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Harald Birgfeld, Webseite seit 1987/ Website since 1987 …da liegt mein Herz, Geschichten aus Niemandsland 2022 -2024 (im
Entstehen) z.B.: 100 Jahre „Kafka“, eine herrenlose Fundsache (neu) |
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zu Olympia – olympische Spiele! |
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online und im Buchhandel |
Lyrik, Prosa und Ingenieurarbeiten |
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Der vorliegende Gedichtband spannt in 57 zeitgenössischen
Gedichten einen schillernden Facettenbogen von jeweils 3 Gedichten zu
insgesamt 19 berührenden menschlichen Anliegen und zwischenmenschlichem
Verständnis. |
IM REISSVERSCHLUSS
DER ILLUSION Lyrik
2018, 57
zeitgenössische Gedichte. 115 S. Dieses ist der
erste Band einer Trilogie von Facettengedichten. Harald Birgfeld 2.
Band der Trilogie: Die Frau des
Terroristen, 53 zeitgenössische Gedichte. 3.
Band der Trilogie: Die Insassinnen, Epos. Jetzt „IM REISSVERSCHLUSS
DER ILLUSION“ direkt online
bestellen sowie im Buchhandel, 116 Seiten, € 7,99 inkl. MwSt. Zum Buchshop ISBN 9783746098005 „IM REISSVERSCHLUSS DER ILLUSION“ ist auch in den USA, Großbritannien und Kanada unter obiger ISBN und bei abweichenden Preisen bestell- und lieferbar. Auch als E-Book € 5,49 Zum Buchshop ISBN 9783744850940 |
Buchtitel ISBN 9783746098005
Inhaltsverzeichnis
nach Themen
Inhaltsverzeichnis alphabetisch
Copyright 2018 beim Autor, Harald Birgfeld; alle
Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne schriftliche
Erlaubnis des Herausgebers, Harald Birgfeld, reproduziert werden. Das gilt
insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verfilmung und Einspeicherung
sowie Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Herausgeber, Autor, Redakteur: Harald Birgfeld, e-mail:. Harald.Birgfeld@t-online.de
Inhaltsverzeichnis nach Themen
Auf dem rechten Weg in die Irre Die Kleinheit eines Augenblickes Die Niederwerfung eines Volkes Die Tür, die nicht ins Freie führt Ein Bild von einem Bild entsteht |
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Inhaltsverzeichnis alphabetisch
Die Kleinheit eines Augenblickes Die Niederwerfung eines Volkes |
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Die blonden Haare
waren ihr schnell abgemagert, Und sie trug als
Kopfschmuck Ringe unter ihren
Augen, Und sie war noch
keine dreißig Jahre alt. Ihr Schwur, Sie würde gerne
eine Freiheit Gegen eine andre
tauschen, Kam ihr später viel
zu kindisch vor. Sie hatte sich
gedacht, Wenn alles so
gelänge, wie sie dachte, Würde sie sich auch
die Zähne In der neuen
Freiheit richten lassen, Und sie hatte noch
das Wort des Arztes In den Ohren: "Wenn Sie
drüben sind, Dann lassen Sie
sich alles machen, Und die Brücke
machen Sie aus Gold!" Sie hatte ja ihr
goldnes Kreuz, Das wär' ein Opfer, Und ihr Glaube war
ganz fest, Der hätte nicht
darunter leiden können. |
Und nun saß sie
hier in einem Kellerloch, Das war als Wohnung
gar nicht schlecht, Und fraß an ihr Und an dem Kind. Das Kreuz, das sie
am Halse trug, War unberührt
geblieben, Und sie trug ein
andres Kreuz, Das brauchte dieses
kleine, Und die Zähne
richtete man hier mit Kunststoff, Der war billiger
und besser. Doch das schlimmste
war ihr Frühling, Der kam nicht in
Blüte, Und er hatte doch
so hoffnungsvoll begonnen. Drüben in dem
Nachbarland Stand man als junge
Frau Und hoffte auf den
Mann, den man nicht kannte, Aus dem
Nachbarland, Der durfte ein und
aus Und auch die
Ehefrau. |
Sonst war das
Nachbarland kein Nachbarland, Man hatte einen Giftzaun
hochgezogen, Und sie hatte
diesen Mann gefunden, Und er fuhr in
jeder Woche einmal Ihre Straße an, Und viele Frauen
kamen her, Und viele Frauen
sah man auf der Straße, Und sie hatte
dieses Glück gehabt Und etwas mehr. Dann kamen sie
voran und her, Sie hatte ihm ihr
Herz Nun wirklich
aufgeräumt Und konnte lieben, Wie sie ihm es von
sich wünschte, Und sie blieb für
ihn Und auch das Kind, Ein flüchtiges
Gesindel, Das hing ihm am
Halse. |
Sie war noch
Schülerin Und kam aus gutem Hause, Und sie war ein
Musterkind Und war ein liebes,
frohes, lebensfrohes Und gesundes Kind Und war im Übergang
vom Mädchen Zu dem
Zwischending, Das wäre gerne eine
Frau Und möchte doch ein
Mädchen bleiben, Und das Fräulein
hatte man ja abgeschafft, Das wäre so ihr
Zustand, Den würd' sie
natürlich leugnen, Wenn man danach
fragte, Und sie stand ein
wenig fester In der Spur als
andere Und hinterließ nur
Spuren, Die ein wenig
freundlicher als andre waren. |
Väter würden sie
sich leicht Als Schwiegertochter
wünschen können, Aber das war auch
nicht zeitgemäß Und nicht modern, Obwohl man dieses
Mädchen ohne Zögern Lieber unmodern
gesehen hätte, Und sie war's
vielleicht im Grunde auch. Sie selbst war, Wenn man sie in
Ruhe ließ, Mit sich beschäftigt, Und sie spielte
eines dieser Saiteninstrumente, Und sie hatte
Unterricht Und kleidete sich
angenehm Und immer etwas
unbewusst Und dann bewusst zu
ihrem Vorteil, Und sie wuchs
beneidenswert Von niemandem
beneidet Unter liebevollen
Händen auf Und riss sich, Wenn das Leben auf
ihr ritt, Im Handumdrehn die
Haare auf, Und ihre Augen
stießen in den Wind Und riefen nach der
Sonne, Und sie würde, wenn
es irgend ginge, An der Nordsee eine
Sturmflut Miterleben wollen. |
Und sie wollte
diesen Sturm um sich Und alles sollte um
sie wüten, toben, Und sie wollte das,
was sich so salzig Auf den Lippen
niederschlug, In einer Gier, als
gäbe es kein Salz Auf dieser Welt, Mit Schaum
vermischt probieren. |
Er stand im Abitur Und stand schon
außerhalb Und hätte nicht
mehr in die Schule kommen müssen, Und er war zu klug Und war zu gut, Und jeder seiner
Lehrer lernte schon von ihm Und stellte ihn
jetzt frei Und stellte es ihm
frei, Das konnten sie Und auch vor sich
vertreten. Und sie mochten ihn
sehr gern', Und er schrieb
trotzdem mit Und kam wohl mehr
aus Kameradschaft Zu den anderen, Die freuten sich Und sahen ihn sehr
freundlich an Und hatten nichts
von ihm, Und er erzählte in
der Pause, Dass er grad' von
einer andren Prüfung käme, Und er hätte nur
aus Übermut Und mit Erlaubnis
zweier Professoren Eine Prüfung für
Juristen mitgemacht, Dort hätte er den
Fall ganz anders, Als es in den
Büchern stand, gelöst, Und viel
verständlicher Und viel
juristischer, als man es dachte, Und er war
herausgeragt, Und seine Arbeit
würde man nun weiterreichen. |
Und die andren
kannten seine Späße, Seine Kapriolen, Und er hatte seinen
Orgelschein gemacht Und übersetzte nur
zum Zeitvertreib Den ohnehin schon
langen, schweren, deutschen Text Erst ins
Lateinische Und dann ins alte
Griechisch, Beides, fand er,
waren tolle Sprachen, Und zurück ins
Mittelhochdeutsch, Und er war im Sport
so voller Kraft Und Überkraft, Dass er sich
zweimal etwas brach, Darüber schrieb er
beide Male Einen medizinischen
Befund, Den brauchte ihm
kein Arzt zu korrigieren. |
Und in seiner
freien Zeit ging er auf Jagd Und jagte nichts Und hatte seinen
Jagdschein Ungewöhnlich früh
und gut gemacht, Man musste ihn für
ihn verwahren. Nach dem Abitur, so
hatte er beschlossen, Würde er, Weil ihm ja alle
Türen offen stünden, Die Akademie für
Forstwirtschaft besuchen Und dem Wald Zu einem echten
Wald verhelfen. |
Dieses dumme Ding,
die Zeit. "Zeitenlose
Zeit", hört sie's im Kopf. Es schießt der
Spruch durch ihre Selbstgespräche Als der Ruf nach
einem kleinen Kind, Als suchte man im
Spiel sein eignes Kind Und wüsste ganz
genau, Wo es im Zimmer
steckt, Und geht an ihm
vorbei Und ruft es
möglichst ahnungslos Und überhört
absichtlich die Geräusche, Die es macht, damit
man's nicht bemerkt. Ihr tut nichts
leid, Und heute hat sie
einen Tisch gedeckt Und will ein Datum
feiern, Und es ist noch
etwas Zeit, Und alles hat sie
vorbereitet, Und sie weiß nicht, Ob die andren
Frauen ehrlich sind, Wenn sie sie ab und
zu beneiden. Sie weiß jedenfalls
von sich, In ihrem Leben
hatte alles seinen Preis, Und manchen Preis
muss man vorweg bezahlen. |
Auf dem schweren
Tisch steht eine Galerie Von schönen Dingen; Teller, Gläser,
silberne Bestecke, Blumen, seidene
Servietten, Kerzen, Kleine
Porzellanfiguren, Schüsseln denen
Obst entwächst. Das Zimmer selbst
strahlt eine Liebe aus Zu den Personen,
die hier wohnen, Dass sie sich die
Arme In dem Nacken
faltet Und auf alles
lauscht, Was in ihr klingt. Und die Musik ist
auch das Schnitzwerk Dieses Augenblicks, Und jemand, den sie
gar nicht sah, Nimmt ihr die Hand
zurück Und hält sie leicht
in seiner, Und sie dreht sich
nun im Tanz mit ihm Und flügelleicht
wird sie Und denkt, man soll
nicht so viel fragen. |
Und sie trägt ein
langes weites Kleid, Bestickt mit
tausend Kleinigkeiten, Die aus ihrem Leben
sind, Und ist im Kleid
voll Rauschen, Knistern,
Nachsichziehn, Und rundherum sind
Spiegel, Die bespiegeln sie, Und in den Saal, der
sich nun richtig weitet, Werden schlanke
Gläser auf Tabletts herein getragen, Das sind wunderbare
Tänzerinnen, Die, den Tanz in
ihrer Füllung perlen lassen, Und heraus aus
einer Eigendrehung Ist sie selbst im
Glas Und sieht hindurch Und lacht laut über
die verzogenen Gesichter, Und die neigen sich
nun alle über sie, Und sie erkennt ihr
Kind, Das weckt die
Mutter auf Und ruft nun noch
einmal: "Es klingelt
schon". |
Er verstand total Die Welt in seiner
Welt, Und andre Welten drängten
sich in seine, Und die hatten
wenig Glück mit ihm, Er konnte sich
bescheiden, Und er hatte sich
beschieden Und entschieden, Und
Berührungspunkte waren spürbar, Und man musste sich
das eine oder andre Mal Verzeihen können. Irgendwie war er
auch sehr brutal zu sich Und hatte eine
rücksichtslose Phantasie, Und eine Sprache,
sagte er, ist weiter nichts, Als dieser
aufgehackte Untergrund für Schienen, Eine Schwelle reiht
sich darauf an die andere, Und oben reisen die
Gedanken gnadenlos. |
Bis jetzt war ihm
die Reise recht, Und eines Tages, Es war gar kein
Grund ersichtlich, Endete die
Reiserei, Man zwang ihn,
einen Bahnhof zu betreten, Den er gar nicht
kannte. Was ihn, bis
hierher getragen hatte, Reiste weiter ohne
ihn, Er selbst ließ dies
Geschehen unbeachtet, Und er sah sich um Und suchte einen
Grund, Der war nicht
flüchtig Und war nicht
vorhanden, Und der war in ihm, Und in ihm
schwankte eine Leere Bis in das
Bewusstsein, Eine Angst von
großer Kraft Schoss durch die
Risse eines Deiches, Den er nie gesehen
hatte, Und er wusste nicht
einmal, Was der
zurückhielt. |
Eine Panik hatte
ihn gelähmt, Und eine Frau in
seiner Nähe Sprach ihn an, Er konnte sich ihr
nicht erklären, Und die Schwellen
seiner Sprache Lagen völlig ungeordnet
unter den Gedanken, Und in den Gedanken War für Worte, für
Erklärungen, Nicht Platz, nicht
Raum, Er war auch zu
beschäftigt, Und er ging zu
einem Arzt, Den hatte seine
Frau schon informiert, Sie hatte auch
gemeint, Ihr Mann sei sicher
viel zu sehr belastet, Und der Arzt
entdeckte viel an ihm Und schwieg dazu, Und dachte an sich
selber Und wie wenig ihm
sein Wissen nützte, Und verschrieb ihm
eine Medizin. |
Es stand in ihr am
Horizont Ein Flächenbrand, Und sie war aus
Papier Und ängstigte sich
sehr, Und Schuld daran
war diese Sommerhitze, Diese Schwüle, die
nicht wich,. Und sie in dummer
Eile Auf die Straße
hetzte, Und der Schweiß
brach aus Und stand auf ihrer
Stirn Und lief am Hals
herab Und in ihr Kleid. Darunter trug sie
kaum noch Wäsche, Und sie würde
salzig schmecken, Und sie sehnte sich
nach Wasser, Nach dem Bad, Das müsste
innerlich entstehen, Und sie kam grad'
aus der Dusche, Die erreichte nicht
den Herd in ihr, Und auf der Straße
blieb sie stehen Und geriet in einen
Wirbelwind aus Staub, Den riss ein Auto
hoch, Und auf den Weg
flog ohne Grund Der Außenspiegel,
der brach nicht entzwei Und wurde nicht
vermisst. Der Fahrer sah ihn
auch nicht liegen, Und sie bückte sich
danach Und sah sofort die
Eigenart in ihm, Er spiegelte, was
er erfassen konnte, unter sich Und in die Erde,
die ihn trug. |
Sie war ganz
fassungslos Und sah hinein, Und alles wurd' in
ihm verkleinert, Und die Sonne stand
in ihm Und wurde
ausgeblendet, Und es war der
Nachmittag, Der kam vor Hitze nicht
voran Und heiß war jedes
Gitter, jede Straße, Und der Brand kam
immer näher. Und sie riss ein
trocknes Gras Von einer braunen
Wiese ab Und steckte es sich
in den Mund, |
Und irgend etwas
müsste man beginnen, Ohne zu
verbrennen., Und sie war doch aus
Papier Und riss ein
Streichholz an Und warf es unter
sich Und ging nicht von
der Stelle und hielt Stand, Sie liebte es, Wenn sie in Flammen
stand Und sich zu Asche
brannte. |
In der Birke zählte
sie elf Krähen, Und die krächzten, Und sie dachte
sich, dass die sich zanken, Und sie dachte
auch, Das ist vielleicht
die Sprache, Die sie sprechen
und verstehen, Und sie dachte
gleich an sich Und sah sich
zwischen ihnen als ein Schwarztier, Und sie käme um bei
denen, Und sie hatte einen
jungen Mann entdeckt, Der passte ganz
genau, Der hatte auch
Vermögen Und bis jetzt noch
nicht an eine Frau gedacht, Sie war darin
geschickt und schnell Und umsichtig
gewesen, Und er hatte sie
genommen, Und er machte sie
zur Mitbesitzerin. Nun hörte sie
erneut auf das Gekrächz' der Krähen Und verstand ein
wenig mehr Und sicherte ihr
Überleben ab. |
Sie selbst war als
ein Wunschkind Einerseits geboren, Und die andre Seite
war im selben Augenblick Geflohen, Und sie wurde großgezogen
von dem andren Mann, Den sie nun Vater
nannte, und der Mutter. Ihren eignen Leib Hielt sie dem
eignen Mann versteckt Und offenbar In Trauer und in
Sorge immer wieder hin Und wünschte sich
von ihm, Dass er sich
endlich etwas von ihr wünschte, Dass sie von ihm
schwanger wurde, Zog sich auch von
ihm darum zurück Und half zum
Schluss ein wenig nach. |
Nun saß sie oben in
der Spitze Unter all den
Krähen, Und sie hielt die
Hände auf den Leib Und spürte warme
Säfte in sich kreisen Und verstand von
dem Gekrächze Jedes Wort Und herrschte über
alle, Und die Zeit der
Niederkunft, beschloss sie, Würde auch zum
Augenblick, In dem sie ihre
Welt gebären würde, Und die sollte ohne
Schaden sein, Und das Gekrächze
schwarzer Krähen Würde sie im Handumdrehen
