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Harald Birgfeld, Webseite seit 1987/ Website since 1987

 

da liegt mein Herz, Geschichten aus Niemandsland 2022 -2024 (im Entstehen)

z.B.: 100 Jahre „Kafka“, eine herrenlose Fundsache (neu)

 

Aufruf

 

zu Olympia – olympische Spiele!

 

Alle Veröffentlichungen,

 

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Gedicht der Woche,

 

Lyrik, Prosa und Ingenieurarbeiten

 

 

Galeriebild der Woche und

 

Bildergalerie

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Cover Bärbel u. Harald.jpg

Der vorliegende Gedichtband spannt als Epos aus 26 Teilen einen zeitgenössischen Bogen in schillernden Farben über das Geschehen.

Erwartungen, Hoffnungen und Versprechen auf Liebesglück reihen sich aneinander. Die Verliebten könnten zueinander finden, aber die Gesellschaft und das eigene Ich hindern jeden ihrer Schritte:

 

 

Bärbel und Harald

Harald Birgfeld

Epos, ein Gedicht in 26 Teilen

 

direkt online bestellen sowie im Buchhandel,

132 Seiten, Format A5.

€ 7,90  inkl. MwSt.

 

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© 2018 ISBN: 9783748130628

 

Bärbel und Haraldist auch in den USA, Großbritannien und Kanada unter obiger ISBN und bei abweichenden Preisen bestell- und lieferbar.

 

 

Auch als E-Book

 

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ISBN 9783748186403

 

 

Die Zeit, so dachte ich,

Heilt alle Wunden.

Zweimal kam sie noch an ihren alten Arbeitsplatz zurück,

Nur zu Besuch,

Und saß an meinem Tisch

Und ließ sich dort ganz fröhlich über alles aus,

Und unsere Gedanken,

Die wir uns in neuen, frischen Kleidern zeigten,

Kamen, gingen eigentlich

Mit völlig andren Worten , als wir sprachen,

Über unsren Bogen hellen Lichtes.

Der stand wieder knisternd über uns

Und ließ sich nicht betrügen,

Und er stand auf unsren Köpfen kopf.

 

 

Copyright 2018 beim Autor, Harald Birgfeld, alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne schriftliche Erlaubnis des Herausgebers, Harald Birgfeld, reproduziert werden. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verfilmung und Einspeicherung sowie Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Inhaltsverzeichnis

 

Jesus könnte meinetwegen

Ich bin des Öfteren in einem Haus

Es kamen lange Sommerwochen

Der Sommer kroch dahin

In mir begann ein Sandsturm

Man muss das Leben eines Angestellten sehen

Die Sommertage waren warm

Mein Gott war voll Erbarmen

Tagelang stand nun die Uhrzeit

Dann kam dieser Wochenanfang

Ich weiß nun nicht mehr

Am Abend klingelte bei uns das Telefon

 

 

 

Götter schweigen, wenn sie reden sollen

Ich kämpfte wieder tagelang mit mir

Die Arbeitstage waren schon seit langem

Es kam nun so

Anderntags nahm ich mir frei

Die nächsten Tage kamen wir

So begann ein neuer Tag  in Demut

Im Sommer nahm sie plötzlich

 

 

 

 

Im Oktober sandte sie mir einen Brief

Das Jahr ging ruhelos zu Ende

Die Zeit, so dachte ich

Über ihre Freundin lebte ich nun

Zwei Stunden vor der Zeit

Spät nach Mitternacht

 

 

 

Jesus könnte meinetwegen

Weiblich sein,

Ich hätte nichts dagegen,

Sein Gequältsein, seine Wunden,

Würde ich dann nicht mehr sehen,

Sondern den Verlauf der Frauenhaare.

 

 

 

Hätte man die Frau als Jesus kahl geschoren,

Würden meine Augen

Über ihre Züge laufen,

Über ihren Leib natürlich,

Der wär nach wie vor ans Kreuz geschlagen,

Wäre voller Sterben,

Und für mich voll Leben,

Wär für mich alleine

Eine ganz besondere Besonderheit,

Es wär nicht sie, die litte,

Sondern ich;

In ihrem Leib könnt ich mich wahrhaft

Wiederfinden.

 

 

Sonst, so sehe ich sie vor mir,

Wäre sie wohl eine zarte Frau,

Sie würde Ausdruck haben,

Ähnlich der Pietá Michelangelos,

Der Mona Lisa Leonardos.

 

 

 

Die Gedanken, die ich dazu habe,

Sind mit Kitsch beladen,

Und man soll nicht denken,

Dass ich mir den Jesus weiblich wünsche,

Das wär falsch.

Ich hätte nur dagegen gar nichts einzuwenden,

Und ich denke auch,

Der Arzt, der mich behandelt,

Wäre besser eine Frau,

Und einmal habe ich schon Glück gehabt,

Denn jetzt bin ich bei einer Zahnärztin.

Ich glaube, sie ist Polin.

Und behandelt mich,

So wie ich mich behandelt wünsche.

Es entsteht in mir

Ein königliches Selbstgefühl,

Ich könnte mich ihr völlig überlassen,

Und ich denke auch,

Sie hätte als die Mörderin an mir,

Ein leichtes Spiel,

Ich ließe mich von ihr, fast wie gelähmt,

Zu Tode quälen.

 

 

Der Gedanke kitzelt mich

Und schüttet eine Wohligkeit auf mich,

Der Schrecken des Erwachens, der dahinter steht,

Reicht nicht mehr aus,

Mich in die Wirklichkeit zu locken.

Frauen haben eine Welt in ihren Händen,

Die ich nie begreifen werde,

Die ist maßlos fern von meiner,

Und je näher sie mir steht,

Steht sie mir um so weiter weg.

 

Ich kann zum Beispiel jene Frauen nicht verstehen,

Die behaupten, dass das Leben aus dem Weltall kommt.

Es gibt in dem Zusammenhang

Die Frauengruppe: Frauen, die sich in geschützten Gärten

Nackend mit gespreizten Beinen

In die Sonne legen,

Auf das Weltraumsperma warten,

Das in ihre Scheiden dringen soll.

 

 

Mich stört ja nicht die Dummheit,

Die versteh ich nicht,

Auch nicht das Glauben ans Geschehen

Oder das Vertrauen auf Unmöglichkeit,

Mich stört, so glaube ich,

An diesen Frauen, dass sie sich

So ohne weitres von den Männern wenden.

 

Noch ein Beispiel

Für mein Unverständnis,

Zielt auf eine andre Frauengruppe,

Alles Künstlerinnen,

Die ich auch nicht sehen,

Nichts von ihnen hören mag.

 

 

 

Um sich in dieser ungerechten Welt der Männer,

Wie sie sicherlich zu Recht behaupten,

Durchzusetzen,

Schufen diese Frauen einsam und gemeinsam

Ein aus Ton gebranntes Kunstwerk, „Dinner Party“,

Das als „Fest der 1000 Frauen“

Namen aller Frauen trägt,

Von denen man inzwischen weiß,

Wie stark sie waren

Und in fremder und in eigner Sachen dienten,

Kämpften und verloren, siegten

Und gewannen.

 

 

Dieses Kunstwerk haben diese Frauen

Rundherum mit Kacheln schönster Formen

Ausgeschmückt und damit einen Tisch gedeckt,

Und was mich daran stört,

Was sie entblößt und das Intimste zeigt,

Das eine Frau doch niemals ohne ihrer selbst,

Wenn überhaupt,

Der Öffentlichkeit überlassen würde,

Ist, dass diese Kacheln

Als ein metergroßes Mosaik

Entfremdeter Vaginen anzuschauen sind,

Man isst von ihnen.

 

 

Dieses Kunstwerk ist mir völlig

Unzugänglich, fremd, unnahbar,

Und der Zugang sollte doch natürlich sein.

 

Wenn ich nun beim Gestehen bin,

Dann gebe ich auch zu,

Dass ich ein Bildnis,

Das ich nicht zu denken wage,

Immer wieder vor mir sehe.

 

 

 

Ursprung dafür ist,

Dass eine ausgestreckte Hand

Den abgeschlagnen Frauenkopf

Am Nackenhaar hoch in die Lüfte hebt.

 

Es ist ein glatter Schnitt,

Und meine Phantasie verbindet diesen Frauenkopf

Mit einem Rumpf

Und trennt ihn immer wieder

Von den mir bekannten Frauenleibern.

 

 

Schmale Schultern, schlanke Körper,

Frauen, die sich bücken,

Schöne Frauennacken mit ein wenig Flaum

Verführen mich zu diesem Bild.

 

Ich bin dabei getrost,

Es fließt kein Blut,

Und trotzdem suchen meine Augen

Ganz genau den Schnitt,

Der setzt von hinten an.

 

Das Bild, erinner ich,

Stammt aus der letzten Köpfung

Einer Bremer Mörderin,

Der wurde, sagt man, nicht der Kopf geschoren.

 

 

Ich empfinde keinerlei Triumph

Und keinerlei Befriedigung

Und kein Bedauern, nichts,

In mir ist alles abgestumpft.

 

Es ist ein monotoner Ablauf,

Wolken sind es,

Die sich hoch am Himmel ineinander schieben

Und sich trennen,

Sich erneut zusammenfügen

Und dann auseinanderlaufen.

 

 

 

Ich bin des Öfteren in einem Haus

Mit mehreren Etagen.

Darin treffe ich auf Angestellte,

Mitarbeiterinnen und Kollegen.

 

Vor zwei Jahren oder länger fing dort eine Neue an,

Kurz unter dreißig Jahren,

Und der sträubte sich,

Als ich ihr erstmals „Guten Morgen" sagte,

Gleich das Silberfell der Arme.

 

Das sieht man bei blonden Frauen gut,

Und ihre Augen, ihre Haare

Und ihr schräg nach vorn geneigter Nacken,

Fielen mir gleich in die Hände,

Ohne dass sie meine Räuberei bemerkte.

