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Harald Birgfeld, Webseite seit 1987/ Website since 1987

 

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                                                        Gedicht der Woche

 

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Wie schade, ach, wie schade

 

Jenes Dorf, Worpswede, hoch im

Norden, eingebettet zwischen Torfabstich und Moorlagunen,

Sollte einer jungen Frau, zur Zufallsheimat werden.

Sie, die Fieber in sich spürte, suchte Kunst,

Und sie, die eigentlich die Kunst studierte,

Sich mit Malerei, Musik und Schreiben

Auseinandersetze, durfte keine Kunst studieren.

Man erlaubte ihr allein das Studium zur Lehrerin.

Das war sehr viel, und tapfer klemmte sie den

Fuß in diesen Spalt.

 

Sie war erneut auf Suche, als sie in Worpswede auf die

Bilder großer Männer traf, doch ihre

Sehnsucht galt nicht denen.

Angezogen ganz besonders von der Landschaft

Und den Menschen dort, den

Blumen, Bäumen und verschlungenen

Gewässern zwischen braunem Erdreich,

Lockte es sie, das und mehr zu malen,

In Gemälden festzuhalten.

Das jedoch war unwürdig für eine Frau.

 

Bei einem weiteren Besuch begegnete sie

Einem Künstler, Otto, und dem Freund, dem Dichter,

Der ihr seinen Namen und den seiner Anvertrauten

Kalligraphisch, Rainer-Maria und dann Clara,

Süß verknüpfte mit dem ihren, Paula.

Diese Botschaft legte er japanisch an als

Farbholzschnitt und ihr zu Füßen und in ihre Hände.

 

 

 

Er war unentschieden zwischen beiden

Und begnügte sich zunächst mit

Schwesterlichen Huldigungen:

„Du, die blonde Malerin, und du, die Dunkle“.

Otto galt ihr dennoch mehr, auch weil ihr

Malen ihm ein wachsendes Verstehen abgewann,

Und ließ sich von ihm heiraten.

Dabei behielt sie ihren Dichter fest verschlossen, tief im Herzen.

 

Sonst war man als Künstler unter sich, und

Frauen, war man einig, bis auf sie,

Vergeudeten mit Kunst und Malerei nur ihre Zeit.

Sie war poetisch und beschrieb die

Bienen und die Hummeln nach Gehör als Brummeln.

Das erschloss ihr neue Welten.

Überhaupt war sie auf Neue Welten aus.

 

Ihr Mann war älter, und er machte sie zur

Mutter seiner Tochter, die war klein.

Dem Drängen ihrer Eltern gab sie nach

Und glaubte fest an Liebe und an eigne Kinder.

Sie verhielt sich still, und ihren Schrei nach Freiheit

Nahmen beide Männer, die an ihrer

Seite standen, überhaupt nicht wahr.

Sie malte nicht, was sie studieren wollte

Sondern was das Herz, das Auge ihr bescherte.

Das war neu, und niemand fand es der

Beachtung wert.

Sie malte in Manier der unverbrauchten Schaffenden

Die weißen Birken, Kinder, schmale Wasserläufe,

Die sich durch die Wiesen hin zum

Torfstich schlängelten

Und folgte ihrer Tradition von Herzensfreiheit,

Wollte keinen damit schrecken.

 

 

 

Einige der Bilder trug sie in die nächste

Kneipe und verschenkte sie.

Der Wirt nahm sie aus Mitleid an

Und spendete ihr, weil sie Frau war,

Auch kein Bier.

 

Da nahm sie sich ein Herz und floh bis in die

Stadt der Liebe, freien Malerei und ausgelebter Poesie.

Dem Ehemann beschied sie nun getrennte Wege.

Das ging lange gut, weil man sie unterstützte,

Und sie malte Tag und Nacht.

Doch dann besuchte sie ihr Gatte,

Drängte und bedrängte sie.

Sie fragte sich bald nach dem eignen

Wohlergehen und gab unter Heimweh nach.

 

Zu dieser Zeit soll sich der Freund mit

Neueren Gedichten, die von nächster Nähe zu ihr

Schwärmten, fest in ihrem und dem Schatten ihres

Mannes aufgehalten haben.

 

Sie wurd endlich schwanger, sah

Familienglück als neuen Silberstreif,

Und sie entschied, das sollte in der schönen

Stadt den Anfang haben.

Sie bekam ihr Kind und war voll

Mutterschaft und Übereifer,

Der sich schrecklich rächte.

Als sie hörte, schon im Sterben, dass sie einem

Thrombus unterliegen sollte,

Sagte sie geschwächt zu ihrem Mann:

„Wie schade, ach, wie schade“.

 

 

 

Harald Birgfeld aus: Großes Liebestestament

Copyright 2017 beim Autor, Harald Birgfeld.