aus den Birken dieser Welt Vertreiben. |
Er lag noch auf der
Straße, Kurz vor einem Ort, Dort wollte er die
Nacht verbringen, Und er würde sich
Zuhause melden, Schnell nach
aktuellen Dingen fragen, Und er sprach im Auto
mit dem Auto. Früher, dachte er, Sprach so der
Reiter mit dem Pferd. Er hatte seinen
Sommer hinter sich, Und ihm war nichts
passiert, Und immer lag ihm
jemand auf der Lauer, Dafür hatte er
Instinkt entwickelt, Und er selbst war
redlich, Kaum geschwätzig, Unterhielt sich gut Und hatte einiges
aus seinem Leben überschwiegen. Das, so dachte er
bei sich, Nehm' ich mit mir
ins Grab, Und dachte auch
daran, Wie er wohl enden
würde, Und er machte Licht
an seinem Fahrzeug an, Das griff gleich
auf den Seitenstreifen, Und er sah dort
eine elegante Frau Aus einem Wagen
steigen, Der stand viel zu
schräg Und kam nicht mehr
voran. |
Sie sah zu ihm und
winkte ihm, Er dachte, der kann
ich den Rahmen bieten, Der ihr fehlt, Und eine Wachheit
schoss durch ihn, Er dachte auch, Es könnte sich
daraus für ihn etwas ergeben, Ihren Wagen würd'
er liegen lassen, Und in seinem Alter
brauchte man Ein Abenteuer, wenn
es eines geben sollte, Nicht zu fürchten. Und sie stieg
gleich ein Und knöpfte ihre Bluse
etwas strenger zu, Das brachte wenig, Und sie kannte das
Hotel, Weil sie, wie er,
auf Reisen war. Sonst war sie
freundlich still Und ungeheuer
anschmiegsam Und aß mit ihm Und zahlte auch ihr
Zimmer selbst Und kam zu ihm und
blieb bei ihm Und stand dann auf Und holte ihm, weil
er es wollte, Als sie danach
fragte, Ein Glas Wasser, Davon trank er
einen Schluck Und gab das Glas
zurück. |
Die Wirkung setzte
sofort ein, Und das Bewusstsein
zeigte ihm Noch einen
Augenblick, Den starrte sie ihn
wartend an, Und der Gedanke an
Betrug in ihm brach ab. Sie nahm ein Bad
bei ihm Und alles, was er
hatte, Schecks und Geld, Den Ausweis und
sein Gold Und hinterließ in
ihm ein Allerweltsgesicht, Das konnte er der
Polizei, Die erst am Morgen
kam, Nicht mehr
beschreiben. |
Sie sagte sich
sofort, Die andre Frau hat
auch nicht mehr als ich Und Jugend ist
nicht alles, Und was ich hab,
hat sie sicher nicht, Und das hat sich
bewährt, Und eigentlich bin
ich im Vorteil, Und ich will sie
auch nicht kennen lernen, Danach drängte sich
die andere. Sie dachte auch an
eine neue Freiheit, Die könnt
unermesslich sein, Und einen solchen
Maßstab Hatte sie für sich
noch nicht bereit. Sie wusste was sie
hatte, Und das gab sie so
nicht her Und wollte sich
nicht daran klammern. Ihre Apotheke war
noch sauber aufgeräumt, Und ohne Überfall War sie bisher
davongekommen. Abends machte ihr
ein Anruf von ihr klar, Dass er sich
schnell entschlossen hätte, Und es wäre besser
so, Und für Gespräche, Um den Zustand neu
zu klären, Fände man bestimmt
bald Zeit, Und über alle
andren Regelungen Sollte sie nun ohne
Sorgen sein, Das käme auch in
Ordnung, Und er kam nicht
heim. |
Am Morgen nach der
Nacht, Die sich als Nacht
nicht zeigte, Warf sie ihren Lieblingsstuhl,
der war antik, Mit ungeheurer
Kraft zu Boden, Und es brach von
ihm ein Bein Als Sprödbruch in
drei Teile. Das war nun ein
echter Grund zum Weinen. Und sie schwor zu
handeln, Und es sollte sie
kein Telefongespräch Aus ihrer Hand
entblößen, Und der Wind stand
scharf und kalt Vor ihrer Tür, Und ihre Apotheke
hatte plötzlich nur Verfallstermine
aufzuweisen, Jede Gültigkeit war
überschritten. So verging der
zweite Tag, Und sie litt unter
einer Blutung, Die war plötzlich wichtig,
weil sie nicht Im Rhythmus lag, Sie musste sich
auch eine andre Blutung In sich stillen, Und sie dachte
voller Hoffnung Und mit etwas
Stolz; Vielleicht kann man
sich auf den Mann verlassen, Und es war ja
vorgesorgt, Und überhaupt,
verlassen hat er mich noch nicht. |
Sie suchte kein
Gespräch mit ihm, Er hatte ja noch
nicht mit ihr gesprochen. Dann, am vierten
Tag kam er nach Haus. Sie war geschwächt Und auf ihn
angewiesen Und wies nicht auf
ihn Und fragte, ob er
bleiben würde, Weil sie einen
Stuhl zu reparieren hätte, Und die Apotheke
sei nicht aufgeräumt. Er machte sich
sofort daran Und leimte fast die
ganze Nacht Das trockne
Holzbein, Und sein Ehrgeiz
war, dass niemand, Der den Stuhl
bewundern wollte, Über seine
Klebestellen fiel. Er wollte selbst Auch gar nichts
davon wissen. |
Die Bewohner großer
Meere senden mich, Ich soll die
Wolkendecke untersuchen, Die sich auf der
Wasseroberfläche bildet Und in Schollen
bricht, So nennen wir das, was
die andren Wolken nennen, Und ich bin
Bewohner eines Meeres Und gelang das
erste Mal nach außerhalb. Man gab mir Raum
und Zeit , Die sind hier so
unendlich weit Und übergroß, Dass ich den Raum,
die Zeit vergaß, Und alles, was mich
unter Wasser band. Und über Licht aus
Eis und Wärme Muss ich unbedingt
berichten. Beides ist für die
Bewohner kalter Meere Tödlich. |
Als ich aufstieg, Zielte man mich in
Gebiete größter Schollen, Und man wusste von
der Tageslänge, Die nicht endete, Das war für uns von
Vorteil. Schwer war unser
Durchbruch, Und die Kleidung,
die mich schützt, Von unschätzbarem
Wert, Und wir erwarten
hier kein Leben Und erforschen
jedes Eisgefilde. Starr steht eine
Sonne, Und wir hatten nie
zuvor Gelegenheit, So nah an sie
heranzukommen, Und wir messen und
vermessen alles. |
Unser Wissen musste
sich bisher Auf Strahlen
konzentrieren, Die durchs Wasser
brachen Und im Meer zu
finden waren. Oben auf dem Eis
erkennen wir die Welt Und sehen auch, Dass wir im Anfang
des Erkennens stecken. Eine andre Reise
soll in zwanzig Jahren Auf die abgewandte
Seite führen, Dort, sagt man,
herrscht ewig Finsternis, Und wir, Die aus den Meeren
kommen Und ins Eis geraten
sind, Verwandeln unsre
eigne Welt vollkommen, Und sind hier
nichts weiter, Als ein Eiskristall
im Wind. |
Nachts stand ich
allein am See, Der war gefroren, Und ich wollte auf
die Schreie achten, Die sich in den
Rissen jagten, Die sich durch die
Decke zogen. Nachts stand ich
allein am Eis Und sah auf einen
weißen Mond, Der wurde
strahlender Als seine Sonne. |
Nachts stand ich
allein am Eis Und fror Und sah in tiefe
Schatten, Die sich reglos
regten Und mit knisternden
Geräuschen aus den Zweigen In ein Eigenleben
flohen. Nachts stand ich
allein am Eis Und wusste nur von
mir Und sah so scharf
es ging Ans andre Ufer, Und es mochte sein, Dass meine
Einsamkeit in Wahrheit Nur ein Teil von
vielen Einsamkeiten war. |
Am Eis wurd' ich
zum Eis. Die Luft wurd' Eis,
die Erde, Jeder Laut, das
Fühlen, Schmecken Riechen, Ich kristallisierte
durch und durch Und machte mich zu
seinem Klirren, Das klang wohl in
mir Und machte stumpf Und sehr ergeben, Und ich lag bequem Und fasste mich
nicht an, Und achtete auf
Risse, Die sich durch mich
zogen Und in Schreien mich
durchjagten. |
Nur ein
Flügelschlag. Aufgeschreckter
Tannenzweig. Schnee fällt aus
dem Grün. |
Nur ein
Flügelschlag. Die letzte rote
Beere. Keine Spur im
Schnee. |
Nur ein
Flügelschlag. Den Schnabel in die
Sonne. Eiskristall fliegt
auf. |
In der Auswahl
herbstlich brauner Hüte Den zu wählen, der
ihr steht und passt Zu dem passt, Was sie heute
tragen will, Ist schwer. Sie ist zu fest
entschlossen, Um sich zu
entschließen, Und das Wetter
lässt auch einiges nicht zu, Es geht ein kalter
Wind dort draußen, Und hier drinnen in
der Wärme Schichtet sich die
Kälte, Und sie ist ein
Mensch, Der spürt mit
seiner Haut, Und die bezieht
sich unter ihrer Kleidung Mit dem Schauer
eines Frostes, Und sie hat auch
Angst, Dass ihre Haut
darunter leidet. Schnell schiebt sie
die Ärmel hoch Und sieht ihr
Silberfell sich aufwärts stellen, Und dann richtet es
sich wieder, glättet sich Und liegt nun
wieder flach. |
Und sie ist stolz auf
diese Haut, Auf diese
Trockenheit, Die ist nur soweit
trocken, Dass sie unter
eigner Hand Und auch in andrer Zum Geschmeide
wird, Zu einer
Perlenkette, Die möcht' man sich
durch die Lippen ziehen, Und sie hebt den
Arm Und leckt ihn mit
der Zunge Und empfindet sich. Wenn sie ein andrer
wär', Würd' sie nicht
Rücksicht nehmen Und nicht von sich
lassen, Und sie wüsste dann
um sich Und würde sich
zugrunde richten, Und man glaubt ihr,
Gott sei Dank, Dass sie sensibel
ist, Und schnell bekommt
sie blaue Flecken. |
Nun entdeckt sie
dieses braune Seidentuch, Das schlingt sie
unter ihrem Hut Um ihren Kopf, Das schnürt sie
ein, Versteckt sie
rundherum Und macht sie
irgendwie begehrt, Das hatte ihr
gefehlt. Sie nimmt den
hellen Pelz Und zupft an ihrem
Stirnhaar, Wegen seiner Farbe, Und geht aus. Man kann sich in
den Kaufterrassen, Ohne sich gleich zu
verkaufen, Sehen lassen, Und man wird
gesehen, Das geschieht
geschickt, Indem man Leute
übersieht, Und sie, wie
ungeschickt und unaufmerksam, Noch im letzten
Augenblick Entdeckt und sich
entdecken lässt. So nimmt sie ihrem
Tag die Täglichkeit, Die würde sonst
nicht weichen. |
Er sagte, als er
ankam: "Ich bin hier
und mag euch alle gerne", Und die Leute
wussten nicht einmal, Woher er kam. Er nannte
irgendeine Stadt, Die lag wohl
außerhalb Und war ganz
unbekannt, Und jeder wusste
jetzt, Das war die Stadt,
aus der er kam. Die Leute hatten
ihn gefragt, Weil er im
Städtchen an der Straße saß, Und seiner Sache
sicher war, Das tat sonst
keiner, Und die Leute
hatten ihn gefragt, Ob er nicht Hunger
habe, Und er sah ja nicht
verwahrlost aus, Und hatte eine
Freude im Gesicht Und eine
Freundlichkeit, Und Durst, so sagte
er, Sei auch vorhanden, Und man schämte
sich, Ihn nicht danach
gefragt zu haben. |
Und er wurde Gast Und durfte bleiben
für die Nacht, Und abends schon
erschienen Nachbarsleute, Die nach diesem
Neuling fragten Und ihn selber
sprachen, Und er war sehr
lieb und ihnen zugetan Und wortgewandt und
aufgeschlossen, Und er gab den
Leuten Rat, Dass sie sich von
ihm An die Hand
genommen fühlten, Und er war noch
keine dreißig Jahre, Und die Tochter war
sofort verliebt in ihn, Und ihre Augen
zogen weite Kreise, Zogen immer wieder
über ihn Und sahen ihn noch
lange, Und sie strich ihm
in Gedanken, Als sie längst in
ihrem eignen Zimmer schlief Und wachte, Über seine Lippen, Seine Hände, Über alle Worte,
die er allen sagte. So nahm sie in ihm
ein Bad Und war dort nicht
allein, Und keiner wusste
von den andren. |
Alle dachten an den
jungen Mann, Und jeder, auch die
Männer, Waren ganz vertraut
mit ihm Und trauten ihm
gleich alles an, Das hätten sie sich
nie getraut, Und niemand sprach
in seiner Gegenwart Die Schmutzigkeiten
an. So war er Gast Und machte, die ihn
luden, Weit im Vorhinein
zu seinen Gästen, Und er blieb ein
Jahr Und tat sonst
nichts, Und alle taten
alles nur für ihn, Und jeder wusste es Und jeder schwieg Und liebte ihn für
sich, Und keinem gab er
körperliche Liebe. Und an einem Tag Ging er mit einem
letzten Nicken seines Kopfes Fort, Und Tränen sah man
in Gardinen hängen, Und es wagte
niemand Ihn zurückzuhalten. |
Der Tag war kaum
noch Tag. Der Gutenachtgesang
der Vögel, Der, das wussten
wir inzwischen, Nicht zu unsrer
Freude angestiftet wurde, Läutete den Abend
ein, Dann kamst du heim Und fandst sofort
den Brief, Und schon im Öffnen Jubelte ein Licht
in deinen Augen, Das traf dich von
außen Und entzündete in
dir ein Funkeln, Das von den
Facetten deiner Netzhaut wider strahlte, Und ich sah, Dass es sich in den
Kanten Echter
Freudentränen brach. |
Im dummen
Ordnungssinn, so fiel mir ein, Hat kürzlich unser
Nachbar Einen Baum um einen
Arm beraubt, Der lag am Boden, Und der Abend kam
herauf , Und in den Ästen Über diesem Ast,
der fehlte, Saß ein Muttervogel
oder Vatervogel, Dem der Landeplatz
zum Nestloch fehlte, Und der Nachbar
schiente den gefallnen Arm An seine Stelle, Und es war ja nur
die Aufmerksamkeit die
in dieser Unaufmerksamkeit
gelegen hatte, Und so sah ich dich Und hörte, wie du
riefst: "Hurra, es
fängt der Tag am Tagesende an", Du schluchztest in
der Freude, Und die Arme, die
du von dir warfst, Verlangten nach
Umarmung, Und sie schlangen
sich, Mit dir im Schleppe Um einen Schrank, Das ging zu
langsam, dann um mich. |
Du drehtest dich
dabei in Wahrheit als ein Kreisel, Als ein Kreisel um
dich selbst Und schwangst weit
aus, Obwohl du mich im
Drehen Mit zu drehen
wünschtest, Und du sprangst in
eine Kettenschaukel, In ein
Kettenkarussell, Das drehte sich, Das drehte dich, Und alles drehte
sich um dich Und drehte sich um
dich Und drehte dich um
sich. Dir glitt der Brief
zu Boden Und du griffst ihm
nach Und risst ihn hoch Und schlugst die
ganze Schreiberei Vor dein Gesicht Und weintest
endlich laut vor Glück In deinem Glück, Das konnte niemand
hören, Außer dir. |
Er kam an unsren
Zaun, Der war für ihn
kein Zaun, Und sagte:
"Guten Tag", Und wünschte ihn
uns wirklich, Und er wünschte
auch, Dass wir dasselbe
für ihn wünschten, Und er kam in
unsren Garten, Und er sagte:
"Wenn ich darf, Dann helf' ich bei
der Gartenarbeit, Und ihr gebt ein
Geld dafür, Und Geld gibt man
für Arbeit.“ Und es sollte nur
ein Geld sein, Und ich hielt ihm
eine Münze hin, Die war nichts wert Und war ihm wert
genug, Und ich war im
Betrug und zeigte einen Geldschein, Der war seine
Arbeit wert, Der war ihm wert
genug, Und er sah nicht
den Unterschied. Er sollte seinen
Schein bekommen, Wenn er fertig war. Zur Mittagszeit Kam er an unsre
Küchentür Und setzte sich an
unsren Tisch. Es fehlte ein
Gedeck, das sah er gleich, Das sagte er, Das reichten wir
schnell nach. Er aß mit uns und
trank mit uns Und wusste seinen
Namen nicht Und sagte, wie er
hieß Und wie ihn andre
riefen, Und in seiner
Anstalt wäre er Schon etwas
Besseres. |
Und durfte außer
Haus dazu verdienen, Und er wäre in der
Anstalt in der Pflicht Und hätte auch ein
Schloss Vor seinem Schrank, Das durfte er nicht
selbst bedienen, Und er 'wickelte
die Jungs': "Die sind sehr
krank, Und einer muss sie
immer reinigen, Die sind so alt wie
ich, Und leben nicht
mehr lang' Und spüren nichts
und sind todkrank Und liegen
angeschnallt in ihren Betten. Und ich bringe
ihnen manchmal etwas mit Und halte es vor
ihre Augen, Und sie zucken dann
und schreien laut, Das ist die Freude, Die will
'raus." Dann fand er sein
Papier, Das zeigte er, Es war die
Radfahrprüfung, Und die hatte er
bestanden, Und er war darauf
