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Harald Birgfeld, Webseite seit 1987/ Website since 1987

 

Bestseller: Zeit, was ist das“, ausschnittsweise veröffentlicht in

#kkl, online-Magazin, Initiative für Kunst, Kultur und Literatur,

2023 „Leitsterne und Irrlichter“, 2023 „Klarheit“ und 2024 „Präsenz“.

 

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zu Olympia – olympische Spiele!

 

 

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online und im Buchhandel

 

Gedicht der Woche,

Lyrik, Prosa und Ingenieurarbeiten

 

 

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Bildergalerie

 

 

Buchtitel Inhaltsverzeichnis

 

Wir gerieten in den

Gürtel der Meteoriten

Lyrik.

                          10.000 Aufschläge

                          Band 13: Aufschläge 6001 - 6501

 

Harald Birgfeld

ISBN 3-937264-24-8

 

 

"Es lohnt sich, einmal einen heutigen Dichter kennen zu lernen, der mit der deutschen Sprache einen faszinierend fremden Weg betritt und trotzdem dem Leser Freiraum lässt für eigene Gedankengänge, ohne dass die Probleme in erhobener Zeigefingermanier zu zeitkritischen Trampelpfaden werden." (1986: Gutachten).

 

Harald Birgfeld, von Beruf Diplom-Ingenieur, schrieb seine Gedichte während der morgendlichen Fahrt mit der Hamburger S-Bahn zur Arbeit.  Seine Texte entstanden fast immer bereits in endgültiger Form.

 

Copyright 2006 beim Autor, Harald Birgfeld, alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne schriftliche Erlaubnis des Herausgebers, Harald Birgfeld, reproduziert werden. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verfilmung und Einspeicherung sowie Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Herausgeber, Autor, Redakteur: Harald Birgfeld, e-mail:.               Harald.Birgfeld@t-online.de

 

 

23 Gedichtbände, 10.000 Strophen: Wir gerieten in den Gürtel der Meteoriten, 10.000 Aufschläge.

Zum jeweiligen Volltext: 

 

Bd.  1: Aufschläge       1 -  500

 

Bd.  2: Aufschläge    501 -   999

 

Bd.  3: Aufschläge 1000 - 1501, (1. Version)

 

Bd.  3: Aufschläge 1000 - 1501, (2. Version)

 

Bd.  4: Aufschläge 1502 - 2000

 

Bd.  5: Aufschläge 2001 - 2499

 

Bd.  6: Aufschläge 2500 - 3000

 

 

 

Bd.  7: Aufschläge 3001 - 3501

 

Bd.  8: Aufschläge 3502 - 3999

 

Bd.  9: Aufschläge 4000 - 4500

 

Bd. 10: Aufschläge 4501 - 5001

 

Bd. 11: Aufschläge 5002 - 5499

 

Bd. 12: Aufschläge 5500 - 6000, (1. Version)

 

Bd. 12: Aufschläge 5500 - 6000, (2. Version)

 

Bd. 13: Aufschläge 6001 - 6501

 

 

 

Bd. 14: Aufschläge 6502 - 6999

(online und im Buchhandel)

 

Bd. 15: Aufschläge 7000 - 7500

 

Bd. 16: Aufschläge 7501 - 8002

 

Bd. 17: Aufschläge 8003 - 8500

 

Bd. 18: Aufschläge 8501 - 9000

 

Bd. 19: Aufschläge 9001 - 9500

 

Bd. 20: Aufschläge 9501 - 9827

 

Bd. 21: Aufschläge 9828 - 10.100

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Aufschläge 6001 - 6003

Aufschläge 6004 - 6006

Aufschläge 6007 - 6009

Aufschläge 6010 - 6012

Aufschläge 6013 - 6015

Aufschläge 6016 - 6018

Aufschläge 6019 - 6021

Aufschläge 6022 - 6024

Aufschläge 6025 - 6027

Aufschläge 6028 - 6030

Aufschläge 6031 - 6033

Aufschläge 6034 - 6036

Aufschläge 6037 - 6039

Aufschläge 6040 - 6042

Aufschläge 6043 - 6045

Aufschläge 6046 - 6048

Aufschläge 6049 - 6051

Aufschläge 6052 - 6054

Aufschläge 6055 - 6057

Aufschläge 6058 - 6060

Aufschläge 6061 - 6063

Aufschläge 6064 - 6066

Aufschläge 6067 - 6069

Aufschläge 6070 - 6072

Aufschläge 6073 - 6075

Aufschläge 6076 - 6078

Aufschläge 6079 - 6081

Aufschläge 6082 - 6084

Aufschläge 6085 - 6087

Aufschläge 6088 - 6090

Aufschläge 6091 - 6093

Aufschläge 6094 - 6096

Aufschläge 6097 - 6099

Aufschläge 6100 - 6102

Aufschläge 6103 - 6105

Aufschläge 6106 - 6108

Aufschläge 6109 - 6111

Aufschläge 6112 - 6114

Aufschläge 6115 - 6117

Aufschläge 6118 - 6120

Aufschläge 6121 - 6123

Aufschläge 6124 - 6126

Aufschläge 6127 - 6129

 

 

Aufschläge 6130 - 6132

Aufschläge 6133 - 6135

Aufschläge 6136 - 6138

Aufschläge 6139 - 6141

Aufschläge 6142 - 6144

Aufschläge 6145 - 6147

Aufschläge 6148 - 6150

Aufschläge 6151 - 6153

Aufschläge 6154 - 6156

Aufschläge 6157 - 6159

Aufschläge 6160 - 6162

Aufschläge 6163 - 6165

Aufschläge 6166 - 6168

Aufschläge 6169 - 6171

Aufschläge 6172 - 6174

Aufschläge 6175 - 6177

Aufschläge 6178 - 6180

Aufschläge 6181 - 6183

Aufschläge 6184 - 6186

Aufschläge 6187 - 6189

Aufschläge 6190 - 6192

Aufschläge 6193 - 6195

Aufschläge 6196 - 6198

Aufschläge 6199 - 6201

Aufschläge 6202 - 6204

Aufschläge 6205 - 6207

Aufschläge 6208 - 6210

Aufschläge 6211 - 6213

Aufschläge 6214 - 6216

Aufschläge 6217 - 6219

Aufschläge 6220 - 6222

Aufschläge 6223 - 6225

Aufschläge 6226 - 6228

Aufschläge 6229 - 6231

Aufschläge 6232 - 6234

Aufschläge 6235 - 6237

Aufschläge 6238 - 6240

Aufschläge 6241 - 6243

Aufschläge 6244 - 6246

Aufschläge 6247 - 6249

Aufschläge 6250 - 6252

Aufschläge 6253 - 6255

Aufschläge 6256 - 6258

 

Aufschläge 6259 - 6261

Aufschläge 6262 - 6264

Aufschläge 6265 - 6267

Aufschläge 6268 - 6270

Aufschläge 6271 - 6273

Aufschläge 6274 - 6276

Aufschläge 6277 - 6279

Aufschläge 6280 - 6282

Aufschläge 6283 - 6285

Aufschläge 6286 - 6288

Aufschläge 6289 - 6291

Aufschläge 6292 - 6294

Aufschläge 6295 - 6297

Aufschläge 6298 - 6300

Aufschläge 6301 - 6303

Aufschläge 6304 - 6306

Aufschläge 6307 - 6309

Aufschläge 6310 - 6312

Aufschläge 6313 - 6315

Aufschläge 6316 - 6318

Aufschläge 6319 - 6321

Aufschläge 6322 - 6324

Aufschläge 6325 - 6327

Aufschläge 6328 - 6330

Aufschläge 6331 - 6333

Aufschläge 6334 - 6336

Aufschläge 6337 - 6339

Aufschläge 6340 - 6342

Aufschläge 6343 - 6345

Aufschläge 6346 - 6348

Aufschläge 6349 - 6351

Aufschläge 6352 - 6354

Aufschläge 6355 - 6357

Aufschläge 6358 - 6360

Aufschläge 6361 - 6363

Aufschläge 6364 - 6366

(Cafe Müller, gewidmet

Pina Bausch, 09.1984)

Aufschläge 6367 - 6369

Aufschläge 6370 - 6372

Aufschläge 6373 - 6375

Aufschläge 6376 - 6378

Aufschläge 6379 - 6381

 

Aufschläge 6382 - 6384

Aufschläge 6385 - 6387

Aufschläge 6388 - 6390

Aufschläge 6391 - 6393

Aufschläge 6394 - 6396

Aufschläge 6397 - 6399

Aufschläge 6400 - 6402

Aufschläge 6403 - 6405

Aufschläge 6406 - 6408

Aufschläge 6409 - 6411

Aufschläge 6412 - 6414

Aufschläge 6415 - 6417

Aufschläge 6418 - 6420

Aufschläge 6421 - 6423

Aufschläge 6424 - 6426

Aufschläge 6427 - 6429

Aufschläge 6430 - 6432

Aufschläge 6433 - 6435

Aufschläge 6436 - 6438

Aufschläge 6439 - 6441

Aufschläge 6442 - 6444

Aufschläge 6445 - 6447

Aufschläge 6448 - 6450

Aufschläge 6451 - 6453

Aufschläge 6454 - 6456

Aufschläge 6457 - 6459

Aufschläge 6460 - 6462

Aufschläge 6463 - 6465

Aufschläge 6466 - 6468

Aufschläge 6469 - 6471

Aufschläge 6472 - 6474

Aufschläge 6475 - 6477

Aufschläge 6478 - 6480

Aufschläge 6481 - 6483

Aufschläge 6484 - 6486

Aufschläge 6487 - 6489

Aufschläge 6490 - 6492

Aufschläge 6493 - 6495

Aufschläge 6496 - 6498

Aufschläge 6499 - 6501

 

 

Aufschläge 6001 – 6003

 

Glauben heißt nichts anderes,

Als dicht daneben stehen,

Und ich stand auf dem

Gerüst und hielt die

Seile deiner Schaukelei in meiner

Hand, um dir den

Schwung zu geben,

Und es war zu viel

Und leer wurd, was ich schwang,

Und hielt den Atem an

Und sah mich nun sekundenlang

Und eng an meiner

Seite stehn.

 

 

 

Ich sprach von

Königreichen meiner grünen Augen,

Und es trieben Inseln in dem

Meer in meiner Stirn,

Und Blicke, die ich jemals sandte,

Kehrten heim zu mir, um zu berichten,

Und sie warteten in langer Reihe, eng an eng

Und stützten sich im

Glauben gegenseitig.

 

 

 

Abends wollte ich an die

Gespräche meine

Lieblingsbilder hängen,

Und ich fand mich selbst schon angekeilt

Mit langen

Kupfernägeln an der Wand,

Und litt an diesem

Abend wirklich gar nicht unter mir

Und stand noch lang

Daneben.

 


 

Aufschläge 6004 - 6006

 

Die

Gehwegplatten eines Bahnhofs waren in der

Mitte ihres

Abschieds hell,

Und außen wuchsen

Gras und Unkraut

Und Kamille kräftiger,

Und hier verlor sich auch die

Nacktheit jeder Ankunft, jedes

Nimmerwiedersehens und der

Frohsinn über eine

Trennung.

 

 

 

Mitten in den

Worten, die wir sprachen, wuchsen

Fahrtsignale,

Und sie zeigten nur in eine

Richtung, und im

Nachhinein, im Rückwärtsschaun, erkannten wir die

Unbezogenheit und nicht den

Sinn der Nachbargleise.

 

 

 

Wenn es soweit war, nahm ich die

Nacht vom Haken ab,

Und breitete sie aus

Und schaffte es, mich unter sie zu legen,

Oder wohlig oben drauf,

Und heute war es so, dass ich ihr dunkles

Tuch zerschnitt

Und zwischen tagesblaue

Flecken setzte,

Und ich zeigte dir, dass in der Zukunft

Tag und Nacht kaum noch zu trennen wären

Und sich ineinander schieben würden,

Und wir müssten lernen, viele

Sonnen über uns zu sehen

Und sie zu ertragen.

 


 

Aufschläge 6007 - 6009

 

Alles, was ich dachte, strich ich durch

Und musste dir erklären, dass das letzte,

Was ich schrieb,

Noch nicht geschrieben war,

Und ich gestand auch ein,

Das alles, was ich sprach, nicht malbar wäre,

Und ich müsste lange vor der

Leinwand schon beginnen,

Und beenden müsste ich die

Arbeit weit, weit hinter ihr im

Raum, wo gar nichts ungeschehen

Mehr geschehe.

 

 

 

Du schliefst mit deinen

Augen ein vor meinen Augen,

Die berührten sich,

Die fremden

Lider hielten ihre

Züge fein geschlossen,

Und ich sah hinein

Und sah, wie du betroffen mich betrachtetest

Und mich verachtetest

Und dass ein anderer an meiner

Stelle stand

Und wie sich deine

Lippen um ihn rankten

Und doch unbewegt im

Schlafe schliefen,

Und ich konnte

Und ich wollte euch nicht trennen,

Denn du warst mit dir im Paar;

Ich musste euch geschehen lassen.

 

 

 

Immer wieder schoben sich die

Nachbargleise heimlich auf die

Schienen, die uns führten,

Und wir waren zwei in einem,

Und ein Gegenstrich war zu erwarten,

Und in diesem

Augenblick benutztest du die

Weiche, dich zu trennen,

Und die Hand an meinem rechten Arm

Griff wieder in dein Haar

Und ließ erneut geschehen,

Was doch grad geschehen war.

 


 

Aufschläge 6010 - 6012

 

Tausend weiße Augen sahen aus dem Flieder,

Blickten ihren Duft zu mir

Und stießen mich,

Und andre Düfte, hört ich,

Blieben unbedacht

Und strichen über die geschundnen

Glieder, die von Kindern liegen blieben,

Und es war ein

Ungemach, in dem ich stand,

In dem ich mich nicht strecken konnte,

Das mich auch nicht sitzen ließ,

Weil mir der

Kopf, die Knie an viel zu enge

Wände stießen.

 

 

 

Als ich nur einmal fragte, wie man schöne

Frauendüfte wöge,

Ob man sie mit

Handgewichten in die kleinen

Dosen füllen könnte, um sie zu verschenken,

Wusstet ihr nicht einmal mehr,

Wovon ich sprach

Und musste euch in meinen

Garten führen, wo das

Gras aus reinem Golde wuchs,

Und eure nackten

Füße spürten, wie der

Reichtum stach.

 

 

 

Unsre Armut hing in

Bäumen, dass sie jeder sah,

Und jeder konnte sie begießen

Und danach als Eigentum begrüßen,

Und in Trockenheit war ihre

Pflege Pflicht;

Man wusste, dass die

Vögel in den Zweigen als ein

Lebenszeichen galten,

Und man ließ sie nicht entfliegen,

Und die Frauen flochten frühlingsfarbne

Netze in die Zöpfe ihrer

Töchter,

Und man ging an

Feiertagen hin zu ihnen,

Hin zu jeder einzelnen,

Und gratulierte ihrer Schönheit,

Die wahrhaftig lebte.

 


 

Aufschläge 6013 - 6015

 

Du, ein alter Mann,

Sprachst heute, im Vorbeigehn,

Mit der Armut

Und beschimpftest sie, sie sei dir ekelhaft,

Und was man an dir selber sähe

Wäre alles echt und wahr,

Und früher hättest du auf

Königreichen trampeln dürfen,

Und dein Haar hättst du vergolden lassen,

Dass es hart und steinig wurde,

Und es wäre fühlbar, was du dächtest;

Nah an dir und hinter dir stand aufgebaut das

Glück und zeigte,

Wie es schwer geschaffen war.

 

 

 

Ein Kind, das dicht in meiner Nähe spielte,

Sang dabei ein Lied, das ich verstehen musste:

„Glück“, so sang es, „ist der

Morgenwind und Liebe ist der zweite

Mond,

Der Tod, der dich schon küsste,

Ist das Leben,“

Und es war nun doch ein alter, junger

Mann, der spielte mit den Sternen,

Die in seinen Händen glühten.

 

 

 

Morgens zündete ich meine

Tageshoffnung an

Und lebte im Gebet mit dem,

Der mich vor mir kopfüber stellte,

Und die Schwerkraft richtete uns beide

Aus,

Auch hielt ich mich an meinen

Beinen fest,

Und tags darauf erlebten wir uns umgekehrt

Und hielten so verspiegelte

Gespräche.

 


 

Aufschläge 6016 - 6018

 

Ich kann in meine Sprache

Nicht den Wechsel einer

Tonart bringen,

Und ich singe alle Lieder, die ich schreibe,

In die Zeilen des Papiers,

Und kostbar wird die Seide,

Und ihr Knistern und ihr Rascheln

Sprechen mir von einem Leben,

Das mich ganz berauscht.

 

 

 

Auch ein

Feuer springt nun auf die

Hände,

Und es schmerzt mich nicht

Und nährt sich irgendwie

Und leckt mir ins Gesicht,

Und jedes Wort, das ich verwende,

Brennt sich ein

Und wird vertraut.

 

 

 

Schwiege ich noch etwas länger,

Würden meine Ohren schreiben

Und mein Mund würd sehen lernen,

Und die Augen würden hören wollen,

Und es war die Schuld

Des Regentages, dass ich so verändert wurde,

Und es war für mich gut zu verstehen,

Dass der Mann nun endlich einen

Frauennamen annahm.

 


 

Aufschläge 6019 - 6021

 

Heute Morgen trug man mich in einem

Pappkarton davon

Und sagte nicht wohin

Und nahm mir die

Behausung,

Und in einem Saal, gefüllt mit Technik

Und gefüllt mit mörderischen

Instrumenten trennte man mir meinen

Kopf vom Rumpf und fand darin

Die ältesten Papiere, die man suchte

Und studierte sie

Und füllte mich danach mit ihnen wieder auf

Und reparierte mich

Und brachte mich genauso wortlos heim, nach

Hause,

Und ich konnte nicht in mich

Hineinsehn.

 

 

 

Eine

Frau war mir so sehr vertraut,

Dass wir nur unsre

Ohren sprechen ließen,

Und die sahen unablässig dem

Vertrauten auf den Mund;

Sonst schwiegen wir uns an

Und standen beide vor dem

Spiegel,

Und wir hätten dort zu viert erscheinen müssen

Und wir waren nur zu zweit.

 

 

 

In den

Brief, der wichtig war,

Tat ich ein Bild,

Das zeigte mich ganz fröhlich,

Und der Brief ließ sich

So nicht mehr schließen,

Und bei dir, so sagtest du,

Wär es unmöglich ihn zu öffnen,

Und er läge nun bei dir

Und lag bei mir

Und war nicht abgesandt

Und war doch angekommen,

Und ich kannte mich nicht wieder.

 


 

Aufschläge 6022 - 6024

 

Ich lag in einem Vorraum

Einer Königin

Und nah an ihrem Bett

Und war zugleich darin,

Und dort am Boden

Fand ich die Verheerung meines

Ruhmes jetzt am Morgen,

Und ich ging hinüber,

Und ich wollte mich zusammenfügen,

Und es blieb das königliche Bett dazwischen,

Und die Königin bediente die

Geschäfte.

 

 

 

Meine

Kleidung war nicht angemessen,

Und man hing mir

Ringe der Kartoffelschale an die

Haut und sagte,

Darin läge Stärke,

Und es war nichts wert,

Und hier am Boden war ich falsch

Und ließ mich neu verwurzeln

Und sank in die Erde

Bis zum Hals.

 

 

 

Man trat viel auf meinem

Kopf herum,

Und ich vertraute jedem, das war falsch,

Und hörte aus der Nachbarschaft die

Leute klagen über

Schmerzen, die weit über ihnen lägen,

Und sie kämen nicht heran,

Und sie bekämpften

Und sie sahen nichts.

 


 

Aufschläge 6025 - 6027

 

Es ließ sich leicht um Freiheit kämpfen,

Wenn man selbst in Freiheit war,

Und du befahlst in deinen Räumen

Absolute Freiheit,

Und es kamen jede Tasse, jeder Teller,

Jede Schale, jeder Gegenstand

Und fragte um

Erlaubnis,

Und es war dir alles untertan,

Und auch das Messer

Durfte nicht die Luft durchschneiden,

Und du musstest dauernd zwischen

Einem Wert von einer Freiheit

Und dem andren unterscheiden.

 

 

 

Deine

Nachbarin verschenkte nichts

Und machte sich sich selbst zur Dienerschaft

Und fragte nun tagaus tagein

Ob andere das, was sie sich versagte,

Stehlen würden, denn die

Freiheit, die sie doch nicht hatte,

Musste sichtbar sein in Händen andrer Leute,

Und sie baute

Freiheitsfallen auf auf ihren eignen

Wegen

Und bedachte alles.

 

 

 

Ich liebte es, dein Kleid,

Weil es im Moos stand,

Und es fühlte sich so feucht, so stumpf,

So unberührt, so seiden an,

Und immer wieder musste ich mir dein

Gesicht aus meinem nehmen,

Und du schriebst mit einem

Stift auf deinen grünen Rocksaum:

„Er ist stets in mir

Und lässt mich selten selten sein,

Und beide füllen wir den einen

Raum bis hin zur

Tür.“

 


 

Aufschläge 6028 - 6030

 

Ich war dir gleich,

Und meine Liebe galt, ich geb es zu,

Den langen blonden Haaren

Über deinen Schultern,

Und ich wohnte dort

Und züchtete mir diesen

Anblick aus der Nähe,

Und du ließt dich, außer mir

Von anderen bewohnen,

Die besaßen mehr

Und ernteten auch mehr

Und säten später aus auf dir,

Und du und ich,

Wir warn uns gleich.

 

 

 

Du sagtest mir, man hätte

Teile deines Körpers abgekoppelt

Und sie anderswo in Fahrt gebracht,

Und du vermisstest eigentlich an der

Persönlichkeit bis heute nichts,

Und ganz entfernt erkanntest du dich wieder,

Und du sagtest nur,

Das wäre früher dein Besitz gewesen,

Und von mir war dünnes

Drahtgewebe nachgeblieben

Und das rostete,

Und jedermann hing irgendwelche

Sachen daran auf,

Und niemand wollte eine Wache.

 

 

 

In den Bergen öffnete ein

Wissenschaftler eine unbekannte

Dose,

Und er fand darin die konservierte

Landschaft, Tierwelt, Pflanzen aller Arten

Aus der ältesten

Vergangenheit

Und sah zugleich, dass Menschen fehlten,

Und er nahm von einer Frau die wesentlichen

Teile

Und von sich, was wichtig war,

Und füllte sie nun auf

Und schloss den winzigen

Behälter wieder ein in seine

Zeit.

 


 

Aufschläge 6031 - 6033

 

Heute Nacht hat irgendjemand alle

Wege abgeschafft

Und keine Straße lag mehr auf der

Straße,

Und es gab von ihnen keine Spur mehr,

Und sie waren alle aufgerollt

Und hielten sich versammelt,

Und zu dir ging ich in deine

Bücherstube

Und dort standen sie

Und warteten, dass man sie einzeln sichten würde,

Und ich sprach mit ihnen

Und mit der Besitzerin, die war sehr liebevoll,

Und ließ mich ganz versteckte

Pfade, enge Steige gehen,

Und ich war in ihrem

Kopf.

 

 

 

Abends maltest du den

Sonnenuntergang,

Der legte sich so eingerissen

Und so streng in deine Hände,

Und du gabst ihn mir,

Ich dürfte ihn verwenden, wie ich wollte,

Und ich nahm ihn an

Und wusste keinen Umgang,

Und er fiel mir hin

Und riss noch etwas weiter,

Und an deinen Hals hing ich zum

Schluss dies Himmelspflaster,

Und du liebtest lebende

Geschenke,

Und dein Blick, den ich mir fangen wollte,

Ging an mir so weit vorbei.

 

 

 

Wir hatten eine eigne Rettung

In der Nähe,

Die stand stets in einem Garten,

Und es gab nicht einen dort, der hätte

Hilfe leisten können,

Und wir suchten uns mit

Zeichen, die auch nachts zu lesen

Und zu senden waren,

In die fernste Wohnung einzuschleichen,

Und es lebte mancher schon

Mit einem anderen zusammen,

Den er nie in seinem

Leben jemals sehen oder jemals

Kennen lernen konnte.

 


 

Aufschläge 6034 - 6036

 

Ich las in einer

Fensterscheibe:

„Tausend Leben wirst du leben

Und nicht einen Tod

Und danach sterben,“

Und in Spiegelschrift las es sich anders,

Etwa so:

„Du wirst zu jedem Leben

Sterben einen Tod

Und danach tausend

Tode sterben

Und dann leben,“

Und ich war geteilt,

Und alles, was ich kannte, lebte in der

Spiegelei.

 

 

 

Morgens sprang ich gleich in spiegelglatte

Flächen,

Und versuchte früh schon zu erkennen,

Wie ich anders aussah,

Und nur einmal fiel ich durch

Und näherte mich nun von andrer Seite

Dieser Oberfläche, brach aus ihr heraus

Und stand an meinem Bett,

Begrüßte mich

Und fand mich neu

Und ungewöhnlich

Und erzählte mir von mir auf andrer Seite,

Und ich redete in

Spiegelsprache.

 

 

 

Auch die Hoffnung, die ich ständig zur

Erinnerung benötigte,

War gut für mein

Verständnis kleinster

Spiegelbilder, wie sie Mikroskope schaffen,

Und ich fand in den

Gesprächen, die zum Inhalt die

Begrüßung hatten

Und nichts mehr,

Ich fand darin den Wunsch so deutlich wieder,

Lebenszeichen auf die andre

Seite abzugeben.

 


 

Aufschläge 6037 - 6039

 

Am Waldrand führte einer dieser schmalen

Wege einen Baumstamm steil hinauf,

Und er verlor sich in der Krone,

Und ich war bis dort gekommen

Und sah über mich

Und musste warten bis man mir

Von weit, weit her die

Leiter reichte, um dann weiter in die

Leere aufzusteigen,

Und sie war randvoll gefüllt mit anderen,

Die lang vor mir den

Weg gegangen waren,

Und ich stand am Anfang.

 

 

 

Hier nahm sich ein kleiner Junge

Eine Angel,

Und es war kein Fluss und kein

Gewässer, und er saß auf einem

Stein und hielt die

Fanggeräte in die

Wiese,

Und die Fische, die mir sehr vertrauten,

Schickte ich zu ihm,

Und einer ließ sich fangen

Und nach Hause tragen,

Und es war ein

Schwesterlein, das er sich

Wünschte.

 

 

 

Und die Frau,

Das las man in der Zeitung,

Wurde schwanger von sich selber,

Und man pflanzte

Bäume nicht mehr in die Luft

Und Fische schwammen nicht mehr über nasser

Erde,

Und ein Mann erkannte nicht mehr die

Begierde,

Und es gab Maschinen,

Die verbrachten ihre

Zeit mit uns.

 


 

Aufschläge 6040 - 6042

 

Man setzte dich auf einer

Platte aus, die war aus Glas,

Und um hier Halt zu finden,

Wuchsen dir sechs Beine,

Und die Fläche reichte bis zum

Horizont,

Und deine Schritte brachten nichts

Und führten dich nicht weiter,

Und ich stand am Rand und hörte auf zwei kluge

Leute, die sich stritten um den

Grad des Unterschiedes der zwei gleichen

Käfertiere voneinander,

Und ich selbst konnt nicht einmal den

Grashalm schaffen,

Und es rief kein einziger um

Hilfe.

 

 

 

Zwischen meinen grünen Armen

Fand ich immer wieder etliche,

Die waren völlig trocken und erstarrt

Und würden eines Tages brechen,

Und ich schonte sie

Und stieß doch hier und da schon an,

Und hinter mir vergaß mich abgebrochenes

Geäst, das war, ich weiß es ganz genau,

Einst grün und weiß gewesen,

Und es ragte damals weit in mich hinein,

Und Feuerholz, so sagte man,

Würd aus mir werden,

Und es würde wichtig sein.

 

 

 

Du, die Sängerin,

Warst ohne Stimme,

Und man horchte tief in dich hinein

Und hörte Klänge, die von außen kamen,

Und du warst die Resonanz für uns,

Und meine Hand zog mir die

Muschel nun vom Ohr und schob sie auf den

Mund;

Ich sprach hinein

Und hörte später, wie die Worte sich

Vermehrten und verklangen und ihr Lied

In eine Leere sangen.

 


 

Aufschläge 6043 - 6045

 

Es war das Gurren einer

Taube, welches noch aus jeder

Feder klang, die nun ein

Luftzug über unsre Straße

Und in meinen Garten wehte,

Und ich sammelte sie ein

Und fügte sie an die verletzten Stellen meines

Körpers,

Und es war die Möglichkeit,

Das Fliegen neu zu lernen,

Und es war ein ungewohnter

Umgang mit der

Einzelheit.

 

 

 

Die Sprache konnte reich sein oder arm

Und blieb die Sprache reicher

Leute,

Und die Armut stahl sich trotz der

Todesstrafe ihren

Anteil,

Und im Straßenpflaster fand ich immer häufiger

Die glitzernden Kristalle billigster

Verschwendung

Eingegossen.

