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Harald Birgfeld, Webseite seit 1987/ Website since 1987 …da liegt mein Herz, Geschichten aus Niemandsland 2022 -2024 (im
Entstehen) z.B.: 100 Jahre „Kafka“, eine herrenlose
Fundsache (neu)
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zu Olympia – olympische Spiele! |
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online und im Buchhandel |
Lyrik, Prosa und Ingenieurarbeiten |
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Im vorliegenden Band
werden ca. 500 Strophen des Zyklus von 10.100 Strophen aus
unterschiedlichsten Spannungsfeldern zwischen Menschen vorgestellt,
vielleicht ein Versuch, eine Diagnose des Zustandes der Gesellschaft in einer
eigenen Sprache zu geben. |
Wir gerieten in den Gürtel
der Meteoriten
Lyrik. 10.000 Aufschläge Band 14: Aufschläge
6502 - 6999 Harald Birgfeld
ca. 500 Strophen aus einem Zyklus von 10.000 Strophen als Versuch einer Diagnose des Zustandes der Gesellschaft. 224 Seiten, Format A5 Online bestellen
sowie im Buchhandel, € 12,99 inkl. MwSt. Zum Buchshop ISBN 9783734783111 „Wir gerieten in den Gürtel der Meteoriten“ ist auch in den USA,
Großbritannien und Kanada unter obiger
ISBN und bei abweichenden Preisen bestell- und lieferbar. Auch als E-Book € 7,49 Zum Buchshop ISBN 9783738670837 |
"Es lohnt sich,
einmal einen heutigen Dichter kennen zu lernen, der mit der deutschen Sprache
einen faszinierend fremden Weg betritt und trotzdem dem Leser Freiraum lässt
für eigene Gedankengänge, ohne dass die Probleme in erhobener Zeigefingermanier
zu zeitkritischen Trampelpfaden werden." (1986: Gutachten).
Harald Birgfeld, von Beruf
Diplom-Ingenieur, schrieb die meisten seiner Gedichte während der morgendlichen
Fahrt mit der Hamburger S-Bahn zur Arbeit. Seine Texte entstanden fast immer
bereits in endgültiger Form.
Copyright
2015
beim Autor, Harald Birgfeld, alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser
Veröffentlichung darf ohne schriftliche Erlaubnis des Herausgebers, Harald
Birgfeld, reproduziert werden. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,
Übersetzungen, Verfilmung und Einspeicherung sowie Verarbeitung in
elektronischen Systemen.
Herausgeber, Autor,
Redakteur: Harald Birgfeld, e-mail:.
Harald.Birgfeld@t-online.de
23 Gedichtbände, 10.000 Strophen: |
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Bd. 3: Aufschläge 1000 - 1501, (1.
Version) Bd. 3: Aufschläge 1000 - 1501, (2.
Version) |
Bd. 10: Aufschläge 4501 - 5001 Bd. 11: Aufschläge 5002 - 5499 Bd. 12: Aufschläge 5500 - 6000, (1.
Version) Bd. 12: Aufschläge 5500 - 6000, (2.
Version) Bd. 13: Aufschläge 6001 - 6501 |
Bd. 14: Aufschläge 6502 - 6999 (online und im Buchhandel) Bd. 15: Aufschläge 7000 - 7500 Bd. 16: Aufschläge 7501 - 8002 Bd. 17: Aufschläge 8003 - 8500 Bd. 18: Aufschläge 8501 - 9000 Bd. 19: Aufschläge 9001 - 9500 Bd.
20: Aufschläge 9501 -
9827 Bd. 21: Aufschläge 9828 - 10.100 |
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Es
lag kein Diamant
im Straßengraben, Und
die Scherbe, die dort blinkte, Funkelte
schon tagelang und würd mit jedem Sonnenlicht,
dass sich an seinen scharfen Kanten
brach, nach außen locken, Und
daneben lagen unter den verfallnen Tagen,
die noch gestern galten, dieses Heer
von zugedeckten Splittern. |
Es
war in einer Nacht,
in der ich mich entschloss Und
ausging, Und
mit meinen Händen
konnte ich die Sterne
wählen, die ich sehen wollte, Und
ich war ganz sicher, dass von ihnen Nicht
ein einziger der Mühe
wert war, Und
auch umgekehrt War
ich mir selbst zu klein geworden, Um
von mir erwählt zu werden, Und
ich prüfte wirklich, ob das eigne Leiden
noch erkennbar wäre, oder immer nur das Rücklicht
anderer, die sich dorthin Entfernten. |
Man
traute auch dem Laserlicht
nichts zu, Und
ganz genau genommen, war der Strahl
im Weltall überhaupt nicht sichtbar, Und
mein Sehen
trat aus meinen Augen
auf die Schrecklichkeiten,
die ja immer nur ein Einzelner
verübte, Und
es war ja hier auf Erden
jedes Lichtbund
so verschmutzt und unsichtbar, dass sich die Blicke
kreuzen mochten, Überlagern
konnten, Ineinander
fielen, Ohne
dass es jemand merkte. |
Ich stand wohl viel zu dicht am Stamm der Birke, Und die Rinde wuchs um mich, Ich sah herab an mir auf Felder weißer Haut, die eingerissen war und
aufgebrochen, Und dahinter lag ein liebevolles
Schwarz, Ich dachte nicht an diese Krone über mir und an die Zweige, die nun preisgegeben waren
jeder Liebelei, sich jugendlich durch halb
geschlossne Hände ziehen ließen, Und ich stand vor mir, Und meine Arme schlang ich um das Holz, Und meine Wange presste ich an harte Kanten. |
Eine andre Säule stand allein Und war ein meterhohes Kunstwerk, das ergoss vom höchsten Scheitel Wasser auf die runde Außenwand, dass es zu einem Spiegel wurde, der nicht spiegelte, Es lief ganz glatt herab, Und ‚selbst beim Baden wärest du nicht mehr mit dir