benannt mit einem Zeichen Und mit einer
Nummer, Und er hieße, sagte
er, Und zeigte mit dem Finger
auf die Schrift: 'Karl-Heinz', Und steckte seinen
Ausweis wieder ein. "Und ich muss
pünktlich sein". |
Im Garten machte er
die Arbeit gut Und rauchte die
Zigarre, die war kalt, Die rauchte er erst
abends richtig, Und er würde alle
vierzehn Tage Wiederkommen, Und er fragte uns
nach unsren Namen, Und wir wären gute
Leute, Und er ginge nur zu
guten Leuten, Und er selbst sei
gut Und völlig
ungefährlich. Und er nahm den
Schein, "den gebe ich
in meiner Anstalt ab, Weil ich ja alles
habe, Und man gibt mir
dafür etwas anderes", Und wünschte einen
'Guten Tag', Und wünschte ihn
uns wirklich, Und er wünschte
auch, Dass wir dasselbe
für ihn wünschten, Und die Kinder
riefen ihm Noch
Freundlichkeiten nach, Und ging und kam,
wie er gesagt, Jahrein, jahraus, Und sagte überall: "Ich lebe
jetzt in zwei Familien". |
Sie war die
Tagesfrau Und nannte sich
"Modell" Und gab die Weiten
an, Die waren nicht die
wahren Weiten, Und ihr Telefon War nicht ihr
wahres Telefon, Das lief auf die Zentrale, Und wer zu ihr kam, Der zahlte nicht, Der hatte alles
abgemacht, Und alles dauerte
die Zeit, Die war fast immer
gleich, Und nachmittags zog
sie in dieses Zimmer, Das war immer
aufgeräumt Und lag gleich
neben einer Wohnung, Und von nebenan
rief oft ein Mensch, Der wollte Ruhe
haben, Und man hörte auch
um diese Zeit Das Kindertoben, Und in ihrem Zimmer
wurde manchmal auch getobt. |
Bei jungen Männern Hatte sie noch eine
echte Chance, Die hatten sowieso
kein Geld Und hatten einen
Sonderpreis Und durften nicht
so viel Von ihr verlangen, Und sie war ja
nicht mehr jung, Und wäre sonst wohl
kein Modell am Tage, Und die anderen, Die wegen ihrer
Qualität am Tage lagen, Waren weit, weit
über ihr Und gaben ihre
Weiten auch nicht an Und wurden sehr oft
eingeladen Und woanders
ausgeladen, Und die waren dort
als Stargast eingeladen, Davon konnte sie
nur träumen. Und sie machte
pünktlich Schluss Und hatte noch
Familie, Und es kam dann
vor, Dass jemand nach
ihr fragte, Hatte sich ihr
angesagt und kam zu spät. Dann gab sie ihre
'Freundin' an, Die kannte sie
sonst gar nicht, Und die lernte sie
vielleicht In diesem
Augenblick erst kennen. |
Außer diesen Frauen Kamen keine Frauen
auf das Zimmer, Das verbat sie
sich, Und andre Frauen
trauten sich nicht 'rauf. Und Stunden lang
saß sie oft ungefragt Und wartete, dass
man sie fragte, Und sah das
Programm von gestern Abend an Und sah in
Spielkassetten, Und sie rauchte
nicht Und trank nur
selten Und sie war nicht
überfordert Und verdiente sich
ein wenig nebenbei, Das durfte man sich
nicht verdienen, Und sie hatte keine
Sorgen mit der Steuer, Und es steuerte
auch niemand sonst an ihr, Und wer das Zimmer
regelte, Ging sie nichts an. Mit ihrem
Auftraggeber sprach sie nur Am Telefon, der gab
Bescheid, Und hier in ihrem
Zimmer gab es Zeit zu lesen, Und sie dachte über
eine Kurzgeschichte nach, Darin beschrieb man
eine ewig kranke Frau, Die lernte nie in
ihrem Leben Das Gefühl der
völligen Gesundheit, Des sich Streckens
unter ihrer Haut, Des Übermutes ungenutzter
Kräfte Kennen. |
Das alte Leben Lebte immer noch in
alter Post Und alten Briefen
fort Und war schon lange
tot, Und das, was lebte, War die Hoffnung
auf die Saat, Die hatten Winde
fortgerissen, Als es stürmte, Und er wusste, wo
er einmal liegen würde, Und die Schrift im
Stein Stand auch schon
fest bis auf die eine Zahl. Er würde noch ein
letztes Mal An ihrer Seite
liegen, Und er dachte Über diesen Punkt
hinaus Und dass die Zeit
danach verlaufen würde, Und man würde ihre
Knochen Durcheinander
pflügen und vermischen Mit den anderen,
die er nicht kannte, Und von ihm und ihr Und von den anderen Würd' letzten Endes
gar nichts bleiben. Und ein andrer
Platz stand unter Denkmalsschutz, Das nützte auch
nichts, Und er ging dorthin Und sah sich alles
an Und hatte ja noch
Zeit Und sah die
Namensschilder, Schwarze
Marmorplatten, auf der Erde liegen. |
Nichts war hier
gemacht. Der Zaun verbog im
Rost, Der kam, das sah
man gleich, Aus dieser Erde, Und es lagen ausgefahrne
Kinderwagen., Dosen, Zeitungen,
Papier, Elektroteile, Autowracks
vermischt mit Letzten Wünschen,
Seufzern, Hoffnungsvollen
Sprüchen, Hoffnung auf den
Glauben, Auf die Wiederkehr, Auf edles Handeln
Überlebender Und auf Gedenken Durcheinander. Eine große Linde
war In ein Familiengrab
gewachsen, Und es ging von ihr
viel mehr aus Als von jenen
Dingen und den Menschen, Die dort unten und
im Boden lagen. Ihretwegen kam er
her Und sah an ihrem
Stamm nach oben in die Krone, Die nun wirklich
etwas krönte, Und das fand er
nicht heraus Und war sehr oft
bei ihr. |
Im Nachbarland, Das war das eigne
Land, Gab's einen Maler, Der seit über
zwanzig Jahren Lindenbäume malte, Und er malte ihre
Wurzeln Und den Teil der
Wurzeln, der zu sehen war, Und malte, was er
sah Und sah es immer
neu, Mit immer neuem
Auge, Und die Bilder die
er malte, Rührten alle und
besonders alte Leute In ganz sonderbarer
Weise, Und sie gaben eine
Ruhe Und sie waren die
Beruhigung an sich, Nach der man, Wenn man in der
Ruhe lebte, Gierig Ausschau
hielt. Es war wohl kein
Geheimnis, Wenn man das
Geheime Offenbaren konnte, Und es stand vor
ihm Und war ein Fall
der Denkmalspflege, Und es müsste sich
ihm doch auch offenbaren, Wenn schon jeder
davon wüsste. |
In dem Strafvollzug Vollzog man keine
Strafe. In der Strafanstalt
zog man die Strafe an, Damit man lernte,
sie von sich zu weisen. In der Zelle war
ein Goldknopf An der Tür. Wer den benutzte
rief die Dienerschaft, Die kam sofort
herein Und fragte Wünsche
ab, Falls man sie
formulieren konnte, Und die Tür blieb
nur für sie Ein Durchgang, Sonst war sie ein
Teil der Wand Und undurchlässig, Und die Tür an sich
blieb unsichtbar. Der Raum war groß
genug Für drei Personen, Und als erste kam
ein Mann Von etwa vierzig
Jahren, Der war angenehm
enttäuscht und überrascht, Dass eine
Dienerschaft sich sorgte, Und er hatte
Wünsche, Die erledigte man
gleich, Und diese
Kleinigkeit, die an dem Ausgang hing, War irgendwie
gerecht Und würde bald ein
Ende haben, Und er wünschte
sich für sich, Weil ihn hier
keiner kannte Und Besuch nicht zu
erwarten war, Und weil die Zelle
richtig schien, Die Frau dazu, um
derentwillen er In dies Verließ
getragen worden war. |
Man stellte ihm den
Wunsch anheim Und könnte ihn
erfüllen, Wenn auch er den
Wunsch der Frau, die zu ihm käme, Nach dem Menschen
ihrer Wahl, Im Vorweg
akzeptieren würde, Und er stimmte zu. Die Frau, die in
das Zimmer kam, War eine Fremde, Die er nie zuvor
gesehen hatte, Und sie war in
seinem Alter, Und sie hatte diese
Sonderheit, Die Frauen haben,
die im Grunde Männern ähnlich
sind, Ihn widerte die
Doppelfremdheit an, das brauchte er
nicht zu ertragen Und beschwerte
sich, Das hatte man mit
ihm nicht abgemacht, Und die Beschwerde
nahm man an. |
Die Frau war kühl Und kümmerte sich
nicht um ihn Und hatte ihre
Möglichkeit sofort erkannt Und wünschte sich
die Freundin auf die Zelle, Und er warnte sie, Und sie war fest
entschlossen, Und es kam ein
junger Mann zu ihnen, Der fiel ihm gleich
vor die Füße, Und das war ein
weicher Mensch, Der ekelte sich vor
den Frauen, Und die
Dienerschaft zog sich zurück Und baute ihre
Glocke- ab, Und in die Wand
schob man nun eine Eisentür Mit einer kleinen
Klappe, Und sie weigerten
sich alle drei, Besucher, gleich
wer käme, Zu empfangen. |
Nach seinem
Herzinfarkt Nahm ihm sein Herz
nur noch Sehr wenig ab, Und eine Ader, die
zum Herzen führte, Führte viel zu viel Und bildete den
Blutsack aus Aus einem Rückstau,
der war gar nicht abzubauen, Und es staute sich
auch eine Angst, Die spürte er, Die drückte bis
nach außen. Über seine Medizin
hinaus Bekam er eine
Medizin, die half ihm nicht Und zog ihm eine
rosafarbene Gardine Vors Gesicht, Die täuschte ihn
und warnte ihn, Sich nichts mehr
zuzumuten, Und es wuchs sein
Mut Und er fand neue
Kraft, die durfte er nicht brauchen, Und er spielte hoch Und dachte lange
nach, Und mit der Arbeit
konnte er so jäh nicht enden, Und die Arbeit war
viel besser ohne ihn gemacht, Er dachte dabei an
das Geld nachher, Das wurd' mit jedem
Tag getaner Arbeit mehr. |
Er hatte hohe
Schulden abzuzahlen, Und er zahlte
lieber eher Und ein wenig
weniger und dafür mehr Und dürstete nach
dieser Trockenheit, Nach einem
sorgenfreien Bad Und sehnte eine
Zeit herbei, In der er sich um
diese Dinge sorgen könnte. Seine Tage waren
lang Und hatten keinen
Übergang zur Nacht, Die trat nicht ein, Und Nacht war
tagelang Und Tag war
nächtelang, Und insgeheim
bestand sein Wachen Aus dem Warten Und sein Schlafen
aus dem Lauschen. |
Zeit im Übermaß in
knapp bemessner Zeit. Und jede Rechnung
endete damit: "Wie lange
noch", und "Wie viel Zeit
ist schon vorbei", Sie dehnte sich
dabei nach vorn' unendlich aus, Und war doch sicher
kurz, Und die Vergangenheit
schien ihm Ein kümmerlicher
Tag, Der hatte sich im
Eigenfraß An ihm vorbei
gedrängt, Und seine
Wichtigkeit verloren Und sich selbst
verdaut. Die Krankheit war
sein Wendepunkt. Bis hier war
Unersetzlichkeit von ihm Ganz hoch gehalten
worden, Und nun dachte er
an Herzversagen Und an Herzersatz, Dem hätte er nicht
widersprochen. |
Sie war nur eine
Lehrerin Und kein Soldat Und hatte keine
herrischen Manieren, Und sie lebte in
dem Einundfünfzigländerstaat Und kam aus einem
Bundesland Und war für eine
Reise programmiert, Die sollte sie und
eine andre Frau Und weitere fünf
Männer in das Zweiundfünfzigland, Das stand am
Himmel, tragen. Dort hing auch die
Fahne der Nation Und stand, von
ihrer Wohnung aus gesehen, Auf dem Kopf, Und würde sich im
Raumflug, Der das Oben unten
und das Unten oben Und das Oben und
das Unten überall und nirgends zeigte, Richtig stellen. |
Anfangs hatte ihre
Reise Hindernisse, Das verstanden
alle, Und es gab wohl
keinen Menschen Auf der ganzen
Erde, Der es ganz
verstanden hätte, Dann hob ihre Fähre
ab, Und startete mit
einem Traum für sie, Der war die wahre
Nüchternheit Und keine Träumerei Und voller
Wachheit, Dass sie nichts an
diesem Traum versäumte. Sie gab Daten durch
und Zahlen, Und sie glaubte in
der größten Weite Die Familie und die
Klasse stehn zu sehen, Sicher irrte sie, Und unter ihr tat
sich das große blaue Auge auf, Ein Auge, dass den
Flug beäugte Und auch schlief
und lauerte, Ein Auge, das schon
einen falschen Namen trug, Denn die Geschichte
seiner Namensgebung War ein Irrtum, der
lag sehr wahrscheinlich In den Dezimalen. |
Unten lag ein
Schiff in diesem Auge, Das sah auch den
steilen Anstieg, Sah den weißen
Faden, Der sich in den
Himmel schrieb, Und sah auch, wie sich
plötzlich An dem Kopf der
Nadel Eine Flamme löste Und sich eine
Explosion Von ungeahnter
Kraft entfaltete, Die riss den Faden
ab, Schlug einen
Knoten, Der im Knoten
weiter explodierte Und trieb ohne Halt
den Antrieb in die Höhe Bis zur völligen
Verzehrung. Dieser Tag der Tage Nahm in sich kein
Ende Und war eine Zweiundfünfzigstaatenexplosion, Die registrierten
alle Seismographen dieser Erde Voller Schrecken Und Ernüchterung. |
Ein Bild von einem Bild entsteht
In Gedanken War er nie in den
Gedanken anderer gewesen, Und er hatte sich
davor bewahrt, gewehrt, Sich nicht dazu
verführen lassen, Und man sprach zu
ihm von Kunst, Die war für ihn von
vornherein verkehrt Und ohne Leben Und so völlig
sinnlos, Und er prahlte auch
damit, Und das sei gut, so
sagte man zu ihm, Denn jeder Weg zur
Kunst beginne mit der Einsicht, Dass sie völlig
sinnlos sei Und ganz umsonst, Und das gab ihm zu
denken, Und er konnte den
Gedanken, den er gut verstand, Noch nicht zu Ende
denken, Und er fragte nach Und die er fragte,
lachten über ihn Und machten ihn zum
Narren. |
Und er sagte sich,
er sei ein Narr, Und zog sich eine
Narrenkappe Über beide Ohren, Und die andren
sollten sehen, was sie sahen, Und dass er sich
sah Und trug die Kappe
falsch herum Und deckte seine
Augen damit zu, Und schnitt in sie
zwei Schlitze, Und das reichte
ihm, Man kannte ihn
nicht wieder. Und man sprach mit
ihm Und hielt ihn für
den Künstler, Der wär' voller
Neuideen, Die sprängen ihm
schon über seinen Kopf, Und er verstand
doch nichts davon Und sollte Künstler
sein Und fragte sie
warum, Und das, erkannten
die, die fragten, Sagte er zu ihnen, Dass sie sich nun
selber fragten Und betonten ihn, Und die Methode
seiner Arbeit Wurde von Erfolg
gekrönt. |
Und viele, die so
mit ihm sprachen, Wurden über ihre
eigne Klugheit klug, Und er verstand sie
nicht Und lernte eine
fremde Sprache, Die er einfach
sprach, Und man erkannte, Dass er von
Verfremdung sprach, Die war ein hoher
Teil der Kunst, Und alles machte er
bewusst. Was ihre Kunst
betraf, das traf ihn selbst Am meisten, Und er schwor sich Ab sofort um jeden
Preis zu schweigen, Und man schwieg mit
ihm Und dachte mit ihm
nach, Und einer fasste
den Gedanken, Dass die Kunst an
ihm Nicht das Produkt des
Künstlers sei, Nein, dass sie
selbst leibhaftig existiere, Und sie lenke jede
Kunst auf sich, Und sie verzichte
ganz auf sich Und mache ihn zum
Kunstprodukt An sich. |
Jeden Tag, Das hatte er sich
einmal vorgenommen, Wollte er bewusst
erleben, Und er hatte sich
geschworen, Einmal wenigstens
am Tage so zu tun, Als gäbe es in ihm, Um ihn herum nicht
eine Sorge, Keinerlei Bedenken, Nichts, das ihn
bedrücken könnte, Und er wollte auch
auf keinen Fall In diesem
Augenblick An Fröhlichkeiten
denken. Täglich einmal
wollte er Mit seinen Augen in
die Stille blicken, In ein Nichts, Sich völlig in ein
Wasser fallen lassen Und sich ohne jede
Schwimmbewegung sinken lassen, Um dann plötzlich
aufzustehen Und sich zu
besinnen. Und die Zeit dafür
war gut zu wählen, Und er legte sie in
allerfrühste Morgenfrühe, Wenn er seine Beine
in der Enge seines Zimmers, Zwischen Wand und
Bett, Auf seinen Teppich
stellte Und sich selbst
nicht stellte, Sondern sitzen
blieb. |
Und seine Augen
fielen Auf die Muster der
Tapete, Und er tauchte tief Und atmete das
Schweigen ein, Und nichts erlaubte
er in sich, sich zu bewegen, Und er wachte über
sich. Das dauerte
Sekunden, Dann besann er sich Und zog sich an ein