 

 

 

Man baute auch die höchsten

Türme nicht mehr in die

Wolken,

Und in kleinen Schiffchen trug man menschliche

Gehirne weit, weit in den

Pferdekopf der Sternenhaufen,

Und mein Herz goss man, so wie es schlug,

In einen Meeresboden ein;

Es würde dort noch

Hunderte von Jahren schlagen

Und nach draußen horchen.

 


 

Aufschläge 6046 - 6048

 

Wir maßen eine Länge zweimal,

Und sie war mir kurz

Und dir war sie so endlos lang,

Und mir verlief der Alltag weiter,

Und an deiner Seite stand der

Tod,

Der rührte deinen Maßstab an

Als du ihn grad erklären wolltest,

Und er brachte dir ein anderes Besteck,

Damit zu messen musstest du erst lernen,

Und ich sah

Und viele

Tausende mit mir in einer

Seherscheibe, wie du ungeschickt dein

Leben endetest.

 

 

 

Das Atelier war dir nicht groß genug

Und zeigte außer deiner Kleidung auch

Wie du zu leben wünschtest,

Und das Atelier war völlig leer,

Und nirgends sah man etwas,

Und mein Kopf, den man mir aus

Versehen wegen eines permanenten

Schmerzes operierte,

Führte mehr als eine

Gegenwart in sich

Und gab sie frei,

Dass sie sich dehnte und vermehrte,

Und die Waffen, die wir hatten,

Waren nicht mehr einzufangen,

Und sie schufen sich von ganz alleine neu

Und blieben

Außerhalb.

 

 

 

Du merktest nicht, wie neben dir die

Steine wuchsen

Und sich stark vergrößerten

Und dass sie alles überwucherten

Und langsam unter sich begruben,

Und sie klemmten diesen

Tag so fest, dass er hier blieb

Und nicht mehr enden konnte,

Und von uns war keiner,

Der an irgendeiner Stelle die

Bewegung solcher Massen hindern oder lenken konnte,

Und die höchsten

Türme baute man auf

Meeresböden.

 


 

Aufschläge 6049 - 6051

 

Wir standen an dem Wald der

Eisenbögen, die nach oben zeigten,

Und sich dort hin öffneten,

Und ihre Stämme waren halbe Schalen,

Die das Rauschen fremder

Kunstobjekte bargen,

Und der Weg, den wir zu gehen hatten,

Führte tief in sie hinein,

Und von dem Blut der

Weggefährten, das aus den

Planiermaschinen spritzte,

Trugen sie noch eine gelbe

Farbe,

Und es war dies eine Möglichkeit in unbekannter

Sprache das Zusammenleben der

Metalle zu studieren.

 

 

 

Es gab am

Himmel einen Tropfen, der sich langsam hin- und herschob,

Und es drohten ihm die spitzen

Wolkenfetzen,

Die ihn platzen lassen wollten,

Und die

Meere waren ungerührt,

Man mochte noch so lange mit dem

Löffel schöpfen,

Und es fragte niemand,

Ob ein Meer zu leeren oder aufzufüllen wäre.

 

 

 

Ich lebte jahrelang zusammen mit den

Rundgeschöpfen, die entsprachen meiner

Phantasie und rollten ganz real,

Und gläsern wie sie waren, konnten sie

Ereignisse zusammenziehen

Und als Richtstrahl wieder senden,

Und man liebte neuerdings auch

Gegenstände, die ein Eigenleben hatten

Und es weitergaben,

Und der Kopf, der mich so führte,

War die durchscheinbare

Kugel völlig fremder Leute.

 


 

Aufschläge 6052 - 6054

 

Niemand würde euch ein

Denkmal setzten,

Und die Zeit dafür

War längst, längst schon vorbei,

Und eines wusstet ihr,

Die Steine, die man euretwegen

Schlagen müsste, könnten nichts bezeugen

Als den eignen Tod,

Sie sperrten euch in ihren faulen

Atem,

Und ein Giftzug zog durch deinen

Namen, der war noch „Americo“,

Und siebenfach hatt’ man den Wurm beköpft,

Mit schwarzem Eisenhaupt

Und einem Däumling

Trug man an, die

Schienen dieser Mordmaschine aufzubiegen,

Und sie wölbten sich vor Zorn und Stolz,

Und suchten nach dem Sandkorn

Auf den Gleisen.

 

 

 

Die Meere deiner

Hände schäumten auf in kleinen

Kronen,

Und von weit entfernt gesehen,

Und du standst ja über dir,

Las man die unbekannten

Namen, die sich aus den

Kämmen bildeten,

Und meine Zukunft war so ungewiss

Wie deine Namensliste,

Und ich lebte doch schon übermorgen

Und vergaß dich wirklich nicht.

 

 

 

Versteinert fand man einst die

Fußspur übergroßer Wesen

Aus der Altzeit,

Und der Fund war völlig neu,

Und wirklich stand man heute vor den

Kreaturen einer Gegenwart, die wurde

Eingebrannt in Stein,

Und unsre Hände lagen ineinander,

Waren ganz in Glas gegossen,

Und sie standen außerhalb

Und sandten eignes Licht,

Um sich zurechtzufinden.

 


 

Aufschläge 6055 - 6057

 

Von den Bäumen, ganz in unsrer

Nähe und auch weit entfernt,

Begann der Regen leichter

Samen fort zu schweben,

Und dies war ein großer Unterschied:

Wenn ich dich sah, begann die

Kompassnadel

Mich nach dir zu drehen,

Und ich griff sofort nach allem,

Was ich dort bemerkte,

Und du hieltst den

Atem an und wehtest dann die

Schwebeteilchen etwas höher,

Etwas weiter,

Ließt sie langsam niedersinken

Und verfolgtest ihre

Landung dann gespannt in deine

Hand.

 

 

 

Als ich mit dir sprach

Verlangtest du, dass ich ganz deutlich rede,

Und nun schuf ich meine

Worte als ein Reihenbild,

Und du, mit einer Schere ausgerüstet,

Warst zufrieden,

Und du schnittst dir nur, was deine

Neugier stillte, aus,

Den Rest mocht’ jemand schlucken,

Der dich gut verstand.

 

 

 

Es war ein dunkler Stern am Himmel

Über mir,

Und das begriff ich nicht,

Man sagte, dieser Himmelskörper

Raube eine allgemeine Helligkeit,

Und mir, so wahr ich lebe,

Sandte er doch fort und fort

Die schwarzen Strahlen,

Dass ich Schatten davon warf.

 


 

Aufschläge 6058 - 6060

 

Die Tage wurden kürzer,

Und der Abstand

Zwischen

Morgen und dem Abend

Reichte immer weniger,

Und oft ging ich spazieren

Über große Flächen Sand

Und maß den Abstand mit dem

Stock in meiner Hand

Und zählte auch die

Schritte,

Und ganz plötzlich stand ich vor dem großen

Auge, das dort aus dem

Boden schaute,

Und ich sprach es an

Und war verwirrt

Und rührte mit dem

Stock an seinen Rand,

Ob es wohl zucken würde,

Und es war aus

Glas,

Und es bewegte sich ein

Wimpernhaar,

Und Wind trieb drüber hin

Und blies es blank und klar.

 

 

 

In deinen Haaren war es ähnlich,

Und ich malte es,

Und ich beschrieb darüber viele

Steine, um die Worte zu bewahren,

Und die Schrift war anders,

Und mit wenig Farben legte ich ins Licht

Behutsam kleine Tupfer, die sich näherten

Und doch entkamen.

 

 

 

Mein Geheimnis hütete ich

Ganz geschickt

Und sprach mit jedermann darüber,

Und man lächelte

Und glaubte nichts davon,

Und von dem Schürfrecht, das ich

An dir hatte,

Blieb nur meine fieberhafte

Suche,

Und ich fand so viel in dir

Und ließ es selbstverständlich liegen

Und bewahrte es vor dir.

 


 

Aufschläge 6061 - 6063

 

Vom Windzug hin- und herbewegt

Schlug immerzu das Drahtseil ohne jeden

Rhythmus an den Fahnenmast,

Der stand an meiner Seite und,

Hätt ich ein Tuch,

Das mich signalisieren könnte,

Wäre ich dort oben,

Brächte an, was ich zu sagen hätte,

Und dort unten schriebe ich die

Drahtanschläge mit mit mir im Stenogramm

Und würde es verbreiten.

 

 

 

Später führte mich der Weg ins

Kalte Wasser,

Und ich musste dort ertrinken,

Und die kleinen Hände, die sich unter meine

Sohlen schoben,

Waren dir entkommen,

Und sie hoben mich und zogen mich mit jedem

Millimeter doch ein wenig tiefer,

Und an deinem Mund trank ich die völlige

Zufriedenheit,

Dass mir der Atem ungeatmet

Blieb.

 

 

 

Am zweiten Tag wurd ich auf deiner Feier

Krank und dachte an den

Geist, der sich nur flüchtig zeigte

Und sich irgendwo ein wenig regte

Und sich von uns ab

Und zu uns wandte,

Und der Sturm, der Regen auf mich pflanzte,

Dass der wuchs

Und wirklich

Wurfgeschosse auf mich prallen ließ,

Sprach mir von der Begegnung,

Und all das, um das ich mich bemühte,

Käme noch zu mir,

Und weit, weit oben sammelte der

Tropfen kleine Steinchen,

Die würd er bald in der Sonne

Scheinen lassen.

 


 

Aufschläge 6064 - 6066

 

Das Wasser wich vom Strand

Und hinterließ die nackte Frau

Bäuchlings auf dem Sand,

Den Kopf hielt sie gestreckt nach oben,

Und sie sah den Kran,

Der fischte Augen aus dem Meer

Und setzte sie, so hoch es ging,

In freie Löcher und verankerte sie dort

Augenblicklich;

Ich entdeckte gleich auf deiner Haut

Dies kleine Feld, das war beschriftet

Und enthielt von dir persönlich alle

Daten bis zum

Ende.

 

 

 

Ich sah mein Blut durch eine

Röhre fließen,

Und man stand und achtete auf

Irgendwelche Zeiger

Und auf ihre Äußerungen

Und notierte meinen Wert,

Und mit der Leere, die man hinterließ,

Geschah nichts weiter,

Und ich würde irgendwie die abgebrannte

Erde sicherlich

Bedienen.

 

 

 

Es waren die Gedanken immerzu

In meinem Kreislauf

Und bewachten dort die Adern, die sie leiteten,

Und fände sich ein Loch, nur eine dünne Stelle,

Die das Licht verspüren ließe,

Würden sie entfliehn,

Und sicherlich würd sich die weiße

Masse meines Kopfes, die mich dachte,

Rötlich färben voller Scham,

Und dir entgegnete mein Mund:

„Beachte, jede Rohheit der Gedanken

Ist die Seelenspeise,

Und der Preis dafür ist unerreichbar

Hoch.“

 


 

Aufschläge 6067 - 6069

 

Wir waren im Gespräch,

Und viele Worte, die du sprachst,

Verliefen sich, bevor sie mich erreichten,

Und, was ich dir sagte, stürzte in die

Schlucht,

Der Abstand war zu groß,

Und es entfielen dir,

Ich sah es ganz genau,

Die Silbermünzen aus dem Mund

Und auf den Boden,

Und du ließt sie liegen,

Und in deine Hände nahmst du nun ein

Schild, darauf las ich nur dieses:

„Wertlos“,

Und ich stand mit beiden Füßen

In der Sammeldose.

 

 

 

Die höchsten Würdenträger

Legten mir zwei Tage lang

Die Arme auf die Schultern,

Und sie suchten Trost bei mir,

Und ich verstand sie nicht,

Und ihre Sprache war

Im Gegensatz zu mir,

Und als ich fliegen wollte,

Und mich nicht entschuldigte,

Verstanden sie sofort

Und stiegen auf den schmalen

Rücken, den ich mir,

Nur mir alleine frei hielt,

Und sie saßen auf

Und sie verschwanden

Ohne mich zu fragen.

 

 

 

Der Raum, den ich so einnahm,

War normal, und wurde auch,

Je schneller ich mich fortbewegte,

Immer kleiner, ohne mich von

Irgendetwas oder irgendjemand zu entfernen,

Und ich sah sofort im

Spiegel, ob ich zu erreichen wär,

Wenn ich mich suchte,

Und ich ließ in langen

Zwischenzeiten die Stationen immer wieder

Restaurieren,

Und mein Kopf und Herz,

Das war zu spüren,

Standen lange, lange leer

 


 

Aufschläge 6070 - 6072

 

Von einer langen Reise

Brachtest du mir meine

Schädeldecke aus Achat zurück,

Und deutlich sah ich die

Veränderung durch die Benutzung anderer,

Von denen ich nichts wusste,

Und ich schloss den Kopf,

Der lange offen lag,

Nun wieder ab,

Und du und ich

Und viele, die in meiner Nähe waren,

Nahmen Abschied,

Und es legte jeder heimlich einen

Grundstein,

Und mir wurde eine Dunkelheit durchtobt,

Und irgendwelche Gegenstände

Prallten hart an einen neuen

Stein.

 

 

 

Die Benutzung fremder Hände

Regelte ein Abwehrkampfsystem,

Und tags und nachts sah man die

Langen Arme der Erlaubnis

In den Himmel greifen,

Und kein Finger rührte irgendwie an einen anderen,

Und nichts verschob sich von der abgesprochnen Stelle,

Und es gab ein Schauspiel,

Wenn sich die geschlossnen Fäuste öffneten

Und Scharen neuer, unbekannter, lichtgeformter

Eiskristalle auseinander brachen

Und verwuchsen,

Und von dort entstanden

Blanke, stromgeladne

Drähte, die nach außen stachen,

Und es war ein Sinn,

Der äußerte sich ähnlich,

Wenn die jungen Mädchen

In den ersten Liebesjahren

Ihre Köpfe schoren.

 

 

 

In jenen Häusern

Hütete man noch die

Kopfform der Verstorbenen als

Zeichen großer

Liebe und der Abkehr,

Und die Straßenfronten deiner Zimmer

Legten

Trauerkleidung an,

Und gerne wärest du ein

Eisenstab, verschweißt in einem

Gitter.

 


 

Aufschläge 6073 - 6075

 

In deinem Zimmer war noch Nacht,

Und nur ein Licht,

Das dir im Kopf erzuckte,

Brach durch deine Finger,

Und die presstest du dir fest in dein

Gesicht,

Und früher hieltst du dich so fern von hellen

Blitzen,

Und die leckten weit nach dir

Und wussten dich zu finden,

Wo du immer warst

Und dich verstecktest,

Und sie hatten jetzt

Quartier in dir gefunden,

Und du würdest eines Tages

Viel zu lange in die Sonne

Schauen und erblinden.

 

 

 

Außerhalb des Denkens

Und noch innerhalb des

Rettungsmantels, den man tragen musste,

Warst du, wo du immer warst,

Und so kam auch der Schmied zu

Neuen Ehren,

Und er schlug aus langen Drähten

Flache Stähle,

Die er drehte und verformte

Und zu Gittertüren band

Und goss sie ein in Blöcke aus Acryl,

Und man benutzte so die unbenutzten

Pforten zur

Erinnerung.

 

 

 

Man fragte dich

Und schnitt an dir mit einer Heckenschere,

Und du konntest dich nicht regen,

Und ein Blatt, das an dir wuchs,

Konnt sich zur Seite biegen,

Und noch nachher würdst du stehen,

Wo du immer warst,

Und eine Frau riss auf der schnellen Fahrt

Die Zugtür auf

Und schlug im Sprung

An eine Halterung,

Sie selbst riss vor dem Aufschlag ein

Und ihren Tag gleich auseinander,

Und man hatte diesen falschen

Einschnitt zu

Entschuldigen.

 


 

Aufschläge 6076 - 6078

 

Heute würd ich dir die falsche

Frage stellen,

Und ich hatte eine

Antwort vorbereitet,

Und die gab ich dir,

Und deinen Namen,

Den ich aufgeschrieben hatte,

Solltest du vor deinen Augen essen,

Und danach würd ich dich fragen,

Wer du seist,

Und niemals könnt der kleinste Käfer

Seine Neugier gänzlich stillen,

Und die Fragen trockner Gräser

Standen auch im Raum,

Und ich war‘s der sie für sie

Stellte.

 

 

 

Meine Augen sollten ruhig reisen,

Und sie drängten ihre Blicke

In den Spalt, der ganz vielleicht noch zwischen

Schienen und den Eisenrädern existierte,

Und sie fahndeten auch nach dem

Abstand zwischen dem Motiv

Und einer Unfalltötung,

Und ich griff nicht ein

Und war ja selbst in anderer

Mission auf meinen Spuren,

Und der Tod wuchs auf in einem leeren Raum,

Den schmückten nur drei schwarze

Tafeln, aufgehängt an weißer

Tuchwand.

 

 

 

Neben dir schlug eine Flamme

Aus der Wand,

Und sie schmolz deine

Kunststoffschale an,

Dass sich die Fläche spannte

Und verhärtete und neue Bilder zeigte,

Dass man Zonen übersprühen

Und den Ursprung täuschend ähnlich

Offen legen konnte,

Und man fand nun tausendfältig,

Ja, millionenfach, den unbenutzten

Anfang.

 


 

Aufschläge 6079 - 6081

 

In meinem Küchenfenster stand der

Unterwasserwald und Regen schrieb

So deutlich an die Scheiben,

Und das Schiff, das ich befuhr,

Das mich die Reise machen ließ,

Stieß in die Wellenkämme harten Windes,

Und ich las aus deine Händen,

Wie es mir in dir erging,

Und dieser Tag, empfand ich,

Stürmte mich nach draußen,

Und ich griff in deine Haare, die mir,

Braun und nass entglitten,

Und der Wind trug mich auf einen übergroßen

Ästehaufen an der

Straßenkreuzung.

 

 

 

Die Wasser liefen ab,

Und in den Straßengräben bildeten

Verlassne Reste eigne Inseln,

Und du schobst mit einer Handbewegung

Letzte Tropfen ab von deinem Leib

Und mich mit ihnen,

Und ich fiel ins Rinnsal, griff in nasse

Äste und glitt wieder ab

Und spülte weiter,

Und es war dir gleich,

Die Hilfe, die du brauchtest,

Konnte sicher nicht aus dieser

Tiefe kommen.

 

 

 

Aus dem Gitter, das man fest auf meinem

Kopf verschraubte,

Konnte ich nicht gucken,

Weil es die Bewegung meiner selbst war,

Und ich hörte andre über meine Reden

Klagen, die im Augenblick zwar noch

Verständlich seien,

Doch im Kopf dann alles eng verdrahteten,

Und jeder sähe mir die

Widersprüchlichkeit der Kleidung, die ich trüge,

An:

Ich sei zwar nackt, doch unberührbar

Zugemauert.

 


 

Aufschläge 6082 - 6084

 

Ich stand in einem Wald von

Tausenden von Ellenbogen,

Und ich konnte nicht die Antwort geben

Auf die Frage einer Heckenschere,

Und sie müsste ihre Arbeit machen,

Und sie könnte nicht noch lange warten,

Und das letzte, was ich machen dürfte,

Wäre dich zu nehmen,

Und dein Sternbild, las ich,

Würde niemals meinen Himmel zieren können,

Weil die Nächte, die mir leuchteten,

Doch viel zu blass sein.

 

 

 

Dann brachen die Gespräche

Fremder Frauen in den morschen Zaun,

Der um mich stand,

Sie rissen so mein Haus entzwei

Und suchten mich, erst eine

Und dann eine andere, zu vergewaltigen,

Und taten dies mit ihren Fingern

Und den Fingerspitzen,

Und belegten rundherum den Garten

Mit der frischen, feuchten

Tageszeitung,

Und der Himmel hatte zuzuschauen,

Und ich wusste nicht, warum der kalte Mond

Ganz fest in meinen

Händen schlief.

 

 

 

Auch die Geburt bereitete mir

Schmerzen,

Und ich wurde täglich neu geboren,

Weil ich viele Tode starb,

Man sagte ja, ich sei das Laub,

Das kürzer aber öfter lebe als der

Baum,

Ich fiel und wurde grau

Und brach hervor

Und trank an deiner Brust,

Die überquoll, wenn man nur mit dem

Fingernagel in die Rinde ritzte,

Und ich fing mit einer Dose jeden weißen

Tropfen auf,

Obwohl die Milch, die du so reichlich hattest,

Mir ganz farblos war.

 


 

Aufschläge 6085 - 6087

 

Helfen heißt nicht, dass du richten sollst,

Und auch der Henkersknecht ist nicht der

Richter,

Wahrheit war, dass ich am Tag gleich

Zweimal lebte,

Und am Abend hielt die Sonne an

Und ging den ganzen Weg zurück,

Und auf den Straßen wuchs schon

Gras im Pflaster,

Und es hieß:

„Die ausgebliebne Nacht trägt Schuld am

Wachstum, nicht die Sonne,“

Und sie blieb doch seit millionen

Jahren an derselben

Stelle.

 

 

 

Heute nimmt man an, dass alle

Himmelskörper gar nicht existierten,

Dass sie durch die

Nähe größerer Gedanken erst entzündet würden

Und nur sichtbar waren, weil man dachte,

Und die Denkmaschinen,

Die wir aufwärts sandten, flogen rückwärts

In bereits gedachte Gegenwart,

Und wirklich traf mich jede

Frage, die ich stellte, völlig unbeleuchtet,

Und ich wusste nicht, was gestern war,

Und reiste morgen schon in die vergangne

Nacht.

 

 

 

Der Reisezug, der mich am Abend weiter brachte,

Machte kaum Station,

Und sah ich in die Sonne,

Lief sie rückwärts,

Und ich traf erneut den Abschied einer Frau,

Die ich nun endlich wieder liebte bis zu unsrem ersten

Treffen,

Und davor stieg sie aus diesem Wagen,

Und ich hatte sie niemals gekannt

Und wusste nichts von der

Begegnung dieses Morgens,

Den man ausgerufen hatte.

 


 

Aufschläge 6088 - 6090

 

Meine Straße krümmte sich zu einem

Wellengitter,

Und die Wellen hoben sich und

Senkten sich

Und mich,

Und durch die Gitter konnte ich nicht fallen,

Und ich sandte

Und empfing durch dieses Raster alles,

Was ich dachte,

Und in Wahrheit war es so:

Es strömten Winde in dem nahen

Meer statt Wasser, und sie trugen

Sand,

Man sah hindurch

Und stand vor einer Fensterscheibe,

Die war eingesetzt in deinen

Brustkorb.

 

 

 

Ich sagte zu dem Künstler,

Dass ich auf der einen Seitenkante

Seiner Arbeit stünde,

Und ich müsste stürzen,

Und er sah nicht her,

Und meine Beine rutschten ab

Und nahmen mir den Halt,

Und noch im Fallen hörte ich ihn

Über seine eignen Werke klagen,

Die sich selbst zerstörten,

Und in meine Hand zwang sich ein

Blindenstock,

Der wusste mehr als meine Augen

Sahen.

 

 

 

Oft wurd ich zum Opfer der

Verkürzten Bilder, die entstanden,

Weil ich viel zu eilig war,

Und andre sagten mir, es gäbe

Flächen, die bestünden nur aus einer

Farbe, die zum schmalsten Strich,

Zur Ritze eines Spektrums schrumpfen würden

Und die lägen weit im Raum,

Und tief in mir war stets ein Bild zu

Meinem Trost

Und zeigte mich als

Totengräber hinter einem Felsen,

Und ich lag vor mir

Und war erschlagen.

 


 

Aufschläge 6091 - 6093

 

Mit Sägen zog man aus,

Den Baum, dem Arme wuchsen,

Zu beschneiden,

Und er stand in meinem Garten,

Und man würde an mir operieren,

Und in meiner Not und meinen Ängsten

Wuchs ich gänzlich aus den

Wänden meines Hauses

Und bot mehr als abgesägte Arme,

Und ich wurd beim ersten Schnitt

Zu Stein, ich wurd zum Denkmal,

Das man schonen musste,

Und ein Weib, das ich nicht kannte,

Schleppte einen Bausteinkasten viele Male

In sein Haus,

Und trug ihn wieder fort

Und wieder heim.

 

 

 

Ich las dann mein Gedicht vom Wind

Und dass er sich den Kopf an Gegenständen

Blutig schlug,

Und von dem Künstler, der ihn so lebendig malte,

Mit den Wunden, die ihm blieben,

Und ich wehte an bescheidnen Tagen sanft

Und stand oft stundenlang in halber

Höhe völlig still

Und blickte nicht nach dir und nicht nach mir

Und hielt mich atemlos.

 

 

 

Das Geld ließ ich aus meinen Händen fallen,

Weil ich es besitzen wollte,

Und ich quälte mich

Und stieß es mit den Füßen,

Und es blieb dran haften

Und schwoll an,

An mir bergauf,

Und wertvoll war ich mir

Und sprang aus meinem Raum,

Den Raum, den ich mit mir alleine füllte,

In die Notwehr,

Die hing unbenutzt

Und bodenfrei am

Haken.

 


 

Aufschläge 6094 - 6096

 

Gedanken, die ich hatte,

Waren die Geschwindigkeiten,

Die sich nicht zusammenzählen ließen

Und verdoppeln,

Dachte ich an Grenzgeschwindigkeiten,

Gab es nichts mehr zu vermehren,

Und es fiel ein Tropfen Gift ins Meer

Und war in Wahrheit umgekehrt:

Es fiel das Meer ins Gift

Und nichts war umzukehren.

 

 

 

In den Garten stelltet ihr die

Bronzestatuen,

Sie sollten nur die Weiser neuer

Wege sein,

Es fehlten noch die Straßen,

Die hier ihren Anfang nehmen sollten,

Und ein Kind hielt fest die Schnur

Des Drachens in der Hand

Und stieg an diesem Drachenseil hinauf,

Und es gelangte weit, weit höher als sein

Spielzeug,

Das nun aufsah und sich nach ihm

Sehnte.

 

 

 

Du maltest einfach einen Wassertropfen

In den Raum,

Es war kein Untergrund,

Und deine Formen und die Farben

Blieben haften an der Luft,

Und jeder sah genau den Tropfen fallen

Und sich äußerlich durch seine

Flüssigkeit verformen und sich runden,

Und er fiel an uns vorbei

Und blieb trotzdem an dieser einen Stelle

Haften,

Und die Doppelsterne standen unbeweglich

Gegenüber,

Und sie wussten nichts von ihrer rasenden

Bewegung umeinander.

 


 

Aufschläge 6097 - 6099

 

Bin ich denn blind,

Dass ich die Todestropfen überseh

Und steh doch in der Straße in dem

Rückgrat fremder Leute,

Und sie selbst sind unsichtbar

Und teilen irgendwo im Landesinnern

Ihre Länder neu,

Und ich soll Wache halten,

Und man bot mir eine Reise an,

Die führte in die Erde bis zum Stillstand,

Und die nahm ich an

Und warte nun und taste hier am Ende dieser

Bergfahrt,

Und es ist ja alles offen.

 

 

 

Über mir, mag sein, dass ich mich irre,

Weil ich in dem Kopfstand lebe,

Schlägt ein schwerer Hammer

Tag und Nacht

Und stünde er im Himmel,

Also unter mir,

Schlüg er umsonst,

Und über mir, im Erdreich also,

Müsste er mich bald erreichen.

 

 

 

Man konnte sich den Zählblock

Einer Zukunft kaufen, der war einfach,

Und er zählte alle nahen Tage

Nach der Größe,

Und sie wurden mit dem Abstand kleiner,

Und es war doch ganz verkehrt,

Weil sich der Wert entfernter Zeiten

Pausenlos vergrößerte

Und an Bedeutung ungeheuer zunahm,

Und der Augenblick, der immerzu geschah,

War winzig und von atomarer Kleinheit,

Und man spießte ihn mit kleinen, spitzen

Gegenständen in das Tagebuch.

 


 

Aufschläge 6100 - 6102

 

Die Explosion der Zelle war in dir,

Und viel zu eng war die Gefangenschaft,

In der du lebtest,

Und den Tisch und alle Stühle

Nageltest du an die Decke deines Raumes,

Und das Bett verschraubtest du flach mit der

Wand,

Und deinen Schrank schlugst du in tausend Stücke,

Und die Wäsche bildete ein Häuflein

Aussichtslosigkeit, das vor dem Fenster hockte,

Und es hob sich langsam, langsam der Vulkan

Als neue Insel aus dem Ozean

Und Wasserdampf stand grau darüber

Und verdrängte viel von unsrem

Himmelsblau.

 

 

 

Ein Reisender befragte mich nach einem Weg,

Der rückwärts führte,

Und ich wagte keine Antwort,

Und er stand doch nur in falscher

Richtung,

Und ich schwieg und zeigte in den Wind,

Der sprang jetzt deutlich um

Und stieß mich fort,

Riss meine Arme hoch

Und ließ mich lügen,

Und der Fremde stieg in mich

Und blieb,

Und ein Bericht, den er mir sandte,

War sehr positiv:

Er käme gut voran.

 

 

 

Ein andres Zimmer hatte man im

Leben ausgegossen mit den durchsichtigen

Harzen unsrer Zeit,

Es war unmöglich dort hinein zu langen,

Und man hätte helfen können, weil die

Kinder in dem Zimmer schliefen,

Und mit einer Lampe zündete man wohl noch

Die Gardinen an,

Und etwas stand so schräg,

Es musste einfach fallen,

Und man wusste nicht einmal, wie wahr

Der Inhalt war,

So überdeutlich lebte man darin.

