

 


 

Aufschläge 7453 – 7455

 

Mit einem

Handnetz, das wuchs zwischen meinen

Fingern, fing ich mir den Herzschlag ein,

Von irgendetwas musste ich doch leben,

Hielt ihn an das

Ohr und war verzückt von seinem Pochen,

Mir, so dachte ich, bringt jeder Alltag Glück,

Den letzten

Tag in diesem Monat hatte ich mich noch

Lebendig machen können, froh war ich darüber, die

Gedankenlosigkeit sprang frech von meinen Lippen,

Eine Frau, die ich für mich gewinnen wollte,

Die ich liebte, die ich aber niemals hatte lieben dürfen,

Ließ sich fremdbesamen.

 

 

 

Die Verspätung war nicht mehr zu widerrufen,

Und sie trat erst ein;

Ein sonderbares

Einvernehmen mit dem Unvermeidlichen beschlich mich,

Noch am

Morgen sammelte ich die Getreidesorten ein, es wuchsen

Hirse, Weizen, Mais und Reis,

Und meine

Welt war klein, sie kam verspätet vor dem

Anfang an.

 

 

 

Ich war höflich, als ich schwieg

Und schwieg auf jede Frage,

Neben mir verirrte sich ein

Stirnhaar, das war leicht gewellt, und wuchs aus vollem

Schopfhaar eines Frauenkopfes, dessen

Augen sahen eng an mir vorbei und irrten sich in einer

Ferne, dorthin konnte keine Hilfe eilen,

Und ich wurde so von dieser

Frau verraten, hintergangen,

Fühlte mich sofort ins

Glasgewölbe einer Zuckerdose eingesperrt.

 


 

Aufschläge 7456 – 7458

 

Wie ich früher einmal sagte, zeigtest du dem

Wind nichts weiter als die

Asche deiner Feuerlaube,

Ihm war nichts mehr neu,

Du sagtest auch, ich käme dir zu oft,

Und andrerseits verrietst du einer

Drittperson mein Ungenügen,

Das war nicht gerecht,

Wir standen vor der

Reise, die begann an meiner Haustür,

Täglich fuhr ich fort und kam nicht wieder,

Du warst stets an meiner

Seite, oft bemerkte ich dich nicht, nur mein

Geschlecht fand heim,

Mit meinen

Händen hielt ich mich an einer fremden

Haustür angeklammert,

Rutschte ab und fasste nach dem

Haustürbalken.

 

 

 

Alles tatst du ab,

Und die

Verwirrung der Gefühle könnte jeden treffen,

Du saßt in dem

Neubau, dort war alles neu, selbst die

Tapeten konntest du bestimmen,

Ich lag in der

Eingangstür, hielt das Gesicht gedrückt aufs

Holz des Zimmerbodens,

Und ich roch die

Neuheit aus den Dielenritzen,

Und ich wollte alles in mein Leben übernehmen,

Und ich tat mich schwer damit.

 

 

 

Die

Schnalle meines Gürtels ging entzwei,

Ich zog mich um, und es begann ein neuer

Abschnitt meines Lebens,

Anderen, die schwerer litten, war der neue

Abschnitt älter als der alte,

Ich besiegelte mich selbst sofort und unumstößlich

Und vermied den

Selbstverrat, der käme nur von außen.

 


 

Aufschläge 7459 – 7461

 

Vor mir in dem

Sand die Kriechspur einer Schnecke,

Ebenso verzweifelt sehe ich ins blanke

Braunrund der Kastanienfrucht,

Herbst fällt mir aus dem Baum vor meine Füße,

Eine Fallfrucht, die mich widerspiegeln soll, versagt,

Und morgen ist sie stumpf und nur noch gut genug für eine

Schnitzerei;

Man ruft mich auf zu einer

Feier, die geht durch die ganze Nacht, der

Vorhang wurde grade abgerissen,

Dass ich zögere hat gar nichts zu bedeuten,

Und es kehrt die

Stille der erstarrten Nacht noch einmal ein,

Dann folge ich dem Weg und setz ihn fort.

 

 

 

Einmal hebe ich noch meine

Hand, weil sich ihr eine andere entgegenstreckt,

Es ist ein Gruß;

Und dem

Verbrecher wurde Unschuld so erklärt: der

Umstand, dass sich Himmel und die Erde

Irgendwo zusammenfinden, trägt die Schuld, der

Mensch ist Opfer der Begegnung,

Und ich spüre eine

Dankbarkeit, die mich erschauern lässt.