 

 

Später allerdings entdeckte ich,

Das wusste ich nur jetzt noch nicht,

Dass ich der mehr Beraubte war

 

Sie hatte mir im ersten Augenblick

Die Stimme, meine Augenfarbe,

Was ich sagte,

Und viel schlimmer,

Alles, was ich sagen wollte, sagen würde,

Schon im Vorhinein gestohlen.

 

 

Die Gedanken, die ich hatte,

Hatte sie mit diesem ersten Angriff,

Den ich noch als Sieg für mich verbuchte,

Mir so tief gestohlen,

Dass ich mich durch sie

Zum eigenen Gefängnis machen ließ

Und dachte nur und nur und nur an sie

Und kehrte immer wieder, immer mehr

Von allen, allem andren fast, wie heim zu ihr.

 

Den Gegenangriff

Hatte ich sofort und instinktiv gespürt

Und ihn als Sympathie gewertet,

Und ich wusste auch,

Sie hatte einen Mann,

Und alles würde im Gerede bleiben

Und es würde nichts in diesem Hause

Ins Gerede kommen,

Und für mich war es genau das gleiche.

 

 

 

Meine Frau konnt ich ja nicht betrügen,

Und ich schrieb an einer großen Sache,

Die stand grade auf

Und brauchte mich total,

Und außerdem,

Das redete ich mir seit Kurzem wieder ein,

Geschah im Leben alles unter einer

Höh‘ren Ordnung,

Die hätt diesen Einbruch

Nur als Fügung zugelassen,

Nicht als Willen meinerseits.

 

Trotzdem,

Ich malte mir in einer Ehrlichkeit,

Die ich nicht lassen konnte,

Alle Chancen bei ihr aus,

Und sie wohl auch.

Ich strich die Segel,

Wegen dieser Aussichtslosigkeiten,

Und behielt den Eindruck ihrer Sympathie.

 

 

Sie hatte in den zwei Sekunden,

Die ich „Guten Morgen" sagte,

Eine große Schlacht geschlagen,

Und ich gab mir keine Mühe

Einen Blick in ihren schönen Kopf

Zu werfen.

 

Sie hingegen sah schon festes Land,

Und über ihren Hals ergoss sich

Dunkles Rot, das stieg schnell auf

Das steckte ihre Wangen an

Und ihren Mund,

Der war sonst ungeschminkt,

Stieg bis in ihre Augenlider

Und darüber in die Stirn..

 

 

Sie kannte sich genau.

 

Ihr blondes Haar stand auf der Schulter,

Stützte sich als Bilderrahmen,

Als ein hochgestellter Kragen

Darauf ab,

Ein Vorhang, der Kulisse hatte,

Und sie sagte fest,

Mit einem Willen, der erschrecken lassen könnte

Und zugleich mit einem Unterton,

Der galt nur mir:

„Das wünsch ich Ihnen auch“.

 

Die Augen heftete sie an den Boden,

Und ich riet, wie weit die Wurzeln dieser Röte

In die Tiefe stießen,

Und sie ließ mir Zeit

Darüber nachzudenken.

 

 

 

Gegenüber saß die andre Frau,

Ein freier Mensch,

Den immer frohe Laune stach,

Dass ich sie manchmal darum mied,

Die kam dazwischen:

„Ihr in eurem Alter braucht euch vor Verlegenheit

Nicht zu verstecken“,

Und wir schreckten beide hoch

Und sahen sie mit aufgerissnen Augen an.

 

 

Ich musste mich erinnern,

Wo ich war, und grüßte sie

Und sagte zu der Neuen,

Dass ich mich das eine und das andre Mal

Hier sehen lassen müsste,

Um ihr ihre Arbeit zu erklären,

Und um sie nach Fragen abzufragen,

Falls sie welche hätte,

Und die Unterschriften,

Die sie von mir brauchen würde,

Gäbe ich an meinem Tisch,

Der stünde zwei Etagen tiefer;

Und für mich war es nicht neu,

Die Neuen einzuweisen,

Und ich achtete aus vielen Gründen

Stets darauf,

Dass immer eine weitere Person zugegen war.

 

 

Die Unterschriften gab ich nur

An meinem Tisch.

Dort gab es immer und für alles Leute,

Die die Augen vorn und hinten hatten

Und mich sehen konnten,

Und ich war zugleich in meiner Ecke

So getrennt von denen,

Dass ich die Gespräche führen

Und auch wählen konnte, wie es nötig war

Und wie ich selbst es wollte,

Und ich konnte auch Gespräche

Ganz dem Partner überlassen,

Niemand konnte uns verstehen.

 

 

 

Von dort oben zog ich mich verwirrt zurück

Und schämte mich dafür vor mir:

‚Du bist wohl drauf und dran dich zu verlieben!

Bist ein Trottel, hast Familie,

Bist schon über fünfundvierzig Jahre,

Siehst doch allen Frauen nach,

Und meistens wegen einer Kleinigkeit.

An die gewöhnst du dich wie an die anderen.

 

 

Denk an die eigne Frau,

Und lass das kindische Benehmen sein,

Und reiß dich doch zusammen,

Denk an ihren Mann,

Den kennst du nicht.

Lass dich nur nicht so schnell dort oben

Wieder blicken

Und bedenke

Eine Frau aus zweiter Hand

Würdst du nie nehmen, so groß

Kann die Liebe gar nicht werden,

Und ein Abenteuer kommt für dich

Am Arbeitsplatz niemals in Frage.‘

 

 

Also rettete ich mich

Und war schon auf der Flucht,

Und fühlte mich auch überlegen,

Und in mein Gedankengut

Sah ich den Keim von ihr gelegt,

Der zündete als eine Explosion

Nach innen.

 

 

 

Es kamen lange Sommerwochen,

Wo die Arbeit, wo uns das Geschäft,

In Ruhe ließ.

Es tat sich nichts,

Und wir versuchten alles

Ins Gespräch zu kommen, ohne aufzufallen,

Ohne unbesonnen uns zu offenbaren.

 

Ich erfuhr von ihr,

Dass sie noch keine Kinder hatte,

Und wir sprachen über viele intressante Dinge,

Kunst und Wissenschaft,

Sie hatte grad ihr Studium

Erfolglos abgebrochen und lag so wie ich

Stets auf der Lauer nach dem Denkbaren.

Wir trafen uns bei ihr dort oben,

Und bei mir dort unten,

Und wir waren nie allein

Es sei denn, dass wir in die Pause gingen

Und das Haus verließen,

Um in der Kantine unter anderen

Allein zu sein,

Das war für mich als säße ich einem Kino

Und versuchte auf die Leinwandhelden

Einzureden.

 

 

Jeder von uns beiden sprach am anderen vorbei

Und meinte ihn doch pausenlos zu meinen.

 

Damals richtete ich manchen Weg so ein,

Dass ich in ihre Nähe kam,

Der morgendliche Weg war mir genauso recht

Wie unser Treppenhaus,

Und immer häufiger sprach ich mit ihr.

 

Sie hatte eine Eigenart, der war ich

Auf der Spur.

 

Sie konnte mich mit Argumenten fangen,

Die ich selber spürte

Und oft vor mir hatte,

Aber nie aussprach,

Sie konnte mir die Sicherheit,

Die mich umgab,

Die ich für meine große Sache,

Eine dichterische Arbeit, brauchte,

Rauben.

Konnte alles schnell ins Wanken bringen,

Und sie führte mich an Punkte

Meiner Unzufriedenheit.

 

 

Und ihre Argumente waren,

Dass ich durch und durch verlogen wäre,

Und ein typisches Produkt totaler Hörigkeit.

Ich sollte endlich einmal

Irgendetwas nur für mich entscheiden,

Und nicht immer so, wie ich wohl meinte,

Dass es andere von mir erwarteten.

Ja, wenn ich meinte, dass ich mich

In meiner Schreiberei, die neben dem Beruf geschah,

Nicht frei entfalten könnte,

Sollte ich doch alles ‚an den Nagel hängen‘

Und mich ganz dem Antrieb überlassen,

Und man sähe ja auf Anhieb,

Dass ich zu den Opfern meiner Umwelt zählte,

Und sie sähe es mit Schmerzen

Und Bedauern,

Dass ich mich auch ihren Argumenten näherte,

Und keinen festen Standpunkt

Außer monotoner einstudierter Litanei

Mehr von mir geben könnte.

 

 

 

Später sagte sie auch so,

Es gäbe eine Möglichkeit,

Die könnte mir die Freiheit bringen,

Und ich dachte lange nach und kam nicht drauf,

Und dachte auch,

Wie frei ich wirklich wäre,

Und von ihr war ich schon lange nicht mehr frei

Und fuhr in eine Unfreiheit, die mir gefiel.

Bei ihr, so dachte ich, wär alles anders.

Eines, fiel mir plötzlich ein,

War unbedacht von mir

Und nicht bedacht

Und nur in meiner Phantasie vorhanden,

Denn ich nahm es still und schweigend an,

Dass diese Frau mich lieben könnte,

Dass es sich um diese, Frau zu werben,

Lohnen könnte,

Dass es bei uns beiden aber nicht zum Schüren

Einer Glut

Und nicht zum Zünden eines Feuers

Kommen würde.

 

Woher wollte ich nur wissen,

Dass sie überhaupt an Liebe dachte?

 

 

 

In Gesprächen kamen wir uns näher,

Eigentlich nur, um uns nah zu kommen,

Und sie war doch eine Frau

In fester Hand

Und sprach sehr gut von ihrem Mann,

Und ich sprach gut von meiner Frau,

Und über beide sprachen wir sehr wenig.

Sicher sprach sie nur mit mir

Um der Gespräche willen,

Alles intressierte sie,

Und die Gedanken an die Liebe

Brach ich endlich ab,

Und schalt mit mir

Und war ein Tor davor

Und hatte nur an mich gedacht

Und nicht an sie.