 


 

Aufschläge 6103 - 6105

 

In meinem Kopf wuchs noch ein

Augenpaar, das sah nach hinten,

Und es war mein „drittes Auge“,

Wie man sagte,

Und es wurde wach, wenn alles schlief,

Sah jede Einzelheit, wenn die

Gewohnheit mich in ihre Arme nahm,

Und dir konnt ich so gut wie nichts erzählen,

Und du wohntest mir im Hinterkopf,

Ich sah dich nie,

Und meine Blindheit, sagtest du,

Würd nicht mehr heilen.

 

 

 

An den Händen spürte ich die

Wärmestrahlen einzeln,

Wenn sie darauf fielen,

Und auch, wenn sie mich verließen,

Und ein Fremder erntete an mir,

Und bündelweise trug er mich davon,

Und übrig blieb nur meine

Sehnsucht, in der Ferne meine Spur zu finden,

Und die Augen nahm ich an ein langes

Band.

 

 

 

Die Tage drängten sich bei mir,

Sie steckten eng an eng

Und wollten mir zugleich geschehen,

Und das Nachbargleis war unbefahren

Und noch völlig frei,

Und heimlich ließ ich meine Augen

Darauf reisen,

Und sie brauchten mir nicht zu berichten

Oder mir zu schreiben,

Sondern sollten als ein Teil, von mir gesendet,

Gänzlich ich sein

Und sich so von mir befrein,

Ja, ängstlich wachte ich die

Nächte durch,

Weil sich der Schienenstrang

In mir verlor.

 


 

Aufschläge 6106 - 6108

 

Im weißen Strahlen unsrer Sonne

Wurde dein Gesicht zum Spiegel,

Und, als käme die Musik direkt von dort,

So sah ich ihre Noten darein fallen,

Und es wurden Bilder deutlich, die mich sahen

Und mich mahnten und mich endlich riefen,

Und ich ging mit dir,

Und hinter mir zerbrach die letzte

Stunde staubiger Zerstreuung,

Und ein Brückenkopf, an dem ich lange

Bauherr war,

Blieb als ein abgeschlagner Armstumpf stehen,

Und mir blieb nicht Zeit

Mir meine Wunde zu verbinden.

 

 

 

In einer Wiese spielten viele

Instrumente eine Melodie aus Vögeln,

Pflanzen, Fischen, allen andren Tieren

Und den Menschen,

Und sie endeten das Spielen ohne uns

Und sprachen über eine andre Zeit,

Die war nach uns geschehen und

Würd vor uns kommen,

Und in meiner Liebe war es ähnlich,

Weil ich alles an dir kannte,

Alles an dir, alles von dir wusste,

Und wir würden uns in einer Zukunft

Erstmals sehen.

 

 

 

*) Erschienen in der Anthologie, Deutsche Lyriker der Gegenwart,

Verlag, ars nova, 1988

 

Mein Wohnhaus musste ich zum

Einsturz bringen,

Und es fiel mir leicht, es war mir keine

Heimat,

Und ich ließ es stehen,

Aber euch, in meiner Nähe,

Die ihr Wohnung an mir nahmt, blieb keine

Räumlichkeit mehr, als ich ging,

Und machte doch der Enge

Noch ein Zimmer

Frei.

 


 

Aufschläge 6109 - 6111

 

Aus deinem Buch,

Aus einer Seite,

Wuchs ein schwarzer Faden,

Und er suchte meine Augen,

Und du ließt eine wenig Ruhe tropfen

Auf die Flucht, die in mir ausbrach,

Und ich blieb und ließ mich treffen,

Und es war sehr angenehm,

Und meine Hände öffneten den Schädel,

Der mir gegenüber saß,

Und die Gedanken strickten an der

Wahrheit,

Und sie hatten dies erkannt:

Dein Leben und dein Mord, dein Sterben,

Und mein Leben und mein Mord, mein Sterben

Können nur einmal geschehen

Und sind überhaupt nicht wiederholbar.

 

 

 

Außerhalb der Erde lebte man im

Weltraum,

Und die Speise, die man mit dem Schwarz

Der Nacht vermalte, ging dem Tag verloren,

Und man kannte ihn ja nur vom Hörensagen,

Und man war gewiss, dass hier die Dunkelheit,

Die niemals abriss,

Überhaupt nicht wiederholbar war.

 

 

 

Auch der Krieg war Frieden zwischen

Gegenständen, ja, er war ein Frieden zwischen allen

Waffen,

Und es kämpfte einzig eine Nacktheit

Gegen eine andere,

Und deine Blöße und der Schrecken

Und die Langeweile aufgestellter

Denkmaschinen schrieben mit der

Spiegelschrift in ihre Himmel,

Dass man es von außen lesen konnte:

Hier ist überhaupt nichts wiederholbar.

 


 

Aufschläge 6112 - 6114

 

Ich musste mönchisch leben,

Und ich lebte wild im Leben,

Nur um mich in meiner Einsamkeit

Zu schützen,

Und ich liebte alle Menschen bis zur

Tiefe ihrer Haut und prüfte mit dem

Finger nach, der durfte nicht darin versinken,

Ob mir Atem blieb,

Und neben mir im Autofenster,

Das zerbrochen in die Straße streute,

Und es war noch ganz

Und schloss den Wagen gut nach außen ab,

Ja, neben mir entstand das Heulen

Harter Reifen auf der Bahn,

Dass ich die Augen schloss,

Ein Fließband zog sich über meine Schultern,

Daran hing mein aufgefahrner

Leib.

 

 

 

In deinem Taschenbuch verbargst du eine kleine

Skizze voller Poesie,

Es war die hingehauchte Liebe,

Die ein Wanderstock in Händen

Junger Frauen fand

Und deren Finger sich besonders um die

Erdberührung wanden,

Und du warst doch schon so alt,

Und deine flinken Augen hakten immer noch die

Jugendlichen Arme ein,

Die rissen dich aus dem Verkehr der Straße,

Der dich nicht verstand.

 

 

 

Wir wohnten auch so nahe an der Ampel,

Die Gesetze um in eine

Blindensprache wandelte,

Wir lernten sie und redeten in

Farben und in Bildern,

Und der Regen war uns eine große Hilfe,

Und die Straßen wurden schwarze

Endlostafeln in Profilschrift.

 


 

Aufschläge 6115 - 6117

 

In deinem Zimmer riss die

Wolkendecke auf,

Und Licht fiel ein,

Und ihr erkanntet euch,

Es war ja, dass ich neu vor dir entstand,

Und war für dich von gestern,

Und du sprachst mich an mit Worten, die ich

Lang vergessen hatte,

Und du mühtest dich, um etwas bang

Dein Gestern zu erinnern,

Und ich sagte dir, die Sprache, die wir

Sprechen müssten,

Wäre neu zu lernen,

Und die Wolkendecke schuf sich hier,

Wie überall

Und achtete nicht auf poetische und herrische

Figuren, die sie bildeten.

 

 

 

Das Kind, es war mein eigner Sohn,

Spann mir ein Bild voll Leidenschaft,

Und einer seiner Bäume, die er bildete,

Stand in drei Himmeln,

Und es war das Gras hellgrüner Wolken

In dem Wasser seiner Tränen,

Und es war ja blau,

Und mit den Ästen konnte sich der Baum

Allein versorgen,

Und er stand nicht in der Erde,

Und du feiertest heut den Geburtstag eines

Ausgesuchten Steines.

 

 

 

Die neuen Tänze tanzte man allein,

Und man verstellte sich

Und wurd ein Gegenstand, der sich entdeckte,

Und der Tänzer musste sich bewegen, ohne eine

Rücksichtnahme auf die eigene

Erwartung,

Und man sprach ganz ungehemmt mit Giften

Und mit Tötungsinstrumenten

Und es wuchs ein Tier an jedem Tänzer,

Das fraß unersättlich an sich

Selbst.

 


 

Aufschläge 6118 - 6120

 

Zwischen beiden Gärten wuchs die

Mauer unsichtbar und tief

Und in die Erde,

Und man überschritt sie

Und war ungefährdet,

Und man wär verloren, müsste man die absolute

Dunkelheit durchwandern,

Und ich zeigte dir, dass auch das Nichts

Begrenzt war mit den Splittern

Erster Fragen,

Und der Gruß, den du mir sandtest,

Kam zu mir als Schrift,

In Stein geschlagen.

 

 

 

Die Sonne stand auf einer

Sommerleiter über uns

Und brannte in die spröden Risse ihrer

Sprossen,

Und ich stieg hinauf

Und fand sofort, wie unerreichbar mir die

Helligkeit in ferne Höhen wich,

Und mit mir zog der Durst,

Ein Sprung von hier, würd ich ihn wagen,

Könnte nicht mehr enden.

 

 

 

Auch die Steine, die du sammeltest,

Behielten ihre Neigung zueinander,

Und man ordnete in einer Gräberstadt mit sehr viel

Mühe alle Glücksgefühle, die den

Toten hier entglitten waren,

Auf die eine Seite

Und die Knochen auf die andere,

Und die Besucher wussten es nicht besser

Und betraten nur das Glashaus,

Das nicht zu betreten war.

 


 

Aufschläge 6121 - 6123

 

Vom Hügel fiel mein

Augenblick ins Tal,

Er schnitt sich durch die engen

Zweige eine Schneise,

Und er kam nicht an auf andrer Seite,

Und ich stand auf einem Mauerrest,

Der wuchs hier tief im Wald,

Der Kampf, der einst Besitzer tötete,

Entstand ganz neu:

Es schnitt ein unbekanntes Messer

Meinen Aufbruch in die andren Ufer ab,

Und von der Mitte stürzte ich mit hochgestellten

Flügeln nieder.

 

 

 

Ein junge Frau hielt ihre Schürze auf

Und fing mein Fallen ab

Und schloss mich ein darin,

Und in dem Zimmer standen hochgestellte, alte

Balken, die sie täglich frisch begoss,

Und mich in ihrer Schürze trug sie heimlich

In ihr Zimmer,

Und ich sollte ihr das Alter meiner grünen

Flügel anvertrauen,

Und sie würd mich nicht verraten.

 

 

 

Und im nächsten Haus floss ein

Gewässer durch das schönste Zimmer,

Und man sah so weit und über alle Hügel,

Und man fand kein Ende,

Und die nahen Wälder wuchsen an den

Wänden hoch und wählten sich die

Wanderer, die müssten unbekümmert sein

Und durften sich nicht von der Stelle

Fort bewegen.

 


 

Aufschläge 6124 - 6126

 

Die Sonne fiel ins Kirchenschiff

Und fand den Horizont verkehrt herum,

Und alle Gläubigen entließen ihr Gebet

Nach oben in die Erde,

Und im Himmel standen ihre Füße,

Und die Lieder, die ich hörte,

Waren lange schon in Stein geschnitten

Und verbrachten ihre Zeit des Wartens

Außerhalb

Und würden nie mehr in die Wolken steigen,

Die am Boden lagen, greifbar nahe

Und so fern, dass ihnen sich das Wort

Nicht mehr als Lampe an die Füße

Tragen konnte.

 

 

 

Im Kirchenfenster stand die Gläsermalerei,

Mit Blutlauf angerichtet und mit

Himmelsblau und mit dem

Wort aus Fleisch,

Es rührte niemanden,

Und über eine Kanzel legte man den schweren

Mantel, der voll Demut schwieg,

Und später, als ein alter Mann die Hand voll

Küsse auf das Leinen legte,

War es hart aus Eisen

Und bewegte sich in keiner seiner Falten

Mehr.

 

 

 

Draußen sah man einen

Vater und ein Kind in eine

Mauer eingefügt,

Und so viel wusste man, hier käme keine

Frau vorbei, die nur die

Hände vor die Bloßen halten,

Die euch aus den Steinen schlagen würde,

Die den Ärmsten ungebackne Brote brächte

Und ihr

Spottlied auf die Nacktheit

Schon im Vorhof sänge.

 


 

Aufschläge 6127 - 6129

 

Diese Abfahrt war gewiss die falsche

Ankunft,

Und wir konnten nichts entscheiden,

Und ich las dir vor von allem was mir wichtig war,

Und meine Sätze waren, kurz genug als

Perlenkette aufgereiht, nach einem

Sinn der Fahrt zu fragen,

Und das Wohnhaus wuchs nun über uns hinweg

Und schloss uns ein,

Und etwas weiter fort, im Garten,

Sah man durch die Fenster die Gesetze

Wachsen.

 

 

 

Meine Worte änderten die Richtung, wenn ich

Mit mir sprach, und eilten fort von mir

Und suchten sich verständnisvolle Ohren,

Und die Strahlen, die von außen an mich rührten,

Wurden umgelenkt, vorbei an meinem Kopf

Und schossen weiter in die vielen offnen

Münder, die schon darauf warteten.

 

 

 

Man sah nicht, dass das Licht, das durch die enge

Öffnung in den leeren Kasten fiel,

Hier drinnen alles detonieren ließ im Hellen,

Und es drang in allerletzte Spalten, Winkel,

Und ich stand gebannt vor dir

Und horchte auf die Explosion, die hinter meiner

Stirn verlief.

 


 

Aufschläge 6130 - 6132

 

In deinem Zimmer hing das

Spielzeug von der Decke,

Und es gab doch keine Kinder hier,

Und in Regalen standen kleinste Automaten,

Die man programmieren konnte,

Und sie wurden dir zu eigenwilligen

Gespielen, die nicht taten, was du ihnen sagtest,

Sondern sie beschlossen miteinander, was

Und wie sie handeln wollten,

Und sie spielten noch, wenn du sie schon

Verlassen hattest,

Und sie brauchten nur von dir

Die Augen, die du auf die Borte legtest,

Und die Automaten wussten nicht,

Dass sie aus Glas bestanden.

 

 

 

Deine Arme waren weit entfernt von dir

Im Raum und waren hier an dir,

Du standst vor einem Simulator, der dich ansah,

Der dich übertrug und außerhalb beschäftigte,

Und was du heute zu mir sprachst,

Das sagtest du erst morgen,

Was du heute machtest,

Machtest du erst morgen, wegen der Entfernung,

Und dein Lohn dafür war ein Tag

Länger leben

Als du lebtest.

 

 

 

Man legte zwischen die Entfernungen,

Die nicht mehr messbar waren,

Vierdimensionale Straßen,

Und so war es möglich,

Dass du ohne Hilfe mit dem linken Auge

In dein rechtes sehen konntest

Und auch umgekehrt,

Und in der Einsamkeit, die in dem Zimmer herrschte,

War es nötig,

Fremden zu begegnen.

 


 

Aufschläge 6133 - 6135

 

Der neue Tag war schnell verletzt,

Und eine Narbe zeigte sich

Durch erste Schritte,

Und es war die Nachricht früher Tode,

Die wir nachvollzogen,

Und wir sahen, dass die Zukunft schneller kam,

Als wir je ahnen konnten,

Schlimmer noch, sie lief an uns vorbei

Und machte nicht Station,

Und mit dem Aufbruch, den wir noch versuchten,

Schufen wir ein Ende,

Und vorbei an mir ging eine Frau, der sah ich nach,

Und meine Augen blieben weit zurück,

Und alles nahm sie mit in ihrer

Wegelagerei und raubte von mir

Zeit.

 

 

 

Die Güter, die wir nicht veräußern durften,

Waren außerhalb begehrt als Gold,

Und uns stahl man die Zeit,

Ein Raub, der alles engte,

Und er hinterließ nicht einen

Augenblick.

 

 

 

Viele lebten schon in Räumen über uns,

Und jeder sah die Enge,

Die nahm schrecklich zu,

Man legte um die Häuser Gürtel unsrer Zeit,

So konnte diese Trennung zwischen

Heut und gestern deutlich werden,

Und ich lebte innerhalb.

 


 

Aufschläge 6136 - 6138

 

Der Tod, mit dem du handeltest,

War nicht dein eigener,

Dir steckte dieser Tod nicht voller Leben,

Und er lag geschichtet neben dir und numeriert,

Und große Mengen gabst du ab mit dem

Rabatt, der nötig tat, ihn günstig zu vertreiben,

Und ein Kind stand auf dem Berg, auf einem Stein,

Es war so leicht ihn von dort oben in das Tal

Zu senden,

Und dort unten zupfte man die Kleider

Irgendeiner Festlichkeit zurecht

Und saß gerade,

Und man war sich einig, dass das Glück

Mit nichts zu zwingen wäre,

Dass man warten müsste auf die

Ebenen, die den Gewaltmarsch durch die

Bergwelt enden würden.

 

 

 

Schon hatte sich das Kleid an dir

Verzerrt, verschoben,

Und der Ausschnitt war ein wenig streng,

Auch etwas frech,

Man musste die Bewegung kontrollieren,

Und es waren Millimeter, die du noch berichtigtest,

Dann saß es wahrhaft recht,

Und schnell goss man dich ein in durchsichtigen Stoff,

Der dich erhielt, voll Leben, voller Absicht,

Und als Denkmal größter Selbstzufriedenheit,

Dir selbst zum Beispiel.

 

 

 

Ich selbst vertrieb nur Schlüssel, die ich machen ließ

In der Gedankenkammer,

Dort konnt jeder alles schaffen lassen,

Und die Schlüssel passten auch für

Tötungsräder, die so heimlich liefen,

Und die Schlösser dafür saßen allesamt an mir,

Und mich, so sagte man,

Müsst ich verschließen,

Nicht die

Schlüsselkammer.

 


 

Aufschläge 6139 - 6141

 

Ich schreckte auf von Lindenblütenduft,

Der schob sich über meine Fensterbank ins

Zimmer, sein Geräusch war lautlos in der

Explosion mit der er mich an tausend

Einzelheiten neu erinnerte,

Und durch die Zweige spülten weich die Hände ohne

Körper, die zum Boden reichten,

Und dort mit den Schlingen reifer

Wasserpflanzen spielten,

Und sie hielten bis zum Untergang, wen sie

Erreichten,

Und sie haben mich

Ertrunken.

 

 

 

Im Fichtenwald erfuhr ich Ähnliches, als meine

Augen in das Summen unsichtbarer Bienen fielen,

Und sie sprengten meinen Kopf,

Und meine Ohren stiegen in die höchsten, grünen

Meere,

Deren Brandung hörte ich hier unten an mich

Schlagen,

Und sie zog mich stark

Und hat mich unter Farn im Nadelsand

Ertrunken.

 

 

 

Nachts ging ich ins Freie,

Und in einer Wiese schloss ich meine

Schnüre auf und floss sofort in eine nie gekannte

Ruhe,

Und sie steckte ihre Grenzen, die vor mir verliefen

Und entwichen und doch greifbar blieben,

Und ich hängte meinen tiefen Atem

An die schwarzen Wände um mich her,

Die sandten mir ihr Schweigen,

Und sie haben mich darin

Ertrunken.

 


 

Aufschläge 6142 - 6144

 

Der Baum verlor die Federn,

Und ich sah sie ringsherum im Gras,

Und du standst tief im Wasser eines Flusses,

Der sog alle Federn auf, sobald sie ihn berührten,

Und du riefst nach mir, ich sollte mich beeilen,

Und die Zeit, die bliebe, so allein, sei abgezählt

Und wäre bald vorbei,

Und meine Fenster öffneten sich weit

Und ließen rote Sonnensamen ein,

Die wärmten mich genug,

Es reichte mir,

Darin zu schwimmen.

 

 

 

Vor mir stand ein übergroßes Schiff,

Es war nur meinetwegen hier

Und blieb doch vor der Küste,

Und ich kam nicht hin,

Und über mir stand eine Flugmaschine,

Und sie wartete auf mich und kam nicht näher,

Und der Sturm, der sie in diese Höhe drückte,

Hielt mich fern,

Und deine Pforte, die mich in den Kleidern

Wohnen ließ,

War nur der Pinselstrich an einer schwarzen Wand

Und ließ mich nicht zu dir,

Und alles, sah ich nun, war nur gemalt,

Und jemand legte mit dem Rest der Farbe

Letzte Hand an mich.

 

 

 

Die Bank stand im Gebüsch versteckt,

Man sah sie nicht sofort,

Ich saß darauf,

Und ich beschrieb die Felder eines königlichen Spiegels,

Und ich kämpfte um die Überlebenden,

Die mussten sich an Felsen klammern,

Und die Flut stieg an zu ihnen,

Und ein Sieg war gänzlich aussichtslos

So ohne Gegner.

 


 

Aufschläge 6145 - 6147

 

Ein Fußweg führte fort vom

Straßenrand, es war ein abgebrochner

Ast, der mit den Zweigen seitwärts zeigte,

Und wir gingen hin und standen unvermittelt

In der Landschaft blätterloser Birken,

Deren weiße Stämme wuchsen aus dem

Wasser, das war ausgewalzt aus dünnem Blech

Und spiegelte gespenstisch diesen Wald aus

Graden Rippen,

Und die Spiegelbilder, die in dem Metall entstanden,

Waren moorschwarz,

Und wir gingen auf erhöhten Stegen, die bald flacher

Wurden,

Und weit vorne schoben sie sich unter diese blanken

Flächen,

Und wir folgten ihnen mit dem Weiß

In ihre Tiefe,

Um daheim zu sein.

 

 

 

Zwischen meinen Zimmerwänden hingen

Dünnste Folien aus Metall, die reagierten auf das

Sprechen, das im Zimmer wörtlich wurde,

Und es war hier niemand,

Und ich sah ganz deutlich wie die Bleche

Schwangen, sich im Tönen krümmten

Und sich gegenseitig Antwort gaben auf die

Fragen, die hier standen.

 

 

 

Über mir lag schwer die Wolkenwand,

Die zog ein Bleigrau auf und war

Aus Glas,

Und sie umhüllte mich,

Und etwas weiter bildete sich eine zweite

Haut,

Die Wohnung war in einer Glocke

Und die wiederum in einer zweiten,

Und ich sah mich ganz genau darin

Und stand hier draußen vor dem doppelten

Verschluss an mir.

 


 

Aufschläge 6148 - 6150

 

Du drängtest mich ganz eng an unsichtbare

Fenster, die du mit der ausgestreckten Hand

Ganz einfach in die Landschaft schnittst,

Und dieser Eingang könnte Anfang sein,

Und rundherum wuchs aus den Worten unser

Wohnhaus, ungewöhnlich fest

Und wunderbar,

Und ich und du, wir waren mittendrin im

Zimmer,

Und es war ein fremder Arm, ganz unbewegt,

Der sich nicht regte und nichts tat

Und war nur in Reserve, bis das Licht

Erlosch, total und automatisch,

Und es gab uns überhaupt nicht.

 

 

 

Die Kunst, so las ich, würde in den Augen

Des Betrachters erst entstehen,

Und ich wollte sie erkennen,

Und ich stand vor mir und sah in einen

Spiegel,

Und mich rief ein Apparat, der klingelte,

Und der befahl mein Kommen,

Und ich lief und konnte die Entdeckung

Nicht beenden,

Und ich schlug, so schnell es ging,

Den Spiegel ein

Und griff nach mir

Und nahm mich mit

Und würd das Kunstwerk später noch einmal

Studieren.

 

 

 

Das kleine Wasser portraitierte mich in seiner

Lüge:

Alles war auf der verkehrten Seite,

Und es war ein Unterschied zur Spiegelung

In dir,

Du glaubtest mir und schraubtest deine Haken

Für die Seile deines Zweifels tief in meine

Stirn,

Ich spürte nichts und alles wäre wohl in Wahrheit

In die Gegenseite

Eingedrungen.

 


 

Aufschläge 6151 - 6153

 

Du drehtest dir die Illusion aus

Eisenstäben,

Und die Tür, die nun entstand, trug deinen

Namen übergroß und doch zu klein, um

Übersehn zu werden,

Und dein Kleinkind lehrtest du die

Schlüssel zu benutzen,

Und es aß sie alle auf,

Und ich stand vor dem Gitter dieser Tür

Und sah durchs Schlüsselloch und fand dahinter

Jeden Stein und jeden Menschen, der ganz regungslos

Im Wege stand, beschildert,

Und durchs Gitter sah ich nichts davon.

 

 

 

Es war mir selbst, als stünd ich vor dem

Blankmetall, das meine roten Strahlen

Reflektierte und ein Wärmebild von mir beschrieb,

Ich kannte mich nicht wieder,

So verändert fand ich mich,

Und du verspürtest meinen

Umriss ganz genau auf deiner Haut,

Und die blieb völlig kalt

Und rötete sich nur an Stellen der

Begegnung.

 

 

 

Ich wollte ganz allein sein

Und kam her zu dir,

Und deinen Körper wollte ich an meinem spüren,

Und ich sagte dir ganz neidisch:

„Immer hast du dich bei dir

Und teilst dich nicht mit mir

Um meinetwillen.“

 


 

Aufschläge 6154 - 6156

 

Mein Tod wird wohl nichts weiter sein,

Als die Verhinderung der Zeit,

Vorüber ist das Uhrenstechen,

Und die Alten haben recht und sagen:

„Eine Ewigkeit währt schon das kürzeste der

Menschenleben,“

Und ich habe viele selbst erlebt

Und mag sie nicht mehr zählen,

Und der Hund wärmt immer noch die

Füße einer alten Frau,

Die hatte etliche der Hundeleben

Hinter sich,

Die möchte sie nicht missen.

 

 

 

Draußen herrschte sanftes Regenwetter,

Und die Tröpfchen eilten nicht zur Erde,

Und sie waren leichter,

Und sie schwebten wieder aufwärts,

Und es regnete nach oben,

Und es war nur dieser eine Vogel, der

Noch sang und sang doch unter Wasser,

So wie ich,

Und unsre Lieder klangen lauter, drangen weiter

Als das Schweigen,

Das sie trug.

 

 

 

Es war modern, die wirklich leuchtend, roten

Lippen einer Frau in Übergröße überall zu zeigen,

Und sie waren starr in ihrem Leben,

Und den Körper suchte und vermisste niemand,

Und ich kannte ihn und ging oft hin zum

Stein, der teilte einen Bach,

Er sprach zu mir aus

Zeiten, die in der vergangnen

Zukunft seines Lebens lagen

Und er brauchte keinen Mund dazu.

 


 

Aufschläge 6157 - 6159

 

In unsren Zimmerbildern, die elektrisch kamen,

Und uns immer näher in das Leben

Andrer Leute brachten, ohne uns und ohne sie

Zu rühren,

In den Zimmerbildern lebte jedes Leben in

Bewegung,

Und es war ein Unterschied zu finden,

Und ich lebte wirklich und blieb unbewegt

Und stand

Und flehte selbst in den bewegten Zimmerbildern

Um Erbarmen.

 

 

 

Eins Ärztin stand dazwischen,

Und sie zählte viel mehr Tote, wenn es

Regnete, als wenn die Galerien sich neuen

Künstlern widmeten,

Und die Verhinderung des einen und des

Anderen, so sagte sie,

Sei ihr nicht möglich, sei ihr nicht gegeben,

Und sie sei auch weit entfernt davon, das eine

Oder auch das andere zu schaffen,

Und sie heile in der Gegenwart,

Und die beträfe beide.

 

 

 

Es war der Hunger anderer, der mir die

Löcher in mein Fell fraß,

Und es fehlte auch die Unterkunft,

Und es war nicht genug, die Würde dieser

Vielen Toten zu beschreiben,

Und sie waren noch am Leben,

Und es brach ein Streit um einen

Tropfen aus, der niederfallen würde,

Und er hing noch fest am

Faden, hier in meiner Hand.

 


 

Aufschläge 6160 - 6162

 

Mein Armenkleid entdeckte ich an anderen,

Ich selbst war nackt

Und keiner achtete auf mich,

Und meine Kunst war niemals Selbstzweck,

Und sie war mir immer

Speise, die ich zubereitete

Und saß allein am Tisch,

Den deckte ich wohl

Vierzig oder fünfzig Mal mit schwarzer

Farbe, die lag Schicht auf Schicht.

 

 

 

Drei der Tische hatten schwarze

Oberflächen,

Und sie waren mit den Beinen an der

Wand verschraubt, die Platten standen

Senkrecht zu dem Boden,

Und wie hätt ich essen sollen,

Und ich müsste warten, bis die Wände

Sich ganz parallel zum Horizont

Verschieben würden,

Und die Tische waren einfach Löcher

In der Wand und

Vor der Nacht.

 

 

 

Ich war enttäuscht

Und fiel in meine Knie

Und nagelte die Füße an die

Dielenbretter,

Und ich durfte mich auch nicht entsetzen

Und zwölf Stunden, wusst ich, würden noch

Vergehen, dann befände ich mich ganz gewiss im

Kopfstand gegenüber auf der andren

Erdenseite,

Und ich brauchte nur zu warten.

 


 

Aufschläge 6163 - 6165

 

Künftig würde ich von gelbem

Strandsand leben müssen,

Und ich wusste noch nicht wie,

Und war doch selbst gefüllt mit schwarzer

Tageserde,

Und in Bildern zeigte man mir hunderttausend

Dinge, die aus Strandsand waren,

Und zum Schluss sei selbst der Stein aus Sand,

Und nicht das Wasser sei der Mittelpunkt der

Erde sondern nur das Feuer,

Und der Mensch, die Wesen und die Dinge selbst

Bestünden endlich aus

Verbrennung.

