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Harald Birgfeld, Webseite seit 1987/ Website since 1987 …da liegt mein Herz, Geschichten aus Niemandsland 2022 -2024 (im
Entstehen) z.B.: 100 Jahre „Kafka“, eine herrenlose Fundsache (neu) |
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zu Olympia – olympische Spiele! |
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online und im Buchhandel |
Lyrik, Prosa und Ingenieurarbeiten |
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Im vorliegenden Band werden 114 Gedichte
aus engsten Spannungsfeldern der Liebe zwischen Menschen vorgestellt. Es
entsteht schwarze Liebeslyrik. Daraus die ersten Zeilen eines Beispiels: Du führtest mich ins Haus; Es war ein kleines Haus, Es war ein Spitzdachhaus. In deiner Stirn entdeckte ich sofort Das Giebelfenster…… |
Im Buchhandel und online Am Rand aus Fleisch 114 Gedichte: Schwarze Liebeslyrik. 120
Seiten, Format A5 Harald Birgfeld Online
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im Buchhandel € 7,99 inkl. MwSt. Zum Buchshop ISBN 9783738604504 „Mund aus Glas am Rand aus Fleisch“ ist auch in den USA, Großbritannien und Kanada
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bestell- und lieferbar. Auch als E-Book € 4,49 Zum Buchshop ISBN 9783738683387 |
"Es lohnt sich,
einmal einen heutigen Dichter kennen zu lernen, der mit der deutschen Sprache
einen faszinierend fremden Weg betritt und trotzdem dem Leser Freiraum lässt
für eigene Gedankengänge, ohne dass die Probleme in erhobener Zeigefingermanier
zu zeitkritischen Trampelpfaden werden." (1986: Gutachten).
Harald Birgfeld, von Beruf Diplom-Ingenieur,
schrieb die meisten seiner Gedichte während der morgendlichen Fahrt mit der
Hamburger S-Bahn zur Arbeit. Seine Texte entstanden fast immer bereits in
endgültiger Form.
Copyright 2014 beim Autor, Harald Birgfeld, alle
Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne schriftliche
Erlaubnis des Herausgebers, Harald Birgfeld, reproduziert werden. Das gilt
insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verfilmung und
Einspeicherung sowie Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Herausgeber, Autor,
Redakteur: Harald Birgfeld, e-mail:. Harald.Birgfeld@t-online.de
Dass dir schwarze Blätter wachsen. Deine Hand krault mir Das kurze Haar am Hinterkopf. Wir sitzen in dem Wagen, Und das Lenkrad halte ich, Und die Geschwindigkeit, mit der wir fahren, Ist sehr hoch. Ich denke an den kleinen Augenblick Der Unaufmerksamkeit., Der könnte tödlich sein. |
Dein Zeh steigt mir am Bein empor, Und schiebt den Hosenstoff mit sich, Und ist ein Finger, Der malt Bilder in den Sand. In deinen Augen gähnt die Langeweile. Hätte ich die Hände frei Und wärst du frei für mich von dir Und nicht nur frei für dich von dir, Ich hielte auf dem Seitenstreifen an Und öffnete dir heute noch die Augen. |
So bedenke ich, Dass du aus Plastik bist Und dass du eine neue Mode trägst, Die steht dir wunderbar. Du kannst zufrieden sein. Ich werde dir, Auch wegen dieses Steuers in der Hand, Von mir Kein Sterbenswörtchen sagen. |
Und somit zwischen
uns Steht eine Dose
Kaltgetränk, Die werden wir uns
teilen. Nicht, weil du sie
nicht so gerne magst, Und nicht, weil ich
bescheiden bin, Und nicht, weil wir
so bettelarme Leute sind, Nein, Aus, ich weiß nicht
was für einem Grund, Entschieden wir uns
nur für eine Dose, Wir entschlossen
uns für uns für eine. |
An der Wandung
dieser Dose Steht die
Feuchtigkeit als mattes Blank. Das siehst du an Und siehst, Dass man mit bloßen
Fingern Auf ihm malen kann, Und du versuchst es
erst auf deiner Seite, Und du malst ein
Bild, Das ist nicht
auszumachen, Und du malst es
weiter, Und du setzt es
auch auf meiner Seite fort Und drehst die
Dose, die schon offen ist, Und hast sie
rundherum bemalt Mit unsichtbarer
Fingermalerei Und hast mich nicht
gefragt Und hast nicht
nachgefragt, Ob du auf meiner
Seite malen darfst, Und diese Dose
hatten wir doch für uns zwei Gekauft. |
Ich hab' dabei
geschwiegen, Ganz auf dich vertraut Und sehe nun, Dass du mich gar
nicht siehst, Und ich, dass
müsstest du doch sehen, Sitze eng mit dir
an einem Tisch, Und niemand außer
uns ist hier Uns auch nicht
zwischen uns zu sehen. |
Du hauchst auf eine spiegelglatte Wand Und die beschlägt sofort. Ich frage dich: "Warum hauchst
du auf diese Wand?" Du schweigst und
wischst es wieder aus Und sagst ganz
schnell zu mir: "Nun du, nun
bist du dran." |
Ich hauche auch, Und hauche zart, Und will es richtig
machen, Auch weil ich, als
Mann, dir zeigen muss, Wie man auf eine
Fläche haucht, Und hauche auf
dieselbe Stelle, Und du siehst mich
an Und siehst, dass
ich versage, Und es zeigt sich
nicht der stumpfe Film, "Der
konnte," sagst du mir, "Nur einmal
sein. |
Du bist," so
sagst du noch, "Zu gar nichts
nütze, Und ich habe doch
nur eine Kleinigkeit Von dir
verlangt." |
Und stehst im
Licht, Das fällt in dein
Gesicht Und Farben leuchten
auf, Ein Dünengras, aus
Glas gezogen, sind die Wimpern. Ich hab dieses Streichholz
in der Hand, Das hab ich noch
nicht abgebrannt Und denke lange
nach. |
Du dringst in mich Mit deinen Blicken, Die sind Netze, Die, schon ganz
zerrissen, Nichts mehr fangen
können. |
Wüsst ich doch, Wie ich mit meinem
Streichholz Brennend unter
deine Haut geraten könnte, Wüsst ich doch, Wie ich mir Licht
in dir verschaffen könnte, Wüsst ich doch, Ob wenigstens das
schwarze Licht In dir vorhanden
ist, Dann brauchte ich
nicht Eine Dunkelheit an
eine andere Zu hängen. |
Durch mich hast du
den Schmerz erfahren, Der war nicht wie
sonst, Wenn Schmerzen sich Lokalisieren
lassen. |
Dieser Schmerz
entstand durch mich in dir, Er wurde
ferngezündet, wie du sagtest, Und er wäre nicht
entstanden, Wäre ich so nah es
eben ging, Bei dir gewesen, Dann, so sagtest
du, hättst du Den größten Schmerz
von mir Mit Freudentränen
in den Augen Und von Herzen gern
empfangen. |
Ich saß weit
entfernt Und hatte mich von
dir entfernt Und wollte dir den
Schmerz ersparen Und schlug mit der
Stirn Auf einen
ungedeckten Tisch, Der musste dich
ersetzen. |
Ich hatte sie um
sich gebeten, Und ich gebe es dir
zu. Sie hatte sich an
mich gelehnt Und ihren Kopf auf
meine Schulter. Sie vergrub sich in
dem Nest, Das sie mit ihren
Haaren darauf schuf. Ich hätte gern
darin gelegen Und beneidete sie
fast darum Und sagte so: "Du hast es
gut, Weil du dich immer
bei dir hast," Und fragte noch
einmal: "Darf ich dich
um dich bitten, Weil ich sehr nach
dir verlang." |
Sie schlug in ihrem
Nest die Augen auf, Die waren lange
schon auf mich gerichtet, Und es gab, das
dachte ich, Nichts, was dagegen
sprach. Aus ihrem Mund
kroch langsam und gewissenhaft Das
"Nein". |
Dann schloss sie
ihre Augen wieder, Legte ihre eignen
Arme eng an sich, Und zeigte mir, In ihrer Suche nach
dem Neuen In dem Widerspruch,
im Widerstand, Die Liebe, die sie
hatte. |
Das um den
Handgriff deines Aufgangs rankt. An dir empor, Mein Blick, Der sich nicht schnell
genug In eine Höhe
schießen kann, Und dessen Sturz
nicht schnell genug Ins Tal geschieht Und der in der
Vermutung nach den Höhlungen Sich irrt und sucht
und findet Und doch gar nichts
finden kann. |
Was kann ein Blick
schon finden Oder gar, Was kann ein Blick
als Finderlohn verlangen. |
Ich erinnerte mich
an die Frau, die sagte: "Ich würd ihm
die Genitalien waschen Und mit ihm wär ich
wohl im Verkehr, Doch ließe ich ihn
sonst Nicht nah an mich Und würde alles
tun, Dass wir uns nie
entdeckten, Dass wir immer
voreinander Im Geheimnis
blieben.“ |
Ich stand mit
meinem Rücken an der Wand Und in der Ecke, Und die Briefe, die
du schriebst, Erhielt ich
ungeöffnet Und ich ließ sie so Und las sie nicht, Sie lagen nur zu meinen
Füßen, Und sie lagen dort
bewegungslos Und rührten sich
nicht von der Stelle. |
Stiege ich nun über
sie hinweg Und schliche mich
davon, Hätt ich sie gleich
im Rücken. Also stand die
Wand, Die vor mir lag, Auch vor mir auf. Ich lebte zwischen
Wänden Und ich lehnte mich
an sie Und hielt mich in
der Ecke An der Ecke fest. |
Du wolltest, hörte
ich, damit beginnen, Mir die Briefe
einzeln aufzuheben Und sie vorzulesen, Und du wusstest, Dass ich mich
dagegen nicht mehr wehren konnte, Und du wusstest von
der Distanzierten
Quälerei, Und dass ich davon
wusste. |
Der dich nah an
meine Seite rückte, Und ich stahl dir
vom Geruch der Haare, War so nah an
ihnen, Dass ich fast in
ihnen war; So nah kam ich sonst
nur noch der Geliebten, Die war dieser
Zufall, Die blieb trotz der
Nähe immer fern. |
Es war kein
Unterschied. |
Es kam sehr
schnell, Dass wir uns
liebten, So, wie wir uns
liebten. |
In den Wendeltreppen unsrer Worte Kannten wir uns sehr
gut aus, Sie waren insgesamt Die Kinderschaukel, Liebeswippe Und das lange Tau
aus einem alten Baum, Das, angeknüpft an
eine Sitzbank, Die den Boden nicht
berührte, Weit zum Schwingen
kam Und jeden, der sich
darauf setzte, Majestätisch in die
Höhe, In das Blättergrün,
entführte Und ihn sanft Und immer schneller
werdend, Dass man ihn nicht
halten konnte, Durch die Mitte
schnellen ließ. |
Das war schon nah
am Boden. Köstlich waren
unsre Worte. |
Königlich war es,
sie vor dem andren auszusprechen, Und sie vor Und vor dem anderen
zu hören, Ja, sie gar nicht
erst zu sprechen. |
Früher konnte ich
noch sagen: "Ich verstehe
viel von dir," Und heute steht die
Sonne, wenn sie aufgeht, In dem Eigenrot, Das lässt sie fast
verbluten. Nur Sekunden später
saugt sie alles wieder auf Und wird ein
greller Lichtfleck. Über dich läuft
eine Schnur Von Punkt zu Punkt Und meldet alles, Was an dir
geschieht, Dass nichts an dir
geschieht, Was dir geschieht. |
Ich stehe deshalb
still an dir Und warte, warte
einfach ab Und möchte die
Verbindung Auf dir täuschen, Möchte, dass du
dich mir in Besitz gibst Und es selbst nicht
merkst, Und keine Läuterei
an dir Soll Warnsignale
geben, Nicht von
Vornherein verbellen, Was sich nähern
möchte. |
Schweigen soll auf
deinem Bahnhof Einfahrt haben
können. Die Signale, Die du an die
Gleise stelltest, Jedes Halteschild
will ich umfahren Und geschickt
umgehen. |
Und ich beschrieb
dich ja für mich, Weil ich dich grade
kennen lernte, Also, als ich dich
für mich beschrieb Und du, Im Kleid aus grüner
Farbe, Weißer Haut und
blonden Haaren, Schnellen Augen vor
mir standst, Als ich dich so für
mich beschrieb Und sagte:
"Ja, so sieht sie aus, Sie trägt die Haut
ganz anders, Als sie andre
tragen, |
Auch lässt sie den
Augen Einen andren freien
Willen Als du es von
andren kennst, Und ihre blonden
Haare fliegen nicht davon, Wie du es oft
gesehen hast, Sie sind ein
Schwarm, Der löst sich
trotzdem nicht von ihr, Sind ihrem Kopf vielmehr
ein Nest, In dem er gerne
liegt," |
Als ich das alles
sah Und in mir
aufgenommen hatte, Brachte dieser
Windstoß, Der den Spiegel
unsres Wassers überlief, Das Bild zum
Einsturz, Und ich musste mich
ganz neu An deiner Wahrheit
orientieren, Die stand neben
mir. |
Standen Hindernisse
der Erinnerungen, Und wir kamen nicht
darüber hin: Du nicht, Weil ich die
Hindernisse aufgebaut Und dir errichtet
hatte, Weil ich dich in
dir behinderte, Und ich nicht, Weil ich mich aus dir
nicht schälen konnte, Mich nicht aus dir
nehmen konnte, Und mich so nicht
in dir ändern konnte, Und mich, wie ich
anders wär, Auf mir in dir
nicht überlagern konnte. |
Hindernisse der
Erinnerungen also, Weil in dir in mir. |
Ich litt sehr unter
dem Verlust Und lebte, Sonst wär es ja gar
nicht möglich, Ohne eine einzige
Erinnerung An dich in dir an
mich. |
"Vergiss mich
ganz." Es ist das dritte
Mal, Dass wir vergeblich
nun versuchen Uns an uns zu
koppeln. Unsre Schlüssel passen
nicht, Und von uns beiden Kommt so keiner zu
dem anderen. Wir treiben noch
ein ganzes Stück im Raum, Das heißt, Der Raum treibt um
uns her in alle Richtungen, Wir bleiben
voreinander stehen, Können uns nur
durch die Augen In die Augen sehen. |
Unsre Hände liegen
als die Hände kleiner Kinder Ineinander; Unsre Köpfe wagen
sich in hastiger Gesprächigkeit In größte Nähe. Selbst die Haare
haken sich schon Ineinander. So verlangst du, Und du sprichst mit
Worten, Die sind weniger als
eine Zeichensprache, So verlangst du, Dass ich dich
vergesse. |
„Und," so
frage ich zurück, ''Was mache ich mit
dir, Wenn ich dich dann
vergessen habe, Und du mir als
Dauerstrandgut Vor die Füße
treibst Und dich auf diese
Weise von mir sammeln lässt?" |
Verhakten sich die
Augen ineinander, Niemand konnte
helfen. Jemand sagte nur: "Da, an den
beiden seht ihrs wieder, Und sie selber
sehen nichts Und sind verhakt
mit ihren Augen. Blind sind sie
dadurch Und sehen nur auf
sich. |
Es könnte sich.... Hat sich vielleicht
schon zwischen sie Die neue Sicht
geschoben, Und die bleibt bei
ihnen, Bleibt in Blicke
eingesperrt und ausgesperrt, Bleibt Blick im
Blick, Ist Haken, Der an einem andren
Haken hängt." Die Augen gingen wieder
auseinander, Und es war doch wie
verhext, Sie kamen nicht
mehr auseinander. |
Wieder jemand
sagte: "Nun könnt ihr
es nicht mehr an den beiden sehen, Weil sie selber
alles sehen. Nun sind sie
verwachsen, Und ihr Blick ist
zwar ein Blick, Doch sehen sie von
sich nichts mehr. Die Augenpaare
blicken beide In dieselbe
Richtung, Und das bleibt von
nun an so, Und wird sich wegen
der Vergänglichkeit Des ersten
Atemzuges Nicht mehr
wiederholen." |
Das war
ungewöhnlich, Denn wir waren
schon im Raum der Räume, In den Räumen
überhaupt. Wir waren in dem
Raum, Der alle andren
Räume ausschloss Und sie somit in
sich einschloss, In dem Raum, Durch den sich alle
andren Räume zogen, Ohne ihn und sich
zu unterbrechen, Und die Treppe
konnte nicht nach oben führen, Und sie führte
nicht nach unten, Und da sie im Raum Durch alle Räume
führte, Führte sie so auch
durch uns. |
Wir standen schon
auf einer ihrer Stufen, Waren selbst die
Stufe, Würden die, die sie
begehen sollten, sein, Und auch die Stufe, Die begangen werden
würde. Anders kann ich
diesen Zustand Nicht beschreiben, Anders waren die
Gefühle, Die ich für dich
hatte, nicht. |
Mir wich mein Kopf
aus, Und er schmiegte
sich an deinen, Und ich machte
daraus, Wie belanglos, eine
Frage, die dich intressierte: "Kennen wir
die Leute eigentlich, Dort drüben?" So kam mir dein
Kopf in deiner Antwort nahe, Sicher wär er mir
sonst ausgewichen, Und der Akt von
einer Treppe Wird ein Sinn, Der ist nicht zu
erfassen. |
Und andren ging es
so wie mir. Ich hätte die
Bewegungen der Tänzer Und der Tänzerinnen
fassen, greifen mögen, Nicht sie selbst Und nicht die
Leiblichkeit der Körper, Nein, nur ihre
Leichtigkeit Mit der sie sich
vom Boden trennen Und im Tanzen
schweben konnten, Diese
Schwerelosigkeit, so dachte ich, Müsst man berühren
können, |
Und du sagtest so
zu mir, Und alles, was du
sagtest, glaubte ich dir auch: "Du
überforderst mich in allem, Und nur deine Nähe
stellt mich in den Hagel Spitzer Funken, Die mich treffen, Ja, die schlagen
ein in mich." |
Das, dachte ich, Zeigt doch, wie
sehr gefährdet Dinge sind, Die sich so ganz
und gar Der eigenen Gefahr Entzogen haben. |
Jede der Bewegungen war eine Illusion. So ging ich auf
dich zu, Nahm deine Hand Zum Kuss auf ihren
Rücken, Drehte sie herum Und küsste dort den
Boden ihrer Schale, Der war leer und
doch ein köstliches Getränk, Das ließ den
Sehenden Zum Blinden werden. |
Abgewandt von mir
standst du Und warst ein
fremder Mensch, Ein jugendlicher
Mensch, Der war für seine
Jugend nicht mehr jung genug, Und frauenartig
schobst du deine Haare Unter eine rote
Spange, Die vermochte viel Und bündelte die
blonden Locken Zu der Garbe, Die stand frei im
Feld, Und traubenartig
hingen ihre Ähren Bis auf deine
Schultern,. Das war keine
Illusion. |
Das Feld, die
Garbe, Ähren, Deine Finger, die
als Rechen Durch die Strähnen
fuhren, Wurden eine
sommerliche Sonnenlandschaft, Die beschwor den
Frühling, Der war erst zwei
Tage alt Und stand bei dir und
mir in voller Blüte. Ich erinnerte mich
schnell an eine Kirschbaumstraße, Die wurd in den
ersten Frühlingstagen Weiß zum schlanken
Kleid, Und eine Taille
reihte sich darin an eine andere. Die neue Jahreszeit
ist eine Illusion, Die geht durch alle
Zeiten. |
Ich hatte lange nichts von dir gehört, Dann kam ein Brief, Der sandte einen
Kuss von dir. Es war nicht
auszumachen, Wie es technisch
möglich war, Und doch war dieser
Kuss ein wahrer Kuss Und wiederholbar Und war ganz gewiss
von dir Und war mit diesem
Brief gekommen. |
Und er küsste nur, Darüber gab es eine
Garantie, Den Richtigen Und nur, wenn der
es wollte, oder sie. |
Der Kuss, Das wusste ich
sofort, War ein verlorner
Kuss, Er war aus deiner
Zeit, Die lief schon
parallel zu mir, Und gestern, als
wir uns begegneten, Da hätten wir uns
doch begegnen können, So wie jetzt. |
Du bist schlimmer, als der Beißhund, Der in seiner Wache
Gier entwickelt, Und du sollst das
Blut nun haben, Und ich sage dir: "Es ist nicht nur
das Blut des Dichters, Sondern jedes
Künstlers. Ja", so sage
ich, "Nun gebe ich
dir recht, Ich habe keine
Liebe, Und ich habe nur
die eine Liebe, Die gehört mir
nicht, Die gab mir jemand
als Geschenk, Und ich verprasse
sie An meine Kunst Und huldige damit
dem Geber, Und ich liebe eine
Wolke, Einen Regen, Einen Teil von dir
und dich Und etwas auch von
dir was du nicht hast, An anderen. |
Ich gebe diese
Liebe einfach ab Und raube ihr dafür
die Liebe anderer Als Nahrung. Deshalb hast du
recht. Ich beute dich so
aus, wie einen Stein; Auch die Bewegung
deines Armes, Wenn er sich um
deinen Nacken schlingt, Bin ich, Du wusstest es nur
nicht bis jetzt, Und die vom Auto
tot gefahr'ne, Aufgerissne Amsel
bin ich auch Und denke mir in
allem weiter nichts, Als dass es ist, so
wie es ist, Und dass ich es als
Lebender erlebe Und erleben muss. |
Und keinen
Aufschrei, keinen Lustschrei Darf ich dafür
geben, Und der Unterschied Von Amsel, Mensch
und Baum, Von dir und mir Wird grad in mir
erfunden Und von mir
entdeckt. Gedulde dich mit
deinem Biss Noch einen Tag, Mein Blut muss
reifen. |
Vor deinen Augen lebte in der Haut Ein großer
Schmetterling. Er lebte auf und in
der Oberfläche Und die Flügel Gingen als die
Schaukeln Langsamen Erlebens auf
und nieder. Deine Augen waren
auch auf mich gerichtet, Blieben auch auf
mich gerichtet Selbst, wenn ihre
Schranken Unten waren, Und die Augenblicke
freier Überfahrt, Die wirklich nur
sekundenlang den Weg Für die Passage
offen hielten, Waren Übergänge
ohne Garantie, Denn oft geschah es
zwischendurch, Dass sich die
Flügel senkten, Und man musste
unter ihnen Ganz allein mit dir
die Dunkelheit Verbringen. |
Dabei stellte ich, Weil ich es wissen
wollte, fest, Dass du im Spiegel
gegenüber, Immer nur das Farbenspiel Des Senkens dieser
Flügel In extremster
Langsamkeit erleben wolltest. Leicht wär es für
mich gewesen, Diesen Buntstaub
von den Fenstern Deiner Einsicht,
deiner Aussicht Abzuwischen. |
War die Dunkelheit
vorbei, Erinnerte ich mich noch
schnell genug an dich, Und hätte nie
gewagt, Dir die Paläste
deiner Häuslichkeit Mit einer dummen
Putzsucht zu zerstören. Sonst gab es nur
wenig Über
Schmetterlinge, Die in Langsamkeit Die Flügel heben,
senken konnten, Zu berichten. |
Es war aus einer
Folge vieler roter Bilder, Die sich immer
weiter isolieren ließen, Schließlich rot
geworden und geblieben, War durch den
Verlust der dritten Dimension Entstanden, Und es hatte nur so
werden können, Dass das Rot sich
über eine Fläche zog, Es zog sich hin vom
Hals, aus dunkelroten Wurzeln, Über Wangen zu den
Ohren, Stürzte sich in
deine Stirn, Von dort in eine
Tiefe, die man nicht mehr Sehen konnte. |
Auf der Suche nach
der Räumlichkeit Gab ich nicht auf, Und durch die
kleinen Öffnungen der Bluse, Die du trugst, Durch diese
Winzigseen, Die zwischen
Knöpfen lagen, Meinen Blick
verführten und entführten, Mich bis an die
Wurzeln deiner Röte Stoßen ließen, Fand ich einen
Ursprung, Von dem hattest du
mir nie erzählt, Und letztlich,
dachte ich, Hast du ihn selbst
noch gar nicht Wahrgenommen. |
Sollte ich nun
diese Bergseen Einer allgemeinen
Fischerei entdecken Und vielleicht gar
selbst Am Ufer
Trampelpfade hinterlassen, Oder über die
Entdeckung eines Ursprungs, Dass er ja ein
Ursprung bleibe, Schweigen? So gesehen, hattest
du ein Recht Auf deine eine
eigne Dimension. |
Und anfangs war es, Dass du dich dem
Gast zum Gaste machtest. Du und ich, Ich sah nur dich. Du warst allein, Weil ich mich nicht
mehr wahrnahm. Das Geschirr, das
du uns botst, War nur ein Hauch
von Porzellan, Das blieb auch
ungefüllt, Und Speise, rietst
du mir, Sei anderswo. |
Da überzog sich
schon dein herrliches Geschirr Mit Glanz aus
Blankmetall, Das strahlte und
das blendete, Ich blickte in das
Auge eines Bergsees, Der die Sonne
eingefangen hatte. Darin sah ich mich
das erste Mal. Es wurde alles
bleiern schwer. Du sagtest: "Alles ist zum
Erzguss ausgeflossen," Und ich stellte mit
der größten Mühe Meine leere Tasse
auf den Tisch zurück. Sie war so schwer
geworden, Kaum noch
anzuheben. |
Aus dem Kleid kam
die Metallhand Auf mich zu; Sie war sehr weich
und warm Und hatte letzte
oder erste Strahlen Eingefangen und
gespeichert, Und du gabst mir
alle Arten deiner Speisen An dir frei. "Ich bin durch
mich geschützt," So sagtest du, "Du kannst
getrost durch meinen Panzer dringen, Der hält
stand." |
"Du musst dich
hüten vor Vergleichen; Du darfst nicht die
totgefahrne Amsel Gleichstell'n Mit den Schrecken
einer Großstadt, Mit den
aufgespießten Kindern eines Wahnsinnslandes, Mit den Frauen
einer fernen Gegend, Denen man die
Brüste abgeschnitten hat Und Männern, denen
man den Bauch Mit einem Messer
öffnete Und die man so zum
Laufen zwang. Du darfst doch
nicht so tun, Als wäre eine
Himmelswiese voller Strahlentode Hinter fernen
Welten, So, als suchtest du
für dich ein Rauschgift, Um dich zu
betäuben, So als sagte nicht
ein anderer, Wie ich zum
Beispiel, Auch etwas
dazu." |
Ich tat ja nichts, Und auch nicht so
als täte ich nur so. Die Leiter fängt
mit einer ersten Sprosse an. Dort wo ich stand, War lange schon die
Höhe Nicht mehr
auszumachen. An mir, sah ich, Konnte man sehr
wohl die Bilder sehen, Die der Mensch, der
mich so angesprochen, Auch beschrieben
hatte. Woher hätte er sie
sonst wohl nehmen können, Wenn nicht nur von
mir. |
Kam ich zu dir, Verlangte ich darum
nicht mehr Als dass sich deine
Arme um mich legten, Dass du mir das Rückenfell ein
wenig glättetest. Nur, Mein Verlangen
konntest du nicht wissen, Weil wir wegen
dieser Welten, Die uns trennten, Zwei verschiedne
Sprachen Wählten. Keiner von uns
beiden Wagte dies
Geständnis. |
Es war ein kleines
Haus, Es war ein Spitzdachhaus. In deiner Stirn
entdeckte ich sofort Das Giebelfenster. Ich verbot dir, Und ich war sehr
streng, Mir irgend etwas zu
verwehren. Ohne Worte gabst du
nach Und zogst mit
lässiger Gebärde Deine schwarzen
Haare, Die weit über deine
Schultern fielen, Mit den
tänzerischen Armbewegungen Und spitzen Fingern
hoch, Du machtest dein
Gesicht zur Bühne, Die vor schwarzem
Vorhang stand. |
Das Spiel, das ich
erwartete, Sollt ich nun
selber bringen. Alles legtest du
und dich zurück auf bunte Kissen, Deine Kleider taten
sich Als Schmuckkassette
vor mir auf. Du irrtest dich. Ich wollte mich
nicht mit dir schmücken, Und ich dachte
nicht an Raub, Nicht an Verkauf, Nicht an Besitz Und schlug mit der
geballten Faust, Das Giebelfenster
ein. So, und nicht anders Wollte ich in dir
an dich gelangen. Blutig wurde meine
Hand. |
Du hattest später
einen Traum, Der, sagtest du, Hätt dir den
Aufenthalt In einer Anstalt
aufgezwungen. Dort hätt man dich
wochenlang Zur Heilung einer
Wunde, Die du selbst nicht
sahst, Die du, so sagte
man, nicht sehen konntest, Festgehalten. |
Einmal wollte ich dich lieben, Und ich dachte, Dass man immer und
für alles Einen Schlüssel
brauchte, Und ich dachte
dabei nicht ans Öffnen, Sondern ans
Verschließen, Und ich kaufte bunte,
selt'ne Blumen, Die man nur aus
Märchen kannte, Kaufte Blauaurikel
und vermischte sie Mit
Weißmaiglöckchen, Um sie dir zu
schenken. |
Dann kam ich zu
dir. Du sahst mich und
du sahst Den Wunsch an mir Und sahst die
Blumen an Und sagtest, noch
in deiner Tür, zu mir: "Man darf nie
Märchenblumen Miteinander
mischen. Sieh, sie lassen
schon die Köpfe hängen, Können sich selbst
nicht ertragen," Und du trenntest
sie, Dass sie sich nicht
mehr sahen, Stelltest sie in
ganz verschied'ne Vasen, In verschied'ne Räume. |
Deinen Schlüssel
hattest du Ganz sorglos,
unbedarft, Im Schloss Von außen stecken
lassen. |
Ist dem Träumen
nahe. Denken träumen, Ist das Sagen, das
man niemals sagt, Von dem man wenig, Meistens gar nichts
weiß. Ich denke oft in
dir, Das weißt du nicht, Und denke, wie es
ist, Wenn ich mir nahe
bin in dir, Und träume so vom
Denken, meinem Denken. |
Das könnt ich dir
sagen, Und ich sage
nichts, Weil ich zu wenig
davon weiß, Und dich dagegen,
habe ich in mir ertappt, Du kanntest dich,
das hast du zugegeben, Sehr gut aus. Du warst nicht zu
vertreiben, Und ich sah es ein,
bevor ich daran dachte, Und du bliebst, Gingst aus aus mir
und ein Und fort und kamst
zurück. |
Ich fragte dich, so
arglos ich nur konnte, Nach mir aus. Du sagtest gleich: "Es ist mir
jetzt ganz klar, Auf dich kann ich
nicht bauen, Ich vertraue nicht
auf dich. Du bist ein Zufall, Der für mich
begehbar ist Und bist mit gar
nichts zu erreichen, Und ich selbst bin
dir ganz fremd. Du würdest mich, Wenn du mich wieder
fändst, Noch nicht einmal
vermissen." |
Der
Eingeständnisse. Es war ein Buch, Das wir gemeinsam
schrieben. Jeder trug dort
streng geheim Auf eine Seite, Die der andre
niemals würde lesen dürfen, Das Geständnis ein, Mit dem man ihn,
den anderen, Betrog, belog,
betrogen und belogen hatte, Ihn belügen und
betrügen würde. |
Jeder wusste von
den Eingeständnissen Des anderen Und kannte keines. So gesehen, War ein
Eingeständnis Auch Geheimnis, das
man offenbarte. Jeder machte sich
zum Detektiv Und lauschte auf
verräterische Einzelheiten. |
Dir entlockte ich
nicht viel, Es war auch nicht
der Rede wert Und war nicht mehr, Als dass du dir die
wahre Freiheit wünschtest, Dass du dir in dir die
wahre Freiheit, Wie du sie
versehentlich beschriebst, Bewahren wolltest, Und sie wäre ein
Betrug an mir, Die Beute eines
Raubzugs, Den du immer wieder
durch mich machtest. In dem Buch, An dem wir beide
schrieben, Konnte Schrift, Wie wir sie
schreiben, lesen konnten, Gar nicht haften. |
Und du frorst. Im Zimmer war ein
neuer Schnee gefallen, Der lag überall. Du wusstest nicht
wohin mit dir, Und sagtest so: "Die Kälte,
die ich in mir trag, Bricht nun heraus. Was soll ich
machen?" |
Ich sah dich normal
gekleidet In demselben Zimmer
sitzen, Und du sprachst mit
mir In einer zweiten
Sprache ganz wie sonst, Als wäre nichts
geschehen, Und wir
unterhielten uns Und tranken ein
Getränk dazu Und froren nicht Und lebten in der Kälte Und dem Eis des
Raumes. Eis und Kälte
brachen ständig neu aus dir. |
Als Kind, Das fiel mir noch
als Warnung ein, Hieß es für mich, "Du darfst mit
deiner Zunge Nie am Eis des
kalten Türgriffs lecken." Das erklärten die, Die die Erfahrung
hatten. "Schlimm,"
so sagte man, "Sind die
Verletzungen," und auch, "Es ist kein
Unterschied zu spüren, Zwischen dem
Erfrieren Und im Eis
verbrennen. |
Als hätte man dich
grad verlassen, Und ich sei der
nächste. Nicht, dass du dich
irgendwie verkauftest, Sondern mit den
Augen Winktest du noch
einem Schatten nach, Den ich nicht sah, Und ließt mich
warten; Dann zu mir: "Nun bist du
fort Und bist doch grade
angekommen." |
Wirklich, dachte
ich, Vor ihrer Tür ließ
ich mich immer sein Und überließ mich
ihr und mich Und machte einen
Zeitpunkt mit mir aus, Dann würde ich mich
wieder holen, Und ich dachte
auch, Als Frau hat sie ja
Augen, Die durch Wände
sehen können, Außerdem sieht sie
an mir, Dass ich der
Falsche bin. |
Der andere würd sie
sich nicht Mit einem Andren
teilen wollen, Und sie fragte mich
danach In schwacher
Neugier aus: Sie würde mich doch
gerne Kennen lernen
wollen. |
Von dem Gespräch
erzählen, Dass ich mit mir
hatte. Das ging so: "Auf meine
Schulter Setzte sich dies
sanfte Wesen, Setzte sich ein
Schmetterling. Es war kein
Schmetterling, Wie du ihn kennst, Es war vielmehr ein
Sandbild. Das bestand aus
Farbsand, Der war eingesperrt
in eine Flüssigkeit Und die bewegte
sich als "Malerei" In einem Doppelglas, In einem
"Bildmobil", In einem
Zwischenglas, Das war zu drehen, Und mit jeder
Drehung Floss das Bild ganz
anders Und ganz neu
zusammen. |
So, in dieser Art, War jener
Schmetterling auf meiner Schulter. Sage mir, Der ich ja du bin, Was das ist, Damit ich dich Und damit mich
verstehe." Darauf sagte ich zu
mir: "Das, was du
fühlst, Machst du dir
sichtbar, Dass du es
begreifen kannst Und kannst und
darfst es nicht begreifen. Was du siehst und
sehen kannst, Ist unsichtbar, Weil es nur eine Sehnsucht
ist. Noch ist sie bunt Und voller Farben, Lässt sich unter
deinen Händen drehen. |
Eines Tages aber
wird das Wesen Eier legen wollen, Um sich
fortzupflanzen, Und es wird von dir
Besitz ergreifen wollen, Und es wird sich
dir Als Todessehnsucht
zeigen Und erkenntlich
machen Und in
Trauerkleidung gehen." |
"Nun ist mein
Tag Nur ein Gerippe. Alles ist verzehrt, Und ich bin müde, Denn von dir bekomm
ich keinen Schlaf. Du frisst die ganze
Nacht an mir Und schläfst dabei Und zehrst mich auf Und meinen neuen
Tag dazu, Und meine Kräfte
lassen nach." |
Das, dachte ich, Hab ich mir nicht
verdient Und dachte auch, Wovon ernährt sich
denn ein Mensch, Wenn nicht von
andren Menschen, Und ich dachte,
dass ich dir Von mir gegeben hätte Und war im Gewissen
ruhig, ausgeglichen, Bis zu diesem
Augenblick, Als du so heftig an
die Waage stießt. |
Aus einer der zwei
Schalen Fiel mir meine Welt
zu Boden. Plötzlich war sie
faul, Ein Apfel der im
Ausschlag lebte Und im Aufprall
gleich zerplatzte, Durch und durch War er schon braun
durchzogen. Was kann ich, ein
armer Fresser, Gegen meinen
Menschenhunger machen, Der stillt sich
nicht von allein. Ich kann mich
zehnmal selbst zerfleischen Und von mir
verspeisen lassen. Das bringt gar nichts
ein. Das ist doch ganz
umsonst. |
Geschrien, Und dich hatt ich
als Wache An mein Bett
gestellt, Du konntest ruhig
schlafen. Du warst mir im
Schlaf das Nadelkissen, Das war voller
Stiche, Und die waren mir zugleich
die Spitzen Eines Nagelbrettes, Das lag unter mir. |
Du wecktest mich Und riefst mich, Das war auch im
Schlaf Und konntest so
nicht helfen, Und ich wünschte
nur, Dass du mich
wecken, retten würdest, Denn ich tat im
Schlaf, Was ich nicht machen
wollte, Und ich brauchte
einen Rückruf. |
Morgens sprachen
wir im Aufbruch Über diese Nacht. Ich konnte mich
sehr gut erinnern, Und ich sagte
nichts, Und du warst mit
Vergleichen Schnell zur Hand: "Dir bin ich
als ein Nadelkissen Halt und immerzu
Vergessen, Und du selbst
quälst dich auf einer Nagelbank. Dein Schlaf ist
Tag, Und deine Tage sind
die Nächte, Die verbringst du
mit der Augenbildermalerei
und mit dem Denkbaren, Und nachts kämpfst
du Um deren
Wirklichkeit Und Wahrheit." |
Königlichen Stuhl
herein. Sonst war das
Zimmer leer. Die junge Frau
stand auf der Leiter, Und mit einem
breiten, schweren Pinsel Weißte sie die
Wand. Wir waren in der
Zelle. Schlampig war die
Frau gekleidet, Und der Kittel, den
sie trug, War viel zu kurz. Die Knöpfe, vorne, Waren nicht ganz
durch geknöpft, Man hätte sich an
ihr vergehen können. |
Sie, Die Leiter, Weiße Farbe, Königlicher Stuhl Und ich In dem Gefängnis,
in der Zelle. So, denk ich,
verhalten sich die Gegenstände Hinter unsrem
Rücken. |
Wär ich ich, Hätt ich die Frau
doch angesprochen Oder umgekehrt. Es krönten sich die
Dinge selbst, Wir mussten helfen Als die Diener
unter einer Dienerschaft. Viel früher schrieb
ich einmal Von den Göttern, Die man in Gehegen
hielt. Mit deren Augen Sah ich dieser
jungen Frau Ins Tun. |
Der Augenblick des Handelns war vorbei, Nun war der
Augenblick des Denkens, Und ich dachte nur
an mich. Ich hatte mich
erschossen. Autohupen um mich
her Kam näher, Also war ich in
Gefahr. Sofort darauf:
Klaviermusik. Es hatte eine
Kneipe in mir aufgemacht, Und ernstes,
schönes Spiel Drang durch den
Eingang., Eingelagert in die
Sprache, Die ich sprach, Die wurde fremd,
zur fremden Sprache. |
Meine Frau, denk
ich, Liegt schon im Bett Und fürchtet sich
vor mir: "Nun wird er
kommen, Oder ich hab heute
Glück," Sie wird nicht um
mich weinen, Und sie weint nicht
mehr um mich. Die festen Treppen
fließen plötzlich doch. |
Ich hätte an die
Blumen denken sollen, Das hab ich
versäumt, Und denke an den
Krieg, Der ist ein
schlimmes Unkraut, Und ich denke an
die dumme Schläue All der Menschen, Die den
Wildwuchsgarten halten, Die sind immer
außerhalb des Zaunes. In der Hosentasche
suche ich nach einem Tuch Und greife in die
Wurzeln, Die sind bis
hierher gekommen. |
Liegt eine Folie, Die ist dünn und
superfest Und reflektiert in
Gold, Das ist die
Rettungsplane. Die ist klein, wenn
sie gefaltet ist, Und ich umfasse sie
mit einer Hand. Du möchtest sie
benutzen, Weil es regnet, Und du denkst an
deine Haare Und dass das ein
Notfall ist. |
Du möchtest mit der
Plane auf dem Kopf Den Wagen schnell
verlassen Und planst diese
Rettung, das ist deine Rettung, Und du bist
geschickt In dem Entfalten. Hier im Wagen ist sehr
wenig Platz, Und deinen Notfall
planst du ganz alleine, Und ich helfe nicht
dabei Und seh dir zu. Dann springst du
aus dem Fahrzeug, Das steht still. |
Ich höre
Regentropfen Zweierlei
Geschlechts. Geräusche dringen
durch das Dach Und durch die
Fensterscheiben. Du bist schneller
fort Als dich die Not
erreichen könnte. Meine
Scheibenwischer lass' ich laufen, Und du bist ein
Gold umhüllter Regenball, Der tanzt um
Pfützen und bringt sich voran. Im Notfall ist dir
alles recht. Du hättest auch für
Sonne einen Einfall. |
Einmal sprach ich ganz normal mit dir Und dachte an die
Kunst, Die wir für uns
entdeckten, Und die doch schon
vor uns war, Und du erzähltest, Dass es diese
beiden Menschen gäbe, außer uns. |
Der eine hätte
eingestanden, Dass er nicht verstehen
könnte, Was ich sagte und
wovon ich redete, Und alles gäbe wohl
ein Bild, Doch bliebe alles
unklar, Und der andre
Mensch, so sagtest du, Fänd diese Bilder Als die eignen in
sich wieder, Nur dass sie vor
mir nicht dort gewesen wären, Und es wäre fast
wie eine Sucht für ihn, Dass er auf neue
Worte von mir hoffte, Um in sich in die
Verliese Einer unbekannten
Galerie zu kommen. |
"Ich," so
sagst du, "Habe selten
Zugang, Ich," so sagst
du, "Gehe hinter
deinen Worten, Und ich sehe über
deine Schulter, Ob du einen Spiegel
trägst, Dass ich dich sehen
kann, Dass ich dir
glauben kann, Dass ich mir
glauben kann, Dass du es bist, Der vor mir
geht." |
Aus Glas, Das war sehr klein Und hätte grade
ausgereicht für zwei. Das sagte ich dir
aber nicht, Weil ich erst
wissen wollte, Ob du es auch ohne
mich bemerken Würdest. |
Übers Glashausdach Zogst du gleich ein
Gewächs, Das Schatten gab. Die Wände und die
Türen Überwucherten mit
Pflanzen, Die sofort in Blüte
standen, Und du blühtest
selbst mit diesem Haus Zu einem
Glasgewächs, Dass ich dir
wortlos Meine Küsse auf die
Rücken deiner Hände legte. |
Einmal sagtest du
dazu: "Das Haus hat
Glück gebracht, Ich danke dir. Wir sind darin So glücklich wie
noch nie. Es ist gerade Platz
für zwei darin, Sonst würde ich
dich zu uns bitten, Aber so Bin ich mit mir bei
mir, Wir füllen alles
aus." |
Wird das Heim nicht
Heim. Ihr Heim ist dort, Wo sie nicht
heimisch sind Und quälen sich mit
irgendeiner Quälerei, Die hinterlässt
kein Wohlgefühl, Und die Gedanken,
die du hast Und über die du
sprichst, Sind dir, die nie
das Heim verließ Und nie verlässt, Ein Heimatland, in
das du fliehst. |
Dir ist das
"Ding" des Mannes, Wie du’s für dich nennst, Nicht oft genug im
Leib, Und über jegliches
Detail Weißt du Bescheid Und sprichst in
einem Atemzug davon, Wie
"göttlich" sich das alles Ineinander fügt Und denkst dabei: Wie lange hält es
an, Wie lange hält er
an, Und dann denkst du: Du bist sein Heim Und hoffst, dass er
dir Heimat bleibt, |
Und er darf dich
nicht beißen, Und du schiebst ihm
seinen Mund Von deiner Brust, Und er lässt dich
nicht herrschen über dich, Und du schreist auf
im Schmerz Und denkst: Die Schmerzen einer
Frau sind fürchterlich Und selten
körperlich, Und heimatlos sind
die, Die in der Heimat
sind, Und schmerzlos
sind, Und viel zu oft
machst du's dir selbst. |
Nun stehst du ganz in weißen Blüten, Stehst in weißen
Blüten, Deren Ränder einen
rosafarbnen Schimmer tragen. Ich steh unter dir Und seh hinauf Und könnte dich mit
einer schnellen Drehung Wieder unter meinen
Körper bringen So, wie ich dich
eben In die Höhe hob,
dass du nun auf mir liegst, So bist du
machtlos, Wenn ich dir die
Macht geb, Über mir zu liegen. Und du fühlst dich
auch nicht wohl Und stützt dich ab Und liegst auf mir. |
Es sind im Jahr nur
ein paar Tage, Die du so in Blüte
stehst. Du selbst bleibst
fest im Boden, Und ich klettere
auf deine Äste, Um den Blüten nah
zu sein. Sie strahlen Sonnenwärme
aus, Und einen eignen
Duft Entdecke ich auf
deiner Haut. Die andre Frau, Die auch Gedichte
schreibt, Ist mir im Ohr. Man hat sie für die
Schreiberei verhaftet. Die würd über meine
fade Lyrik lachen. |
Sie kämpft gegen
Politik und gegen Schwachsinn, Gegen
Menschenfresserei Und gegen
Strahlensterben. Unter einem andren
Blütenstamm Steht noch ein
Mann, Der ist nicht alt Und ist doch halb
gelähmt, Gestützt auf einen
Stock, Und völlig hilflos An den Baum
gelehnt. Den holt man nicht
mehr ab. |
Ich hatte es nun so oft angesprochen, Dass es
unaussprechlich wurde, Ja, es war zum
Unaussprechlichen an sich Geworden. Nun, da ich es dir
beschreiben möchte, Und da ich es
andren zeigen möchte, Nun, da ich das
Unaussprechliche Aussprechen möchte, Ist die Chance
vertan. Was bleibt, ist der
Verzicht. Ein Beispiel: Ich schau aus dem
Zugabteil. Die Züge fahren
hier in schneller Folge. |
Auf den Bahnsteig Eilt ein junges
Mädchen, Um den Zug noch zu
erreichen, Und es hat gar
keinen Abstand zu sich selbst. Das wird so
bleiben, Nirgends wird es
seinen Abstand halten. Und bei mir Zuhause Wird an einem
Feiertage Staub gesaugt. Die Ruhe dieses
Tages Habe ich gekauft Und mir Gedanken
aufgehoben. Nicht einmal von
ihnen Hält man Abstand, Und der Lärm der Reinlichkeit Saugt die Gedanken
auf Und jagt mich auf
den Haublock einer Richtstatt. |
Nichts hab ich
verbrochen, Und ich flehe
diesen Henker an, Der Feiertags nicht
köpfen darf, Doch heute
ausnahmsweise seines Amtes Schnell zu walten. Der vertröstet mich
auf morgen. |
"Das," so
sagtest du, "stimmt nicht, Denn es ist nur im
Traum gewesen," Und ich konnte mich
auch nicht erinnern. Dir im Traum Lag ich im Schlaf, Und du warst um
mich her Mit
Reisevorbereitungen beschäftigt, Und die Koffer
hattest du gepackt Und hattest über
alles nachgedacht Und auch an mich
gedacht Und an die
Zukunft., Und ich fragte
nach, Weil ich auch an
die Zukunft dachte, Und du zeigtest mir
die Liste Aus dem Traum, |
Die hattest du im
ersten Wachen abgeschrieben, Weil es doch viel
Zeit ersparte, Und die Liste war
perfekt und fehlerfrei, Und nichts, fandst
du heraus, War frei geblieben, Und du hattest, das
gestandst du noch einmal, An mich dabei
gedacht, Und es sei gut, Dass ich im Schlaf
gewesen sei, Obwohl du wusstest,
dass es doppelt Schlaf, Mein Schlaf in
deinem Schlaf Gewesen war. |
Als ich dann
aufstand, einfach ging, Riefst du mir etwas
nach. Mag sein, Dass du den Traum Noch immer träumst. |
Und ich durfte sie betreten, Als ich dich
besuchte. Du, so sagtest du, Würdst auch gleich
kommen, Und du seist ja
ohnehin Schon rundherum und
um mich her. |
In deiner
"guten Stube" Suchte ich sofort
nach dem, Was "gut"
war an der Stube, Und es herrschte
Sauberkeit, Und eine
Reinlichkeit bewegte sich Als schwere
Flüssigkeit, Die, einmal in
Bewegung, nicht mehr still stand, Sie bewegte sich
als kleines Meer, Das pausenlos mit
seiner Brandung An die Wände
schlug. Dort hingen Bilder, Die, sich selbst
genug, Nichts mehr
bebilderten. |
Ich fand das
"Gute" Dieser Stube nicht Und hob den Teppich
an, Sah unter einen
Tisch Und unter jeden
Stuhl. Ich drehte eines
dieser Bilder um Und stieß auf eine
dieser Fragen, Die galt mir, die
war von dir, Die maßtest du dir
an: "Denkst du,
selbst unter Gegenständen, An die Sehnsucht
zwischen Mann und Frau, Bist du, in mir,
mir noch nicht nah genug?" |
Du erinnertest dich noch ein Mal An deinen Traum, In welchem wir auf
Reisen waren Und in welchem du
um meinen Schlaf herum In Wachheit reistest Und die Koffer
packtest Und den neuen
Gästen sagen musstest, Dass sie sich
gedulden müssten: "Unser Zimmer
wird gleich frei. Ich packe schon, Und meinen Mann
möcht ich Noch schlafen
lassen, Weil er nicht in
Wahrheit schläft. Er schläft in
meinem Traum, Den kann ich nicht
so einfach enden lassen." |
Ja, ich konnte mich
erinnern. Heute fiel mir
alles ein. Ich lag in deinem
Traum im Schlaf Und kam mit dir an
deine Tür, an unsre Tür, Um einzuziehen, Denn es war ein
Zimmer im Hotel, Das durften wir beziehen, Und ich kam, um
mich zu wecken Und kam nicht an
dir vorbei, Und du und diese
Frau An meiner Seite Wurden eins. |
Ihr wart geschickt
mit mir, Dass ich sogar
vergessen konnte. Jetzt erst fällt
mir alles wieder ein. Ich seh mich immer
noch Im Schlafe schlafen Und in deiner Tür. |
Dass du den Eintrag
machtest. Ich nehm an, Es ist dein
Tagebuch gewesen, Das vor dir und
aufgeschlagen lag. Du schriebst direkt
aus deinen Augen ab. Die lagen gleich
daneben. Deshalb sprach ich
dich nicht an, Du hättest mich im
Schreiben Und im Lesen, wie
du schriebst Und wie du last,
nicht sehen können. Meine Tagebücher
schrieb ich anders. |
Meine Augen gingen
dann In mir verloren, Und ich hatte oft
sehr lang damit zu tun, Sie wieder zu
entdecken, So wie jetzt. Ich war zu nah an
dich geraten, Und sie hatten uns
verwechselt. Du schriebst also
von mir ab, Durch meine Augen
sahst du ein Erleben, Das hieltst du für
deines, Und last nach. |
Ich sah nun wie
viel mir Durch dich verloren
ging Und sah auch ein, Dass es in einer
Richtigkeit geschah, Die ließ uns das
Gemeinsame gemeinsam werden, Ohne uns noch mit
uns zu vergleichen, Und ich sah umsonst
auf dich durch deine Augen. |
Dann kommst du dazwischen... Ich geh gleich. Die Tür ist
zugesperrt, Ich kann nicht
fort. Dann komm ich eben
heim. Du kommst
dazwischen. Nun, dann geh' ich
durch dich durch. Du hältst den Rock
dazwischen: "Nicht am
Morgen," sagst du, "Nicht schon
wieder". |
Ich steig auf das
Dach. Es geht nicht
weiter. Du stehst hinter
mir: "Du bist
verrückt. Komm gleich
zurück." Ich komm' zurück. Du stehst auf
meinem Weg nach unten. Das ist ungerecht, Und wäre nicht dein
kleines Haus Mit Menschen
angefüllt, Ich zählte dich
allein schon dreimal, Mich genauso oft, Und von Sekunde zu
Sekunde wächst die Anzahl. |
Wäre dieses kleine
Haus Nicht mit uns
angefüllt, Dass ich mich
dauernd vor mir Bloßgestellt und
ausgezogen schämen müsste, Würde ich dich auch
am Morgen Auf der Treppe
nehmen, Und du hieltest
nicht den Rock Und dich
dazwischen. |
Die Kiste, Ganz und gar aus
Kampferholz gemacht. Man hatte nie
hinein geschaut. "Die Kiste ist
ganz leer Und was sie
aufbewahrt, Ist eine dumme
Weisheit," Und man lachte über
eine Unbekannte
Klugheit. Du hast mich
gezwungen, ohne es zu wollen, Eine Neugier
auszuüben, Und du sagtest so: "Die Frage
nach dem Sinn des Lebens Ist die Frage nach
dem Un- Sinn, Und wer gibt schon
gerne zu, Dass er im Un- Sinn
lebt, Und dass es
zwischen Sinn und Un- Sinn Keine Grenze gibt, Wer gibt schon gern
sein Leben An die Kunst." |
Ich musste also
jene Kiste öffnen. Ja, du wusstest
über ihre Existenz In mir Bescheid. Sie war fast leer, Und auf dem Boden lag
ein Zettel, Darauf stand: "Mein Leben
ist Erlaubnis, Und den Keim des
Todes darf ich in mir tragen, Als die Garantie
dafür." |
Ich sagte nichts
davon zu dir, Du fragtest auch
nicht nach. Viel später erst
kamst du darauf zurück. Es war auf einer
Autobahn, Die wir befuhren Und mich überkam
totale Freiheit, Mehr als das
Gefühl, war es schon Existenz. Du sagtest später
von dir selbst: "Ich war im
Irrtum, Denn ich dachte
doch sekundenlang, Dass ich allein im
Auto säße. Auch den Wagen
lenkte niemand." |
Du sahst den
Menschen auf den Mund Und tatst, als
sprächen sie mit dir, Das schriebst du
auf. Von mir schriebst
du: "Ich ging
Versteinerungen zu begießen, Und ich traf auf
seinen Mund, Der war aus Stein. Die Formen waren deutlich
zu erkennen, Und er sprach auf
seine Art zu mir. Ich sah, wie
schlimm Er unter der
Behinderung zu leiden hatte. Wasser brachte
nichts bei ihm; So resignierte ich
zum Schluss, Ich war zu spät
gekommen. |
Lange rief er mir
noch nach." Sie schrieb die
Wahrheit. Alle ihre Briefe Ließ ich ohne
Antwort liegen, Weil ich keine
Anschrift hatte. |
Die war auch In meinem Mund
verschlossen. |
Es ist die
Müdigkeit in dir und gähnte, Und es kam ein
Mann, Den kannte ich
schon lange. Beide fuhren wir in
einem Zug, Und alles dauert
nur wenige Sekunden. "Gähnen",
sprach er, "Ist ein
Zeichen höchster Spannung, Die verbraucht den
Sauerstoff, Und das bewirkt den
Hunger nach der Luft." |
Er hatte Recht. Ich lebte in dem
Neugefühl Der Solidarität mit
Dingen, Und ich hatte die
Verfremdung Hinter mir
gelassen, War in eine Fremde
vorgedrungen, Die nur noch aus
Gegenständlichkeit bestand, Aus Sachzwang. Dieser Mann war als
Gefahr für mich Auf meinen Weg
gestellt. Ich sagte so: "Ich bin nicht
ich, Ich fürchte, Sie
verwechseln mich mit mir. Ich kenne niemanden
wie Sie." |
Der Mann zog sich
zurück Und sah in einem
fort zu mir. Ich musste noch ein
wenig warten. Alles dauerte, das
sagte ich, Sekunden. Dann sprang ich so
hoch es ging Und warf mich auf
den Boden, Dass ich überall
zerbrach. Nun konnte er mir glauben Und dem eignen
Irrtum. Meine Scherben Ließ ich liegen. Niemand würde sich
bekümmern müssen. |
Das ich verloren
hatte. Alles hätte ich verlieren
dürfen, Und von allem Konnte ich mich
leichten Herzens trennen, Nur nicht von den
Worten. Jedes Wort, das von
mir ging, War an den festen
Platz gestellt Und hatte dort zu
bleiben. So war meine
Wortschar eine Einigkeit, Die lebte von der
Nachbarschaft, Und jede
Nachbarschaft war unersetzlich, Und es fehlte nun
ein Wort. |
Von dir erfuhr ich
folgendes: "Das was du
denkst Und deine
handgeknüpften Teppiche Sind mir zutiefst
zuwider, Und ich mag nicht
sehen, Wie du daran
arbeitest Und mag nicht sehen, Wie du diese Art
der Netze spinnst, Und was du damit
einfängst, Kann nichts
taugen." |
So ging mir das
Wort verloren. Auf dem Weg durch
meinen Mund Ging mir mein Wort
verloren, Sonst hätt ich doch
irgend etwas Zu dem Vorwurf
sagen, Dir entgegnen können. So gefährlich war
es also, Wenn man mich in
Frage stellte. |
Fragen auszufragen. Später saß ich in
der Bahn. Die Leute neben mir Besprachen den
Erfolg. Ich hatte dich vor
Augen: Deine Technik, eine
Armbanduhr, Verzierte eine
dünne blaue Ader, Die lief fort aus
dem Gehäuse, Über, unter eine
blasse Haut, Verzweigte sich Und schimmerte als
Flüsschen, Das aus größter
Höhe sichtbar wurde, Unter unberührtem
Sand. Ich sah bis auf den
Grund. |
Von hier, aus meiner
Höhe, Sah ich auch auf
ein Gebirge, das sich anschloss. Eine unbekannte
neue Sonne Tauchte alles in
Türkis Und zündete in
einer Meeresbucht Ein Leuchten an. Nun hörte ich, Dass du mir Fragen
stelltest, Und ich hörte
meinen Mund, Der redete und redete
und sprach von mir. |
Es war doch leider
so, das warf ich ein, Dass ich von mir
nur reden konnte, Wenn ich von mir
sprach. Dann, als wir
draußen waren, Musstest du dich
schützen, Und vor eines
deiner Augen setztest du, Um nah an mir zu sein,
ein Teleobjektiv. Das andre Auge sah
nach innen. Dort begegnete ich
ihm ein zweites Mal. |
Zwei Tage waren in
der Wahl. Du drehtest dich
vor mir Und zeigtest deine
Vorderseite, Dann den Rücken, Und du blicktest bei
der Rückenschau Nicht zu mir hin. Ich bat dich noch
einmal zurück Und wieder so, Dass du dich von
mir wandtest. Eingestehen müsste
ich dir, Welches meine
Vorderseite ist. Zwei Tage waren in
der Wahl. |
Du hattest nicht zu
wählen, Und du fragtest nicht. Dann hattest du
mich überzeugt. Es war dir gleich, Und den Betrug
verstandst du nicht Und ludst mich
einfach zu dir ein. Mit mir, so sagtest
du, Sei alles in der
Ordnung, Und ich hätte, Weil ich doch im
Vorrecht wäre, Freie Wahl. Noch einmal zeigtest
du dich Von den beiden
Seiten. Jeder Unterschied war nun verschwommen. |
Du, ein Kreisel,
drehtest dich vor mir. Ich rief dir zu: "Stütz deine
Hände in die Hüften, Das bringt
Sonne." Alles machtest du
für mich Und glühtest auf. Nicht anzufassen war
die freie Wahl an dir. |
Die Worte lebten in
den Jahreszeiten. Allerdings
vergingen die in einer Reihenfolge, Die ich nicht
verfolgen konnte. Was ich heut Im Frieden zu dir
sagte, Löste morgen eine
kriegerische Wolke aus, Die legte sich auf
deine Stirn, Und Sturm und Regen Schleuderte dein
Mund. |
Zu andrer Zeit riss
dir dasselbe Wort Den Sonnenvorhang
auf, Dass ich vor dieser
Plötzlichkeit erschrak. Vor Jahren hatte
ich gelesen, Dass sich
Künstlerinnen die Vaginen In Keramik
nachgebildet hatten, Sie in Tellergröße
brannten Und dann einen
Tisch mit ihnen deckten. |
So gedachten sie
einander, Denn es waren auch
auf den Servietten Frauennamen
eingestickt. Das Kunstwerk
nahmst du an. "Es war
symbolisch," sagtest du, "gemeint." Ich dachte an die
Küsse, Die für deinen
Schoß gesammelt waren. Sie verbrachten
deinetwegen Einen dummen Herbst In meinem Mund. |
Ich halte eine Uhr in meiner Hand. Es ist nicht eine
Uhr, Wie du sie kennst, Wie ich sie kenn, Es ist das Schwimmen Ohne Vorwärtskommen
in dem Sand, Es ist nur ein
Gefühl Und wird zum
Zeitgefühl Und wird zu dem
Gefühl der Zeit, Die lässt sich so
berühren. Kannst du anders
Zeit berühren, Als in der Sekunde, Wenn sie stehen
bleibt? |
Am Frühstückstisch
entstand vor dir, Weil wir so nah am
Fenster saßen, Dieses
Hinterglasportrait, Die Spiegelung von
dir, Die zeigte dich
ganz anders. Warum hatte ich
dich niemals Hinter Glas
gesehen, Niemals richtig
hingeschaut. |
Mir fiel auch ein, Dass du mir einmal zugerufen
hattest: "Sieh dich vor
vor meinem Zweitgesicht, Das hat mit dir zu
schaffen." Deine Zeit kam noch
von hier, Und deine Worte
waren noch an meinem Ohr, Doch du warst
längst schon Drüben auf der
andren Seite, Und du lebtest
dort. |
Du hieltst mir deine Hand entgegen, Und ich sah, Und ich erschrak, Dass dir ein Finger
abgetrocknet war, Ich sollte ihn
entfernen: "Er ist
abgetrocknet, Brauchst ihn mir
nur abzubrechen." Niemals würde ich
mich so an dir vergeh'n Und sagte: "Gleich, ich komme
gleich dazu. Ich muss noch
einiges bedenken," Und ich dachte über
das Geschehen nach. |
Der Finger war
vielleicht ein Anfang, Später käme dann
die ganze Hand, Der Arm, ich weiß
nicht, was noch alles, Und die Trockenheit Vermochte dich vielleicht
ganz auszutrocknen. Andrerseits, so
dachte ich, War ich vielleicht
grad aufgewacht Und hatte nichts
bemerkt, War durch den
Schlaf verhindert worden Etwas zu bemerken Und bemühte mich
umsonst, Ließ mich umsonst
bemühen, Stand vor einem
Rest, der sich bemühte, Vor mir zu
verschwinden, Und ich war zu früh
erwacht. |
Vielleicht hieltst
du den Finger hingestreckt Und wolltest mich
zur Unbedachtsamkeit Verführen. Mocht auch sein, Dass dir ein
trockner Zweig Versehentlich ans
Licht gebrochen war. So hielt ich ein Und dachte auch an
meine Schuld dabei. |
Der verstand das
Netz zu flechten, Und ich ließ ein
Netz, für "Fischfang",
sagte ich, Von ihm erstellen. Das bezahlte ich Und zog es in dem
Garten über einen Balken Und den Balken In die größte Höhe, Dass das Netz als
Segel senkrecht hing Und so nichts
fangen konnte, Selbst der Wind
stand nicht darin. |
Das Segel, das kein
Segel war, War mir ein Netz, Das konnte ja
nichts fangen. Du verstandst mein
Handeln nicht. Ich sagte: "Wenn dies
nicht die beste Sprache Für mich wäre, um
mich auszudrücken, Würde ich natürlich
eine andre wählen." |
Du verstandst mich
wieder nicht, Du zwangst mich
also, Meine
Zeichensprache zu ergänzen. So stieg ich ins
Netz Und blieb in halber
Höhe In den Maschen Und mit einem Seil
band ich mich an Und richtete mich
ein, So gut es ging. Du dachtest nun zu
Recht, Dass ich wohl alles
deinetwegen machte, Und du sagtest
noch, bevor du gingst: "Ich habe
damit nichts zu tun." |
Nichts blieb von mir unversucht. Ich setzte alles,
was ich kannte, Der Versuchung
durch mich aus. So ging ich ins
Museum, Ins Theater, Sang in einem Chor Und war
Familienvater. |
Das Museum blieb
Bewahrer, Ich erfuhr nicht
ein Geheimnis, Das Theater blieb
mir fremd, Die Trennung
zwischen Publikum und Bühne War nicht
aufzuheben, Selbst im Chor
stand ich als Einzelfall, Der ging nicht
unter in der Menge. Den Familienvater
glaubte ich mir nicht, Selbst Dokumente,
die ich hatte, Konnten mich nicht
überzeugen. |
Meine Wiesen mähte
ich mit meinen Füßen, Und in Steine
konnte ich Ganz ohne jede Mühe
beißen. Die Versuchung war
sehr groß Und nützte nichts. Ich sagte immer
wieder zu mir selber: "Wiesen kann
man nicht mit Füßen mähen, Und in Steine kann
ein Mensch nicht beißen," Und ich gab nicht
auf. |
Die befand sich
morgens früh Auf meinem Weg Und war mit Händen
anzufassen. "Das ist also
meine Frage," dachte ich Und sah zum Himmel. Dort entdeckte ich zwei
große Entenvögel, Die die Flügel
hastig schlugen Und in spitzen
Pfeilen eilten, Dann ganz
unverhofft Auf einem
Spitzdach, einem Giebel, landeten. |
Ich rief zu ihnen: "Ihr befindet
euch im Irrtum, Euer See kann hier
nicht sein." Die Frage brach im
Weg zusammen, Ohne sich gestellt
zu haben Und versickerte im
Handumdrehn im Sand. Die Entenvögel
flogen plötzlich auf Und waren fort. |
Ich würde sicher
lange warten müssen, Um der Frage wieder
zu begegnen, Und ich wusste
nicht Bescheid. Ich stellte auch
den Menschen, Die mir nahe
standen, Meine Frage nach
der Frage, Ob sie selbst
vielleicht.... |
Wenn einem Menschen
etwas fremd wird, Wird ihm
schließlich alles fremd. Ich war in fremder
Stadt. Die war mir fremd
gewesen Schon bevor ich
ankam, Fremd war ich in
fremder Nacht, Ich hatte meinen
Alltag nicht verlassen. Ja, die fremde
Stadt war Gast bei mir, Sie war ein Ding
auf Wanderschaft, Ich konnte mich
dagegen überhaupt nicht wehren. |
Zwischen Stadt und
fremder Nacht Fiel aus dem
Fliederbusch Der Duft auf mich. Den kannte ich, der
war mir sehr vertraut Und heimatlich Und war, wie alle
Dinge, in Bewegung. Dinge waren auch
die Dinge, Die nicht dinglich
waren. |
Sollte man ein
Kind, Das mit zwei Köpfen
lebte und gesund war, Töten? Viele sagten ja. Ich dachte schnell
an mich Und wie gefährlich
meine Liebsten waren, Wie ich Tag und
Nacht durch sie gefährdet war, Am meisten durch
mich selbst, Durch meinen
zweiten Kopf, Ein Ding, Das ständig auf der
Suche nach mir war, Um mich mit mir zu
jagen. |
Erzählte ich von
mir. Ich fing von vorne
an, Damit sie mich
verstehen konnte. Nachher sagte sie,
weil sie mich gut verstand: "Sie haben
also meinetwegen Mit dem Ende
angefangen, Dass ich sie
verstehe." So ertappte sie
mich schnell. Ich schwieg und sah
durch sie hindurch. |
An ihrem Glashaus Waren keine Risse
zu entdecken. Drinnen führte sie
den Haushalt, Den sie für sich
machen musste, Und ich dachte: "Sie ist nicht
so schlimm, Dass sie in
Tötungsabsicht lebt." Von außen war sie
schön, Fast lieblich
anzusehen. Statt der Antwort
fragte ich: "Wie lebt es
sich, Wenn man in sich
alleine lebt, Wenn man vom Töten
leben muss." |
Sie sagte: "Seien Sie
mein Gast, Das Ende ist
vorbei, Wir sind am Anfang, Und wir können neu
beginnen. Hinter Glas sieht
man uns nicht." Sie hätte mir noch
sagen müssen, Wo bei ihr der
Anfang und das Ende waren, Denn das
"Wir" War sicher eine
Falle, Die sie stellte. |
Weil ich hungrig
war. Es war ein Essen, Das ich mir nicht
wünschte, Aber dringend
brauchte. Jemand fragte: "Wo entstehen
die Gedanken? Kann es sein, Dass sie den
Ursprung Nicht in unsren
Händen haben, Sondern in dem
Mund, In einer Art von
Innenhänden, Die dem Mund so
ähnlich sind?" |
Das Essen, das ich
nehmen wollte, Wich mir aus, War nicht zu
fassen. Jemand reichte
einen Teller, Gab mir ein
Besteck, Dass ich nicht
völlig hilflos bliebe, Doch es nützte
nichts, Das Essen war nicht
zu erreichen, Und ich gab es auf. |
Man dachte ich sei
satt Und räumte ab. Ich hätte mich
bedanken sollen, dachte ich, Und dachte auch,
wofür, und sagte: "Danke für die
Speise." Und man nickte
höflich: "Nein, Sie
dürfen uns nicht danken, Das ist doch nicht
richtig, Sondern wir
bedanken uns bei Ihnen, Denn es war ein
gutes, großes Mahl, Und ausgewählt war
jede Speise." So, denk ich, Entstehen die
Gedanken. |
Jahrelang hing ich an einem Band. Das war mir immer
lang genug Und nie zu kurz
gewesen, Gab gelegentlich
auch nach, Und heute hatte man
es heimlich Durchgeschnitten. Neben jenem Schnitt
lag noch das Messer, Das nahm ich in
meine Hand. Es sah nun aus, Als hätte ich den
Schnitt getan. Es wär ein Schnitt
an mir gewesen. |
Mit dem Messer in
der Hand Hätt ich nicht klagen
können, Und ich hätte mich
auch wegen dieses Schnittes Nicht beklagen
können, Denn er machte mich
ja frei Und gab mir eine
Freiheit, Die ich sonst nicht
hatte, Eine wahre
Ungebundenheit band mich an sich. |
"So,"
könnt man sagen, "Stelle ich
mir meine Freiheit vor. Man muss doch
sehen, zeigen können, Wo sie anfängt, wo
sie endet, Und sie in die
eignen Hände nehmen können." Alles ging so
schnell, Vom andren Ende war
nichts mehr zu sehen, Es war nicht mehr
zu erreichen, Und ich würde nicht
einmal mehr Einen Knoten mit
ihm schlagen können. |
Dass sich die Erde
abends in dem Weltall drehte, Weil ich sie nur
abends sah, Sie stand als Mond
in meinem Fenster, Drehte sich Und ließ mich
spüren, Wie entfernt ich
von ihr war. Die Erde ist nicht
alles, dachte ich, Und würde gerne
laut erklären, Was mich auf die
Reise schickte, Welchem Zwang nach
Ferne, Welchem Zwang nach
Einsamkeit ich unterlag. |
Ich war hier ganz
allein Und lebte in dem
Haus Mit euch auf dieser
Erde. Meinen Abstand saht
ihr nicht, Ihr dachtet
höchstens: "Manchmal
scheint es, dass wir stören," Doch ihr drangt in
mich, Obwohl ich draußen
war. Ich hielt mir beide
Ohren zu. Ihr wart nicht
einzusperren Und nicht
auszusperren. |
Meinetwegen hatte ich
den Taschengott dabei, Der war mir stets
zur Hand Und war doch nur, Damit ich mich um
irgend etwas kümmern konnte, War ein Kümmern um
mich selbst Und brachte weiter
nichts. So spielte sich die
Welt, Die immer kleiner
wurde, Abends in dem
Fenster ab. Das Fenster war im
Auge einer Frau, Die sollte ich erst
kennenlernen. Mir gefielen ihre
langen roten Haare Sehr, Darin lag schon der
Wind. |
Zu roten Sicheln
eines Doppelmondes. Zwischen beiden Monden
lag ein flaches Glas, Das trennte sie, Es war ein Spiegel. Einer von den
beiden mochte also Lüge sein, Vielleicht war auch
das Glas nur eine Illusion. Ich stieß mit
meinem Finger Zwischen deine
Lippen, Stieß mit meinem
Finger auf ein Wasser, Das ich nicht
gesehen hatte, Und es breiteten
sich Ringe aus, Die liefen schnell
bis an den Rand Und zeigten, Dass du ganz und
gar nicht wirklich warst. |
Von kleinen Kindern
wusste man, Dass sie im Spiel, Wenn sie sich
bäuchlings vor die Pfütze legten, Um hinein zu
schauen, Ohne Widerstand
darin ertrinken konnten. Die Verlockung war
sehr groß. Am Rande trugst du
dieses Goldherz, Das bestand aus
einer Doppelreihe Dunkelroter Steine,
aus Granaten, Die ihr Blut noch
tropfen ließen. |
Das erinnerte mich An den Feiertag in
einer Religion. Du hieltst die
Hände Brav in deinem
Schoß gefaltet, Den verschwieg ein
schwarzer Seidenrock. An dir könnt ich
das Spiel der Kinder wiederholen, Wenn du nur den
unbedachten Augenblick Erlauben würdest. |
Wohnt denn das
Böse, Wenn nicht in uns
selbst. Das Böse ist
vielleicht von sich aus böse, Ist vielleicht nur
umgekehrte Hoffnung, Die stellt sich zum
Schein nicht gegen uns, Die macht sich uns
zu dem Besitzer. Eigenartig ist die
Bosheit, die man liebt. Sie wohnt in völlig
eignen Räumen, Die man kennt und
die man nicht betritt, Weil man sie nicht
betritt, Und woher, frage
ich, Kenn ich mich darin
aus. |
Die Bosheit kenne
ich mit jeder Eigenart, Mit sämtlichen
Facetten, Und ihr Schrecken ist
mir Angst Und die totale Lust
zugleich, Die Bosheit sind
die Dornen, Die sich langsam in
die Augen schieben, Und die Schreie
schreien fürchterlich. |
Tagsüber wunderst
du dich über mich Und sagst: "Du wimmerst
ja die ganze Nacht, Als tobten sich
Gefühle auf dir aus. Wohin vertreibst du
deinen Schlaf, Dass er nicht wacht Und dich nicht
schützt. Ich kann dir keine
Hilfe geben." Und ich wusste
nichts von meinen Nächten Und bedankte mich
bei meinem Schlaf Für seine Milde. |
Wuchsen wieder
Ackerblumen. Lange hatte man sie
sehr gering geachtet. Ihre Leuchtkraft
überstieg bei weitem Jedes neue Licht,
das man dagegenhielt Und sagte: "Seht dies
Licht, Es zeugt von völlig
neuen Farben." Es war nichts
dagegen. Nichts war meine
Hand dagegen, Nichts mein Arm, Und die bewegten
sich doch als ein Teil Der wirklichen
Lebendigkeit. |
Die Ackerblumen
wuchsen an dem Bahndamm, Den ich schnell
befuhr. Es war nicht
denkbar, dass ich hielte Um sie zu besuchen. Dich, du wirst dich
noch erinnern, Grub ich damals mit
den eignen Händen aus Und pflanzte dich
zu mir. |
Ja, damals war es
möglich. Heute liefe man
Gefahr Als Räuber die
Natürlichkeit zu schänden. Heute, wenn ich
Ackerblumen sehe, Denke ich, dass es
ein Fehler war. Du wuchst im Kunstlicht
auf, Das musste
schließlich Schaden bringen. Meine Tage sind vom
Licht durchlöchert Und total
zerstochen. |
Von einem grellen
Licht, Das sah ich nicht, Das konnte ich nur
spüren. Unter mir, so
dachte ich, Würd ich es finden, Und ich drehte mich Und sah in meine
Kissen, Sah in eine Mulde. Eingepresst von
meinem Hinterkopf Fand ich dort ein
Relief aus Gips, Das stand in weißem
Licht. Es war ein
Hohlrelief, Mit dem Profil nach
innen. Es war dein
Gesicht, Du wehrtest dich
mit Tränen gegen mich, Nun hatte ich dich
wahrgenommen. |
Sprechen konntest
du nicht mehr. Die Tränen standen
durchsichtig und klar In deinen Augen,
eine echte Flüssigkeit, Die tupfte ich dir
ab. Ich sah ins
Nachbarbett, Dort lagst du tief
im Schlaf, Ich konnte dich
nicht stören. Im Relief schob
sich dein Zeigefinger Auf den Mund: Ich sollte
schweigen und ich schwieg. Du schwiegst im
Tränenflor Und ich im
Unverstand. |
Dein Finger hatte
deinen Mund verlassen. Außer dem Gesicht War nichts von dir
in meinem Bett. Ich neigte mich zu
deinem Mund, Der lag tief
eingebettet, Und ich legte Mund
auf Mund. Am Morgen sagtest
du, Du hättest eine
schlimme Nacht verbracht, Ich hätte dich mit
einem viel zu langen Kuss Im Bett erstickt. Du hättest mich mit
gar nichts Rühren können. |
Fiel ein wenig
Dunkelheit ins Fenster, In das Zimmer. Ja. ich hatte mich
erinnert an den Tag, Der hatte dunkle
Augenblicke mitgebracht, Die standen noch
einmal im Raum. Ihr saht sie auch Und konntet sie
euch nicht erklären, Und ich wusste
gleich Bescheid. Ich machte also
meinen Tag zu eurem Tag Und sah, dass ich
zuviel verlangte. |
Ihr erklärtet mir: "Soeben ist
ein großes Ding In einem Zufall, Den man gar nicht denken
dürfte, Mit dem Schatten
über unser Haus geflogen. Sonst ist weiter
nichts." Ihr hattet sicher
Recht. Ein Tag ist niemals
wie er selbst. Derselbe Tag ist
nie für mich und dich Derselbe. |
Meine Sonne brüllt
als schwarze Scheibe Hinter einer Schallwand, Die verwandelt auch
das Licht ins Weiß. Von Wesen, die im
Freien leben, Weiß ich es. Ich weiß es sicher, Denn ich hab es
selbst gesehen und gehört. Ich darf es nur
nicht unter euch erzählen, Darf auch nicht
erzählen, Dass auf deinen
schönen Schultern Flügel wachsen, Die ich
leidenschaftlich gerne Ausgebreitet sehe. Dazu muss ich
warten, bis du schläfst. |
Die Leute sprachen viel von Liebe, Sprachen von dem
Bleistiftstrich, Der schien durchs
Blatt Papier, Lag auf der andren
Seite, War von unterwärts
gezogen, Schien nur durch Und war nicht zu
ergreifen, War nicht
anzugreifen. Die, die ihn
gezogen hatten, Mussten auf der
andren Seite leben. Soviel wusste man, Auch wenn man
Unterwärts nach oben drehen würde, Käme man nicht ans
Geheimnis, Auch, dass man es
nur durch "Davon reden", Nicht beschwören
konnte. |
Viele Leute
sprachen von der Liebe, Die sie für die
Liebe hielten, Und sie sprachen
Tag und Nacht darüber. Viele Leute
sprachen nur am Tage Von der Liebe, Nachts war sie
vergessen. Viele Leute lebten
nachts in ihrer Liebe, Und sie dachten bis
zum nächsten Abend Nur an sie. Man sagte so: "Die Liebe
wird den meisten ganz bewusst, Weil sich
Bewusstsein Durch die Liebe
steigert." |
Mir war alles
falsch. Ich stand in hellen
Flammen, Und ich wusste
nicht warum, Ich wusste nicht,
was an mir brennen konnte, Und mein Alter
hielt sich mir Die Hände vor die
Augen. Morgens zogst du Deinen Morgenmantel
vor mir zu. Dir war es lange
noch nicht spät genug Für heute Abend. |
Dass ich dich um
dich beneidete. Die andren Frauen
neben dir Beneidete ich um
die Eigenheiten, Die sie hatten, so
wie du Und andre
Eigenarten, Die sie ganz
alleine hatten, Und um derentwillen,
nur um ihnen nah zu sein, Ich alles auf mich
nehmen wurde, Jede Quälerei Und jedes
Gitterwerk, Das schöbe sich
dann Zwischen dir und
mir. Du konntest mich
mit nichts beruhigen, Das wusstest du, Und du versuchtest
es nicht erst, Und andren gab ich
nicht Gelegenheit dazu Und hing an meinen
Gittern. |
Hinter einer langen
Mauer lagen Gräber, Die schon lange
niemand mehr besuchte, Selten stieg von
denen jemand In Erinnerungen
auf, Und wer sich hätt
erinnern können, Lag auch schon bei
ihnen. Möglich, dass sich
Tote Überhaupt nicht
sehnen und erinnern. Niemand weiß, Ob nicht der
kleinste Augenblick Genau so lange
währt, wie eine Ewigkeit. |
Wenn ich im Auto
sitze Und mit dir an
meiner Seite Sehr schnell fahre, Greife ich nach
deiner Hand. Du überlässt sie
mir. Ich sehe, ohne
hinzuschauen, Wie du sie mir frei
gibst Und sie von dir
trennst. Ich küsse trotzdem
ihren Rücken Und den Brunnen Auf der Innenseite. |
Ich erkannte dich
nicht wieder. Erst, als wir im Auto
saßen, Und du so
beharrlich schwiegst Sprach ich dich an: "Du redest
nicht Und sprichst kein
Wort. Es könnte sein,
dass du nicht hier bist. Gib dich zu
erkennen, Oder habe ich den
falschen Menschen eingeladen?" Die Verkleidung,
die du trugst, War innerlich. Ich sah nur diesen
Zipfel, Diese
Schweigsamkeit an dir. |
"Es könnte dir
passieren, Dass du wirklich
einen falschen Menschen Zu dir lädst, Du würdest es nicht
einmal merken." Einen Blick zur
Seite durfte ich, Schon wegen der
Geschwindigkeit des Wagens Gar nicht wagen. So sah ich dich nur
im Augenwinkel. Zweifel waren nicht
berechtigt, Aber innerlich... |
Ich sah in mich, Denn wenn die Liebe
sich entfremdet, Wird sich auch das
Selbst entfremden, Und ich sprach mit
mir Und wollte fragen, Doch ich stieß auch
hier auf die Verkleidung, Und es war kein
Fest in mir. Du sagtest so: "Es ist zum
Schluss die Eigenliebe, Die die Treue
bricht, Sie lässt uns ganz
im Stich. Es geht dir sicher
so." Dein Platz war, Als ich anhielt, Wirklich leer. |
Sonst ergabst du dich mir ganz. Du sagtest so: "Ich bin mit
zwei Gesichtern Auf die Welt
gekommen. Eins davon bist
du." Du wusstest nicht, Dass ich inzwischen
schon mit meinem Kopf An eine Wand
gesprungen war. Dahinter, sagte
man, Befindet sich ein
andres Land, Das breitet sich,
wenn man beharrlich ist, Vor einem aus, Man muss nur diese
eine Wand durchstoßen. |
Sonst war niemand
da, Der es genauer
wusste. Also war es dein
Gesicht an mir, auf mir, Das ich entfernen
musste. Als ich mich zu
einem Arzt begab, Erkannte der sofort
das Leiden, Und er riet mir, Ohne mir zu helfen, Mich von mir zu
trennen: "Gehen Sie für
ein Jahr oder länger Aus dem Haus." |
Er wusste nicht, Dass ich nach
Jahren in der Fremde Grade heimgekommen
war. Vielleicht, so dachte
ich, Müsst ich den Rat
befolgen. |
Und schlief. Ich sagte so zu
mir: "Da liegt die
Frau und schläft, Und es ist deine
Frau, die ist dir fremd, Und ihre Nähe ist
vergebens. Du bist nicht
vertraut, Mit einer Einsamkeit
allein zu sein." Ich wusste auch, Es lag in diesem
Bett Die eine Einsamkeit
ganz nahe an der anderen. Die eine aber
wusste nichts von sich. Ich holte aus dem
Keller eine Säge Und begann die
Doppelbetten Durchzusägen. |
Das tat ich nur in Gedanken, Um die Einsamkeit
auf mich zu lenken Und sie zu
vertiefen, Mir vertraut zu
machen, Zog, auch in
Gedanken, Aus dem Zimmer aus, Um mich allein
zurecht zu finden. Ich entdeckte, dass
sich meine Einsamkeit In allem
widerspiegelte. |
Selbst, als ich,
auch noch in Gedanken, In die Küche ging
und einen Teller nahm Und davon aß, Aß ich von dieser
Einsamkeit, Die schmeckte fade. Meine ganze
Hoffnung setzte ich auf dich, Dass du erwachtest, Dass ich dir von
meiner Nacht erzählen konnte, Und du sagtest
gleich: "Ich habe
nicht geschlafen, Sondern war die
ganze Zeit bei dir. Du bist sehr spät
zurück gekommen." |
Dort war nicht eine
Frage Nach dem
"Oben", nach dem "Unten". In dem Raum galt ja
die Schwerkraft nichts. Die Zeitung las ich
nach wie vor, Ich musste sie nur
richtig halten. Dabei dachte ich, Wenn ich sehr lange
draußen bliebe, Würde es am Anfang
nicht mehr Anfang sein Und auch am Ende
nicht mehr Ende, Und man müsste
schließlich Rückwärts denken
können Und es nicht
bemerken, Weil es unbedeutend
sei. |
Sehr oft hab ich Den Mangel meiner
Existenz bedacht, Er war der Grund
von Missverständnissen mit dir. Du riefst nach der
Vollkommenheit, Und andre wären
anders, Und es wäre dir das
Heute Näher als das Morgen, Und du lebtest
jetzt, in diesem Augenblick, Und erst im
nächsten wieder weiter, Unterschiedst noch
ganz genau, Was gestern war, Was heute ist, Was morgen wird. |
Du legtest die
Vollkommenheit in deine Grenzen: "Wenn du nur
ein wenig wärest, Wie ich mir dich
wünsche," sagtest du, "Du bist nicht
auszurichten." Ich hing schräge
von der Decke deines Zimmers In dem Raum. |
Über die
Lebendigkeit, Das machte mich
betroffen, Und es war ein
Nagel, Der ging durch den
Lebensnerv: Man schrieb von mir Und meinem Leben. Alles hatte man
gerafft Und mit den Worten,
die es gab, Beschrieben, Und was blieb, war
eine Häufung Schwarzer Zeichen, Die schnitt ich dir
aus Und sandte sie in
einem Briefumschlag an dich: "Dies bin ich
selbst," so schrieb ich, "Und ich kann
nun nicht mehr kommen, Weil die Schwärze,
die ich in mir hatte, Ausgelaufen ist. Sie wird sich nicht
so schnell Erneuern können. Dich werd ich, so
wie du warst, Erinnern." |
Gleich nach dem
Empfang des Briefes Riefst du an: "Ich habe
einen Brief von dir erhalten," sagtest du, Den hast du
abgesandt, Das steht auf
diesem Umschlag. Aber in dem Brief
befindet sich kein Brief, Nur unbeschriebenes
Papier, Als hätte man es
einer unbedruckten Zeitung Abgerissen, Sag, was hat das zu
bedeuten?" |
Ich erklärte es dir
so: "Es ist nicht
schlimm, Ich habe meine
Schwärze ganz verloren, Und es ist sehr
schwer das zu erklären, Es dir
auszudrücken. Du musst dich mit
etwas gutem Willen So an mich
erinnern." |
Und hielt dich
aufgeschlagen. "Die Kapitel
über dich," so sagtest du, "Sind
ungeschrieben." Deshalb suchte ich. Ich dachte auch, Sie wird sich gut
erinnern Und sie nimmt dich
wahr Und wird sich etwas
für die Zukunft mit dir denken Oder wünschen, Und es gab noch
keine Karte über sie, So war ich auf sie
angewiesen. |
Jeder Schritt in
ihr begann in Dunkelheit, Und nirgends
brannte Licht. Sie sagte: "So, wie ich
dich kenne, Wirst du meine
Helligkeit nicht sehen Und nur nach dir
selber suchen." Schlimm ist es, wenn man in Fremden Auf der Suche nach
der Eigenliebe Unter einem
Oberlicht entdeckt und überrascht wird. |
So war wirklich
nichts zu finden. Einen Raum schloss
ich Mit einem falschen
Schlüssel auf. Darinnen standen deine
Wunschvorstellungen, Die waren unter
Staub Und unter schwacher
Sonne. Sie betrafen dich
und mich. Man hätte nicht mit
Fingerspitzen Daran rühren
dürfen, Ohne dass sie
gleich zerfallen wären. Gläsern waren unsre
Schuhe wieder. |
Ich fuhr mit einer Höchstgeschwindigkeit. In meinen Händen
war das Steuer Und die Angst, Und du bliebst
nicht zurück. "Es ist,"
so dachte ich, "Auch kein
Zusammenhang zu sehen. Angst und
Höchstgeschwindigkeit Vertragen sich sehr
gut Und lassen sich das
Publikum nicht nehmen. Als wir tanzten
blieben meine Schritte stehen, Meine Füße gingen
mit mir fort, Ich hatte draußen Kerzen brennen
sehen, Das war weiter
nichts als Spiegelei Des Inneren, Und deshalb war sie
für mich wahr. |
Du stießt mich an Und tanztest mit
mir weiter. Autofahrerei und
Höchstgeschwindigkeit Und Angst und Tanz
und Spiegelung Und "Dich
verlassen, hinterlassen wollen," Ohne fort zu gehen, Und sich deiner
Führung überlassen müssen... "Pass doch
bitte auf," Ja, so sprichst du mit
mir. Du greifst mit
deiner linken Hand Vor mein Gesicht Und ziehst die
Fäden fort; "Mit deiner
Träumerei Gefährdest du uns
alle." |
Ich denk' immer
wieder, Ob du deinen
Unterleib Aus Ton hast
brennen lassen. Wenn man dich
berührt, Kann man es nicht bemerken. Später, Wenn es soweit ist, Beachte ich nicht
diese Kleinigkeiten. |
Heute trägst du einen neuen Rock, Der steht dir gut. Du trägst auch eine
neue Bluse. Schön bist du Und wenn ich dich
mit dir vergleiche, Bist du so am
schönsten. Von den Blumen, die
ich brachte, Glockenblumen,
deren Läuten man nicht hörte, Von den
Glockenblumen, die ich brachte, Brachte ich ein
ganzes Glockenspiel, Ein Läutewerk, Das hörte ich mir
nachts in aller Stille an. |
Ich saß davor am
Tisch. Es musste ruhig
sein, Im Licht war nichts
zu hören. Du passt gut in
diese wasserblauen, Himmelweißen
Glockenblumen. Eines ist gewiss,
nach drei, vier Tagen Fallen alle
Faltenröcke ein. Dann steh ich auf,
du kommst ins Zimmer Und trägst wirklich
einen neuen Rock Und eine neue
Bluse. |
Beides möchte ich
berühren, Doch du würdest
mich an eine Ampel schicken: "Lauf' nicht
einfach über diese Vielbefahrne
Straße. Denk an die Gefahr, Sei vorsichtig,
bleib drüben. Später komme ich zu
dir." Ich möchte auch das
Knistern deiner Seide Zwischen meinen
Fingern hören, Und du bist schon
wieder aus dem Zimmer. Zwischen uns wird
immerzu Verkehr verkehren. |
Ich ging mit euch, zwei Frauen. Ihr wart noch sehr
jung. Ich sprach zu euch, Weil ihr doch
Frauen wart, Ihr hättet, sagtet
ihr, Schon eng an einem
Mann gelegen, Und ihr wusstet
weiter nichts zu sagen. Mit euch ging, um
euch gestellt, Ein Maschenzaun,
dass ihr gefangen bliebt, So wolltet ihr es
haben. Eure Flügel, sah
ich, waren stark beschnitten, Und ihr sagtet
unter euch: "Wir sehen an
dem Flugverbot, Dass wir in festen
Händen sind, Wir wollen es so
haben, wie es ist." |
Ihr wusstet nichts
von mir an eurer Seite. Auf der Straße
fanden wir ein Glück, Das hatten andere
verloren, Und ich sagte so zu
euch: "Es ist die
Eigenart des Glückes, Dass man es nicht
zwingen kann. Es läuft dem
Glücklichen Auf eignen Sohlen
nach." |
Ich hob das Glück
vom Boden auf, Es war ein großes
Glück mit einem Namen, Und mit euch im
Schlepp, Trug ich es dem
Verlierer nach. Der nahm es
wortlos, reglos, danklos, Glücklos, unbewegt
entgegen, Und ich sagte: "So sieht es
nun aus, Wenn man vergeben
muss Und nicht vergeben
kann." |
Ich hätte dich zu gern gefragt, Ich hätte dich zu
gern' gebeten Um die Hilfe auf der
Suche nach dem Flussbett, Das mir passen
würde. Alles konnt ich
über dich erfahren, Und ich wusste, Dass du dich mit
deiner Freundin treffen würdest, Die statt meiner zu
dir ging. Ich gab ihr meine
Augen mit Und meine Ohren, Meine Nase, meine
Haut und meine Hände, Und ich würde mich,
entfernt von euch, So unbemerkt es
ging, verhalten. |
Dafür, um ganz
still zu liegen, Brauchte ich das
Flussbett. Ja, ich geb es zu, Ich dachte nur an
dich dabei, Und wenn die
Freundin zu dir spricht, Sprech ich zu dir, Und was sie an dir
macht, mach ich an dir. |
Ich fleh dich an, Lass alles zu, Lass mich in dir
als meinem Flussbett liegen Und zerfließen Und im Sand
versiegen. Später tausche ich
mit deiner Freundin Wieder Haut und
Knochen. Ja, ich muss sie so
betrügen, Denn für sie Wird kaum mehr
übrig bleiben. |
Mund
aus Glas am Rand aus Fleisch. Dein Glasmund brach, zerbrach, Ich hatte dich
gewarnt: Du hättest nicht Das Trinkgefäß aus
Fleisch Zum Munde führen
sollen. So kam Leben an die
Starre, Glasmund brach am
Fleischrand. Die Gedichte, die
du sprachst, verirrten sich Und brachten dein
Gefühl Und deinen Trieb In allergrößte
Nähe. Diese Spannung war
nicht auszuhalten. |
Deine Splitter,
deine Scherben, Schnitten ein Und stachen tief. In meinem Fleisch
begaben sie sich Auf die
Wanderschaft und Suche nach dem Herzen. Immer wieder fandst
du einen neuen Weg Und ließt nicht
nach. Du fandst auch
nicht Den Unterschied der
Himmel, Die sich auf uns
stürzten. |
Kinder, die uns
sahen, Malten ganz spontan Und mit der größten
Phantasie ein Schiff Ein Schiff, das
unter Wasser lag, Es war schon halb
verfallen. Von den Kindern
können wir, Die an der
Oberfläche schwimmen, lernen. So jedoch, mit
Splittern in der Kehle, Ausgebrochnem Mund Und einer irren
Suche in der Dunkelheit Nach der
Lebendigkeit, Ist jedes
Kinderbeispiel Ganz umsonst. |
An einem Hang, Der stürzte sich
mit einem falschen Schritt In ungewisse Tiefe Und lag vor uns
angelehnt an einen Berg. In Wahrheit aber
war es so: Du hieltst mir
deine Hand Geneigt und schräge
an die Wange, Um mich
abzustützen. Eine meiner Hände
lag in deinem Schoß, Wie sollte ich die
Liebe Anders an dir rufen
können. |
Du verstandst dich
gut Und hattest dich mir
überlassen. "Viel,"
so sagtest du, "ist noch zu tun. Ich hol mich
nachher wieder ab bei dir." Bei mir blieb deine
Schwester, Selbstverfremdung, Die schlug ihre
Beine über, Sonst kam sie mir
sehr entgegen. Sicher hatte sie
sich alles einstudiert. |
Wir machten keinen
falschen Schritt Und neideten dem
Berg Die Höhe nicht. Als du zurück
kamst, Waren wir noch an
der gleichen Stelle. Jetzt erst sprang
ich Über die Begrenzung
meiner Sehnsucht. Einem Aufschlag
eilte ich entgegen. |
Eine
Eigenlandschaft ging, so sagtest du, Um dich, und dass
du über Bäume, Büsche,
Blätter sprachst, Von Tieren, die auf
deiner Landschaft lebten, Von der Erde, von
dem Wasser, Von dem Feuer. Das, so sagtest du,
sei nur symbolisch, Beispielhaft, Um mehr Verständnis
für dich selbst Zu finden. |
Ich hab dir von
Anfang an Kein Wort geglaubt. Ich sah ja, wie du
heimlich Deinem Körper neue
Adern zogst. Es ging dir nicht
um eine Landschaft im Vergleich, Es ging um dich
direkt. Die neuen Adern,
sah ich, Konnten nichts
erhalten, Sondern sie
veränderten und waren besser. Unterirdisch,
musste ich vermuten, Trugst du sicher
schon das ganze alte Leben ab Und schüttetest ein
neues auf, Das würde bald nach
oben brechen. |
So schlecht, wie du
vorgabst, Waren deine alten
Adern nicht. Ich dachte auch, Wenn erst dein Herz
erneuert wird, Bist du doch selber
neu Und lebst in einer
Landschaft eines fremden Gartens, Der war angelegt
von dir, Gepflegt von dir,
von dir erhalten, Und du hättest
nichts mit ihm zu tun. Du, eine Frau in
besten Jahren, Trugst den
federleichten Strohhut, Darauf wuchsen
frische Blumen, Die ernährten sich
von dir darunter. Sonst war überhaupt
kein Platz An dir. |
Wenn sie sich
begegnen, meine ich, Dann werden sie
sich grüßen. So ein Gruß wird
lange dauern, Länger als ein
Menschenleben. Danach erst
beginnen sie Sich auszufragen
über Dinge Und Begebenheiten, Die wir Menschen
nicht verstehen können. Auf dem Friedhof Finden diese Reden
unter Steinen statt. Ein Grabstein, Den man seit
Jahrzehnten sah, War von den Wurzeln
einer Eiche, Schließlich von dem
Stamm des Baumes, Den man damals viel
zu nahe pflanzte, So umschlungen
worden, Dass der Stein im
Wachsen dieses Baumes Angehoben wurde, Und er lebte nun in
der Umklammerung Und über seinem
Boden In der Luft Im Baum. |
Der Abstand war
nicht groß, Und trotzdem sagte
man: "Auf diesem
Friedhof gibt es einen Grabstein, Der lebt ganz
entwurzelt in den Wurzeln In der Luft Im Baum Und zeugt von Tod
und Leben." Viele Menschen
kamen Um ihn zu besuchen. |
Abends, wenn ich
eilte, Um aus deiner Hand
zu essen, Dachte ich an
dieses Kunststück: Wie wär es zu
schaffen, In die Hand, Die du mir so
entgegenstrecktest, Unter meine Speise, Die schon darin
lag, Den Kuss zu legen. Immer wieder schlug
ich dir im Ungeschick Zuvor das Essen aus
der Hand. |
Du zu sein. Ich würde so
erfahren, Ob sich deine Liebe
wirklich konzentrierte, Oder ob es nur Die Sehnsucht nach
dem Unerfüllten war, Die in dir tobte. Ich vermied dich
lang, Um nicht im
Übergang in dich zu flüchten. Von der Straße sah
ich hoch Zum spitzen Turm
der Kirche. Der stand zitternd
in dem Flimmern einer Sonne Dicht dahinter. Die war nahe dran,
so sah ich es, Ihn in sich
aufzunehmen. Meine Augen
unterschieden immer weniger Das Schwarz des
Turmes Von dem grellen
Goldfluss, Und der Turm
entschwand dem Blick. |
Ich schloss die
Augen Und wurd Opfer
meiner Neugier, Wurde aufgesogen, Und vor meinen
Augen tanzte eine dumme Blendung. So erfüllte sich
mein Wunsch Und war doch nicht
Erfüllung. "Manchmal,"
sagtest du, "Siehst du
mich an, Als blicktest du
voll Lust am Untergang In eine Sonne Und vergisst, dass
ich die Nacht bin, Die sich eigne Lichter
schaffen muss." |
Die Glut in ihr
stand still Und war geronnen. Niemand konnte eine
neue Liebe Prophezein. Ich ahnte nur, Dass sie in einer
großen Selbstverbrennung Stand, Die war nicht
aufzuhalten Und nicht zu
erfüllen. |
Und es wär dir
schon genug, Um mich zu wissen,
sagtest du, Und legtest mir zur
Sicherheit Die Arme als den
Ring um meinen Hals, Und meinem Mund
ließt du an dir Die große Auswahl, Bis du wieder
kommen würdest. Tag und Nacht lag
ich vor deinem Mund Und deiner Brust
und nahm nicht an. Es dauerte, Bis du dich wieder
sehen ließt, Dann löstest du den
Armring ab von meinem Hals. |
So waren deine
Wünsche. "Wie," so
fragte ich, "Soll ich von
deinen Wünschen etwas ahnen, Wenn du sie sich
selber überlässt, Sie hängen mir am
Hals Und lassen mich
nicht atmen. Ginge ich in's
Wasser, Wären sie kein
Rettungsring." |
Es waren meine
Zweifel, Die nach unten
zogen. Später, als wir
lernten, Weil du lernen
wolltest, Stießen deine Finger
in mein Fell Bis auf die Haut, Und meine Finger
suchten jede Nische an dir auf. Wir wurden Lava, so
erinnerte ich mich, Und flossen
ineinander. Diese Zeit war kurz Und führte zur
Versteinerung. Die lastet heut auf
uns. |
Stand nur eine
schwarze Wolke, Eigentlich hätt ich
sie gar nicht übersehen können. Daher kam ein
Blitz, Der traf mich
ahnungslos. Du riefst mich an Ich ging zum
Telefon Ich hatte jeden Tag
an dich gedacht, Und jeder Tag war
eine neue Quälerei gewesen. Ja, ich hatte Angst
vor dir Und gab es zu Und musste sie
erklären Und erklärte sie
umsonst, Du glaubtest nichts
von dem. Ich musste mich dir
zeigen, wie ich war. |
Der Apparat, Nach dem ich griff,
zu hören, War der Blitzschlag
selbst, Der traf mich hart. Du warfst den Hörer
unerwartet in die Gabel, Früher, als
gewollt. Ich hatte dir noch
vieles sagen wollen, Doch ich stand im
Strahl, Der sich an mir mit
mir verbrannte. Dann erst fiel mir
ein, Was ich dir hätte
sagen können. |
Draußen stand ein
Rollstuhlfahrer, Der mit dem Gefährt Nicht über diese
kleine Schwelle kam. Man redete ihm ein, Wenn er den Mut
besäße und den Willen, Und den Willen
zeigen würde, Könnten ihn die
eignen Beine tragen, Und er war auch
wirklich überzeugt Und auch davon, Dass ihm danach im
Fallen Keiner helfen
würde, Keiner wurde helfen
können. |
Mit deinen Worten fiel der Wind Aus allen Segeln, Und ich war doch
auf der Fahrt. Du saßt mit mir in
einem Boot. Der Wind, auf den
wir angewiesen waren, Blieb ganz aus. Ich glaubte
wirklich, Dass wir so in
Zweisamkeit Alleine bleiben
würden. Alles hatte ich an
dir liebkost Und kostete noch
immer deine Liebe, Und wir kamen nicht
voran. |
Du dachtest
selbstverständlich, Wie es besser wäre, Wenn es anders
wäre, Und ich dachte, wie
es wieder wäre, Wenn es wäre, wie
es war. So waren wir zu
viert, Das hatte uns den
Wind gekostet. |
Vorne, sah ich, Brach das Boot
schon auseinander. Unsre Zeit war kurz
bemessen, Die Gedanken
dachten anders. Jeder glaubte sich Und war im Recht. Mein Gott, es würde
doch nicht dazu kommen, Dass sich jeder an
den andren täute, Dass sich jeder zum
Ertrinken Seiner Illusion
bedienen musste. |
"Du bist das
Kind von einem Kind, Und wenn du groß
bist, Wirst du erst zum
Kind. Von meiner Kunst
verstehst du nichts Und nichts von
meiner Not." Ich liebe Treppen, Deren Stufen keinen
Sichtschutz haben, Wo man zwischen
jeder Stufe Freien Durchblick
hat und Tiefen sieht, So kann ich weit,
weit unter Brücken sehen, Werde selbst zur
Brücke, die sich spannt, Den Rücken frei
gibt zum Betreten Und zum Überfahren. |
Du gabst schneller
an dir auf Als ich an mir. Du maltest deinen
Oberkörper Mit der weißen
Kreide an die Wand, Und alles, was
darunter war, Die Hüften, Schenkel,
Beine, Füße Ließt du stehen, So aus Fleisch und
Blut, Wie sie es waren. Diese Wand war an
der Straße, Schloss an meine
Brücke an. Ich sah, was du mit
dir geschehen ließt. |
Dein Oberkörper
hatte sich weit abgesetzt Und wartete an andrer
Stelle wieder auf, Dort hattest du den
Unterkörper hin gemalt, Und mich belehrtest
du, Dass man
"es" auch im Stehen machen könnte. So verletztest du
mich schwer. Mich traf nicht,
dass du dich verteiltest Und "es"
machtest, Sondern, dass du
Rache an mir nahmst. Zuhause hatte ich
dich nachgemalt Und bunt und farbig
dargestellt. |
Manchmal, wenn ich ausgeschrieben bin, Schmerzt mir das
Handgelenk. Ich kühle es mit
einem Stück Metall. Es reicht dafür die
Halteklammer Eines
Kugelschreibers, Lege sie auf meine
Haut. Es schlägt
Metallisches an das Metall, Dass ich erschreck. |
Ich weiß sofort, Dass ich ja keine
Schmerzen hatte haben können, Also keine hatte. Alles war wie immer
eine Illusion. Ich bin zu dumm, Um zu begreifen. Die Gelenke unterstehen
meiner Wartung nicht, Und ihre Handarbeit Geht mich nichts
an. |
Ich könnte mich an
mir beenden, Doch ich müsste
dafür meinen Anfang finden. Einmal hatte ich
dir meine Sorge anvertraut. Du sagtest: "Sieh doch zu, Dass du auf einem Kuriositätenmarkt Dein Bild
verkaufst, Der Preis ist
unerheblich, Nimm, was man dir
gibt, Und wenn es sein
muss, Gib noch was
dazu." Ich hatte nichts
mehr zuzugeben, Alles war doch
schon durch mich ersetzt. |
Vor uns gingen Schranken nieder, Schranken sind die
Grenzen, Die sich in die
Höhe ziehen lassen, Schranken
existieren nur vor der Gefahr, Sie schützen
Reisende vor denen, Die nicht reisen
oder umgekehrt, Und Schranken
schützen sich vor sich Und trennen. Eigentlich sprachst
du von meiner Sprache, Und ich konnte
nichts erwidern. Immer wieder grubst
du in Vergangenheit Und zeigtest Altes
neu, Das machtest du mit
meinen Und gemeinsamen
Erinnerungen. |
Ich verlangte zu
vergessen. Damals war ich
Instrument gewesen, Nur ein Ding, auf dem
man musizierte. Heute spiele ich
mich selbst Und kann auf mich
verzichten. Damals hatte ich
die Sprache, Dass ich denken
konnte. Heute denke ich und
habe eine Sprache, Die erlaubt mir
alles Denkbare zu sagen. |
Vor mir fuhr ein
Wagen, Der kam an die Gleise, Und der Fahrer sah
das Warnlicht nicht. Nur seinetwegen,
weil er vor mir fuhr, Vor mir das
Unbeschrankte überfuhr, Kam er statt meiner
um. Dir wäre in
demselben Wagen nichts passiert. Die Schranke, die
ich meine, Hat in
Zweifachexistenz Nur einmal
existiert. |
Dem Kind zerbrach ein liebes Tier Aus einer
Glasmenagerie, Das sollte ich nun
kleben, Und "ich
klebte," wie ich zu mir sagte, "Eine Liebe
die entfliehen wollte, Die sich durch den
Tod entfremden wollte." Dieser Flucht stand
niemand bei, Man steht nicht bei Bei einer Flucht
wie dieser, Soweit kannte ich
mich sehr gut aus. |
Ich hatte dir von
hinten meine Hände Auf die Brust
gelegt, So sah ich nicht in
dein Gesicht; In jeder Hand lag
eine Frauenbrust. Ein andres Mal
bestand ich drauf, Das Licht zu
löschen. Auf der Jagd nach
Essen Hatte ich dir
vielfach schon Den Schädel
aufgebrochen, Doch für mich lag
nichts In deiner
Speisekammer. |
Dieses Glastier kam
mir recht, Ich weckte es zu
neuem Leben auf. Ein andrer Schädel voller
Köstlichkeiten Lag noch
eingepackt. Ich hätte ihn mir
rauben Und dabei den
eignen Kopf verlieren müssen. Doch so lange in
der Nähe Glasgeschöpfe unter
Kinderhand zerbrachen, War ich
unentbehrlich. Irgendwann würd ich
mir sicher glauben Und die Flucht
beenden. |
An dich zu denken. Erst, als ich mich
niederbeugte, Meinen Mund zu
deinem neigte... Nein, Denn eigentlich war
ich zuvor schon ich. Ich hatte an den
Durst in mir gedacht, Der sehnte sich
gestillt zu werden. Ja, dann trank ich Wie man trinkt,
wenn man das Falsche trinkt, Und trank vom Sand, Der ließ sich nicht
verschlucken, Steckte trocken in
dem Mund, der Kehle, Klebte an den
Lippen. |
In der Mulde, die
ich hinterließ Verrieselten noch
Tausende von gelben Körnchen, Die entließ der
Hang. Warum wirst du mir
Sand Und drohst, mich zu
ersticken? Mitten im Gespräch
wirfst du den Hörer auf, Vernagelst meinen
Mund, Der wollte doch
noch etwas sagen. Stumpf sind deine
Nägel, Dass ihr Durchstich
schmerzt. Vergib mir, Sand, Dass ich dich
schlucken musste. |
Irgendwann
bevölkert unsre Erde wieder etwas, Dass wird dich
genüsslich fressen Und verdauen
können. So schluck ich an
dir und mir und würge, Und wir bleiben uns
im Halse stecken, Sind noch viel zu
roh und unverdaut Und in der
Überlebenskette Glied an Glied. |
Du bist mein Schiff der Wiederkehr, Ich kann nicht von
dir lassen, Und du sagst zu
mir: "Ich weiß von
mir nicht, Wie es ist, wenn
ich verlassen bin. Du bist der Mast in
mir, An dir hängt
Segelzeug Und alles, was mich
treibt. Könnt ich, So würd ich meinen
Untergang beschließen, Könnt ich, wie ich
wollte, Käm ich frei von
allem, was mich treibt Und schwimmen
lässt. Ich wäre wahrhaft
ohne Wiederkehr, Du müsstest von mir
lassen." |
Ich sah noch am selben
Abend Einen Mond an eine
Felswand rasen, Holte dich Und zeigte dir das
Himmelsspiel. Du sagtest: "Ja, so hab
ich es gemeint. Nun warte, bis ich
neu erscheine, Denn ich möchte dir
ein unerreichter Stern In unerhörter Ferne
sein. Den abendlichen
Untergang wirst du Nicht hindern
können, Dein Verlangen wird
mich nicht erreichen." |
Schon am nächsten
Morgen Stand ich auf
demselben Felsen, Lauerte dir auf. Du wusstest
ohnehin, Dass ich dich nicht
passieren lassen würde. Deine Arme hattest du
schon vorsichtshalber Ausgebreitet. |
Und ein
kümmerlicher Draht Mit einem
Widerhaken hakt sich in mein Hemd Und reißt es ein Und lädt mich neu
ins Haus. So ist ein
Widerhaken höchstes Glück. Ich stürme über eine
Treppe Noch einmal zu dir, Du liegst noch so Und konntest dich
nicht vorbereiten, Und du fragst nach
mir, Als kenntest du
mich nicht: "Ich denke du
bist fort." |
Und unter deinem
rosa Hemd Begeh ich eine
warme Dünenlandschaft, Werfe mich ihr in
den Sand, Und dir erkläre ich Und spreche dabei
unter Wasser, Dass du heimlich
lachst: "Ich wünschte
dir, Dass du nur einen
Tag So im Begehren nach
dir leben müsstest. Deine Kleider
rissest du dir Nur bei deinem
Anblick schon vom Leib." |
Dann beiß ich dich Und beiße doch
nicht zu Und du schreist auf Und schreist doch
nicht zu laut Und handelst wieder
etwas aus, Dass ich nun
endlich geh, Dass ich ja wieder
kommen kann Und willst dich
schonen, Und die Schonung,
die du brauchst, so sage ich, Werd ich dir geben Wenn ich
wiederkomme. Draußen reißt
derselbe Draht Mir noch die
Oberlippe auf. |
Als man die
Schrauben, die man in mich zog, Die mich
zusammenhalten, Außen sichtbar
ließ. Die blanken Köpfe
stecken mir, so sieht es aus, Im Leib. Man weiß natürlich
schon, Was sie bedeuten. Du beruhigst mich
und sagst: "Es macht doch
gar nichts aus. Durch mich zog man
gleich zweifach Flaches Stahlband, Das verspannt mich
über Kreuz in meinem Rücken, Wer es wissen will, Kann es sofort
erfahren. Ohne diese Bänder
wäre ich nicht ich, Und ohne deine
Schrauben wärest du nicht du." |
Ich hatte davon
wirklich nichts gewusst Und nichts von der
Notwendigkeit Und hatte mich als
Sonderfall betrachtet Und mich so
betrogen. Andren seh ich nun,
seitdem ich sehen kann, Die Stützen
nirgends an. |
Wenn ich dich in
den Armen halte, Taste ich in deinem
Kreuz Nach diesem flachen
Band, um es zu fühlen, Und du sagst: "Du musst und
kannst getrost Ein wenig tiefer in
mich dringen. Dort stößt du auf
meine Haut, Gleich unter meiner
Haut, Und dort musst du
beginnen." |
In dem Garten sitzt ihr Frauen, Und ich hab es
schwer, Die wahre Sonne zu
entdecken; Immer müsst ihr
euch an einer Blendung messen, Immer wollt ihr
heller sein Als eure eigne
Helligkeit, Um das zu sehen,
reicht euch schon Ein Taschenspiegel Oder die
Besinnungslosigkeit des Mannes. Ich bereite meiner
Sonne Schmerzen, Meine Sonne wecke
ich noch nachts. Ich lasse sie
danach am Bettrand untergehen, Lege sie zuvor in
mein Geäst Und lass sie mich
verbrennen. |
Selbst dabei
besprecht ihr Frauen Euch noch im
Detail, Tauscht Eitelkeiten
aus. Es stört euch, Dass die Rückenlage
viel Von eurer Schönheit
nimmt, Und rätselt
wiederum an dem Geheimnis, Warum Schönheit
sich nicht selbst genügt, Und wenn, Dass sie dann nicht
nach außen dringt. Die Schuld gebt ihr
der Kleidung, Und ich falle ein
und sage, Dass die Kleidung
wirklich stört. |
Ihr meint, das
wüsstet ihr, Und das, wovon ihr
redetet, Wär' eine andre
Kleidung, Die trügt ihr noch, Wenn ihr nichts
mehr trügt. Wer die Libelle
ehelicht, So sagt ihr, Müsste über dieses
räuberische Fluginsekt Viel wissen, Und die Flügel
dieser Schönheit Darf ein Mensch
nicht Putzen wollen. |
Denn Schuld
entsteht durch andere. Du bist nur aus
Papier Und reißt leicht
ein, Und steckte ich
dich an, Verbrenntest du vor
meinen Augen Schnell und
lichterloh. Die Asche würde
durch die Hitze, Wegen ihrer
Leichtigkeit, Vom Boden abgehoben
werden. Als ich dich
befragte, Wusstest du von der
Gefahr Und tausend andre
fielen dir noch ein. Dann lachtest du
und sagtest: "Glaubst du,
du bleibst unentdeckt Und unverbrannt? Du bist nur eine
kleine Zündung Und blitzschnell
als Lichtstich abgetrennt. Komm mit, dass ich
dir zeige, Was ich
meine." |
So gelangten wir in
einen Tunnel, Der war dunkel und
in diesen Stunden Nicht befahren. An die Tunnelwände
maltest du Im
Taschenlampenlicht, Gezogene,
gestreckte Bilder, Farbig, schwarz und
weiß. Wir sahen alles nur
im Lichterkegel. |
Als wir andern Tags Die Strecke schnell
passierten, Standen deine Werke
in Bewegung und Lebendigkeit Als Lichtstich an
der Wand, Beleuchtet durch
das helle Fahrzeug. So hast du mich
abgetrennt, Um mich mir zu
beweisen. |
Selbst die Dinge,
die ich in die Hände nahm, Verweigerten sich
mir. Es fiel ein Glas zu
Boden und zerbrach, Die Kleidung passte
nicht mehr zueinander, Keine Ordnung war
mehr Aufeinander
abgestimmt Und wurde eine
fremde Ordnung ohne mich, Es störte jeder Schritt
von mir darin. Es fraß, das war
der Grund, Sich eine
mörderische Sehnsucht an mir satt, Und schlimm war
ihre Unersättlichkeit, Und dass sie
schneller nachwuchs Als sie sich
verzehren konnte. |
Meine Sehnsucht
wuchs und wuchs Und gab mir keinen
Grund, kein Ziel, Kein Wissen, keinen
Anlass, nichts, Und wuchs, so
schien es mir, Um ihrer selbst. Ich tat mir
schließlich etwas an, Dabei vergaß ich
sie Und stand
sekundenlang betäubt Von einem neuen
Schmerz, Der hatte die
Gelegenheit, Den andren Schmerz
zu überlagern. |
Meine Sehnsucht
suchte in den Schmerzen Schutz vor mir Und ich im Schmerz
vor ihr. Ich dachte auch,
dass Schmerzen über Schmerzen Doppelt Polster
wären oder dreifach Polster Doch ich wusste
nicht für wen Und nicht vor was Ich ohne Schmerzen
wäre, Wenn ich schmerzlos
wäre. |
Eines Tages zeigtest du mir Silberfäden. Damit hätte man an
dir genäht, Nicht irgendwelche
Wunden oder Narben, Sondern deine ganz
normalen Nähte, Und du zeigtest
eine gute Arbeit. Silberfäden hattest
du genug Und in Reserve, Und du könntest
dich bei einem Einriss Selbst versorgen. Morgens riefst du
deinen Hund ans Bett, Der war dir treu
ergeben, Und du kraultest
ihn, Und mit den Augen
sprach er auch zu dir. |
Ich dachte an die
Silberfäden, Die dich überall zusammen
hielten, Wenig später wärest
du vielleicht aus Goldpapier. Wie sollte ich mich
dann an dir bewegen, Und ich würde dich
nicht knittern dürfen, Falten dürften sich
an dir nicht zeigen, Und ich käme nicht
mehr an die Tränke deiner Haut. |
Selbst dort, Wo ich noch hätte
fündig werden können, Stieß ich jetzt ja
schon Auf Netze deiner
Silberfäden. Die verhinderten,
weil du es wusstest, Meinen Mord an dir, Und Schutz um
Schutz Gewannst du so aus
mir vor mir Um meinet- und um
deinetwillen. |
Ich legte Wert darauf, dich einzuholen, Weil du für mich
wertvoll warst, Du warst mir
unersetzlich, Diesmal wurde ich
zum Mund aus Glas am
Rand aus Fleisch. In großer,
meisterhafter Kunst Schlugst du die
Arme, schnell gekreuzt, Vor dein Gesicht
und neigtest dich nach vorne. Es war Angst. Du sagtest: "So geht man
zur Schlachtbank, Wenn man
Schlachtvieh ist." |
Dann warst du in
Versuchung, Mir die Beile
deiner flachen Hände Ins Gesicht zu
hacken, Ließt es aber sein Und legtest sie
statt dessen, Ohne dass ich
widerstand, So eng um meinen
Hals, als hättest du nun vor, Mich zu ersticken. Deine Kunst
erlernten andere in Jahren nicht, Du warst perfekt. In deinem Rücken
kreuzten sich Die Träger deines
Kleides. |
So bist du: Um zu gewinnen, Steigst du auf die
Schlachtbank Und zeigst vor der
Eigentötung Deine Kreuzigung im
Rücken Und in dem Gesicht. Ich nehme dich Weil du mir
unersetzlich bist, So wie du bist, Und bringe auch die
Kraft, dich aufzubiegen, mit, Und ich vergesse
meine Selbstverletzlichkeit, Missachte sie Und auch die ersten
Splitter meines Mundes, Die beginnen, sich
in dich zu fressen. |
Und flehe mich um
Rücksicht an. Die Rücksicht
brauche ich für mich, Und Nachsicht
sollst du auf mich gießen, Und ich denke: "Schlimm ist
es, Und schwer wird es
für dich." Der Abstand
zwischen dir und mir Ist kaum gewachsen, Und es gab doch
Opfer unter uns. Du hast mich wieder
aufgerichtet, Deinen Leib
geschlossen Und gezeigt, wo er
zu öffnen ist Und mir den Schlüssel
ausgehändigt, Eine Schnur an ihn
gehängt, Als gäbest du mir
dreimal "Lebenslänglich". |
Ich erkenne nicht,
wofür und nicht warum Und sehe nicht, ob
du mir Strafe gibst, Vielleicht, so
denke ich, Gibst du mir
dreimal "Freiheit", Und ich kann sie nicht
erkennen, Weiß sie darum
nicht zu nutzen. Deine Worte, die
sehr freundlich klingen, Hängen mir den
Schlüssel um den Hals: "Nun geh mit
mir, Sei meinetwegen
dreimal "Lebenslänglich", Doch verrat mich
nicht, Nicht jeder muss es
wissen." |
Du vergisst, Dass mich dort
drüben eine andre Frau erwartet, Die, und das bist
du, Nimmt mir als
erstes mit denselben Worten Deinen Schlüssel
ab: "Den wirst du
wohl nicht brauchen." |
Du warst die Tür, Die sich mit ihrem
Rahmen In ein Glas
verbissen hatte, Und die schwang im
Öffnen und im Schließen Alle Spiegelungen
mit sich fort. Ich hatte Mühe Mich im letzten
Zittern jedes Stillstands In dir zu
behaupten. Einmal sagtest von
dir: "Ich lebe als
das Fernweh. Das sucht überall, nur
nicht in seiner Nähe." So warst du mir auf
der Spur. |
Man fertigte die
Uhren neuerdings aus Steinen, Aus Achaten, aus
Graniten, Ja, aus
Edelsteinen, Und ich sah sofort, Dass man der Zeit
mit einer Art Versteinerung Entkommen wollte. |
Du gingst gleich, Um so ein Ding zu
kaufen, Das wog schwer am
Arm, Die ganze Zeit wog
schwer, Und du sahst nicht, Dass ich mich
auskristallisierte, Fern im Raum an
deiner Seite stand, Auf den Sprung, den
Riss im Steingehäuse hoffte, So im Stillstand in
dem Wettlauf stand Mit deinem Fernweh. Einsicht konntest
du nicht haben. Deinen Rock schlug
dann ein jäher Wind Vor deine Augen,
über deinen Kopf, Du streiftest ihn,
so hastig wie es ging, Zurück. |
Das musste sich zu
Tode tanzen. Manchmal
unterschied ich nicht mehr zwischen Wirklichkeit und
Liebe, Zwischen
Fetzenkleid, das dir zerriss, Und heilem Leib,
der eigentlich, Mit Rissen übersät,
zerbrechen müsste. Beide musstet ihr
in Liebe töten, Beide solltet ihr
den Tod der Liebe überleben, um daran zu
sterben. |
Eure Münder wurden
neben euch Ein neues Paar, ein
eignes Paar, Das wurde Zentrum
der Bewegungen und Drehungen, Und hob der Tänzer
seine Tänzerin, So blieb ihr Mund
mit Worten angefüllt An seinem Ohr, Und er durchwanderte
die Haare, Die sie über ihn
ergoss. |
In Wahrheit wusste
jeder, der euch sah, Dass ihr die Liebe
zu dem Ebenbild im andren suchtet Und vor Spiegeln
tanztet. Würfe man in euch
nur einen Stein, Wär euer Tod ein
wahrer Tod, Ihr bliebt im Schauspiel
stecken. Als ich heimkam Aß ich eine
Henkersmahlzeit Und schlug mit der
Axt den ersten Spiegel, Der mich zeigte, Ein. |
Und ich bekannte
meine Lügen, Und du musstest
dein Erstaunen unterdrücken. Schwer war es für
dich gewesen, Meine Wahrheit
anzunehmen, Und du hattest
gleich gezweifelt, Um nicht zu
verzweifeln. Jetzt war es fast
umgekehrt: Du warst
verzweifelt, Nur um nicht zu
zweifeln, Und du fragtest: "Ist denn gar
nichts wahr geblieben?" Und ich dachte
nach. |
In deiner Frage
steckte nur die Frage Nach der Wahrheit. Fragen nach der
Lüge hatte ich, Das war ein
Unterschied. Und so gesehen Wandelte sich meine
Wahrheit, Und ich sagte: "Über mir
scheint eine Sonne ohne Unterlass. Ich bin der Schwimmer
in dem Wasser, Und ich spüre
deutlich Die Erwärmung
seiner Oberfläche. Unter mir befindet
sich ein eisiges Gewässer." |
Dann bekannte ich: "Es könnte
sein, Dass Wahrheit als
ein Rauch durch Ofenrohre zieht, Doch das erfährt
kein Mensch. Es könnte sein, Dass ich in mir
verbrenne, Und, was ich dir
sage, Ist nicht für dein
Ohr bestimmt, Und Recht hast du, Wenn du nach Resten
meiner Wahrheit fragst, Und gestern, als
ich log, Sprach ich die
Wahrheit, Heute, wo ich dir
bekenne, Schneide ich mir Meine eigne Kehle
durch Und will das Herz
des Ofens In mir brennen
sehen." |
Beim Verlassen unsres Gartens, Nein, es ist dein
Garten, Den du meinetwegen
pflegst, Nun, beim Verlassen
irgend eines Gartens, Der mich kannte, Kam ich an die
Pforte. Du, im
Morgenmantel, Der war gestern
noch dein Abendkleid Und in der Nacht
das Silberlicht Das sich vom Mond
gesandt, Auf schwarze Häuser
legte, Du. im
Morgenmantel, Saßt am
Frühstückstisch. |
Ich trank den Tee
aus dir Und suchte mit der
andren Hand Nach dieser Gartenpforte. Hier im Garten, Hier am
Frühstückstisch, War jeder Baum in
Porzellan gefasst, Und Düfte waren aus
Metall. Die Pforte, musste
ich befürchten, War auf irgendeine
Wand gemalt. Es könnte gar
nichts nützen, Wenn sie sich mir
öffnen würde, Immerzu war sie mir
Heimkehr. |
Schließlich sagtest
du: "Du musst
jetzt gehen, Wann willst du
sonst wiederkommen." Das ist wahr. Ich denke nie an
Wiederkehr, Und Pforten öffne
ich in meinem Leben Nie von außen. Meine Wände, unsre
Wände, Irgendwelche Wände Habe ich mit
Pforten, Pforten, Gartenpforten Übervoll bemalt. |
Ich beugte mich zu einem Spiegel nieder. In der Glätte eines
Auges Trieb die Barke
einer Wimper. Noch kam Wind nicht
auf. Doch, Würde sich mein Lid
darüber schieben, Müsste ich den Schmerz
sofort empfinden. Deine Haut war
übersäht mit Schiffchen, Rüschen deiner
Spitzenkleider, Falten deiner
Stoffe, Falten deiner Haut
in jeder Beuge, Wasserschnellen der
Bewegung. Schmerzlos trieben
sie auf dir. |
Ich machte mich zum
Fisch in den Gewässern Und kam an die
Oberfläche, Schwamm direkt in
deine Frage: "Überall bist
du in mir, an mir, auf mir. Wo bleibe ich
dabei?" Ich überhörte nicht
den Vorwurf In der Stimme. "Du
vergisst," so sagte ich, "Dass jede
Sonne räuberische, mörderische Tage hat, Und du hast auch
nicht überall Geländer Mich zu
führen." |
Leise strandete die
Barke einer Wimper, Dass ich sie
entfernen konnte. Ich sah nun ganz
ungestört in meine Augen. "Brauner
See," so dachte ich, "Kann Angst
verbreiten." Nichts war
schlimmer, Als in mir ein Bad
zu nehmen. Außerdem geriet ich
dabei auf die Einflugschneise Schneller Blicke. Die ließ
rücksichtslos Maschinen Landen, steigen. |
Das Frühstück war schon fast beendet, Ich vermisste dich Und rief nach dir, Und deine Antwort
kam, War hier, bevor ich
fragte, Und du sagtest so: "Du isst und
trinkst von mir, Du speist aus mir, Ja, ich bin deine
Speise, Und, obwohl du
alles weißt Und alles nimmst
und hin nimmst, an nimmst, Willst du mich
vermissen. |
Frühstückstuch bin
ich und dein Gedeck. Obwohl du alles
besser weißt, Rufst du nach
mir." So kamen Zweifel in
mir auf. Ich konnte es nicht
besser wissen, Und ich dachte so,: 'Es wird sich von
uns beiden Einer wohl erheben, Der erst wird
verraten, Wer dem andren Speisung
war.' |
Wir hatten gute
Plätze Und wir
unterhielten uns Und sahn auf uns
herab Und hatten viel,
viel Zeit Und wuchsen nach. |
Mein Heimweh war daheim geblieben. Irgendwelche
Menschen, Ich war auch dabei, Versuchten sich,
durch Sumpf und Moor, Um die Erinnerung
den Ringkanal zu ziehen; Trocken wollten sie
die ganze Gegend legen, Die uns immer
wieder einfiel. Heimweh war
Erinnerung an Wirklichkeit Und Fernweh die
Erinnerung an Unbekanntes. Beides wollte ich
in einem Atemzuge Wiedersehen. |
Meine Welt war
eingeteilt in Schuld und
Unschuld, Nicht in Gut und
Böse oder Himmel oder Hölle
oder Außen- oder
Innenhaut, Wie sie die
Menschen trugen. Heimweh hielt ich
in den Händen. Heimweh, Fernweh
waren eins, Wie Schuld und
Unschuld eines sind, Die Pole meiner
Moore. |
So beweg ich mich
auf dir Und hab’s gelernt,
mit langer Stange Nach dem Grund zu
stoßen. Fiele ich herab, Wär keine Rettung
vorgesehen, Weil Erinnerung
nach Wirklichkeit Und Unbekanntes
nach dem Recht verlangen, Weil mein Fernweh
sich an dir erfüllen muss. Ja, ich verlange, Dass du mir nicht
hilfst, Wenn ich an dir
durch dich hindurch versinke. |
Betetest du eine
rote Sonne an, Du hofftest, dass
sie Heilung brächte, Und ich wusste
doch, Du hattest einen
Glauben, Der hätt diesen
Götzen nie erlaubt. Es musste eine
schlimme Krankheit sein, Die in dir fraß. Ich fragte weiter
nicht Und war besorgt und
sprach dich an: "In mir ist
eine rote Sonne aufgegangen, Die verlangt in
ihrem Strahlen immer neue Nahrung, Und ich kann sie
ihr nicht bringen. |
Es ist möglich, Dass sie sich
woanders sonnt Woanders Nahrung
raubt. Sie wird in ihrer
Wahl Vor keinem Menschen
halten," Und du wusstest
gleich Bescheid, Und sagtest nichts
zu mir, Und wieder sah ich
dich Und diesmal hastiger
vor dieser roten Sonne beten, Und in mir entstand
tatsächlich Dieses warme
Sattgefühl, Ein Wohlgeruch von
Strahlen, Den man aus dem
Frühjahr kennt. Ein Ansturm
ungeheuren Wachstums Brach aus mir
hervor, Das blieb dir nicht
verborgen. |
Deine rote Sonne Hatte dich fast
ganz genommen, Irgendwie verzehrt, Und doch war sie zu
deinem Ebenbild geworden. Sie wurd du, Und deine Heilung
sagtest du, Sei deinem Glauben
zu verdanken. Unsre leeren Hüllen
ließen wir zurück. |
Meine Sehnsucht konnte niemand stillen. Eine Sehnsucht war
es, Die nach Neuem
schrie. Erst kaufte ich mir
einen neuen Schreiber, Danach neue
Kleider, Weiter konnte ich
nicht gehen Und versagte mir
die Wünsche, Weil sie nicht mehr
zu erfüllen waren. Meine Träume gingen
um ein neues Haus, Um neue Zimmer, Letztlich wünschte
ich mir neue junge Menschen Um mich her. |
Ich war ein Tänzer
auf dem Seil Und mied von nun an
alles Neue Und das
Jugendliche, Um nicht
abzustürzen. So traf ich auf
einen alten Mann, Der sagte vor sich
hin Und sprach zum
Baum, zur Luft, zu mir, In Wahrheit weiß
ich nicht zu wem: "So, wie die
jungen Dinger möchte ich Noch einmal laufen
können, Barfuß möchte ich
so laufen." Und er hatte an den
Füßen keine Strümpfe, Sondern nur
Sandalen Und in seiner Hand
den Stock. |
Die grauen Stoppeln
des Gesichtes Luden nicht zum
Laufen darauf ein. So, sagte ich zu
mir, Sieht deine
Sehnsucht aus. Ich zog die Schuhe
und die Strümpfe aus, Und es war gutes
Wetter, Und ich hatte wahrhaft
keine Sehnsucht, So zu laufen. Violett, so dachte
ich, Mit warmer gelber
Strömung, Ist die Farbe der
Verzweiflung. Mancher sagte auch
von mir: "Er ist im
besten Mannesalter, Und er macht gar
nichts daraus, Und seine Augen
schauen nur nach innen, Wenn sie in die
Weite schauen." |
Gleich neben meiner
Sonne, Standen weiße
Wolken. Heute wollte ich
das Blau, Die Sonne, weiße
Wolken Ganz in Ruhe lassen
und nicht stören, Nicht d'ran rühren. Liebevoll gedachte ich
der Schürze, Die du manchmal
trugst. Sie war ein Fetzen
Traum aus Kindertagen, Der war aufgehängt
zum Trocknen, Weil die alten
Träume manchmal nässten, Und ich hatte
nichts dagegen. |
Wolkenränder lösen
sich aus dieser Ferne auf Und werden nichts. Erst morgen, sagst
du, Hast du wieder
Zeit. Mein Augenblick
fragt nicht nach dir. Heut ist ein
Sommertag in meinem Kopf. Die letzte Nacht
war qualvoll, Weil ein Arzt, den
ich nicht liebte, Grundberührung mit
mir übte. Ich war wieder
selbst der Arzt Und der Patient, War die
Vergangenheit, der Traum, die Quälerei, Der Schlaf Und die
Vergeblichkeit des Weckens. |
Jemand prüfte
meinen Fahrschein, Der war echt und
wahr, Und ich war
Wirklichkeit, Und trotzdem wurde
nichts von allem anerkannt. Mit einem letzten
Kraftakt Pustete ich alle
Wolkenschiffchen Auf die Reise. |
Dann wirst du vom
Abschied sprechen. Du wirst kommen, Um den Abschied
festzuhalten, Wirst mit Kamera
und Teleobjektiv Noch einmal deine Augen
auf mich richten, Nah wirst du mir
sein, Um fern von mir zu
bleiben, Alles wirst du von
der Bank aus, Unter dir,
erledigen. Dort sitzt du gut
im Wissen, Dass ich auf dich
warten werde Und auf unsren
Abschied. |
Keiner gab ihn zu, Als er sich in uns
stellte, Einfach stattfand. So hast du gesagt: "Du darfst mit
allem weiter zu mir kommen, Wann du immer
willst, Es ist mir gleich,
ob Tags, ob Nachts." Und ich, der zuviel
dachte Und zu wenig
sprach, War zu erstaunt und
wiederholte deine Worte: "Tags und
Nachts? Was ist denn
ausgeschlossen, Wenn du alles
einbeziehst. Es bleibt für dich
nichts nach. Es ist doch immer
Tag an einem Tag Und Nacht in einer
Nacht“. |
Ich dachte aber so
bei mir: 'Sie drängt mich
von sich fort Und überlässt mich irgendwelchen
Tagen, Irgendwelchen
Nächten. Damit, denkt sie, Hat sie weiter
nichts zu tun, Die sind ja
immerfort bei jedermann, Und wenn ich es ihm
sage, Wird er nicht mehr
kommen.' Heute wirst du also
Abschied nehmen wollen. Nimm ihn, Denn du nimmst ihn
nur von dir. Von mir in dir Kann ich mich noch
nicht trennen. |
Um endlich Ruh zu
haben, Müsste ich mich aus
dir rauben. Also war es so. Ich sagte: "Heute nacht
schlaf ich, Um dich zu schonen, In dem
schonungslosen Raum, Der nimmt auf mich
gar keine Rücksicht, Und ich werde dich
alleine lassen," Und ich meinte, Dass ich sie für
eine Nacht vergessen könnte. |
So schnitt ich mich
vor dir durch Und ließ mich halb
in dir Und halb in mir. Aus dir war ich mit
nichts herauszubringen, Und du wusstest es
und sagtest nichts, Und sangst im Bett
ein Kinderlied Und summtest seine
Melodie. |
Der schonungslose
Raum ist außerhalb von dir. Ich bog dich so zu
mir heran, Mich so in dich
hinein, Dass dir die Luft
versagte. Dabei flüsterte ich
leise: "Nie werd ich
die Teilung überwinden können." Ohr an Ohr lag Leib an Leib. Die Münder sprachen
nicht mehr über sich Und richteten sich
auf das Essen ein. |
ISBN 9783738604504