 

In Zukunft wollte ich viel sachlicher

Und nüchterner mit ihr verkehren,

Und das würde sie verstehen,

Und ich sprach sie einmal darauf an

Und richtete es ein,

Dass wir alleine waren,

Und ich sagte ihr,

Dass ich sie gerne sähe,

Und ich hätte mehr als Sympathie

Für sie entdeckt.

 

 

Die würde aber schnell an eine Grenze stoßen,

Wo auch andere mit einbezogen werden müssten,

Ob wir wollten oder nicht,

Und bat sie um Entschuldigung,

Weil es an mir gelegen hätte,

Und ich sagte noch im Spaß,

In meinem Horoskop hätt ich gelesen

„Hände weg vom Löwen,

Der ist Gift für einen Skorpion“,

Und sprach natürlich von uns beiden.

Sie war Sommerkind

Und ich im Herbst geboren,

Und sie sagte keck und wurde gar nicht rot,

Dass sie mich liebte,

Und sie ließe nicht davon

Und zeigte mir den Ausschnitt

Eines andren Horoskopes,

Den sie aus der Tasche holte.

Und ich musste lesen,

Was für sie geschrieben stand

„Der Skorpion ist Ihnen

Wie ein Dolch in einer Wunde,

Der sticht fort und fort“.

 

 

 

Ich fand die Warnung gut

Und dachte auch an ihren Mann,

Das sagte ich

Und sie sofort,

Der ginge mich nichts an.

Ich dachte an Zuhause und an den Betrug,

Den ich begann,

Betrug auch an dem großen Werk,

Das ich zu schreiben hatte,

Und an meinem Gott,

Den wagte ich ihr erstmals ganz zu zeigen,

 

 

Und sie lachte über mich

Und sagte noch

„Du wirst es nie begreifen

Und versuchst es allen, selbst den Unsichtbaren,

Recht zu machen,

Das gelingt dir nicht,

Denk einmal nur an dich,

Und sage mir, dass du mich liebst!"

 

Ich schwieg sofort

Und hätte auf mein Herz geachtet,

Das schlug Sturm,

Und achtete auf ihren Mund

Und gab ihr einen Kuss.

 

 

Es fiel mir dabei auf,

Dass sie ein wenig größer war als ich

Und roch an ihrem Haar

Und fasste sie ganz fest

Und ließ sie sein

Und ging verlegen fort an meinen Arbeitsplatz.

An Ordnung war nicht mehr zu denken,

Und sie war sogleich am Telefon,

Ich hörte sie nur atmen,

Und ich legte auf und nahm mir vieles vor

Und würde sie in allem meiden müssen,

Und zugleich besann ich mich auf mich

Und maß mein Glück,

Es war noch nicht zu fassen.

 

 

 

Der Sommer kroch dahin,

Wir mieden uns in diesen Tagen

Eigentlich war ich es, der ihr auswich,

Ich war außerdem in Angst

Um meinen Arbeitsplatz,

Und eine Liebschaft hätte mich den

Ganz bestimmt gekostet,

Und ich war sehr schroff zu ihr

Und tat ihr vor den andren weh

Und sagte auch,

Dass ich nur noch alleine

Zur Kantine gehen wollte,

Und sie schloss sich der Kollegin an,

Die hatte nichts bemerkt und rief mich auf,

Gerechter zu den Neuen

Und ein wenig rücksichtsvoller

Ihnen gegenüber aufzutreten.

 

Einmal liefen wir uns noch im Treppenhaus

Ganz unversehens in die Arme,

Und ich war vor Freude fast besinnungslos,

Und unbesonnen küsste ich sie in die hohle Hand,

 

 

Die hielt ich mir als Trinkgefäß

An meinen Mund,

Dann auf die Stirn, die war ein wenig heiß,

Ich dachte, so stürmt eine Reiterei,

Wenn sie auf Beute ist,

Dann wendete sie sich, so weit es ging zurück,

Den Kopf an eine Wand gelehnt,

Und unsre Münder lagen als zwei warme Rücken

Aufeinander,

Und es dauerte, bis sie sich öffneten,

Und dabei hielt ich ihr die Hand, wie Kinder,

Die sich zueinander neigen.

 

Stumm war alles,

Kein Geräusch von uns entstand,

Wie lauschten nur treppauf, treppab,

Dann trieben wir als schnelle Balken,

Die ein Strudel irgendeines Wassers

Nicht zu Boden reißen konnte,

An die Oberfläche,

Wurden frei von seinem Sog

Und drehten uns auf unsren Weg zurück.

 

 

Ich ließ sie endlich los,

Die Arme waren lang gestreckt,

Und jeder musste ans Geländer greifen,

Dass er Halt bekam,

Dann war der Augenblick vorbei,

Wir eilten weiter,

Ohne uns noch einmal umzudrehn,

Das weiß ich jedenfalls von mir.

 

Zur Mittagszeit verstieß ich sie,

Das konnte sie nicht ahnen

Heute würde ich nichts essen,

Und der Weg in die Kantine

Sei mir viel zu weit.

 

In ihren Augen standen Tränen,

Und sie ging alleine aus dem Haus

Und rief mich auch nicht an.

 

 

 

 

In mir begann ein Sandsturm aufzustehen,

Der blies trocken und sehr heiß.

 

Ich dachte tagelang an meine Freiheit,

Ob es wirklich keine Freiheit sei,

Und mein Zuhause

Schnitt am schlechtesten von allem ab,

Und dabei hatte ich es hier am besten,

Alles war, so dachte ich daheim, durch mich,

Durch meine Rücksichtslosigkeit,

Auf meine dichterische Arbeit abgestellt,

Die ließ sich nur in meiner freien Zeit

Bewältigen,

Und die ließ keine Freiheit zu.

 

Ich sah das Häusliche von nun an

Mit Befremden an.

Es fehlte mir ja Raum zum Schreiben,

Und die Ruhe war in dieser Enge nicht zu finden,

Und dann hatte ich den Dauerkampf

Mit dem Gewissen, der Familie gegenüber,

Zu ertragen.

 

 

Lange Zeit entsandte die Familie

Hohn und Drückebergerei in meine Arbeit

Und in die Gedanken, die ich schaffen wollte;

Sandte mir mit Worten

Beileidstelegramme in mein Werk,

Sie wusste es nicht besser,

Und sie ahnte nicht, dass ich mein Schaffen

Gegen alles, über alles stellen würde,

Und ich dachte doch,

Dass es ein Auftrag sei von höchster Stelle,

Und der sei an mich ergangen;

Und ich wusste auch,

Dass ich mit meiner Eitelkeit

An einer Waffe schmiedete, die hing nun

Über meinem Schreibtisch,

War auf mich gerichtet,

So bedrohte ich mich selbst.

 

Es war die Waffe,

Die hängt jeder Dichter über sich

Und rechnet täglich mit der Tötung,

Durch sich selbst,

Die treibt ihn an zu schreiben,

Die verletzt ihn dauernd schwer

Und lässt ihn auch gesunden.

 

 

Diese Waffe ist ein Fallbeil,

Das im Gegensatz zu andren dauernd niederfährt,

Das steht im Blutbad einer Köpferei

An dieser einzigen Person

Und steht nicht still.

 

Die Häuslichkeit ist eine rücksichtslose Enge

Und ich konnte keinen Raum für mich alleine

Schaffen,

Dauernd brachen Stimmen ein,

Und jemand hatte hier zu tun,

Ich hing ein Schild von außen an die Tür,

Das brachte wenig Schutz,

Denn, wenn schon keiner einbrach,

Lagen meine Ohren, meine Augen

Auf dem kleinen Flur davor

Und hielten Wache.

 

Als den Tänzer auf dem Seil

Muss man den Dichter sehen.

Niemals darf man ihn im Schaffen stören,

Nicht einmal mit den Gedanken,

Weil die als ein Zerren an dem Faden

Aufgenommen werden

Und ihn stürzen lassen.

 

 

 

Schwankend ist sein Leben ohnehin,

Und pausenlos wird er zu Fall gebracht

Und schlägt sich Wunden,

Die erkennt kein Mensch,

Die heilen auch nur schwer.

 

Für diese Dinge gibt es selbstverständlich

Keine Lösung,

Selbst ein Schloss mit Dienerschaft,

Wie ich es manchmal denke,

Käme ungelegen,

Weil, und das ist ihm ein Widerspruch,

Dasselbe Leben, das ihn stört,

In seinem Rücken leben muss.

Er muss es spüren,

Es muss ihm die Kehle drücken,

Er darf sich ihm nicht entziehen.

 

So kam meine Häuslichkeit am schlechtesten davon

Und war vielleicht das Beet

Auf dem allein und einzig

Meine dichterische Arbeit wachsen konnte.

 

Der Gedanke an die Trennung drängte sich mir auf,

Und ich tat alles,

 

 

 

Um mich innerlich und äußerlich vom Haus

Und der Familie loszusagen,

Das kam meiner Arbeit sowieso entgegen,

Und ich wusste nicht mehr ein noch aus

Und rief nach meinem Gott,

Der sollte bei mir stehen,

Weil ich alles, was ich dachte

Auch zugleich gleich widerrief,

Und wenn ich dachte,

Dass ich einen Auftrag zu erfüllen hätte,

Fühlte ich mich auserwählt

Und lachte augenblicklich

Über die Naivität von mir.

 

Ich konnte so nicht auf mich zählen,

Und ich nahm mich ernst

Und spottete auf meinen Weg,

Der war der Weg des ganz Gerechten,

Und er tummelte sich in der Ungerechtigkeit,

Die richtete sich gegen mich

Und gegen sie

Und gegen ihren Mann

Und gegen die Familie, die ich hatte,

Und sie kam, als Gipfel meiner Ungerechtigkeit,

Von ihm, von meinem Gott;

 

 

Und hätte mich ein Mensch gefragt

„Glaubst du an Gott?"