 

 

 

Das Kunsthaus war gefüllt mit vielen

Häusern, die die Kunst schon in sich trugen,

Und ich ging hinein und wollte Eintritt

Zahlen, und man lachte über mich:

Es brauche niemand sich als Gast zu melden oder

Auszugeben,

Wenn er sich besuche,

Und ich fand mich nicht

Und fragte neu,

Und diesmal nahm man mich nicht wahr,

Und irgendeiner wies auf mich

Und schickte einen Fremden,

Der besuchte mich,

Und musste Eintritt an mich zahlen.

 

 

 

Als ich heim kam, war mein Wohnhaus fort,

Und nichts erinnerte daran,

Und die Familie fand ich nirgends,

Und das Grundstück war gelangweilt leer und

Zugewachsen,

Und ich rief vertraute Namen, die ich kannte,

Und man stieß mich an und man verlangte,

Dass ich nicht mehr nach mir riefe,

Nicht in dieser, nicht in andrer Form,

Ich schwieg betroffen

Und trat ein in mein Zuhause,

Und ich kannte alle, die dort waren,

Wieder.

 


 

Aufschläge 6166 - 6168

 

Ich kam aus einer Prägmaschine und war stark

Vergrößert,

Und ich wurde tausendfach und mehr von mir

Und viel genauer, als ich selbst mich jemals sah,

Ich sah mir ins Gesicht,

Und wichtig war die neue Gegenwart von mir vor mir

Und zeigte auch den

Abstand, den ich zu mir hatte,

Und man klebte mich, so wie ich war,

An unsichtbare Wände, die durch das Plakat

Entstanden.

 

 

 

Ein Haken war im Raum

Und der war nicht befestigt,

Und an ihm hing nichts,

Und nichts war in der Nähe,

Überhaupt war um ihn her totale Leere,

Und ich wurde, außer diesem Haken, auch ein andrer

Gegenstand und wechselte die Wesen,

Und es ist schon lange her, dass ich mit

Sicherheit das ganz Bestimmte und

Erinnerbare war.

 

 

 

Mir wurde auch der Raum zu eng,

Und ich allein bemerkte, wie ich ihn mit meinem

Atem einzog und ihn in mir leerte,

Und er war schon vorher völlig ohne jeden

Inhalt,

Und ich musste mich entschuldigen,

Weil ich hier keine Heimat fand

Und war doch auf der Suche

Und befand mich zwischen dir, die mich verstand,

Und mir in meinem

Atem.

 


 

Aufschläge 6169 - 6171

 

An meiner Seite stand ein Fahnenmast,

Den schlug ein Stahlseil, das der Sturmwind

Immer wieder straffte,

Und mein linker Fuß blieb in der Angel, Heimat,

Hängen,

Und ich sollte sagen, wie ich weiter gehen wollte,

Und am rechten Bein hing mir die Sehnsucht

Nach der Heimat,

Die war hier nicht aufzufinden.

 

 

 

Später sandte ich mich an den Strand

Und ging voll Hoffnung hin

Und würde tausend Spuren finden

Und probierte alle,

Und ich musste mich beeilen, weil die

Flut an meiner Schwelle stand,

Und trotz der Auswahl

Passte mir nicht eine.

 

 

 

Zu dritt saß ich mit mir am Tisch

Und trank dreifach mit mir vom Wein,

Ich aß drittselbst,

Und endlich fand ich mich so ähnlich wieder in der

Erdschaft, in der Landschaft,

Und ich atmete ganz frei

Und schloss mir das Geheimnis

Dreifach ein.

 


 

Aufschläge 6172 - 6174

 

Aus einem Apparat, der Stimmen sprach,

Vernahm ich mich

Und hörte mich Gedanken sprechen,

Die ich niemals hatte,

Und ich endete damit, dass ich mir vorwarf,

Ohne mich zu sein, und daran, sprach der

Apparat, sei einzig meine Teilung schuld,

Ich war tatsächlich ohne Stimme,

Und ich musste alles, was ich sagen wollte,

Niederschreiben.

 

 

 

Ich verletzte mir die Hand,

Ein wenig Blut quoll aus der Wunde,

Und es kochte an der Oberfläche

Und verdampfte dort,

Und ich ging mir, das sah ich ja,

Auf diese Weise rot verloren,

Und ich hörte immer weniger

Von mir.

 

 

 

Nachmittags bekamen wir Besuch,

Der saß schon lange dort, als ich noch

Ausschau hielt,

Und er und ich, wir suchten mich, weil wir

Mich dort erwarteten,

Und unter einer Asphaltdecke lag ich dann,

Ein wenig eingerollt

Und war so kaum zu finden,

Und die Wagen fuhren, ohne es zu merken,

Über diese Wölbung hin.

 


 

Aufschläge 6175 - 6177

 

Es wuchs der Bogen deines Mundes,

Und er stand von dir gelöst im Raum,

Und ich wich nicht von dir

Und war ein Halbkreis voller Farben,

Und man sah gut durch ihn durch,

Und niemand konnte dich betreten,

Seinetwegen,

Und du konntest dich nicht mehr verlassen,

Seinetwegen,

Und du warst der erste Kunstmond,

Den wir fest in unsren Händen hielten.

 

 

 

Zwei Menschen, die uns gegenüber saßen,

Kannten sich und uns,

Und sie erzählten uns von sich

Und was sie an sich kannten,

Und es war noch weniger,

Und wir erkannten sie nicht mehr,

Und uns versprachen sie,

Dass man sich endlich etwas kennen lernen müsste,

Und auf meinem Bild, dass ich mit meinen

Händen einfach in die Landschaft malte,

Brannten mir die beiden Körper

Aus dem Raum,

Vielleicht würd ich dorthin an einem dieser Tage

Eine Abenteuerreise wagen.

 

 

 

Unter meiner Landschaft war die

Erdschaft,

Und ich lebte oft in ihr

Und sie in mir,

Und in der Wohnung eines Arztes

Hing ein farbenfrohes Herz an einer Wand

Und schlug seit Jahren schon in einem unsichtbaren

Raum, erzählte man,

Und wirklich hatte ich es oft gesehen,

Und es war mir gut bekannt von meiner

Erdschaft,

Und es pochte damals noch in meinem

Körper.

 


 

Aufschläge 6178 - 6180

 

Wir hatten einen Unfall,

Deine Hülle wurde stark verbeult,

Und deine Richtgedanken waren nicht mehr

Orientiert,

Und auch dein Schutzlack, der sich sonst so hochelastisch

Zeigte, alles abwies, lag nun neben dir,

Und ich war ebenso verletzt wie du,

Und aus der Stirn lief warmes Blut an meine

Augenbrauen,

Und es war mir lieb und wert,

Und dankbar strich der Rücken meiner Hand

Darüber hin.

 

 

 

Im Krankenhaus verpflanzte man schon

Häute, die entnahm man einem orbitalen

Schutzring, der uns ganz umgab,

Und man verwendete davon nur kleine Flächen,

Weil der Mensch so winzig war, gemessen an der

Länge eines Tages,

Und von außen konnte man nun häufiger

An ganz bestimmten Stellen

Bis ins Herz sehn.

 

 

 

Wir mussten uns im Umgang mit den

Ungeübten üben,

Die erzeugte man in Krankenhäusern,

Und es war der falsche Platz,

An ihnen gab es nichts zu ändern, nichts zu heilen,

Und sie starben während irgendeiner Arbeit, ohne einen Ton

Von sich zu geben,

Und die kleinen Fehler, die sie hatten,

Reparierten eingebaute

Automaten.

 


 

Aufschläge 6181 - 6183

 

So lief ein lauter Tag an mir vorbei,

Und ich vernahm nicht einen Ton,

Ich hörte von der Malerin im Norden,

Die sich jahrelang selbst portraitierte,

Und die Schonungslosigkeit blieb stehen in den

Eigenbildern,

Und sie schrieb noch einen Brief und darin,

Dass sie abseits stünde, neben ihren

Jahren,

Und ihr Abbild wurde immer rücksichtsloser gegen ihre

Wahrheit.

 

 

 

Mitten in dem Fenster stand ein goldner Fisch,

Und der bewegte sich fast nicht im Strömen

Einer fernen Sonne,

Und ich kniete mich davor und hätt ihn gern

Gefüttert,

Und ich wusste nicht womit und musste auch in diesem

Winkel meines Blickes hocken bleiben, dass er seine

Strahlen nicht verlor,

Und so wurd mir dein Lachen

Sichtbar.

 

 

 

Zwischen unsren Betten

Liefen alle Ufer ineinander,

Und ich ging statt meiner fort und unbekannte

Wege,

Und ich meinte doch, dich ganz genau zu

Kennen.

 


 

Aufschläge 6184 - 6186

 

Meine Beine lagen in den Fesseln meiner

Schritte, die ich machen wollte,

Und sie waren mir so schwer,

Ich stand ganz oben auf der Spitze eines

Mastes,

Und ich sah nach vorn zu dir,

Und du versprachst mir,

Wenn ich von dem Finger fallen würde,

Wär es deine Hand, die drunter läge,

Und ich konnte es nicht glauben.

 

 

 

Als ich träumte, war ich wach

Und war ganz sicher,

Und ich prüfte in den Nächten alles, was ich tat,

Und war so logisch, dass ich meinen Träumen glaubte,

Und ich lief im Meer und musste mich beeilen,

Und es war normal, dass schweres Blei an meinen

Füßen, jeden meiner Schritte hinderte,

Und die Bewegungen erzeugten Widerstand,

Und vor mir hattest du nur deine Hände

Aufgerichtet,

Und ich lief dagegen.

 

 

 

An der Küste stand ich schräg im Sturm,

Und nicht zu weit entfernt davon lag dein gewölbter

Mund,

Er war mir zugewandt

Und blies mich an,

Und ich ging immer weiter vor

Und kam dir überhaupt nicht

Näher.

 


 

Aufschläge 6187 - 6189

 

Ich las von dir in einem Brief,

Den du mir sandtest,

Und ich träumte augenblicklich durch die

Nase und durch meine Fingerkuppen,

Die ganz flach auf dem Papier nach jeder

Falte spürten,

Und sie schoben sich entlang an deiner

Warmen Haut

Und tauchten in den Duft der

Haare.

 

 

 

Anderswo verriet ein Krater in der Erde

Und der abgebrannte Fetzen einer Hand,

Dass fremde Sprachen ähnlich dachten,

Und es dauerte in Wahrheit die Sekunde

Eines Todes jedes Mal am längsten,

Und ich war doch sicher,

Dass ich in der Hundehütte

Sterben wollte.

 

 

 

Von dem Fahrzeug rollten schwere

Fässer in das Meer, das hier nicht strömen sollte,

Und zerplatzten,

Und es war die Straße, die wir fuhren,

Und das Meer wurd endlich frei,

Aus jenen aufgeschlagnen Fässern lief es aus

Und über uns hinweg

Und breitete sich majestätisch aus,

Als Mantel hing es über unsren Schultern,

Und es tropfte auf den

Boden.

 


 

Aufschläge 6190 - 6192

 

Es ging ein Regen nieder,

Der bestand aus feinstem, weißem Sand,

Der schmirgelte im Laufe der

Jahrtausende aus dir den

Flusslauf,

Und bizarr erschien mir alles, was du sagtest,

Und es floss kein Wasser,

Und man hätte einst

Skulpturen eines Künstlers von der Brücke

In dein Flussbett fallen lassen,

Und man müsste warten, bis ein wahrer

Regen käme,

Und der würd dich aus dem

Grunde waschen.

 

 

 

Alles, was du sprachst, versteinerte sofort zur

Wahrheit,

Und ein Steinmetz machte sich daran,

Dich zu behaun und wollte deinen

Ursprung finden,

Und es schützte dich vor seinen Schlägen

Eine ultraharte Quarzschicht,

Und es kam kein Wort mehr über deine

Lippen.

 

 

 

Der Wind nahm seinen Raum

Und nahm dich ein, wenn du nur einen

Schritt zu machen wagtest,

Er verwischte deine Formen ganz,

Und wirklich war es anders,

Nämlich deine Wärme stand noch lange dort

Und hielt sich hinter dir,

Und ohne irgendwie auf dich zu achten,

Mit verschwommenen Konturen,

Die verblassten erst allmählich.

 


 

Aufschläge 6193 - 6195

 

Man sprach weltweit von einem Mann

Und einer Frau,

Und beide waren völlig aus Metall

Und doch aus Fleisch und Blut wie alle anderen,

Nur eine Analyse fand metallische Verbindungen

In allem dieser Zwei heraus,

Auch war die Herkunft unbekannt,

Und unser Miteinander war jahraus, jahrein

Neutral und höflich,

Und wir mieden, bis auf Augenblicke der

Verschmelzung, die Berührung,

Und in einer Wüste standen

Kugelsteine aus Granit,

Die hatten wir in unsrem Leben

Rund geleckt

Und jeder saß allein vor einem.

 

 

 

Irgendjemand schrieb in mir an einer

Zeitung,

Und ich war allein der Leser und der Felsen,

Der in einer Landschaft stand,

Ich würde nicht von außen her zerbrechen,

Sondern jedes Grammteil, das der Wind

Abtrüge würd den Druck auf ihn verringern,

Und ich müsste irgendwann von innen

Explodieren,

Und dein Ohr lag fest an meinem Kopf,

Wo es so deutlich war, und horchte,

Und ich blätterte bereits in

Schiefertafeln ab,

Weil ich mich dehnte.

 

 

 

Ein Feuernebel zündete grad zwischen

Mir und meinem Haus,

Er flirrte und verzerrte sich

Und stieg nach oben und riss ab

Und spielte in den Hitzewellen,

Und ich sah das erste Mal

In welcher Unverständlichkeit

Gedanken sich gebären.

 


 

Aufschläge 6196 - 6198

 

Die Brandung grünen Grases

Schlug an deine Stirn,

Darunter, deutlich sichtbar,

Lag der Meeresboden,

Und die Fingerspitzen stießen hin und wieder

Einen Stein darin beiseite,

Und sie weckten das Getier,

Das schoss heraus und floh vor dir,

Und die Gespräche, die ihr gestern führtet,

Waren schwarze, eingeklemmte Käfer

Zwischen Schuh und Weg,

Ich blieb absichtlich darauf stehen,

Und es war so jämmerlich, in

Tatenlosigkeit der Langeweile ihre

Zeit zu stehlen.

 

 

 

Wir schlossen in der Schwüle auch das letzte

Fenster,

Und auf uns wuchs Schweiß,

Der sammelte sich in den Körpermulden,

Und wir liebten uns zu Tode in der

Hitze,

Und ein Gitter, das zuvor erglühte,

Spannte sich auf unser Lager,

Und es brannte dir die Muster enger Maschen ein,

Und meine Haut verfärbte sich erst rot, dann blau,

Und dampfte kurz noch auf,

Und kühlte dann die Glut des

Eisens.

 

 

 

Dann standen wir in einem Garten,

Daran schloss ein Kornfeld, das nach einem

Regenschauer, nun in weißer Sonne trocknete,

Und alle abgeknickten Halme brachen auf,

Man hörte die Geräusche unablässig,

Und ich ließ dich sein, du solltest dich erholen,

Und im Sandweg sah ich Steine unter deinen

Schritten sich bewegen,

Und du kamst mir nachgelaufen ,

Und, obwohl ich dich in meinen Armen hielt,

Bliebst du mir unsichtbar,

Ich wusste nichts von einer Waffe,

Die du gegen mich

Erhobst.

 


 

Aufschläge 6199 - 6201

 

Es war mir neu und ungewohnt,

Mit jemandem wie dir zu sprechen,

Und du sprachst vertont, in Liedern,

Alles was du sagtest, war

Gesang,

Es hingen deine Worte außerdem

An unterschiedlich langen

Bändern,

Und du konntest die Gedanken widerrufen,

Und sie kamen heim und liefen dir nicht fort,

Und irgendwann durchschnitt ich aus Versehen

Deinen Rückruf, der aus meinem

Rücken wuchs, und fiel in eine Leere,

Die blieb mir

Geschehen.

 

 

 

Der Lichtschein fiel auf

Blankpapier und reflektierte dort,

Und lange Zeit zog ich als

Schafhirt auf die weiße

Wiese,

Und es galt, sich in dem

Widerschein zu sonnen,

Und der Schlachter folgte unsren

Spuren als ein neuer Bote,

Der uns Nachricht brächte,

Und wir ahnten nichts davon.

 

 

 

Es regnete an diesem Sommertag die

Wärme selbst in

Hitzeperlen, die wir sammelten,

Und wir bedachten auch, wie klein der

Ausschnitt war, den unsre Erde in das

Sonnenstrahlen schnitt

Und dass das Licht nur wenig hinter ihm

Zusammen schlug

Und keine Dunkelheit mehr existierte,

Und du stelltest mich in deinen

Brennpunkt,

Und mein eigner Schatten

Dampfte auf.

 


 

Aufschläge 6202 - 6204

 

Ich lag in meinem Gras

Und hob den Kopf ein wenig an,

Und über mir war in der Nacht ein blühendes

Geflecht gewachsen,

Daran hing der weiße Tau,

Und blaue Blütentrauben standen in mein

Zimmer,

Und dir hing dies Netz nur lose überm

Haar,

Wir wohnten doch erst dreiunddreißig

Atemzüge lang in einer

Laube,

Und man hatte vor die Tür,

Die in den Angeln pendelte,

Ein Kreidestückchen ausgelegt,

Damit wir, was uns fehlte,

An die Wände schreiben konnten.

 

 

Ich las von der

Bewegung, die ich niemals an dem

Stillstand würde messen

Und damit vergleichen können,

Und ich sah die Gräser wachsen,

Und sie standen still,

Und weit im Raum, weit draußen,

Wollten wir uns treffen,

Und wir wussten nicht, wer wem begegnete,

Und auch der Kreidestrich auf deiner

Haut war erst entstanden in der

Drehung deines Leibes

Unter mir.

 

 

Das Holz der durchsägten Bäume zeigte

Ringe, die ich zählte,

Und in meinem Lebensbuch, das ich in

Händen hielt, stand:

„Dir beginnt das Leben, wenn es

Aufhört,

Und die Wasseroberfläche wird durch jeden

Steinwurf neu

Beringt.“

 


 

Aufschläge 6205 - 6207

 

Neben mir goss sich die rote Farbe aus zur

Fläche,

Und ich sah aus meinen Augenwinkeln sich

Dein Kleid bewegen,

Und es war mein Tag,

Der gab sich beide Hände,

Dein Gesicht, ich konnte es nicht sehen,

War sehr schön und in den

Kontrapunkten deiner Attraktion,

Und dieses war so wahr

Und rührte mich nicht an,

Und achtlos ging dein Augenblick

Spazieren,

Und die Spanne Zeit zu mir

War viel zu lang.

 

 

 

So schien der Mord belanglos in mein

Zimmer,

Und er machte mich zum

Töter und zum Leichnam, dem ein

Fremder in die Eingeweide griff,

Er füllte mich in Eimer, die daneben standen,

Und der Steinmetz fühlte sich mit mir verwandt

Und konnte, ebenso wie ich, die Schuld nicht finden,

Und er klopfte lange an den Felsen,

Und es platzten Hunderte von roten

Schalen meiner Scham

Von meinem Körper.

 

 

 

Es saß die nackte Frau auf einem

Abgeschlagnen Männerkopf und spreizte

Ihre Beine,

Und das Blut war hochgespritzt in ihre

Schenkel,

Und man sah genau, dass sie noch kurz vorher

Empfangen hatte,

Und es keimte schon in ihr,

Und aus der Hand entglitt ein scharfes

Instrument und fiel, als ich von schwerer

Nacht aufstand,

Geräuschvoll neben meinem Bett zu

Boden.

 


 

Aufschläge 6208 - 6210

 

Du verpacktest Worte in Papier,

Man sollte sie nicht hören,

Und sie waren laut genug

Und man verstand sie gut,

Und jeder, der sie hörte, hörte nichts,

Und man verstünde sie ja erst in einer Zeit,

Die dann vorüber sei,

Und antiquarisch wären sie,

Und niemand könnte sie begreifen,

Und nur deine Hände

Rührten jetzt an ihnen.

 

 

 

Du zeigtest uns auch eine neue Arbeit,

Die du machtest,

Und sie war schon längst getan

Und stünde immer noch zu machen an

Um deinetwillen,

Und wir sahen nichts,

Und das Vergangne würd sich wiederholen,

Und man müsste es von Neuem tun.

 

 

 

Dann räumtest du in deinen Schachteln,

Voll mit tausend Kleinigkeiten,

Und du fandst ein Kind darin,

Das warst du selbst,

So sehr erinnerte dich ein Geräusch, das ich in deinem

Rücken machte,

Und ich war nicht mehr vorhanden,

Und du gingst an dir verloren.

 


 

Aufschläge 6211 - 6213

 

Langsam bricht der Regen aus den

Blättern hoher Bäume,

Und ich weiß, sie warten nur auf einen zarten

Wind, der an sie stößt und liebevoll

Berührt,

Und der den Rotwein tropfenweis auf deine

Brüste fallen lässt und ihn dort trinkt,

An dich versandte ich das Flussbett mit dem

Wasser,

Und in meinem Fenster stand ein goldner

Fisch, der wirklich schwamm, in Luft,

Der konnte mich nicht sehen.

 

 

 

Deine Haut durft niemals trocken liegen,

Und du trugst dich gänzlich unter

Wasser zu,

Und mir gebarst du dort die Kinder,

Und ich würd sie niemals zeigen können

Und gestand dir voller Scham,

Dass ich in großer Meerestiefe eine zweite

Liebe führen würde,

Und das rührte dich nicht an,

Auch, dass ich nicht mehr alles aß, wie früher,

Meintest du, sei ungefährlich

Und nicht ungewöhnlich.

 

 

 

Auch der Wert des weißen Sandes war

Gestiegen,

Und ich bot ihn jetzt in kleinen Säckchen an,

Ich hatte auch tiefschwarzen abgefüllt,

Und es war unbekannt, im Spielzeug

Und im Werkzeug und im Leben andrer Menschen

Eine eigne Nahrung zu entdecken,

Und man war auch nicht gewohnt,

Sich schwarze Sterne

Vorzustellen.

 


 

Aufschläge 6214 - 6216

 

Man las in dem Bericht des Tieres

An die Wissenschaft von einem starken

Licht, das würde diese

Welt zu Asche brennen,

Und man las auch von der

Scham, die jenem schwächsten Auge

Schließlich seine Sehkraft rauben,

Den Betrachter selbst zerschmettern würde,

Und ich sage so:

Es ist die Scham das Licht,

Selbst wenn es sich nach innen kehrt

Und dort verwüstet

Und zerstört.

 

 

 

In mir bewegten sich an jeder Fläche

Spiegel, die sich orientierten

Und sich den Betrachter in die Mitte stellten,

Und ich war beleuchtet,

Und ein junges Mädchen stand vor dem Plakat

Und plötzlich mitten in der Landschaft,

Die darauf zu sehen war,

Und hinter ihm bewegte sich der handgemalte

Fluss, dem wehten Gräser leicht

Entgegen.

 

 

 

Der Gedanke, den ich eben hatte,

Stieg schon auf, war unberingt

Und herrenlos,

Ich hatte ja vergessen, mir sein

Leben einzuprägen,

Und ich selbst trug um das Fußgelenk

Das dünne Laufband meiner Herkunft,

Und es gab noch niemanden und nichts,

Die Sprache des Gedachten zu entziffern,

Und man übte sich zum Ausgleich immer noch im

Tontaubenschießen.

 


 

Aufschläge 6217 - 6219

 

Zehnfach stand der weiße Mond

In deinen Fingerspitzen, die du mir

Entgegenstrecktest,

Und der Schatten meines Mundes

Schluckte sie,

Und deine Hände kannten eigne

Horizonte,

Und sie gingen mir im Nacken auf

Und stiegen in die Haare,

Und an dir begann ein Sternenzelt

Sich überall zu spannen,

Und ich suchte ganz bestimmte Bilder

Einzufangen.

 

 

 

Neben den Gedanken wuchs ein

Birnbaum bis in unsre Fenster,

Und die Früchte waren nah und reif

Und wegen dieses Glases unbegreifbar,

Und ich musste raten, wie sie schmecken könnten,

Und die nächste Brücke, die ich mit dem

Reisezug befuhr, war nicht zu riechen,

Und sie hatte keinen

Duft.

 

 

 

Wenn du deine spitzen Finger

Auf das Tischbrett stelltest

Und weit auseinander spreiztest,

Hatte ich die eine Durchfahrt,

Und sie führte nicht zu dir,

Ich war ja auf der Reise in die andre

Richtung, hin zu mir,

Und irgendwann würd mich die Kante meines

Tisches zur Entscheidung

Zwingen.

 

 


 

Aufschläge 6220 - 6222

 

Du zerreißt das Wort,

Du wirfst mit Steinen nach dem Wasser,

Und das Ufer, sag ich dir, liegt tief darunter,

Und dort drüben siehst du nur den weißen

Körper deiner Liebsten

Auf der Sandbank liegen,

Und den weckst du so nicht auf.

 

 

 

Dann steig ich selber in den Fluss,

Die Beine stechen in die Strömung,

Und die Füße greifen ungeübt nach Halt,

Und was du sagen willst

Liegt dort versteinert,

Und mit meinen Zehen muss ich

Scharfe Kanten meiden,

Und im Sand, in allen Zwischenräumen

Hat sich meine Angst vor den

Gefährlichkeiten

Angesammelt.

 

 

 

Dann geschieht es, dass ich hier

Ertrinke,

Und es ist das erste Mal,

Und ich bemühe mich, daran zu sterben,

Meine Lungen sollen selbst zu

Wüsten werden,

Und der Sand, den ich mit meiner Hand

Zum Munde führe,

Rieselt durch die Finger,

Und der Tod, den ich so in mich quäle,

Stiehlt sich fort aus Ritzen, die ich nun erst

An mir finde,

Und ich kann sie nicht

Verstopfen.

 


 

Aufschläge 6223 - 6225

 

Ich diente dir schon, als ich lebte,

Ich trug immer eine weiße Rose

Hinter dir, die war in deinen Augen

Schwarz und stand noch nicht in Blüte,

Und es fielen gegen Ende erste, welke

Blätter, die ich sammeln musste,

Und der Duft lag schnell zu weit zurück

Und ging verloren.

 

 

 

Zwischen dir und mir wuchs sich

Ein Splitter aus zur Scheibe,

Die war ganz aus Glas,

Wir lebten ungehört, getrennt und sichtbar

In der Fläche und befassten uns damit,

Und erst, als viele Scheiben

Voreinander standen und die Tiefe unsrer

Räume sichtbar machten,

Weil sie uns enthielten und uns mehrfach brachten,

Sahen wir uns wieder.

 

 

 

In den Linien meiner Hände läge auch mein

Leben, sagtest du und ließt sie überschnell als

Botschaft in den

Raum entgleiten, der war eng und bot nur Platz

Für dich und mich,

Und von den Wänden prallte alles wieder ab

Und traf auf mich und

Narbte mich,

Und nichts bewegte nun dein Wissen,

Und mein Leben traf so ungeordnet ein

Und endete am Anfang.

 


 

Aufschläge 6226 - 6228

 

Ich kam in deine Welt,

Sie war ganz anders, als du sie mir vorgestellt,

Sie war auch noch nicht fertig,

Und ein dünner Lack riss immer wieder ein,

Vertrocknete zur Folie deines Himmels, der war rot,

Und von dir selber sah ich nichts,

Du sprachst zu mir aus allen Gegenständen,

Aus dem Werkzeug, das sich hier bewegte,

Und die Nacht wär, wenn ich warten würde,

Tagesblau,

Und grüne Sonnen würden drüber laufen.

 

 

 

Es war die Unterwasserdünung,

Die vor einer Ewigkeit, die heut grad endete,

Vertrocknet war,

Und ich erwachte täglich neu

Und setzte an die immer viel zu kurzen

Tageskleider Flicken, die ich mir vom

Gestern stahl.

 

 

 

In meinem eignen Hause war ich nicht

Zu Hause,

Traf mich dort als Fremden,

Und ich sprach mich an

Und wollte einmal ganz vertraulich sein zu mir

Und ließ mich stehn und ging ein wenig aus

In eines meiner Zimmer,

Das gehörte irgendjemandem

Und mochte auch vielleicht mein eignes sein,

Und hier im Garten konnte ich mich

Schwach, ganz schwach

An mich erinnern.

 


 

Aufschläge 6229 - 6231

 

Es löste sich aus deiner Haut

Die weiße Vogelfeder,

Und du warst in großer Höhe,

Und dies Teil, das du verlorst, fiel mir zu

Füßen,

Und ich musste dir erklären, dass du so

Für mich nicht warst, wie du für dich,

Und diese Feder war mir wichtiger als die

Berichte aus den Räumen über mir,

Und jedes Teil, genau so auch an mir und

Meinem Körper, lebte immer schon ein

Eigenleben,

Und ich barg dich unter meinem Schuh,

Und der zertrat die Vogelfeder.

 

 

 

Meine Hände machte ich zu

Sägen, die zerstören konnten,

Und sie schnitten meine Kunst, in die ich

Liebte und um derentwillen ich noch lebte,

Mitten durch,

Und jedes Bruchstück schrie in mir

Und gab mich auf

Und schenkte mir Besitz

In Fülle.