Ufer, an den neuen Tag, Den konnte er und
niemand kennen, Und er machte eine
zweite Wäsche, Zog sich an Und plante einen
Plan für sich zu machen, Den schrieb er in
sich Auf eine
unsichtbare Tafel, Den verlöschten
neue Pläne Mit ganz anderen
Terminen, Und er überschrieb,
was er beschrieb, Und übersah und
übersah, Und er besann sich
auf den frühen Morgen, Das gab wieder
Ruhe. |
Seine Tage waren
ohne Gleichmaß immer gleich, Und streng genommen
unterschieden sie sich Kaum noch
voneinander, Und selbst mit sehr
großer Mühe War das Gleichmaß
nicht aus seinem Gleichgewicht zu
bringen, Und die Tage,
Wochen, Jahre, Nächte, Freizeit,
Urlaub Kamen gingen, Hingen an dem
langen Pendel, Das schlug
unerbittlich hin und her Und hätte ihn, das
wusste er, Schon längst
erschlagen, Wenn er nicht zu seiner
Rettung Morgens die Minute
seiner Rettung Über all die Zeit
gerettet hätte. |
Man setzte ihn Vor eine große
Glaswand, Die war völlig
transparent, Und auf der andren
Seite und auf dieser Standen Kameras,
die ihn Und das was ihn
bewegte Und was er auf
diese Fläche malten sollte, Ganz genau
verfolgten wollten, Und sie hatten auch
den Ton mit eingeschaltet, Der schrieb mit Und führte
Protokoll, Und er war sehr
bekannt Und malte Bilder, Wie man sie noch
nicht verstand, Und darum sollte er
vor aller Augen malen Und für das
Verständnis reden. Und er würde wohl
in Farben malen, sagte er, Und nahm die Farben
weiß und schwarz, Das wären keine
Farben, Und sie könnten
doch nicht ohne Farben sein. So war es vor dem
ersten Strich, Dass man ihn nicht
verstand. |
Er machte eine
Skizze, die war zu erkennen, Die belegte er
sofort mit den Kontrasten Und mit Grau, Das mischte er auf
dieser Tafel an, Und überließ es ihr Und wollte es nicht
mehr entfernen, Und es wurde zum
Bestand. Man wusste nicht,
wie man das Mischen mit der Arbeit In Verbindung
bringen sollte, Und er lachte über
soviel Fragerei, Und er beschrieb
mit Worten, Dass die
Mischbarkeit und das Vermischte Fast das Wesen
seines Bildes wären, Und das Wesen, das
er malte, Würde jetzt
lebendig. Und er wurde an dem
Bild zum Arzt, Der operierte und
belebte Und der tötete, Und unter seinen
Händen wichen und entstanden Die Lebendigkeiten Die sich auf dem
Bild bewegten und verharrten. |
Und die Leute, Die ihm über seine Schulter
sahen, Waren im Geschehen
und geschahen mit Und waren voller
Anteilnahme, Und die Rückwand
vor der zweiten Kamera, Bewies ein
Hinterglasgemälde, Das war etwas
anderes Und war das Glas im
Leben, Das war ahnungslos, Und ahnte nichts Von einer Vorderseite, Und er hielt nun
inne Und berichtigte
noch Kleinigkeiten, Und das Bild stand
auf den beiden Seiten still Und war am Leben, Und man hatte alles
miterlebt, Und es war
rundherum erlebbar Und begehbar, Und man hatte nun
verstanden, Warum seine Bilder
noch nicht Zu verstehen waren, Und es ging um die
Lebendigkeit In seinen Werken. |
Als sie hörte, dass
die Schwägerin Ein Kind bekommen
sollte, War sie voller
Freude, Und sie sprach mit
ihr Und wollte gratulieren, Und die Schwägerin
sprach nicht mit ihr Darüber, Und sie würde Tante
werden Und das Kind
besuchen, Und sie wäre eine
junge Tante, Und sie hatte
selbst schon einen Mann Und brauchte sich
nicht zu beeilen, Und sie waren noch
mit allem Erst am Anfang. Ihre Schwägerin
ließ sie nicht aus den Augen, Und sie sprach sie
oft auf ihren Zustand an Und auf den Umstand Und erwähnte nicht
vor ihrem Mann, Dass seine
Schwester Keine Freude daran
hätte Und verglich sich
mit nicht einem Wort Mit ihr Und dachte sehr an
sich dabei. Sie würde, wenn sie
soweit wäre, Sich vor Freude
selbst umarmen, Und sie sah, dass
ihre Freude Schon in ungeheurer
Nähe saß Und greifbar wurde, Und ihr Hoffen
wuchs, Und oft genug hat
man gehört, Dass, wird die eine
schwanger, Es nicht lange bis
zur Schwangerschaft Der andren dauert, Das liegt an der
Frau, so sagt man, Weil sie den
Gedanken nähren Und ihn in sich
Früchte Tragen lassen kann. |
Ihr Ohr lag innen Und sie war voll
Hoffnung Und voll Freude, Und die Schwägerin verlor
kein Wort Der Freude Und dass sie in
guter Hoffnung war Und kleidete sich
nicht nach ihrem Umstand, Und nur einmal
stöhnte sie, Dass sie im Umstand
sei, Der sei
beschwerlich, Und sie hätte
diesen Umstand nicht geahnt. Es ging ihr auch
nicht gut, Sie hätte sich sehr
gern' davon befreit Und ihre Sache
einer andren angetragen, Und sie sagte auch, Dass sie sich jetzt
ein Kind Noch gar nicht
hätten leisten können, Und es wäre ein
Versehen, Und sie dachte an
die Zukunft, An die eigne
Zukunft, Und nicht, wie es
weitergehen könnte. Ihre Schwägerin war
nicht im Dank, Das sah sie, Und sie schrieb es
ihrem Zustand zu, Der war nun gut zu
sehen, Und sie dachte, wie
ein Mädchen denkt, Und nahm mit ihrer
Hand Das Maß des Fußes
dieses ungebornen Kindes, Das nahm sie vom
Bauch der Schwägerin, Und strickte kleine
weiche Schuhe. |
Mit der Farbe war
sie ganz neutral Und einmal öfter,
dass es ihr schon auffiel, Strich sie über
ihren eignen glatten Leib, Und ihre Haut war
ohne Falten, Die, so dachte sie, Wär'n mir ein
liebes Zeugnis, Und die Schwägerin
rief aus der Klinik an, Es wärt noch einmal
alles gutgegangen Und es ging ihr
gut, Das Kind sei eine
Totgeburt, Sie läge noch zehn
Tage in dem Einzelzimmer, Und sie wär' nicht
krank Und jeder könnte
sie besuchen, Und die junge
Schwägerin saß fassungslos Und ungefasst Und weinte sich die
Tränen Über ihre Hände. |
Ein Land der Sonne Als sie selber schwanger wurde, War sie ohne das Gefühl Für diese Schwangerschaft. Die hatte sie herbeigesehnt, Und das Gefühl war ihr vorangegangen. Nun war es zersprungen, Und es schien, Als machte es für andere Gefühle Platz, Die waren erst im Wachsen, Und sie hatte keine Angst Und wusste nicht, sich zu verhalten, Und sie hätte ihrem Mann Davon erzählen sollen, Dass er sie in Ruhe hätte Mutter Werden lassen können, Und sie wollte ihren Zustand nicht berufen Und verschwieg es ihm Und wollte wenigstens zwölf Wochen warten Und so gut es ging sich schonen, Und sie hatte all die Zeit ganz allgemein Sehr viel davon erzählt Und viel von Schwangerschaften Andrer Frauen, und sie wollte Seine Meinung hören. |
Und er sagte wenig, das war viel Und machte sie ganz sicher, Und er sagte schließlich viel Als sie ihm wenig sagte, Und er freute sich Und riet ihr noch zu schweigen, Und sie sagte "Ja", Und beide kannten sich nicht aus, Und ihre Mutter hatte sie schon lange
eingeweiht, Und die schwieg auch Und sagte es nur ihrem Mann Und den vertrauten Frauen, Und die schwiegen auch, Und alle wussten längst davon, Das wussten beide nicht Und dachten nicht daran Und gaben es den Freunden dann bekannt. |
In ihrer Schwangerschaft War sie nicht frei von ihm, Und er war manchmal unbeherrscht, Und sie sprach mit dem Arzt, Und der beruhigte sie etwas, Und sie sollte ihm entgegenkommen, Und es wurde sowieso zu unbequem Und hörte schließlich auf, Und er spann eine große Sorge um die Frau, Die trug die Last mit Freude Und mit Sorge und mit Vorbereitung, Dass sich eine Sorge um die andre zog, Sie tastete mit ihren Ohren Und den Händen ihren Leib, Das neue Leben ab, Und gab ihm Sinn in ihrem Sinn Und liebte den gespannten Leib, Und liebte seine Eifersucht, Die war umsonst Und eine Kinderei, Daran und an die neue die nun käme Wollte sie sich schnell gewöhnen. |
Die Niederwerfung eines Volkes Sie wurde schwanger In Gewalt von ihrem
Schwager, Und sie hatte
selbst mit Schuld daran, Und wusste nicht, Wie sie es ihrem
Mann erklären sollte, Und sie hatte schon
zwei Kinder, Und ein drittes war
nicht mehr geplant, Und sie begann in
Windeseile Ihrem Mann die
Liebe vor zu heucheln, Und er lachte über
sie Und nahm sie an Und sprach zu
seinem Schwager über seine Frau Und spottete, Dass Frauen, wenn
sie nicht mehr Frauen wären, Läufig würden, Und sie tranken
Bier dabei Und lachten wieder
unter ihrer Derbheit, Und sie griffen
nach den Schwestern Und vergriffen
sich, Und in der Angst
bereute sie Und schwor sich zu
entziehen. Sie erinnerte sich
auch Und hatte damals
auch gedacht, Dass sie die
Vergewaltigung Mit ihrer Kraft verhindern
könnte, Und es hatte nicht
nur nicht die Kraft gereicht, Sie hatte auch zu
wenig Willen Gegen sie gesetzt Und hatte sich ihr
ausgesetzt Und hatte
nachgegeben. |
Später sagte sie
von sich zu sich, Sie hätte
aufgegeben, Und das stimmte
nicht, Und wenn die Männer
tranken, Prahlten sie, Und ihre Schwester
durfte nichts erfahren, Und ihr Mann war
unberechenbar. Und sie erzählte
ihm, Dass sie das Klima
nicht vertragen könnte, Und es ginge ihr
hier schlecht, Und diese Gegend
wäre ungesund, Und er kam nicht
auf sie Und nicht auf die
Gedanken, die sie hatte, Und sie sorgte sich
auch, Dass der Schwager
sie nicht lassen würde, Und beschwor den
Mann Und machte ihm
Versprechen, Bis er schließlich
von alleine Auf den Umzug kam, Und sie beeilte
sich Und schrieb die
Briefe, Dass er sich bewarb
um eine neue Stelle, Und das ging sehr
schnell, Und ihrer Schwester
und dem Schwager Wurde die
Versetzung vorenthalten. |
Und er fuhr voraus Und war die
nächsten Wochen hinter ihr Und sehnte sich
zurück Und war dann auch
nicht zimperlich Und ließ es sich
bei einer anderen gefallen, Die sah auf sein
Geld Und gab ihm, was er
wollte. Und im vierten
Monat Zogen sie in aller
Stille um. Er kam nicht erst
zurück zu ihr Und half ihr nicht Und half ihr so am
meisten Und beendete vor
ihr die andre Frau. Dann fand er sie In ihrem Zustand,
der sich wiederholte, ganz normal, Sie machte einen
Strich und baute sich von unten wieder neu Ein winzig kleines
Glück von vorne auf Und sah der
Niederkunft entgegen, Und sie schwor sich
einen zweiten Schwur, Und Kindersegen
hätte sie danach genug Und dachte auch, Wer weiß, wozu das
alles gut ist. |
Auf dem rechten Weg in die Irre
Sie hat nur noch
ganz selten die Gelegenheit Ihr Haus zu zeigen, Das ist klein geworden, Und es dehnte sich
mit jedem, Der das Haus
verließ, Um eine weitere
Unendlichkeit. Man hatte ihr
einmal ein Bild Aus einem
Sternenbuch gezeigt, Darin sah sie die
Sternenexplosion, Die raste allseits
in den Raum Und stand doch
sichtlich still, Und in der Mitte, Dort, wo sich der
Kern befunden hatte, Drohte trotz der
absoluten Leere Der Zusammenbruch, Der Einsturz der
Materie auf ein Nichts, Das würde sich zum
Nichts zusammendrücken, Wenn es auf sich
fiele. |
In dem Treppenhaus Hat sie die Bilder
hängen. Alle hat sie früher
selbst gemalt, Und eines hängt
verkehrt herum, Das hängt so wegen
seiner Proportionen, Und es war bei
allen Immer wieder im
Gespräch, gewesen. Ihr war's völlig
gleich, Sie sah die
Qualität mit andren Augen, Und sie schloss sich
keiner Meinung an Und hielt auch
nichts dagegen, Und im All, so
hatte damals noch ihr Mann gesagt, Bedeuten Unten,
Oben gar nichts, Alle müssten davon
lernen, Und sein eigner
Kopf, Das wusste sie dann
besser als er selber, Ging auch ohne ihn
spazieren. |
In den
Kinderzimmern standen alle Spiele still, Und diesen Frieden Hatte sie als
Kriegsspiel gegen sich, Sie war hier die
Verliererin Und wurde an die
Wand gestellt, Im selben
Augenblick verurteilt, und Es legten die
Gewehre immer wieder auf sie an, Wenn sie in ihre
Kinderzimmer kam. Der Arbeitsplatz
von ihrem Mann War unverändert, Und sie hatte nie
den Schreibtisch untersucht Und nie versucht in
ihm zu finden, Was sie suchte,
wenn sie ihn besuchte. Manchmal wischte
sie den Staub Von seiner Oberfläche. Sauber eingestäubt
lag auch sein Bett, Das ließ sie wie es
war, Und nahm sich
wieder an die Hand Und führte sich
zurück Und konnte sich
nicht mehr viel mehr Von früher zeigen. |
Es war die Strafe
dafür, Dass sie sich verboten
mit ihm treffen wollte, Und er war nicht an
dem Platz im Park, Den hätte er doch
finden müssen, Und sie sah sich um Und wollte nicht
vor sich nervös erscheinen, Sonst war niemand
da. Sie ging die
Schritte Bis zu einem großen
Baum Und kam zurück Und drehte sich auf
einer Sohle Auf der Stelle hin
und her Und trat auf einen
kleinen Stein, Den bohrte sie tief
in den Sand. Sie sah zurück Und durch die
Büsche, Und alleine wollte
sie in diesem Waldstück Auch nicht bleiben. |
Dunkelheit Begann hier schneller Als an andren
Stellen Und es klopfte ihr
das Herz Aus Angst vor ihm
und sich, Aus Angst vor
diesem Treffen, Und aus Angst, das
es misslingen würde, Und aus Angst vor
diesem Platz. Sie hatte alles
eingefädelt, Und, es war gemein,
mit ihr so umzuspringen. Dann ging sie den
Weg ein Stück zurück Und hoffte nun, Dass niemand kommen
würde, außer ihm. Die Tränen konnte
sie jetzt gar nicht brauchen, Und die standen In der ersten
Reihe. Endlich tat sich in
der angestarrten Tiefe Etwas, Eine Dunkelheit
schnitt sich heraus, Die wurde heller. Unter ihr, der
Stuhl aus Angst und Wut Verflog in eine
Schaukelei der Freude |
Blitzschnell zog
sie ihre hohen Schuhe aus Und lief zu ihm Und ihre
ausgestreckten Arme Jubelten im Sieg Und stiegen an ihm
auf. Sie schluchzte in
sein Ohr, Fast schimpfte sie
ein wenig, Sagte ihm ein
Kosewort Und ließ sich von
ihm halten. Er nahm sie
verlegen an, Beruhigte sie
sanft, Und sagte: "Hier im Park
braucht niemand Angst zu haben, Wenn sie wollen Bringe ich Sie an
den Ausgang." Fast unhörbar
schrie sie ganz kurz auf. Dann sank sie
fassungslos in sich zusammen Und verlief als
Wasser auf dem Weg, Der sog sie auf. |
Er war auf einer
Wanderung In einem Land, das hatte
er gesucht, Und hatte Hunger. Es war warm. Das Land lud ihn zu
allem ein Und gab nichts her. Um ihn herum die
Knoten kleiner Höfe. Vor der Dunkelheit Schlug er sein Zelt
in einer Gegend auf Und ging zu einem
Haus, Das war viel
weniger als ein Gehöft, Dort wollte er um
Arbeit fragen, Ja, vielleicht
würd' man ihn Essen lassen, Und er hatte sehr
viel Zeit, Die wurde immer
mehr, Je mehr sie von ihm
wich. Er hatte lange Wege
hinter sich gebracht. Es würfelte sich
ihm Ein kleiner Hund
entgegen, Der war zutraulich, Der lief vorweg,
zurück und hinters Haus. Dort stand vor
einer Bank, Als suchte sie
schon, Eine Frau. |
Die sagte gleich zu
ihm: "Da bist du
ja," und meinte ihn, "Verstau dein
kleines Zelt Und komm' hierher