allein’, So sagtest du, und stündest unter
einem Regen, den du regeln könntest, Der dich wärmte oder kühlte, Und es müsste möglich sein, mit
einem Handgriff dich so gläsern zu
gefrieren, Und du sähest deinem Eingefrieren selber zu. |
Es war
ja so, dass jede Unschuld
immer einen einzelnen betraf, Und in
dem Kleiderschrank
lag meine Seele,
die ich nächtlich auszog, Und
sie wurde mir in dieser letzten Dunkelheit
vom Mottenfraß zerstört, Und
nichts davon hatt ich bemerken können, Und
mein Schlaf,
danach, hielt lange an. |
Im
Wald zerbrachen trockne Zweige
unter unsren Füßen, Und es
war gefährlich so zu wandern, Und
dein Schatten
ging dir nach und züngelte im Abendrot
und brannte lichterloh Und
streckte seine Arme
nach mir aus, Und
wirklich konnte ich dir gar nichts glauben, Und es
schien mir wahr, was dich so brennen machte, Und es
war dir völlig gleich, Was
hinter dir geschah. |
An
einer Schnur,
die zu mir niederhing, Zog
ich die Lichtung
auf, Wir
standen einem Wald
voll roter Dächer gegenüber, Und
dazwischen fehlte die Verbindung, Und
der eine Schritt,
den ich in diese Richtung
machte, ließ mich an die Scheibe
schlagen, Und
ein Taubentier, das von der andren Seite
kam, flog gegen Licht Und
brach sich das Genick
am Glas, Und
hier, bei mir, war nichts davon zu hören. |
Dann
sah ich in die Tiefe,
weil mein Blick
hineingefallen war, Ich
wollte ihn bewahren vor dem Zwischenraum,
dem Schwindel
und dem Aufschlag, Und
man sagte mir, dass jeder Stromschlag,
der den Menschen träfe, ihm im ersten Augenblick
die Sehkraft rauben würde. |
Auf
deiner Stirn
sah ich den roten Schönheitsfleck, Der
pochte unablässig, Und
dein Herz war hier zu Hause, weil es Ausschau
halten wollte, Und
den Menschen sagtest du und mir, dass hier dein Drittes
Auge säße, Dass
du so dem Herzen, das doch blind sei, Von
der Sichtbarkeit
berichten könntest, Und
dein Herz, das nach Erkenntnis
sucht, verstand in seiner Dunkelheit
von alledem kein Wort. |
Eine Hand
schob ihre Fläche
leicht und warm auf deinen Rücken, Und du
konntest sie erkennen, Und
mir schenktest du die Angst,
ganz grundlos blind zu werden, zum Geburtstag, Und
ich schaute hin zum Gästetisch,
der voller froher Menschen
war, Die
hatten auf den Gabeln
schon die Blicke
aller anderen Und
waren gut gesättigt, Und
ich leerte ihre Mägen
wieder, Und
sie sahen nur den Inhalt,
der sie fürchtete und ekelte, Und
nichts war an der Speise
irgendwie verändert, Und es
brannten unverzagt die Kerzen. |
Man
wollte, dass ich von dem Turm
die Glocke läutete, das war sehr schwer, Und
meine Kräfte
reichten grade aus, sie zu bewegen, Und
ihr Klang erhob sich über unsre Dächer
und schwang in die Steine, Und
man sprach mich an: Der
Turm, den ich ermauerte, Wär
über ein Jahrhundert
fertig, Und
man könnte nicht mehr länger auf den Glöckner
warten. |
Man
operierte mich und fand in mir ein Netz
von weißen Wurzeln,
weit verzweigt, Das
wollte keinen Schössling
treiben, Und es
war ja einfach nicht genug, Die
nackten Füße
in die Erde einzugraben und zu warten, Und
mich band man gleich an einen Stützpfahl, Und
die Bindungsseile
würden mit mir wachsen. |
In der
Zeitung
sah ich dann das Bild
des großen Hungers, Und
den Mann,
der seine tote Frau
nur leicht zur Seite legte, Dem
das Kind
auf seiner Schulter starb, mit einem Kopf,
schon todeskrank, Und
über eine Straßenkreuzung
wehte unbekümmert, von den Wagen
hin und her gerissen, Eine
leere Tüte, Die
stieg auf und wirbelte zurück Und
wurde überfahren, Und
ich ließ nicht ab von meinem neuen Glauben,
dessen Zeichen
wurden immer deutlicher. |
In Bilderbüchern
fand man leere, weiße Felder, Und
nur einer schnitt sie aus, um sie zu töten, Weil
er sah wie ihre Nacktheit
auch die Blößen
zeigte, Und
die eigne Kleidung
nützte gar nichts. |
Ich
ging heraus aus meinem Traum, Du
sagtest später, dass aus meinem Munde
eine Maus gelaufen wäre, Und
sie sei sofort in das Gehege
eines Gottes, den wir fütterten Und
den wir fürchteten, geschlüpft, Und
habe sich, so sagtest du, in dem Gefieder
tief versteckt, Und
meine Wirklichkeit war tags verletzt, Ich
musste mich vor Spiegeln
unter weißen Tüchern
hüten. |
Man
hatte einen Himmelskörper
ausgemacht, Den
grub man heimlich um und überließ Besammaschinen
die Befruchtung, Und
von uns aus sah man wegen der Entfernung
grade erst, Wie
sich der Stern
aus Staub und Teilchen,
die wir mit uns brachten, Formte
und gestaltete. |
Mein
Zimmer war bevölkert von den Menschen,
die hier wohnen wollten, Und
ich war enttäuscht Und
hätte niemandem erlaubt, zu kommen, Und
ein Sprecher fragte ganz bescheiden, ob ich eine Heimat
hätte, die ich über alles liebte, Dorthin
wollte man mich schaffen und mir Ruhe
gönnen, Und
kein einziger verlangte, dass ich aus dem Spiegel
treten sollte. |
Wenn
ich heimisch wäre, hier bei dir Und
auch bei mir, Wär
ich daheim Und
sagte dir doch damals schon, dass ich der falsche Flüchtling