 

 

 

Mein Gesicht versuchte sich zu sehen,

Wie ich selbst mich sah,

Und schnitt mich aus dem Spiegel,

Und es war kein Glück,

Das Bild war falsch,

Weil ich mich nicht erkannte,

Und von innen her

Würd ich doch niemals äußerlich

Erscheinen.

 


 

Aufschläge 6232 - 6234

 

Ja, mein Leben war die Zeiten

Voller Leben,

Und es sagte irgendeiner:

„Sie ist nun vorbei, das

Leben fängt jetzt an für dich,

Und dieser neuen Leiter fehlen alle

Sprossen,

Und auf Krücken wollen wir dich sehen,“

Und der Käfer könnte überleben,

Würde ich nicht auf ihn treten,

Und es schwankt mein Schuh,

Und über mir steht jemand unentschlossen,

Und er hält die Schaukel mitten in der

Wende an.

 

 

 

In einem Brief schrieb ich nur dies eine

Zahl,

Es war nichts weiter,

Und ich war ganz sicher, du würdst nichts

Entdecken,

Und du last sofort daraus das

Datum dieses Tages, das ich wirklich meinte,

Und ich hatte es sogar geschrieben,

Und es stimmte nicht, denn dieses war ein Tag,

Den konnte niemand kennen

Außer mir.

 

 

 

Ich legte eine

Kinderspielzeugfahne auf den Tisch,

Und sie war lustig bunt,

Ich wollte nicht mehr damit gehen,

Und ich hatte meinen kleinen Sieg,

Den wollte ich nun feiern, ganz verspielt,

Und nie mehr dürfte ich in einer ersten

Reihe stehen,

Und die Kinder sahen noch nach mir,

Als ich schon längst in einer

Spielzeugkiste lag.

 


 

Aufschläge 6235 - 6237

 

Du last aus deinem Buch der

Roten und der gelben Himmel vor,

Und deine Angst, dass Sonnenstrahlen

Dich nicht treffen, ja, dich meiden, einfach

Abseits stehen lassen könnten,

Ließ dich hektisch werden,

Und in deinen Räumen wohntest du im

Lichtschirm, der war jederzeit zu färben,

Und du sagtest auch, der Kampf um

Wahrheit sei ein Stückchen eigner

Tod,

Und trugst ins Zimmer aus der übergroßen

Sanduhr alles, was vergangen war

Und unten lag.

 

 

 

Du fielst vor meinen Augen in die

Spalten unsrer Felsen,

Und ich zog dich hoch am Seil,

Du hattest nichts bemerkt, warst unverletzt und

Unverdrossen,

Und die Heimlichkeit der Steine

Blieb dir ganz verborgen,

Und es gab nun die Gefahr in dir

Und die in meiner Hand

Am Seil.

 

 

 

Sonst war niemand, der mich sah, im weiten

Umkreis,

Und ich stellte Spiegel auf,

Die sahen in die Mitte in ein

Drehbild, das mich schnell rotieren ließ

Und plastisch formte,

Und ich konnte mich in Ruhe stehen lassen,

Und ich würde nicht mehr nach mir suchen,

Und rief mich ein letztes Mal

Mit Namen.

 


 

Aufschläge 6238 - 6240

 

Andrerseits stehst du am Ufer eines kleinen

Wassers und mir gegenüber,

Und ich schlag mit einem Zweig

Die Oberfläche etwas auf,

Die Wellenringe mach ich mir in ihrem Lauf

Zu Boten,

Und sie schütteln dich und lassen dich

Schon wieder sein,

Und du willst hier die Sterne deiner eignen

Sammlung taufen,

Und ich störe dich dabei und bin mir sehr im Weg,

Ich starre auf den glatten Silberspiegel,

Und die ersten schwarzen Sterne

Kann ich langsam sich bewegen sehen

Unter dir.

 

 

 

In meinem Schreibtisch dulde ich nicht einen

Spiegel,

Und er ist doch voll von mir,

Und überall entdeck ich mein Gesicht,

Und hier war auch der Tag des großen

Hungers,

Und ich aß das Eis der Winterlandschaft,

Die mich überraschte und so lange

Festhielt.

 

 

 

Dann stand ich auf im Schlaf,

Zwei grüne Blätter legten sich auf meine

Augen,

Und ich sah hindurch

Und trennte mich von mir,

Es war die höchste Zeit,

Ein fremdes Feuer wütete in mir

Und suchte Nahrung.

 


 

Aufschläge 6241 - 6243

 

Die es wissen, sagen es dir nicht,

Und die es sagen, wissen nichts,

Und was dir Halt gibt, ist mein Arm,

Der wurde zum Geländerlauf

Und führt dich durch die kalten

Flure,

Und die Stufen zwischendurch

Entstehen unter deinen Füßen,

Und sie laufen

Aufwärts, abwärts,

Aufwärts, abwärts,

Ohne dich zu sehen.

 

 

 

Drüben sperrte man die morsche Brücke,

Und ich stand darauf

Und wagte keinen Schritt,

Die Bodenbretter wurden mir zu

Fenstern in die Tiefe,

Aus dem Handlauf brachen die

Verstärkungen,

Und ich war froh,

Im Reisezug die Raster meiner eignen

Offenheit zu überfliegen.

 

 

 

Am Ende stützte ich mich auf den Knauf

Des Führungsstockes,

Und ich hielt ihn selbst in meiner Hand,

Ich musste ohne Pause zwischen mir

Und der Erschöpfung in Gesellschaft

Tanzen.

 


 

Aufschläge 6244 - 6246

 

Wir lebten lange schon in

Höchstgeschwindigkeiten,

Und ein Zufall führte unsre Bahnen

Nahe aneinander,

Und der Anfang der Begegnung wurde viel, viel

Jünger als das Ende,

Das uns noch bevorstand.

 

 

 

An diesem Morgen sahst du,

Dass ich jugendlich und offensichtlich war,

Und mittags kam bereits ein Gärtner in den

Garten,

Den bestelltest du für mich,

Und abends rief der Glöckner eine

Nacht aus,

Die vermochte niemand mehr zu buntem

Glas für irgendwelche

Sonnenfenster zu verarbeiten.

 

 

 

Du sprachst von einem Traum,

Der dich durch tiefe Sümpfe

Waten ließ,

Und er versteckte deine Füße

In den schwarzen

Stiefeln tiefen Unrats,

Und es war dir ekelhaft

Und brächte dir bestimmt nichts

Gutes,

Und du kamst zu mir in meinen Traum,

Der war schon lange ausgeträumt

Und ließ dich auf dem Bahnhof

Einfach stehen,

Und ich war so weit entfernt von dir,

Dass mich Signale, anzuhalten,

Nicht erreichten.

 


 

Aufschläge 6247 - 6249

 

Aus dem Gitter griffen dünne

Arme in die Leere,

Und sie fassten mich

Und hielten nichts in ihren Händen,

Und ich fragte mich nach ihrer Schuld,

Und sie befragten sich nach ihrer Schuld,

Es waren meine eignen Kinder,

Und ich war ihr eignes Kind.

 

 

 

In den Straßen wohnte man schon eng

Und lag sich schulternah,

Und in der Liebe

Und im Sterben

Und im Töten

Und Gebären

Musste einer nur den Rücken krümmen,

Und man sprach nicht mehr davon.

 

 

 

Aus der Tageszeitung fiel die Schrift,

Und mir zu Füßen lag ein schwarzes

Häuflein,

Darin war nichts mehr zu lesen,

Und ich musste das Papier in seiner

Weißheit auf die Fahne ziehen,

Dass es alle sehen konnten,

Und es wurde

Hunderttausendfach gefressen noch bevor

Es oben ankam,

Und es hing dort jahrelang

Und niemand rührte diese

Reinheit an.

 


 

Aufschläge 6250 - 6252

 

Von deiner Stirn lief rot ein schmales

Blutband,

Und es war der Lack, der schmolz aus dir,

Und angstvoll sah man dir entgegen,

Und es wusste niemand, ob die

Krankheit übertragbar wäre,

Oder nur der Fehler irgendeiner

Schaltung.

 

 

 

Von außen sah man nichts,

Und ich tat alles, meine

Kleidung ordentlich und rein zu halten,

Und die aufgenähten Türen waren

Völlig zu,

Und innerlich hielt ich ein Superlicht

In jeden heilen Winkel

Und zerstörte ihn und spürte jeder

Schönheit, jeder Hässlichkeit so lange nach,

Bis sie sich töten ließ

Und hatte viel, viel noch zu schaffen,

Und das Ende meines

Anfangs

War nicht zu erkennen.

 

 

 

Eine Bretterhütte stand in meiner

Wohnung,

Und ich wohnte hier allein in ihr,

Und andere, die mit mir lebten,

Fragten nicht nach mir

Und sahen auch die Not nicht, welche

Mit mir flüchtete,

Und ihre Sessel stellten sie in meinen

Tag,

Und Gäste, die sie hatten, lobten eine

Armut tief in ihnen, die sie liebten

Und mit allen Werten überschütteten

Und pflegten,

Und es wussten nur die wenigsten

Davon.

 


 

Aufschläge 6253 - 6255

 

So fremd wie ich, war niemand unter

Fremden,

Und ich sah mich um und achtete auf

Lebenszeichen, die mir hätten gelten können,

Und ich lebte unter meinen Kindern,

Lebte tief in meinem Weib,

Ich selbst schnitt meinem Tag

Die Silhouetten aus, die mit mir wohnten,

Und ich nahm mich endlich fort,

Und wenige der Wurzeln saßen in der

Festen Erde,

Keine Uhr

Schlug eine Zeit zu dieser Stunde

An.

 

 

 

Über meinem Bett stand hell ein freier

Mond, der neigte sich ein wenig schräg zu mir,

Er musste ja so weit an mir vorbei sehn,

Und die Nacht war nur ein viel zu großer

Schatten,

Der sich tags

Versteckt hielt.

 

 

 

Nichts entstand vor seiner Zeit,

Ich selbst war beispielhaft

Und völlig falsch in meiner Zeit

Und nähte meine Kleider selbst aus dem

Papier, das nicht zerfallen konnte,

Und ich legte dort hinein

Gedanken,

Die verlangten regenfeste Mäntel

Für den

Übergang.

 


 

Aufschläge 6256 - 6258

 

Es entsteht Musik aus

Holz und Gras im Morgennebel,

Über mir hör ich Motoren niedrig fliegender

Maschinen,

Und kein Passagier kann mich erahnen,

Und ich halte an,

Und meine ausgestreckte Hand befühlt den

Rumpf aus Blankmetall,

So lange stehen die Geräusche in dem Grau

Ganz nah an meinem Ohr,

Und weit, weit unter mir,

Es muss auf einem andren Erdteil sein,

Erwachsen meine Füße aus der

Harkspur leiser

Nachbarschaft.

 

 

 

Und dich zuvor erinner ich genau,

Und deine braunen Haare schufen mir am

Morgen noch auf weißen Laken die zerrissne

Wolkendecke,

Und es gab bei dir kein Himmelsblau,

Und hinter dieser Wand, die uns von

Nachbarträumen trennte,

War der Himmel grün,

Und aus der Zeitung rückten die

Bedrängten in die dritte Wohnung,

Und ich hörte sie bis hier

Und wagte nicht dein Haar aus meinen

Zähnen zu entlassen.

 

 

 

Auch die kleinen Schiffe voller Kinder,

Die verloren gingen

Und die ohne Rufer waren,

Deren Hilferufe nur noch in Gebärden

Weiße Kreidezeichen an die

Meldetafeln kratzten,

Blieben lange unentdeckt,

Und meine Hände drückte ich tief in die

Augenhöhlen,

Und es musste doch noch irgendetwas

Greifbar sein,

Ich sollte doch nicht nur in deinem

Schoß und einzig

Suchen müssen.

 


 

Aufschläge 6259 - 6261

 

Ich sah es so:

Du standst vor mir

Und redetest in meiner Sprache;

Und wir kamen gut voran,

Dann fuhr dein Körper über eine

Schienenteilung, die dich trennte,

Ohne dich zu teilen,

Und du warst zu zweit

Und gingst von mir

Und bliebst hier stehen,

Und du warst erstarrt in meiner Nähe,

Und ein letztes Wort, das du noch sagen wolltest,

Steckte halb gesprochen zwischen deinen

Lippen.

 

 

 

Es perlte sich der frische Tau

An dünnsten Fäden deines

Morgengrußes,

Der stand lange noch im Raum,

Ich wagte keinen Schritt,

Die Illusion um deinetwillen riss zu leicht,

Und klebrig und besorgt läg dann das

Spinnetz deines Vorwurfs in den

Stufen auf der

Lauer.

 

 

 

Ich lebte auf dem Sand, der war noch

Weißlich gelb,

Und feiner floss er aus der Hand als sich die

Strahlen von der

Sonne trennen,

Und die Körnchen stopften meine

Poren zu,

Und ich versteinerte

Und ich verschliss zugleich im

Sturmwind, der mich schließlich

Forttrug.

 


 

Aufschläge 6262 - 6264

 

In einem Buch las ich die Formel,

Die sofort durch eine feine

Röhre in mich drang,

Es war ein Virus, der das

Überleben simulierte,

Und er war in mir Zuhause,

Wuchs und spannte meine

Fähigkeiten schon am ersten Tag

Zum Überdehnen,

Und ich hielt mich nicht mehr aus

Und sprach zu dir von meinem ungewollten

Training,

Und du hattest alles

Überleben hinter dir.

 

 

 

Auf einem Dachfirst saß ein alter Mann,

Der wohnte lautlos dort,

Man kannte ihn genau

Und wusste auch, dass er nur aus der

Ferne sichtbar war,

Und wir darunter, in der Wohnung,

Lebten in den Zinken großer Kämme,

Und wir waren immer wohlgeordnet

Für das

Unvorhersehbare.

 

 

 

Morgens standen mehrfach neue

Sonnen in der Stadt,

Ich sah sie nach der Tunneldurchfahrt

Hinter einem Häuserblock in meinem

Rücken stehn

Und fragte viele Leute, ob ein

Irrtum möglich wäre,

Und es war tatsächlich so, dass sich die

Augen, wenn man sie nur einmal öffnete,

Sofort verliefen,

Und sie stürzten sich wie dummes

Nachtgetier in alles

Blendlicht und

Verglühten.

 


 

Aufschläge 6265 - 6267

 

So eng war die Beziehungslosigkeit,

Dass sich die Steine meiner

Atemlosigkeit einander näherten,

Und viele unter ihnen kannten noch die

Zeit, als alle gläsern waren

Und sich vor

Berührung fürchteten,

Ich hatte meine Angst ganz abgelegt

Und hörte auch von dir, an der ich aß,

Dass kaum noch jemand nach dem Sinn von

Speisen fragte,

Und ich aß doch nur die

Oberfläche ab,

Weil du darunter wohntest.

 

 

 

Mir entfielen die Gesichter, die ich liebte,

In der ersten Abenddämmerung,

Sie konnten sich nicht mehr in meinen

Augen halten,

Und ich stapelte die körperlosen

Bilder auf dem Schrank,

Es reichte mir, wenn anderntags die

Freunde und die Lieben nur noch ihre

Farben trugen,

Und ich sprach sie damit an,

Und, wer sie gestern waren,

Konnt ich nicht entziffern

Und zurück begreifen.

 

 

 

Morgens trug ich gleich ein

Schild in Spiegelschrift,

Das gab mir schon im

Badezimmer, wenn ich vor dem Spiegel

Und mir gegenüber stand, den eignen

Namen,

Und ich lernte mich so täglich

Kennen.

 


 

Aufschläge 6268 - 6270

 

Dein Mund trinkt nicht für mich,

Und jeder deiner Atemzüge

Sättigt mich,

Und die Musik aus mir schlägt um mich her

Und auch an dich,

Und alles klingt,

Und früher stand ich oft als Kind

Mit meinem Ohr am

Telegrafenmast

Und hörte die Gespräche, die man sang,

Und eine ganze Welt hing mit daran

Und lauschte tief in mich,

Und ich war unter ihr.

 

 

 

Und deine Augen sehen nicht für mich,

Und deine Sattheit ist nicht übertragbar,

Und ich lege mich an eine Leine,

Dass ich nicht verloren geh,

Die blicke ich entlang, entlang,

Bis sie in deinen Händen

Endet.

 

 

 

Heute lauscht mein Ohr am großen

Wasser,

Und es ist ein Spiegel, der sich krümmt,

Und tief in ihm wird sich mein

Herzschlag sammeln und verstärkt

Nach oben dringen,

Und dein Mund wird sich bewegen

Zwischen dir und mir,

Nach einer Heimat suchen,

Die liegt etwas

Außerhalb.

 


 

Aufschläge 6271 - 6273

 

Du sagtest einfach, dass du ohne

Grund seist

Und dein Leben hätt sich so ergeben,

Und dein Denken wäre ähnlich, weil du keine festen

Formgedanken hättest,

Alles ließe dich allein,

Und durch die Tür, die dich hereinließ,

Strömten aus dem leeren Raum dahinter,

Menschen eng an eng

Und gaben keinen

Platz.

 

 

 

In jedem meiner Augen wuchs ein

Drehgestell mit einem

Zählwerk,

Und ich merkte daran erst,

Wie oft ich fort sah

Und wie oft die Blicke mich verließen

Und nicht wieder kamen,

Und die Differenz, die sich so zeigte,

Zwischen Ausgang und dem Eingang,

War sehr groß,

Und mehr, als ich gestand,

War ich wohl außerhalb.

 

 

 

Später gabst du mir aus meiner Jugend

Hundert Seiten, die ich lesen sollte,

Und ich hatte nichts, was mich daran erinnerte,

Und fuhr mich fest auf dieser schlimmen

Straße,

Und die Hand, die du herüberreichtest,

Reichte nicht bis hier

Und kam ja aus dem

Augenblick, der diese Seiten hielt,

Und war doch viel zu weit

Entfernt.

 


 

Aufschläge 6274 - 6276

 

Das Gerüst, auf dem du stehst, bricht ein,

Und mit dir fällt dein

Lächeln ebenso,

Und deine blauen Arme reißt du hoch,

Dass ich dich halten kann,

Ich rette dich,

Und unten schlägt dein

Lächeln auf, das taugte nichts

Und war nichts wert für dich

Und stürzte sich zu

Tode.

 

 

 

Auch die Straßenkehrmaschine ist das

Rücksichtslose Leben, das du führst,

Ich liebe dich sofort, weil du es willst,

Und kann den Augenblick trotzdem genießen,

Und das teure Armband,

Das ich auf dem

Weg zu dir verlor,

Kam dir zum rechten Zeitpunkt,

Und du hängst es, schnell verziert mit meiner

Lust, die du so einfach abtust,

Um dein Fußgelenk.

 

 

 

In der einen Spitze der Museumsmauer

Steht die Statue

Und stürzt herab,

So sehr ist sie zu hoch

Und fällt ganz weich in meine

Arme,

Und ich danke mir für diese

Vorsicht,

Und zerbräche ich an dir,

Erlebte ich den Fall wie er in

Wirklichkeit geschehen ist

Und stünde weiterhin

Dort oben.

 


 

Aufschläge 6277 - 6279

 

Die Blendung nahm noch zu,

Und ich ergriff das weiße Laken,

Das uns stach, und riss es fort,

Es war der Lichtblitz, der auf

Wasser tanzte,

Und das Blinken aus dem Stahl,

Der in das Sonnenauge schaute,

Und ich fand darunter nichts,

Wir lagen auf dem harten Netz der

Drahtmatratze, die gab etwas nach

Und zeigte auch den Boden unter sich

Und unter uns,

Man konnte wenig machen.

 

 

 

Andre hatten an den Füßen Seile,

Und die saßen fest und hatten Zahlen, in ein

Blech geschlagen, das hing auch daran,

Und viele freuten sich darüber,

Und sie schrieben immer wieder ihre

Daten in das Tagebuch,

Und andere verblassten unter ihrer

Namenlosigkeit und fanden eine bittre

Wahrheit, die war mehr wert,

Und zum Schreiben gab man ihnen

Nichts.

 

 

 

Auf den Straßen saßen nun die jungen

Menschen auf den Gittern der

Verbote,

Und sie boten ihre Körper an

Und trieben es mit ihrem

Spielzeug und mit Tieren, dass man sie erkannte,

Und das Kunsthaus, hinter ihnen,

Nährte sie und gab Getränke und

Die Speisen der geteilten Not ganz ohne

Bitten ab.

 


 

Aufschläge 6280 - 6282

 

Zwischen unsren Häusern

Spanntest du ein langes Seil, das

Hing so hoch, dass ich es nicht berühren konnte

Und verband uns fest,

Es trockneten daran die leeren Häute,

Die wir nicht mehr brauchten, voreinander,

Und wir sprachen auch davon, dass wir uns treffen

Würden,

Und das rohe Fleisch war derzeit

Unberührbar.

 

 

 

Seit vielen Tagen suchtest du am

Berghang nach dem Schiffchen aus der

Vorzeit,

Und es war das Glück des Suchers, das dich narrte,

Und in meinem Garten wohnte eine

Violine, die sich selber spielte,

Und sie lag schon morgens frisch und grün im

Gras,

Die Fäden ihrer Melodien begegneten

Dem Morgennebel,

Der sich auf sie legte.

 

 

 

Niemand tröstete die Steine der

Verbannung,

Und sie waren eingemauert,

Und sie hatten sich für irgendeinen

Notfall in den Fugen

Geld versteckt,

Das hatte keinen Wert mehr

In der Gegenwart,

Und jeder setzte sich zur

Abendsonne vor das blinkende Metall

Und ließ es an der Stelle.

 


 

Aufschläge 6283 - 6285

 

Die Mauer hatte keinen Durchbruch,

Hatte keinen Riss,

Aus jedem Stein, aus jeder Füllung

Trat ein sanftes Licht, das in der

Sonne kaum zu sehen war,

Und abends erst, wenn

Dunkelheit mir keinen Raum mehr ließ,

Begann sie zu erglühen,

Und ich sprach mir dir,

Und einmal nur, kurz vor dem

Untergang in mir,

Fiel mir die Frage ein,

Wie es dir gehen mochte,

Und der Staudamm riss an dieser unbekannten

Stelle unter meinen

Füßen.

 

 

 

Gestern, als ich dich besuchte,

Sprach ich lang zu dir

Und litt darunter, dass ich viele kleine

Steine bei dir fand,

Die waren jeder einzelner ein

Eintritt,

Den man für dich zahlen musste,

Und ich sah darüber hin

Und ging so leer, wie ich gekommen war,

Und heute stehst du nur noch als

Skulptur bei dir

Und hältst mich frei,

Und nichts ist mehr, wofür ich

Zahlen könnte.

 

 

 

Es war einfach so:

Ging einer vor dem anderen

Und schnitt mit einem weißen

Messer die Verbindung durch,

So starben zwei in jedem einzelnen,

Und dieser Tod, in dir, war anders

Als in mir,

Und du in mir starbst anders

Als in dir,

Und einmal würden wir darüber

Sprechen.

 


 

Aufschläge 6286 - 6288

 

Über uns zerriss ein schwarzer

Himmel seine Kleider,

Und wir trugen keine Trauer,

Und wir sahen die, die nur ein

Auge hatten in der Stirn,

Die sprachen nicht

Und sahen doch aus ihrer

Sicht viel weiter,

Und wir liehen uns den Mut aus ihrer

Nachbarschaft und gingen hin bis an den

Horizont

Und fanden dort die messerscharfe

Kante,

Über die konnt keiner gucken.

 

 

 

Mir wuchsen dunkle

Reifen an den Füßen,

Und ein schwarzer

Ring durchlief die

Hände,

Und den Regen stäubte ich im

Laufen hoch,

Ich war so schnell, dass selbst mein

Blick zurück fiel,

Er fand keinen Weg durch diesen

Wassernebel,

Und nach vorne stieß ich unversehens

In die Leere,

Die mich überrollte.

 

 

 

Täglich musste ich mich mahnen,

Täglich stach ich

Nadeln in die Briefe, um sie zu verschließen,

Und es war mein

Mund, den ich verschloss,

Und niemand achtete darauf

Und gäb mir etwa recht,

Und jeder sprach mit mir

Und lachte über meinen

Spaß.

 


 

Aufschläge 6289 - 6291

 

Das Gras auf meiner

Kopfhaut ist noch grün,

Und ich versuche zu verhindern,

Dass es dort verbrennt,

So heiß ist mir der Blick nach oben,

Und er gleitet an die weißen

Sterne, die wir in den Himmel setzten,

Und ich sehe, dass sie weit entfernt sind

Und so kalt,

Und ihre Augen, weiß ich auch,

Erspähen jeden Grünplatz,

Den ich retten konnte.

 

 

 

Um den Baumstamm ließ ich eine

Leiter wachsen in mein Haus,

Schon kurz darauf schlug

Blätterwerk aus dieser Treppe aus,

Die war genauso alt wie ich,

Und meine Blätter wurden langsam braun

Und krümmten sich

An mir.

 

 

 

Andre Städte wuchsen einfach zu

Und überdeckten ihre schlimmsten

Wunden,

Und es war ein Abenteuer, nur zu wissen,

Dass sich unser eigner

Horizont zu gleicher

Zeit im

Aufgang und im

Untergang desselben Tages

Badete.

 


 

Aufschläge 6292 - 6294

 

Am Ende unsrer

Höchstgeschwindigkeit

Befand sich der totale

Stillstand,

Und wir stritten uns um

Worte, die zerbrachen auf dem

Weg,

Und sie verunglückten

Bevor sie uns erreichten,

Und du fragtest nach verbotenen

Gefühlen,

Und du kämpftest dabei mehr um mich

Und schürftest schon mit großen

Räummaschinen unter meiner

Oberfläche,

Und ich führte dich.

 

 

 

Wir hielten

Ausschau nach Signalen,

Die wir auf der Reise finden mussten,

Und wir warteten umsonst,

Ja, es war so, dass plötzlich

Nichts mehr existierte,

Und wir standen sicher still

Und fielen in das schwarze

Unsein,

Und man zündete kein Licht an,

Gleich danach lief unser

Film die Länge einer Ausschau weiter,

Und wir zweifelten den

Schritt an,

Der nun auf uns

Zukam.

 

 

 

Meine Kleidung zog ich aus der

Tageserde, wie ich früher sagte,

Und im Wasser löste sie sich völlig auf,

Das hatte ich gelernt

Und nahm es hin,

Und deine Warnung vor der

Blöße ließ ich liegen

Und verzog in ein Gebirge,

Wo ich unter kahlen

Felsen lebte,

Und die Regen fielen hier

Stets unter mir.

 


 

Aufschläge 6295 - 6297

 

Meine Form entstammte dem

Gesenk der Schmiede,

Und ich war ein Zeichen dafür, wie man

Ursprung mit der Wirkung

Hemmungslos vertauschte,

Und ich sah nicht mehr, dass deine

Liebe sich an mir verhärtete,

Und du verkauftest dich im

Nachbarflur

Und weißt nicht mehr an wen

Und ob es lange dauerte

Und hältst dein Ohr gepresst ans

Straßenpflaster

Und erinnerst dich an die

Geräusche deiner Jugend.

 

 

 

In mein Zimmer setzte ich ein

Holzhaus und bepflanzte es mit einem

Glauben,

Und er wuchs darin

Und schoss empor

Und trug das Haus nach oben,

Dass es brach,

Und ich erschrak

Und wollte diesen

Untrieb aus mir reißen,

Und der Tag, der mich heut aufnahm,

Sagte schon im Voraus,

Dass es nicht gelingen konnte, jedem alles

Recht zu machen,

Und ich wartete auf Hilfe.

 

 

 

Die Gesichter blichen zu schnell aus,

Und neuerdings war auch das

Kennenlernen umgekehrt,

Und ich erinnerte mich anfange gut

Und erst am Ende der Begegnung

Stand ich in der Leere,

Und es war ja möglich,

Dass ich rückwärts lebte

Und die andren auch

Und alles wär normal,

Vielleicht war dieses auch der

Atemzug, der wirklich uns alleine,

Mir gehörte, und den keiner stahl

Und forttrug.

 


 

Aufschläge 6298 - 6300

 

In meinem Garten wuchsen in der

Nacht die Säulen aus Zement,

Es konnten nur die harten

Worte sein, die gestern hier gefallen waren,

Und es war die Sprache deiner

Verse, die mich tötete

Und hinter dieses Gitter setzte,

Und es war so neu, weil sich

Gefangenschaft und Freiheit

Ineinander mischten,

Und der Zwischenraum war frei,

Und jeder dieser Stäbe

Drohte mit dem spitzen

Teil nach oben in die

Wolken.

 

 

 

Es mussten die Gefangenen sich selbst

Gefangen halten,

Und sie waren völlig frei

Und wussten nicht mehr zwischen ihrer

Angst vor Freiheit und der

Angst vor ihrem Alltag

Einen Unterschied zu machen,

Und in meinem Kopf hab ich den

Lichtspalt wohl entdeckt, der mir die

Armut bringen könnte, die ich so begehrte,

Und ich war schon fast

Verhungert.