 

 

 

Man spricht von einem

Aufschub, den man mir gewährt,

Ich werde nicht gefragt,

Es wird mir nichts begründet,

Man ruft keine neue Zeit aus,

Und ich lebe in dem Aufschub,

Und wie soll ich meine Zukunft planen,

Jeder Morgen ist ein Tag, der gestern war,

Der gestern und vor seinem

Anfang stattfand.

 


 

Aufschläge 7462 – 7464

 

So weit griff dein

Auge nicht, was in der Ferne lag, blieb unaufschiebbar,

Hilflos lagst du vor dem

Tor, das blieb dir zugesperrt, ein

Meteor zog seine Glutbahn über dir

Und ließ dir einen

Wunsch frei, der würd sich erfüllen,

Wenn du schweigen könntest,

Und du wünschtest dir, dass dich der

Wächter an dem Tor bemerken würde,

Doch der stand auf einer andren Seite,

Und es blieb nur dieser Weg,

Da legtest du das

Feuer, das stand auf und leckte auch nach dir,

Du konntest deine

Unschuld nicht beweisen,

Und man nahm dich mit.

 

 

 

Wir litten eigentlich sehr unter einer

Vielzahl dieser Sonderfälle,

Es entstand ein

Straßenwurm, der wuchs zur vollen

Straßenbreite aus, der fraß das Glas, das Blech,

Und Menschen, die ihn füttern wollten, biss er gleich den

Kopf vom Rumpf, sein eigner

Kopf wuchs ihm an jeder Stelle seines Rumpfes,

Wir betrachteten das

Ungeschehen vom Balkon und beteten, dass dieses

Wurmtier seinen Hals nicht nach uns recken würde.

 

 

 

Dann wünschte ich, das

Grab auf einem Friedhof zu besuchen,

Es war einsam zwischen Gräbern,

Und die lagen eng an eng, man sagte auch, hier ruhe

Freund an Freund und dass man

Ruhe wahren sollte, jede

Störung käme sowieso zu spät,

Und ich verstand es nicht,

Ich wusste wirklich nicht, wie

Tote leben können unter Toten,

Und ich schrieb die

Frage mit dem Schuh in einen Sandweg,

Den würd sicher jemand harken.

 


 

Aufschläge 7465 – 7467

 

Das

Geräusch des Fingernagels auf dem Weißblech,

Türen schlagen, meine

Augen laufen auf den Säulen deiner Schenkel,

Oben liegt die

Hand vor einer Leibesöffnung,

Es geht nur um das

Geräusch, das wiederholt sich jetzt,

Ich rühre nicht an deine

Haut, die stramm und trocken ist,

Und meine

Irrung müsste enden, ich stieg sonst zu sehr in deine

Höhe auf,

Ich suche nach dem

Fingernagel und dem Weißblech, dieser

Zug fährt ungebremst in eine falsche

Richtung.

 

 

 

Einmal sollte ich das

Alter einer Frau bestimmen, schätzen,

Und ich sagte nichts,

Das wertete sie gut für sich, sie öffnete den

Mund, es war der Eingang in die Höhle,

Und sie hatte sicherlich gewusst von meiner langen

Suche,

Sie war eine brave

Frau und hielt den Eingang offen,

Drinnen hingen an der

Decke scharenweise kleine, rote

Vögel, die bewegten sich und flogen gegen meine

Zunge,

Ich verfing mich nicht

Und durfte gehen, wann ich wollte,

Und ich kam noch oft danach.

 

 

 

Ich fuhr den heimatlichen

Weg, der war mir sehr vertraut

Und doch von einem

Augenblick zum andren völlig unbekannt,

Ich lenkte mich in eine

Seitenstraße und wich aus und suchte eine

Ecke, die ich kennen würde,

Und ich fuhr, das fühlte ich, bestimmt in eine falsche

Richtung,

Und ich kümmerte mich darum wenig,

Und der heimatliche

Weg war unverändert all die Zeit,

Und tausendmal verirrte ich mich,

Ohne mich zu irren.