sei, der machte nur Station,
und hatte nichts, das er verlassen, Nichts,
dem er entkommen war, Und
niemand jagte ihn, Und
seine Augen
waren ständig auf der Flucht. |
Wenn
ich heimisch wäre, hier bei dir Und
auch bei mir, Dann
wär ich nicht daheim Und
hätte nicht so unverzagt Station
gemacht, Und
einem Flüchtling
hattest du noch nie geholfen Ohne
dass er dich dafür verlassen musste, Und
ich sammelte schon heimlich Drähte,
kurze Seile, alles Fluchtgeräte,
die du kontrolliertest Und
mir nahmst, Und
meine Augen
blieben dir zum Trost,
als ich mich von dir wandte. |
Wenn
ich heimisch war, War
ich von mir verlassen, Und
ich dachte nicht an dich Und
würd mich irgendwann auf meiner Flucht
und ohne aufzuschauen, Niederlassen, Und
wir würden miteinander leben, So,
wie gestern schon, Und
heute war es ähnlich, Und
auch morgen bliebe ich mit eingegrabnen Armen
stehen als Vertriebener. |
Mit
einem Spaten
stachst du auf mich ein Und
zieltest nach dem Schädel,
der lief fort, Den
würdest du auch so nicht treffen können, Und du
warfst das Gartenwerkzeug
hinterdrein, Das
war der erste Schmerz,
den ich als wahr empfand, obwohl Du
weit daneben trafst, Und
tatst mir leid, Und
ich hielt aus erneut, und Hunger
war die nächste Folter,
die du mir vor Augen
führtest, und du quältest einen Anderen, Und
diesmal sähe ich noch alles hinter Glas. |
Hier
bei uns beschäftigte man Menschentiere,
die ersetzten abgerichtete Maschinen, Und
sie fühlten weniger als irgendein Verschleißteil,
dass sich ihretwegen Aufrieb. |
Mancher
von den Jungen
glaubte auch, der Frieden
sei das unbekannte Wurzelwerk,
dass sich durch alle Ritzen
winde Und
dann grün Und
gelb Und
braun Und
weiß Und
rot zutage träte, Und
ich sagte ihnen, Dass
sie selbst in diesen Ritzen
säßen und den Spalt
mit größter Kraft geöffnet halten mussten, Und
das Mondlicht
war auch gut genug, die Dankgebete
und die Todesschreie
aufzunehmen und sie für die Nachwelt
in die Räumlichkeiten
abzustrahlen, Und es
bohrte sich die Zeit
mit ihrer Gegenwart in meiner Nähe
durch die Wand. |
Ich
sah es gleich, dass du dir einig warst, Und
braune Köpfe,
die du aus dem Lehmton
modelliertest, hatten ihren Eingang
in der Stirn, Ich
sprach dich an und traf sofort auf deine Angst, Und
alles, was ich sagen könnte, wär geeignet, Dich
von dir zu trennen, Und
die Stirn ließ mich hinein Und
führte ohne Unterbrechung
gleich zum Hinterkopf
hinaus, Und
mitten drin standst du und drücktest deinen Rücken
flach zum Schatten
an die Tunnelwand. |
Ich sah
in deinem Mund den Haken,
der war angeschraubt Und
wäre dort, so sagtest du, schon von Geburt
an, Und
der Vater dieser Zeugung
seist du selbst im Zorn, Man
sah den Haken nur in deinem Lachen. |
Meine
Füße machten eine Doppelspur
aus roter Farbe,
weil ich unbemerkt hindurchgegangen war, Und
monochrom war der Gedanke,
der mir folgte, Und
ich trat so unversehrt aus deinem Kopf, Der
war doch wirklich nur ein Abguss
einer Wirklichkeit, die lag Zerbrochen
auf der Waage. |
Nach
einem Film über Hiroshima (6. August 1945) Unwahr
ist der lange Nagel,
der in meiner Stirn sitzt, Und
man wies ihn nach als Einzelheit,
die unumgänglich war, Auch
schlug er mich nicht an die Wand, Er
ragt noch immer aus dem Hinterkopf
und lässt sich dort berühren, Und
dies ist der Schöntag,
der, so sagt ein Vatersohngedicht,
die Sonnenbombe
fallen ließ auf unser Haupt, Und
nun sitz ich am Straßenrand
im eingebrannten Schatten
einer meiner Väter, und sein Schrei
glitt damals in die aufgeplatzte Rinde
eines Baumes, die zur neuen Sonne
schaute, Und
sein Schrei blieb unaufhörlich ohne ein Geschlecht
hier stehen. |
Unwahr
sind auch Stoffemuster,
die sich in die Haut
einstrahlten, Und
sie prägten sich auf Menschendärme,
Menschenlebern, Und
mein Weib hat jetzt das Küchenkittelmuster,
das ihr Herz
verkleidet hat, als Strahlenkranz
an jedes ihrer Kinder
weitergeben müssen. |
Unwahr
sind auch jene Augen,
die allein spazieren gingen, Und
sie lachten, als die Köpfe
falsch von ihnen dachten, Und es
war ja nicht ihr freier Wille, Und es
blieb nicht Zeit auch
nur für einen Blick in leere Augenhöhlen,
die sogleich zerfallen waren, Und es
würden diese Augen
ohne Tränen
leben müssen, Und es
war ja niemand, Der so
schnell ein schwarzes Laken
vor den Giftball hatte werfen können, Und es
brodelte der Fluss
von aufgeplatzten Menschenleibern
und stand selbst in Flammen. *) Erschienen in der
Anthologie, Deutsche Lyriker der Gegenwart, Verlag, ars nova,
1988 |
Das
Morgenlicht brach grell ins Fenster,
und ich hatte kurz zuvor Die
Nacht zerrissen, die stand noch bis jetzt im Vorhang, Und
ein kleines Vogeltier flog gegen diese Scheibe
und fiel tief in einen Hof, Ich
hatte nichts gehört Und
sah ein wenig Flüssigkeit
dort draußen an dem Glas, Die
floss zusammen, Und
sie bildete nun einen milchig, weißen Tropfen. |
Drinnen
steckte ich die Finger aus, Und