und bleib' die Nacht. Von mir aus bleib'
so lang' du willst." Er sagte:
"Guten Tag" in seiner Sprache, Die sie sprach, Und ging zurück. Ihr Alter, dachte
er... Sie konnte seine
Mutter sein, Und nahm sich
seiner an. Er war sehr müde
und verbraucht, Und sie war auch
arm dran Und sah nicht
ärmlich aus. Der Hund ging mit
ihm mit Und blieb bei ihm
und auch bei ihr. Es war ein Tier, Das sich zu teilen
wusste. Sie war ohne Arg
und ohne List Und aß mit ihm Und zog sich später
vor ihm aus Und ging mit ihm,
so wie er war, Ins Zimmer, wo sie
schliefen. Alles ist, so
dachte er, Mit irgendetwas zu
bezahlen, Und er wusste nicht
womit. |
Von nun an überließ
sie ihm das Ganze. Sie tat, wie es ihm
gefiel, was ihr gefiel, Und langsam war sie
es, Die ihm gefiel, Und beide taten
schließlich vieles nur, Sich und dem andren
zu gefallen. So band sie ihn
nicht, Und er war
ungebunden, Und er fragte
einmal mehr, Womit er das
verdiene. Doch sie überlachte
ihn: Es sei ihr immer
noch der Erste Tag. Die Ankunft jährte
sich, Und morgen würde er
mit ihr den Tag Als den Geburtstag
feiern Und er schlief aus
Spaß in dieser Nacht In seinem Zelt. Am Morgen nahm er
aus der Gegend Ein paar Blumen, Die verschrieb er
ihr. Das würde er im
nächsten Jahr So wiederholen, Und im Jahr danach Und danach und danach... |
Dieses ist ein
ungeschriebner Brief Insofern, als ihn
der, den er betraf, diktierte, Und es war mehr ein
Gespräch, Mehr eine Beichte,
ein Geständnis, Das gestand
vielleicht Viel von der andren
Seite, Die war noch am
Leben. Er, so sagte er, Kennt kein Gefühl
für Mutterliebe, Kein Gefühl für das
Gefühl, daheim zu sein, Und nie in seinem
Leben habe er gespürt, Dass diese Frau ihn
sich in ganz besondrer Weise Spüren lassen wollte, Nicht als Kind und
später nicht. Sie war für alle da Und für die
Schwester und die Brüder, Und es gab nicht
einen Tag, An dem sie nicht
den eignen Tag Zum Tag der andren
machte, Und sie war nie
krank Und sah bis in das
hohe Alter aus, Wie man sie kannte, Und man kannte sie
ja täglich Bis ins hohe Alter, Und ihr Alter kam
in unmerklichen Tagesschritten. |
Er, so sagte er, Erinnert sich nicht
mehr an sie, Und so sind sie
einander nah Und herzlich
zugetan Und sind einander
fremd, Und keiner greift
dem andren in das Denken, In das Wünschen, In das Handeln, Jeder hütet seine
Sehnsucht Nach dem anderen
als ungewünscht Und tut sie ab Und hütet sie in
einer ganz besondren Lade, Die ist beiderseits
als Schranktür Im Tapetenmuster, Und man sieht sie
nicht. In ihrer ersten
Krankheit, Die kam spät, Empfand er kein
Bedauern, Und sie nahm sie
auch nicht ernst, Und dass er sie
besuchte, freute sie, Dass, meinte er,
sei übertrieben, Und ein andres Mal, Als er erfolgreich
war, Fand er sie außer
sich vor Glück Und
Überschwänglichkeit Und lauter Ruferei
nach anderen, Die hören sollten, Und er fühlte sich
dadurch auf seinem Weg, Den jeder wissen
konnte, ausgerufen Und verraten, Und es ging ihm gut
dabei, Und es bewirkte
wohl auch das Gespräch, Von dem ich anfangs
sprach Und das ich
schreibe. |
Etwas, sagte er,
sei aus der Frau gefahren Und beträfe ihn, Und es sei eine
Wandlung In ihr vorgegangen, Und sie habe ihn
geweckt, Er wüsste nicht
wohin mit seinem Denken, Und sie habe ihm Die Hand berührt, Es schien wie aus
Versehen, Und sie hätten sich
sonst nie berührt, Im Kommen nicht Und nicht im Gehen, Und sie habe dieses
Handberühren Mit den Augen eines
scheuen Tieres Durchgeführt Und es in seinen
Augen abgelesen, Und es hätten ihre
Augen hinterher geglänzt. Und er, so sagte
er, Sei immer noch
verlegen, Und er hätte ihren
Handgruß Nicht erwidert, Und, so sagte er, Er habe nie auf
ihrem Schoß gesessen, Und nun wäre er zu
groß dafür. |
"Vielleicht bin
ich ein junger Mann, Vielleicht auch
noch ein Jugendlicher," Sagt er selbst von
sich, "Und ich seh
aus wie meine Mutter, Die sieht aus wie
ich. Wir lachen viel Und denken schnell, Und die Gedanken
überschlagen sich Auf unsren
Zungen." Und er liebte seine
Mutter, Das bemerkte man
sofort, Und er sprach über
ihren Mund Und über ihre Augen Und von ihrer
Größe, Und vom Vater
wusste er fast nichts zu sagen, Und er käme gut mit
seinem Vater aus, Und was er an ihr
liebte, Liebte er an sich Und sie an sich Und sich an ihr Und war in allem
frei Und wortgewandt Und kam zurück auf
sie Und sprach in der
Begeisterung von ihr, Und meinte sich als
Teil von ihr Und käme ohne seine
Mutter gar nicht aus, Das dachte er nicht
aus Und nicht zu Ende. |
Und er machte
gerne, was sie machte, Und sie ritt und
hatte Angst davor, Und er ritt auch
und redete sich ein, Dass er die Pferde
liebte, Und er hatte
hinterher erst das Befreiende Gefühl, Das kannte sie, das
teilte sie mit ihm, Und beide ließen
sie nicht ab Von diesen Tieren. Und er kochte gerne Und verglich sich
oft mit ihr Und sah in ihrer
Hausarbeit die Arbeit, Die er gerne machen
wollte, Und er machte sie
vor ihr, Und sie empfand die
Wohltat, Und sie tat für ihn
sehr viel voraus, Das holte ihn dann
ein Und überraschte
ihn. |
Und seine Welt war
fest gefügt, Und er war kein
Athlet Und war nicht
stark, Und seine Stimme
blieb zu lange In der Höhe liegen, Und man fragte
nach, Wenn er sich
telefonisch meldete, Ob wohl der Sohn zu
sprechen sei, Das fanden beide
lustig, Und sie trieben
damit eine Spielerei, Die schloss die
andren völlig aus. Und nichts war
ihnen vorzuwerfen, Und wenn er auf
Reisen ging, Schrieb er ihr
täglich einen Gruß Und rief am zweiten
Tag schon bei ihr an, Und fuhr die Mutter
fort, War es ihr Amt, Und zwischen ihnen
gab es keine Eifersucht, Und sie verziehen
sich im voraus Jedes mögliche
Versäumen Und bedankten sich, Und liebten sich so
jeder sich an sich Und an dem anderen. |
Sie ging zurück ins
Nachbarland, Man gab ihr die
Erlaubnis, Und sie wollte nur
als die Besucherin Die Heimat sehn,
die war seit vierzig Jahren Keine Heimat mehr Und zog sie heim, Und jemand, der vor
ihr hier war, Erzählte, dass sich
kaum etwas geändert hatte. Und sie dachte an
die Einzelheiten, An die Wanduhr, die
Tapeten, Ganz bestimmte
Räume, Büsche, Wege,
Flüsse, Teiche, Hecken, Augenblicke, die
sie nacherleben wollte, Und sie ging zurück Und kam gut an, Und kam zu Anfang
gar nicht an, Und niemand lebte
hier von denen, Die sie kannte, Und erst langsam
sah sie in den Alten, Die von damals
wieder, Und es war ein
Stich, Der riss ein Tuch
von ihrem Kopf. Im Elternhaus wurd'
sie zum Kind Und ließ sich von
der neuen Mitbewohnerin, Die war sehr alt, Die Zimmer zeigen, Und die kannte sie
auch nicht, Bis sie sich dann
erkannten. |
Und sie sah in
jeder Stube Das Gesicht der
Mutter, Hörte über kleine
Flure Ihre Mutter rufen, Sah sie in den
Fenstern und Gardinen, Sah sie winken, sah
sie laufen. Irgendwo hier
draußen War sie ohne sie
begraben worden, Jetzt war es zu
spät, Und die Erlaubnis
in dies Land zu reisen, Konnte gar nichts
mehr erlauben. Vieles war
vergessen Und erhob sich erst
bei ihrem Eintritt, Und sie fragte nach
der Pflege dieses Grabes, Und es machten Jugendliche Und die Leute aus
der Nachbarschaft des Grabes, Und es stand kein
Kreuz, Es stand kein
Stein, Es war nichts zu
beschaffen. |
Sie war
hergekommen, Um zurück zu gehen, Und sie ging als
Schülerin den Schulweg, Dass sie fast
dieselben Gräser An den
Straßenrändern sah, Und immer wieder
war die Stimme ihrer Mutter Tief in ihrem Kopf, Die rief ihr nach
und rief ihr hinterher Und etwas zu, und
sie bedachte alles, Das war ihr schon
längst entfallen, Und das Grab war
karg und menschenleer Und kümmerlich gefasst, Man konnte nichts
mit sich nach Hause nehmen, Und sie machte auch
kein Bild Und nahm das Bild,
wie sie es sah, mit heim Und war allein hier
draußen, Und sie suchte nach
dem Zwiegespräch Mit ihrer Mutter,
das blieb aus Und stellte sich erst
spät am Abend, Fast im Schlafen
bei ihr ein, Und hier am Grabe
war es schwer, Das war schon halb
im Traum, Und sie stand über
ihr und unter ihr, Weil sie ja oben
war. Der Himmel hing
nicht tief genug. So nah bei ihr zu
stehen, War für sie, das
Kind zu schwer, Und warme Tränen
liefen über ihre Wangen In die Kissen. |
Im Warten hatte er
gelernt zu warten, Und er hatte lange
warten müssen, Als er in der Wache
stand Bei den Soldaten, Und er hatte damals
Glück gehabt Und die Gefahren
nicht gespürt, Und andre Wachen
waren Trotz des Wartens
und des Wachens Überfallen und
getötet worden, Und man hatte ihnen
Munition gestohlen Und die Waffen, Und in seinem
Warten war er nie Von der Gefahr berührt
gewesen. Und er wartete sehr
gerne und so oft es ging, Und wartete, weil
er das Warten liebte, Ohne Grund auf
nichts. Er konnte sich, Weil ihn die Zeit
nicht drängte, An die Straßenecke
stellen Und dort warten, Und er dachte
nichts dabei, Und fremde Leute,
die ihn nur vom Sehen kannten, Lachten etwas über
ihn Und kannten ihn, Obwohl sie ihn
nicht kannten Und sie sagten
sich: "Er wartet
wieder Und weiß nicht
warum Und nicht auf wen, Und er vergeudet
seine Zeit mit Warten." |
Und er hatte ihren Fragen
zugehört Und sie sich
angehört Und sie nicht
überhört, Ob er auf etwas
warte, Und wenn ja, auf
wen und was, Und seine Antwort
war ja seine Wahrheit, Und er sagte: "Sicher warte
ich auf etwas." Und die Leute waren
damit nicht zufrieden, Und er sagte noch: "Wenn ich es
jetzt schon wüsste, Brauchte ich doch
nicht zu warten," Und er wartete
woanders weiter. Leute sprach er nie Von sich aus an. |
Man dachte, dass er
etwas wissen wollte Oder wissen müsste, Nur damit er etwas
andres wissen konnte, Und er fragte nicht Und wollte auch
nichts wissen. Und er wartete bei
sich Zuhause weiter. Während er die
Mahlzeit zubereitete Und aß, Tat er nichts
weiter als zu warten, Und er wartete in
großer Andacht fort Und in unendlicher
Geduld Und mit Vergnügen
immer wieder neu Und wünschte sich
nichts anderes Und wartete zurück
bis in die Jugend, Bis in seine ersten
Kindertage Und soweit er
denken konnte. |
Die Kleinheit eines Augenblickes Er sagte zu sich
selbst, Ich muss im Warten
warten, Und an einem Tag
blieb er daheim Und rief in seiner
Firma an Und meldete sich
krank, Und alles deutete
auf eine gute Post, Die musste endlich
kommen, Und er musste in
der Nähe sein, Wenn sie nach
seiner Nähe fragte, Und er ging nicht
aus. Er hatte dies Gefühl
im Magen, Und er las nun
wieder in dem Horoskop, Das stand sehr gut
für ihn. Es war auch höchste
Zeit, Dass eine Antwort
kommen würde. Käme sie nun wieder
nicht Und in den nächsten
fünfzehn Tagen nicht, Dann riefe er dort
an Und würde einfach
fragen. |
Und er stand am
Fenster Und war ganz allein
zurück geblieben, Und den andren
hatte er erzählt, Er ginge später
fort, Das könnte er so
richten, Und er richtete
dabei an sich den Schaden an, Und alles setzte er
auf diesen Brief. Dann kam die Botin mit
der Tagespost, Sie war ein junger
Mensch, Und sah ihn gleich
im Fenster stehn. Für sie war es ein
ganz gewohntes Bild, So sah sie täglich
hundert Leute stehn, Die sahn ihr nach
und ihr entgegen, Und die sahn
einander nicht Und bildeten auf
ihrem Weg die Kette. Viele waren alt und
sehr allein. Sie winkte mit der
Post zu ihm Und warf sie in den
Kasten Und fuhr fort, Und er schlug, ohne
seine Hand zu heben, Seine Hände vors
Gesicht Und schämte sich in
seiner Gier nach Post, Die sollte nun den
Glauben An das endliche
Geschehen enden, Und es war weit
überdehnt, Und er ging schnell
nach draußen. |
Hinter ihm sprang
noch die Tür ins Schloss, Den Schlüssel hatte
er vergessen mit zu nehmen, Und er hatte keine
Jacke an, Und draußen war es
kalt, Und die Probleme
wuchsen, Und im Kasten
steckten wieder nur, Die dummen und
verfluchten Antwortkarten
irgendwelcher Sonderangebote, Und er dachte auch, Das hast du nun
davon Und lernst mit
nichts dazu Und frierst im
Frost Und stehst vor
deiner Tür Und bist enttäuscht
von dir Und von den
anderen. Die Kleinheit diese
Augenblickes Wuchs zu einem
Riesen aus, Der herrschte über Und beherrschte
ihn. |
Er war voll
Ungeduld, Und er entschied in
seiner Sache gleich Und schrieb sofort
den Brief, Der musste
pünktlich sein. Er brachte ihn auf
seinen Weg Und zögerte, Weil auch der Weg
ein Anfang war, Und alles drehte
sich um den Termin. Der Brief wurd' von
ihm aufgegeben. In demselben
Augenblick Erinnerte er sich, Dass er in seiner
Eile Doch das Datum
nicht mehr eingetragen hätte, Und der Brief lag
in dem Kasten, Und die Hand, die
danach griff, Erreichte ihn
natürlich nicht. So wartete er auf
den Sammelboten, Der gab auch den
Brief nicht frei Und ließ sich nicht
bereden, Und es wäre streng
verboten, Und auch, dass er
ihm, dem Boten, Die Erlaubnis gäbe,
wär' verboten. |
Und es war ein
Schreiben, Das blieb in der
Stadt, Und er schrieb
einen zweiten Brief, Der trug nun
wirklich alle Daten, Und dem musste er
sein eigner Bote sein, Sonst käme er nicht
an, an dem Termin, Und er erschien mit
seinem Schreiben in der Hand Und stand vor
seinem eignen Brief, Der traf grad ein Und war versehen
mit dem Eingangsdatum, Und das war genug. Und alles, was er
sonst noch tat, War viel zu viel Und nur das
Resultat der Ungeduld, Die war kaum zu
ertragen. Und er fragte
gleich Nach dem Bescheid,
den gab man nicht, Er musste sich in
neuer Ungeduld bescheiden., Und er dachte über
andre Wege nach Und schritt sie ab Und eilte sich auf
ihnen, Und er kannte
jemanden, Den könnte er
gewinnen Und ihn seine Sache
mit gewinnen lassen, Und er ging gleich
zu ihm hin Und traf ihn nicht Und hinterließ ihm
einen neuen Brief, Und rief ihn an Und konnte ihn
Zuhause nicht erreichen. |
Und es schalteten sich
Leute ein, Die wollten ihm
behilflich sein, Das nahm er gerne
an Und rief auf ihren
Rat auch andre an, Die rieten ihm, Weil sie von einer
Sache wussten, Die ganz ähnlich
war, Und er riet ihnen
und bedankte sich Und schrieb in
deren Sache einen Brief. Und weil er nun den
Schreiben wenig traute, Machte er sich auf
den Weg Und sprach in
fremder Sache Eine fremde Sache
an, Und er verfolgte
sie so weit es ging, Und dachte in der
fremden Sache Auch an seine
Sache, Die trieb ihn, das
spürte er, Maßlos voran. |
Eigentlich war sie
die Speise, Die wir aßen, Morgens, mittags,