Hätt ich mich in Verlegenheit gesonnt

Und sicher nicht bekannt.

 

Der Neuen gegenüber,

Ja, ich tu mich schwer mit ihrem Namen,

Will jetzt noch nicht

Auf die Passage meiner Lippen trauen,

Vor ihr grub ich alles aus

Und ließ es mir von ihr zerstören.

 

Dumm ist jeder Mensch, der seine Hand

In kochend Wasser hält.

 

Die Freiheit, die ich hatte und bedachte,

Hätte ich von einem weiteren Verschluss

Befreien müssen,

Das war dieser Zwang zu schreiben.

 

Nichts konnt ich mir denken,

Das mich den Entschluss zu schreiben

Jemals hätte reuen lassen können.

Alles war ich dafür aufzugeben

Und zu opfern

Und zurückzudrängen fest entschlossen

Und bereit.

 

 

 

Der Zwang zu schreiben,

War der Zwang an sich an mir,

Es war die Möglichkeit auf die ich

Zwei Jahrzehnte hoffnungsvoll gelauert hatte,

Und von der ich schwer geträumt,

Auf die ich ahnungsvoll gewartet hatte,

Und nun stand sie endlich in der Tür,

In einer offnen Tür

Und ließ mich ihre Schwelle überschreiten

Und die neuen Räume mehr und mehr erobern.

 

Nichts hätt mehr vor dieser Möglichkeit

Gegolten,

Und sie brachte einen schwachen Punkt mit sich:

Wer mich in ihr bestärkt

Und unterstützt, sogar gefördert hätte,

Wäre die Verkörperung der Möglichkeit

Für mich geworden.

 

Und ich sehnte mich danach

Und spielte unentwegt mit dem Gedanken

Es der Frau ganz unbedacht zu unterstellen,

Und ihr leichtes Spiel mit mir zu machen.

 

So, auf diesem Weg,

 

 

Wär ich bereit gewesen

Alles aufzugeben.

Darin sah ich einzig die Gelegenheit

In meinem Leben diesem Leben

Ohne Reue zu entrinnen.

 

Neuanfang mit ihr stand in der Tür,

Und in der Tür stand neben ihr ein Königreich,

Das legte sie mir vor die Füße,

Sie sich selbst dazu,

Ich brauchte nur danach zu greifen

Und mit ihr zu gehen.

 

Neuanfang und Neubeginn verlangten keine billige Bezahlung.

 

Vieles würde liegen bleiben

Trennung von Familie, Haus und Arbeitsplatz,

Ihr Mann und Schwierigkeiten über Schwierigkeiten

Sah ich an dem Weg.

 

Ich wusste nichts von ihr,

Nicht wie sie lebte

Nicht, was in ihr lebte.

 

Letztlich hätte ich,

 

 

Das war am schlimmsten,

Meine Treue brechen müssen.

Davor hatte ich die Angst,

Weil dieser Schritt so gar nicht widerrufbar war,

Und sah dabei wie recht sie hatte

Und dass ich das Schlachtvieh meiner Umwelt war

Und dazu hatte machen lassen,

Denn die Treue ist heut nichts mehr wert

Und ist kein Gegenstand der Diskussion,

Und Eifersucht aus diesem Grund

Ist fast schon lächerlich.

 

Ich litt ganz schrecklich unter dem Gedanken,

Und noch schrecklicher war auszudenken,

Was danach erst käme,

Wenn ich nüchtern und besonnener zu denken hätte

Was hast du getan an dieser Frau

Und an der anderen?

 

Ich schaffte es, ihr aus dem Weg zu gehen,

Das ging ein paar Tage gut.

 

 

 

Man muss das Leben eines Angestellten sehen,

Der kann sich die größte Mühe geben,

Das nützt alles nichts.

 

Er hat ein Allerweltsgesicht zu machen

Und kann seinen Widersachern

Nicht entweichen,

Seinen Freunden nicht und,

Wenn sie sich ergibt,

Auch einer Liebschaft nicht,

Und nichts von allem dürfen andre wissen,

Und die Arbeit bindet alle ein

Und aneinander,

Und nur, wer neutral und ohne jede Auseinandersetzung

Seinen Arbeitstag verbringt

Und ‚funktioniert‘,

Hat eine echte Chance.

Launen und auch Stimmungen sind tödlich,

Und die andren werden dann,

 

 

Weil sie sich selbst beherrschen müssen,

Unbeherrscht und zu Hyänen, die den,

Der sich gehen lässt,

Im Handumdrehen auseinanderreißen.

 

Alles das, was außerhalb geschieht,

Bleibt unerwähnt, so soll es sein,

Und kann nicht schaden.

 

Neuen sieht man vieles nach,

Und andre müssen Vorbild sein.

Wer Vorbild ist,

Soll alle gleich behandeln,

Dann darf er sich sogar Strenge leisten.

 

Wenn ich sie vor allen stehen ließ

Und sie mit Tränen in den Augen

Ganz allein entließ und ihre Forderung,

Sie zur Kantine zu begleiten, abwies,

Dann war das ein Akt der Strenge,

Den die andren, die es hörten,

Gelten ließen,

 

 

Und im Grunde wehrte ich damit nur die Gefahr

Entdeckt zu werden, von mir ab,

Denn meine Liebe zu der Frau wuchs ungeheuerlich,

Und eigentlich war es ja ein Begehren,

Und, dass sie als erste das Begehren formulierte

Und es mir ganz ruhig hatte sagen können,

Hatte einen Riss in mich getragen,

Der als Sprödbruch

Durch die dicke Decke Eis geschossen war,

Die hatte unter einer Nacht gelegen,

Und es hatte einen mörderischen Schrei in mir gegeben,

Der verhallte nicht.

 

 

 

Die Sommertage waren warm

Und viel zu trocken,

Und der Staub stieg in mir auf.

Es war auch so, dass sich der Sandsturm,

Der in meinem Innern tobte, nicht beruhigte,

Und meine Nächte, meine Träume

Wurden zu dramatischem Entsetzen.

 

Was sie mich durchleben ließen,

Konnte ich am Morgen nicht mehr wissen,

Aber meine Frau beschwerte sich

Und fragte mich,

Und schlimm sei es mit mir,

Und meine Rufe, meine Schreie seien fürchterlich,

Und ich war nass im Schweiß

Und suchte mich am Tage um so mehr zu fassen.

 

 

Meine Frau, so denke ich,

Erkannte die Veränderung

Und konnte sie nicht orten,

Und ich selbst stritt alles ab

Und war in dem Prozess,

Den konnte ich nicht formulieren,

Und ich hatte eine neue Art

Mit der Familie umzugehen,

Die erinnerte mich an den Satelliten,

Dem man lange vor der Korrektur der Bahn

Das Steuerungskommando geben musste,

So ließ ich mich von ihr dirigieren.

Ich war weit, weit draußen,

Und nur selten traf mich ein Befehl.

Ich schwebte fest im Raum

Mit einem Ziel in Aussicht,

Ohne mich nur einen Zentimeter zu bewegen.

 

 

Eines Nachmittags rief sie mich an,

Wir waren beide im Büro,

Ich möchte diesen Abend länger bleiben

Und mit ihr spazieren gehen,

Dass wir miteinander reden könnten,

Und sie möchte mich im Park am Wasser treffen

Oder wo ich wollte,

Nur damit man endlich einmal miteinander

Ungestört und ungehört Versprechen sprechen könnte,

Und sie sagte gleich:

„Ich liebe dich“,

Und mich verstünd‘ sie nicht.

Ich sagte: „Ja" und war bereit

Und richtete mich darauf ein

Und gab Zuhause nicht Bescheid,

Man musste doch auch einmal ohne Grund

Nicht pünktlich sein.

 

 

 

„Mein Mann“, das sagte sie mir noch,

„hat montags, mittwochs einen Kursus,

Der vermisst mich nicht“.

 

Sie sagte dies am Telefon mit einer Fröhlichkeit,

Als wollte sie aus unsrer Liebe

Kein Geheimnis machen.

 

Abends gingen wir getrennt aus dem Gebäude,

Trafen uns sofort danach auf einem Weg

Der sich im Park verlor.

Ganz hinten lag der Fluss,

Fast unbewegt,

Die Schiffe standen still auf ihm.

 

Wir gingen artig, fassten uns nicht an,

Und meine Neigung hielt ich felsenfest zurück,

Ich durfte ihr nicht in die Augen sehen,

Und sie wollte meine Antwort hören,

 

 

Die kam so nicht an,

Mein Innenmund schrie noch nicht laut genug.

Ich sagte keinen Ton zu ihr,

Die Stimme blieb in mir.

Ich dachte nur an das,

Was ich mir vorgenommen hatte,

Meinem Wunsch nicht nachzugeben,

Und wir sprachen über eine Stunde lang

Und kamen nicht zum Punkt

Und standen in der Nähe einer Bank.

 

Dort ließ ich meinen Vorsatz sein,

Nahm sie an ihre Hand

Und setzte sie zu mir

Und gab ihr meine Antwort,

Dass sie sich an mir verschlucken sollte.

 

Sie war überrascht und nahm mich an

Und hatte den Vulkan in mir entdeckt,

Der brach an vielen Stellen auf.

 

 

Ein frischer Wind bewegte sich,

Der strich durch eine angenehme Dunkelheit

Und unser Haar.

Mein Mund war tief in ihr Gesicht getaucht,

Und meine Hand lag unter ihrem Kleid,

Und eine Wohligkeit ergoss sich über mich

Und über sie,

Sie ließ es sich gefallen,

Und sie fragte nun nicht mehr und nicht mehr nach,

Dann drängte ich mit meinem Kopf

In ihren Schoß,

Und ihre Hände fassten mich im Nacken,

Und es war ein liebevolles, angenehmes,

Nie gekanntes Beugen ihres Körpers über mich.

