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Mann aus Blech und Plastikfrau
Ein dramatisches Bühnenstück in
drei Akten
Glaube - Liebe – Hoffnung
Harald Birgfeld
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Ein dramatisches
Bühnenstück in drei Akten
Glaube - Liebe –
Hoffnung
Harald Birgfeld
Copyright 2019 beim Autor, Harald Birgfeld, alle Rechte vorbehalten.
Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne schriftliche Erlaubnis des
Herausgebers, Harald Birgfeld, reproduziert werden. Das gilt insbesondere für
Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verfilmung und Einspeicherung sowie
Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Herausgeber, Autor,
Redakteur: Harald Birgfeld, e-mail:. Harald.Birgfeld@t-online.de
© 2019
In dem Stück kommen vor:
Ein Ehepaar Ein anderes Ehepaar Eine Freundin Jugendliche Eine dressierte Ratte Ein schwuler Postbote Rezeption, Bedienung |
Er1 Sie1 Sie2 Er2 Fr. JU. „Susi“ Post. Rez. |
Ein Mann aus Blech Seine Frau Eine Plastikfrau Ihr Mann Sehr aggressiv erst menschlich, dann unmenschlich |
Die Bilder in der Reihenfolge:
1.
Akt |
Kein
Triumph Begegnung
und Verwirrung Herausforderung Bedrängnis
und Befreiung Verlockung.
Ein Lied. Einsicht,
Angst, im Park |
2.
Akt |
Liebesgeständnis Kampf
um Wahrheiten Versteinerung Kampf
der Beutetiere Ein
Kartenhaus Erfolgloser
Bote |
3. Akt |
Auf
der Suche. Ein Lied. Ein
Kind? Trennung? Freundschaft? Männerliebe? Männerhass?
Oder Suche
nach der Freiheit? Befreiung
durch Zerstörung? Drei
Träume, Es
soll nicht sein Mord
auf Raten Mord
oder Hilfe zum Selbstmord |
1. Akt,
1. Bild, Kein Triumph
Monolog
Er
1: Meinetwegen könnte, könnte Jesus Weiblich sein. Ich hätte nichts dagegen. Was wär' einzuwenden? Seine Leiden, seine Wunden Würde ich nicht sehen wollen, Sondern den Verlauf des Frauenhaars, Das wäre lang und blond. Hätt' man den Kopf der Frau, als Jesus, kahlgeschoren, Würden meine Augen über ihren ganzen Körper fahren. Meine Augen brennten sich in ihre Züge ein. Sie wäre nach wie vor ans Kreuz geschlagen Und wär voller Leiden, Und für mich voll Leben. Diese Frau als Jesus wär' für mich alleine da. Sie wäre eine ganz besondere Besonderheit. Es wär' nicht sie die litte, sondern ich. Ich litte unter ihr. In ihrem Leib könnt' ich mich wahrhaft Wiederfinden. |
Sonst wär' sie vor meinen Augen Eine zarte Frau. Im Wesen zart , das würde Ausdruck haben. Ähnlich der Pieta Michelangelos, Der Mona Lisa Leonardos. Ja, ich weiß, es hört sich kitschig an. Trotzdem soll man nicht denken, Dass ich mir den Jesus weiblich wünsche, Das wär' falsch. Ich hätte nur dagegen gar nichts einzuwenden. Manchmal denke ich zum Beispiel, Jener Arzt, der mich behandelt, Wäre besser eine Frau. In der Beziehung hab' ich wenigstens an einer Stelle Glück gehabt, Denn jetzt bin ich bei einer Zahnärztin. Ich glaube, sie ist Polin. Sie behandelt mich, Ich meine nicht nur medizinisch, Sondern eigentlich die ganze Art Wie sie sich um mich kümmert, Wie sie mit mir umgeht, |
Also, sie behandelt mich, So, wie ich mich behandelt wünsche: Sie erweckt in mir ein prickelndes Gefühl. Es ist schwer zu beschreiben. So ein königliches Selbstgefühl ist es. Ich könnte mich ihr völlig überlassen. Ein Gefühl der Selbstauslieferung ist es. Sie weiß natürlich nichts davon. Ich
will es so erklären: Sie,
als meine Mörderin, Als
meine Mörderin an mir, Hätt'
leichtes Spiel. Ich
ließe mich von ihr, fast wie gelähmt, Zu
Tode quälen. Der
Gedanke kitzelt mich Und
schüttet eine Wohligkeit auf mich, Die
kann ich nur in Gegenwart von einer Frau Empfinden. Dabei
ist viel Träumerei, ich weiß, Und
trotzdem reicht der Schrecken des Erwachens, Der
dahinter steht, nicht aus, Mich
in die Wirklichkeit Zurückzuholen. |
Eine Gruppe von Frauen
tritt auf.
Alle legen sich auf
den Rücken und spreizen die Beine.
Sonnenlicht fällt in
ihre nackten Schenkel.
Er 1 Frauen haben eine Welt in ihren Händen,
Die ich nie begreifen
werde.
Diese Welt ist maßlos
fern von meiner.
Und je näher sie mir
steht,
Steht sie mir um so
weiter weg.
Ich kann zum Beispiel
diese Frauen nicht verstehen,
Die behaupten, dass
das Leben aus dem
Weltall kommt.
Sie warten so auf
Weltraumsperma.
Das soll sie befruchten.
Diese Frauen. gibt es
wirklich.
Wenn ich richtig
unterrichtet bin,
So wollen sie erst
Frauen werden,
Aber immerhin.
Das Weltraumsperma
soll in ihre Scheiden dringen.
Ist das Dummheit oder
was?
Die Frauen treten
wieder ab.
Er 1 Die Dummheit, wenn es Dummheit wäre,
Stört mich nicht,
Weil ich sie nicht
verstehe.
Nein, mich stört auch
nicht der Glauben ins Geschehen
Oder das Vertrauen auf
Unmöglichkeit.
Mich stört, so glaube
ich, an diesen Frauen,
Dass sie sich so ohne
weitres
Von den Männern wenden,
So, als gäbe es sie nicht.
Eine Nachbildung der
"Dinner Party" (verkleinert) wird hereingefahren.
(Künstlerin: Judy
Chicago) DINNER-PARTY, die riesige Festtafel
aus
Keramik, Porzellan und Textilarbeit, an der für 39 Frauen
gedeckt und an
weitere 999 mit Stickereien gedacht ist.
|
|
|
© Judy Chicago, The Dinner Party, Wikimedia Commons
Er 1:
Ein andres Beispiel für mein Unverständnis Zielt
auf eine Gruppe Künstlerinnen. Deren
Werk mag ich nicht sehen Und
nichts von ihm hören, Aber
es hat überrascht. Um
sich in dieser Männerwelt, Wie
sie bestimmt zu Recht behaupten, Durchzusetzen, Schufen
diese Frauen, einsam und gemeinsam, Ein
aus Ton gebranntes Kunstwerk: "Dinner
Party", Das
als "Fest der tausend Frauen" Namen
aller Frauen trägt, Von
denen man inzwischen weiß, Wie
stark sie waren Und
in fremder und in eigner Sache Kämpften
und verloren, Siegten
und gewannen. |
Dieses Kunstwerk hab'n die Frauen Rundherum mit Kacheln schönster Formen Ausgeschmückt Und damit einen Tisch gedeckt. Was mich nur daran stört, Was sie entblößt und das Intimste zeigt, Das eine Frau doch niemals ohne ihrer
selbst, Wenn überhaupt, Der Öffentlichkeit überlassen würde, ist, Dass diese Kacheln Als ein metergroßes Mosaik Entfremdeter Vaginen anzuschauen sind. Man "isst" aus ihnen. Das versteh' ich schon. |
Doch
bleibt mir dieses Kunstwerk unzugänglich, Fremd,
unnahbar, Und
der Zugang sollte doch natürlich sein. Mich
stört das ganz gewaltig. Andrerseits,
denk' ich, Ist dieses
Stören Absicht? Könnte sein! |
Die Nachbildung wird
hinausgefahren.
Er 1 Wenn ich schon beim Gestehen bin,
Geb' ich auch zu, dass
ich ein Bild,
An das ich nicht zu
denken wage,
Immer wieder vor mir
sehe,
Immer wieder vor mir
habe.
Es steht fest in mir.
Es ist ein
Schreckensbild:
Ich sehe eine
ausgestreckte Hand,
Die einen
abgeschlagnen Frauenkopf
Hoch in die Lüfte
hebt.
Er packt einen
Gegenstand in seiner Nähe, den er demonstrativ
hoch wie an einem
Schopf in die Luft hebt.
Er 1:
Es ist ein glatter Schnitt. Doch
meine Phantasie verbindet unablässig Diesen
Frauenkopf mit irgendeinem Rumpf Und
trennt ihn wieder ab, Verbindet
ihn und trennt ihn ab, Bis
ich in einem Augenblick erkenne, Dass
es sich um keinen mir bekannten Frauenkörper handelt. Jedes
Mal ist es ein anderer. Die Phantasie ist nicht zu zügeln, Und ich will das alles nicht. |
Ein
schlanker Körper, schmale Schultern, Frauen,
die sich bücken, Schöne
Frauennacken ganz besonders, Mit
ein wenig Flaum, Verführen
mich zu diesem Bild. Es
sind die schlimmsten Augenblicke. Alles
sehe ich genau, Und
sonderbarerweise fließt kein Tropfen Blut. Ich
seh' den Schnitt genau, Kein
Blut! Das
Bild, erinner' ich, Stammt
von der letzten Köpfung Einer
Bremer Mörderin. Der
wurde, sagt man, Nicht
der Kopf geschoren. |
Ach,
in meiner Phantasie empfind' ich Keinerlei
Triumph Und
keinerlei Befriedigung Und
kein Bedauern, nichts. In
mir ist alles abgestumpft, Ein
Tasten in der kalten Asche Nach
der Glut. Vergeblich! Monoton
die Wiederholung, Monoton
der Ablauf. Wolken
sind es, Die
sich hoch am Himmel ineinanderschieben Und
sich trennen Und
erneut zusammen fügen. Und
ich selbst lang' dort hinauf Und
schieb die weißen Felder. |
Pause.
Er 1 Ich vergaß noch ein's:
Ich bin ein Mann aus
Blech, ein Mensch.
Ich wurd' als Mensch
geboren,
Und ich seh' nicht
anders aus als ihr,
Nur weil ihr's denkt,
wenn ihr mich seht.
Ich hab' ein Herz
Und ebenso, wie jeder
andere das Recht,
Doch davon später....
Er 1 tritt ab.
Er 1 / Sie 2 , eine Plastikfrau, Freundin (Fr).
Er 1 kommt auf die Frauen zu.
Er 1 Die Treppensteigerei ist nichts für mich.
Fr. Zu eitel für den Fahrstuhl, oder?
Er 1 Nein, ich bin doch Fahrstuhlführer,
Für den Notfall.
Steht doch drinnen an der Wand.