meine Hände
warfen scharfe Schatten
auf die Fensterbank, Die
glitten lautlos über meinen Rücken,
der dort lag, Und
niemals würde ich mich unter eigne Gitterstäbe
legen, Und es
war nur dieser Wechsel
zwischen kaltem Schatten Und
den warmen Strahlen,
der mich reizte. |
Einen Schritt
trat ich zurück und hinter mich Und
sah mich vor dem Fenster
stehen, Und
ich war auch tief im Hof
mit meiner Hand Und unter
diesem Vogeltier,
das war noch warm, Und
auch als Rücken in der Fensterbank Und
war nicht freier als es dieser Ausschnitt
zeigte, Und
das Grelllicht
trieb mir feuchte Fäden
in die Augen, Die
verklebten etwas meine Wimpern, Und
ich wagte nicht am kleinsten Schwarzstrich
meiner Arbeit
zu radieren. |
Man
zog aus einem Holzhaus
einen Balken, den man Senkrecht
stellte, Und
dies sei die Strafe: Dass
man jeden, der den Balken
so entferne, an denselben Schlagen
werde, dass er sterben müsse, Und in
meinem Hause
war ich doch allein Und
auch der einzige der Balken, Und
ich zündete mich an aus Angst,
dass ich verbrannte, Und
man sagte, das sei ebenso gerecht Und
ließ mich Ungestraft. |
Du
warst in meine Nacht
am frühen Morgen eingebrochen, Und du
suchtest Hilfe, Und
ich bot dir weiße Laken
an, Die
waren dir zu dünn als Schutzwand, Und
die Nacht, in die du einbrachst, Hatte
wirklich eine viel zu schwache Decke, Und du
sankst so schnell, Dass
du, bevor ich eine Leiter
fand, ein Seil, ein Handtuch oder Irgendetwas,
das ich bis zur Einbruchstelle
hätte werfen oder reichen können, Schon
ertrankst. |
Neu
war auch das unbeschriebne Namensschild,
das man an meine Haustür
schraubte, Und
man rief mich an Und
sprach durch ein Gerät
mit mir und sagte gleich, Sobald
man über die Vergabe
meines Namens Klarheit
habe, Dürfte
ich es wieder ganz Entfernen. |
Die
Straße, die ich ging, war öd und einsam, Und es
standen hier und da Gesichter,
die ich kannte, Und
mein Fuß trat wie versehentlich den Kieselstein, Der
flog auf unbedachter Bahn
weit über die Begrenzung, Und es
waren beides Nichtigkeiten, die ich den Gesichtern
zeigte: Mich,
so unwert wie ich war geliebt zu werden, Und
den Kiesel, dessen Unschuld
mich nicht rührte. |
Bedachte
ich genau die Kämpfe,
die ich, Ohne
mich zu rühren, Ohne
jede Waffe, Ohne
jedes laute Wort und Ohne
einen Menschen zu berühren, Täglich
kämpfte, Ja,
ich sprach sogar in einer andren Sprache,
die ich nicht verstand, Bedachte
ich genau die Kämpfe,
die ich täglich kämpfte, Stand
ich eigentlich den Feinden,
die erst morgen Gegner
waren, Jetzt
schon gegenüber, |
Wenn
mir schon die Gegner
fehlten, hätte ich von schönen Siegen
einen wenigstens erwählen dürfen, Und es
musste schließlich so sein, dass die Niederlagen,
die ich reichlich fand, Die
wahren Siege
waren, Und
ich sah in einer Straßenpfütze, dass sich Jede
Einzelheit der Wolkenbildung Darin
spiegelte, Und
auch der Vogelflug zog durch die Wasseroberfläche,
ohne sie zu Ritzen. |
Von
einer andren Fressgewohnheit
als vom Töten
und Getötet werden hattest du Noch
nichts gehört, Dein Gott
lag mager auf dem Drahtbett
neben dir und nahm nichts an Und
hungerte und darbte, Und er
reiste heimlich durch die Nacht
und war versteckt in einem Eimer,
der war leicht zu tragen und war Unauffällig
leer und eilte ohne Aufenthalt
von einer Mahlzeit
zu der anderen und teilte Speisen
aus, Die
waren überall vorhanden. |
Meine Tage
standen schon von Anfang
an auf Schienen, Und
ich blickte, wie die anderen nach vorn Und
achtete auf eine Seitenspur,
die würde mich vielleicht zu einem Irrtum
werden lassen, Und in
Wahrheit
stand ich ganz alleine vor dem schweren Wagen,
den ich mit den Schultern
ziehen musste, Und
ich saß darauf und sammelte von allem, was in meiner Eile
zu erreichen war, und steckte fest im Sand, Vielleicht,
so dachte ich, fänd ich ein Messer,
das sollt mich aus meinen Gurten
schneiden können. |
Hinter
mir sang eine Frauenstimme
davon, dass sich alles Wiederhole, Und
der Mensch
lebt in der Wohnungsstille
und zur gleichen Zeit
vor seiner eignen Tür, Sein
Klopfen mahne ihn dort drinnen, Und er
klopfe auch nach draußen Und
erschrecke nicht darüber. |
Lau
und schön stand neben mir der Sommerwind, Und
mein Verlangen war so wach, Ich
griff nach ihm und hielt ihn an der Hand, Durch
meine Lippen
stach ein feiner Draht,
der wiederholte sich und legte eine Naht
um meinen Kopf, Ich
wurde ganz in mich Verschlossen. |
Der
eine Wunsch,
den ich schon lange hatte, Wurde
mir erfüllt: Bevor
das Frühjahr anfing, Und
ich mochte denken, was ich wollte, Immer
war es schon vorhanden, Und
ich sah es als Geschenk
das erste Mal. |
Viele Menschen
demonstrierten, Und
ich stand daneben, Und
ich wär auch nicht dabei, Wär
ich dabei gewesen, Und
ich richtete mich wirklich gegen mich, Und
die dort standen und zum Himmel
und zur Erde riefen, Wussten
nichts davon und auch nicht, Wo sie
standen, Und
sie meinten sich. |
Hinter
deinen Augen