 

 

 

Sie mochte mich,

Und es war neu, dass mich ein Mensch

So liebevoll berührte.

 

In Sekunden der Erinnerung,

Die wir nicht steuern können,

Die uns überraschen,

Die wir uns gefallen lassen müssen,

Schossen stolze Worte meiner Mutter

Als Verletzungen durch meinen Kopf:

„Ich habe meine Kinder nie im Arm gehabt

Und nie auf meinen Schoß gesetzt,

Wir hatten dafür immer Personal“.

Ich dachte, dass ich niemals einen

Kuss von ihr empfangen hatte,

Niemals zur Begrüßung,

Nie zum Abschied,

Keinen Händedruck,

Nie irgendeine Zärtlichkeit.

 

In einem zweiten Augenblick

Gestand ich mir noch etwas andres ein

Selbst meine Frau vermied es,

Ihre Hand auf mich zu legen,

Ja, mich nur mit einem Streicheln ‚anzuregen‘,

 

 

Denn es endete, so sagte sie, doch immer gleich.

 

Ich hielt dagegen,

Dass es sowieso und immer wieder so

Beendet würde.

 

Frauen, die bisher in meinem Leben standen,

Hatten mich nie angefasst,

Und jetzt befiel mich diese Sehnsucht

Nach Liebkosung.

Ich entdeckte sie durch sie ein zweites Mal,

So dass ich innerlich in Tränen stand,

Das wollte ich ihr nie vergessen,

Und ich bat ihr vieles ab

Und sagte nichts zu ihr,

Und dachte auch,

Ich gäbe mich damit noch mehr in ihre Hand

Und schwieg und schwor,

Wenn sie ein Gott in meine Augen sehen

Und sie darin lesen lassen würde,

Sollte sie es wissen und erfahren

 

 

Und sah zu ihr auf

Und suchte ihre Augen.

Fast gelangweilt blickte sie den Weg hinab.

Ein Ausdruck war in ihren Zügen,

Der von keiner Regung sprach,

Und ihre Hände kraulten mich,

Als hätte sie ein Hundetier auf ihrem Schoß.

 

Ich kam nun hoch

Und hörte auf ihr Herz

Und drückte ihr mein Ohr fest auf die Brust,

Dazwischen lag nur wenig Stoff,

Und ihre Brust war mir ein königliches Kissen,

Hinter dem vernahm ich einen Sturm,

Den hatte ich dort nicht erwartet,

Und ich glaubte ihr,

Dass sie das lähmte.

 

 

 

„Wenn du mich nur etwas liebst", so sagte sie,

„Dann sag es mir, ich will es hören“.

Ihre Stimme war die sanfte Hand,

Die strich die Kissen glatt,

Und sie betörte mich.

Die Augen waren weich im zarten Blau,

Die Haut war blass.

Ich knöpfte ihre Bluse etwas auf

Und küsste ihre Haut,

Und schloss das Kleid

Und war zufrieden;

Mehr, so dachte ich, ist nicht, zu machen;

Dann sprach sie noch einmal:

„Oft hab ich an meinem Herzen Schmerzen,

Die sind fort, wenn du in meiner Nähe bist

Und mich nicht quälst“.

 

 

„Du solltest mich vergessen

Und ich dich und auch,

Dass ich auf deinem Schoß gelegen habe.

Lass, es sich dabei bewenden,

Lass es wie es ist. Du weißt,

Dass ich nicht kann, nicht will, nicht darf

Was ich gern möchte,

Und auch der Gedanke,

Dass du einem andren Mann gehörst,

Macht mich ganz krank.

Ich kann nicht eine Frau in Liebe lieben,

Die noch eben einem anderen gehört hat“.

Darauf sie

„Das ist ja lächerlich.

Für dich kann ich nicht wieder Jungfrau werden“.

 

 

Und dann ich

„Ich würde dich für mich auch ganz verlangen

Und mit keinem teilen wollen.

Das ist mehr als nur ein Grund“.

 

Sie blieb ganz ruhig:

„Dann nimm dir ein Zimmer

Und ich zieh zu dir.

Ich suche mir so schnell es geht

Woanders eine Arbeit.

Das ist einfach,

Und ich mache keinen Spaß“.

Ich sagte: „Nein" und „Nie".

 

 

 

Und sie gab eine andre Schmeichelei,

Die war noch süßer und viel schlimmer

„Komm mit mir,

Mein Mann hat seinen Kursus, der kommt spät,

Dann bist du ganz bei mir“,

Und sagte dies mit einer Selbstverständlichkeit,

Dass ich mich vor sie stellte

Und nichts mehr zu sagen wusste.

Das nahm sie als Zeichen

Und stand auf und sah mich freundlich an,

Ein Engel, dachte ich, gesandt, um mich zu quälen,

Und ich wurde derb:

„In euren Betten soll ich toben,

Und dein Mann erfährt davon

Durch irgendeinen dummen Zufall,

Schlägt mich tot, ich weiß nicht was noch alles“.

 

„Ach das wird er nicht“, sie war ganz ruhig,

Sprach auch leise.

„Woher kannst du das wohl wissen,

Ich wär fürchterlich in meiner Raserei!"

 

 

Das hatte ihr gefallen,

Und aus ihren Augen blitzte es,

Sie brachte mich voran, das gab ihr Sicherheit

Und Mut.

Mir fiel auch ein,

Dass wir das ‚Sie‘ hier draußen sofort unterließen

Und das ‚Du‘ verwendeten.

Wir mussten in der Firma darauf achten,

Und ich sagte es zu ihr.

Sie sagte:

„Mir ist es egal, was andre denken,

Und die im Büro erfahren es doch sowieso.

Ich glaub, die wissen längst Bescheid“.

Das konnte ich nicht glauben,

Und sie hätte doch mit niemandem geredet.

 

Nein, sie habe nichts erzählt.

 

Ich wurde ruhiger und sah sie wieder an

„Ich muss jetzt gehn,

Und mit dir geh ich nicht.

Du weißt nicht, was du in mir angerichtet hast“.

 

 

„An mich denkst du natürlich nicht.

Was soll mit mir geschehen,

Und mein Mann merkt wirklich nichts,

Und wenn er etwas merkt, ist es nicht schlimm“.

 

„Du bist total verrückt.

Warum ist es nicht schlimm,

Das kannst du doch nicht wissen“.

 

Alles war für mich ein Durcheinander,

Und sie sprach in Rätseln,

Die konnt ich nicht lösen,

Und ich nahm mir vor, dass dies die einzige

Und letzte wirkliche Begegnung

Mit ihr bleiben sollte,

Dachte an die Schreiberei,

An meine Frau, die Treue, die ich wahren wollte,

Die Familie,

Meinen Gott,

Den Arbeitsplatz,

An ihren Mann,

An das, was nachher wäre, wenn jetzt etwas wäre,

Und an sie, die Frau aus zweiter Hand,

Und sagte ihr: „Ich gehe jetzt“.

 

 

 

Sie änderte die Stimme,

Wurde rot und rief: „Du Schwein,

Du liebst mich nicht,

Du liebst nur meine Quälerei !"

Und stampfte mit den Füßen auf den Weg

Und klopfte sich mit ihren Fäusten an die Schläfen,

Und ich kam zurück und sagte noch:

„Es geht doch wirklich nicht,

Und wenn es mit uns etwas werden soll,

Dann arrangiert es sich von ganz alleine,

Nicht durch mich und nicht durch dich“.

 

Sie schrie nun auf,

Und etwas, das ich nicht verstand, brach aus.

Es war ein Schrei,

Den hatte ich noch nie von einer Frau gehört.

Ich warf mir ihre Quälerei

Nun wirklich vor.

Dann wurde sie mit einem Atemzug,

Der kam von innen, sanft und sagte

„Gut, wir gehen jetzt zum Bahnhof,

Und ich lasse nicht von meiner Liebe,

Dass du es nur weißt.

 

 

Vergiss es nicht und nie,

Und meinen Mann brauchst du nicht zu bedenken.

Tu als gäbe es ihn nicht für dich.

 

Den lieb ich auch, und er liebt mich.

Es wäre schön, wenn ihr euch gut verstehen könntet,

Und ihr hättet mich,

Und übrigens mag dich mein Mann gut leiden“.

 

Ich blieb auf der Stelle stehen,

Und ich musste ihren Arm ergreifen:

„Also sprecht ihr über mich".

„Natürlich, seit ich in der Firma bin,

Bist du das Hauptgespräch

Am Morgen und am Abend,

Und wir haben auch dein Buch gekauft,

Und lesen die Gedichte, deine Zeilen,

Die sind schlimmer, als du denkst, für uns.

Wir beide mögen dich

Und nicht so, wie du denkst".

 

 

Ich dachte nicht, nicht irgendwie.

„Und deinen Mann willst du betrügen".

„Ich betrüg ihn nicht, auf keinen Fall mit dir".

Ihr Ton war freundlich und versöhnlich,

Sie war nah an mir.

„Ihr seid euch also einig",

Sagte ich nun mehr zu mir.

 

Erst an der Tür zum Bahnhof

Konnte ich nicht mehr,

Und mein Verstand nahm nichts mehr auf.

Ich sah auf sie und stellte ihn mir vor,

Dass er mich mögen könnte,

Und es widerte mich an,

Und sie erschien mir als ein Engel

Der in Flammen stand.

 

Ich stieg in meinen Zug.

Sie blieb zurück

Und sah auf ein Plakat und nicht zu mir.

Ihr Blick war lang und suchte wie vorhin,

Als ich, den Kopf auf ihrem Schoß,

Den Blick nach oben hob.

 

 

 

Mein Gott war voll Erbarmen.

Als ich später, als gewohnt, nach Hause kam,

War die Familie ausgeflogen.

