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Harald Birgfeld, Webseite seit 1987/ Website since 1987

 

da liegt mein Herz, Geschichten aus Niemandsland 2022 -2024 (im Entstehen)

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                                                        Gedicht der Woche

 

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Melusine

 

Alles hatte sie so aufgebaut, dass nichts

Zu sehen war und traf sich in der Stadt mit ihm.

Es war seit langem dies das erste Mal,

Dass sie die Nähe eines Mannes wieder

Suchte, und er sagte gleich:

„Ich liebe dich“.

Sie aber wusste mehr und tanzte erst mit

Ihm, und beide tranken auch ein wenig.

Alles ging ihr viel zu schnell, doch er bestand auf

Einem Wiedersehen.

Sie gab unter Zögern schließlich nach.

 

Sie trafen sich ein zweites Mal an einem Abend in

Derselben kleinen Diskothek.

Sie spielten unaufmerksam an

Geräten, die sie bei sich trugen.

So vermieden sie den festen Blick

Und hatten doch nur Augen für einander.

Das war unverfänglich und verliebt.

 

Sie suchte das Gespräch und sagte:

„Ich heiß Melusine, wie heißt du“?

Er horchte auf, der Name klang zwar fremd,

War aber auch bekannt.

Er sagte etwas stolz: „Ich heiße und bin Ritter“.

Freundlich lächelte sie zu ihm auf.

Das machte Mut, und er bedeckte ihre

Schönheit mit so lieben Sätzen wie:

„Ich seh dich gerne an“.

„Du strahlst für mich von innen“, und

„Ich möchte dich berühren, deine Haare riechen“,

Dabei legte er die Mulde seiner linken Hand

Auf ihre Wange, sie ihr federleicht zu streicheln,

Die war weich und warm und rosafarben, dann:

„Ich weiß noch viel zu wenig über dich, erzähl mir

Wie ich mich an dich gewöhnen kann und wie du bist“.

 

 

 

Sie schien darüber irritiert und sagte ihm:

„Ich bin nicht ganz, vielleicht nicht wie du denkst“.

Darüber staunte er:

„Was heißt nicht ganz, ich seh dich doch“.

Sie aber:

„Ja, ich mag es dir nicht sagen, weil es dich vielleicht

Verschreckt“.

Sie beugte sich dabei bis nah an seinen Mund und gab ihm

Langsam einen langen Kuss, doch das

Beruhigte ihn nicht.

 

Sie sprach dann weiter:

„Damals war es eine schwere Zeit für mich,

Ich wurde operiert

Und habe nur noch eine Brust“.

Er lachte über so viel Kleinigkeit und sagte:

„Ich will dich und nicht an deinen

Brüsten liegen“.

Daran mochte sie nicht wirklich glauben,

Doch sie war zu lange schon allein,

Dass alle Zweifel schwanden.

Nur mit einem letzen Aufbegehren sagte sie:

„Du darfst mich niemals dort berühren

Oder danach schauen, das verlange ich von dir“

Und willigte mit bangem und zugleich erglühtem Herzen

In ein Bündnis ein.

 

Sie lagen oft zusammen.

 

Er vermied es, ihre Brüste anzuschauen,

Auch, weil sie sie immer halb und halb bedeckte,

Und befolgte das Gebot.

Doch dann brach Neugier in ihm aus,

Und eines Nachts, als sie sich streckte

Und ihm alles überließ,

Schlich er mit sanfter Hand, verdeckt von ihrem

Kleid der Nacht, bis auf die

Milchhaut ihrer unversehrten Brust,

Die war ihm weicher als die Wange.

Die Berührung tat ihr unter schnellem Seufzen gut.

 

 

 

Sie legte einen Arm um seine Schulter,

Um den Hals, und seine Hand glitt weiter

Auf die andre Seite.

Die bestrich er mit der gleichen Sanftheit,

Hörte neue Seufzer, Schluchzen.

Sie gab sich der jungen Liebe völlig hin.

Er spürte sie, von sich gelöst, nach hinten in die

Kissen greifen,

Und ihr einstiges Verbot wurd nun zum Glöckchenklingen,

Das ließ sie die Nacht versingen.

 

Er jedoch erlebte seine Fähre,

In der Dunkelheit des Meeres ihrer Betten,

Strandend auf der schrecklich faltenvollen

Lederhaut des Schuppentieres.

All sein Liebeskleid gefror in diesem Augenblick,

Und ließ es Rüstung werden.

Die umschloss, verschloss ihn fest,

So fest, dass er sich würde nie davon

Befreien können.

 

Als sie aber früh am Morgen aufstand und ihn weckte,

Schmolz Metall.

Sie öffnete ihm stolz ihr Nachtkleid,

Zeigte auf die frisch vernarbte Brust in einem

Hauch von Alabasterfarben:

„Ich hab jetzt ein Implantat und in

Geringer Zeit ist es unspürbar gut verheilt,

Du wirst dann die verschämten Schwestern nicht mehr

Auseinanderhalten können“.

 

 

 

Harald Birgfeld aus: Großes Liebestestament

Copyright 2017 beim Autor, Harald Birgfeld.