abends, Und wir zogen ohne
sie Nicht einmal eine
Decke auf den Tisch. Und lag die Decke
unter den Bestecken, Strichen wir mit unsren
Händen über ihre Haut, um jede Glätte Zwischen den
vermissten Falten Glattzustreichen, Und es war das
Streicheln eines Zustands, Den wir nicht
vermissen wollten. Diese Decke zog sie
unter alles, Alles weihte sie
auf diese Weise, Und sie weihte ihre
eigne Fröhlichkeit, Die mischte sich
mit Freundlichkeit Und Eigenglück, das
haben Menschen, Die genügsam sind Und sich genügen
mit dem Glück in sich Und die den
Anspruch gelten lassen Und Gerechtigkeit
verwalten Und so, ohne es zu
wissen, Vorbild sind, Das wird man kaum
erreichen, Und man weiß, es
ist erstrebenswert. |
Vor unsrer Tür
liegt morgens manchmal Glas, Das sind die auf
den Weg geworfnen Weggeworfnen
Flaschen, Und ich seh' sie
liegen, Und ich seh' die
Splitter, Wie sie sich im
Raum verspielen, Wie sie lauern und
gefährlich sind. Und sie ist schon
zur Stelle Und bedenkt auch
die Gefahr Und räumt sie
schnell beiseite, Und sie streichelt
noch ein Tier, Das kommt an ihre
Seite, Lockt die Vögel,
die sie auch bemerken, Ruft die wahre Sonne
hinter sich Und schaut hinauf
und schaut sie an, Und mir fällt ein, Dass ich sie immer
für die Sonne hielt Und sehe sie nun
neben ihr, Und ihre Augen
kneift sie zu Und zählt wohl
innerlich gewisse Zahlen ab, Dann reicht es aus, Und ich versteh'
mich nicht Und gehe ohne nur
ein Wort zu sagen, Das ruft sie mir
nach, Und überlasse sie
und alles ihrer Sonne Und verlasse sie. |
Mag sein, Dass sich ein
Sonnenwind auf mich ergoss Und seinen Brand
verregnete, Mag sein, Dass ich mich auch
nach einem Regen sehnte Der die Sonne
übergoss, Sie nur an
aufgerissnen Stellen Seiner Wolkenfelder
für mich scheinen lassen sollte, Mag ja alles, alles
sein. Als neben ihr die
zweite Sonne stand, Zog es mich heim
und fort von ihr Zur Sonne. |
Von meinem Mond Kann ich die Erde
sehen, Und sie ist so
groß, Wie sie uns Bilder
von der Erde zeigen, Wenn man sagt: "So sieht man
von dem Mond die Erde, Wenn sie auf- und
untergeht." Sie bildet eine
Sichel Und hat schöne
Farben. Nah ist sie und greifbar Und man greift nach
ihr, ihr nach. Ich stehe auf dem
Mond, Auf meinem Mond,
und greife nicht hinüber, Weil ich es nicht
wage, Und es wäre Die Enttäuschung
viel zu groß für mich, Ich könnte auch
dort drüben In Geschehen
greifen, die ich gar nicht kenne, Und Geschehen erst
geschehen lassen. |
Jemand schlägt im
Regen, Nur als Beispiel, Seinen Mantelkragen
hoch, Und ich halt' ihn
zurück, Weil ich den Regen
und den Mantelkragen Nicht verstehe. Ich leb hier allein
auf meinem Mond Und kenne mich nur
wenig aus, Und kenne mich, da
ich alleine bin, Auf meinem Mond am
besten aus. |
Ich schreibe
Erdgedichte, die ich singe Und besinge damit
meine Erde, Und ich habe mir
ein leichtes Spiel erdacht, Das spiel' ich nur, Weil hier die Kraft,
die alles abwärts zieht, Viel schwächer ist. Sie lässt mich ohne
weiteres Die größten Sprünge
machen, Und ich bastle
Schiffchen aus Papier, Die stoße ich in
Richtung Erde ab, Und seh' sie
steigen, Und weit draußen
treiben sie Mir aus den Augen, Und der Himmel
meines Mondes Ist noch lang'
nicht voll davon. Ich weiß auch, Dass sie sich zum
Schluss Zurück zur
Oberfläche neigen werden. Ja, Ich lebe wirklich
auf dem Mond Der Erde. |
In den Sternen Bleiben die
Gesichter unerkannt. Ich mein' es so: In einer
Sternennacht, Die voller Klarheit
ist Und ihre Sterne
fast Aus ihrer Klarheit
fallen lässt, Dass man gespannt
nach oben blickt Und auf die weißen
Nadelstiche In der Schwärze
achtet, Die in ihrer
Schwärze immer tiefer Immer schwärzer
wird, In einer solchen
Sternennacht Wird alles hell,
was dunkel ist, Und Dunkelheit wird
eingeschränkt Auf helle Flächen. Auf der Brücke Über einem stillen
Wasser, Finde ich mich
endlich in den Sternen selbst. Die stehen über mir Und unter mir, Und mein Gesicht
bleibt unerkannt im Wasser steh'n, Und neben mir, ich
wage nicht mich umzuwenden, Steht ein zweiter
Mensch Und stellt sich in
sein eignes Sternenzelt. |
So einfach ist die
Welt, Und einfach ist es
auch, Ihr etwas anzutun. Ich brauchte nur
mit einem kleinen Stein Nach ihr zu werfen Und zerbräche ihr
Gesicht. Der Mensch in
meiner Nachbarschaft Steht still und
hofft auf mich, denk ich, Wie ich auf ihn, Dass nichts
geschieht, Und beide sehen wir
nach unten Und dabei nach oben
in die Kuppel. Dort entstehen auch
die Sternenbilder, Die ich kenne, Und ich überlege,
was dahinter liegen mag, Und falle dabei in
den schwarzen Kopf An meiner Seite, Der ist unten neben
mir Und rührt sich
nicht Und regt sich nicht Und starrt wie ich
ins Tiefe. So entstehen keine
neuen Pole. |
Und der Mensch an
meiner Seite Ist nicht anders zu
erklären, Als dass er dort
ist, Wo ich ihn sehe, Und ich drehe mich
nicht um. Ich höre keinen
Atem, Und er muss sehr
eng an meiner Seite stehn, Und spüre keine
Wärme, Die sich überträgt. Ich sehe in der
Tiefe in das Doppelbild, Ins doppelte
Gesichterschwarz, Und halte meinen
Atem an Und hebe meinen
Kopf Und wende meinen
Blick zur Seite, Und ich sehe mich
hier ganz allein, Mein Nebenmann ist
nicht vorhanden, Und ich sehe
schnell ins Wasser Und ihn eben aus
dem Bild verschwinden, Und er ist nicht
neben mir Und war Und ist nicht über
mir, Und außer mir war
nichts in dieser Nacht, Die mich in ihre
Sterne stellte. |
In der Wirklichkeit Ist es ganz anders, Und es ist der Mühe
wert, Sich um die
Wirklichkeit zu kümmern. Und es ist in
Wahrheit so, Dass sich die
Wirklichkeit Nicht um die
Wahrheit kümmert, Und sie sind sich
völlig fremd, Und Kinder bauen
sich schon Höhlen, Die sie wie den
Mutterleib bewohnen Und verstehen
nichts davon, Und ich bin doch
schon alt genug Und sollte ganz
entwöhnt Und ganz gewöhnt
sein, Und ertappe mich in
einem Bad Und stehe unter
einen warmen Dusche, Und den Kopf halt'
ich nach vorn' geneigt, Gestützt auf eine
Armatur Und an die
Kachelwand. Und auf die
Schultern, Auf den Nacken, Auf den Kopf
ergießt sich dieses Streicheln, Kraulen, angenehme
Wohlsein. |
Und in Wahrheit
liegt mein Kopf Im Schoß der Frau,
die sitzt vor mir Und ist nicht meine
Mutter Und hat nichts mit
mir zu tun Und ist mir fremd
und völlig nah Und innerlich
vertraut, Und ihr Gesicht ist
unsichtbar Und tief gebeugt Und aufgelehnt auf
meinen Rücken, Und es ist ein
Schrecken, Der sich plötzlich
auf mich setzt Und diesen
Augenblick zertrampelt. Und ich wehre mich
dagegen, Und ich habe nichts
zur Wehr zu setzen, Und ich denke nach Und denke, dass
sich nach dem Denken Etwas zeigen wird, Und nichts zeigt
sich Und nichts erinnre
ich, Und nichts erinnert
sich an mich, Und niemals soll
mir jemand Das Gefühl
erklären, Und ich möchte
nicht, Dass jemand auf
mich sieht Und sieht mich
nicht, Weil er sich sieht. |
Und unter andren
Duschen Stehen andre Leute Und die machen
andere, ganz ähnliche Bewegungen Und stehen auch
ganz still, Als wären sie
betroffen, Und bewegen sich
nur innerlich Und sehen nicht
herum Und sind in Stein
gegossen, Und die Wahrheit um
sie her Ist keine
Wirklichkeit. |
Man zeichnete das Bild
des Fotografen aus, Er schuf die
Nacktheitsbilder, Die den Menschen in
der Nacktheit zeigten, Und der Mensch war
nie im Bild, Und was er von ihm
zeigte, Waren abgelegte
Kleider, Abgelegte
Angewohnheiten, Es war der
abgelegte Mensch an sich, Der war das Bild Und war doch nicht
im Bild. Es saß ein Kind im
Sand Und weinte neben
der erschossnen Mutter, Und ein andres Kind
schoss, etwas ungezielt, Auf andre Kinder, Jemand hielt die
Kriegspistole An die Schläfe
eines Jugendlichen Und erschoss ihn, wo
er stand, Und Bilder dieses
Übels reihten sich. |
Das Jahr lief
rückwärts Und begann im
Winter. Herbstlich waren
alle Fotos, Die den Menschen Als Maschine
zeigten, In der Anstalt für
Kadetten, Angeschnallt in
Anstaltsbetten, Als Beobachter beim
Austausch Eigener Organe und
Gedanken, Und beim
Überfliegen enger Und der weit
gesteckten Horizonte Mit den
Flugobjekten, darin saß Ein Mensch, Der reiste ohne
Wiederkehr. Die Sonnenbilder
schraubten den Erholungssuchenden Mit Katastrophen in
die abgestürzten Wälder Aufgeschlagener
Maschinen, Und man hatte
Bilder, die bewiesen, Dass die Räuber
schneller waren, Als die Retter, Und sie stahlen
später noch Die Urnen Hunderter Um Gold daraus zu
rauben. |
Und die
Sommerbilder trockneten sehr schnell Und hinterließen
eine Kruste, Die sprang immer
wieder schmerzlich auf In Terror Der durch alle
Jahreszeiten raste. Seine
Frühjahrsbilder brachten Über Wasservögel
diesen Schwarzfilm, Über
Unterwassertiere fast den letzten Atem, Und in einem
Wasserarm Ließ sich die
Schwarzblutwunde Nicht mehr
schließen, Und ein Krieg auf
beiden Seiten Hielt die Ader
offen, So als wäre sie die
Ader ihres Lebens Und des Überlebens, Und es durfte
daraus keiner trinken. Und im
Frühjahrsbild War es in andren Ländern
Sommer Oder Herbst; Und war dort Winter
oder Regenzeit, So waren die wie
wir im Umlauf, Und man konnte
diese Bilder allen zeigen, Jeder kannte sich
auf ihnen aus Und unterschied
sofort die Jahreszeiten. |
Selten las er in
der Tageszeitung, Selten hörte er von
einer Nachricht, Die ihn
intressierte, Selten gab es
Abendfilme, Die in seinen Abend
passten, Und er hatte eine
Welt in sich, Die nahm ihn
gänzlich in Beschlag Und sprach aus ihm, Dass man sich fragen
musste, Woher seine Worte
kommen, Die sind im
Zusammenhang Und doch aus dem
Zusammenhang gerissen. Ihm verblieb kein
Unverständnis, Und er hörte, dass
man überall Nach einem Zeugen
rief, Der hätte etwas zu
bezeugen, Und es riefen keine
Polizisten Und auch niemand
der geschädigt war Und niemand, der
die Unschuld Oder Schuld
beweisen musste, Sondern dieser Ruf
erging von Wissenschaftlern Aus verschiedenen
Bereichen, Und die stritten
sich Und riefen ihre
Lehren aus Und fanden nichts
sie zu beweisen, Und sie suchten
einen Zeugen Der vollendeten
Entfremdung. |
Und die einen
sagten, Dass es den ja
wegen der Entfremdung Gar nicht geben
konnte, Und die andren
brauchten den Beweis, Und niemand kam
voran, Und nun rief man
den Zeugen aus, Im Zeugnis zu beweisen, Was nicht zu
beweisen war; Und er lief
Schlittschuh, Und er glitt auf
einer Zeitung aus, Und er verstand,
was er verstanden hatte, Und er hielt es für
ein Zeichen, Und er las in ihr Und las den Aufruf, Und, dass es ein
Aufruf war, Der ihn erreichen
sollte, Ja, er war an ihn
ergangen, Und er konnte
helfen, Und er ging nach
Hause Und verfasste einen
Brief Und stellte sich
mit allen seinen Namen vor, Es wären drei, so
schrieb er. Und er sprach von
seiner Haut, Von mir als sich Und sich als einem dritten, Und es war für ihn
ganz einfach Und verständlich. |
Die drei Namen
führten Eigenleben Und sie kannten
sich sehr gut. Er schrieb als
Beispiel, Dass die Augen auf
dem Eis gewesen wären Und gelesen hätten, Und sie hätten dort
etwas für ihn entdeckt, Das hätte er dann
seiner Haut erzählt, Und die berichte
nun von ihm. Und tags zuvor Sei ihm ein
gestriger Gedanke In der Stadt
begegnet, Und der habe ihn
gebeten, Ihn von sich zu
grüßen, Und das hätte er
versprochen Und auch
ausgerichtet. |
Sie waren nun der
Klugheit Auf der Spur, die
hing von vielem ab, Und eine Klugheit
konnte man noch nicht begreifen; Wenn sie sich nicht
zeigte, Und wenn sie sich
zeigte, Maß man sie an
andrer Klugheit, Und sie wurde
dadurch klug Und dadurch dumm, Und wenn man keine
andre Klugheit kannte, Maß man sie an dem
Gefallen. Das Gefallen galt
dann der Person, Sich selbst Und weniger der
Klugheit, Und man lobte sie,
wenn sie gefiel, Und lobte damit
sich Und hoffte, dass es
rundherum gefiel. So konnte man die
Elsternnester ruinieren Ohne in den Baum zu
klettern, Und man hoffte
immer wieder Einen kleinen
Schatz zu finden, Der fiel in ein
Niemandsland, Man konnte Beute
machen. |
Jemand sprach zu
mir Und sprach mit mir, Weil ich mich zu
den Klugen zählte, Und man wollte mir
behilflich sein Und gab mir einen
Rat, Um meine Klugheit
zu beweisen: "Stehe auf und
gehe fort, So wie du bist Und halte gar
nichts fest Und halte dich an
gar nichts fest Und nimm nichts mit Und lass dich nicht
mitnehmen, Bitte nicht und
frage nicht Und gehe, Und wenn du
gegangen bist, Dreh' dich nicht um Und sieh nicht mehr
zurück, Und daran können
wir die Klugheit sehen, Und wir lassen dich
allein Und bleiben nah bei
dir Und lassen dich zu
deiner Sicherheit Zugrunde gehen Und von uns, das
schwören wir, Greift keiner
ein." |
Dann gaben sie mir
ein Papier, Das war nicht
auszufüllen, wie ich dachte, Sondern
durchzustreichen, Und ich las es
aufgelistet, Was mich meine
Klugheit kosten würde, Und ich hatte viel,
viel zu verlieren Und erinnerte mich
gut, Und das Papier war
eng beschrieben, Und ich strich
geduldig alles Auf den ersten
Seiten durch. Es waren meine
ersten Seiten, Dann wurd' mir die
Zeit zu knapp, Und ich riss alles
durch Und warf die Fetzen
nicht zu Boden, Sondern übergab sie
dem Behälter Und stand auf Und war nicht klug
genug Und ging nach
Hause, Meine Klugheit zu
besuchen. |
Sie war die Frau
von ihm, Und er war wegen
seiner Wissenschaft Dozent. Es war ein langer
Weg dorthin gewesen, Und am Anfang War sie wenig
intressiert an ihm, Dann konnte er sich
so qualifizieren, Dass sie auf ihn
sah Und übersah den
Mann nicht mehr, Und er war auf dem
Weg zu ihr, Und ihre Bahn wurd'
nun zu seiner Bahn, Und ihre Fädelei Wurd' ihm zu Faden, Und er war ihr
Mann, Und sie war, wegen
ihrer Klugheit, Seine Frau Und hatte auch
studiert. Und übermäßig
liebten sie sich nicht, Und später sollte
sie einmal, Da schoss sie über
jedes Maß Vertraulichkeit
hinaus, Zu ihrer Freundin, Die sich nicht als
ihre Freundin fühlte, Fast ließ sie sich
dabei gehen, Später sollte sie
einmal zu ihr bemerken: "Könntest du
den Mann, mit dem du lebst, Im Monat öfter als
einmal ertragen? Mir wär' das zu
viel." |
Und zugegeben litt
die Freundin, Die ja keine
Freundin war Ein wenig unter dem
Zuviel, Und lachte über
diese Frau Und dachte auch
sekundenlang, Dass ein Zuviel,
auch wenn es zu viel wäre, Einer
Dauerschweißung glich, Die glühte
wenigstens nicht aus Und kühlt sich
nicht zu Grunde, Und sie hüllte sich