waren viele Wege deines Gartens
zugewachsen, Und
ich sprach mit dir darüber, Und du
suchtest außerhalb Und
konntest nichts entdecken, Und
ich kehrte heim Und
schaute heimlich um und neben meine eignen Büsche
und entdeckte dich, Du
warst auf einem nie benutzten Pfad,
der stieß direkt in meine Augen. |
Mittags
sollten Gäste kommen, Und
die trafen ein Und
kamen doch nicht an Und
aßen viel und ließen ihre Mahlzeit,
die ich vorbereitet hatte, liegen, Und
ich durfte keine Trauer
tragen, Nur um
meinetwillen. |
Eure Kunst
war schwer und ungewöhnlich, Und
ihr formtet Himmelswolken
um nach eurem Willen, Und
den Wind, der euch dies Handwerk
wehrte, Ließt
ihr farbig werden, Und er
floh in Scham
schon, als man ihn entdeckte, Und
ein Gegenkünstler
spielte mit gefärbten Winden,
die er in bewegten Bildern
in das Blau
der Tagesdecke
stoßen ließ, Dort
gingen sie verloren. |
Es
stehen deine Haare
in den unbewegten Wassern
deines Strandes, Und
der Anschein
einer Strömung
stellt sie etwas seitlich, Und
auf deinen roten Schal
fällt leicht ein einzelnes der Gräser
und liegt über Falten, Und im
Kiesbett deines Nackens
knirschen noch die unsichtbaren Füße
einer flachen Spur. |
Deine Landschaft
war mir neu, Und
unbeschwert war jeder meiner Schritte, Und
ich ging spazieren unter deinem Langhaar,
das begrenzte die Lagune
weißen Sandes, Und du
wartetest am Ufer, Und es
bissen deine Schneidezähne
auf die Unterlippe in Erwartung, Und
ich traute mich nicht in die Tiefe
vor. |
Später
kam ich heim und hatte im Gepäck
nur den Verdacht, Und
hob die Decke
der geharkten Wege hoch Und
fand darunter eingetretne Pfade,
die verliefen völlig anders als man sah, Und du
bewegtest dich darauf Und
kanntest dich gut aus. |
Man
plante jetzt schon, meine Augen
einst mit einem Holzbrett
zu verschließen, Und
man plante es bei allen, Auch
bei sich, Und
dieses Tuch in meinen Händen,
das ich ständig übers Bild
zog, kannte mehr als ich und sah, dass in dem Rahmen
eine Jugend
wechselte mit dem Gesicht
des Alters, Ich
jedoch verwechselte in einem fort, Je
länger ich drauf starrte, die Vergangenheit
mit der Vergangenheit, Von
der ich nichts zu sehen wünschte. |
Lange
schaute ich in mich Und
störte keinen, der dort saß und so Nach
draußen seine Blicke
werfen konnte, Und
man ließ mir meine Zwiegespräche, Und
ich kämpfte in Beredsamkeit
mit mir, Und
hart war vieles hinzunehmen, Das
ich sagte. |
Alle Brüche
meiner Worte
nähte ich mit Draht,
der lange hielt Und
der nicht rosten konnte, Und im
Laufe
meiner Jahre wuchsen viele Regelrecht
zusammen , Und
ich konnte einiges an mir Verstehen. |
Hinter
meinen Bergen
kauerte das Nichts,
es war so wenig nichts, Dass
es sich über keinen Bergkamm
wagte, Und
ich stand am Abhang,
tief im Felsen, Sah
hinauf und hin zum Gipfel,
der sich zu mir beugte, So
sehr war ich nah und wollte doch nicht dort sein, Und
ich grub mich tiefer ein Und
hörte meinen eignen Atem
auf der andren Seite. |
Hier
berief ich mich auf meine Unschuld,
die war weit entfernt auf Reisen,
und es gab da ein Gesetz,
das müsst man schätzen können, Und in
meinem Nachtschrank
stand die Schachtel
voller Wissen, die war leer und ohne Boden, Und
ich fand es, Wie
ich es vermutet hatte. |
Draußen,
wo die Räume
sich vergrößerten je kleiner man sie sah, Hier
draußen gab es keinen Rückflug,
keine Heimkehr,
keinen Stillstand,
Und
das Nichts
wurd selbst zum Handwerkszeug,
das füllten wir mit unsrem Umgang,
der nicht enden konnte, auf. |
Du
stehst hinter dir, mit deinem Blick
gezielt auf mich und nähst mit langen Stichen
meinen Rücken zu und rechnest lange, ob der Wert,
wenn er denn kleiner wird als Eins,
auch wirklich kleiner wird, Und ob
wir, so verschweißt mit deinem Augenfaden
insgesamt wohl weniger ergeben Als
wenn du in dir Und
ich in mir Alleine
blieben. |
Über
deine rechte runde Schulter
schob ich meinen Mund, Der
nahm nicht Abschied,
Und
der Kuss wurd immer größer, Und du
ließt dich von mir lieben, Und
ich liebte eine andere an dir, Und
diese andere zerriss sich ihre Kleider
und ertrug den eignen Mann, Der
nahm sie nur, weil ich für ihn so Unerreichbar
war, Und du
an dir Und
ich an ihr Und er
an mir vergaben nichts, Und
wirklich, nichts geschah, Was
wir uns zu vergeben hatten. |
Nun
entdeckte ich das Lichtseil,
das durch meinen Leib
lief, Und
man hatte es dort heimlich eingefädelt, Und es
saß so fest und lief zugleich So
ungehindert durch durch mich Und
kam von Unbekannten, Und
ich hätte gern erfahren, Wer
ich war daran und auch Wohin
ich ging damit. |
Eigentlich
war es verboten, Mich
zu zeigen, Und
ich zeigte mich und sah nach oben Und
den Pfeilen
zweier Entenvögel nach, Die
zogen schnell vorbei Und
schauten nicht nach mir, Ich
ging in eine unbekannte Richtung,
auch in sie zu schreiten war verboten, Und es
war noch niemand vor mir hier gewesen, Und
ich rief und musste meine Antwort
selber geben, Das