Fr. Ach ja, dann kann ja nichts
passieren.
Er 1 Deshalb darf ich alle Treppen laufen.
Guten Morgen erst 'mal.
Zu Sie 2 gewandt:
Sie
sind also neu? Willkommen. : Eine Plastikfrau ist- selten.
Fr. Soll ich Kaffee kochen?
Fr. geht.
Er 1 Danke, das ist gut.
Kleine Pause, dann zu
Sie 2 :
Er 1 Sie
haben eine Gänsehaut bekommen? Oder
darf ich sagen, Ihnen
sträubt sich gleich das Silberfell der Arme? Ich
bin nebenbei „Poet", Ich schreib ein bisschen. Sie 2 Das
sieht man bei Plastikfrauen gut, nicht wahr? Ja,
guten Morgen. Er 1 Noch
ein Kompliment erlaubt, gefällig? Sie 2 Bitte,
wenn es sein muss. |
Er 1 Muss
nicht sein. Es
sind nur Ihre Augen, Ihre Haare und Ihr Nacken... Wunderbar. Man
müsste malen können. ....schräg
nach vorn' geneigter Nacken. Klassisch! Sie
2 Sag'n Sie nicht antik!
Ich
bin noch nicht 'mal dreißig. Sind
Sie immer so charmant? Es
kommt mir vor, Als
plünderten Sie mich gehörig aus. Sie
räubern wohl an mir herum? |
Er l Ich
stehle mit den Augen, Das
ist doch erlaubt? Sie 2 Erlaubt
ist, was gefällt. |
Pause.
Ich hab' Sie auch bestohlen.
Davon
haben Sie noch nichts bemerkt.
Er l Bestohlen? Wie, womit?
Sie 2 Wie Sie! Mit meinen Augen
Geht auf ihn zu.
Sie
2 Ihre Augenfarbe, Ihre Stimme, Sie, Wenn ich das sagen darf. Ja,
Sie hab' ich gestohlen. Sie
gefallen mir. Er
l War das die erste Schlacht? Geschlagen
und entschieden? Sie
2 Gibt es Sieger und Besiegte? Er
l Wir bekommen gleich Kaffee. Ich lass' mich, wenn es sein muss, Gerne zum Besiegten machen. Noch
dazu von einer schönen Frau. Ich
wäre gerne Ihr Gefangener! Sie
2 Alarm, Alarm, Gefahr! Für Sie! Sie
passen nicht mehr auf. Er
1 Für diese Spiele gibt es keine
Regeln. Sie
2 Sagen Sie das nicht. Die gibt es ganz bestimmt. Vielleicht
kenn' ich nur andere als Sie. Er
1 Ein Gegenangriff! Es geht schnell bei Ihnen! Spielen
Sie? Ich meine Karten, Schach? Sie
2 Ich spiel' Gitarre, weiter nichts, Und
manchmal fahr' ich Rad. |
Er
1 Gitarre spiel' ich auch. Zum
Zeitvertreib, Nein, um zu träumen. Sie
2 Wie bei mir. Er
1 Falls wir uns weiter so sympathisch
finden Und uns weiter Komplimente machen, Werden wir schnell ins Gerede kommen. Sie
2 Das ist sicher schlecht für mich,
nicht wahr...
Und auch für Sie natürlich. Er
1 Richtig. Außerdem kann man die Plänkelei Auf kleiner Flamme halten, Das wär' kein Problem. Sie
2 Wenn's geht, wenn sich das machen
lässt? Er
1 Es muss sich machen lassen. Wir
sind doch erwachsen. Sie
2 Eben. Er
1 So ein Tempo bin ich nicht gewöhnt. |
Sie
2 Das glaub' ich gerne. Sicher
führ'n Sie eine gute Ehe, Haben
hohe Ziele, noch viel vor. Karriere?
Nein. Karriere wollen Sie nicht machen. Aber Ehrgeiz ist vorhanden. Er
1 Stimmt. Ich schreibe.. Sie
2 Sagten Sie bereits. Er
1 Ich bin davon besessen. Ja, ich schreib' an einer großen
Sache. Die braucht meine ganze Zeit. Sie
2 Und Ihren ganzen Ehrgeiz. Er
1 Wissen Sie, ich glaube alles
untersteht In irgendeinem größeren
Zusammenhang... Na ja, ich meine einer höh'ren
Ordnung. Sie
2 Bilden Sie sich ein. Er
1 Das glaube ich. Sie
2 Und wenn sich etwas ändern soll, Dann nur durch eine "Fügung" Oder etwas ähnliches, nicht wahr? |
Sie zeigt mit dem
Finger nach oben.
Er 1 Bin ich ein Bilderbuch für Sie?
Fr. Es gibt jetzt Kaffee. Kommt.
Sie stellt den Kaffe
hin und geht noch einmal hinaus.
Er 1 Ich tret' den Rückzug an.
Sie 2 Das ist nicht fein.
Er 1 Sie sind doch schon auf Festland.
Sie 2 Sie doch auch.
Er 1 Sie werden plötzlich rot.
Bis an den Haaransatz, warum?
Jetzt seh' ich erst, wenn Sie
erlauben,
Dass ich's sage,
Dass Sie Ihr Gesicht nicht
schminken.
Aus Prinzip?
Sie haben's aber auch nicht
nötig.
Ihre
Haare sind ein Bilderrahmen. Schön!
Sie
stehen fest auf Ihren Schultern.
Sie 2 holt einen
Spiegel aus der Tasche und betrachtet sich darin.
Er 1 Sie sind doch eitel.
Sie 2 beugt sich etwas
vor, dass er ihr in den Ausschnitt sehen kann.
Sie 2 Diese Schlacht ist keine Schlacht für
Sie.
Er 1 Es fällt mir immer schwerer, Ihnen ins
Gesicht zu blicken,
Oder soll ich raten,
Wo die Wurzeln Ihrer Röte enden.
Sie 2 guckt selbst in den
Ausschnitt, ohne ihn verschließen zu wollen.
Sie 2 Schminke nehm' ich nie.
Fr. Was ist denn los!
Wollt ihr bedient sein?
Guckt euch bitte nicht bereits am
ersten Tag
So tief in's Äugelein.
Das gibt sich wieder.
Das kommt täglich tausendmal
In tausend Zimmern vor.
Und nach 'ner Woche kräht kein Hahn
danach.
Erfahrung, Leute. Nur Erfahrung.
Asche bleibt.
Nichts weiter als ein wenig Asche,
Die ist kalt.
Nun
trinkt, sonst wird der Kaffee kalt.
Ein Telefon klingelt.
Fr. geht an den
Apparat. Es geht um geschäftliche Dinge.
Er 1 Ich müsste
mich vielleicht entschuldigen? Sie 2 Bei mir?
Wofür, warum? Er
1 Ich hab' Sie eben wirklich viel zu
lange angesehen. Sie
2 Finden Sie? Sie
haben sich vielleicht 'was ausgemalt? Er
1 Im Grunde bin ich hier Um Sie ein wenig einzuweisen. Ja, ich wollte Ihnen Ihre neue Arbeit
zeigen Und erklären. Das ist mein Job. Wenn Sie 'was wissen wollen, Können Sie mich immer fragen. Unterschriften
kriegen Sie von mir. Dann kommen
Sie nach unten. Übrigens,
wir sollten wirklich Nicht
so locker miteinander reden. |
Sie
2 Wieder Angst? Er
1 Hier haben Wände Ohren. Jeder
möchte über jeden etwas sagen können, Und
das muss nicht sein. Sie
2 Ist das Erfahrung Oder nur Befürchtung. Er
1 Beides. Sie
2 Ihre Augen, Ihre Stimme... Daran
werde ich mich erst gewöhnen müssen. Er
1 Sie verwirren mich. Sie
machen mich zum Trottel vor mir selbst. Ich
muss mich schämen. Nun,
ich werde mich zusammenreißen, Und
in einer Woche werden wir uns nicht mehr In
die Augen blicken wollen. |
Sie
2 Sind Sie sicher? Er
1 Man kann Abstand halten. Darf ich etwas sagen? Sie
2 Bitte. Er
1 Sie und ich, das weiß ich und das wissen
Sie.. Verstehen
Sie... Sie
haben Ihren Mann Und
ich hab' meine Frau... da kann... Sie
2 Was kann... Er
1 Man darf doch nicht... Sie
2 Man darf? Er
1 Sie legen einen Keim in meinen Kopf,
Dass mir ganz schwindlig wird. Der
zündet als die Explosion nach innen. Sie
2 Sie vergessen mich dabei. |
Er 1 steht auf und geht.
Fr Was ist nun mit dem Kaffee?
Bleibt der wieder steh'n?
1.
Akt, 3. Bild, Herausforderung
Im Büro, Er 1 / Sie 2
Sie 2 am Schreibtisch, mit einem kleinen Radio auf dem Tisch,
ein Buch und eine angefangene Schreibarbeit.
Er 1 vor ihr auf dem
Besucherstuhl.
Sie 2 Ist
das hier immer so? Er 1 Wir
sind im Sommerloch. Das
kann noch Wochen dauern. Dann
ist hier nichts los. Sie 2 Und
drehen "Däumchen"? Er 1 Oder
unterhalten uns. Sie 2 Und
dafür werden wir bezahlt? Na, mir soll's recht sein. Er 1 Ich
erleb' es nun das siebte Jahr. Im
Herbst und Winter ist das anders. Dann
verlangt man wieder viel von uns. Das
hängt von Dingen ab, Die
wir nicht kennen. Haben
Sie studiert? Sie 2 Warum?
Ist auch egal. Hab' abgebrochen.
Ja,
ich hab' studiert. Er 1 Und
Kinder? Sie 2 Keine!
Ihre will ich nicht erst wissen. Nach
dem Vorexamen. Er
1 Ich bin immer auf der Lauer
nach dem Denkbaren, Vielleicht
ergibt sich daraus Undenkbares. |
Sie 2 Ach. Ein
Beispiel für das Undenkbare gibt es nicht? Natürlich
nicht. Sonst wär's ja denkbar. Er 1 Sonderpunkt
für Sie. Sie 2 Das
"Kleine Einmaleins"! Ich sag' es Ihnen: Alles,
was wir reden, reden wir an uns vorbei. Sie
meinen nicht, das Undenkbare denken, Sondern,
denken, bis es nicht mehr weitergeht. Sie
denken dann an uns, an mich und sich. Sie
denken über Möglichkeiten Für
uns beide nach. Sie
kommen aber nur an einen Punkt. Dort
steht ein großes Halteschild bei Ihnen, Und
Sie wissen nicht, Wie's
weitergehen könnte. Dabei
geht es immer weiter, immer wieder weiter! Meine
Antwort: Undenkbares
gibt es nicht. |
Er 1
Ich bin gefangen! Gut, ich gebe mich gefangen! Sie 2 Nein, Sie sitzen in der eignen Falle. Er 1
Mag schon sein. Sie 2 Sie
springen immer wieder in denselben Kasten
mit vier Wänden, einem Boden. Und
wenn Sie hineingesprungen sind, Fällt
noch der Deckel zu Und
plumps sind Sie im Dunkeln. Kommen
Sie mal her zu mir, hier her, Und
stell'n Sie sich auf dieses Feld. |
Von oben kommt ein
Kasten mit vier Wänden herunter, der ihn ganz umschließt.
Sie nimmt schnell
einen Deckel und legt ihn oben drauf.
Sie 2 Kapiert!?
Jetzt könn'n Sie
klopfen.
Er1 klopft von innen gegen den Kasten.
Sie 2 Statt ihn zu zertrümmern!
Statt ihn zu zerschlagen!
Er 1 Der ist viel zu eng'. Das ist ja gar
nicht möglich!
Geben Sie mir Werkzeug,
Oder lassen Sie mich wieder
'raus'.
Es ist so eng hier drinnen!
Sie 2 Typisches Produkt totaler Hörigkeit.
Sie sollten endlich einmal irgendetwas
Nur für sich
entscheiden! Nur für sich.
Nicht
immer so, wie Sie wohl meinen, dass es andre gerne hätten.
Er
1 Denken
Sie nicht an sich selber?
An sich
selbst zuerst?
Ich hab'
noch so viel vor.
Ich
müsste….
Sie 2 Ja, Sie müssen, müssen, müssen
Immer
müssen Sie und Ihresgleichen
Schnell
noch irgendetwas machen.
Alles
müssen Sie!
Sie
müssen Ihren "Lieben Gott", ich weiß nicht was..
Sie
müssen die Familie, Ihre Frau,
Sie
müssen Ihre Schreiberei ...
Sie
müssen immer schnell noch etwas machen.
Alles
ist nur vorgeschoben!
Gar
nichts müssen Sie!
Das muss
doch 'mal in Ihren Kopf!
Sie machen sich zum Daueropfer
Ihrer selbst!
Sehr traurig.
Sie 2 Ich sehe das mit Schmerzen.
Ja, mit Schmerzen,
Und ich finde das sehr
schlimm.
Ich finde es auch
schlimm,
Dass Sie mir immer
Recht zu geben suchen.
Meine Argumente machen
Sie ja fast zu Ihren eignen!
Wo sind Sie, wo ist
Ihr Standpunkt!
Er 1 Aua, jetzt hab' ich mir einen Splitter In
die Hand gejagt.
Sie 2 Ein körperlicher Schmerz tut immer gut.
Ich
glaub' es aber nicht.
Ist
alles einstudierte monotone Litanei.
Er 1 Das geht zu weit. Ich will hier 'raus!
Sie sind genauso
angepasst wie ich!
Wir sind doch alle
handgestrickt:
"Ein Schlicht ein
Kraus", mehr nicht.
Kein Muster, keine
Farbe.
Gar nichts ist
erlaubt.
Er1 klopft wieder.
Er 1 Ich
will nun 'raus! Sie 2 Dann
schlagen Sie den Kasten doch kaputt! Er
1 Ich hab' es doch gesagt, es geht
nicht! Sie
2 Doch, es gäbe eine Möglichkeit. Die
könnte Ihnen eine ungeheure, Völlig
neue Freiheit bringen. Er 1
Welche? Sie 2 Freiheit
oder Möglichkeit? Er
1 Ist das ein Unterschied? Sie
2 Auf beides müssen Sie von selber
kommen. Sagen Sie, wie frei Sie sind. Er
1 Das seh'n Sie doch. Sie
2 Im Kasten sind Sie ganz genauso
frei Wie ohne ihn. Er
1 Ich komm' nicht 'drauf! Seit ich Sie kenne, Denk’ ich dauernd über eine neue
Freiheit nach. Was kommt heraus? Nur dies, nur eins: Von Ihnen bin ich
nicht mehr frei! |
Sie
2 Dann geht es Ihnen so wie mir. So
geht’s mir nämlich seit dem ersten Augenblick. Er
1 Ich kämpf’ mit einer
Unfreiheit, Die macht mir schwer zu
schaffen. Sie
2 Wissen Sie denn, Ob Sie
vorher wirklich freier waren? Wissen
Sie, wie frei Sie vorher waren? Er
1 Ich geb alles zu. Sie
bringen mich an einen Punkt, An dem
ich mich ergeben möchte. Sie
2 Sagen Sie doch gleich, Dass
Sie erst wissen wollen, Ob es
sich auch lohnt! Wer
soll die Antwort wissen. Klopfen
Sie auf Holz, das reicht. Es ist
genügend Holz in Ihrer Nähe. |
|
Sie öffnet den Kasten
und lässt ihn heraus.
Er 1 Das war höchste Zeit.
Sie 2 Sie woll'n „auf Nummer Sicher" geh'n?
Und
trotzdem reißen Sie nicht eine Ihrer Brücken ab.
Er 1 Zerstör'n geht schnell.
Sie 2 Ein großer Irrtum.
Es geht sehr, sehr langsam,
Ist die Zeit dafür
vorbei.
Gelegenheit verpasst!
Er 1 Sie wissen doch, wie schnell die
Sympathie
An ihre Grenze stößt,
Und wo
es nicht mehr weiter geht.
Er 1 Wenn es an mir liegt,
Bitte ich Sie um Entschuldigung.
Er1 lacht plötzlich auf.
Er 1 Ich hab' in meinem Horoskop gelesen:
"Hände weg vom
Löwen,
Der ist Gift für einen
Skorpion".
Natürlich!
Und Sie haben recht!
Ganz keck!
Sie 2 Ich bin ein Sommerkind,
Sie sind im Herbst
geboren.
Dieses Mal werd' ich
nicht rot.
Das weiß ich, weil ich
mich nicht schäme,
Weil ich etwas sagen
will,
Was Sie ja doch nicht
sagen.
Hören Sie, ich liebe
Sie, ich liebe Sie.
Ich weiß, das ist
verrückt.
Ich kann und will mich
nicht dagegen wehren.
Nein, von meiner Liebe
lass' ich nicht.
Ganz schnell.
Sie 2 Ich habe auch ein Horoskop.
Sie kramt in ihrer
Handtasche
Sie 2 Hier ist der Ausschnitt.
Lesen Sie. Sie sollen
selber lesen,
Was man für die Löwin
schreibt:
Er 1 liest.
Er 1 "Der
Skorpion ist Ihnen wie ein Dolch
In Ihrer Wunde,
Der sticht fort und
fort."
Die Warnung find' ich
gut.
Ich denke dabei auch
an Ihren Mann.
Sie 2 Den könn'n Sie ganz und gar vergessen!
Sonst gibt's nichts zu sagen?
Er 1 Meine Frau!
Betrug
kommt nicht in Frage.
Sie 2 Ist doch schon geschehen.
In Gedanken, oder nicht?
Er 1 Mag sein. Trotzdem ist das ein
Unterschied.
Ich denk' an meine Dichtung.
Die darf ich um keinen
Preis der Welt
Von irgendetwas stören oder
unterbrechen lassen.
Sie 2 Ihren Gott nicht zu vergessen!
Denken Sie an Ihren Gott,
An dieses Schwert da oben.
Fürchten Sie nicht,
dass es niederfällt, Sie trifft?
In Wahrheit glauben
Sie doch nichts von all dem.
Von dem verlieren, was Sie jetzt
besitzen.
Er 1 Sind
denn alle nicht in Seiner Hand? Wir alle?
Sie 2
lacht auf.
Sie 2 Einen Dreck sind wir, bist du!
Du hörst, jetzt duz’ ich dich.
Begreifst du denn noch immer
nicht?
Sieh dich doch um.
Muss
man dich erst in einen Eisenkasten setzen?
Du
versuchst, es selbst den Unsichtbaren
Recht
zu machen..
Das
gelingt dir nicht. Niemals.
Denk'
einmal nur an dich, an uns, an mich.
Ich
liebe dich.
Sag'
mir, dass du mich liebst.
Sag'
es zu mir, sag's mir,
Sag'
es doch bitte.
Er 1 Meine Kehle ist wie zugeschnürt.
Mein Herz schlägt... fass' nur an...
Sie 2 legt die Hand
auf seine Brust.
Er 1 Es warnt mich unermüdlich,
Und ich achte nur auf deinen Mund.
Er 1 küsst sie.
Er 1 Jetzt steigt die Röte wieder auf.
Ja, du bist schön, du...
Sie 2 Rede nicht, es ist genug.
Er 1 Du bist so groß wie ich.
Vielleicht
noch eins, zwei Zentimeter größer.
Sie 2 Stört es dich?
Er 1 Dein Haar riecht gut.
Nein, stört mich nicht.
Sie 2 Sei nicht so grob.
Er 1 Ich lass dich ja schon sein.
Sie 2 So war es nicht gemeint.
Nun sei nicht so verlegen.
Bist du so verwirrt?
Er 1 In
meinem Kopf ist keine Ordnung mehr.
In meinem Kopf ist keine Ordnung
mehr!
Du solltest lieber geh’n.
Das wäre besser.
Sie 2 geht hinaus.
Beide sind nun an getrennten Plätzen,
und ein Vorhang wird
zwischen ihnen niedergelassen,
so dass sie wie in
getrennten Zimmern sind.
Sie 2 ruft ihn sofort
an.
Er 1 Kannst du fliegen?
Du bist
außer Atem. Sage nichts. Sag' nichts,
Dein
Atem ist genug.
Er 1 legt auf.
Sie 2 wird
ausgeblendet.
Nur das Geräusch des
Atems.
Er 1 Ja, ich bin verliebt! Verliebt in sie!
Verliebt, verliebt
Wie alt ich bin. Bin
ich zu alt?
Wir richten uns
zugrunde?
Trotzdem wär ich ein
Idiot,
Wenn ich die Liebe
nicht empfinden würde.
Darf ich mich denn
nicht auf mich besinnen?
Habe ich kein Recht
auf Glück,
Ein bisschen neues
Glück?
Nur weil ich mich an
tausend Enden
Eingebunden habe?
Habe ich kein Recht
auf dieses Hochgefühl,
Weil ich nicht darauf
vorbereitet bin?
Darf ich nicht lieben?
Es ist mir egal, was
daraus wird.
Ich kann dies Glück
noch gar nicht fassen.
Ja, ich liebe sie,
Und sie liebt mich.
Wer kennt den Maßstab
für das Glück?
Er1 drückt das ganze
Telefon an seine Brust.
Das klingelt und
klingelt.
Er 1 sitzt im Büro in einer
Glasvitrine, die ist wohnlich eingerichtet.
An der Vitrine fehlt aber jede
Tür. Kein Zugang zu dem Ding.
Er 1 schreibt.
Sie 2 kommt herein.
Sie 2 Das ist ein Fortschritt.
Gratuliere, welch ein
Fortschritt,
Weil Sie jetzt nach draußen sehen
können.
Er 1 Fortschritt? Ja, in meinem Sinn ist es
ein :Fortschritt.
Seh'n Sie richtig hin!
Sie 2 Ich seh' Sie gut.
Er 1 Ich freu' mich, dass Sie mich gut seh'n.
Sie 2 Sie schreiben? Was?
Er 1 Ich mache Schularbeiten.
Sie 2 Schularbeiten?
Er 1 Ich mach' eine Strafarbeit.
Ich schreibe tausendmal:
"Ich will jetzt immer artig
sein".
Sie 2 Wie süß, wie brav.
Ich möchte helfen.
Wie kommt man hinein?
Er 1 Das ist mein Fortschritt.
Türen gibt es nicht.
Die Wände sind aus festem Glas.
Das schlagen Sie nicht ein.
Das kann man nicht zerstören.
Sie 2 Und wie bist du selbst hineingekommen?
Er1 schreckt hoch.
Er 1 Das weiß ich doch nicht.
Ich habe mich hier drinnen
vorgefunden.
Sie 2 Oh!
Sie 2 entdeckt eine kleine Klappe.
Sie 2 Bist du durch dieses kleine Loch...?
Das kann nicht sein.
Das ist grad' groß genug für meine
Hand.
Sie 2 steckt die Hand hinein.
Er 1 Das sollst du nicht.
Er 1 ergreift ihre
Hand, die sie ihm überlässt und küsst ihre Innenfläche.
Er 1 Ein Trinkgefäß voll Milch und Honig.
Sie 2 Nichts ist drin, das weißt du ganz genau.
Er 1 Ich weiß es besser und du auch.
Sie 2 Man findet immer, was man sucht.
Komm' 'raus, du Lieber, komm.
Er 1 Ich kann nicht kommen.
Nein, ich kann es nicht.
Er 1 legt seinen Mund an eine Vitrinenwand, und
Sie 2 legt von außen
ihren Mund dagegen.
Er 1 Mund aus Fleisch am Rand aus Glas.
Treppauf, treppab,
Treppauf, treppab.
Lehn' deine Stirn an' s Glas.
Ich möcht' sie küssen.
Sie 2 macht es.
Sie 2 Wir, die Balken,
Die ein Strudel mit sich reißt...
Er 1 Er zieht uns nicht hinab.
Sie 2 Wir dreh'n uns auf der Stelle,
Auf der Oberfläche.
Er 1 Jeder muss sich von dem anderen befrein.
Sie 2 Das will ich nicht.
Er 1 Dann komm' herein.
Du weißt ja, wie!
Sie 2 Woher soll ich das wissen?
Er 1 Hast es mir doch selbst gesagt!
Zerschlag das Holz, hast du gesagt.
Ich sage jetzt, zerschlag' das Glas.
Du darfst dir sogar Werkzeug, Hilfe
holen.
Hol' dir, was du willst.
Das Glas ist Panzerglas,
Das hält noch lange stand.
Es wird nicht einfach sein.
Er1 lässt sie los.
Sie 2 Lass mich nicht los.
Wir haben nur die kleine Tür für
uns.
Er 1 Die reicht nicht für ein ganzes Leben.
Sie 2 Du bist ungerecht.
Du bist unmenschlich.
Sie 2 zieht ihren Arm heraus.
Sie 2 Warum quälst du mich.
Er 1 Wie soll ich hier heraus!
Warum bin ich so schwach.
Ich wehr' mich gegen deine Liebe.
Ich versteh' mich nicht.
Ich bin ein Idiot, ein Idiot.
Sieh her!
Er 1 wirft Zettel in
die Luft.
Sie
2 Was sind denn das für Zettel? Er
1 Alles Beileidstelegramme. Rate 'mal von wem. Du weißt es nicht. Die
schickt mir die Familie, wenn ich schreibe! Er liest daraus vor. Hier: Vergiss die Schreiberei. Sie bringt nichts ein. Sie sind dein Egotrip. Den
können sich die anderen nicht leisten! Oder hier: Gib deine Faulheit auf. Komm' 'raus. Es gibt genug zu tun. Und hier: Vielleicht in hundert Jahren Hast du 'was davon. Wir leben aber jetzt. Und
ich? Wann lebe ich? Leb'
ich in Faulheit, Hohn und Drückebergerei? Die
wissen überhaupt nicht, was ich mache. Sie
2 Und, was machst du? Kannst du's nicht erklären? |
Er
1 Weißt du das denn nicht? Ich schaff' Gedanken. Ja, ich schaff' Gedanken, und die
schreib' ich auf. Sie
2 Warum, lass doch das Schreiben sein. Gib's auf. Denk' lieber über deine Freiheit
nach. Er
1 Du meinst, ob ich Zuhause auch
zuhause bin? Du meinst, ich dächte nur an meinen
Gott? Ich hätte Angst, dass der sein
Schwert auf mich Gerichtet hält? Nein. Solche Schwerter richtet man
nur selbst auf sich. Ich bin ein eitler Dichter, eitel,
ja. Ich schmiede mir mein Schwert allein. Das häng' ich über meinem
Schreibtisch auf. Das richte ich direkt auf mich: Es sind die eignen Worte, Die Gedanken, die ich schaffe. Die bedrohen mich. |
Sie
2 Du drohst dir mit dir selbst. Das ist ja diabolisch. Er
1 Ich bedrohe mich mit mir. So macht es jeder Dichter. Seine Waffe ist auf seinen Kopf
gerichtet, Und er rechnet täglich, stündlich Mit der Tötung. Sie
2 Durch sich selbst. Wie praktisch. Er
1 So treibt er sich an, zu schreiben, Und verletzt sich dabei dauernd
schwer. Sie
2 Und lässt sich nicht gesunden? |
Sie 2 Mach' nur weiter so.
Er 1 Seine
Worte sind nicht Schwerter.
Sie 2 Das wär viel zu harmlos.
Er 1 Nein, sie sind ein Fallbeil,
Das im Gegensatz zu einem echten,
Dauernd niederfällt.
Es steht im Blutbad einer
Dauerköpferei
An einer einzigen Person.
Es steht und steht nicht still.
Sie 2 Ja, ich verstehe:
Dieser Käfig, dieser Kasten, diese
Glasvitrine
Soll dich vor Befreiung schützen.
Ist es so?
Er 1 Es ist so eng hier drinnen.
Trotzdem ist dies meine Welt.
Er hängt ein Schild an
die Glaswand:
Er
1 Sieh her. Dies Schild verbietet jedem Einzutreten. Es
wird gar nichts nützen. Ich
kann sagen, was ich will: "Kein
Eintritt", "Stört mich nicht", "Ich
will allein sein". Kein
Mensch kümmert sich darum. Und
andrerseits, verfluchter Widersinn: Wenn
man mich endlich mal in Ruhe ließe, Wär's
mir auch nicht recht. Ich
läg' mit meinen Ohren an der Wand Und
würd' nach draußen lauschen, In
die andre Welt. Ich
hätte sofort Angst, Man
würde mich vergessen. Vor'm
Vergessenwerden hab' ich Angst. Sie 2 Wie kommt man denn zu dir? Du
lässt ja keinen rein. Du
lässt ja keinen an dich 'ran. Ich
würd' dich auch in Ruhe lassen können. Manchmal
reicht es aus, an dich zu denken. Er 1 Jeder Dichter ist ein Tänzer auf dem
Seil, Den
darf man nie im Schaffen stören. Nicht
'mal in Gedanken, Weil
das als ein Zerren an dem Faden aufgenommen wird. |
Das
kann ihn stürzen lassen. Schwankend
ist sein Leben ohnehin, Und
pausenlos wird er zu Fall gebracht. Er
schlägt sich unsichtbare Wunden, Die
erkennt er selber kaum, Die
kennt kein Mensch. Sie 2 Du zeigst sie mir ja nicht. Ich
glaube auch, du willst nicht, Dass
sie heilen. Andre
Menschen leiden auch. Zum
Beispiel unter dir, Du
lässt sie leiden. Wünsch
dir doch ein Schloss Mit
Personal und Dienerschaft Und
Reichtum. Wär'
das nichts für dich? Wär'
das nicht besser, als die Glasvitrine? Er 1 Nein, es gibt nichts als Ersatz, Weil
es ein Zustand ist. Das
ist ja grad' der Widerspruch. Denn,
was mich auf der einen Seite stört, Brauch'
ich im Rücken, Dass
ich weiß, ich lebe. |
Sie 2 Eines Tages hat es dir die Kehle
zugeschnürt. Aus
allem redest du dich gut heraus. Du
findest immer eine andere Entschuldigung, Und
alles spricht für dich. Er
zieht sich nackend aus. Seine
Haut ist ganz aus Metall. Sie 2 Was wird denn das? Er 1 Ich
denke manchmal, dass ich fliehen sollte. Sie 2 Zieh' dich wieder an. Du
hast ja nichts am Leib. Er 1 Das
wäre alles, was ich mit mir nehmen könnte. Das
wollt' ich dir zeigen. Wovon
soll ich überleben? |
Er 1 zieht sich wieder
an. Dann sarkastisch, ironisch.
Er
1 Nein, da geh ich lieber gleich den Weg Des
ganz Gerechten. Sie 2 Eine andre Art der Flucht vor dir? Er 1 Die
ganz Gerechten dürfen Ungerecht
und eigennützig sein. Sie
dürfen egoistisch sein. Der
ganz Gerechte darf in allem nur Und
an sich selber denken. Sie 2 Du bist zu extrem. Er 1 Du
meinst, ich lebe in den eignen Exkrementen. Das
willst du doch sagen. Danke,
akzeptiert. Ich
hör' die Wahrheit gerne. Sie 2 Nimmst sie nur nicht an. Er 1 Du
hörst nicht zu. Ich
sagte doch bereits, Ich
brauch' das nicht, weil ich nicht fliehen werde. Siehst
du, das ist Leben in Gerechtigkeit. Sie 2 ...und Frieden. Hört, der Meister
aller Worte Hat
gesprochen. Amen. |
Er 1 Überlass das Spotten mir. In
dieser Sache bin ich viel bewanderter als du. Sie 2 Zum Beispiel? Er 1 Würde jemand jetzt, in diesem
Augenblick, Mich
fragen: "Glauben
Sie an Gott?" Dann
würd' ich nicht bekennen, Sondern
mich verschlagen und verlegen In
Verschämtheit sonnen. Siehst
du, so ist die Gerechtigkeit. Perfekt,
ein Netz. Es
kann dir nichts passieren. Sie 2 Gratuliere! Hast gut aufgepasst. Du
bist schon weit gekommen. Er 1 Ich nicht, sondern du. Du
bist am Werk, an mir. Ich
kann nicht unterscheiden, Ob
du einreißt oder aufbaust. |
|
Pause.
Er 1 Manchmal
glaube ich sogar, Dass du aus
einem Daueropfer einen Dauerselbstmord Machen
willst. Verzeih'. Ich
weiß, dass du's nicht willst. Es ist mir so
herausgerutscht. Sie 2 Du siehst
nur dich. Für dich bist
du der Mittelpunkt. Ich will es wirklich
nicht. Natürlich nicht. Er 1 Ich weiß
es. Was geschieht, geschieht durch mich. Sie 2 Allein
durch dich. Er 1 Vielleicht
bist du für mich... Sie 2 ...die
einzige Gelegenheit? Das wolltest
du doch sagen, nicht? Den Zwang zu
schreiben, Solltest du
gleich mit begraben. |
Er 1 Das kannst du nicht besser wissen. Davon weißt du nichts. Ich habe zwei Jahrzehnte Nur auf diesen Augenblick gewartet, Dass sich endlich die Gedanken, die
ich habe, Auch von mir in Worte fassen lassen, Dass ich sie auf einem Stück Papier Betrachten kann. Das ist, als, als wäre etwas auf die
Welt gekommen. Das werd ich mir nicht zerstören
lassen. Dazu hat kein Mensch das Recht. Das ist ein völlig eignes Leben, Das erst wächst. Ich habe es herbeigesehnt, davon
geträumt, Im Schlaf danach geschrien. Schrei' immer noch deswegen. |
Sie 2 Ich will's
dir nicht nehmen. Mach
doch einen Neuanfang mit mir. Wir lieben
uns. Wir wissen wenig voneinander, Das ist gut. Ich biet' dir viel Und will und möchte doch nur wenig. |
Sie 2 hat eine Leiter
geholt, die sie an den
Rand der Vitrine
stellt, um hinaufzuklettern.
Sie 2 Eines möcht' ich wissen,
Ob du wirklich eingeschlossen bist.
Ich kann's nicht glauben.
Sie 2 klettert hinauf und schlägt mit der flachen
Hand auf den Deckel. Der ist auch aus Glas.
Sie 2 Total verschlossen! Richtig eingeweckt. Wie hast du das
gemacht? Er 1 Es lohnt sich nicht, Denn Neuanfang und
Neubeginn Verlangten viel zu
viel von uns. Sie 2 Du sollst dich nicht sofort von deiner Frau, Familie und Zuhause trennen. Denkst du, dass ich
das verlange? Das möchte ich auch
gar nicht. Nein, das will ich
nicht. Dazu gibt's auch
keinen Grund. Warum auch? |
Er 1 Wie du dir das vorstellst. Ich
komm' nicht aus dieser Glasvitrine 'raus, Und du
sprichst immerzu von Trennung, Von
ich weiß nicht, was. Er 1 Soll ich nun hier drinnen bleiben, Oder nicht. Sie 2 Kannst du sie denn verlassen? Könntest du? Wie würdest du das machen? Er 1 Ich weiß nichts von dir, das stimmt. Ich weiß ja nicht 'mal, wie du
lebst, Woran du glaubst, Was in dir lebt. Sie 2 Du denkst, in der Vitrine Hättest du die größte Freiheit. Deshalb denkst du eigentlich.... Jetzt komm' ich langsam drauf... |
|
Sie 2 klettert wieder
herunter.
Sie 2 Das ist kein Widerspruch zu dir.
Du denkst, wenn du da
drinnen bleibst,
Wär' das der beste Weg
Ja, du fühlst dich in
deinem Glassarg wohl!
Das ist Betrug!
Du bist dabei mich zu
betrügen!
Du verrätst mich! Du
verkaufst mich!
Du benutzt mich für
Gedankenspiele,
Und du denkst gar
nicht daran herauszukommen!
Denkst auch noch ,
So überheblich, wie du
bist,
Dass ich es nicht
bemerke,
Möchtest, dass ich so
wie du,
Zum Schlachtvieh
meiner Umwelt werde!
Ja, ich soll mich
selber dazu machen!
Aber das gelingt dir
nicht!
Ich hasse dich! Ich
hasse dich!
Sie 2 läuft auf die
Wandung zu. Ihre Fäuste sind erhoben.
Aber sie läuft ohne
jeden Widerstand direkt hinein, als ob es Wände nie gegeben hätte,
Er 1 fängt sie
liebevoll auf.
Er 1 Wie hast du das gemacht?
Wie machst du das.
Er1 küsst sie, geht mit ihr ungehindert aus der Vitrine und küsst sie wieder.
Er 1 Es
ist ein Rätsel. Wer
kennt schon das Siegel eines Königs? Wer
kann eine Fälschung Von
dem wahren Siegel unterscheiden? Ich
hab' ein's gefunden, Und
was mach' ich nun damit? Sie 2 Wer
kennt es überhaupt? Kein
Mensch kennt mehr das Siegel eines Königs. Keiner
glaubt daran. Warum
auch. Du
bist draußen, das ist wichtig. Er 1 Sagt
das viel? Das sagt doch gar nichts. Du
bist jetzt mit mir da drinnen Und
ich bin mit dir hier draußen. Das
ist alles. Träumen
wir? Vielleicht
ist alles Traum? Vielleicht
träum' ich? Sie 2 Du kannst ganz sicher sein. Dass
keiner von uns beiden träumt. |
Er
1 Ich bin im All, weit draußen. Ja, ich bin ein Instrument, ein
Roboter. Und jemand schickt Befehle
hinterher, Die soll'n mich lenken, Dabei steh ich still, steh völlig still. Ich bin trotzdem auf Reisen. Sie 2 Kannst
du nicht heut' Abend etwas länger bleiben? Er 1 Keine
Korrektur der Bahn. Sie 2 Du
könntest, wenn du wolltest. Sag
schon ja. Am
Ausgang? Bitte. Eine
Stunde nur. Wir gehen in den Park, zum Wasser, Oder wo du willst, es ist mir alles recht. Er 1
Heut' Abend? Sie 2 Ja,
dass wir uns unterhalten können. |
|
Ganz nah an ihn
geschmiegt.
Sie 2 Dass wir ganz ungehört und ungestört
Versprechen geben
können.
Er 1 Was
denn für Versprechen.
Wovon redest du.
Sie 2 Sag ja. Du kommst?
Er 1 Ist gut. Wir treffen uns heut' Abend.
Sie 2 Heut' ist Mittwoch. hörst du?
Er 1 Ja, warum?
Sie 2 ganz fröhlich.
Sie 2 Mein Mann hat Kursus.
Jeden Mittwoch, jeden Mittwoch
hat er Kursus.
Er 1 Du sagst das mit einer Fröhlichkeit,
Als sollte unser Treffen kein
Geheimnis bleiben.
Sie 2 Möchte ich auch nicht.
Am liebsten möcht ich es aus dem
Fenster schrein.
Er 1 Sei still, mein Gott, sei still.
Du kriegst es fertig.
Hoffentlich erfährt es keiner.
1. Akt, 5. Bild
"Verlockung Ein Lied"
Im Park am Wasser.
Sie 2 ist schon dort. Sommerabend, kühl.
Er 1 kommt auf sie zu.
Sie 2 denkt, dass er sie in den Arm nehmen wird, aber er weicht ihr aus.
Aus dem Haus geschlichen.
Sie 2 Du vielleicht, ich nicht.
Ich habe kein Gewissen,
jedenfalls kein schlechtes.
Er 1 Es ist schön hier, eine schöne Stelle.
Hier ist Ruhe.
Selbst die Schiffe scheinen
stillzustehen.
Sie 2 Ich bin hier, falls du mich suchst.
Er 1 Ja, du hast recht.
Ich hab' mir' s aber
vorgenommen',
Dich nicht anzufassen.
Nein, ich will dich
nicht berühren.
Keinen Kuss mehr,
nichts.
Sie2 singt vor sich
hin.
Sie 2 Er sah mir in die Augen
Und verirrte sich
darin,
Drum lieb ich ihn,
drum lieb ich ihn.
Es schwieg sein Mund
Nicht laut genug
Drum hört' ich ihn,
drum hört' ich ihn.
Nun soll er mir noch
sagen,
Nun will ich ihn
fragen,
Liebst du mich, liebst
du mich auch?
Sie2 wartet etwas auf
eine Antwort.
Sie 2 Liebst du mich auch?
Sie 2 singt
vor sich hin.
Er 1 Mein Innenmund!
Es ist mein Innenmund, der nach
dir ruft.
Sie 2 Es wird schon dunkler. Das ist angenehm.
Komm her zu mir.
Lass deinen Vorsatz sein.
Er 1 nimmt sie in den Arm
und küsst sie heftig.
Sie 2 Soll ich ertrinken?
Lass mich atmen, lass
mich leben!
Sie 2 will nun auch
leidenschaftlich werden, aber er bremst sie.
Er 1 Das war, dass du siehst,
was ich empfinde.
Sie 2 Unter deiner Haut ist Glut,
Das spür' ich jetzt erst richtig.
Neben ihnen steht eine
Bank.
Sie 2 setzt sich.
Er1 kniet vor ihr und legt seinen Kopf
in ihren Schoß.
Sie krault ihn im Haar
und beugt sich über ihn.
Sie
2 Lieber, magst du das? Er
1 Ich hoffe, dass uns keiner
sieht. Sie
2 Hier nicht. Hier kennt uns
keiner. Er
1 Du bist liebevoll zu mir. Das
kenn' ich nicht. Wenn
du dich auf mich beugst, Möcht
ich in dir verschwinden. Du
hast Glück. Du
hast es immer gut. Sie
2 Warum? Er
1 Weil du dich immer bei dir
hast. Sie
2 Erzähl nicht solche Sachen. Du doch auch. Er
1 Es gibt Sekunden der
Erinnerung Die wir nicht
steuern können. Jetzt zum Beispiel
muss ich mir Die eigene
Erinnerung gefallen lassen. Sie
2 Sag' mir, was es ist und wenn du
willst. |
Er
1 Erinnerung ist Überraschung,
ungewollt. Ich
hab' von meiner Mutter einen Satz im Kopf Den
wollte ich nicht glauben, Damals,
als sie ihn erzählte. Schwer
zu glauben. War zu schwer zu glauben. als
sagte sie: „Ich
hab’ meine Kinder nie im Arm gehabt“, Dabei
hat sie gelacht, "Und
nie auf meinen Schoß gesetzt. Wir
hatten immer eine Kinderfrau“. Sie
2 Wie furchtbar. Das ist schlimm. Sie ist dir also fremd
geblieben? Er
1 Eine flüchtige Bekannte, Könnt ich sagen. Nein,
nicht ganz so. Andrerseits,
wenn ich jetzt deine Hand In
meinem Nacken spüre... Könnte
sein, dass mir doch was verloren ging, Und
ganz genau genommen... ...das
wär' ein Geständnis.. |
Sie
2 Wär ein Eingeständnis oder ein
Geständnis? Er
1 Nimm es, wie du willst. Sie
2 Was willst du sagen? Er
1 ....meine Frau, verstehst du, Hat in ihrem ganzen Leben nie
den Arm Um mich gelegt. Die fasst mich auch nicht an. Sie
2 Wie bitte?! Er
1 Weißt du, was sie sagt? Sie
2 Na? Endet
immer gleich, sagt sie. Es
endet immer gleich. Sie
meint, Berührung kann ich nicht ertragen, Ohne
dass bei mir "das Eine" daraus wird. Natürlich
hat sie letzten Endes recht. Das
sag ich auch. Es
endet schließlich immer so. Sie
2 Und endet es mit uns auch so? |
Er 1 sieht zu ihr auf.
Sie 2 schaut gelangweilt den Weg hinunter.
Er1 kommt hoch und setzt sich neben sie auf die
Bank.
Er 1 Ich suche deine Augen.
Gibt's 'was auf dem Weg?
Langweil ich dich? Was
ist mit dir.
Hast du mich nur wie
deinen Hund
Im Schoß gekrault?
Sie 2 Gib deine Hand,
Nein, komm mit deinem
Kopf!
Hör' auf mein Herz.
Was glaubst du, was
das ist? Ganz fest, ja so.
Er 1 Es ist dein Herz.
Es schlägt, als
schlüge es auf etwas drauf.
Dein Kleid ist dünn,
darunter ist es weich.
Ein königliches
Kissen!
Nein, das hab' ich
nicht vermutet.
Das ist dir nicht
anzusehen.
Hörst du's selber?
Sie 2 Es schlägt mir im Kopf.
Wenn du mich nur ein
wenig liebst,
Dann sag' es mir, ich
möcht' es hören.
Er 1 Deine Stimme streicht in mir
Die Kissen glatt.
Ich liebe deine Augen,
deine Haut,
Den Duft der Haare.
Deine Haut ist blass.
Er 1 knöpft ihr das
Kleid etwas auf und küsst sie dort hinein.
Sie 2 Noch etwas tiefer.
Er 1 Nein, es ist genug. ich knöpf es wieder
zu.
Wir sollten so zufrieden sein.
Es ist nicht mehr erlaubt.
Sie 2 Bestimmst du das?
Nun fangen meine Schmerzen wieder
an.
Sie fasst sich ans
Herz
Er 1 Was denn für Schmerzen.
Sie 2 Ja, es schmerzt.
Das hört nur auf, wenn du mich
nicht mehr quälst.
Er 1 Was kann das sein?
Sie 2 Ich sag' es doch,
Es kommt durch dich.
Er 1 streichelt ihr das Haar.
Er 1 Mein
Gott. Sie 2 Es
kommt, wenn ich nur an dich denk'. Er 1 Und
geht es bald vorbei? Sie 2 Jetzt
ist es besser, Es
lässt nach. Er 1 Wir
müssen uns vergessen. Wollen! Wenn
es so schlimm ist, Dann
um so schneller. Ist
für beide besser. Nein,
ich wusste nicht, dass du durch mich Noch
körperliche Schmerzen kriegst. Sie 2 Das
macht nichts mehr. Er 1 Wir
dürfen uns nicht wieder treffen. Sie 2 Soll
das heißen, dass du gehen willst? Ich
bitte dich, doch jetzt noch nicht. |
Er 1 Es
hat doch keinen Sinn. Du
weißt, dass ich nicht weitergehen kann Und
darf und will. Ich
denk' auch immerzu an deinen Mann. Er
kann ja nichts dafür. Und trotzdem
macht mich der Gedanke krank. Wie
sollte ich dich jemals lieben Wenn
ich an ihn denken muss, dass er... ...nach
mir, vor mir.. Nein
das ertrag ich nicht. Das
würde ich nicht einen Tag ertragen, Keine
Stunde. Sie 2 Ist
doch lächerlich. Meinst du ich könnte deinetwegen Wieder Jungfrau werden? Siehst du, so ist das. |
Er 1 Ich
würde dich mit keinem teilen wollen, können. Nein,
ich würd' dich ganz für mich verlangen. Es
gibt tausend Gründe. Reg'
dich bitte nicht gleich auf! Sie 2 Ich
bin ganz ruhig. Nimm
dir doch ein Zimmer. Zieh
doch einfach von Zuhause aus. Ich
zieh zu dir. Ich
such' mir eine neue Arbeit. Irgendwo,
woanders. Das ist einfach. Ich
mein' s ernst. Das ist kein Spaß. Nein,
wirklich nicht. Er 1 Ich
glaub' dir ja, Und
trotzdem geht es nicht. Nein, nie. Sie 2 Es
muss ja nicht sofort sein. Denk'
erst drüber nach. |
Sie 2 schmeichelt sich
an ihn heran.
Sie 2 Du könntest mit mir kommen, jetzt mit mir.
Zu mir.
Er 1 Zu
dir?
Sie 2 Mein Mann hat heut' doch Kursus.
Der kommt spät.
Dann bist du einmal
ganz bei mir.
Wie findst du das?
Er 1 Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
Es ist das schönste,
was du sagen konntest,
Eine zuckersüße
Schmeichelei.
Ich darf nicht erst zu
Ende denken.
Nein, ich weiß nicht,
was ich sagen soll.
Sie 2 hakt sich bei
ihm ein und schiebt ihn in ihre Richtung.
Er 1 Sei mir nicht böse,
Aber nimm die
Unentschlossenheit bei mir
Noch nicht als
Zeichen.
Nein, nein.
Du weißt nicht, was du
da verlangst.
Er gibt ihr einen Kuss
auf die Stirn.
Er 1 Du bist ein Engel,
Kleine Pause
Er 1 Der mit schwarzen Flügeln fliegt.
Ich soll in euren
Betten mit dir toben,
Und nachher erfährt
dein Mann davon?
Durch irgendeinen
dummen Zufall?
Nein, das mach ich
nicht.
Der schlägt mich tot,
wenn er dahinter kommt.
Ich weiß nicht, was
noch alles.
Sie 2 bleibt ganz
ruhig.
Sie 2 Würd' er nicht, verlass dich drauf.
Sei unbesorgt.
Du kannst ganz ruhig bleiben.
Er 1 Was weißt du von deinem Mann.
Woher willst du das wissen.
Ich wär' fürchterlich in meiner
Raserei.
Sie 2 Das ist es, was mir so an dir gefällt.
Nun komm schon mit.
Er 1 Es
blitzt aus deinen Augen.
Ach, du denkst wohl, weil ich wütend
bin,
Hast du mich besser in der Hand.
Er 1 Ich möchte wissen, woher du den Mut
Und deine Sicherheit bekommst.
Er 1 beruhigt sich
wieder.
Er 1 Ich darf nicht an Zuhause denken.
In der Firma dürfen wir uns
Auch nicht wieder duzen. Das
fällt auf.
Sie 2 Mir ist es gleich, was andre denken.
Und die im Büro erfahren's sowieso.
Ich glaub', die wissen längst
Bescheid.
Er 1 Bescheid? Du hast doch nichts gesagt?
Wie kommst du denn darauf.
Sie 2 Ich denke, dass man uns das ansieht.
Nein, ich habe nichts erzählt. Zu
wem auch.
Er 1 Das ist gut. Sei mir nicht bös'.
Ich werde gehn.
Allein.
Ich kann nicht mit dir
gehn. Das geht nicht.
Nein, ich bring's
nicht fertig.
Weißt du, was du jetzt
schon alles in mir
Angerichtet hast?
Sie 2 An mich denkst du natürlich nicht.
Er1 nimmt sie liebevoll in den Arm.
Eine Kirchturmuhr
schlägt langsam sechs Uhr.
Sie wiegen sich im
Takt hin und her.
Sie 2 Was denkst du, wie es in mir aussieht.
Schlägst du etwas
andres, Bessres vor?
Mein Mann merkt wirklich
nichts.
Und wenn er etwas
merkt, ist es nicht schlimm.
Er 1 stößt sie von
sich.
Er 1 Du bist total verrückt.
Warum ist es nicht
schlimm,
Das kannst du doch
nicht wissen.
Ich bin völlig
durcheinander.
Was du sagst, sind
alles Rätsel.
Die kann ich nicht
lösen,
Und ich will sie auch
nicht lösen.
Nein, ich will nicht
mehr,
Dass wir uns
wiedertreffen.
Überhaupt nicht mehr.
Ich werd' mich
zwingen, nicht an dich zu denken.
Unsretwegen lass ich
schon so vieles liegen,
Was ich gerne tat,
Was mir am Herzen lag.
Das ist nicht gut.
Ich muss auch immerzu
dran denken,
Dass ich meiner Frau
nicht untreu werden will.
Ich denke pausenlos an
meine Schreiberei...
Sie 2 ...an meinen Mann..
...an deinen Gott..
... an bla, bla, bla...
Gib's zu, du willst nicht, das
ist alles.
Er 1 Was ist nachher, wenn jetzt etwas mit uns
wäre?
Nein, das geht nicht gut.
Am meisten stört mich
doch dein Mann.
Ich muss jetzt geh'n.
Sie 2 Du findest also, dass du gehen musst.
Sie 2 verändert ihre
Stimme, schlägt
sich an die Schläfen
und schreit ihn an.
Sie 2 Du Schwein! Du liebst mich nicht:
Du liebst nur diese
Quälerei an mir,
Sonst gar nichts.
Wo ist ein Beweis?!
Sie stampft mit den
Füßen auf den Weg.
Er 1 Ich will das nicht.
Nicht meinetwegen.
Sei
doch lieb. Versteh mich doch.
Ich will dich ja. Es geht nur
nicht.
Du musst doch sehen, alles
spricht dagegen.
Sie 2 Nur in deiner Phantasie vielleicht.
Er 1 Nein,
wenn es wirklich einmal etwas mit uns werden soll,
Dann arrangiert es sich von ganz
alleine,
Nicht durch dich
Und nicht durch mich.
Sie 2 schreit nun wie
eine Wahnsinnige auf.
Er reißt sie an sich.
Er 1 Sei bitte still, ich bitte dich, sei
still!
Verzeih. mir.
Quäl' dich doch nicht
so.
Du musst jetzt leise
sein.
Ich will es wirklich
nicht!
Sie2 beruhigt sich.
Er 1 Entschuldige, ich denke nur an mich.
Vielleicht liebst du mich wirklich.
Das könnt' ich am wenigsten verstehn.
Sie 2 ist jetzt ganz
ruhig.
Sie 2 Ich atme einmal durch, das hilft.
Jetzt bin ich wieder
so, wie du mich gerne hast:
Ganz sanft und ruhig.
Gut so?
Er 1 Danke.
Sie 2 Gehn wir noch ein Stück zusammen?
Er 1 Wenn du willst.
Sie 2 Und merk' dir gut, dass du es weißt
Und nie vergisst:
Ich lass von meiner
Liebe nicht.
Ich werde nicht von
meiner Liebe lassen.
Ja, vergiss es nicht
und nie.
Und ob du sie mir
glaubst, ist mir egal.
Und noch ein's:
Du brauchst nicht,
nicht einen Augenblick
An meinen Mann zu
denken.
Tu, als gäbe es ihn
nicht für dich. Tu so.
Du weißt, dass ich ihn
liebe...
Sie legt ihm schnell die Hand auf den Mund.
Sie 2 Weißt, dass ich ihn anders lieb' als dich.
Mit ihm ist es ' was
anderes.
Er 1 Dass er dich liebt, ist auch 'was
anderes!
Natürlich!
Sie 2 Ja, er liebt mich eben auch.
Es ist mit uns nicht so,
Wie zwischen dir und mir.
Es wäre schön, wenn
ihr euch gut verstehen könntet,
Und ihr hättet mich.
Ach, übrigens mag dich
mein Mann gut leiden.
Er 1 Jeder deiner Sätze tötet mich!
Er bleibt stehen und
packt sie am Arm.
Sie 2 Du tust mir weh! Lass los, lass los!
Er 1 Dann sprecht ihr über mich?
Sie 2 Natürlich! Lass doch los!
Er gibt sie frei.
Sie 2 Warum denn nicht.
Schon seit ich in der
Firma bin,
Bist du das Thema
Nummer eins bei uns.
Das Hauptgespräch...
Früh morgens, abends..
Er 1 Nein!
Sie 2 Wir haben auch dein Buch gekauft
Und lesen die
Gedichte, die du schreibst.
Wir lesen jede Zeile.
Die sind schlimmer,
als du denkst.
Für uns!
Wir beide mögen dich,
Und nicht so, wie du
denkst.
Er 1 Wie!
Wie! Wie!
Ich denk' nicht
irgendwie!
Und deinen Mann willst
du betrügen?!
Eben sagtest du doch
noch, dass du ihn liebst
Und schmilzt dahin,
Und zwei Minuten
vorher wolltest du ihn glatt
Mit mir betrügen.
Ich versteh' das
nicht.
0h, Gott, wie bin ich
blöde.
Sie 2 Ich betrüg' ihn nicht.
Auf keinen Fall mit dir.
Er 1 Wo
ist nur mein Verstand.
Plötzlich.
Er 1 Wieso bist du so freundlich und
versöhnlich.
Ach, ihr seid euch also einig
über mich?
Nein, ich versteh nichts mehr.
Das ist zu viel.
Wenn ich mir
vorstell',
Dass der Kerl mich
mögen könnte...
Ekelhaft, nein
widerlich ..
Es widert mich in
allem an.
Du bist für mich ein
Engel, der in Flammen steht.
Bleib' hier, komm
nicht mehr mit,
Ich geh' alleine
weiter. Bleib'.
Dass ich dir wehtat,
tut mir leid,
Ich wollt' es nicht
und will es nicht.
Sie 2 hat wieder ihren
gelangweilten Blick.
Sie guckt von ihm
fort.
Er 1 So hast du auch vorhin geschaut.
Du siehst nach innen?
Schlägt dein Herz
schon wieder bis zum Hals?
Ich kann nicht mehr.
Ich lass dich jetzt
allein.
1. Akt, 6. Bild, "Einsicht, Angst"
Zuhause, im Park
Abends. Er 1 kommt nach Hause, sieht in
alle Zimmer. Steht dann vor dem
Spiegel im Flur.
Er 1 Schon so spät. Zum Glück ist keiner hier.
Ein Zettel?
Er liest.
Er 1 "Kommen nicht vor sieben Uhr
zurück."
Da brauch' ich nicht
mit Lügen aufzuwarten.
Gott sei Dank.
Zu sich im Spiegel.
Er 1 Jetzt
schwör' ich's dir: Von
nun an will ich mich beherrschen. Wie
ein Mann, von mir aus. Nein,
das ist ganz schlecht. Das
geht ja grade nicht. Als
Mann müsst ich ganz anders handeln. Siehst
du nicht? Das ist doch das Problem. Ich
muss den Willen haben. Willen
ganz alleine reicht schon aus. Man
muss den festen Willen haben. Müsste, müsste... Damit
könntest du sehr viel erreichen. Merk'
dir das. Natürlich
hat sie recht. Es
ist doch gut und richtig, Wenn
sie sich dem eignen Mann, dem sie vertraut, Auch
anvertraut. Ich
brächte das nicht fertig. Stimmt. Ich
könnte meiner Frau nicht alles sagen. Könnt'
ich nicht und wollt' ich nicht. Aha! Und
tu es nicht, damit du's weißt. Und
seine Sympathie für mich Kann
tausend Gründe haben. Dann
noch meine Vorurteile. Ich
bin eingenommen gegen ihn. Natürlich
bin ich das. Und
sie? Ich lass' mich von ihr selbstzufrieden machen. Ist
mir alles klar. Es
ist doch schön zu wissen, Dass
sie liebt, mich liebt, sehr liebt. |
Von mir will ich nicht reden. Maßlos könnte alles sein, Ja, ohne Maßen. Dass sie mir das sagt, mir sagen kann, In einer Ehrlichkeit, Die brächte ich nicht auf. Sieh dich doch an. Ein Zimmer nehmen... Wie sie sich das denkt... Verführerisch ist der Gedanke... Ein Gedanke, der verführt? Und dann? Danach? Auf vieles müsstest du verzichten. Sei 'mal ehrlich. Ja, sei ehrlich. Ob dir das bekommt? Das würdest du doch gar nicht wollen, oder? Möchtest alles haben und behalten. Ja, du bist so einer. Hättest doch am liebsten beide, Deine Frau und diese Frau Und die Bequemlichkeiten, wie gewohnt, natürlich. Nur auf nichts verzichten. Nein? nicht ganz? Die Angst vor einem Neubeginn? Vielleicht die Angst, dass sie dich gar nicht liebt? Vielleicht sollst du ihr neues Spielzeug sein. Das hat sie nicht sofort bekommen, Und nun setzt sie ihren ganzen Ehrgeiz. ein. Sie hat vielleicht Probleme, selbst Probleme, Die du gar nicht kennst, nicht kennen kannst, Und niemals lösen könntest. |
Kann doch sein, dass sie auf Hilfe hofft, von dir, Und du weißt nichts davon, Nicht wie und wo du helfen solltest. Nein, das hört sich nicht mehr so gut an, nicht wahr? Gib's zu, gib's endlich zu: Du liebst sie. Das ist alles. Bist verrückt vor Liebe nach der Frau. Das weiß sie, ja, natürlich weiß sie es. Ich geb' dir einen Rat. Ein guter Rat von mir: Lass deine Finger von der Frau. Das
ist ein schlechter Rat? Kein
guter Rat? Ist gar kein Rat? Ja,
ja, ja, ja ich weiß, ich weiß!! Die
Wahrheit! Ja, die Wahrheit! Sie
liebt beide: Ihren Mann und mich. Das
kann ich nicht ertragen. Ich
versteh' es nicht. Sie
liebt uns beide, ihn und mich! Ich
kann nicht teilen. Nein,
ich kann nicht teilen. Keine
Frau aus zweiter Hand! Das
wär' mein Tod! Du
siehst es: Das kommt dabei 'raus. Vielleicht
begreifst du jetzt: Du
wirst sie nie, nie, nie für dich alleine Haben
können. Bist
doch sonst so schlau. Denk' nach! Da
fällt dir nichts mehr ein? |
Das Telefon klingelt. Er 1 nimmt den Hörer ab.
Sie 2 wird
eingeblendet. Sie sitzt am Telefon.
Er 1 Ja, bitte?
Sie 2 Du, ich bin allein.
Ich weiß nicht, was
ich machen soll.
Kannst
du mich hören?
Er 1 Ja, natürlich. Bist du schon Zuhause?
Sie 2 Du, ich möcht' dich noch einmal sehen.
Komm' noch 'mal. Du bist so einfach
fort!
Ich muss dir 'was erklären. Bitte,
komm'.
Er 1 Was denn.
Er 1 hört eine Tür
schlagen.
Er 1 Du ich kann nicht mehr.
Wir müssen aufhör'n.
Meine Frau kommt heim.
Sie 2 Ich muss dich seh'n. Ich will dich sehen.
Heute noch!
Wir treffen uns im
Park, im Zentrum,
Gleich am Eingang.
Sagen wir in einer
Stunde.
Er 1 Nein, das schaff' ich nicht.
Ich hab' doch keinen Wagen. Den
hat meine Frau.
Sie 2 Versuch es bitte, unbedingt.
Du,
ich verlass mich drauf.
Er 1 Ich will's versuchen. Also gut, ich
komme.
Sie 2 legt den Hörer
auf und wird ausgeblendet.
Sie 1 kommt auf den
Flur.
Sie 1 ist in Eile.
Er 1 Tag, kann ich den Wagen haben?
Sie 1 Hilf
mir bitte, auszuladen.
Ich muss gleich noch
einmal fort.
Kannst du nicht
warten?
Wohin willst du denn?
Er 1 Ich hab' es eilig. Brauch' ihn gleich,
sofort.
Ich will zu einer Vernissage.
Sie 1 Da
hast du doch noch Zeit.
Er 1 Wenn ich schon 'mal den Wagen haben
will...
Ich bin in Eile,
Will mich noch mit
jemandem dort treffen..
Gut, lass sein... Ich
nehm' die Bahn..
Sie 1 Wann
bist du denn zurück?
Mit
wem willst du dich treffen?
Er 1 Kennst du nicht.
Du brauchst auch nicht auf mich
zu warten.
Die
Bühne dreht sich. Das Zuhause wird ausgeblendet.
Sie
2 ist im Park auf einer Bank.
Ein
Fahrrad steht daneben. Sie fröstelt.
Er
1 kommt auf sie zu.
Sie
bleibt lässig sitzen, mit den Armen auf der Lehne.
Sie 2 Dass du doch noch kommst! Hat lang'
gedauert.
Bist du mit der Bahn gekommen?
Er 1 Ja, den Wagen konnte ich nicht nehmen.
Sie 2 Hast ihn nicht bekommen!
Deine Frau hat Krach gemacht,
nicht wahr?
Bin ich dir nicht
einmal das Geld
Für eine Taxe wert?
Er 1 An eine Taxe hab ich nicht gedacht.
Sie 2 Du hättest sie auch nicht genommen..
Er 1 Nein, wohl nicht.
Sie 2 Bestimmt nicht. Mir ist kalt.
Ich bin sehr bös' zu
dir?
Entschuldige.
Komm, Lieber, dicht zu
mir..
Er 1 setzt sich zu ihr
und nimmt sie in die Arme.
Sie 2 rollt sich aus
seinen Armen, kniet vor ihm
und legt ihren Kopf in
seinen Schoß.
Er 1 Was machst du denn?
Er 1 streichelt ihr
die Haare.
Sie 2 Ich mag es, so vor dir zu hocken,
Wenn du mich so hältst.
Er 1 Wir bringen unsre Hände durcheinander.
Sie 2 Ich weiß über meine gut Bescheid.