Nur ein Zettel lag im Flur

„Wir kommen alle erst nach sieben Uhr nach Hause“,

Und ich brauchte nicht mit Lügen aufzuwarten,

Und ich nahm mir ganz fest vor,

Von nun an wollte ich mich

Wie ein Mann beherrschen,

Und ich dachte auch, dass ich das alles nicht verstünde,

Denn es wäre aus der Sicht der Frau

Nur gut und richtig,

Wenn sie sich dem eignen Mann, dem sie vertraut,

Auch anvertraut,

Und seine Sympathie für mich

Konnt tausend Gründe haben,

Und bei mir fand ich nur Vorurteil,

Voreingenommenheit.

 

 

Und meine Selbstzufriedenheit an dieser Frau;

Und das Gefühl, das sie mir gab,

Ja, dass sie sagte, mich zu lieben,

War ein hohes Maß an Ehrlichkeit

Und Offenheit,

Das brachte ich ihr nicht entgegen.

 

In mir stritten der Verlust

Um wohlbekannte Dinge

Gegen eine neue Liebe,

Die ich gar nicht zu erringen brauchte,

Und ich hegte den Verdacht

Dass ich für sie ein Spielzeug sei,

Dass sie aus einem andren Grund, als Liebe,

Auf mich kam.

 

Ich dachte auch, sie hätte ein Problem,

Das ich nicht lösen könnte,

Und ich gäbe besser alles auf.

Dann dachte ich, dass sie mit ihrer Liebe

Eine Wahrheit zeigte.

Diese Wahrheit sei nun ich.

 

 

Doch war sie nicht allein für mich,

Ich nicht allein für sie,

Das schränkte alles wieder ein,

Und irgendwie hätt ich sie gern und ganz

Für mich gewonnen.

 

Innerlich war ich zerrissen,

Innerlich war ich zerweint

Und wusste keinen Rat,

Da ging das Telefon, und ich nahm ab,

Und sie war dran und sprach mich an,

Und ich sei fort,

Und sie sei nun allein und bäte mich

Und bat mich, noch einmal zurückzukommen,

Und wir könnten uns in einem Park,

In einer andren Park, direkt im Zentrum treffen,

Und sie machte eine Uhrzeit aus,

Die war nicht einzuhalten,

Und ich hatte keinen Wagen,

Und in diesem Augenblick kam meine Frau zurück,

Und ich versprach zu kommen.

 

 

 

Meine Frau erschrak, dass ich das Haus verließ,

Und konnte meine Eile nicht verstehen,

Und ich sagte ihr

„Ich bin schon auf dem Weg zu einer Vernissage

Und nehm den Wagen“.

„Nein", rief sie, „den brauche ich noch unbedingt

Heut abend",

Und ich nahm die Bahn,

Und alles ging nicht schnell genug,

Und eine Warterei schloss an die andre an.

 

Dann endlich traf ich sie im Park an einem Wasser,

Und es war dort kalt.

Wir setzten uns auf eine Bank,

Und sie beschwerte sich,

Dass sie mir nicht einmal das Geld für eine Taxe

Wert gewesen sei.

 

 

Sie war mit ihrem Rad gekommen

Und seit über einen halben Stunde

An der Stelle.

 

Jeder Vorsatz war dahin.

Wir lagen uns im Arm,

Und ihre Hände übergriffen mich,

Wir wurden uns einander leiblich

Und vermieden unsre Leiblichkeit.

Sie rollte über meine Schenkel,

Kniete sich von mich

Und legte ihren Kopf in meinen Schoß

Und baute sich mit ihrem Haar ein Nest.

 

Ein Bild in mir stand auf

Es lässt die Frau die langen Haare

In das Wasser eines Baches gleiten,

Hebt sie seitlich an, und geht mit ihnen

Und dem Wasser, das sich darin hält,

Zu ihm, der liegt im Rasen,

Um ihm seine Stirn zu kühlen.

 

 

Keine Frau hat je vor mir gekniet,

Kein Mensch hat je mit mir gemacht,

Was sie ganz einfach tat,

Und diese Demut, diese Liebe,

Dieses Sich- Hingeben nahm ich an

Und schwor ihr innerlich den Vorsatz,

Den ich hatte, ab.

 

Wir sprachen wenig, kaum in ganzen Sätzen.

Es war kalt,

Und weit entfernt im Park

Sah ich sich jemand nähern,

Und ich sagte leise, froh gestimmt, im Spaß:

„Da kommt dein Mann".

Ich kannte ihn doch nicht,

Und sie sah auf

Und sagte ganz gelangweilt:

„Kann schon sein.

Sein Kursus ist um diese Zeit beendet,

Und er geht dann immer durch den Park,

Wir wohnen hier ja in der Nähe".

 

 

 

Ich versank vor Scham und Angst,

Und ich verstand sie wieder nicht,

Und sah, dass sie vor ihm wohl wirklich

Kein Geheimnis hatte

Und stand auf

Und ließ sie einfach sitzen

Und ging auf den Weg zurück.

Ich kämpfte gegen meine Tränen an.

Darin verbargen sich die Wut auf mich,

Das Selbstmitleid,

Die Ohnmacht meines Unverstandes,

Und ich irrte mich im Weg.

"

 

 

Sie kam nicht nachgefahren,

Und ich kam an einem falschen Ausgang

Auf die Straße,

Und die Busse, die ich nehmen musste,

Fuhren nur noch selten,

Und ich fror von innen und von außen

Und stand unterwegs

Und musste wieder warten,

Und es war nach Mitternacht,

Als ich nach Hause kam.

 

Es schliefen alle, niemand sprach mich an.

Ich ging ins Bett und wünschte mir,

In dieser Nacht möcht doch ein anderer

Der Träumer meiner Träume sein.

 

 

Ich weiß nicht,

Oh und wann ich endlich schlief.

Am Morgen ließ man mich in Ruhe,

Und die Augen der Familie

Folgten mir mit großer Neugier,

Und ich dachte dann, du musst doch etwas sagen,

Und, die glauben dir die Vernissage,

Und das ist gut

Und rettet dich vor neuen Lügen.

Und ich sagte: „Gestern ist es spät geworden,

Und der Kunstmarkt bringt nichts Neues.“

 

 

 

Tagelang stand nun die Uhrzeit

Zwischen uns ganz still,

Und keiner zog das Uhrwerk auf.

Ich ging nicht zu ihr rauf.

 

Dann stand sie eines Mittags

Vor dem Schreibtisch,

Um mich für die Mittagspause abzuholen,

Und ich sagte:

„Nein, heut gehe ich allein“, und dankte artig,

Weil die anderen uns hörten,

Und das machte ihr nichts aus.

 

Sie ging mit ihrer Freundin,

Und ich war mir sicher, dass sie auch mit der

Die Angelegenheit bis ins Detail besprach.

 

 

Das war mir recht

Und war mir auch ganz gleich,

Denn meine Schwäche, meine Liebe,

Meine, ach, ich weiß nicht was es war zu ihr,

Bestand ja nur vor mir und ihr

Und nicht vor anderen.

 

In Wahrheit, das erfuhr ich später,

Schwieg sie wie ein Grab auf ihrem Arbeitsplatz

Und redete mit keinem über das,

Was sie für mich und ich für sie empfand.

 

An einem dieser Tage rief sie mich von oben an,

Das kam nun häufig vor,

Das ließ sich nicht vermeiden,

Und wir hatten dann Geschäftlichkeiten zu bereden.

Diesmal aber sagte sie

„Ich werde nichts mehr essen,

Bis du wieder mit mir redest“.

 

 

Andre Frauen hätten,

Auch, wenn sie es zehnmal besser wüssten,

Nachgefragt, warum ich nicht mit ihnen

Hätte sprechen wollen.

Sie zog eine Konsequenz und blieb dabei

Und war schon nach zwei Tagen blass,

Und tiefe Ringe hingen unter ihren Augen,

Dass ich mich vor mir beschuldigte

Und wieder mit ihr essen ging

Und bat sie, meinetwegen, mir zu Liebe,

Ihre Folter aufzugeben, ihre Fasterei zu enden,

Und sie fragte mich

Und wollte endlich wissen,

Ob ich sie nun liebe,

Und sie glaube schon nicht mehr daran.

 

 

 

Ich stellte meinen Willen in die Ecke,

Nahm mir ihre Hand

Und küsste die am Mittagstisch

Von außen und von innen und sprach so zu ihr:

„Ich will dein Leben

Und mein Leben nicht erschweren,

Und du weißt,

Ich will, ich kann, ich darf dich niemals lieben,

Und du weißt auch,

Wenn es anders kommen soll,

Dann nicht durch meine Hand;

Und weil du mich nun fragst

Und es anscheinend noch nicht weißt,

So sage ich es dir

Und sage es dir nur dies eine Mal

Und nie in meinem Leben wieder,

Und ich werde es vor allen, die es hören wollen,

Leugnen,

 

 

Und vor mir werd ich es nicht in zweites Mal gestehen.

 

Also, es ist wahr,

Dass ich dich liebe, liebe, liebe,

Mehr als alles in der Welt.

Ich liebe dich und möchte dich,

Ja, alles möchte ich von dir,

Und, glaube mir,

Es fällt mir so unsagbar schwer,

Davon zu lassen,

Und die Liebe, die sich nicht erfüllen lässt,

Gräbt tief in mir ein Grab.

 

Ich bitte dich darum,

Erschwer uns nicht die Tage,

Die wir wenigstens so nahe beieinander sind,

Und sage diesmal nichts dazu

 

 

Und glaube mir,

Auch wenn ich es vor dir und anderen

Nicht zeige.

Und die Gründe will ich dir nicht wieder nennen,

Eines aber ist gewisser als gewiss,

Bevor ich meine große Arbeit nicht beendet habe,

Meine Dichtung abgeschlossen habe,

Das wird nicht vor Mitte nächsten Jahres sein,

Kann sich hier nichts erfüllen,

Weil es sich verbietet,

Nein, weil ich es mir verbiete,

Nein, weil ich es mir verboten habe,

Nein, weil ich es nicht erlauben werde“.