war meine Strafe. |
So
erzwang man mein Bekenntnis, Und
ich hob den Zeigefinger
in den Himmel, Und
ich wies in diese Richtung, Und
ich schimpfte nach dort oben, Und
was hinter meinen nahen Wolken
lag, blieb mir verborgen, Und
ein Mütterlein
gab mir für meine Nacktheit
einen Fingerhut, der war aus Porzellan
und bunt bemalt. |
Später
wurde ich ans Telefon
gerufen Und
erfuhr nicht, wer dort sprach, Und
hörte nur den Vorwurf,
dass ich mir im Wege
stand, Das
wäre nicht mehr zu ertragen, Und es
müsste einer von uns beiden weichen, Und,
mich zu entscheiden, bliebe kaum mehr Zeit, Man
habe mich statt meiner, gegen meinen Willen
nun befreit, Und
nirgends würde ich mehr auf mich Stoßen. |
Siehst
du, dieses ist ein Märchen,
das geschah heut Morgen, Und
man gab mir alles, alles was ich wollte, Und
ich wollte viel und war so Maßlos
anspruchslos in meiner Auswahl, Und
zuvor, als ich den Glücksstein
nicht zu fassen wusste, War
ich über alle Maßen anspruchsvoll Und
hatte nichts, obwohl ich Alles
hatte. |
Diesen
Ring
an meinem Finger trug zuvor ein andrer Mensch,
der sprach in einer andren Sprache,
Und
ich redete mit ihm Und
fragte ihn auf meine Weise
nach dem früheren Besitzer
und nach dem, was dessen Hände
angerichtet hätten, Und
ich musste das betretne Schweigen
deuten, Und
nur eines wurd gewiss, Dass
dieser Ring niemals zuvor von einer andren Hand
als dieser je getragen worden war. |
Jemand
hing der Statue
die Eisenfelge um den Hals,
die wurde dort zur königlichen Krause, Und
man staunte über die Verwandlung, Und
ich zeigte mich auch öffentlich Und
stellte mich ganz ohne Rücksicht
auf mich selber aus. |
Tags,
so fiel mir ein, zog über uns hinweg das Sternenzelt
des Südens, Und
ich hätte fragen können, ob die Himmelsbläue
dort im Südmeer
wirklich schon um vier des Morgens
sichtbar würde, Und
die Wolke
Eskortierter zog an mir vorbei, Und
immer öfter hörte ich das Rauschen
aufgeregter Stimmen, Und
ich könnte mich mit einem Aufschrei
selbst daraus befrein, Und
schwieg statt dessen, schwieg zu mir, Und
schwieg mich aus, dort draußen, Sah
mich nicht Und
blieb auch übersehn von mir. |
Der Stützstock,
den ich bei mir trug, Weil
mich das Alter
täglich einmal überraschte, Und
ich war noch jung, Selbst
dieser Stab,
den ich am Morgen aus der Hecke
schnitt, zerbrach am Abend
schon in Trockenheit. |
Mein Leben
war so lückenlos und Nirgends
war ein Ende,
dass ich es nicht mehr ertrug, Und
neben mir bewohnten Fremde
meine Nachbarzimmer, Und
man zählte dort ganz systematisch Alles,
was sich zählen ließ, Das
wurde immer weniger, Und
was unzählbar wurde, strich man von der Liste, Und es
war ganz gleich, ob diese Anzahl
starb, weil sie unendlich wurde Oder
einfach endete. |
Du
hattest mich enteignet, Das
sei schlimmer als entleibt, so sagtest du, Und
eine Namenlosigkeit
zu tragen, sei ein Tod
auf Raten, Und
die erste Rate konntest du mir zeigen, Und
mein Eigen, das, was unangreifbar sei, Wär
auch schon fast in deiner Hand: Du
sahst mich auf der Flucht Und dir
direkt in deine Arme
laufen. |
Unser
Haus war klein geworden, Niemand
konnte dort mehr sein, Geheimnis
wahren, Alle
Türen hatte man entfernt, Und
vorn am Eingang
hing ein Schild
mit Hinweis auf die absolute Leere
hier bei uns, Und
alle Fenster
waren eingeschlagen, Und
von außen schauten fremde Menschen
rein und kletterten an den Fassaden
und mit Leitern an die höchsten Luken,
um der Leere
nah zu sein. |
Ich
selbst saß auf dem Hocker,
der stand eng am Tisch, Darunter
lag mein Wille,
der war klein und ausgetrocknet, Und
ich trat versehentlich auf ihn, Und
fremd war mir das Schweigen,
das uns trennte, Und
hier oben durfte ich aus einer Kiste
einen Namen ziehen, Der
beschrieb das Fach,
in dem ich mich bei einer neuen Suche
wiederfinden sollte. |
Man
rief nach mir, ein Rufen,
das ich ganz falsch deutete, Man
sagte: „Du
bist nun genesen, neu entstanden aus der Krankheit,
Hinter
dir liegt guter Mut,
der hat sich nun in Tapferkeit verwandelt,“ Und
ich glaubte nur das eine, Weil
ich’s wusste: „Wer
entsteht, genest.“ |
In der
Heilung
liegen oft die Tränen,
die ein Tötungsmechanismus
hinterlässt und den Verdacht
dazu, dass uns die Trauer
zwingt, die falschen Dinge
zu bedauern, Und
ich weinte offenbar um mich, Und
schmerzhaft musste ich mit eignen Händen
die vernähten Wunden
lecken. |
Auf
der Treppe
hingen große Bilder
aus der Altzeit, deren Herkunft
wir nicht wussten, Und
sie zeigten mich in allen Lebensphasen, Und
auch einige, das war gewiss, Sah
ich darunter, die mich schon in meiner Zukunft
zeigten und bis hier Verfolgten. |
Der Bogen
grellen Lichtes riss nicht ab, Du
sprachst von Dingen,
die vor meiner Haustür
standen, die ich anderen als Abfall
überließ, Die
kamen von weit her und suchten aus Und
wählten, kramten, Und du
sprachst zu mir von ihnen, Und
ich sollte ihnen alles, was ich hatte, überlassen, Oder
einfach liegen lassen, wo es war, Und
mit dir gehen, Und du
merktest nicht, dass ich ja selbst schon auf dem Haufen
lag und meine Arme
jedem Sammler
in die Arme legte Und
mich an sie klammerte, Und
deine Taschenlampe hatte einen Viel
zu schwachen Strahl bei deiner Suche. |
Am
Hafen sah ich Möwen
fliegen und einander jagen, Und
ich sah den Fluss
und sah den Wind Und
sah in die Geräusche Und
sah alles, alles, Und
ich hörte keinen Laut, So
sehr erlebte ich im Leben, Und
als wirklich einmal deine Augen
schwiegen, deine Ohren
nichts erkannten, Deine
Hand dir deinen Mund verschloss, Starb
ich an dieser Explosion
der Stille. |
Lange
blieb ich nach dem Sturz
noch liegen, Niemand
hob mich auf, Und
keiner ahnte, dass hier eine Rettung
möglich war, Und
auch das Vorjahrsstroh,
an das ich lehnte, War
ganz feucht, Es war
ein Kind, das mir die Spielzeugtrommel
auf die Knie
und Schlegel in die Hände
drückte, dass ich mir den Rhythmus
schlagen konnte. |
Auf
deinem Kopf
trugst du den kleinen roten Hut, Man
sah, dass dir die Schönheit
haften blieb, Und
deine kleinen Schritte
führten dich nicht fort, Sie
zeigten alles nur in immer neuer Position, Und
nun gewahrte ich, wie deine ausgestreckten Hände
über deinem Volk
das Wort ergriffen, Und
das Volk gebar in seinem Hunger
wieder, wieder neuen Hunger, Du
jedoch entschiedst in deiner absoluten Nähe
über ihren Tod,
nicht über eines ihrer Leben, Und
wir anderen, auch ich, Berührten,
dicht gedrängt, das Fenster,
das uns von dir trennte, Und es
mochte jeden Augenblick
von unsrem Ansturm
brechen. |
Auch
die Drähte,
die uns aneinander reihten, Konnten
plötzlich reißen, Und
ich lebte neuerdings ganz ohne Tagesinstrumente, Und
die Zeit,
die sich mir auftat, gestern noch das Auge
meiner Zukunft war, Die
setzte ich in meine Stube, Und
sie lehrte mich ein Kartenspiel
in dem sich die Erinnerung
und die Erwartung
ohne Unterschied aus meinen Händen
auf den Holztisch werfen Und
verspielen ließen. |
Deine Tasche
hing mit einem Lederriemen
an der Schulter, Und du
warfst so viel hinein, dass ich erstaunte, Und
auch andre kamen, die sich über ihre Öffnung
beugten, Und
sie legten große, schwere Lasten
ab, Und
als ich kam und nachsah, war die Tasche
leer und ohne Boden, Und
ich hätte nicht gewagt, die kleinste Kleinigkeit
Hineinzuwerfen.
|
Heute
Morgen war ich voller Zweifel,
als ich ging, Und
unter mir bewegte sich ein Weg,
der mich nach vorne brachte, Und
mein Zweifel blieb, Und
als ich meine Augen
meinem Rücken lieh, Entdeckte
ich, dass eine tiefe Spalte
hinter mir den Weg in
seiner Mitte auseinander schob, Und
alles, was ich tat, blieb zweifelhaft: Das
Trinkglas, das ich anhob, war schon leer, Bevor
ich daraus trank, Und
Regen fiel aus blauem Himmel,
der benetzte meinen Mantel
nicht, Und
die Passanten
waren völlig nackt, Und
ihre Kleidung trugen sie, Man
sah es ganz genau, Nach
innen. |
Ich
verstand auch nicht, warum man Wolken
numerierte und mit Drähten,
die ich hier von unten aus bemerkte, Aneinander
nähte, Und es
spannte sich so schnell dies Gitter
über uns als Himmelsbogen, Der
ging morgens auf Und
glühte nachts als tausendfaches Fadenkreuz. |
Sieh,
in meiner Wohnung
lebte ich allein, Und
die, die mit mir lebten, Waren
nicht vorhanden, Und
mein Mantel,
der von dem ich grade sprach, Schob
immer seinen Ärmel
in die Tasche eines andren Mantels
oder hing sich ein in einen andren Ärmel, Und er
war doch ordentlich an der Gard’robe
aufgeräumt. |
Die Mittagsstunde
kam als stille Wolke
auf mich zu, die ich genoss, Die Ruhe
hing in Bodennähe Und
war weit verbreitet, Und
die schwarzen Punkte
einer Tageszeitung fielen als ein Ascheregen
in die Spur,
die zu mir führte, Ein betretner
Weg,
den ich zurück würd gehen müssen, Und
die weißen Beeren,
die am Bahndamm
meiner Reise wuchsen, Schossen
als ein Schneegestöber,
an dem Zug,
in dem ich saß, Vorbei. |
Dieser Tag
war ganz genau wie jeder andere, Und
gestern war für mich schon heute Morgen Oder
wie man immer dieses Wortspiel
drehen wollte, Und
ich schrieb an dich die Nachricht,
die ich heut bekam, Und
sandte sie, weil ich mich nicht verstand, Zurück
an mich. |
Ich
wickelte ein Farbenband
um meine Stirn, Es färbte
sehr, Es
drang mit seiner Farbe
unter meine Haut, Verfärbte
mich nun innerlich Und
einheitlich, Ich
kannte mich in mir bald nicht mehr aus, Und
alle Schnitte, die mich teilten, Zeigten
mich so völlig farbengleich im Blut. |
In
unsrem Fenster
hing ein winzig kleiner Vogelkäfig,
der bestand aus goldnem Draht, Das
Vögelchen darin hat sich ein Lied
gesungen, das ich nicht vergessen kann, Es
sang von einem Regentropfen,
der an seinem Fenster
stand, Der putzte
sich sekundenlang die Farben
in der Sonne, Stürzte
dann, von Strahlen ausgebrannt, erloschen auf den Fensterrahmen
nieder und Ertrank. |
Das Fest,
das ihr so eifrig feiertet, war auch für mich, Und
auf der Eintrittskarte,
die ich mit mir brachte, stand mein Name,
der war leserlich, Ihr
hattet mich ja eingeladen, Und es
war kein Einziger zu sehen, Keiner
am Empfang und weit und breit kein Gast, Auch
niemand der hier arrangierte, Und es
galt wohl alles, alles mir, Und
als ich ankam, tauchte man mich gleich in einen Mantel
einer Heiterkeit, Der
passte rundherum und überall Und
schloss mich völlig ein. |
So
stand ich auf dem Dach
und schwankte in dem Wind, Man
konnte wirklich weiter sehen, Wenn
man höher stieg, Und in
dem Schacht,
den ich danach bestieg, Sah
ich, dass sich die Tiefe
auch unendlich dehnt Und
nirgends endet. |
In dem
andren Zimmer
wurde man behandelt und geheilt, Und
hier, auf dieser Seite
wurde man gekränkt, verletzt Und
vorbereitet für den Nebenraum, Und
irgendjemand rief mich an Und
fragte mich, ob ich verletzt sei, Irgendwo,
es sei ganz gleich, an welcher Stelle, Und
ich zeigte wieder auf die blanken Flecken
meiner Haut mit der ich dauernd an die Gitterstäbe
stieß. |
Jeder,
hieß es, sollte an sie denken, An die
Würde,
die dem Menschen eigen sei, Und du
beschimpftest mich voll Leidenschaft,
die riss das Pflaster
von der rohen Öffnung Und
stieß tief hinein, Und
eine Würde, sagtest du, Dürft
keine andre stören Und
müsst teilbar sein in große und in kleine Stücke. |
Wir
lebten auch mit einem Völlig
unbekannten Tier, Und
nur, weil niemand wusste, Wie,
wovon es leben, was es fressen, trinken mochte, Blieb
es uns am Leben, Und
wir überließen es sich ganz allein, Und
niemand sah es je, Und
keiner fragte irgendwann Danach. |
Auf
die Stellung
meiner Sonne nahm ich keine Rücksicht, Und
ich ging zum Marktplatz,
der war leer, Und
hinter schrägen Bäumen
stand der Wind
mit leicht verschränkten Armen, Und um
diese hohe Stunde
lag sein Atem schlafend in den Ästen, Und es
war kein Mensch,
kein Tier zu treffen, das war gut, Und
endlich hörte ich, wie sich die eignen Schritte
unabhängig von mir selber Fortbewegten
und an mir vorübergingen, Und
dies war der erste Schritt,
den ich ganz langsam zu mir Machte. |
Eine Seitenstraße
führte mich zu einem kleinen Hafen,
Und
ich roch die einzelnen Erlebnisse, Ich
trank von dem Gemisch
aus Teer und Lindenblüten, Und am
Hafenbecken warf ich eines jener schwarzen Netze
über mich, Und
seine Fäden rissen nicht und hielten Diesen
großen Fisch
ganz fest am Boden. |
Später
sah ich doch nach oben, Wollte
wissen, wie die Sonne,
unter der ich lebte, ihren Tag
begonnen hatte, Und
sie war schon längst vorbei gezogen, Und es
gab sehr viele Leute,
die die Stellung ihrer Sonne
nicht mehr wussten Und
auch nicht mehr danach Fragten. |
Ein Künstler
saß den langen Tag
ganz eng am Rande
seiner Arbeit, Und
ich hatte ihm gesagt: In
einem Mann
lebt auch die Frau, Und in
der Frau
wird er einst sterben, Und
wir hielten unsretwegen unsre Augen
offen, um den Tod
gleich zu erkennen, der uns bergen sollte, Und es
war mein Irrtum,
denn die Arbeit,
die wir machten, hatte kein Geschlecht
und ungerecht war, was wir dachten, Und es
leben beide in dem Mann, Der
Mann, die Frau und umgekehrt Auch
er in ihr Und
sie in sich Und er
in sich, Und
was wir schufen war die reine Kunst,
die wir erkannten, Und
wir gingen auf sie zu. |
Auch
der lange Draht,
den du mit Absicht
in die Erde wachsen ließt, Man
sah ja nur den Anfang,
nicht das Ende, Riss
doch jeden, der von seiner Länge
wusste, mit sich in die Tiefe
bis ans Ende. |
Mir
war eine ferne Welt
genug, Sie
saß in mir Und
ruhte sich dort aus Und
wartete auf den Entdecker. |
Aufschläge
6601 - 6603 Wir
gingen auf dem Weg, Ich
hatte in der Stadt den Festtermin
bekommen, Und
ich eilte, Und du
bliebst zurück, Auch
störten dich die Zweige,
die herüberhingen, Und
sie griffen nur nach dir, Ich
sah sie nicht, Und
deine Angst wurd größer, Und
sie hielt dich immer weiter hinter mir, Und
rückte dich nicht auf, Und
unter uns, das wusstest du, Lief
eine zweite Straße,
die war ohne jede Schwierigkeit
für dich, Die
würden wir am Ende
treffen, Und du
gingst von nun an keinen Schritt
mehr. |
Aus
den beiden Fäden
wollt ich eine Schleife
machen, Die
sollt nur zwei freie Enden
aneinander binden, Weil
sie sich im Raum
sonst nie getroffen hätten, Und
ich griff hier ein, Und
weit entfernt, soweit, dass man Mir
nicht berichten konnte, Löste
sich zur gleichen Zeit
der Faden aus der Schleife, Die so
lang gehalten hatte. |
Man
sprach von einem Wert,
der sei verborgen, tief vergraben, Irgendwo
versenkt im Wasser oder Läge
völlig offen, frei und unverhüllt, Und
ich war sicher, dass Ich
ihn in meinen leeren, ausgestreckten Händen
hielte und mit nichts von dort vertreiben Oder
sichtbar machen könnte. |
Ich
sah das blaue Eiskristall,
es war der letzten Nacht
herausgebrochen, lag des Tags
nun noch im Weg Und
fesselte die Augen,
dass ich stehen bleiben musste, Und
von deinen Lippen hörte ich: „Geh
zu und lass das Eis
alleine wachsen,“ Und du
zogst mich fort in warme Räume, Und
die Bänder,
die um meine |