 

 

 

In meinem Schädel war ein

Nebenkopf gewachsen,

Der lag außerhalb,

Ich konnte auch nicht sagen, wo,

Und war mein

Fluchtboot, dass mich jederzeit hinüber brachte,

Und ich hörte später, dass ich

Zeiten hätte, die den Umgang

Ganz erträglich machten,

Und ich sprach mit mir darüber

Und verstand mich immer weniger,

Und wurde viel, viel leiser.

 


 

Aufschläge 6301 - 6303

 

Ich lag zu lang im Wind,

Ich war ein Stein, der barst von innen

Und dies war gewiss,

Mein Kopf, auf einer Kegelspitze, übte

Balancieren,

Und die Kinder spielten ganz in meiner Nähe,

Und sie hatten gleiche Schwierigkeiten

Und versuchten eine schräge Bahn, die

Stufen überbrückte,

Zu begehen.

 

 

 

Es entstand, ganz abgesehn von mir,

Ein zweiter Kopf dicht neben mir und hatte

Meine Züge,

Und ich sah das erste Mal wie ich mich sah,

Von Angesicht zu

Angesicht.

 

 

 

Sonst schieferte ich ab,

Und seitlich platzten ganze Flächen meines

Alltags, die ich nicht mehr halten konnte,

Und es stimmte, dass mir andere

Aus reiner Menschlichkeit den

Körper fest umwickelten,

Sie fragten nicht nach Gründen

Meines Leidens.

 


 

Aufschläge 6304 - 6306

 

Du verströmtest diesen Lichtduft

Weißer Sauberkeit des goldenen Geschirrs,

Das niemand mit den

Händen anzufassen wagen würde,

Und ich saß trotzdem an deiner Tafel,

Die war blank und leer und reich gedeckt,

Ein Sturzbach, der mich zum Ertrinken brachte,

Und du schobst mit deinen Fingerspitzen

Sonderbare, krause Eisenfäden, die in meinem

Wege wuchsen,

Hin und her.

 

 

 

Ich lenkte alles Licht, das von dir ausging,

Ab auf mich, damit du zu mir schautest,

Und du warst ein

Rotbild aus der Wirklichkeit,

Du warst die Abendsonne, der man gern ein

Lied nachsang,

Es züngelte aus deinem

Mund die heiße Lava unter schnellen

Worten,

Und ich sprang in diese Pforte deines

Kraters.

 

 

 

Später tanzten vor den Abendlampen

Luftgetiere,

Und die Schatten zuckten auf die

Straße, die ich auf dir ging,

Ein ausgetretner Pfad, den mancher schritt,

Der vor mir kam, wenn er dich ließ,

Und doppelt tief war er im

Abschied.

 


 

Aufschläge 6307 - 6309

 

Du wohntest in der Leere eines

Gummiballes,

Und du wusstest nichts von irgendeinem

Spiel, in dessen

Mittelpunkt du warst

Und das dich achtlos fallen ließ

Nach jedem Sieg;

In meiner Zeitung lebte das zerstörte

Leben der vom Giftgas halb

Getöteten.

 

 

 

Die Waffen, die wir trugen,

Hingen nachts am Himmel, weil wir dort den

Feind erkannten,

Und am Tag verspeisten wir sie einfach als

Gemüse zur Gesundung,

Und sie waren so geschmacklos,

Und die Zimmer, die uns elektronisch

Schlaf und Wachheit, Krankheit gaben, nahmen,

Mussten wir mit Stillstand vor dem Eingang

Erst entschuldigen,

Sie konnten wirklich nichts dafür.

 

 

 

Und das Vertrauen, das wir hatten,

War der Mittelpunkt der Unschuld,

Und von uns war keiner ohne

Schuld,

Und die, die uns verrieten, lebten unter uns,

Ja, neben mir;

Und vor und hinter dieser

Tür, das war gewiss, verbrachte ich allein die

Tage und bewachte mich,

So schlimm verlief die heiße Spur

Geschmolzner Steine

Durch den Raum.

 


 

Aufschläge 6310 - 6312

 

Die Verwandlung war nicht sichtbar,

Und sie war nur innerhalb

Und hatte dich im

Schlaf getroffen,

Und sie änderte dein Leben

Von dem einen Tag zum anderen,

Und für die Wissenschaft begann man deinen

Leib zu öffnen und zu schließen

Und zu öffnen und zu schließen,

Und die Not, die in dir war, fand keinen

Ausgang.

 

 

 

Fern in einem andren Land

Hat man ein kleines Rohr gefertigt,

Das heilt alle Leiden,

Und es war so sinnlos auf dem

Seidenfaden, mochte es auch tausend Mal

Ein Stahlseil sein, zu balancieren,

Wenn es auf der andern Seite

Nicht einmal ein

Gegenüber gab.

 

 

 

Auch der Asphalt unsrer großen

Straßen brach und riss

Und ließ in kurzer Zeit die

Bäume auf der Straße wachsen,

Und es war ein neuer ungewohnter

Tod, der somit sichtbar wurde,

Und die Namensschilder galten lang nicht mehr

Und hingen völlig sinnlos an den

Stirnen der Bewohner.

 


 

Aufschläge 6313 - 6315

 

In die roten Beeren stürzt das

Graumetall in einen neuen Himmel

Und verwächst mit Gras,

Am Flugplatz sitzt ein einziger

Marienkäfer auf der weißen

Fliesenwand,

Die endet erst, wenn meine

Blicke enden,

Und es bleibt der Punkt zurück bei mir,

Ein Auge, das im

Schwarzen Fleck sieht.

 

 

 

Dir wollte ich von meinem

Glück berichten, alles gleich erzählen,

Und es gab die neue Art

Gewinne, die nicht reicher macht,

Die mich verarmte,

Und sie war nicht zu erkämpfen

Und nicht zu erbeuten,

Und das Weib, das ich dazu besitzen musste,

War schon in Gefangenschaft

Und lebte völlig frei mit mir

Und wiederum auf eine andre Weise

Auch mit einem Fremden

Und mit irgendeinem Tier

Alleine eng zusammen.

 

 

 

Ich kam auf meinem Weg zu stark in

Bodennähe,

Riss den Körper auf und blieb verletzt am

Weg,

Die Ambulanz versorgte nur die wirklich

Kranken und die Schwerverletzten und die

Sterbenden und fuhr an mir vorbei

Und offen blieb ich liegen,

Und es kamen wirklich nur sehr wenige,

Die in mich schauten.

 


 

Aufschläge 6316 - 6318

 

Der Glaube tötete die Hoffnung,

Als sie sich erfüllte,

Und die Liebe blieb alleine übrig,

Und sie fand sich nicht zurecht,

Und wusste nicht mehr,

Wem sie dienen sollte,

Und aus meinem

Werkzeugkasten nahm ich eine

Steinzerschneidmaschine,

Die ernannte ich für dich zum Lehrer,

Und die ersten Stunden dieses Unterrichtes

Nutzten wir,

Um immer härteres Gestein zu finden.

 

 

 

Die im Steinbruch lebten, hatten ein

Gehör für Steinmusik,

Und diese Sprache konnte man erlernen,

Und es war unmöglich mit dem Berg

In ein Gespräch zu kommen,

Und man lauschte immer wieder auf die

Schichten, die sich leicht verschoben

Und Geräusche machten,

Und mein Kopf war jung aus dem Granit

Geschlagen,

Und man meißelte noch fleißig

An der Form.

 

 

 

In die Höhlen senkte man die

Tage, die nur halb geschehen waren

Oder nur zu einem Teil,

Auch angebrochne Nächte legte man dazu,

Und man verschweißte

Und versiegelte sie in der Tiefe, um sie für den

Notfall zu bewahren,

Und man würde die

Reserve nicht vergessen,

Und in einem stillgelegten Bergwerk

Blieb ich ganze Tage und die Nächte,

Und es häufte sich nichts an.

 


 

Aufschläge 6319 - 6321

 

Ich sah mich um in meiner Sonne,

Und die eignen Schatten waren mir die

Liebsten Kinder,

Und zum Abend sah man ihnen ihre

Sehnsucht nach der großen

Schwester an,

Und morgens griffen ihre

Finger lange noch ins Nichts, um dort den

Zipfel eines Rockes zu erhaschen,

Und die

Heimatlosigkeit der Fliehenden

Verschob die Kontinente,

Und die Wasserspalten, die dazwischen lagen,

Wurden an nicht einer Stelle enger,

Und die Brücken stürzten ein.

 

 

 

In deiner Wohnung herrschte eine Ordnung, die man

Überall erwartete,

Und als du mich besuchtest,

Hatte ich den roten Mantel an,

Der fiel auch über meine Ohren, dass sie

Glühten, und ich schämte mich,

Und meine zweite Tür aus meinem

Zimmer hatte ich dort oben in der Decke,

Und ich kam nicht hin, sie zu bedienen,

Und im Boden öffnete ich dunkle

Fenster, die nach unten lauschten

Und den Herzschlag melden würden,

Falls der dort entstünde.

 

 

 

Und an einer Küste sprach ein

Künstler mit dem Meer, so dass es sich

Vom Sandstrand stundenlang zurückzog,

Und er schuf aus Stein ein meterhohes

Mannesglied,

Das tauchte, als die Flut kam,

Tief und tiefer in die Wellen,

Und ich war auf Suche nach der

Freiheit, die ich fast

Verloren glaubte.

 


 

Aufschläge 6322 - 6324

 

Aus deiner linken Hand wuchs Gras,

Und jene Frau, die in der Tür,

Stand auch am Eingang zu dem Wald,

Sie war schon halb ein

Baumstamm, der sich seitwärts lehnte,

Und sie schaute nicht zu dir herein,

Du selbst verliefst in einer Pfütze, die den

Windhauch spiegelte,

Und alle Möbelstücke in dem

Wohnraum waren fest verwachsen in der

Landschaft

Und bemoost,

Und Farn wuchs in der Bodenschale,

Und es hing ein Ölbild in der Galerie,

Das hatte eine Tür,

Die führte in den eignen Rahmen.

 

 

 

Ich warf zur meiner Freude

Einen Stein, der flog und breitete die

Flügel aus und stieg empor und

Rief mir Worte zu in einer

Sprache, die er mir verdankte,

Die ich ihm noch hinterher gerufen hatte,

Und er lernte schnell,

Und schon verstand ich ihn nicht mehr,

Er war zu hoch und redete mir tausend

Gründe ein

Für meine Flucht.

 

 

 

Mit einem überlangen Messer

Ging ich an das Meer

Und warnte es zuvor und wollte,

Dass es stillstand,

Und ich sagte auch, dass ich die

Arme seiner Wellenkämme trennen würde,

Und die Angst in mir war groß,

Das Meer stand vor mir auf und wies auf

Stümpfe, die es hatte, lange schon vor mir,

Und wirklich spiegelte es nur noch meinen

Rumpf.

 


 

Aufschläge 6325 - 6327

 

Vor mir zerfiel ein

Menschenkörper in zwei Hälften,

Und er teilte sich in seiner ganzen Länge,

Und sein Radiobild, das man zerstören wollte, blieb,

Als wäre nichts geschehn, im

Freiraum stehn, die

Strahlen bluteten nicht aus

Und bildeten ein neues, ganzes

Wesen, das sprach nicht mit uns

Und nahm nach vielen Stunden erst

Die Blässe kalter Augenblicke an,

Und hinter mir fiel ich zurück

Und ließ mich nicht zusammenfügen.

 

 

 

In der Kunst fand man durch Zufall

Einen Stein, aus dem entsprang aus einem

Loch in seiner Mitte eine

Wasserquelle, die stieg sanft empor

Und überlief den Rand,

Und niemand fragte nach dem

Ursprung,

Und die Größe dieses Werkes

War für jeden völlig anders,

Und mein Herz trug ich tatsächlich in der

Hand, wie man es mir erklärte,

Und es spielte dort in seinem

Blut.

 

 

 

In deinem hohen Würdenamt

Verlangtest du von dir die eigenen

Und auch die

Schmerzen anderer zu ignorieren,

Und bei dir trug jedermann die

Wundenmaske auf dem

Brandmal,

Und das brannte man zuvor ins rohe

Fleisch,

Und dabei gab es keine Lüge und auch keine

Wahrheit mehr.

 


 

Aufschläge 6328 - 6330

 

Als ich mich entfernte, rief das

Stückwerk, das ich hinterließ, mir nach

Und wies auf sich,

Und nichts war fertig,

Und zuvor war jedes

Teil noch ganz gewesen, als ich dicht davor stand,

Und es war dies Wort, das hinter einem

Nachtbild wohnte,

Das war schwarz und dumpf;

Und sah ich auch hindurch,

Mich fing die Schwärze ab in seiner

Tiefe.

 

 

 

Meine Ohren sandte ich auf Reisen in die

Felsen,

Und sie sollten dort an Türen lauschen

Und mir sagen, ob es hier versteinerte

Gedanken gäbe,

Und sie fanden dort Gravuren

Und mich selbst davor mit einem

Werkzeug in der Hand,

Ich war der Steinmetz,

Den ich fragen sollte.

 

 

 

Sonst studierte ich die

Regeln strenger Wissenschaft

Und fand sie alle richtig,

Und sie wiederum erklärten nichts von ihrem

Sinn,

Und erst der Sinn, den sie von mir erfuhren,

Ließ sie anders wirken,

Und ich sah es ja mit eignen Augen, dass die

Steine in die Erde fielen

Und gelassen, tonnenschwer im

Freiraum standen

Und sich selbst für nichts

Erachteten.

 


 

Aufschläge 6331 - 6333

 

Ein wenig griff dein Traumsturm über,

Und es wehten Blätter, noch mit weißen

Wurzeln, her zu mir,

Ein Schlüsselbund, das namenlos im

Treibsand lag

Und nirgends passte,

Und ich hob es auf und gab es dir am

Morgen,

Und ich warf den

Stein auf seinen langen, unbekannten

Weg in einen Brunnen,

Und ich rührte gar nichts an von dir

Und fragte nicht

Und ließ dich völlig sein

Und griff nach dir

Und war zufrieden mit dem

Schönheitsbeet,

Das legtest du ganz vorn am

Eingang an.

 

 

 

Mein Hals war zugeschnürt,

Und Atem nahm ich nur aus mir,

Und über meinen Stuhl verlegte ich die schlaffe

Uhr, die schmiegte sich an

Sitz und Lehne,

Und man fragte nicht, ob sie noch ging, ob

Zeit nun stillstand,

Und ich setzte mich auf sie

Und ließ sie auf mich warten.

 

 

 

Lange blieb ich wach

Und horchte auf ein

Zeichen,

Das sollt aus mir

Kommen.

 


 

Aufschläge 6334 - 6336

 

Die Fingernägel trommelten aufs

Regendach,

Und sonst bewegte sich kein

Laut in meiner Nähe,

Und es fiel nur dieser Überschall vom

Himmel und schoss durch die

Stille und erschütterte die

Langeweile beinah tödlich,

Und ich saß auf meinem Tisch,

Der war nur aufgemalt auf Pappe,

Und man formte noch an mir

Und wollte mich zu Ende

Bringen.

 

 

 

An einem kleinen

Grünsee fanden sich die

Lampionkinder ein

Und wachten in der Nacht,

Und von dem Gegenüber warf ich einen

Stein genau und mitten in das

Spiegelbild der Füße,

Und sie standen still und liefen doch in

Wellen meiner Kreise fort

Und kamen wieder,

Und es würde das

Geplätscher irgendwann auch

Über meinen Körper laufen.

 

 

 

Ich lebte in der Flucht,

Sie wiederholte sich von

Tag zu Tag,

Ich suchte außerhalb nach euch,

Und ich benutzte eine

Brille, die auf Wärme reagierte,

Und sie führte mich an viel zu heiße

Quellen,

Und die Ringe meiner Finger

Schnürten mir die Hälse zu vor

Angst entdeckt zu werden.

 


 

Aufschläge 6337 - 6339

 

Alles, was ich dachte, hing an einem langen

Pendel,

Und es schwang weit aus

Und zog sich über Land und über Küste

Und das Meer,

Und stand im Wendepunkt,

Der war so unerreichbar fern,

Und eine Schaukel, die uns aufnahm,

Rauschte immerfort durch eine

Mitte,

Und es hörte niemals auf.

 

 

 

Aus einer Landschaft voller Kräne

Floh ich in die Erde,

Und ich stieß an gut erhaltne

Fundamente alter Galgen,

Die man nicht von oben sehen konnte,

Und die Märchenprinzen suchten grad im

Unwegsamen die versprochnen

Königskleider.

 

 

 

Über mir stand eine

Möwe in der Luft,

Sie hielt sich dort mit leisesten

Bewegungen und stand im nächsten

Augenblick im Sonnenkreis,

Der war so weiß, dass sie darin verdampfte,

Und der Regenbogen auf der andren

Seite schlug als Illusion in meine

Ohren ein.

 


 

Aufschläge 6340 - 6342

 

Ich selbst saß unter einem

Baum, der stand am Ufer,

Und ich hatte dreifach

Wellengang und sah den

Wind, als der mich losließ, in das

Wasser fallen und danach im Ritt auf scharfem

Strandgras, dann auf langer

Schwebefahrt im gelben Feld von Ähren,

Und ich hatte Glück,

Man hing mich nicht, wie mir derselbe

Wind in meine Ohren schrie, an meinen

Füßen auf und stach mir nicht mit einer

Gabel in das Auge,

Und man legte nicht die

Elektroden an mein Glied und nicht

An meine nackten Sohlen,

Und der Wind warf

Spott und Lachen über seine

Schultern,

Und er sprach von harter Welle,

Die er kannte.

 

 

 

Unten stand ein Schiff,

Es fuhr nicht ab,

Und niemand war an Bord,

Ich hatte doch bezahlt,

Auch lag das Schiff ganz fest

Und schwankte nicht,

Und draußen war das

Meer steinhart und unbeweglich,

Und die Wellen waren nur geformt aus einem

Glas, das war viel tausendfach gerissen

Und gesplittert.

 

 

 

Man folterte den Folterkönig,

Und es war kein Sieg, sein

Schreien nicht Musik,

Es schwiegen viele Münder der

Gerechtigkeit,

Man ließ die Ungerechten rückwärts laufen,

Und sie stießen dort zusammen mit den

Ungerechten, die sie jagten,

Und der Wind, dazwischen, hatte jeden

Schon berührt

Und ihn gespeist

Und ihn geängstigt,

Und er war ein Schwätzer,

Der in Steine seine

Tagebücher schrieb.

 


 

Aufschläge 6343 - 6345

 

Du warst so groß wie ich

Und ich genauso groß wie du,

Und jeder überragte doch den anderen,

Und du erzähltest von der Schuld

Und von dem Keil, den schlüge man in dich,

Der saß so fest, der quälte dich und schaute aus der

Jacke,

Und ich war ja dumm, ich wollte dich befrein

Und riss an einer Wunde, die dich schmerzte,

Und ich konnte dir nicht helfen,

Und die

Spaltung stand bevor.

 

 

 

Dir zeigte ich auch eine Narbe, die ich hatte,

Und im Garten pflegte ich ein

Blumenbeet und rührte nur mit

Schutzhandschuhen an die rohe Erde, die ich

Wegen ihres frischen Blutes

Nicht berühren konnte,

Und ich litt schon lange unter einem

Pelz, der sträubte sich auf mir.

 

 

 

Meine Hilfe konnte keine Hilfe sein,

Und sie erreichte nicht einmal mich selber,

Und ich stand getrennt von ihr

Und sah hinüber,

Und sie irrte zügellos und schwankte auf der

Suche,

Und ich sah das erste Mal wie blind sie war so ohne

Jede Führung,

Und es standen Kinder hinter dem Gebüsch und zeigten

Größten Mut und bissen Würmern, die sie in der

Erde fanden, ihre

Köpfe ab.

 


 

Aufschläge 6346 - 6348

 

Zwei Stühle standen tief im

Kuss verschlungen vor der Tür,

Ich konnte sie nicht auseinander bringen;

An die Badewanne angelehnt stand eine

Tänzerin, die tanzte später mit den

Gegenständen,

Und sie war das Leben, das in dieser

Totenlandschaft Opfer werden sollte,

Und die meisten großen Bilder blieben unverändert,

Und man schützte Tod besonders vor den

Lebenden.

 

 

 

Mitten in dem Wohnraum war ein

Fenster aufgehängt,

Das konnte man nach beiden Seiten öffnen,

Und es fehlte eine Mauer, die es einschloss,

Und es konnten die Besucher hier die

Einschau halten,

Und es war ganz sonderbar:

Man sah hinaus und sah hinein

Und sah zwar nichts und sah doch alles

Mit ganz andren Augen.

 

 

 

Was auf uns traf war nur die

Materialisierung der Musik,

Und schöpferische Augenblicke

Wurden nicht verschenkt,

Man musste sie mit viel zu frühem

Sterben schwer bezahlen,

Und die Krieger, die ich für mich streiten ließ,

Schuf ich aus Erde, die ich an der

Sonne trocknete,

Und ich verriet auf diese Weise die

Natürlichkeit, die mir in

Ohren klang.

 


 

Aufschläge 6349 - 6351

 

Ich lebte in der Nähe eines roten

Strahles, der stand waagerecht im Raum,

Und er begann nicht und er endete auch nicht

Und zog die Krümmung meines Raumes auch nicht nach,

Er war gerade und verlief ganz linear,

Und er begann nicht und er endete auch nicht.

 

 

 

Man zeigte uns die Filme einer

Gegenwart, die wir nicht kannten,

Und das Glasgehäuse knisterte, wenn meine

Fingerspitzen diese

Wirklichkeit berühren wollten,

Und ich sah es ganz genau,

Erst hinter dieser

Wand entstanden kleine, bunte

Punkte, die das Bild erschufen,

Und ich langte nicht zu ihnen.

 

 

 

Erst, als mich die Nachricht schreckte,

Dass man die vergessenen, verlorenen und

Fortgeworfenen Gedanken endlich von der

Straße fegen wollte,

Sah ich mehr und lief hinaus,

Und in der Eile weigerten sich meine

Schuhe ihren Dienst zu leisten,

Und sie seien ungereinigt

Und es sei schon spät

Und ließen mich allein,

Und draußen war noch nichts geschehen,

Und die Sammler fanden dort wie eh und je die

Tagessuppe.

 


 

Aufschläge 6352 - 6354

 

Ich drängte aus der Faust, die hielt mich fest,

Sie zeigte schon in

Richtung Sonne,

Und, wär ich erst frei,

Flög ich direkt in sie,

Und maßlos wäre mein Verbrennen,

Und am Abend störten mich die großen

Fliegentiere, die in meine

Lampe stachen,

Die durchs offne Fenster mir in die

Gedanken fielen,

Und ich fing sie an den langen

Beinen aus der Luft,

Die rissen ab,

Und ihre Leiber flogen einfach

Weiter.

 

 

 

Die Krankheit selbst saß tiefer als der

Schock, den sie uns brachte,

Und wir sprachen über eine große

Freiheit, die war ungewaschen

Und sie stank und übertrug das

Übel,

Und die Heilung fände man nur in uns selber

Sagten alle, die davongekommen waren.

 

 

 

Es wuchs ein fremdes Land auf meiner

Haut;

Ich ließ mich scheren,

Und die alten Meister lebten auf

Und hatten Hoffnung.

 


 

Aufschläge 6355 - 6357

 

Man wickelte den Zierfisch ein in diese

Sichtbarkeit und dann in

Packpapier,

Und, ohne zu zerstören, könnt ich nicht an seine

Leuchtkraft kommen,

Und mit hochgestelltem Kamm

Schlich ich mich um den Wind, der wollt in meinem

Kopfhaar Nester bauen,

Und man schöpfte blind in einem fremden

Element

Und würde mich erhaschen.

 

 

 

Man würde auch den

Rücken stehlen, den ich an die kalte

Steinwand presste,

Und es lag vor mir die dumme

Frage, was mir bliebe,

Und ich wagte nicht einmal

Mich schnell nach ihr zu bücken,

Und es würde sicher niemand merken.

 

 

 

Meine flachen

Hände waren schon so lange hinter mir,

Und, sähe ich nicht hin, könnt ich nicht sagen,

Ob der Wildwein über sie gewachsen wäre, oder

Ob sie selbst im

Rankwerk stünden, langsam mich verrankten,

Und ich blickte starr geradeaus

Und hielt mich an

Zu warten.

 


 

Aufschläge 6358 - 6360

 

Das Brennglas hielt mich fest in seinem weißen

Punkt, der lag noch außerhalb der

Sonne,

Und sie war gefangen,

Und nur eine oder zwei

Sekunden war ich leuchtend hell,

Dann stieg die dünne, schwarze

Fahne aus mir auf,

Und meine hochgehobnen

Hände über mir erlahmten in der

Scham,

Und meinen

Selbstmord ließ ich wieder aus den

Händen fallen.

 

 

 

Auf dem Rücken lief die

Brandspur eines

Meteoriten, der drang durch die

Kleider bis zu mir

Und weckte mich mit

Kratzgeräuschen an der

Tür,

Und gleich dahinter lag ich fast verdurstet,

Ja, vertrocknet von der

Glut, die fest in meinem Nacken hockte.

 

 

 

Aus der

Zeitung las ich dann

Wie emsig man nach

Leuten suchte,

Die die Narbenlandschaft

Wirklich sehen könnten, und sie müssten sich, um

Jeden Irrtum auszuschließen,

Qualifizieren und auch Wunden deuten können,

Und es wäre nicht genug, die

Schmerzen zu betäuben.

 


 

Aufschläge 6361 - 6363

 

Meine Blicke hob ich auf,

Sie sollten in die Sonne fallen,

Die war schwarz und ließ das

Strahlen nicht,

Und hinter ihr vermutete ich diesen

Sternenbogen, der der Nacht die

Straße brachte,

Und ich wusste auch zugleich, dass ich mich

Irren musste,

Und die Hände hielten dir von hinten deine

Augen zu,

Und du errietst sofort,

Dass ich es war.

 

 

 

Du liebtest helle Möbel und die

Glatten runden Steine, die du streicheltest,

Ich hörte einen Arzt in Liebe über eine

Krankheit reden, die man sauber

Operieren konnte,

Und ich stolperte und schimpfte über deine

Katzenhaften Reden, die sich um die

Beine schmiegten,

Und das Kettenwerk an mir war keine

Wahrheit, und sie wuchs schon hoch

Und artete zur

Schönheit aus.

 

 

 

Tausend Zettel gaben noch kein Wort,

Die Schreiber lagen voller

Tatendrang daneben und verrieten sich in

Langeweile,

Und sie hatten alle Zettel und auf beiden Seiten

Eng beschrieben,

Und ich setzte mich vor irgendeinen

Spiegel und beklagte mich

Bei mir.

 


 

Aufschläge 6364 - 6366

(Cafe Müller, gewidmet Pina Bausch, 09.1984)

 

Deine Brüste waren schlaff

Und ausgetrunken hatten sie dein Herz,

Es schwoll trotzdem und schickte heiße

Boten aus mit freundlichen Geschenken,

Und ich nahm, was du mir gabst, und gab mich

Auf den flachen Boden,

Und die Tänzerin, die aus dir stieg, lief über mich,

Und ihre Füße traten nicht auf mich,

Du warst mir lieb,

Ich stemmte dich mit meinen

Händen hoch zu mir und räumte in dem Saal voll

Leerer Stühle deinen freien Weg,

Und ich verwarf die Sitze und die Tische,

Und du solltest dich hier nicht verletzen,

Und du liefst an eine harte Wand,

Die konnte ich nicht schnell genug

Versetzen.

 

 

 

 

Ich griff ganz fest um deinen Leib,

Du hättest schreien müssen,

Denn ich schlug die Pflöcke

Tief in dich,

Und du warst fest entschlossen,

Und den Preis, den du vergeben wolltest,

Kannten wir, er war bereits vergeben,

Und ich hob dich hoch,

Und du hobst mich,

Ich warf dich an die

Mauer neben uns, so wie du mich,

Die nahm nichts an

Und lehnte auch nichts ab,

Und lange schöpfte ich an dir.

 

 

 

 

Wir suchten in dem großen Saal

Nach uns vertrauten Spuren,

Und die Füße hielten wir ganz nah am

Boden, der war schmutzig,

Und er färbte unsre Sohlen schwarz im

Kuss,

Und deine Augen waren dir verschlossen in der

Hoffnung,

Und es räumte keiner auch nur eines dieser

Hindernisse an die Seite,

Und sie mussten dich ja in die

Irre leiten.

 


 

Aufschläge 6367 - 6369

 

Über dir hing eine Nachtlaterne,

Und ihr Schein fiel grell auf dich

Und riss den Schatten in die Erde

Und die Lampen, nebenan,

Erreichten schräg gestellte

Spielgefährten, die sich nicht von deinen

Füßen trennten,

Und du warst der

Kelch darin,

Den brauchte diese Nacht, zu blühen,

Und die andren Frauen neben dir

Begannen neue Beete anzulegen,

Und die Kälte zwang euch allesamt

Dazu.

 

 

 

Dein Blick griff freundlich in mein

Haar und drückte meinen Kopf nach unten,

Und dein Schoß war herrlich ausgeformt

Und warm und nahm mich auf

Und würde zwischen dir und mir

Nicht tauen und in trocknem Sand verrinnen,

Und es rollte deine zarte Hand geschickt

Die Siegerinnenkugel über meinen

Spieltisch.

 

 

 

Ich zog die Gummistiefel wieder an,

Sie waren nicht gepflegt

Und konnten mir auch nicht gehören,

Und ich fand mich vor als

Dieb der eignen Sachen,

Und die Stiefel waren damals

Pferd und Reiter meiner

Unbeweglichkeit

Und mussten heute

Rettungsdienste leisten.

 


 

Aufschläge 6370 - 6372

 

Mich intressierte nicht der

Mensch auf seiner Parkbank sondern nur das

Halbverwitterte Kreuz, das hing an seinem

Hals,

Es mochten auch zwei

Balken sein, die sich dort überlagen,

Und der Schaden zog sich bis in halbe

Höhe,

Und er war mir unerklärlich.

 

 

 

Ich führte die

Gespräche mit dem Tier, das man dort

Draußen im Gehege hielt,

Und von uns beiden wusste ich nur

Wo die Freiheit endete,

Ich hatte sie ja selbst erfunden,

Und das Gitter, das so vor mir stand,

War nur ein kleiner Ausschnitt meines

Käfigs,

Und die fremde Frau, die mich bedrängte

Hing ich mir als Mühlstein um den Hals,

Sie schrie als ich das Zentrum

Aus ihr bohrte.

 

 

 

Würde ich nun schweigen,

Hätte ich den Namen meiner

Stirn niemals in irgendetwas eingetragen,

Könnte ich auch niemals lesen, dass ich

Existierte,

Und das beinah schwarze Lederkleid an dir

Verriet den Mechanismus,

Und man musste an der

Schulter, von den Unterarmen bis zur Hüfte

Und von dort ab bis zum Schoß

Vernünftige Verschlüsse öffnen,

Und du halfst mir nicht und hofftest nicht,

Dass sie versagen würden,

Und ich war entsetzt

Und wehrte meine Hände

Gegen dich.

 


 

Aufschläge 6373 - 6375

 

Du zeigtest mir den letzten

Frühling dieses Herbstes,

Und wir sahen unsren

Bach durch das Geröll bis auf den

Grund,

Ich konnte ihn trotzdem nicht finden,

Und ich hätte schreien mögen im

Verlust und war bereit, den

Tag lang zu verbringen an der Seite einer

Fremden Frau,

Ich hatte auch gehört,

Dass man sich zwingen konnte

Nicht zu atmen.

 

 

 

Ich ging spazieren mit dem

Gartenstuhl, auf dem man nicht mehr

Sitzen konnte,

Und vielleicht war er ein

Teilchen, das mir fehlte

Oder das ich selbst ergänzen sollte,

Und ich sprach mit ihm

Und redete zu mir mit seinen Worten,

Und zur Nacht erst, wenn wir

Ausschau hielten nach Vertrauten,

Legten wir uns aus den

Händen.

 

 

 

Hinter mir erhob sich eine

Wolke, die entstand am

Boden und wuchs an und fraß am

Staub,

Und sie bekam ein Herz, so dass ich

Nicht mehr sehen konnte,

Und sie wanderte mit diesem

Fresswerkzeug auf meinem

Weg und graste über alles,

Und sie wartete, zu sehen,

Wohin ich mich wenden würde.

 


 

Aufschläge 6376 - 6378

 

So erwachte ich

Und stand im Steinfeld, das sich hart an meine

Füße schmiegte,

Und hier war kein

Grat, kein Brocken, abgestumpft, verwittert

Oder liebevoll von einer

Gegenliebe abgeschliffen,

Und man half mir in den Mantel,

Und man gab mir einen Wanderstab,

Und meine Sohlen sah man sich nicht an,

Der Schutz hierfür wär gänzlich

Meine Sache.

 

 

 

Ich saß allein und weinte in den

Teller, weil ich Abschied machen wollte,

Und ich sah umher und sah doch nicht

Genug und stieg ein wenig höher,

Und es winkte niemand,

Und man räumte ruhig meine

Schüssel fort und reinigte den

Tisch,

Den Stuhl schob man, mit mir darauf,

Beiseite,

Und es war sonst nichts.

 

 

 

Wir liefen in den

Garten,

Und ich fragte dich wohl zweimal

Wer du seist,

Und du beschwertest dich bei irgendeiner

Kleinigkeit, dass ich dich nicht nach deinem

Namen fragte,

Und du hättest mir doch gestern schon,

Bevor wir uns erkannten, deine

Kleider vorgeführt,

Und mir war wirklich nichts

Entgangen.

 


 

Aufschläge 6379 - 6381

 

Einige der Worte, die du schriebst,

Entließen ihren Sinn in

Farbe, die drang langsam ins

Papier des Briefes,

Und an andrer Stelle fand ich

Lücken,

Und es war mir schwer, dich zu verstehen,

Und du sagtest auch zum Schluss, dass ganz allein der

Mangel an Vollkommenheit der

Grund sei für die Missverständnisse,

Und das war falsch, denn wahre

Schuld trug nur der Mangel an der

Existenz,

Das zeigten auch die weißen

Wolken, die sich tags vor blauen

Himmel schoben.

 

 

 

Im Kinderzimmer fand ich eine

Wand gerissen,

Und es war ein Riss, der ging durch freien

Raum, man sah ihn deutlich stehen,

Und das Kind, dahinter, zeigte mir zum ersten

Mal wie unerreichbar weit es andrerseits der

Trennung lebte und zugleich davor in unsren

Armen mit dem Vorhang spielte,

Und ich dürfte diese

Sichtbarkeit nie mehr entfernen,

Und es würden immer Risse frei im Raum stehn,

Als bizarre Spiegelwände.

 

 

 

Ich sandte dir ein unbeschriebnes, weißes

Blatt Papier und eine

Schachtel mit dem Feuerholz, das konnte man

Entzünden,

Und du branntest meinen

Brief ganz auf und starrtest lange in die

Asche auf dem

Teller,

Und du wusstest nun genau, dass auch ein

Name wenig länger brennen konnte als der

Schatten, den er warf,

Und meine Anschrift war verloren.

 


 

Aufschläge 6382 - 6384

 

Dadurch, dass du dich so schnell bewegtest,

Wurde dein

Gesicht verzerrt,

Du dachtest noch an gestern,

Und du sahst genau zurück

Und zogst zugleich an dem,

Was dir nicht folgen konnte;

Ich erinnerte mich auf dem morgendlichen

Weg an all die Steine unter meinen Füßen,

Und, mit jedem Schritt in immer wieder gleiche

Spuren, müsste sich doch endlich die

Vertiefung bilden.

 

 

 

Alles war so offen unter meinem Dach,

Ich fürchtete den Regen, der fand

Löcher, die ich grad geschlossen hatte,

Und ich konnte mir nicht helfen,

Und die Wahrheit war, dass die

Geburtstagsfeier ohne

Anlass kam,

Und niemand auf der

Erde konnte sich erinnern,

Und es war seit diesem ersten

Tag nichts mehr geschehen,

Ja, er hatte nicht einmal

Begonnen.

 

 

 

Rundherum berührten sich die

Menschen in der Nähe,

Und es war ja keine

Not,

Es drängte sich der eine an dem andren,

Und man mied einander heftig,

Und es war nichts zu vermeiden

Und kein Unterschied mehr zwischen

Ankunft und dem

Ausstieg.

 


 

Aufschläge 6385 - 6387

 

Man nahm mir beide

Beine,

Und es sei ein Leiden in der

Welt, dass ich so lieben lernen sollte,

Und man würde mich bald wieder heilen,

Und ich kam in einen völlig neuen

Raum,

In jenem stellten

Künstler ihre amputierten Glieder aus

Und wollten so die

Trennung zwischen

Mensch und Gegenwart beweisen,

Und sie setzten mich auf irgendwelche

Beine,

Und ich musste damit laufen.

 

 

 

Das Haus der Künste war aus rotem

Sandstein,

Und in Nischen hielten sich die

Statuen verborgen,

Und sie waren wirklich tot

Und abgestorben mit der Zeit,

Und ließen sich, schon völlig willenlos,

Aus meinen Händen

Füttern.

 

 

 

Morgens sah ich, wie ein fremder

Spiegel in den Spiegel fiel, in dem ich stand,

Und brach dort nichts entzwei

Und reflektierte mir zu

Ohren alles, was sich dort befand,

Und was ich nie gesehen hätte

Aus dem toten

Winkel.

 


 

Aufschläge 6388 - 6390

 

Heute Nacht, im Schlafen, stieß ich mich an dir,

Weil du direkt in meinen

Traum gewachsen warst,

Ich wusste nicht, woher du reichtest,

Und ich saß auf einem Stuhl,

Die Rückenlehne wuchs erbarmungslos

An mir vorbei bis in das

Himmelsgrün und seine schwarzen

Wolken

Und an mir vorbei

Und stach in die Gedanken, die ich hatte,

Und ich konnte nicht dabei sein.

 

 

 

Wir trafen uns dann an der

Hafenstraße, die war leer und bot die

Frauenschatten an, die sich in rosafarbne

Flecken öffneten

Und in dem

Flutlicht wärmten,

Und an dir gelang mir nur der

Kuss auf deine

Augenlider, die sich schlossen,

Und mit meinen

Füßen stieß ich kleine

Steinchen über meinen

Brückenrand

Und sank mit ihnen in die

Wimpern.

 

 

 

Als ich dich dann anhob, um dir nah zu sein,

Zerriss ich auch dies dumme

Spinnweb, hinter dem du lebtest

Und an dem du fleißig warst,

Und ich bedachte nicht,

Womit es später, wenn wir wiederkommen mussten,

Auszubessern sei,

Und immer wieder drehtest du dich danach um

Und konntest den

Zusammenhang, der zwischen mir und der

Zerstörung lag,

Nicht fassen.

 


 

Aufschläge 6391 - 6393

 

Du sprachst vom Tod,

Von königlichen Bildern

Und von Toten, die das

Überleben sichern

Und von Lebenden, die streuen einen neuen

Tod, der ist so weit entfernt, so unsichtbar

Und reckt in mir die Glieder, dass sie ihm nicht

Rosten,

Und ich habe mich, den neuen

Menschen, der aus anderen besteht, zu lieben,

Und auf meinen

Kopf setz ich mir immer wieder einen frischen

Kranz zu ihrem

Angedenken.

 

 

 

Zwischen deinen ganz entspannten und gespreizten

Schenkeln schlief ich ein,

Und deine

Streichelhand ließ mich ganz ruhig schlafen,

Ja, du hattest einen Menschen wieder, dem die

Offenheit ganz gleich war,

Der sich

Nester baute, wo es wärmte,

Und die fremden Teile, die man in mich senkte,

Um den Toten zu beleben,

Blieben kalt.

 

 

 

Umgekehrt entstand in mir die

Angst des Wahnsinns, als man einem

Tierleib menschliches

Empfinden implantierte,

Und ich wurde unter allen ausgewählt, die

Schreckensträume aufzuschreiben,

Und ich sah wohl,

Dass sich etwas hinter mir versteckte

Und nicht vorkam.

 


 

Aufschläge 6394 - 6396

 

Zweimal Glück ist noch nicht doppelt

Glück,

Und du stehst eng an mir und zweimal

Haut ist noch nicht doppelt

Haut,

Du lügst, wenn du es sagst,

Und du bist nicht in mir,

Und auf dem Tischtuch meines Tisches

Liegt der

Splitterhaufen deines Herzens,

Den soll ich zusammenfügen

Und, was fehlt, ersetze ich von mir

Und sage nichts davon.

 

 

 

Dann stecke ich die

Hand ins Speichenrad,

Das dreht sich und es singt ganz leise,

Und es steht nicht still,

Und auf der andren Seite kann ich mich

Noch grade vor dem

Schnittpunkt fassen, der liegt außerhalb

Und ist zum Greifen nahe.

 

 

 

Einen Handkuss bring ich an,

Und mein Gesicht verberge ich an deiner

Brust,

Und du weißt nichts mehr von der

Hautverpflanzung, die ich überstand,

Und singe das

Hausiererlied von Türen, die sich öffnen

Und im Rhythmus

Schließen.

 


 

Aufschläge 6397 - 6399

 

Dein Pflug ist viel zu schwer für meine

Erde,

Und die Stolperdrähte meiner

Grenzen reißt du durch

Und jagst mich an das

Ende meines Ackers,

Und du wirfst mich weiter auf die

Seite,

Und nur wenig später seh ich das

Profil der Reifen auch an mir.

 

 

 

Dann schwindest du zum

Blindpunkt, der in meinen

Augen steht und sich nicht fangen lässt

Und abwärts gleitet,

Und ich seh direkt in eine schwarze

Sonne,

Und sie dreht die spitzen

Drähte in mir um

Und spießt sich ein in mich.

 

 

 

Über mir bewach ich mich

Und seh mich irren,

Und ich schlage hin auf

Wegen, die ich tausendmal gegangen bin

Und sehe auch das

Kettenfahrzeug, das du steuerst,

Und du wirbelst weißen

Staub auf,

Und der bildet diese

Laken, die man über alles legt.

 


 

Aufschläge 6400 - 6402

 

Es fuhr der

„Zug auf Schienen“, der mich eingenommen hatte,

In den Tunnel,

Und der war aus

Glas, die Sonne sah ich an verschiednen

Stellen scheinen,

Und es war dein Herz kein

Trümmerhaufen und kein

Abbruchplatz, wie du es vorgabst,

Sondern schön war es und glatt

Und schlug im

Rhythmus meiner

Reise,

Und es litt eine wenig unter

Eigenspannung, die sich in den

Regenbogenfarben deutlich

Zeigte.

 

 

 

Mein Finger schnellte über deine

Unterlippe,

Und ich sah in deinen

Mund,

Es war nichts lose, was an dir gewachsen war,

Und überall, selbst hier,

Warst du dir ganz und gar

Zusammenhang,

Der ging bis in die Tiefe.

 

 

 

Dann trank ich gläserweise die

Musik, die du für mich auf

Saiten spieltest,

Und ich schwöre, dass es nie ein

Instrument gegeben hat,

Das mich an einem

Weib unsagbar ähnlich hatte

Klingen lassen.

 


 

Aufschläge 6403 - 6405

 

Zerrissen ist mein

Mund,

Es bleibt ein

Stückchen davon

An dir haften, bleibt zurück an dir,

Und über meine Schultern rollst du,

Und dein Kopf, nach unten, zieht dich

Immer weiter mit an mir herab,

Du suchst den

Schoß,

Ich singe derweil monoton mein

Suchbild, das besteht aus einem

Baum, der geht kopfüber durch den

Raum,

Den ich gefährlich nah erträumte.

 

 

 

Abgeschüttelt bleibst du stehn

Und fluchst auf dein

Gefühl, das springt mich an und reißt noch aus dem

Lebenden die ersten Brocken,

Und dein Auge wacht

Und giert nach anderen, die etwa kommen könnten,

Und so viel, das weißt du auch,

Ist nicht an mir

Und reichte nie für zwei.

 

 

 

Dann weicht ihr aus

Und seid magnetisch,

Und die

Ordnung in dem Kraftfeld stimmt genau,

Und ausgerichtet seid ihr nach dem

Kern,

Ich drehe und ich wende mich

Und stoße mich nicht ab.

 


 

Aufschläge 6406 - 6408

 

Wir mussten unsre

Arme immer länger werden lassen,

Und sie sollten über eine

Tiefe reichen und sich finden,

Und wir schwankten bis zum letzten

Augenblick,

Du standst mir gegenüber,

Und dazwischen wagten wir es nicht, den

Blick zu senken,

Und bevor wir uns erreichten,

Grade, als ich dich ganz fest umschlang, fiel uns die

Tiefe aus den Händen,

Und der Aufschlag musste irgendwann

Zu hören sein.

 

 

 

Ich kannte keinen der vergangnen

Tage,

Und du jammertest um eine

Zukunft, wie die werden würde,

Und sie lag doch wirklich als dein

Auswurf auf der Straße,

Und man trat hinein und achtete nicht drauf,

Und wunderbarerweise wuchs in meiner

Hand ein blaues

Gras, das konnte ich niemandem zeigen,

Und es blieb mir ganz allein.

 

 

 

Im offnen

Wagenfenster standen plötzlich, als ich anhielt, die

Gespräche fremder

Menschen von der andren

Straßenseite,

Ja, ich hörte, wie ein

Regenblatt aufs Pflaster fiel,

Und das war alles morgens,

Und ich ahnte nichts davon.

 


 

Aufschläge 6409 - 6411

 

Es könnte wahr sein, dass du meine

Hand, die Finger, immer noch verspürst,

Sie griff so rücksichtslos in deine linke

Brust,

Ich musste doch das

Segel führen, dass der

Nachtwind vor sich herschob,

Und dein Schmerz…

Vergiss ihn, liebe ihn und auch die harte

Kante, die ich dir in deinen

Rücken drücken musste, dass du mir

Fast daran starbst,

Und, ja, es war kein

Glück, dass ich dich über meine

Schulter zwang

Und forttrug.

 

 

 

Als ich zu dir kam, lag immer noch das

Band ganz fest an dir,

Ich sagte doch, dass ich dich hatte fesseln müssen,

Weil sich vieles von dir lösen wollte,

Und ich schnitt nur eines dieser

Seile durch,

Und aus dem

Netz, das ich ganz hoch in einen

Haken hatte hängen lassen, fiel die ungeheure

Menge über mich und ließ nicht

Raum auf dich zu achten,

Und ich trank und trank an dir

Und bisse gern, wenn ich sie fänd,

In deine Kehle.

 

 

 

Drüben in den Zweigen stand das kleine

Vogeltier und sang von seiner kurzen

Herrschaft,

Und mein

Hals war zugeschnürt mit einem dieser superfesten Fäden,

Der war stramm gespannt,

Und irgendjemand zupfte darauf eine

Melodie.

 


 

Aufschläge 6412 - 6414

 

Hier war es ruhig,

Und es grünte viel an mir,

Und manche der

Berührungen, die nicht passierten, schmerzten mich,

Und vieles ging, mir nah zu sein, ganz leise fort:

Es war ein

Blätterfallen, und ich war im

Baum, der gab den

Abschied,

Und ich war im

Blatt, das segelte ins

Ungewisse,

Und es hielt die

Erdenarme auf

Und sah nach oben.

 

 

 

Ich schaffte so, was ich benannte,

Und es war ein

Irrtum,

Und der Ausweis, der mich ganz genau beschrieb,

Blieb fremd in meiner

Hand und brannte wortlos auf,

Und deine

Bilder waren völlig anders, härter, schienen aus dem

Stein gestochen,

Und dein

Tagebuch hielt dich in weichesten

Konturen fest,

Die ließen sich nicht formen.

 

 

 

Schmerzhaft war auch meine eigne

Wandlung,

Und ich trug das

Äußere als Innenpelz, der wärmte nicht,

Ich spürte silbrig alle blauen

Stellen,

Und die Winterlandschaft hielt mit hoch erhobnen

Händen eine weiße

Sonne über sich,

Die gab ein wenig

Wärme.

 


 

Aufschläge 6415 - 6417

 

Vor deinem Zimmer hätte ich mich gern entsetzt,

Und deine

Tür stand nur ein wenig offen,

Und du hattest alles ausgebreitet

Und lagst mir zu

Füßen,

Und ich war so unbeholfen,

Und ich trat auf dich und was am

Eingang lag und sah auch,

Dass du ein für alle Mal in

Trennung lebtest von dir selbst,

Und deine Arme lagen abseits

Und daneben deine

Hände, Augen und die

Leibesöffnungen so ungeschützt am

Boden,

Und du botst dich an,

Und deine

Abwehr hatte dich verletzt

Und wartete auf

Heilung.

 

 

 

Ja, es war mir ungewohnt,

Dass sich in diese

Stadt ein

Hahnenschrei verirrte,

Und er kam aus einem

Hintergarten,

Und ich ging hinein durch einen kleinen, dunklen

Bogen,

Und dein

Leib, der weiß und warm und blütensauber

Um mich wehte,

Eilte mir voraus auf einen roten

Sockel,

Und ich lief dir nach und fing dich halb am

Unterleib,

Und über mir, ich sah nicht hin,

Entsetzte mich die Suche, die dort

Krähte.

 

 

 

Als ich bremste, drängte mein

Gewicht nach vorne,

Und ich lag in

Gurten, die mich hielten,

Und die

Arme, die ich um dich schlingen wollte,

Rutschten endlich ab,

Und ohne jede

Zögerung glittst du so schnell davon,

Und nichts blieb hier von dem

Entsetzen.

 


 

Aufschläge 6418 - 6420

 

Die Sucher stehen vor der eignen

Tür, sie klopfen an

Und treten ein und finden nichts

Und gehen, wie vor tausend

Jahren durch die

Spiegel, die sie führten, und verlieren sich,

Und nichts erkennen sie,

Und hinter ihnen bringt ein

Ungesehener mit seinem Fuß,

Den hält er einfach in den

Weg, zu Fall, was sie sich

Ausgehandelt hatten.

 

 

 

So erinnere ich mich noch an den

Kirchturm, der schon lang zerfallen war,

Und einige der

Steine trug ich in mein

Bett, sie ließen sich nicht aus der

Ruhe bringen und erwarteten den neuen

Einbau, der war hier,

Und sie verstanden nicht den neuen

Glauben, den ich zwischen sie gegossen hatte,

Und die Fenster waren unerreichbar hoch,

Nichts konnte sie verbinden.

 

 

 

Unsre Mauern goss man aus der

Flüssigkeit,

Und man verzichtete ja neuerdings

Auf hunderttausend Hände, die erst hätten

Abgeschlagen, dann verkettet werden müssen,

Und in diesen Güssen, die nach Kurzem

Ausgehärtet waren, immer wieder neu

Durchscheinend oder undurchsichtig werden konnten,

War genügend

Platz für eine

Gegenwart, mit der man rechnen musste.

 


 

Aufschläge 6421 - 6423

 

Ich erbrach den Atem, den ich

Aufgenommen hatte,

Und der Weg bis hier war der

Transport in einem

Glasgehege,

Und ich saß darin,

Und alles, was man für mich machen konnte,

War das

Drehen an der Lüftungsscheibe,

Die war eingebaut im

Dach und nur von außen zu bedienen,

Und mein Blick hing fest an diesem einen

Steuerelement

Und irrte nicht davon.

 

 

 

Die Lippen waren mir geschwollen

Und im Sprödbruch heiß,

Und hinter mir schlug eine alte

Wanduhr ihre Stunden immer wieder an dieselbe

Stelle und kam nicht voran,

Und aus dem

Schrank entnahm ich einen

Silberteller, hingestellt von einer

Hand, die starb vor meiner

Zeit, dass ich mich sehr erschrak beim

Öffnen dieser

Kellertür.

 

 

 

Die Treppen, die ich

Nieder- oder aufwärts gehen wollte,

Zog man in die

Höhe,

Und sie drehte sich ganz langsam über mir im freien

Raum,

Ich musste stehen bleiben,

Und sie wurde nun den anderen,

Ich wusste nicht einmal woher sie kamen und

Wohin sie gingen,

Stufenloser Durchgang.

 


 

Aufschläge 6424 - 6426

 

Mein Bruder ging an mir vorüber,

Und er sah mich gar nicht an,

Und eine Straße in der

Altstadt zeigte dreifach ein

Gesicht:

Zum einen fiel das

Haarkleid einer schwarzen

Birke glanzlos nieder,

Und es hing des weiteren ein kalter

Wind darin und schaukelte sich in den Zweigen,

Und im Haus, das gleich dahinter stand,

Fand ich zum Schluss die strenge

Schnitzerei in Stein, die wies mich schroff zurück,

Und eines dieser alten Fenster

Ging ganz langsam auf,

Und meine Gegenwart, mit Locken, die von

Simsen schaukelten, verziert,

Sah mir in Neugier nach

Und ließ mich nicht aus ihren

Augen.

 

 

 

Unsre Betten standen viel zu schräg,

Wir wachten immer wieder auf,

Ich musste dir und mir behilflich sein,

Wir wollten unsre

Bleibe nicht verlassen,

Und der

Frauenkopf, der uns von oben zusah,

Hätte mir mit einem

Nicken Ruhe geben können,

Und ich wäre ihm gefolgt

Und hatte jetzt schon keinerlei

Bedenken,

Und ich sah ja auch verstohlen dauernd

Dort hinauf.

 

 

 

Der Himmel über mir war eingefallen,

Und die Sonne stand weit vor den

Wolken nah bei mir,

Das Blau des Himmels lag in meiner

Hand,

Die Teilung, die ich sonst so oft beklagte,

Konnte ich ganz neu bestimmen,

Und mein Bett stand nun gerade,

Und ich fragte dich, bevor ich einschlief,

Ob ich wohl ein

Raumgefühl in dir erzeugte, und du sagtest „Nein“,

Es sei mit dir noch etwas anderes.

 


 

Aufschläge 6427 - 6429

 

In meinem Rücken schlug das

Pendel einer Standuhr regelmäßig,

Und es schwieg sofort, wenn ich mich danach

Drehte und es sehen wollte,

Ja, die Zeit, die sie mir teilte,

Stand dann augenblicklich still,

Und ich verstand auch nicht, warum in deinem

Zimmer junge

Bäume wuchsen,

Und sie würden ihre

Kronen bald zur Seite neigen müssen,

Und sie stießen jetzt schon an die

Erde.

 

 

 

Irgendjemand spannte mich aus dem

Geschirr,

Und alles war so ungewohnt, weil nun die

Türen offen standen,

Und die Gänge waren unbewacht,

Und niemand achtete auf mich,

Und meine ersten

Schritte waren fest,

Und stieß ich wie versehentlich an eine

Wand, erschreckte ich mich nicht,

Und war ab morgen pünktlich frei

Und würde mich entlassen.

 

 

 

Heute wurde mir der

Tag schon viel zu lang,

Und ich bekannte dir, dass ich in

Wahrheit wohl nicht hier sei,

Und die Enge dieses Raumes sei ein

Irrtum,

Und wir lebten nur an der verkehrten

Zimmerseite,

Und wir wollten innerhalb,

Dort, wo wir beide lebten, keinen

Augenblick verbringen müssen.

 


 

Aufschläge 6430 - 6432

 

Heutzutage ist es leicht, sich die

Gefahr mit einem

Lichtstift nachzuzeichnen,

Und die Bilder, die im

Raum entstehen, werden deutlich, stehen starr

Und unbeweglich,

Sind zugleich nicht fassbar, unbegreiflich fern,

Und sie bewegen sich als

Flüssiglicht, das noch die kleinsten

Spalten überleuchtet,

Und der Stift ist nur ein

Spielzeug, das die

Kinderhände den

Maschinen stehlen,

Und die merken nichts davon.

 

 

 

Dir biss ich in den Leib,

Es zwang mich eine große

Kraft dazu,

Ich beulte dich dort ein,

Und deine

Schmerzen blieben lange stehen,

Und das Blech, das ich verletzte, saß an einer

Stelle, hinter der sich nur ein

Antrieb drehte,

Der bediente dir ein unbekanntes

Klopfgeräusch.

 

 

 

Vor dem

Abzweig, den ich gehen musste,

Küsste ich den

Baum, der war schon immer hier,

Und etwas später kamst du auch vorbei

Und wusstest, wohin ich den

Kuss gegeben hatte,

Und mit einem

Nagel schlugst du ihn ganz fest ins

Holz, er würde sich, so dachtest du,

Allein nicht halten können,

Und der

Weg, den ich von da an ging,

Beschrieb in seiner ganzen

Länge nur den

Anfang einer Zeile.

 


 

Aufschläge 6433 - 6435

 

Zwischen einem

Tod, der ganz und gar vergoldet war,

Und einem

Armenzweig, der lose in der

Erde steckte und ums

Grün der Blätter kämpfte,

Kroch ein

Bettler hin und her und reichte seine

Sammeldose hier dem einen dort dem anderen

Und lauschte auf

Geräusche hingeworfner

Münzen,

Und er hängte seine

Jacke um das Goldkind,

Und er urinierte an den

Zweig.

 

 

 

In dem

Gelbsand meines Gartens fand ich eine

Schleifspur, der ich nachging,

Und sie endete vor einem

Loch, das führte nur ein wenig seitlich in die

Erde,

Und es war sehr groß und ließ mich ein und gab mir

Raum, mich abzulegen,

Und die

Dunkelheit nahm alles, was ich brachte, auf,

Und später sah ich mich vom

Garten her zu diesem

Eingang gehen,

Und ich wusste gleich, dass ich kein zweites

Mal so leicht entkommen können würde,

Und ich fing mich auf.

 

 

 

Es war auch falsch, dass sich aus meiner

Arbeit noch ein

Sinn fürs Gestern zeigen würde,

Und ich traf auf schreckliche

Verletzungen,

Die warteten auf mich.

 


 

Aufschläge 6436 - 6438

 

Wir kamen aus der

Dunkelheit ins Licht,

Es schien durch deinen

Kopf, der war so wie aus

Glas,

Und drinnen lag noch, gut verpackt, die

Medizin, die löste sich nicht auf,

Und kühl war deine Wange,

Und das Tuch, das feucht auf deiner

Schulter lag, zog ich hinauf

Und schloss die

Jalousie so gut ich konnte hinter dir,

Ich war auch sicher, dass ich wenig an der

Heilung würde helfen können.

 

 

 

Andrerseits bedurfte ich auch selbst der

Hände, die mich streicheln würden,

Und ich ging auf eine

Brücke und betrachtete von dort das

Wasser,

Und ich lebte unter und auch grade in der

Oberfläche,

Und die Hände griffen hunderttausendmal nach mir

Und keine ließ sich fassen.

 

 

 

Sonst vernahm ich nirgends eine

Stimme,

Mit den Ohren lauschte ich an

Steinfiguren, die doch sonst so

Vielgesprächig waren,

Und ich hörte nichts,

Und alle wahren

Worte waren ja in mir,

Und deine linke

Seite, die du mir so roh entblößtest, war doch die

Betroffenheit an mir,

Sie hatte mich verlassen,

Um sich mir zu zeigen.

 


 

Aufschläge 6439 - 6441

 

Vor

Schmerzen stand mein

Kopf in hellen Flammen,

Und die

Balken glühten,

Und ich richtete nichts aus,

Und alles, was ich heut begann, stand mir im

Weg,

Die Feuermeldung, die ich ausrief,

War nur hier in meinem

Wohnhaus zu verstehen, das war leer,

Und ich war viel zu weit entfernt von mir

Und konnte mir nicht helfen.

 

 

 

Die Nacht verbrachte ich in einem

Netz, das hatte mich im

Fallen aufgefangen,

Und die Maschen schnitten tief in meine

Haut und teilten mich so einfach ein in gleichmäßige

Vierecke,

Und Menschen unter mir erwähnten nicht einmal,

Dass dieser

Himmel sich verfangen hatte

Und gelähmt nach unten schaute.

 

 

 

Jemand meldete, dass hinter einem kleinen

Gartengitter eine neue

Sonne läge,

Und sie strahlte heller als die alte,

Und sie wäre eine

Hoffnung für die

Zukunft und man müsse ihr behilflich sein,

Doch irgendwie den Weg in freien Raum zu finden,

Und man öffnete die

Pforte weit

Und wollte sie trotz einer breiten

Brandspur nicht behindern.

 


 

Aufschläge 6442 - 6444

 

Über meinem Himmel jagten

Wolken in verschiednen Schichten,

Und die

Formen änderten sich schnell,

Ich legte dich an meine Seite,

Deine Brüste lagen seitwärts aufeinander

Und bewegten sich ein wenig zu mir hin,

Die Wand, die uns noch trug, gab nach, riss ein,

War aus Papier

Und ließ uns endlos, ohne

Aufschlag fallen,

Und du sagtest mir:

Als Malerin hätt ich dir dein

Gefühl beschreiben können

Und die Worte, die ich sagte,

Wären allzu

Farblos.

 

 

 

Ich legte meinen

Hals in deine Schenkel,

Und sie bäumten sich mit mir

Und rissen mir den

Kopf vom Leib,

Und du, du drücktest ihn so fest du konntest

An den Oberleib

Und konntest dich doch nicht entscheiden,

Welches Herz auf welcher

Seite dir jetzt schneller schlug,

Und groß war meine

Zunge, die dein

Wachstum in der Tiefe spürte,

Und mein Blut, das wusstest du,

Erlaubte keine Trennung,

Und als

Ganzes würden wir uns wieder

Lassen müssen.

 

 

 

So sah immer eine

Trennung bei uns aus

Und war voll

Zärtlichkeit und rief die

Rücksichtnahme beinah an und den

Verzicht, hier Patenschaft zu leisten,

Alles andre wäre

Krieg, der unser

Leben lang den

Frieden hätte aufrecht halten müssen.

 


 

Aufschläge 6445 - 6447

 

Früh am Morgen prüftest du an deinem

Platz, ob deine

Tage stimmten, das verstand ich nicht,

Und vor dir lagen sie in langen

Reihen bis in die

Unendlichkeit,

Und von dort hinten nahmst du einen,

Der sollt heute sein,

Und er geschah genau wie dieser

Tag, der war nur in der Ferne anders und zwar

Ohne uns und ohne alle anderen,

Und dieser hier war ganz

Bedeutungslos.

 

 

 

Vorne war ein

Führerhaus, das leitete den

Reisezug,

Und eine

Stimme rief vorweg die

Namen der Stationen aus,

Und nach dem

Unfall wollt ich helfen,

Und ein Armstumpf blutete und winkte ohne

Unterlass,

Und mit Gewalt nahm ich jetzt die

Station, die sollte doch erst kommen,

Und wir kamen nicht mehr an,

Und vorn im Führerhaus wurd jede nächste

Haltestelle weiter ausgerufen.

 

 

 

Man behauptete, dass meine

Körperteile lügen würden,

Und mein

Mund schwieg schon so lang er redete,

Und niemand traute mir,

Und meine

Krankheit wurde mir genommen

Und verworfen,

Und ich lief ihr nach und konnte sie nicht retten,

Und das sei genau so eine

Lüge sagte man zu mir.

 


 

Aufschläge 6448 - 6450

 

Plötzlich war ich frei

Und fiel aus deiner

Hand, die wuchs an meinem

Arm,

Ich stieg in eine

Höhe, die wurd immer leerer,

Und kein Mensch war weit und breit,

Und ich an dir erlosch zur

Winzigkeit, die sich als

Wassertropfen von dem

Wollstoff klopfen ließ.

 

 

 

Die Schrift wurd langsam deutlich,

Und das

Wasser wich zurück und ließ den

Weg erkennen, den ging ich entlang im

Seichten, um zu lesen,

Und ich stand mit meinem

Eigensinn in völlig fremder

Sprache,

Die verlangte mich, dass ich sie

Übersetze.

 

 

 

Nachts stand jemand an der

Tür, das war ein Ich, ich wollte ein zu mir,

Das musste ich verwehren,

Und in meinem

Zimmer saßen schon so viele

Meinesgleichen, die entstanden aus dem

Nichts und wollten

Einlass.

 


 

Aufschläge 6451 - 6453

 

Es war nur eine

Linie, die sich schwang,

Sie lag an dir und schmiegte sich vom

Haar hinab und über deinen

Hals, die Schulter in den Arm, die Hand,

Die hielt den

Kamm,

Der kämmte diese Schwingung aus,

Dass sie erklang,

So war mir

Lohn, den ich sonst nicht bekam,

Und meinen

Ohren köstlicher

Verzehr.

 

 

 

Über uns stand ein zerfetztes

Wolkenfeld, in das schien dreifach eine

Sonne, die von unten kam und zeichnete in

Rot und Blau und Gelb,

Ich trank es aus, was deine

Angst mir bot,

Sie war mir lieb und wert,

Es hatte sich für mich gelohnt

Zu sein.

 

 

 

Dann sprang aus einem

Schrank, den ich grad öffnete ein

Federdraht und sprang ins

Nichts und blieb verloren,

Und die

Kraft, die in ihm wohnte,

Lag so sinnlos irgendwo herum,

Und jahrelang ging ich mit offnen

Türen,

Dauernd fielen sie aus ihrem

Schloss.

 


 

Aufschläge 6454 - 6456

 

Leider war es so, dass sich an mir die

Wiederholung wiederholte,

Und es flogen

Steine schnell auf mich und trafen überall,

Und einer schlug in meinen

Hinterkopf, der sollte mich wohl töten,

Und ich starb auf diese

Weise viele mal und ging zu denen, die mich steinigten,

Und jeder, der dort stand,

Warf immer wieder nur auf sich

Und traf sich mehrfach

Tödlich.

 

 

 

Du zeigtest mir, dass dort am

Himmel helle

Zeichen standen,

Und sie waren wahr, und griffe man nach ihnen,

Würde sich die

Welt sofort verändern,

Und in Wahrheit war es so,

Dass sich tagsüber, wenn ich

Umsicht halten wollte,

Nichts erfassen ließ,

Und über mir war nur ein klarer

Himmel, den grub irgendjemand

Um.

 

 

 

Die

Sonne zog sich selbst am

Halsband,

Und sie sperrte sich so störrisch vor dem

Untergang,

Und hier bei mir wurd eine dieser steilen

Felsenwände rot und funkelte an nassen

Stellen, die ich nicht verhindern konnte,

Aber meine

Tränen traten wenigstens nicht mehr aus meinen

Augen,

Und man achtete auf jede meiner

Gesten,

Die hatt ich zuvor in jenen

Stein geschlagen.

 


 

Aufschläge 6457 - 6459

 

Aus dem Schlangenei kroch wieder eine

Schlange,

Und der Sand, in dem es lag, war warm,

Und meine

Küsse schmolz ich in die

Innenfalten deiner

Hand, die hatte noch zuvor an einem

Tode mit getötet und

Gewalt auf die Gewalt gestapelt,

Und ich lag zuunterst, wurde eingeklemmt und

Schließlich übersehn und galt nicht mehr,

Und du entdecktest nicht,

Wie deformiert man mich hervorzog,

Als man meinem leeren

Raum begegnete.

 

 

 

Morgens legte ich den

Tod ins

Schlafbett, dass er wachen konnte,

Und er hütete mich gut und hielt den

Platz gewärmt,

Und mich entließ er ohne jeden

Neid und ohne jede

Nachsicht was ich machte, völlig frei,

Und andre fragten schon,

Warum ich nur mit nacktem

Leben ginge,

Und es war mir einerlei.

 

 

 

Nur im

Schwarm der vielen nackten Leben

Lebte ich gefährlich,

Weil man mich so drängte,

Weil sich einer an den andren hängte

Und nicht abließ,

Und ich kleidete mich wieder ein mit meinem

Tod, der war nicht echt,

Und lachte wohl ein wenig über diesen

Missbrauch.

 


 

Aufschläge 6460 - 6462

 

Ich schlug den

Kopf an eine Wand, es schmerzte sehr,

Und dies war wahr:

Es musste niemand blind sein, um zu sehen,

Und ich sah

Und sah

Und sah doch nichts.

 

 

 

Im

Fenster stand ich etwas später

Auf dem schmalen Sims,

Die Sonne blendete mich aus dem

Glas,

Ich malte mein

Gesicht mit grüner

Handcreme an,

Und unter mir stand in der

Tiefe dieses kleine

Kind, das ich erkannte,

Und dann sprang ich, weil ich fliegen wollte,

Und ich fiel so langsam

Und es war nichts, das mich hielt,

Und nichts, das bremste,

Und der

Strauchbusch, der mich auffing,

Stahl mir auch das Grün und tauschte es

Nur gegen etwas Rot,

Das Kind, das mich nicht kannte,

Ging zurück an seine

Spiele.

 

 

 

Auch der

Würfel war zu groß, ihn mit der bloßen

Hand zu werfen,

Und er reichte mir bis an die

Schulter,

Und in jeder

Flächen, die er zu mir wandte, fand ich eine

Tür, die öffnete sich ohne

Zwischenraum sofort auch auf der andren

Seite,

Und ich sah genau, dass er den

Raum, den er mir zeigte, nur von außen einnahm,

Und ich ging sehr oft hinein.

 


 

Aufschläge 6463 - 6465

 

Vor deiner

Tür lag unzerstört das

Lichtglas, das dein Fenster auf die

Straße spiegelte,

Und auch mein

Sprung in seine

Mitte ließ es nicht zerbrechen,

Und du riefst mir zu,

Und alle hörten mit, dass du als

Königin das

Opfer seist, das hinter

Schattenfäden eigner

Gitter leben müsste,

Und es gibt kein

Werkzeug, das die schwarzen

Stäbe, die vom

Fensterkreuz auf meinen

Körper fallen,

Aufbiegt oder auseinander schneidet.

 

 

 

Viel zu selten war ich

Sieger, um besiegt zu sein,

Und las in alten

Büchern, und die sprachen wahr,

Und blanke

Siege stellten sich so unbekleidet in den

Raum, dass es mich fror,

Und in dem

Purpur, den man für die

Andacht über

Steine fließen ließ, befand sich

Blut und Kot und Auswurf,

Menschenhaar,

Und diese

Krone, die man daraus fischte,

War so schwer und passte

Niemandem.

 

 

 

Die andren

Kinder fragten nicht, wem ihre

Liebe galt, weil sie von

Anfang an sich dorthin setzten, wo ihr

Platz war,

Eure Kinder hattet ihr aus

Stoff und Blech und

Lack, mit

Strichen eines

Pinselhaares angefertigt,

Und in ihnen lebte die

Revolte, die wir täglich aßen,

Und sie wurde überhaupt nicht

Zubereitet.

 


 

Aufschläge 6466 - 6468

 

Ich dachte mir, dass wohl der

Kutscher mit der

Peitsche rückwärts nach uns schlagen würde,

Und er sah in uns nicht seine

Gäste, weil du zu sehr liebtest,

Und ein

Fremder, den ich nie zuvor gesehen hatte,

Sprang aufs

Trittbrett und beäugte uns durchs

Fenster,

Und der

Wagenboden zeigte plötzlich offne

Stellen,

Und es war die

Not, die sich vor unsren Augen auftat,

Jeder wollte von dir nehmen,

Und ich wehrte alle ab

Und schlug versehentlich

Auch dich in dich zurück,

Und nichts blieb dir zu geben.

 

 

 

Leicht gebückt lieh ich der

Hauswand meinen rechten halben

Kopf,

Das eine meiner Ohren sollte lauschen,

Und es stieg hinab und tat sich um, noch tiefer

Als die

Fundamente reichten,

Und dort unten gab es nichts, was unsren

Neid hätt wecken können,

Und der

Hohlraum, der in meinem

Körper wuchs und mich zum

Monstrum weitete,

Blieb ganz bescheiden nur an mir

Und lief nicht fort.

 

 

 

Ich wünschte mir so sehnlich einen

Mund, den ich begrüßen könnte,

Den ich hinter

Gittern halten müsste, weil er so gefährlich wär,

Und seine

Schönheit würd ich selber pflegen,

Und der

Selbstmord ist ein liebes

Ding,

Das setz ich auf ein

Kinderdreirad,

Und ich laufe hinterher, es mit den

Armen immer wieder anzustoßen,

Und es strampelt mit den viel zu kurzen

Beinchen.

 


 

Aufschläge 6469 - 6471

 

Du läufst vorbei an diesem wundersamen

Ding, das steht in deinem

Weg, und ist nicht hässlich,

Und es steht ein wenig schief

Und hält sich fest an

Fäden oder Ästen, die herüberreichen,

Und ich ruf dich auf und bitte dich um

Rücksicht, weil du schon vorbei bist,

Und es trägt doch deinen

Lebensnamen, dem du

Nachläufst.

 

 

 

Heute Morgen rührte ich mit meinem

Mund an

Edelsteine, die geschliffen in dem

Koffer lagen,

Und du öffnetest dein

Nachtkleid, das war ganz aus

Samt, der floss an dir herab,

Und ohne

Fassung standst du dort und überließt es mir,

Dich neu zu fassen und zu tragen,

Und du hofftest, dass ich

Dir mit dir begegnen würde.

 

 

 

Im

Errichten fremder

Gitter fand ich meine Kunst,

Nur einmal schnitt ich eine

Masche aus, die wollte ich für mich

Und sah hindurch,

Und immer wieder schob sich das

Geschirr in meinen

Mund, wenn man von hinten an der

Zügel zog.

 


 

Aufschläge 6472 - 6474

 

Gelbe, grüne, rote, blaue

Schatten lagen auf dem

Boden, ohne jeden

Spender,

Und die

Sonnen, die sie warfen, standen viel zu hoch,

Man konnte sie nicht fragen,

Und dort drüben auf dem

Ast des Baumes saß ein

Krähenvogel, der war eingebrannt ins

Holz des Himmels,

Und ein

Speichenrad, das etwas auf der

Straße schwankte, rollte langsam auf mich zu,

Um mich zu fassen.

 

 

 

Auch der

Unterschied, der

Menschenkinder von den

Affenkindern trennte, war verwischt,

Man züchtete die

Götter, die die Tiere haben mussten, in besondren

Häusern,

Und man las auf einem

Aushang, dass das

Menschenherz noch viel mehr wert sei,

Als die ganze eingeschlossne

Götterwelt.

 

 

 

Das

Tageslicht ließ ich nicht durch die

Fenster fallen, sondern durch die schmalsten

Schlitze, die befanden sich in allen

Wänden meiner Räume,

Und ich lebte in den grellen

Spalten, falls die

Sonne sich erinnern sollte,

Sie erinnerte sich nicht

Und ließ mich eingeklemmt

Verkommen.

 


 

Aufschläge 6475 - 6477

 

Du last mir vor aus deinem

Buch,

Und daraus sprangen dünne

Drähte, die mich stachen,

Und man müsste wohl, so sagtest du,

Verzweifelt sein, gäbs die Verzweiflung nicht,

Und wirklich hattest du mich einfach übersehen,

Und ich rief dir zu

Und sprach dagegen an

Und dummer wurde deine

Rede, weil die Lust nicht fehlen dürfte,

Und für eine

Inschrift deiner Liebe, sagtest du,

Hätt niemand anders sich geopfert, als du selbst,

Und so, schrie ich verzweifelt, sähe eine

Liebe aus, wenn sie nicht wahr wär,

Und du last ja ohne

Unterbrechung weiter.

 

 

 

Auf dem

Bahnhofsdach saß dieser

Schwarm graublauer

Taubentiere,

Und ein Reisezug glitt übers blanke

Eis der Schienen ohne Halt,

Ich selbst saß in graublauem

Anzug auf dem Dach der Eile,

Und die kleine Wolke meiner

Schwestern sah mich nicht,

Ich flog auch nicht davon,

Und nichts und niemand zwang uns, hier

Station zu machen.

 

 

 

Es war ja alles umgekehrt,

Wenn man erwartete

Und nicht mehr selbst erwartet wurde,

Und die

Schnelligkeit wurd mit dem

Abstand immer weniger

Und endete zuletzt im

Stillstand, den wir nur als

Aufschlag eines Meteors erkennen konnten,

Und die

Hand, die du mir geben wolltest,

Riss schon ab, bevor sie mich erreichte,

So sehr hielt ich dran fest.

 


 

Aufschläge 6478 - 6480

 

Lang bevor sich meine

Augen öffneten, verschloss man sie mit

Wachs,

Und das war heiß,

Und meine

Fingerspitzen hatte man im

Schrei darein getaucht, damit sie schweigen würden,

Und ihr Schmerz war sehr viel größer als der meiner

Augen,

Und ich lernte schnell und hörte mit dem offnen

Mund, ertastete mit meinen

Ohren, sah mit meinem Leib, der sich nun

Tausendfach entfaltete,

Und war schon vor dem

Mord, den ihr mir plantet, ganz am

Leben.

 

 

 

Auf dem

See trieb schwerelos ein grünes

Blatt, es hatte braun zu sein, weil sich ein

Herbstnetz über uns gezogen hatte,

Und ich stieß die

Insel an, dass sie sich weit entfernte

Oder in der

Rettung untergehe,

Und es trieb ganz ruhig und gelangweilt in der

Küstennähe weiter,

Dass ich es ergriff und

Aufaß.

 

 

 

Überall warst du gefangen,

Und du gingst durch jede

Mauer und durch stachelige

Sträucher und bliebst völlig unverletzt,

Ich folgte dir ganz eng,

Und einmal nur bliebst du gebannt an dieser

Winzigkeit mit deinen

Augen hängen, als der lange

Dorn des Schlehenbaumes meine

Hand durchdrang.

 


 

Aufschläge 6481 - 6483

 

Als ich lachte,

Und ich lachte wirklich nur im

Irrsinn,

Riss die Straße auf und füllte sich mit

Wasser,

Und wie sollte ich hinüberkommen,

Und auch ihr dort drüben, auf der andren

Straßenseite gabt mir

Schuld, ihr hattet den

Zusammenhang gesehen,

Und ein

Schütteln ging durch unsren

Boden, dass wir alle zitterten,

Und weit entfernt schrieb jemand in der

Tageszeitung, dass die alten

Menschen immer mehr die eigne

Jugend wiederfänden

Und auch danach lebten,

Und sie hatten eine eigne

Alterslust entdeckt,

Die mache sie so rücksichtslos

Und so gefährlich.

 

 

 

Ich wurde zwischen euch, ihr wart ja

Mann und Weib, gelegt,

Und mir gefiel die eine

Seite,

Und ich quälte mich, weil ich doch in

Geboten und Verboten lebte

Und berührte nicht die weißen

Kugeln, die sich über meine

Augen senkten,

Und ich schenkte euch, so schnell ich konnte,

Eines dieser kunstgebornen

Tiere,

Das war völlig frei

Und bot sich allem an.

 

 

 

Ich floh und trat in einen kleinen, weißen

Teller aus dem

Porzellan, der auf dem

Boden stand und der zersprang,

Und auch das

Geld, das darin lag, verbog

Und schaukelte in einem eigenwilligen

Geräusch, das lange hinterher klang,

Auf der Scherbe.

 


 

Aufschläge 6484 - 6486

 

In meinem

Zimmer hast du dich entkleidet,

Und die

Fächer deines Leibes stehen offen,

Und ich seh hinein, so tief ich kann,

Der Lichtschein, der mich lockt,

Fällt durch von jeder andren

Seite, und im

Haar trägst du die

Sonnenuhr,

Die stellt die

Zeit im

Gleichmaß jeder

Drehung deines Kopfes.

 

 

 

Keine

Flucht soll dir das

Ziel vor Augen haben, sondern es verlassen,

Und die Liste alles dessen, was man essen konnte,

Wurde immer länger, und die

Anzahl derer, die von langer

Tafel gingen, ohne etwas angerührt zu haben, die an

Gegenüberwände hunderttausend weiße, runde

Augen malten, wurde immer größer,

Und es musste sich die

Dienerschaft am

Ende selbst bedienen.

 

 

 

Meine

Kammer baute ich nun völlig um

Und schraubte

Tisch und Stühle und den

Teppich an die

Zimmerdecke,

Und die Lampe von dort oben

Senkte ich in meinen

Boden,

Und das

Weib, das vorgab mich zu lieben, lag auf mir,

Und jede

Drehung, selbst der

Bücher, die man rückwärts schrieb,

Wurd mir unmöglich.

 


 

Aufschläge 6487 - 6489

 

Rot gerändert war das morgendliche

Himmelsauge,

Und die

Glutfaust schob sich

Schmählich langsam über ihren

Horizont,

Ich trat mit meinen

Füßen das Erwachen nieder,

Und die

Zeitung meldete von einem

Hitzelosen, völlig troknen

Feuer, das uns eine neue

Krankheit brächte,

Und ihr

Hauch kam aus uns selbst,

Und alle

Drähte, die wir spannten, wären nichts

Und kaum mit einem

Spinnweb zu vergleichen.

 

 

 

Unsre

Pest erschien in vielen

Farben,

Und man liebte beinah schon das

Bunte ihrer

Morde:

Oben standen ihre

Strahlen, die uns drohten,

In der Mitte ihre

Hungerexplosionen, die uns bald

Erfassen würden,

Unten sogen ihre

Füße ohne jeden

Widerstand die

Gifte aller Arten auf,

Und keiner konnte sich auch nur ein wenig

Vorbereiten.

 

 

 

In den

Straßen ließ man

Sperren bauen aus dem

Überfluss, der sollte alles

Was herüber fließen wollte, an der

Schwelle enden lassen,

Und es war ein

Zuckerberg, der schmolz vor unsren

Augen,

Und das Fernglas rückte ihn ganz nah

An uns heran,

Und uns entgegen schlug die

Flüssigkeit in hoher

Welle, der konnt keiner mehr

Entweichen.

 


 

Aufschläge 6490 - 6492

 

Man hatte einem

Heiligen die Kopfhaut abgerissen,

Und er war doch nur aus

Holz geschnitzt,

Und seine Kieferknochen

Hatte man gebrochen

Und die Hände, die drauf lagen

Und vor Schlägen schützen sollten,

Und das ist der Krieg, der ist so tödlich,

Dass der Tod erst neues

Leben der Figur bewirkte,

Und ich konnte mit der

Hand noch immer nicht in einen

Spiegel langen und mich richtig stellen,

Und so endeten die

Möglichkeiten ganz und gar im

Sichtbaren.

 

 

 

Die Lüge hatte man ja nicht verboten,

Und viel häufiger war eine

Wahrheit an den Beinen aufgehängt,

So blieb ihr Kopf ein wenig in der

Nähe,

Und man konnte heimlich ihr in ihre

Ohren spenden,

Und dort drinnen spielten immer noch die

Illusionen mit den

Bällen reinster Worte,

Und ich sah hinein

Und hätte gern dem einen und dem anderen

Zwang angetan.

 

 

 

Als ich Blumen brachte,

Suchtest du nach

Kugeln, die aus buntem

Glas gefertigt waren,

Und sie sollten in die Vase,

Und die Stiele zwängtest du hinein,

Es ging dir hier, wie überall um

Möglichst viele

Zwischenräume,

Und du fülltest mich aus einer schönen

Kanne dort hinein

Und sahst von außen, wie ich mich verteilte bis zum

Rand.

 


 

Aufschläge 6493 - 6495

 

Kurz vor der

Explosion entdeckte ich in jenem roten

Klumpen Fleisch, der ewig pocht, den

Dreifachsprengsatz,

Und es hatten sich schon weit in mich gebohrt:

Die

Freude über deine neue

Liebe, die dir galt,

Der

Aufruhr einer fremden

Frau, die mich aufteilen und mit einer

Hälfte frech hausieren gehen wollte,

Und dann drittens, neue

Arme, die aus meinem Rücken wuchsen,

Mich umschlangen und mich ganz

Für sich behalten wollten,

Und sie sagten auch,

An mir sei nichts geboren für den

Kuss,

Ich hätte vielmehr

Höhlen einer gar nicht fernen

Zukunft auszumalen.

 

 

 

Es war mir also alles gleich,

Und meine

Rettung ließ ich ja nicht unversucht

Und gab und nahm so wie man sich

An mir bediente,

Und die

Zündschnur brannte,

Und ich löschte sie

Und zündete sie wieder an,

Der Abstand wurde immer kürzer,

Und es war nichts mehr in meiner

Hand.

 

 

 

Als ich fror, ging ich zurück

In eine dieser roten

Kammern, die das

Innerste bewahren,

Und ich machte

Licht, weil ich hier neu war,

Und die

Wunder, die ich suchte,

Waren lange schon, so sagte hier ein kleiner

Hinweis, konserviert

Und ins Museum umgezogen.

 


 

Aufschläge 6496 - 6498

 

Nur ein wenig unter diesem

Weg, auf dem ich täglich ging,

Bewegten sich noch

Räder, die auch ineinander griffen,

Und man wusste es,

Und unser Leben kannte keine

Drehung,

Und die Zeiten harter Räder, die in einer

Ebene verliefen, war schon längst vorbei,

Und jedermann verachtete die

Lebensfähigkeit, die noch viel flacher war,

Und ich schnitt mir aus dem

Papier ein Räderwerk, das klebte ich auf meine

Stirn, und jene

Zeit, die nun von mir so ungenutzt verronnen war,

Wurd in der

Ferne sichtbar.

 

 

 

Sonst schnitt man die

Rückschau in den

Grabstein, der nach vorne sah,

Und meine Botschaft war ich selbst,

Man sollte mich gebrauchen

Und verwenden,

Und auf meinen

Wegen drückten meine

Füße ihre Spuren immer tiefer ein,

Ich ging auch immer schwerer,

Und es war wohl die beginnende

Versteinerung, die mich erfasste.

 

 

 

Man mühte sich, den großen

Schutzschild, der sich weit im

Bogen, eigentlich als grade

Fläche von dem einen

Horizont zum andren spannte,

Unsichtbar zu halten,

Und es war dies

Ungemach darunter,

Dorthinein man mich geworfen hatte,

Und ich stieß mit jedem

Körperteil an irgendeine

Wand,

Man hinderte mich in der

Dunkelheit die Enge zu erkennen,

Und ich blieb in der gebückten

Haltung.

 


 

Aufschläge 6499 - 6501

 

Du klopfst an meine

Tür, du willst mich sehen,

Und ich rufe aus dem Fenster:

„Der hier wohnte zog schon lange aus,

Und leer sind alle

Räume, und die

Pforte, die du anstießt, ist herausgefallen,

Und der ungepflegte

Garten hat sich bis zur

Schwelle ausgebreitet,

Und er wächst bereits herein,

Und lange werde ich hier nicht mehr nichtsein,

Wo ich wohne.

 

 

 

Auch die

Ordnung meiner Beete hob der

Wildwuchs bis zur Mauer an, dass sie nun weit ins

Freie sah und lachte über ihre schöne

Zeit und kämmte mir die feinen

Wurzeln aus der

Stirn,

Du aber weintest über mich,

Ich stand auf deinen Fingern,

Und wohin ich trat, wolltst du die

Hände unter meine

Füße legen, dass ich ohne

Sorge sei um meine

Heimat, dort in irgendeiner

Ferne, die mich anzog.

 

 

 

Jemand machte sich an mir zu schaffen,

Und ich war doch nur mit dir allein,

Und auf dem

Tischtuch lag ein

Feinschliff, der war eben erst von mir entstanden,

Und er zeigte unter blauem

Licht die weißen

Risse, die man sonst nicht sah,

Und wie lebendig sie sich unablässig ordneten

Und orientierten und in eine immer neue

Richtung wiesen.

 


 

ISBN 3-937264-24-8