mit ihrer Antwort In ein Schweigen,
als sie sprach: "Ich weiß nur,
wie es bei mir ist Und ich werd' nicht
gefragt Und frag' auch
nicht." Die Frau goss ihre
Klugheit, Die sie pflegte und
zur Blüte trieb, Auf die Familie,
die sie sehr schnell gründete, Mit Eifer aus, Und überall
erreichten sie und ihre Lieben Mit dem Fleiß Und mit dem Wissen
um die Gründe Ihre Gründe, Und sie lud die
Mutter ihres Mannes, Als sie Hilfe
brauchte, wegen ihrer Kinder, In ihr Haus Und ließ sie sich
im Haus bewegen, Und ging außer Haus Und war sehr stolz Auf ihre Liebe zur
Verwandtschaft, |
Und sie wollte nun
Verwandtschaftspflege treiben, Und war stolz auf
sich, Weil sie der Frau Den ganzen Tag den
Ganztag überließ, Und kam am Abend
spät nach Haus' Und fragte die
Gewohnheit ab, Da konnte nichts
passieren Und betrat mit
einem Schritt, Den zögerte sie
noch hinaus, so lang' es ging, Das Heiligtum, das
Blank der Küche, Das war ungemacht Und vollgestopft
mit der Benutzung einer Werkstatt, Und sie schrie im
Augenblick des Anblickes auf Und ließ den
Wahnsinn in ihr Haus, Der machte sie zu
einer Vorbestraften. Und ein Weinkrampf
griff nach ihr Und riss die
Schultern aus, Dass ihr die Sprache Bis weit in die
Nacht hinein versagte, Dann erst stellte
sich Die Klarheit der
Gedanken wieder ein, Und diese Strafe
traf sie ungerecht Und gar nicht
vorbereitet, Und sie würde
niemals wieder Etwas mit sich
machen, Was sie andren
überließ. |
Er hatte eine kluge
Frau, Und eine kluge Frau
ist eine Doppelfrau, Die lebt mit zwei
Gesichtern, Und sie zeigte ihm
nur das Gesicht, Das er verstand, Und niemals das
Gesicht mit dem Sie zu ihm sprach,
das sie verstand. Und wenn sie mit
ihm sprach, Sprach ihr Gesicht
mit ihm, Und innerlich
verfolgte sie, Wie er auf das
Gesagte reagierte, Und sie steuerte
mit kleinen Wünschen, Kleinen Freiheiten,
die sie ihm überließ Und in ihm weckte, Alles dorthin, wo
sie es gern' hätte, Und man sagte über ihn; "Er ist in
seinem Hause König“, Und sie sagte auch: "Wir leben so
mit ihm Und richten uns
nach ihm Und überleben so
mit ihm," Und übertrieb dabei
ein wenig, Und sie dachte dann
für sich 'Zum Glück bin ich
die Klügere, Und wenn er sich
nicht lenken lässt, Hab' ich die
Schuld, Weil ich ihn nicht
bedachte Und nicht daran
dachte, wie er ist.' |
Und viel, viel
Arbeit hatte sie Von der
Geschicklichkeit mit sich Und ihrer
Ungeschicklichkeit, Die manchmal auf
ihn fiel, Dann ließ sie ihn
schnell frei Und schickte ihn in
eine Wichtigkeit, Die konnte er nicht
nachvollziehn. Sie fragte ihn, Wenn er aus einer
Freiheit kam, Und fragte niemals
nach Und niemals gleich
danach Und wartete, dass
er zu ihr davon Von ganz alleine
sprach. Das dauerte ihr
manchmal viel zu lange, Und sie dachte auch
an ihren Schutz Und wollte gar
nicht alles wissen, Und sie dachte
auch, Es wäre wieder ihre
Schuld, Wenn er mit einer
Schuld nach Hause käm. |
Er sprach im Traum, Das war ihr zu
gefährlich Als die Tür zu
andren Türen, Und sie wagte nicht
ihn auszufragen, Und sie wäre
manchmal gern' Die Träumerin in
seinem Traum gewesen, Und der Traum war
nicht ihr Eigentum, Das gab sie zu, Und las auch seine
Post erst, Wenn er sie ihr
überließ Und hoffte, das war
wirklich klug, Dass ihr der Zufall Schlimme Dinge
vorenthielte Und sie ihr nicht
in die Hände spielte, Und er sah, Wie sie sich mit
der Klugheit mühte Und verbarg ihr
wenig, Und es war kaum
etwas zu verbergen, Und, weil er es
sah, Sah er auch sich Und gratulierte
sich zu seiner Klugheit, Eine kluge Frau Im Haus' zu haben. |
Sie war als alte
Frau zu alt Und auch zu krank Und hatte Kinder, "Die", so
würden Kinder sagen, "Sind doch
auch schon alt", Und denen klagte sie
ihr Leiden Und beschwerte sich Und jammerte herum, Und sie ging
wirklich krumm, Und die Gelenke
ihrer Hände, ihrer Beine Waren runde Kugeln, Die nach außen
standen, Und sie hatte ihre
Schmerzen überall, Und sagte so von
sich: "Wenn ich mich
in dem Spiegel seh, Seh ich, Dass ich so krumm
geh' wie ein altes Weib,“ Und ihre Kinder
lachten über sie, Dass sie das alles
nicht begriff, Und Kinder würden Von den Kindern
dieser Alten sagen: "Die sind
selbst schon alt Und gehen krumm, Und keines ihrer Kinder
ist so jung, Dass es die alte
Frau verlachen dürfte, Und die passen gut
zusammen." |
Und die Alte gab
kein Geld Für ihre Leiden
aus, Und ihre Kinder
hatten eine Last mit ihr Und hätten sie
schon längst Der Anstalt
überlassen, Und das täten sie
sofort mit ihr, Wenn sie nicht
wüssten, Dass die Alte viel,
viel Geld Zu hinterlassen
hätte, Und das fiele alles
einer Anstalt In die Hände, Und die Kinder
rieten ihr nicht gut Und dachten an ein
Ende. Und die Alte hätte
gern' ein Ende, Und sie gab den Kindern
nichts, Sie wusste auch
warum Und drohte mit der
Anstalt, Wo es ihr
vielleicht in ihrem Zustand Besser ginge, Und sie gab es
nicht vor sich Und vor den andren
zu Und schwieg auch
über die genaue Summe, Die sie hatte, Und die Kinder
klebten mit dem Telefon An ihrem Leiden Und sie klebte
wegen ihrer Leiden An dem Telefon, Sie ließen sich
nicht aus den Händen Und nicht aus den
Augen, Und die Alte dachte
schlecht Von ihren Kindern, Weil sie sah wie
schlecht die waren. |
Und die Kinder
dachten schlecht von ihr Und dachten an das
Gute, das sie hatte, Und es dachten ihre
Kinder Und die Alte, Dass es eine Lösung
wär', Stürb einer schon
vorher. Das dachte jeder
von dem anderen Und rechnete in
Lebensjahren, Die vielleicht noch
waren, Und sie teilten die
Gerechtigkeit Für sich mit neuen
Zahlen aus, Die hätte sich am
Ende Auszuzahlen. |
Er lebte in der
Nähe des Kometen, Und er hatte dort
den Arbeitsplatz, Und zog mit ihm Und wusste, streng
genommen , wenig über ihn, Und so, in seiner
Nähe, War er kaum zu
sehen. Und er lebte im
Kometenschweif, Der war nur eine
Lichtanhäufung, Die sich in die
Länge zog Und endlos dehnte Und in ständiger
Veränderung befand. Er sollte und er
wollte ihn erforschen, Und man forscht, Wenn man an dem
Kometen forscht, Ein Leben lang an
ihm, Und das ist eine
kurze Zeit, Weil es im Leben
des Kometen gar nichts ist. Es ist nicht einmal
so, Als sähen wir auf
einer Gehwegplatte Die Ameise huschen. |
Viel, viel weniger
ist das Erforschen Des Kometen, Und man ist nie an
der rechten Stelle, Nie zur rechten
Zeit, Weil er ein
unberechenbares Schleierleben Führt, Das ist, Obwohl die Bahn
genau beschrieben ist, Dem Zufall
unbekannter Schwerefelder Völlig überlassen, Und der Forscher
kann nicht wissen, Was es zu
erforschen gibt. Sehr einsam ist der
Forscher, Der dort forscht Und nichts
erforscht, Weil auch das Leben
des Kometen Der Erforschung
wert ist, Und wie soll man
die Veränderung, Die sich nicht
ändert, je begreifen. |
Der Kometenschweif ist
zu vergleichen Mit den
Lichtausschweifungen, Wie wir sie von den
Polen unsrer Erde kennen, Wenn die Sonne sich
nicht zeigt; Und durch das Hirn
des Forschers Schießt aus
unverständlicher Verbindung Immer wieder ein
Geräusch, Das ist der
morgendliche Schrei der Krähe, Wenn sie durch die
Kaltluft zieht Und wenn sie sich
vom Ast des Baumes Dreimal oder
viermal Schreiend, fast zu
weit, Mit ihrem Kopf zur
Erde neigt Und doch nicht
fällt. Dies ist sein
wahres Forschen, Sein Objekt, Und festgesetzt hat
sich in ihm Die Neugier nach
dem Tier, Und jeden Urlaub, Der ihn in die
Heimat führt, Das ist die ganze
Erde, ohne Unterschied, Reist er in eine
Gegend, Wo es Krähen gibt, Vereinzelt und in
Scharen, Und am meisten
intressiert ihn ihre Sprache, Und hier draußen,
in der Einsamkeit, Denkt er im Grunde
pausenlos An die Erforschung
des Geschreis der Krähen. |
Sie saß an einem
andren Tisch In der Kantine, Die lag tief im
Rathaus, Und ihr
jugendliches Aussehn, Ihre blasse Farbe, Ihre zarte Schüchternheit, Lag ohne, dass sie
Essen vor sich hatte, Zum Verzehr im
Raum, Sie war ein
Taubentier, das saß ganz still Und hielt die Augen
offen Und war nicht im
Raum, Sie war hier nur
gehalten, eingefangen. Und sie säße lieber
auf dem Dach, Dort hätte sie die
kleine Freiheit, Die sie brauchte. |
Alles schien in
Anspruchslosigkeit Und einer
Hoffnungslosigkeit, In eine Traurigkeit
zu münden. Und es saß die
Ältere an ihrer Seite, Die aß viel und
redete dazwischen, Und die forderte
das Mädchen auf, Das lächelte in
Artigkeit Und pickte mit dem
Kopf aus seinem Trinken, Dann strich es die
langen Haare Mit den langen,
schmalen Händen in den Nacken, Und es waren
Flugbewegungen, Die sich im Sitzen
machen ließen, Ohne aufzusteigen, Und es war bestimmt
beringt Mit tausend
Höflichkeiten und Entschuldigungen Und entschuldigte
sich für sich selbst Vielleicht vor
sich. |
Die Mittagszeit in
der Kantine Ist die Illusion
von einer Essbarkeit All dessen, was
gemacht wird, Was zu machen ist, Was andre machen Und man selber
macht, Und diese Illusion
an sich Ist wieder eine
Essbarkeit, Die ist für manche
keine Speise, Und sie übergeben
sich dabei Und hüten sich mit
angeborner Sicherheit davor, Die kann man nicht
erklären, Und sie hinterlässt
die Übelkeit Und die
Unsicherheit Die überträgt sich
als ein kalter Wind Auf ihren Leib Und alles, was der
darin hütet. |
Sie kam zurück aus
dem Entwicklungsland. Man gab ihr, ihr zu
Ehren, den Empfang, Und zwei von denen, Die mit ihr im
Ausland waren, Waren tot. Sie fehlten dort
und hier Und brachten
doppelt Not. Aus ihrem Kopf floh
keiner der Gedanken An die Überfälle, An die Jagd auf
Menschen, An die Notwehr Und die
Rücksichtslosigkeit, Und was sie sich am
Anfang ihrer Reise Von dem Land
erhoffte, traf nicht ein. Dort herrschte
Krieg, der war nicht offiziell, Und keiner kannte
ihre Ärmelzeichen, Die sie schützen
sollten, Und die anderen, Die vor ihr
angekommen waren, Und schon bis zum
Ellenbogen In den Menschen
gruben, Die als Ärzte
hoffnungslos versagen mussten, Weil sie nicht
versagen durften, Weil sie ganz
allein die Hilfe waren, Diese anderen
erschraken, Als sie eine Tasche
öffnete, In der noch Ordnung
übrig war, Und sie erschraken, Als sie eine
Zeitschrift zeigte. |
Darin warb man für
den Lippenstift Und Kleidung Und für frische
Luft Und laue Stimmung, Man erschrak, Weil man es ganz
vergessen hatte, Dass es Länder gab,
in denen gab es diese Dinge Auch in einer
Wirklichkeit, Die war für die
nicht wirklich. Und es kam der
erste Überfall, Den machte sie
schon mit, Und Helfer, die sie
hatten, halfen ihnen, Weil sie um die
Hilfe wussten, Die sie von den
Helfern hatten, Und sie rettete den
Autoschlüssel, Der war nur
versehentlich dabei, Das Auto stand
daheim Auf einem andren
Kontinent In einer
Tiefgarage. |
Nach dem Überfall
ging jeder an die Arbeit, Und man musste ihr
die Arbeit Nicht erst zeigen, Sie war Ärztin wie
die anderen, Und ihre Tasche,
ihre Kleider, Ja, sie selbst, sah
nicht mehr aus Wie noch vor einer
Stunde, Und die Zeitschrift
lag nun auf dem Boden Und war
aufgeschlagen Und sie sah die
Werbung, die blieb ganz in sich, Es war der
Schrecken von vorhin, Der holte sie für
sich Noch einmal ein. Hier gab man ihr zu
Ehren, den Empfang Und war sehr rücksichtsvoll
mit ihr, Und einen ersten
Tanz mit ihrem Vater Nahm sie an Und weinte bis zur
Mitte der Musik Auf seiner
Schulter, Dann gab er sie ab
an einen jungen Mann, Mit dem war sie
verlobt, Das galt noch
immer, Und sie konnte sich
nicht mehr daran erinnern, Und sie würde das
Versprechen lösen, Wenn sie sich ein
wenig wieder Eingebunden hätte. |
In der Schule gab
es einen Tanz, Den tanzten Eltern,
Lehrer, Kinder, Wenn es hieß: "Wir wollen
alle tanzen", Und den führte eine
Lehrerin, Und alle schlossen
sich ihr an Und bildeten die
lange Schlange, Und es war ein
Schulfest Und ein Kinderfest. Und an der Schule
gab es nur noch eine Unterstufe, Und die Kinder
waren klein Und leicht zu
lenken, Jedenfalls an
diesem Fest, Und sonst gab es
die Schwierigkeiten, Die dann später bei
den Schülern Zur Erinnerung an
ihre Schule Und an ihre Lehrer
auskristallisierten Und sich
modellieren ließen. |
Auf den Festen
führte eine Lehrerin den Tanz, So war es üblich, Und auf diesem Fest
griff sich die Lehrerin Aus Spaß und
Übermut die Kleinste, Die dort stand und
rief ihr zu: "Du führst uns
alle an Und denk' daran,
wir werden eine lange Schlange". Und die Kleine sah
die große Möglichkeit, Und lange wurde man
von ihr, der Kleinen, reden, Und sie gab den
Einsatz, Und es hängten sich
die Schüler, Eltern,
Lehrer, Kinder, die als
Gäste in der Schule waren, An das Kind, Das führte alle gut Und lauschte stets
auf die Musik, Dass sie ihr nicht
verloren ging. |
Und ließ die Türen
auf Und ging vorbei an
allen Spielen Dieses Tages Und vorbei an einer
"Goldsandwaschanlage", Die war nur für
Kinder Und war heut' das
Allergrößte, Darin lagen, in dem
Sand versteckt, Die Steine, die mit
Gold besprüht, Zum Goldstein
wurden, Und die musste man
im Sand entdecken, Und vorbei an allen
Lieblingsplätzen, Und sie dachte
immer an die Schlange, Dass sie nicht
zerriss. Sie machte ihre
Sache schließlich besser, Als die Lehrerinnen All die Zeit zuvor Und alle staunten
über ihr Gefühl Für die Musik Und für die
Schlange, Und man sprach auch
noch Zuhause Von dem kleinen
Mädchen, Und man rätselte in
dem Kollegium, Was aus dem Kind
mit der Begabung Und mit dem
Naturtalent Noch alles werden
könnte. |
Sie tanzten in der
Meisterschaft Als Paar auf
schwarzem Eis Und waren in der
Meisterschaft Und brauchten darum
nicht zu tanzen, Und sie waren nun
die Meister aller Meister, Und sie hatten die
Gelegenheit Den Tanz zu tanzen, Der wurd' nicht
bewertet Und erhielt die
höchste Wertung überhaupt. Und in der Halle,
um die Eisbahn, Saßen viele tausend
Menschen, Und die froren
nicht Und schwiegen sich
im Fieber an, Und in den Ländern, Wohin man das
Schauspiel übertrug, Erwarteten
Millionen, Die viel näher saßen,
als die Menschen in der Nähe, Diese wenigen
Minuten, Und der Tanz begann
mit einem Aufschwung, Der die Tänzerin
als Feder In die Arme ihres
Tänzers hob, Und die
Geschwindigkeit der Gleitenden Nahm zu. Das konnte man sich
nicht erklären, Und man wusste
auch, Dass jede
Leichtigkeit Die größte
Schwierigkeit bedeutete. Sie glitten weiter
übers Eis Und machten die
Musik Zum Ausdruck ihres
Tanzes, Und sie wurden
eins, Und trennten sich Und blieben
ungetrennt Und blieben
unzertrennlich, Und sie kamen eng zusammen, Dass sie ineinander
liefen, Und sie stießen
sich, das sah man, voneinander ab Und hielten sich
ganz fest an ihren Händen. |
Und der Widerspruch
in ihrem Tanz War die Vollendung, Die verstand man
ohne die Musik, Und die verstand
man als die Reihe Schneller Bilder, Die sich aneinander
reihten, Jedes Bild erlebte
sich und wurde mitgeteilt, Und jedes Bild war
ein Erlebnis, Das war nicht zu
teilen, Weil die
Schwierigkeit verloren ging, Und übrig blieb die
ganze Leichtigkeit, Die machte man sich
leicht zu eigen. Und die beiden
tanzten durcheinander, Und er ließ sie
fallen, Und sie schlug
nicht auf, Und eine große
Zärtlichkeit, Wie man sie nur
sich selber bringen konnte, Machten sie zum
Spiel, Das spielte sich
nicht auf, Das übertrug sich
auf die Leute, Und es wurde in den
fünf Minuten dieses Tanzes Eine unerfüllte
Ewigkeit, Die ließ man ungern
frei, Und die zwei taten
es nun doch Und machten einen
kühnen Schritt, Den hatte man noch
nie gesehen, Und sie glitt mit
ihm verschmolzen Über Kopf auf seinen
Händen stehend, Dass die
Leidenschaft auf sie hernieder brach, Und einige, die das
empfanden, Stöhnten auf im
Schmerz, Den konnten sie
nicht spüren. |
Und der Tänzer und
die Tänzerin Verlangten ihren
Körper ganz, Und die Musik
verlangte mehr von ihnen, Und sie schlang den
Leib um seine Beine, Und sie hielt sich
daran fest, So tief es ging, Und glitt nicht auf
dem Eis Und stützte sich
als Menschenring Auf seinen Füßen
ab. Und beide glitten
so, An sich Mit sich Um sich gefesselt, Als Gefesselte, Die konnten sich
nicht voneinander trennen, Und die Menschen
klatschten nicht, Weil sie gefesselt
waren, Und man hatte die
Musik schon ausgeblendet, Und es war ein
Blendwerk Höchster Kunst, Das wollte man mit
Beifall nicht zerstören, Und die Tänzer
glitten Auf den Ausgang zu, Der wurde nun zum
Eingang, Dort erst brach das
Schweigen Der Verzauberung
von den Verzauberten. |
Die Tür, die nicht ins Freie führt
Sie dachte auch, Sie müsste nun ihr
Kind verkaufen, Nicht, wie man ein
Kind verkauft, Wenn man es kauft. Die Tochter war
schon groß, Und ihre Mutter war
besorgt. Die Tochter ließ
nicht Über sich bestimmen Und bestimmte
selber über sich Und dachte auch, Dass sie sich bald
verkaufen müsste, Nicht, wie sich die
Frau verkauft., Die man sich kauft, Und ihre Jugend
ließ schon nach, Und andre Werte
mussten sie ersetzen. Und sie hatte den
Erfolg, Der lief ihr in
Geschäften nach Und war ein Wert, Der war in
Liebesdingen gar nichts wert, Und Liebesdinge
ohne Wert Bewertete sie
plötzlich hoch Und gab sich
leichter, schneller hin Als früher, Und die Mutter
dachte an das Glück der Tochter, Das sie ihr
beschrieb, Die lachte über
ihre Mutter Und verbot ihr, Sich ins Glück der
Tochter einzumischen. |
Und sie reiste einem
Mann, Den kannte sie erst
kurze Zeit, Von einer Weltstadt
in die andre nach Und müsste, Wenn sie bleiben
wollte, Den Erfolg
verkaufen. Und er fand es gut, Wenn sie sich nicht
verkaufte Und verlangte viel
von ihr, Denn sie war auch
bereit, Sich an ihm
aufzugeben, Und wenn der Erfolg
sie lassen würde, Könnte sie sich um
die Dinge kümmern, Die sie selbst
betrafen, Und sie dachte an
Familie Und an
Häuslichkeit, Und alles konnte
sie nicht retten Und entschied sich
nicht, Um sich nicht zu
entscheiden, Und er dachte, dass
sie sich entschieden hätte, Und sie zog ihm
nach Und reiste mit mit
ihm Und ließ sich vom
Erfolg begleiten, Der erwies sich als
ein schlechter Wert. |
Und eine andre
stille Frau, Von der er heimlich
Post empfing, Band ihn an sich Und war ihm gar
nicht fern Und gab ihn dabei
immer wieder auf Und hatte schon von
ihm Familie Und bereitete ihm
Häuslichkeit, Wenn er nach Hause
kam. Die beiden Frauen Hatten nie von sich
gehört Und wussten
voneinander nichts Und würden, Wenn es weiter so
gut ginge, Nie von sich
erfahren. |
Sie liebte ihren
Mann Und hatte ihn sich
ausgesucht Und hatte Glück
gehabt Und ihn bekommen, Und er hatte erst
die Andere, Dann war sie wie
die Andere, Dann war sie anders
als die Andere, Dann war sie selbst
die Andere, Dann war sie anders
und sie selbst. Das hatte sie sich
aufgebaut, Und heute wusste
sie, Dass sie den
konstruierten Mann Als Konstruktion
erhalten hatte, Und sie hatte ihn
um sich Vielleicht auch
sich um ihn geschaffen, Heute wusste sie, Dass sie die
Konstruktion nicht liebte. |
Und sie liebte
einen andren Mann, Der wusste davon
nichts, Der würde sie nie
lieben können, Und sie war ja eine
große Frau, Die überragte ihn, Das nahm ihr jede
Illusion, Und neben ihm lag eine
andre Frau, Und beide drehten
sich als Doppelstern Um eine unsichtbare
Mitte, Darin war kein
Platz Für einen Dritten, Und sie liebte ihn, Wenn sie in seiner
Nähe war, Bis hin zur
Selbstaufgabe, Und sie brach um
seinetwillen Die Gespräche ab Und sah ihn an Und sprach in Ruhe
weiter ohne jeden Sinn, Der war ganz auf
den Mann gerichtet. Und sie wurde vor
ihm klein Und würde gut in
seine Arme passen, Und sie sprach mit
anderen dabei Und malte sich die
Einzelheiten aus. |
Und er war immer mit
den anderen beschäftigt, Und sie klebte ihre
Blicke fest an ihn, So konnte er ihr
nicht entkommen, Und sie schrie mit
ihrem Innenmund So laut sie konnte, Rief nach ihm Und sie sei nur für
ihn Und dachte auch,
mein Gott, Ich habe doch schon
Kinder, Und sie fing ihn
ein. Er ließ sich
irritieren, Und sie dachte
sich, Nun merkt er
endlich, was ich will, Und er schlug, dass
sie es nicht sah, Die Augen nieder, Und er dachte, was
sie dachte, Und sie wäre eine
Frau Aus andrer Hand, Die würde er
niemals berühren, Und er schämte
sich, Dass er ihr die
Gedanken unterstellte. |
Neben mir Saß ihre Freundin Und die rief sie
an. Sie sprach mit ihr Und neben mir war
das Gespräch. Sie sprachen über
mich, Und dass ich es nicht
hören durfte Und ich hörte auch
nicht hin. Die Freundin kam
nachher zu mir Und sagte gleich, Dass sie
versprochen habe, Mir von ihr nichts
zu erzählen, Und es sei
belanglos Und nur eine
Kleinigkeit, Sie wüsste ja Dass wir uns fast
ein Jahr Schon nicht mehr
sehen Und uns nicht mehr
sprechen, Uns nicht sehen und
nicht sprechen durften, Und das käme nur
von mir, Und sie, von der
sie sprach, Sah es nicht ein Und richtete sich
nur danach, Weil sie erhoffte,
dass sie mich, Wenn sie in meinem Sinne
still hielt, Dass sie mich in
meiner Unnachgiebigkeit Bezwingen würde. |
Und sie war in
ihrer Liebe sicher, Und von mir war
ihr, Was sie sich nehmen
konnte, Ohne dass ich es
verwehren konnte, Reichlich, Und ich würde ihr,
so glaubte sei, Wenn ich Gelegenheit
bekäme, Freiwillig die
Liebe bringen. Und ich stünde der
Gelegenheit entgegen Und so sprach sie
mit der Freundin, Und die sprach mit
mir, Sie sprach so über
ihre Freundin doch mit mir, Und die sprach gut
zu mir Und sah, dass ich
die Liebe Für sie hegte, Und ich war nicht
frei davon Und gab es vor ihr
zu Und gab der
Freundin recht, Doch nicht vor ihr, Das würde sie ihr
wohl berichten, Und dass sie mit
mir gesprochen habe, Und ich wär für
diese Liebe gar nicht frei Und hätte meine
Freiheit zu verlieren. |
Und sie sagte auch
zu mir, Dass sie ihr sagen
würde, Wie mich jeder
Anruf quälte Und ich bat die
Freundin trotzdem Mich nicht
auszulassen, Und der Anruf
heute, sagte sie, Sei eine
Kleinigkeit gewesen, Ihre Freundin habe
einen freien Nachmittag So habe die ihr
mitgeteilt, Und sei alleine auf
dem Eis. Ich wusste also wo
sie war und wann Und fuhr auf meinem
Heimweg, Spät am Abend nah
daran vorbei, Und quälte mich am
Nachmittag Mit meinem Wissen Und sah aus dem
Fenster auf die Leute, Und es war ein
völlig falscher Platz, Und ich nahm mir
nicht frei Und kämpfte weiter
meinen Kampf Und gab mir noch
nicht nach. |
Wie gingen auf ein
Fest, Das war gut
vorbereitet, Und die Hausfrau hatte
alles vorbereitet, Und es war nichts
vorbereitet, Und sie brachte
eine kümmerliche Speise, Darauf war sie
stolz, Und die Gespräche
gingen um die Gräser Immer gleicher
Wiesen, Die in ihrer Nähe
lagen, Und darüber lag nun
Schnee. Man sprach noch vom
Verfall der Preise, Dann vom Alter, Vom Verfall der
Häuser Und den Häusern,
die man selber hatte Und die immer
leerer wurden, Und in diesen
Häusern wuchsen Viele Räume leer. Und ich wollte aus
der Eigenarbeit lesen Und war gar nicht
vorbereitet, Und es fragte
niemand mehr danach, Und zählte die
Tapetenmuster, Die sich
wiederholten, Stellte in Gedanken
alle Möbel auf den Kopf Und baute daraus
Höhlen, Die in diese
Landschaft passten, Und ich zählte alle
Dielenbretter, Und man unterbrach
mich, Und ich stimmte zu Und hatte dabei
Glück. |
Ich hatte mich gut
vorbereitet, Dann trank ich aus
dem Wasser, Das stand mir
direkt am Mund Und dachte an ein
Königshaus, Das machte eine
Feuerübung auf dem Schloss. Die Königlichen,
die dort wohnten, Freuten sich Auf diese
Unterbrechung, Und es gab kein
Feuer, Und man übte diese
Übung, Weil es eine Übung
war, Die konnte sehr
schnell wahr sein, Und nur eine Frau, Die Schwester
dieser Königin, Verlachte dieses
Feuer, das kein Feuer war. |
Die andren nahmen alles
ernst, Und drängten sie, Aus der Gefahr zu
fliehen, Und es war umsonst, Und sie
entschlossen sich zuletzt, Sie ihrem Schicksal
und dem Feuer, Wie sie war, zu
überlassen, Und man gab die
Rettung auf, Sie durfte, Wo sie war,
verbrennen, Und die andren lebten
alle in der Rettung Und im Überleben, Und es war ein
neues Wertgefühl, Das, sagte die
Verbrannte, Wäre gar nichts
wert, Sie sollten alle
erst einmal verbrennen Und dann überleben, So wie sie, Dann könnten sie
von einer Rettung reden, Und die andren lachten
über sie, Es sei Geschwätz
aus königlichem Mund. Das Fest, So sagte man auch
hinterher zu mir, Sei sehr gut
vorbereitet. |
Einen Zettel fand
ich gleich bei meiner Suche, Darauf las ich den
Termin beim Arzt Und einen anderen
Termin Zur Probe meines
Chores. In der Tasche lagen
andere Termine, Die schon lange
nicht mehr galten, Und ich hatte sie
verpasst. Vom Keller her kam
unerwartet Ein Geräusch, Das riss mich aus
den Überlegungen, Und ich erschrak so
tief, Weil ich nicht an
die andren dachte. Meine Frau stand
auf der Treppe, Und die kannte mich Und hatte das
Geräusch gemacht, Dass ich mich nicht
erschrak, Wenn sie erscheinen
wurde. Zwischendurch fiel
mir ein halber Sinn, Ein Wort, das ich
noch nicht verstanden hatte, ein, Das schrieb ich auf Und legte es auf
die Termine, Die verschoben sich
dadurch, Ich dachte an die
großen Bilder einer
Werbung, Die um gar nichts
warben, Und man wartete
gespannt. |
Die Werbung zeigten
einen Eisberg, der im Eismeer Völlig einsam
schwamm, Und über ihm sah
man die Silhouette Eines Flugzeugs, Das, erkannte man
sofort; Befand sich auf dem
Irrflug, Und ich wusste
nicht, Woran ich es
erkannte. Und das Bild ließ
mich nicht los, Und wenige Sekunden
später, Dachte ich an unsre
Postbotin, Die trug nicht mehr
die graue Kleidung Grauer Boten, Sondern trug, was
ihr gefiel, Und damit fiel sie
auf, Weil sie die
Fingernägel schwarz lackierte, Ihr Gesicht mit
grellen Farben färbte, Ihre Kleidung stahl
sie aus den Pop-Gemälden, Die in dem Museum
hingen, Dorthin kam sie
nie, Und ihr Empfinden
hatte sie nicht aus der Kunst Und hatte eine
weiße Haut Und war nun schon
das dritte Mal Von einem schwarzen
Manne schwanger, Der war völlig
farblos, Und sie liebte ihn, Und sie bestimmte
über ihn, Und er tat alles,
um ihr zu gefallen. |
Und ich dachte an
die jungen Leute, Die in der
Verachtung Und in
Selbstgefälligkeit An einer Straße
lagen Und mit zwei
dressierten Ratten spielten, Und ich ging nun
endlich los Und kam vorbei an
dem Plakat, Traf auf die
Postbotin Und überquerte jene
Straße mit den jungen Leuten, Und mir fehlte
immer noch Der andre halbe
Sinn, Der stellte sich
nicht ein. |
In der Frühe dieses
Morgens Fuhr ich noch im
Zug Und hatte eine
ganze Nacht darin Mit Reisen
zugebracht, Die führten durch
ein fremdes Land, Und am Geschrei der
Möwen, Die schon in den
Wagenfenstern standen, Hörte ich das nahe
Meer zuerst. Die Schienen liefen
durch das seichte Wasser, Durch ein grünes
Glas, Das lebte an der
Oberfläche, Liefen als ein
Reißverschluss der Irrealität Uns nach. Es war ein
Reißverschluss, der sollte Wahrnehmung der
Sinne mit den Sinnen dieser
Wahrnehmung verbinden Und in der
Verbindung auseinanderreißen, Und dazwischen
stand der Schrei der Möwen, Der hielt sich an
gar nichts fest Und fiel aufs
Wasser Und ertrank darin. Die Wasser
schrieben in den kleinen Wellen Eine Schrift, die
konnte ich nicht lesen, Und ich rätselte
trotzdem herum Und sah durch sie
hindurch Auf einen hellen
Sand, Der war wie sie beschriftet. |
Und ich las darin
nun unsre Fahrgeräusche Und ich rundete den
Mund Und hielt ihn in
den Fahrtwind, Und der sang auf
ihm und klang in mir Und machte mich zu
seiner Resonanz, Und meine Augen
sammelten dabei vom Horizont Die Sonnenperlen
ein, Die fielen dort ins
Wasser, Und es war ein
Feuerwerk Das nicht zu hören
war Und trotzdem war es
nicht zu überhören. Und der Abstand
zwischen Land und Sandbank War gleich groß, Der Abstand
zwischen mir Und dieser leeren
Weite, fast schon unermesslich, Und ich war darin
im Nachteil. Ich versuchte
alles, mich zurechtzufinden, Und ich sang ein
Lied, das sich ergab, Und dachte, so
ergeben sich die Liebesspiele, Die sich nicht
erzwingen lassen Und die sich, Weil sie die Liebe
zeigen, Von alleine zeigen, Und sie brauchen
keine Lehrer, Und sie sind ein
Spiel, Das spielt man mit
sich selbst am anderen Und umgekehrt. |
Und ich war Wind Und war im Wind Und war am Horizont Und an der Sonne Und im Wasser Und im Sand Und auf der
Sandbank Und in jedem der
Geräusche, Und das alles war
an mir In mir Und teilte sich mit
mir, Mir mit, Und Wahrnehmung Wurd' mir zur
Wahrgenommenheit, Und meine Sinne
spürten eine Sinnlichkeit. Der Raum dort
draußen Schuf sich eine
Räumlichkeit in mir, Und später würde ich
die Augenblicke Nicht beschreiben
können, Und sie würden
unbeschreiblich bleiben, Und ich müsste mich
sofort als Raum, Der zwischen Räumen
lag, Beschreiben. |
ISBN 9783746098005