Er 1 Und dabei habe ich mir ganz fest
vorgenommen..
Sie 2 Ja, ich weiß.
Am liebsten würdest du
mich nicht mehr sehen wollen.
Aber den Gefallen tust
du dir natürlich nicht.
Und ich denk auch
nicht dran.
Er 1 Dein Kopf in meinem Schoß.
Noch nie hat eine Frau vor mir
gekniet.
Sie 2 Ich baue mir ein Nest mit meinen Haaren.
Er 1 Ich denk' an ein Bild dabei:
Man sieht, wie eine
Frau die langen Haare
In das Wasser eines
Baches taucht.
Dann hebt sie sie mit
beiden Händen an
Und geht mit ihrer
Fracht, den Haaren und dem Wasser,
Auf den Rasen, dort zu
einem Mann.
Dem kühlt sie mit dem
Haar die Stirn.
Sie 2 Ein bisschen zu romantisch, findst du
nicht?
Er 1 Das ist ein Bild, das Demut zeigen soll,
Und Liebe kann doch
schnell zu Demut werden,
Oder einer Art von
Demut.
Das kommt, weil du vor
mir kniest.
Sie 2 breitet etwas
spöttisch ihre Arme nach hinten aus.
Sie 2 Ach, Lieber, nimm mich bitte an..
Ich geh' mit dir wohin du willst.
Ich gebe mich dir hin.
Sieh her:
So her geb' ich mich dir.
Er 1 Ich glaub' es dir sogar.
Sie 2 Das sollst du auch.
Er 1 Du…
Er 1 küsst sie, und
sieht dann an ihr vorbei, den Weg hinunter.
Dann amüsiert:
Er 1 Steh' auf, sei brav. Es kommt ein
Mensch.
En Mann.
Vielleicht ist es
sogar dein Mann..
Zum Glück kenn' ich
ihn nicht.
Er 1 lacht etwas.
Sie2 ist gelangweilt.
Sie 2 Das kann schon sein.
Der Kursus ist um diese Zeit zu
Ende.
Und er geht dann immer
durch den Park.
Wir wohnen ja gleich
in der Nähe.
Er 1 Das sagst du aus Spaß.
Sie 2 Das könnt' er wirklich sein. Wart' ab. Er
ist gleich hier.
Er 1 springt hoch.
Sie 2 Nun wart' doch ab.
Er 1 Soll ich mich hier von ihm
Mit seiner eignen Frau
erwischen lassen?
Ich versteh' dich
nicht.
Ich müsste mich zu
Tode schämen.
Habt ihr wirklich kein
Geheimnis voreinander?
Er 1 geht schnell weg.
Sie 2 Lässt du mich nun einfach sitzen?
Bleib'
doch, lauf nicht weg!
Er 1 kommt kurz
zurück.
Er 1 Ich bin voll Wut auf dich, verdammt noch
'mal.
Ich Idiot.
Ich sollte auf mich
selber wütend sein.
Ich könnte heulen,
dass ich auf dich reingefallen bin.
Ich könnte heulen, wenn
es nicht die Wahrheit wäre.
Du und ich.., was
machst du nur mit mir.
Er 1 läuft nun fort.
Sie 2 wird
ausgeblendet.
Er 1 irrt im Park herum.
Er 1 Ist alles Selbstmitleid. Hast selber
schuld.
Er schaut nach hinten.
Er 1 Sie kommt nicht nach.
Ich will auch gar
nicht wissen,
Ob er es nun war.
Der Weg ist sicher
falsch.
Ich kenn' mich
überhaupt nicht aus.
Das kann noch lange
dauern,
Bis ich an die Straße
komm'.
Wenn ich am Ausgang
bin,
Wird keine Bahn mehr
fahren.
Höchstens noch ein Bus.
Vielleicht.
Er zeigt nach oben.
Er 1 Du könntest dafür sorgen, dass sie alle
schlafen,
Wenn ich Heim komm',
Dass sie morgen nicht
mehr fragen,
Und mir die Geschichte
mit der Vernissage abnehmen.
Ach mein Kopf, mein
Kopf.
Wie werd ich wieder schlafen.
Mach doch bitte, dass
ein anderer heut Nacht
Der Träumer meiner
Träume wird,
Und mach', dass ich
nicht wieder lügen muss.
Ich hab' das Lügen
satt!
Ich hab' es satt!
Ich lüge, lüge ohne
meine Schuld.
2.
Akt, 1. Bild "Liebesgeständnis"
Kantine
Sie 2 und Er 1 in der Kantine.
Einige Gäste.
Er 1 Du rufst mich nicht mehr an,
Du sprichst nicht mehr mit mir.
Sie 2 Aha, und du?
Er 1 Du bist so blass.
Sie 2 Und wenn ich mit dir reden will,
Lässt du mich einfach stehn.
Er 1 Das war nicht nett von mir. Entschuldige.
Ich hab' mich dann ja auch
besonnen.
Sie 2 Nur, weil meine Freundin Krach geschlagen
hat.
Er 1 Sonst wärst du jetzt mit ihr
An diesem Tisch.
Sie 2 's ist mir lieber so.
Er 1 Mir auch.
Geht's dir nicht gut? Was hast
du.
Soll ich uns 'was holen?
Sie 2 Nein, ich ess' nichts mehr, seit gestern
schon.
Er 1 Warum?
Sie 2 Weil du nicht angerufen hast,
Nicht mit mir sprichst.
Weil du nichts von mir wissen
willst.
Ich hab' dir nichts getan.
Ich lieb'
dich nur, und du...
Er 1 Du musst doch etwas essen!
Meinetwegen isst du nichts:
Was mach' ich wieder falsch?
Ich will doch nur, dass wir Distanz
gewinnen,
Und
statt dessen zwing ich dich, mich zu erpressen.
Jede andre Frau, hätt'
zehnmal nachgefragt,
Was los ist, warum
spricht er nicht mit mir.
Du ziehst statt dessen
gleich die Konsequenz daraus
Und isst nichts mehr.
Wenn ich dich bitte?
Sie 2 Nein, ich möchte nichts.
Sie legt ihren Kopf
ganz flach auf den
Tisch und schaut ihn
von unten an.
Sie 2 Ich esse wieder, esse dann erst wieder,
Wenn ich etwas ganz
Bestimmtes von dir höre.
Wenn du sagst, dass du
mich liebst.
Sag' es mir bitte,
bitte endlich.
Sag' es mir.
Ich möchte es ganz
langsam von dir hören,
Weil ich schon nicht mehr
dran glaub'.
Ich kann es nicht mehr
glauben.
Ich denk' immerzu, ich
rede mir das alles ein.
Ich will es endlich
von dir hören.
Ja, ich will es
wissen.
Er 1 Lieber Gott.
Er nimmt ihre Hand und
küsst die von außen und von innen.
Er 1 So küss' ich dich von außen und von
innen.
Hör' mir zu.
Ich stell jetzt meinen
Willen in die Ecke,
Und ich sag' dir,
Was ich dir nicht
sagen sollte.
Ich will unser Leben,
deines und das meine,
Nicht erschweren.
Und du weißt, das hab'
ich tausendmal gesagt,
Ich will, ich kann,
ich darf dich niemals lieben,
Niemals richtig. Doch,
das weißt du!
Wenn es jemals anders
kommen soll,
Dann sicher nicht
durch unser Zutun.
Hör' mir bitte weiter
zu.
Mit deiner Frage
zwingst du mich.
Anscheinend willst
meine Antwort,
Die ich dir mit jeder
Geste gebe, auch noch hören:
Ja, ich liebe dich.
Ich sag' es dir, weil
es so ist.
Ich schwöre dir, in
meinem Leben hab' ich keine Frau
So sehr verlangt, wie
dich.
Das ist die reine
Wahrheit.
Er küsst ihr die
Stirn.
Er 1 Meine Liebe frisst mich auf,
Weil ich mir
vorgenommen habe,
Sie in mir zu lassen.
Nie im Leben werde ich
so wieder lieben können.
Aber, ich sag' dir
alles nur dies eine Mal.
Danach nie wieder.
Und vor allen die es
hören wollen,
Werd' ich leugnen.
Vor mir selber werd'
ich es bestreiten
Und es nicht noch
einmal eingestehen.
Er küsst ihr noch
einmal die Hand.
Er 1 Also, es ist wahr,
Dass ich dich liebe,
liebe, liebe,
Mehr als alles in der
Welt.
Er legt seiner Finger
auf ihren Mund.
Ich möchte bei dir
sein.
Ganz nah,
Wie du es willst.
Ich möchte alles von
dir haben, glaubst du mir?
Es fällt mir schwer,
unsagbar schwer,
Von dir zu lassen.
Unsre Liebe lässt sich
aber nicht erfüllen.
Ja, ich geb' es zu,
Ich bin dabei, sie zu
begraben.
Das betrifft nur mich.
So bin ich eben.
Darum, hörst du, darum
bitt' ich dich,
Erschwer' uns nicht
die Tage.
Lass uns wenigstens so
nahe beieinander sein
Wie möglich,
Dass wir uns so oft
wie möglich sehen können.
Ich bin zu sehr
eingebunden,
Und ich kann nicht
über meinen Schatten springen.
Denk doch nur an meine
Frau, Familie und die Schreiberei.
Ich kann mir nicht die
kleinste Unterbrechung leisten.
Nein, Erfüllung gibt
es nicht.
Nicht für uns beide
und schon gar nicht jetzt.
Sie 2 zögert mit der
Antwort.
Sie 2 Ich glaub' dir. Ja, ich glaube dir.
Du zwingst mich auch.
Er 1 Zu was?
Sie 2 Du zwingst mich, dass ich mich entscheide.
Er 1 Bitte, und wofür, wogegen?
Sie 2 Wenn du glaubst, was du gesagt hast nehme
ich so hin,
Dann hast du dich geirrt.
Ich lass doch nicht
mit mir durch dich geschehn,
Was andere sich
wünschen!
Er 1 Andere?
Sie 2 Natürlich andere!
Die irren sich
gewaltig.
Du, das weiß ich
langsam, hilfst dir nicht,
Und mir, das sagst du
selber,
Willst du auch nicht
helfen.
Also nehm' ich selbst
die ganze Sache in die Hand.
Er 1 ist erleichtert.
Er 1 Das
find' ich gut.!
Ich weiß zwar nicht,
was du nun machen willst,
wünsch dir aber für
uns beide Glück,
Denn ich hab' wirklich
keine Ahnung.
Du machst das, was du
für richtig hältst.
Nach einer kleinen
Pause.
Er 1 Sei lieb und iss nun wieder, bitte.
Eine Kleinigkeit, dann
kommt der Appetit.
Es liegt mir viel
daran.
Sie sieht ihn lange
an.
Er 1 Was gibt's. Du glaubst mir doch?
Sie 2 Wenn du nur wüsstest, was ich alles machen
würde,
Um dich zu bekommen.
Alles, alles gäb' ich
her.