 

 

 

Und sie holte Luft

Und hielt den Atem an

Und glaubte mir

Und hatte sich,

Ich wusste nicht wogegen, nicht wofür, entschieden.

 

Und sie sagte:

„Wenn du glaubst, das nehme ich so hin

Und lass durch dich mit mir geschehen,

Was die anderen sich wünschen,

Irrst du dich.

Du hilfst dir nicht,

Du willst mir auch nicht helfen,

Und so nehme ich die ganze Sache in die Hand“.

 

 

Ich sagte: „Das ist gut,

Du machst, was du für richtig hältst“,

Und ahnte nichts und sagte noch:

„Ich bitte dich, dass du nun wieder isst“.

 

Es lag mir wirklich viel daran,

Und sie aß eine kleine Speise,

Sah mich dabei lange an

Und sagte:

„Wenn du wüsstest, was ich alles machen möchte,

Um dich zu bekommen,

Und du könntest alles, alles von mir haben“.

 

 

Ich sah in ein überirdisches Gesicht,

Das wurde eingerahmt von blonden Haaren,

Und ich dankte meinem Gott

Für ihre Einsicht,

Sagte davon aber nichts zu ihr

Und hoffte nur,

Dass niemand, der uns kannte,

Meine Zuneigung zu dieser Frau

Bemerkt und wirklich wahrgenommen hatte.

 

 

 

Dann kam dieser Wochenanfang,

Und sie schrieb mir einen Brief nach Hause,

Der zwang mich,

Obwohl er noch verschlossen war,

Zur Offenbarung gegenüber meiner Frau.

 

Ich mag es nicht im Einzelnen erzählen,

Und ich mag es nicht beschreiben,

Und ich leugnete und log

Und schwächte alles ab

Und sagte ihr und mir zum Schluss,

Dass wirklich nichts gewesen wäre zwischen uns,

Und meine Absicht wollte sie nicht hören,

Und sie war sehr ungefasst,

Dann wieder sehr gefasst,

Und ich verwünschte mich und alle Frauen,

Und ich sah, dass sie statt Freude

Nur Probleme brachten.

 

 

 

Und ich dachte auch an meinen Gott dabei,

Das gab mir etwas Ruhe,

Denn ich hätte gern gewusst,

Warum das alles war und sei,

Und schließlich waren wir in seiner Hand,

Und, das ist wahr,

Der Brief, den ich bekommen hatte,

War von mir noch nicht einmal gelesen worden.

 

Und ich nahm ihn mit mir mit und las ihn dann

Und fand ein Angebot von ihr darin,

Das konnte ich im Anfang nicht verstehen,

Dann besann ich mich.

 

 

Sie bot mir an, mit ihr von ihrem Geld zu leben,

Und ich brauchte nichts dafür zu tun

Und könnte ganz für meine Dichtung leben.

Sie verlangte nichts dafür von mir,

Als das Zusammensein.

Sie bot mir auch noch an,

Das Sekretariat für mich zu führen

Und die ganze Schreiberei auf sich zu nehmen,

Mir dies Hauptproblem,

Weil sie es so gut konnte, abzunehmen,

Und ich war von diesem Brief gerührt

Und glaubte ihr nun diese Liebe wirklich,

Aber nicht an das, was sie mir schrieb,

Und machte ihr ein Antwortschreiben

Und sah auch,

Wie schnell ich immer tiefer

In die Strudel, diesen Sog, geriet

Und fühlte mich sehr wohl dabei.

 

 

 

Ich schrieb ihr, und das meinte ich,

Dass ich ihr meine Liebe niemals hätte

Besser eingestehen können,

Als sie es mit ihren Zeilen machte,

Und die hätten mich nun wirklich überzeugt,

Und vorher, gab ich zu,

Wär ich an ihr noch fast verzweifelt,

Und ich sähe nun, sie wäre sicher meine Chance,

 

 

Die einzige Gelegenheit mich zu befrein,

Doch wär sie selbst nicht frei,

Und ich wär vierfach unfrei,

Weil ich doch letztendlich treu zu bleiben hätte,

Meinem Gott gehorchen wollte,

Meine große Arbeit zu beenden hätte

Und mir niemals eine Frau

Mit einem andren würde teilen wollen.

 

Und ich bat sie, mich zu lassen,

Und es könnte, dürfte, sollte doch nicht sein.

 

 

Den Brief und ihren eignen

Sandte ich an sie zurück,

Und meiner Frau gestand ich,

Dieser Frau nun abzusagen,

Und ich nahm mir vor,

Vor ihr von ihr nichts weiter zu erzählen,

Dass sich langsam Ruhe über alles legen konnte.

Außerdem, nahm ich mir vor,

Würd ich, falls Briefe kämen,

Die in einer Art von Selbstbestrafung

Und um mich zu schonen,

Nicht mehr öffnen,

Um sie nicht zu lesen.

 

Meine Arbeit konnte ich nicht wechseln,

Und der Arbeitsplatz

War ja noch nicht direkt gefährdet

Und stand doch sehr in Gefahr.

 

 

 

Ich weiß nun nicht mehr,

Wann sich was ereignete,

Und wie es in der Folge weiterging.

Mag sein, dass ich das eine und das andre

In der Reihenfolge unabsichtlich fälsche

Oder schon bis hierher nicht ganz richtig wiedergab,

Das eine überging

Und etwas vor der Zeit erzählte.

 

Sei es wie es sei,

Es ist die Schuld des Kopfes, den ich habe,

Der erinnert sich nicht immer richtig,

Und er sieht die Dinge, die geschehen

Oft in einem ungewohnten Licht,

Ich lasse mich dann blenden

Und muss eine Wirklichkeit ertasten,

Stoße dann auf Wahrheiten, die möcht ich lieber missen

Und auf andere, die bringen mir ein neues Glück,

Das hätte ich mit meinen Augen nie gesehen.

Eines Abends brachte uns ein Taxi

Einen Brief, der war von ihr,

Den ließ ich ungeöffnet.

 

Ich werde dich mir mit ihr teilen.

Du wirst sicher nicht mit ihr darüber

Reden wollen.

Weiß sie überhaupt schon etwas von uns beiden?"

 

 

Meine Frau verstand mich nicht.

Ich sagte nur zu ihr:

„Den möchte ich nicht öffnen“,

Und ich sandte ihn am andren Tag

Zurück in einem neuen Umschlag,

Und ich schrieb kein Wort dazu.

 

Es kam nun mit der Post ein neuer Brief,

Der war von ihrem Mann,

Den machte ich nicht auf,

Den ließ ich für zwei Tage liegen,

Dachte über seinen Inhalt nach

Und kam nicht drauf

Und sandte ihn an ihn zurück

Und schrieb kein Wort dazu.

 

Sie richtete es auf der Arbeit ein

Und sprach mich auf die Briefe an,

Die könnte ich doch lesen,

Und ich spräche nicht mit ihr

Und riefe sie nicht an,

Und ihre Sätze waren kurz,

Weil man uns nicht entdecken sollte,

Und ich dachte, ihre Freundin

Sei mit ihr im Bund, und innerlich

Schlug ich mir eine Wunde,

Weil ich so beharrlich schwieg und dachte,

Alles könnte man mit Schweigen überschweigen.

 

 

Und ich sagte einmal, nur zu ihr,

Als wir in der Kantine saßen:

„Wenn wir jetzt noch Schüler wären,

Brächte man uns anders zur Vernunft.

Man würde dich nach England,

Mich nach Frankreich senden,

Wo wir uns vergessen müssten“.

 

Sie sofort: „Wir sind nicht Schüler,

Ich auf keinen Fall!

Und wer entscheidet über die Vernunft in mir, in dir?

Du bist versteinert,

Und ich habe es mir vorgenommen,

Dich daraus zu lösen,

Aber ohne deine Hilfe werd ich es, nicht schaffen.

Du kannst nicht einmal mehr lieben!

Du liebst nichts, nicht deine Frau,

Die Dichtung nicht, nicht die Familie,

Nicht dein Haus

Und dass du mich liebst, glaub ich nicht.

 

Es ist mir auch egal.

Ich weiß, dass ich dich liebe,

Und ich weiß, dass du zur Liebe fähig bist,

Die will ich in dir wecken“.

 

 

 

Jedes ihrer Lächeln, dachte ich,

Sieht unterschiedlich aus,

Und dieses nun ist mütterlich.

Ich dachte auch,

So mütterlich sieht die Zerstörung aus,

Die sie an mir vollzieht,

Und gab ihr recht.

Es machte auch nichts aus,

Ob sie im Recht war oder nicht.

 

Sie hielt mir beide Briefe hin,

Die nahm ich nicht mehr an.

Sie stand in ihrer Spur und sagte:

„Es macht mir nichts aus,

Obwohl es schlimm für mich ist

Und für meinen Mann. Mein Mann liebt mich,

Dich liebt er auch,

Wir könnten alle drei..“.

„Das könnten wir ganz sicher nicht“,

Fiel ich ins Wort

Und dann im Scherz:

„Ganz anders säh es mit zwei Frauen aus

Und einem Mann,

Das könnte mir gefallen“.

 

 

Und sie sagte: „Gut, dann rede ich mit deiner Frau“.

„Du bist verrückt!"

„Ich habe mich entschlossen,

Wenn ich dich nicht ganz bekomme,

Dann will ich dich halb.

 

Das Gespräch blieb ungestört,

Weil keiner kam,

Und niemand nahm Notiz von uns.

 

Ich dachte über eine Antwort nach

Und sagte:

„Ja, sie weiß inzwischen, dass es etwas gibt,

Dass es dich gibt

Und weiß auch von der Briefeschreiberei,

Und sie will letzten Endes,

Dass ich mich entscheide“.