 


 

Aufschläge 7468 – 7470

 

Es war zum

Ende einer Sommerzeit, als ich den

Garten umgrub, jemand hatte mir von einem

Doppelmord erzählt,

Und ich verstand es so:

Es tötete die

Frau den Mann, den sie so liebte, weil er ihrem

Wunsch nach einem eignen Kind nicht nachgegeben hatte,

Gegenseitig habe man sich umgebracht, so sagte sie,

Und sie sei vor dem Mann getötet worden,

Und man sah in ihren

Schoß, der barg nur Steine, nur Geröll,

Das, sagte sie, sei keine

Folge, das sei, weil sie aus der unwegsamen

Gegend stamme, auch das Essen, das sie zu sich nähme,

Sei ganz anders,

Und ich grub in meiner Erde weiter,

Und vor jedem

Spatenstich befiel mich eine laute

Angst.

 

 

 

Andre legten alles, was sie störte, auf die

Seite, auf dem

Feld sah ich die Sammlung schwerer Steine,

Würde ich doch ihre

Lebensjahre zählen können,

Und ich dachte in die

Zukunft und an mich,

Wenn nichts mehr von mir wäre.

 

 

 

Dieser

Tag wurd länger als die anderen,

Und mittags dachte ich schon an die Nachbarn,

Und die mochten sich beklagen, dass ich ihre

Leiden nicht beschrieb und nicht an die

Verzweiflung rührte, die man unter ihre

Speise mischte, falls es welche gab,

Mir blieb der

Mittag lange stehen und kam nicht voran,

Ich saß inzwischen mit dem

Sonnenuntergang an einem Tisch.

 


 

Aufschläge 7471 – 7473

 

Ich werfe weißen

Seesand in die Höhe,

Korn für Korn entfallen daraus

Möwenvögel auf die Erde, stürzen sich vor meinen

Augen in den Tod;

Und würd ich dir gehorchen, wäre es als glaubte ich dem

Blau des Himmels, das bleibt unverändert,

Und ich weiß genau, dass noch am späten

Abend auf der Gegensonnenseite dieser intensive

Regenbogen wachsen kann,

Und zeigte ich ihn auch den

Kindern, sie verstünden nichts, die

Farben könnten ungeheuer kräftig sein

Und stünden fast vor schwarzer

Nacht,

Und drüben fackelte trotzdem der

Horizont das Rotlicht ab.

 

 

 

So kam es, dass ich mich entschloss,

Ich band mir eine

Augenbinde um, die saß sehr fest,

Und ich erinnerte mich langsam an die

Welt, ganz ungewiss und hilflos streckte ich die

Arme aus,

Und meine Füße weigerten sich mir zu trauen,

Später nahm ich eine

Kochtopfkelle, die lag vorbereitet,

Und ich klopfte damit jeden

Zentimeter ab,

Und erstmals musste ich mir meine

Umwelt glauben,

Und die war unendlich atemlos in ihrer

Winzigkeit.

 

 

 

Über euren

Gärten stand der Rauch verbrannten Laubes,

Der stieg senkrecht in die

Luft, hielt sich dann unbewegt, die

Birkenzweige lenkten diese Säule etwas ab,

Es war das absolute

Stillverhalten, das sich zeigte,

Unten legte jemand feuchte Blätter nach,

Mit meinen Worten war es schlecht bestellt,

Sie fielen mir vom

Baum in meinen Schoß,

Ich wagte nicht das

Feuer anzuzünden.

 


 

Aufschläge 7474 – 7476

 

Ich sah euch zu, so nahe kamen sich die

Menschen selten, eure

Köpfe steckten ineinander, eure

Worte sprangen nicht mehr von der

Zunge, von den Lippen, eure

Worte blieben nur Gedanken, die sich tauschten,

So entstand die

Sprache, die man nicht mehr sprach, in meinem

Tagebuch notierte ich das erste

Sprachgedicht, das lebte nur von Zeichen

Und die konnte keiner lesen,

Und ich las sie allen vor;

An einer folgenschweren

Handlung war ich innerlich kaum noch beteiligt, eine

Schranke, die sich automatisch öffnete, vergaß den

Zug, der in dem Nothalt noch auf ihren

Gleisen stand, das Unglück grenzte schon an

Langeweile,

Und es näherte sich von der

Straße das besetzte Fahrzeug.

 

 

 

Der

Tod sagt man, besiegelt auch die Lüge,

Und ich sage so:

Beim Tod gerät die

Wahrheit ganz zum Stillstand,

Tief im Ozean wird kaum ein Fremdlicht brennen,

Ausgenommen jenes, das noch wochenlang nach seinem

Untergang aus einem Schiffsrumpf strahlt,

Und später schweigt auch dieser

Ruf und alles ist ertrunken, meine

Nachttischlampe löscht sich selber aus,

Und endlich kann ich schlafen.

 

 

 

Es war ganz sonderbar, am andren

Morgen kam ich mir entgegen,

Und ich grüßte mich nicht mehr,

Es war auch sicher keine böse

Absicht, sondern nur, dass ich mich einfach übersah,

Und sah mich um und suchte mich umsonst,

Es war ein Zeichen, das ich nicht verstand.

 


 

Aufschläge 7477 – 7479

 

Aus dem

Lied erklangen uns die Gegenpunkte,

Weit entfernte Welten wurden eingesungen,

Bilder, die mir schnell erschienen, wurden

Fratzen und verzerrten sich,

Dem Mann, den ich nicht kannte, sollte ich die

Worte schreiben, warm und herzlich,

Offen und vertrauensvoll,

In der

Verteidigung der anderen entwickelte ich schnell

Methode,

Wieder stand ein Bild aus jenem Lied vor mir, der

Brief, den ich doch schreiben sollte,

War schon abgesandt.

 

 

 

Ich empfahl auch, nicht zu protestieren,

Und wir hatten eine

Überfahrt, die Fähre, die uns trug, war sehr, sehr schnell,

Und fuhr auf

Kufen, die sich aus dem Wasser hoben

Und drauf glitten, in der einen

Haustür, die an uns vorüberflog, stand eine schlanke

Bettelarme Frau, die hielt ein Kind an einer Hand

Und mit der andren spielte sie auf einer

Flöte, die war nicht zu hören,

Und die Frau war sehr, sehr schön,

Sonst gab es keine

Häuser hier und keine Straßen.

 

 

 

Hinter uns stieg

Wassernebel auf, die

Schwaden waren dicht,

Und es entstanden dunkle Wolken, unsre

Wanderung durch diese

Landschaft musste enden noch bevor die

Wolkenfelder uns erreichten,

Und ich gab dir recht und gab auch zu,

Dass alles, was ich machte, falsch gewesen sei,

Und ich versprach dir alles,

Nur damit ich machen konnte,

Was ich machen musste.

 


 

Aufschläge 7480 – 7482

 

Der

Boden unter meinen Füßen zitterte,

In jeder

Stunde tötete man eine Geisel, alles war zum

Greifen nah und so entsetzlich fern, kein

Seil, das eine Flucht in Aussicht hätte stellen können, die

Gedanken an die Rettung waren umgenäht zu einem Saum,

Den nutzten wir als Scheuerleiste, wir die in dem

Eilzug saßen, meinten, dass die

Reise immer hastiger und schneller gehe,

Und wir hielten jeden

Fahrplan ein, der

Durchgang durch die kleinsten

Orte wurde aufgezeichnet,

Und wir waren immer pünktlich.

 

 

 

Jemand kam zurück von einer

Insel und beschrieb uns Land und Leute, mir, der

Märchen las, erging es ähnlich,

Und ich kam oft heim und überschwieg von dem

Gesehenen und dem Gehörten eure Fragen, meine

Inseln lagen nicht im Meer,

Und meine

Märchen waren auch nicht nachzulesen,

Und es war wohl das

Gefühl der unerfüllten Liebe das mein

Herz berankte, heimlich sah ich mit dem

Fernglas in den Himmel, doch nur nachts,

Damit ich nicht versehentlich der

Sonne in die Arme liefe.

 

 

 

Man schob mir einen

Hocker zu, der war verschmutzt, die

Wände in dem Zimmer waren voller Leidenschaft,

Und die

Tapetenreste hingen schlaff herab,

Und irgendwo dazwischen schlug die harte

Luft in einem Heizungskörper,

Türen klemmten und sie ließen sich nicht schließen

Und nur schwer, schwer öffnen,

Niemand war bereit, mir meine

Herkunft zu verraten, auf dem

Holztisch saß ein Mädchen,

Und es trug nur einen roten Rock,

Der schlang sich über die gekreuzten Beine,

Und es kämmte sich die langen, schwarzen

Haare, und es wandte seinen

Blick nicht von mir ab,

Und sein Gesicht war ernst.

 


 

Aufschläge 7483 – 7485

 

Dein

Gesicht verfiel vor meinen Augen,

Deine

Sonne stürzte sich ins Meer,

Und rosa

Wolken rissen eine letzte Sicht auf deine

Stirn, zurück blieb graue Haut,

Und über deinen

Blick schob sich ganz langsam eine schwarze

Brille, deine Lippen unterdrückten mühsam deine Zähne,

Als ich dich heut Morgen kennen lernte,

Warst du jugendlich,

Ich selbst war schon an dir vorbei

Und sagte gleich, dass du mit mir nicht rechnen dürftest,

Und du hattest einen langen

Nagel in der Hand, den schlugst du, noch bevor ich dich

Nur etwas von mir wenden konnte, in mein

Holz,

Und in der Tageszeitung stand darauf ein

Dank für eine neue Freiheit,

Den verstand ich nicht.

 

 

 

Auf der andren

Seite unsrer Stadt brach eine Brücke ein, sie war als

Kunstwerk hoch gelobt

Und wurde nie benutzt obwohl sie freigegeben war,

Und sie erlag dem

Herzschlag, wie man sagte,

Noch nach einem

Jahr und länger fürchtete ich mich vor einem

Wiedersehen, zwischen dir und mir

War zu viel ausgelassen worden, das

Versäumnis drückte mich unendlich.

 

 

 

Dann schien eine grelle

Sonne, ihre Strahlen drangen selbst durch

Mauern, und wir alle gingen mit den leichten

Schirmen aus, auch in der

Wohnung mussten wir uns schützen, deine

Augen blieben an mir haften, deine

Blicke folgten mir,

Und nirgends gab es ein Versteck,

Du selbst warst vor mir nicht mehr sicher,

Und ich tat doch alles, um dir

Auszuweichen.

 


 

Aufschläge 7486 – 7488

 

Wenn du schon ein

Lied singst, lass es doch das Liedchen deines

Hauses sein,

Und es erinnert an die erste

Liebe, damals, als du sie gewannst, verlorst du etwas

Weltumspannendes, das musstest du verlassen,

Und fortan war jede Suche ohne Aussicht,

Und dein

Liedchen handelt von den andren

Dingen, die bestehen, schaffen Recht, sind angenagelt an den

Pfosten deiner Eingangstür,

Ich selbst entdeckte sie erst beim

Verlassen, ratlos stand ich hier,

In deiner

Stube fiel der erste Schnee.

 

 

 

Eines

Tages, las ich, würde jeder Richter Büßer werden,

Müsste seinen

Weg selbst rückwärts gehen, würde seinen

Namen wechseln müssen,

Hätt auf seinem großen

Kreis zu wandern, um sich einzuholen

Und sich doch nicht zu erreichen, die

Gedanken, die ich hatte, standen auf der Weide,

Und ich mochte sie nicht weiter stören.

 

 

 

Der

Unterschied war meine Gegenwart,

Ich mochte noch so schnell zur

Seite springen,

Und die Raumzeit, die ich füllte, die ich einnahm,

Haftete an mir.

 


 

Aufschläge 7489 – 7491

 

Das

Angebot kam schnell,

Und es erschreckte mich, ich nahm es an

Und dachte an das

Wort, das hieß „trotzdem“,

Und es war überflüssig, meine

Hoffnung konnte ich in frisches Wasser stellen,

In dem

Nachbarhaus saß eine Frau an einer Nähmaschine,

Darauf nähte sie die weißen Tücher,

Und ich sah ihr von der

Straße auf den Tisch,

Und sie erblickte mich, stand auf, nahm eines ihrer

Tücher, reichte es mir durch das offne Fenster,

Und es sei umsonst für mich, so sagte sie, weil ich ihr

Handwerk ehre,

Und den

Sinn der Tücher würde ich schon bald erfahren,

Und ich sprach nicht mehr davon

Und sah auch nicht mehr auf.

 

 

 

In dieser

Zeit fiel schon das Laub,

Und so, beteuerte man mir,

Beende vieles sich von selbst,

Ich schob die

Blätter mit den Füßen durcheinander, achtete auf das

Geräusch, es war mir wertvoll,

Und das

Meer, mit seinen langgezognen Wellen, brandete in

Äste hoher Bäume,

Aus dem Laub erhoben sich die

Buckel feuchter Steine,

Die versammelten sich nicht

Und blieben so vereinzelt.

 

 

 

Bis zum

Morgen hatte ich mich auch gebräunt

Und stand im selben Herbst, die

Uhr an meinem Arm, das sah ich jetzt,

Hing einer falschen

Zeit an.

 


 

Aufschläge 7492 – 7494

 

In demselben

Raum vernahm ich Stimmen,

Hier in meinem

Zimmer war ich ganz allein,

Ich wohnte auf dem

Schrank, der stand ganz sicher an der Wand,

Ich konnte alles sehr gut überblicken,

Und die

Stimmen kamen aus der Ecke, die war leer,

Sie konnten nicht von außen kommen,

Dort war keiner,

Letzten Endes hätte ich doch mehr auf mich

Persönlich achten sollen,

Ich war immer fort und war nicht aufzufinden,

Auf dem

Schrank war es sehr eng, die

Luft zum Atmen war sehr schlecht,

Ich war das

Opfer einer angelehnten Leiter.

 

 

 

Auch die

Abfahrt hatte sich verzögert,

Man stieg ein und wieder aus,

Ich ging durch alle

Wagen dieses Zuges bis nach vorne,

Wollte mich dort vergewissern,

Und der Fahrersitz war leer, die

Tür schloss automatisch hinter mir,

Ich hatte mich zu setzen,

Und ein

Leuchtschild wies mich ein,

Ich wurde so zu meinem eignen

Fahrzeugführer und bediente mich

Und alle anderen.

 

 

 

Man wollte mir die

Jacke stehlen, weil ich mich in ihr versteckte,

Draußen war es kalt, man brauchte einen

Schutz,

Und meine Kappe war nicht wichtig,

Und in Märchen las ich immer wieder,

Dass nur sie unsichtbar machte.

 


 

Aufschläge 7495 – 7497

 

Du demonstriertest über jenes

Blatt Papier, das lag auf deinem Tisch,

Es war der erste Tag, es ging uns gut,

Wir flogen durch die

Fenster ein und aus, kaum jemand, der uns nach dem

Steinbruch fragte, der lag hinter uns,

Wir hatten dort die

Arbeit abgebrochen, einmal nur, als ich darüber flog,

Blieb mir ein

Steinchen haften in dem Schuh,

Und das war erst zu spüren, als ich wieder

Schritte machte,

Dein

Papier lag unter einem feinen

Morgennebel, der es feuchtete,

Du wolltest noch ein wenig warten, bis die

Sonne höher stehen würde.

 

 

 

Daraus ergaben sich die neuen

Wörter:

Nebelweiß und Sonnpapier und Schuhstein,

Und den

Grund, das alles aufzuschreiben, gab es nun, die

Türen wurden stark verfremdet, man benutzte keinen

Eingang mehr, auf

Ansichtskarten zeigte man das Vorher,

Damals flog man nicht durch

Fenster aus und ein.

 

 

 

Die

Verfremdung hielt sich einen ganzen Tag;

Und einmal hatte ich sogar vergessen,

Dass ich mich verpflichtet hatte,

Mich an gar nichts zu erinnern,

Das galt nur für diesen Tag,

Danach bedankte ich mich für die

Freiheit, die mich ihm ganz überließ,

Ich brauchte mich um nichts zu kümmern,

Selbst mein

Atem stand mir immer zur

Verfügung.

 


 

Aufschläge 7498 – 7500

 

Es geht aufwärts, eine

Treppe, die nach oben führt, ist noch kein

Sieg, dein

Herz auf meinem Frühstücksteller überzeugt mich nicht,

Obwohl es fröhlich schlägt

Und mir entgegenspringt

Und mich umarmen will,

Von meinen

Lippen macht das Zugeständnis einen Kopfsprung,

Das ist meine Leidenschaft,

Die kann ich nicht beherrschen,

Als ich dich dann sehen will, verbirgt sich hinter deinem

Kopftuch nichts,

Wahrscheinlich bist du ausgeflogen, fort für alle

Zeit,

Du hinterlässt mir diesen

Rest auf deinem Teller,

Der ist nicht mehr zu genießen.

 

 

 

Morgens habe ich es schwer, mich wachzurütteln,

Einerseits verliere ich den Schlaf

Und andrerseits beißt mich die

Eifersucht auf ihn,

In meinem

Hausdach reißen immer wieder Ziegel ein

Und stürzen auf die Straße,

Es sind dumme

Menschen, die die kleine

Dose öffnen, der entsteigt ein Weißschaum,

Der sich hunderttausendfach vergrößert

Und zu Stein erstarrt,

Und schlimm ist der betroffen,

Dem er sich umlegt.

 

 

 

In einer

Landschaft findet man die Fußspur eines

Menschen, die ist so vergrößert,

Dass sie nicht mehr passt,

Sie liegt versteinert in den

Felsen, und ich rätsel über sie,

Mag sein, dass ich sie selber hinterließ

Und es vergaß.

 


 

ISBN 3-937264-26-4