Das war unwahr, und es war mir so herausgefahren,

Weil ich es vielleicht so wünschte,

Und ich hatte meine Frau

Noch nicht an diesen Punkt gebracht,

Und was ich eben sagte,

Brächte sicher neues Wasser auf die Mühle;

Aber sie, am Tisch, wurd wieder milde,

Und wir sprachen liebe Worte zueinander.

 

 

Und ich fragte sie nach ihrem Mann.

Sie sagte gleich:

„Sprich nicht von ihm

Und nicht von deiner Frau.

Sprich nur von mir und dir“.

Ich sagte: „Selbst das einfachste Zusammenkommen

Ist nicht möglich,

Weil ich keinen Abend dafür nehmen könnte.

 

Lügen müsste ich, das will ich nicht.

Man darf doch eine Liebe nicht

Auf einen Haufen Lügen setzen,

Wie soll die am Leben bleiben können“.

 

„Das ist auch nicht nötig,

Wenn wir gleich zusammenziehen“.

 

Die Gespräche drehten sich erneut im Kreis.

Sie hörte nun von mir zum ungezählten Mal,

Dass ich als Ehemann

Niemals mit einer fremden Ehefrau

Die Betten teilen würde

Und so weiter und und und...

 

 

 

Am Abend klingelte bei uns das Telefon

Und meine Frau ging an den Apparat.

Ich sah sofort, wer in der Leitung war,

Und meine Frau und ich erschraken über sie.

 

Ich hatte ihr den Mut, hier anzurufen,

Niemals zugetraut

Und ging hinaus.

Die Tür stand offen,

Und ich hörte meine Frau nur wenig sagen

„So“, „Aha“, „Das denken Sie",

„Wie lange soll das halten?"

„Bis ans Lebensende, oder nur zehn Jahre",

Hörte ich sie wiederholen,

„So, das sagt mein Mann dazu",

„Sie wissen auch, wovon Sie leben wollen?"

„Ja", dann wieder Schweigen,

Dann wurd aufgelegt.

 

 

Ich weiß noch alles, was dann kommen musste

Und was kam.

Das Telefongespräch war gegen sechs gewesen,

Und erst gegen elf Uhr

Hatte sie sich soweit ausgetobt,

Dass sie nur noch in Tränen stand.

Ich durfte nicht in ihre Nähe kommen

Und sie nicht berühren,

Und ich hatte wenig Trost für sie,

Nicht, weil ich sie nicht hätte trösten mögen,

Sondern weil ich sah,

Wie fern und fremd mir beide Frauen waren.

 

 

Nirgends fand ich mehr ein Liebesnest an ihnen,

Sah, dass sie sich um sich selbst bekümmerten,

Und war das falsche Rad am Wagen,

Jede von den beiden dachte nur an.

Ich zwang mich der, die näher stand

Ein Wort zu sagen:

„Lass dich doch ein wenig trösten.

Sag mir selber, was du möchtest,

Soll ich dich verlassen, oder bleiben“.

 

Zwischen Schluchzen, Naseputzen

Und dem Schimpfen auf die Frau und mich,

Kam es besonnen, dass ich sehr erschrak:

„Ich möchte, das du bleibst,

Da weiß ich wenigstens noch was ich habe“.

 

 

 

Götter schweigen, wenn sie reden sollen,

Und ich rief nach meinem Gott umsonst

Und las seit vielen Wochen einmal wieder

In dem Buch der Bücher.

 

Diesmal schlug ich eine Seite auf,

Befahl mir wahllos, die zu lesen,

Und mir sprang ein Satz,

Der keine Lösung brachte, in die Augen.

Dieser Satz, so schien es mir,

War nur für mich geschrieben worden,

Und ich las ihn immer wieder durch,

Verstand ihn irgendwo

Und konnte ihn doch nicht verstehen.

Ich las ihn für mich

Und horchte weit nach innen:

„Sieh, ich habe dir geboten,

Sei getrost und unverzagt, lass dir nicht grauen,

Lass dich nicht entsetzen,

Denn der Herr, dein Gott, ist hier mit dir

In allem, was du tust“.

 

 

Ich ging die Worte durch

Und suchte einzeln in den Wörtern,

Bis ich auf den Schlüssel stieß,

Den nahm ich an,

Er steckte in dem Wort ‚entsetzen‘,

‚Lass dich nicht entsetzen‘, hieß es,

Und ich las es wieder,

Diesmal aber etwas anders

‚Lass dich nicht ent – setzen‘ und verstand sofort.

Mein Platz war hier,

Und was mir widerfuhr und widerfahren sollte,

Durfte mich nicht grauen,

Und ich war in diesem Augenblick,

Wie es geschrieben stand, getrost und unverzagt

Und dachte auch zugleich:

‚Ein andrer Mann hätt nicht so lang gefackelt

Und sich zu der Frau gelegt,

Und ich bin dumm und ein Idiot,

Und nun ist Schluss und es ist aus,

Und wenn sie mich noch will,

Nehm ich mir die Gelegenheit

Und geh zu ihr und mache , was sie will,

Das will ich schließlich auch‘.

 

 

Ich dachte, was kann diese Frau dafür,

Dass sie mich liebt, dass ich sie liebe.

Ihren Mann hat sie vor mir gefunden,

Und man sollte eine Frau, die einen andren liebt,

Nur als Station betrachten,

Und danach soll er sie wiederhaben.

Ja, es ist viel besser so,

Denn mit dem Ehemann an ihrem Hals,

Werd ich sie schneller wieder los.

So wollte ich die Sache nun beenden,

Und die Frau in meinem Hause mochte kreischen,

Mochte schrein, wenn sie etwas erführe,

Und sie würde sich beruhigen.

Was ging mich an, was nachher wär.

Wer weiß wie oft mir meine Frau

Vielleicht die Treue brach.

Gerade die von denen man es überhaupt nicht denkt,

Sind oft die schlimmsten.

Nein, so dachte ich sofort,

Das traue ich ihr wirklich doch nicht zu,

An ihrer Treue hab ich wirklich nie gezweifelt,

Auch, wenn ich‘s nicht wissen konnte.

 

 

 

Liebe ist das eine

Und Begierde ist das andere,

Und was ist, wenn nun beides aufeinander fällt,

Und wenn man gar nicht eines von dem andren

Trennen will, ja, trennen kann?

 

Warum die ganze Quälerei.

 

Ich hätt die Frau schon lange haben können,

Und kein andrer hätt so lang. gezaudert.

Außerdem ist es ganz gegen die Natur.

Die will ihr Recht,

Und die, die heute freier denken,

Handeln richtig

Und sind auch nicht schlechter oder besser,

Und ich dachte, alle denken so,

Und selbst der kleine König David,

Hat die Frau von seinem Knecht verführt

Und ihn auch noch getötet oder töten lassen.

 

Soweit wird es hier nicht kommen können,

Und ich war nun frei und hatte mich befreit,

Und auf der Arbeit würden wir mit Umsicht

Und mit Schläue unsre Liebe pflegen.

Schließlich musste man nicht alles haben,

Und Zuhause sollte auch Zuhause bleiben.

 

 

So besann ich mich und wurde froh

Und wurde König,

Und ich würde mich ihr schneller

Als ein Vogel fliegen kann,

In allem offenbaren.

Anderntags

Rief ich sie in der Frühe an.

Sie merkte meine gute Laune

Und war selbst ein froher Mensch.

 

Ich hatte festgestellt, dass wir den Mittwoch hatten,

Und zur Mittagspause und gemeinsam gingen wir in die Kantine,

Und sie aß nun wieder,

Und ich aß mit ihr,

Und unser Tisch war gar nicht abgesondert,

Und wir sprachen noch nicht über uns,

Und meine Augen glitten über sie

Und nahmen ihren ganzen Körper wahr,

Dem hatte ich zuvor nur

Mit versteckten Blicken nachgejagt.

Ich sah sie jetzt, so schien es mir,

Mit offenem Begehren an

Und freiem Willen,

Und ich dachte nicht an ihren Mann

Und nicht an meine Frau,

Und sie war mir ein Blütenbaum,

Der steckte voller ‚Augennester‘,

Wie ich zu mir sagte.

 

 

Überall blieb ich an ihnen hängen,

Und vor mir gestand ich,

Dass ich sie in meiner Phantasie

Ganz schrecklich schamlos über jede Einzelheit

Befragte,

Ja, ich spürte körperlich,

Wie ich mich um sie legte,

Ganz war ich um ihren Körper,

Der rang nicht mit mir,

Und in Gedanken fasste ich sie kräftig an.

 

Ich konnte, ohne es zu wollen,

Manchmal sehr brutal mit meinen Kräften sein,

Das hätte man mir niemals angesehen,

Und ich dachte auch:

‚Du liebst die Frauen und das Eisen‘.

 

Eisen hat mich immer magisch angezogen,

Immer fasziniert,

Und lockte mich, es umzubiegen,

Oder mit Gewalt zu formen,

Und im Eisen sah ich eine Stärke,

Wie ich sie in meinem Körper

Manchmal spürte.

 

 

 

Langsam wollte ich mich ihr nun offenbaren,

Und ich musste wissen.,

Ob sie noch Intresse an mir hatte,

Ob sie überhaupt noch so weit gehen wollte,

Wie zuvor.

Ich wollte nichts riskieren

Und sie nicht ‚verbiegen‘.

Meinen Umschwung deutete ich ihr nun an

Und sagte, dass ich über eine andre Freiheit

Und die Freiheit der Beziehung

Zwischen Mann und Frau gegrübelt hätte,

Und es wäre wohl nicht recht von mir,

Von ihr Unmöglichkeiten zu verlangen,

Und ich selbst sei ja als Ehemann ‚gebraucht‘,

Und lockerte mit meinem Reden

Unsre Reden auf.

 

Sie hatte helle Ohren

Und sie hörte Silberglöckchen läuten,

 

 

Deren Echo fing sich gleich in ihrem Mund,

Ich achtete auf alles, was sie sagte: