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Harald Birgfeld, Webseite seit 1987/ Website since 1987

 

da liegt mein Herz, Geschichten aus Niemandsland 2022 -2024 (im Entstehen)

z.B.: 100 Jahre „Kafka“, eine herrenlose Fundsache (neu)

 

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Oct21#01.jpg

 

Im vorliegenden Band werden 114 Gedichte aus engsten Spannungsfeldern der Liebe zwischen Menschen vorgestellt. Es entsteht schwarze Liebeslyrik.

Daraus die ersten Zeilen eines Beispiels:

 

Du führtest mich ins Haus;

Es war ein kleines Haus,

Es war ein Spitzdachhaus.

 

In deiner Stirn entdeckte ich sofort

Das Giebelfenster……

 

 

Im Buchhandel und online

 

Mund aus Glas

Am Rand aus Fleisch

 

114 Gedichte: Schwarze Liebeslyrik.

120 Seiten, Format A5

 

Harald Birgfeld

 

Online bestellen sowie im Buchhandel

 

€ 7,99 inkl. MwSt.

 

Zum Buchshop

ISBN 9783738604504

 

„Mund aus Glas am Rand aus Fleisch“  ist auch in den USA, Großbritannien und Kanada unter obiger ISBN und bei abweichenden Preisen bestell- und lieferbar.

 

Auch als E-Book

 

€ 4,49

 

Zum Buchshop

ISBN 9783738683387

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

"Es lohnt sich, einmal einen heutigen Dichter kennen zu lernen, der mit der deutschen Sprache einen faszinierend fremden Weg betritt und trotzdem dem Leser Freiraum lässt für eigene Gedankengänge, ohne dass die Probleme in erhobener Zeigefingermanier zu zeitkritischen Trampelpfaden werden." (1986: Gutachten).

 

Harald Birgfeld, von Beruf Diplom-Ingenieur, schrieb die meisten seiner Gedichte während der morgendlichen Fahrt mit der Hamburger S-Bahn zur Arbeit. Seine Texte entstanden fast immer bereits in endgültiger Form.

 

Copyright 2014 beim Autor, Harald Birgfeld, alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne schriftliche Erlaubnis des Herausgebers, Harald Birgfeld, reproduziert werden. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verfilmung und Einspeicherung sowie Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Herausgeber, Autor, Redakteur: Harald Birgfeld, e-mail:.         Harald.Birgfeld@t-online.de

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Ähnlich war es im Ballett

Alles sprach dagegen

Als ich dich beschrieb

Also, dachte ich

Am andren Morgen sagtest du

Am Bahndamm

Andern Tags beschwör ich mich

 

Beim Verlassen unsres Gartens

 

Dann kam eine Treppe

Dann wieder wünschte ich mir

Das Frühstück war schon fast beendet

Das ist wahrhaft schlimm

Deine Kunst war so

Deine Lippen formten sich

Deine Wünsche waren ähnlich

Dem Kind zerbrach ein liebes Tier

Den Meisten, die daheim sind

Denken, sagst du

Der Augenblick des Handelns war vorbei

Die Leute sprachen viel von Liebe

Diese Nacht hab ich im Schlaf

Du bist geschmückt

Du bist mein Schiff der Wiederkehr

Du bist schlimmer, als der Beißhund

Du erinnertest dich noch ein Mal

Du führtest mich ins Haus

Du hattest dich verkleidet

Du hauchst auf eine spiegelglatte Wand

Du hieltst mir deine Hand entgegen

Du maltest an dem roten Bild

 

Ein Schlinggewächs

Einer jungen Frau

Eines Tages zeigtest du mir Silberfäden

Einmal sprach ich ganz normal mit dir

Einmal tatst du so zu mir

Einmal wollte ich dich lieben

Einmal, sah ich

Es ging um deine Landschaft

Es war ein Wort

Es war ein Zufall

Es war nun so

 

 

Gestern war es, als ich sah

Glauben mochte ich dir nicht

 

Heute trägst du einen neuen Rock

 

Ich beugte mich zu einem Spiegel nieder

Ich dachte auch

Ich dachte so

Ich denke daran

Ich fand noch einen Fischer

Ich fuhr mit einer Höchstgeschwindigkeit

Ich gab dir Recht

Ich ging mit euch, zwei Frauen

Ich halte eine Uhr in meiner Hand

Ich hätte dich zu gern gefragt

Ich hatte es notiert

Ich hatte es nun so oft angesprochen

Ich hatte lange nichts von dir gehört

Ich las in dir

Ich legte Wert darauf, dich einzuholen

Ich möchte dir

Ich sah es selbst

Ich schenkte dir ein Haus

Ich stand vor einer Frage

Ich war bei dir zu Gast

Ich war im Raum

Ich will das Haus verlassen

Ihr wart im Tanz ein Paar

Immer wieder kam es

In deinen Augen

In dem Autofach

In dem blauen Himmel

In dem Garten sitzt ihr Frauen

In dem Haus stand immer schon

In den Wendeltreppen unsrer Worte

In der Nacht erwachte ich

In der Nacht kam ich zu dir

In dir war eine "gute Stube"

In einer Zeitung schrieb man

 

Ja, es ist wahr

Jahrelang hing ich an einem Band

Jede der Bewegungen war eine Illusion

Jemand sagte so zu mir

 

 

Man brachte einen

Man gab mir Essen

Man übertrieb

Manchmal, wenn ich ausgeschrieben bin

Mein Heimweh war daheim geblieben

Meine Sehnsucht konnte niemand stillen

Mir erging es so

Mit deinen Worten fiel der Wind

Morgens....

Mund aus Glas am Rand aus Fleisch

 

Neben mir lag eine Frau

Nichts blieb von mir unversucht

Nun stehst du ganz in weißen Blüten

Nur noch ein paar Stunden

 

Schon im ersten Atemzug

Schweigebahnhof

So war es für mich zu schwer

Sonst ergabst du dich mir ganz

 

Über mir, weit in dem Blau

Um dich schlugst du Decken

Unter einer Durchfahrt

 

Vergiss, sagst du

Vor deinen Augen lebte in der Haut

Vor uns

Vor uns gingen Schranken nieder

 

Wenn sich Steine treffen

Wir hatten uns getroffen

Wir machten eine Reise

Wir schrieben an dem Buch

Wir standen Hand in Hand

Wo, so fragte ich

 

Zu mir sagst du

 

 

 

Ich denke daran,

Dass dir schwarze Blätter wachsen.

 

Deine Hand krault mir

Das kurze Haar am Hinterkopf.

 

Wir sitzen in dem Wagen,

Und das Lenkrad halte ich,

Und die Geschwindigkeit, mit der wir fahren,

Ist sehr hoch.

Ich denke an den kleinen Augenblick

Der Unaufmerksamkeit.,

Der könnte tödlich sein.

 

 

Dein Zeh steigt mir am Bein empor,

Und schiebt den Hosenstoff mit sich,

Und ist ein Finger,

Der malt Bilder in den Sand.

 

In deinen Augen gähnt die Langeweile.

Hätte ich die Hände frei

Und wärst du frei für mich von dir

Und nicht nur frei für dich von dir,

Ich hielte auf dem Seitenstreifen an

Und öffnete dir heute noch die Augen.

 

 

 

So bedenke ich,

Dass du aus Plastik bist

Und dass du eine neue Mode trägst,

Die steht dir wunderbar.

 

Du kannst zufrieden sein.

 

Ich werde dir,

Auch wegen dieses Steuers in der Hand,

Von mir

Kein Sterbenswörtchen sagen.

 

 

 

Vor uns,

Und somit zwischen uns

Steht eine Dose Kaltgetränk,

Die werden wir uns teilen.

 

Nicht, weil du sie nicht so gerne magst,

Und nicht, weil ich bescheiden bin,

Und nicht, weil wir so bettelarme Leute sind,

Nein,

Aus, ich weiß nicht was für einem Grund,

Entschieden wir uns nur für eine Dose,

Wir entschlossen uns für uns für eine.

 

 

 

An der Wandung dieser Dose

Steht die Feuchtigkeit als mattes Blank.

Das siehst du an

Und siehst,

Dass man mit bloßen Fingern

Auf ihm malen kann,

Und du versuchst es erst auf deiner Seite,

Und du malst ein Bild,

Das ist nicht auszumachen,

Und du malst es weiter,

Und du setzt es auch auf meiner Seite fort

Und drehst die Dose, die schon offen ist,

Und hast sie rundherum bemalt

Mit unsichtbarer Fingermalerei

Und hast mich nicht gefragt

Und hast nicht nachgefragt,

Ob du auf meiner Seite malen darfst,

Und diese Dose hatten wir doch für uns zwei

Gekauft.

 

 

Ich hab' dabei geschwiegen,

Ganz auf dich vertraut

Und sehe nun,

Dass du mich gar nicht siehst,

Und ich, dass müsstest du doch sehen,

Sitze eng mit dir an einem Tisch,

Und niemand außer uns ist hier

Uns auch nicht zwischen uns zu sehen.

 

 

 

Du hauchst auf eine spiegelglatte Wand

Und die beschlägt sofort.

 

Ich frage dich:

"Warum hauchst du auf diese Wand?"

 

Du schweigst und wischst es wieder aus

Und sagst ganz schnell zu mir:

"Nun du, nun bist du dran."

 

 

Ich hauche auch,

Und hauche zart,

Und will es richtig machen,

Auch weil ich, als Mann, dir zeigen muss,

Wie man auf eine Fläche haucht,

Und hauche auf dieselbe Stelle,

Und du siehst mich an

Und siehst, dass ich versage,

Und es zeigt sich nicht der stumpfe Film,

"Der konnte," sagst du mir,

"Nur einmal sein.

 

 

Du bist," so sagst du noch,

"Zu gar nichts nütze,

Und ich habe doch nur eine Kleinigkeit

Von dir verlangt."

 

 

 

Du bist geschmückt

Und stehst im Licht,

Das fällt in dein Gesicht

Und Farben leuchten auf,

Ein Dünengras, aus Glas gezogen, sind die Wimpern.

 

Ich hab dieses Streichholz in der Hand,

Das hab ich noch nicht abgebrannt

Und denke lange nach.

 

 

Du dringst in mich

Mit deinen Blicken,

Die sind Netze,

Die, schon ganz zerrissen,

Nichts mehr fangen können.

 

 

 

Wüsst ich doch,

Wie ich mit meinem Streichholz

Brennend unter deine Haut geraten könnte,

Wüsst ich doch,

Wie ich mir Licht in dir verschaffen könnte,

Wüsst ich doch,

Ob wenigstens das schwarze Licht

In dir vorhanden ist,

Dann brauchte ich nicht

Eine Dunkelheit an eine andere

Zu hängen.

 

 

 

Das ist wahrhaft schlimm.

 

Durch mich hast du den Schmerz erfahren,

Der war nicht wie sonst,

Wenn Schmerzen sich

Lokalisieren lassen.

 

 

 

Dieser Schmerz entstand durch mich in dir,

Er wurde ferngezündet, wie du sagtest,

Und er wäre nicht entstanden,

Wäre ich so nah es eben ging,

Bei dir gewesen,

Dann, so sagtest du, hättst du

Den größten Schmerz von mir

Mit Freudentränen in den Augen

Und von Herzen gern empfangen.

 

 

Ich saß weit entfernt

Und hatte mich von dir entfernt

Und wollte dir den Schmerz ersparen

Und schlug mit der Stirn

Auf einen ungedeckten Tisch,

Der musste dich ersetzen.

 

 

 

Ja, es ist wahr.

Ich hatte sie um sich gebeten,

Und ich gebe es dir zu.

 

Sie hatte sich an mich gelehnt

Und ihren Kopf auf meine Schulter.

Sie vergrub sich in dem Nest,

Das sie mit ihren Haaren darauf schuf.

Ich hätte gern darin gelegen

Und beneidete sie fast darum

Und sagte so:

"Du hast es gut,

Weil du dich immer bei dir hast,"

Und fragte noch einmal:

"Darf ich dich um dich bitten,

Weil ich sehr nach dir verlang."

 

 

Sie schlug in ihrem Nest die Augen auf,

Die waren lange schon auf mich gerichtet,

Und es gab, das dachte ich,

Nichts, was dagegen sprach.

 

Aus ihrem Mund kroch langsam und gewissenhaft

Das "Nein".

 

 

 

Dann schloss sie ihre Augen wieder,

Legte ihre eignen Arme eng an sich,

Und zeigte mir,

In ihrer Suche nach dem Neuen

In dem Widerspruch, im Widerstand,

Die Liebe, die sie hatte.

 

 

 

Ein Schlinggewächs,

Das um den Handgriff deines Aufgangs rankt.

 

An dir empor,

Mein Blick,

Der sich nicht schnell genug

In eine Höhe schießen kann,

Und dessen Sturz nicht schnell genug

Ins Tal geschieht

Und der in der Vermutung nach den Höhlungen

Sich irrt und sucht und findet

Und doch gar nichts finden kann.

 

 

Was kann ein Blick schon finden

Oder gar,

Was kann ein Blick als Finderlohn verlangen.

 

 

Ich erinnerte mich an die Frau, die sagte:

"Ich würd ihm die Genitalien waschen

Und mit ihm wär ich wohl im Verkehr,

Doch ließe ich ihn sonst

Nicht nah an mich

Und würde alles tun,

Dass wir uns nie entdeckten,

Dass wir immer voreinander

Im Geheimnis blieben.“

 

 

 

Mir erging es so:

Ich stand mit meinem Rücken an der Wand

Und in der Ecke,

Und die Briefe, die du schriebst,

Erhielt ich ungeöffnet

Und ich ließ sie so

Und las sie nicht,

Sie lagen nur zu meinen Füßen,

Und sie lagen dort bewegungslos

Und rührten sich nicht von der Stelle.

 

 

Stiege ich nun über sie hinweg

Und schliche mich davon,

Hätt ich sie gleich im Rücken.

 

Also stand die Wand,

Die vor mir lag,

Auch vor mir auf.

 

Ich lebte zwischen Wänden

Und ich lehnte mich an sie

Und hielt mich in der Ecke

An der Ecke fest.

 

 

Du wolltest, hörte ich, damit beginnen,

Mir die Briefe einzeln aufzuheben

Und sie vorzulesen,

Und du wusstest,

Dass ich mich dagegen nicht mehr wehren konnte,

Und du wusstest von der

Distanzierten Quälerei,

Und dass ich davon wusste.

 

 

 

Es war ein Zufall,

Der dich nah an meine Seite rückte,

Und ich stahl dir vom Geruch der Haare,

War so nah an ihnen,

Dass ich fast in ihnen war;

So nah kam ich sonst nur noch der Geliebten,

Die war dieser Zufall,

Die blieb trotz der Nähe immer fern.

 

 

Es war kein Unterschied.

 

 

 

Es kam sehr schnell,

Dass wir uns liebten,

So, wie wir uns liebten.

 

 

 

In den Wendeltreppen unsrer Worte

Kannten wir uns sehr gut aus,

Sie waren insgesamt

Die Kinderschaukel,

Liebeswippe

Und das lange Tau aus einem alten Baum,

Das, angeknüpft an eine Sitzbank,

Die den Boden nicht berührte,

Weit zum Schwingen kam

Und jeden, der sich darauf setzte,

Majestätisch in die Höhe,

In das Blättergrün, entführte

Und ihn sanft

Und immer schneller werdend,

Dass man ihn nicht halten konnte,

Durch die Mitte schnellen ließ.

 

 

Das war schon nah am Boden.

 

Köstlich waren unsre Worte.

 

 

 

Königlich war es, sie vor dem andren auszusprechen,

Und sie vor

Und vor dem anderen zu hören,

Ja, sie gar nicht erst zu sprechen.

 

 

 

Schweigebahnhof.

 

Früher konnte ich noch sagen:

"Ich verstehe viel von dir,"

Und heute steht die Sonne, wenn sie aufgeht,

In dem Eigenrot,

Das lässt sie fast verbluten.

 

Nur Sekunden später saugt sie alles wieder auf

Und wird ein greller Lichtfleck.

 

Über dich läuft eine Schnur

Von Punkt zu Punkt

Und meldet alles,

Was an dir geschieht,

Dass nichts an dir geschieht,

Was dir geschieht.

 

 

Ich stehe deshalb still an dir

Und warte, warte einfach ab

Und möchte die Verbindung

Auf dir täuschen,

Möchte, dass du dich mir in Besitz gibst

Und es selbst nicht merkst,

Und keine Läuterei an dir

Soll Warnsignale geben,

Nicht von Vornherein verbellen,

Was sich nähern möchte.

 

 

 

Schweigen soll auf deinem Bahnhof

Einfahrt haben können.

 

Die Signale,

Die du an die Gleise stelltest,

Jedes Halteschild will ich umfahren

Und geschickt umgehen.

 

 

 

Als ich dich beschrieb,

Und ich beschrieb dich ja für mich,

Weil ich dich grade kennen lernte,

Also, als ich dich für mich beschrieb

Und du,

Im Kleid aus grüner Farbe,

Weißer Haut und blonden Haaren,

Schnellen Augen vor mir standst,

Als ich dich so für mich beschrieb

Und sagte: "Ja, so sieht sie aus,

Sie trägt die Haut ganz anders,

Als sie andre tragen,

 

 

Auch lässt sie den Augen

Einen andren freien Willen

Als du es von andren kennst,

Und ihre blonden Haare fliegen nicht davon,

Wie du es oft gesehen hast,

Sie sind ein Schwarm,

Der löst sich trotzdem nicht von ihr,

Sind ihrem Kopf vielmehr ein Nest,

In dem er gerne liegt,"

 

 

Als ich das alles sah

Und in mir aufgenommen hatte,

Brachte dieser Windstoß,

Der den Spiegel unsres Wassers überlief,

Das Bild zum Einsturz,

Und ich musste mich ganz neu

An deiner Wahrheit orientieren,

Die stand neben mir.

 

 

 

In deinen Augen

Standen Hindernisse der Erinnerungen,

Und wir kamen nicht darüber hin:

Du nicht,

Weil ich die Hindernisse aufgebaut

Und dir errichtet hatte,

Weil ich dich in dir behinderte,

Und ich nicht,

Weil ich mich aus dir nicht schälen konnte,

Mich nicht aus dir nehmen konnte,

Und mich so nicht in dir ändern konnte,

Und mich, wie ich anders wär,

Auf mir in dir nicht überlagern konnte.

 

 

Hindernisse der Erinnerungen also,

Weil in dir in mir.

 

 

 

Ich litt sehr unter dem Verlust

Und lebte,

Sonst wär es ja gar nicht möglich,

Ohne eine einzige Erinnerung

An dich in dir an mich.

 

 

 

"Vergiss," sagst du,

"Vergiss mich ganz."

 

Es ist das dritte Mal,

Dass wir vergeblich nun versuchen

Uns an uns zu koppeln.

 

Unsre Schlüssel passen nicht,

Und von uns beiden

Kommt so keiner zu dem anderen.

 

Wir treiben noch ein ganzes Stück im Raum,

Das heißt,

Der Raum treibt um uns her in alle Richtungen,

Wir bleiben voreinander stehen,

Können uns nur durch die Augen

In die Augen sehen.

 

 

Unsre Hände liegen als die Hände kleiner Kinder

Ineinander;

Unsre Köpfe wagen sich in hastiger Gesprächigkeit

In größte Nähe.

 

Selbst die Haare haken sich schon

Ineinander.

 

So verlangst du,

Und du sprichst mit Worten,

Die sind weniger als eine Zeichensprache,

So verlangst du,

Dass ich dich vergesse.

 

 

„Und," so frage ich zurück,

''Was mache ich mit dir,

Wenn ich dich dann vergessen habe,

Und du mir als Dauerstrandgut

Vor die Füße treibst

Und dich auf diese Weise von mir sammeln lässt?"

 

 

 

Schon im ersten Atemzug

Verhakten sich die Augen ineinander,

Niemand konnte helfen.

 

Jemand sagte nur:

"Da, an den beiden seht ihrs wieder,

Und sie selber sehen nichts

Und sind verhakt mit ihren Augen.

Blind sind sie dadurch

Und sehen nur auf sich.

 

 

 

Es könnte sich....

Hat sich vielleicht schon zwischen sie

Die neue Sicht geschoben,

Und die bleibt bei ihnen,

Bleibt in Blicke eingesperrt und ausgesperrt,

Bleibt Blick im Blick,

Ist Haken,

Der an einem andren Haken hängt."

 

Die Augen gingen wieder auseinander,

Und es war doch wie verhext,

Sie kamen nicht mehr auseinander.

 

 

Wieder jemand sagte:

"Nun könnt ihr es nicht mehr an den beiden sehen,

Weil sie selber alles sehen.

Nun sind sie verwachsen,

Und ihr Blick ist zwar ein Blick,

Doch sehen sie von sich nichts mehr.

 

Die Augenpaare blicken beide

In dieselbe Richtung,

Und das bleibt von nun an so,

Und wird sich wegen der Vergänglichkeit

Des ersten Atemzuges

Nicht mehr wiederholen."

 

 

 

Dann kam eine Treppe.

Das war ungewöhnlich,

Denn wir waren schon im Raum der Räume,

In den Räumen überhaupt.

 

Wir waren in dem Raum,

Der alle andren Räume ausschloss

Und sie somit in sich einschloss,

In dem Raum,

Durch den sich alle andren Räume zogen,

Ohne ihn und sich zu unterbrechen,

Und die Treppe konnte nicht nach oben führen,

Und sie führte nicht nach unten,

Und da sie im Raum

Durch alle Räume führte,

Führte sie so auch durch uns.

 

 

Wir standen schon auf einer ihrer Stufen,

Waren selbst die Stufe,

Würden die, die sie begehen sollten, sein,

Und auch die Stufe,

Die begangen werden würde.

 

Anders kann ich diesen Zustand

Nicht beschreiben,

Anders waren die Gefühle,

Die ich für dich hatte, nicht.

 

 

 

Mir wich mein Kopf aus,

Und er schmiegte sich an deinen,

Und ich machte daraus,

Wie belanglos, eine Frage, die dich intressierte:

"Kennen wir die Leute eigentlich,

Dort drüben?"

 

So kam mir dein Kopf in deiner Antwort nahe,

Sicher wär er mir sonst ausgewichen,

Und der Akt von einer Treppe

Wird ein Sinn,

Der ist nicht zu erfassen.

 

 

 

Ähnlich war es im Ballett,

Und andren ging es so wie mir.

 

Ich hätte die Bewegungen der Tänzer

Und der Tänzerinnen fassen, greifen mögen,

Nicht sie selbst

Und nicht die Leiblichkeit der Körper,

Nein, nur ihre Leichtigkeit

Mit der sie sich vom Boden trennen

Und im Tanzen schweben konnten,

Diese Schwerelosigkeit, so dachte ich,

Müsst man berühren können,

 

 

Und du sagtest so zu mir,

Und alles, was du sagtest, glaubte ich dir auch:

"Du überforderst mich in allem,

Und nur deine Nähe stellt mich in den Hagel

Spitzer Funken,

Die mich treffen,

Ja, die schlagen ein in mich."

 

 

Das, dachte ich,

Zeigt doch, wie sehr gefährdet Dinge sind,

Die sich so ganz und gar

Der eigenen Gefahr

Entzogen haben.

 

 

 

Jede der Bewegungen war eine Illusion.

 

So ging ich auf dich zu,

Nahm deine Hand

Zum Kuss auf ihren Rücken,

Drehte sie herum

Und küsste dort den Boden ihrer Schale,

Der war leer und doch ein köstliches Getränk,

Das ließ den Sehenden

Zum Blinden werden.

 

 

Abgewandt von mir standst du

Und warst ein fremder Mensch,

Ein jugendlicher Mensch,

Der war für seine Jugend nicht mehr jung genug,

Und frauenartig schobst du deine Haare

Unter eine rote Spange,

Die vermochte viel

Und bündelte die blonden Locken

Zu der Garbe,

Die stand frei im Feld,

Und traubenartig hingen ihre Ähren

Bis auf deine Schultern,.

Das war keine Illusion.

 

Das Feld, die Garbe, Ähren,

Deine Finger, die als Rechen

Durch die Strähnen fuhren,

Wurden eine sommerliche Sonnenlandschaft,

Die beschwor den Frühling,

Der war erst zwei Tage alt

Und stand bei dir und mir in voller Blüte.

 

Ich erinnerte mich schnell an eine Kirschbaumstraße,

Die wurd in den ersten Frühlingstagen

Weiß zum schlanken Kleid,

Und eine Taille reihte sich darin an eine andere.

 

Die neue Jahreszeit ist eine Illusion,

Die geht durch alle Zeiten.

 

 

 

Ich hatte lange nichts von dir gehört,

Dann kam ein Brief,

Der sandte einen Kuss von dir.

 

Es war nicht auszumachen,

Wie es technisch möglich war,

Und doch war dieser Kuss ein wahrer Kuss

Und wiederholbar

Und war ganz gewiss von dir

Und war mit diesem Brief gekommen.

 

 

Und er küsste nur,

Darüber gab es eine Garantie,

Den Richtigen

Und nur, wenn der es wollte, oder sie.

 

 

 

Der Kuss,

Das wusste ich sofort,

War ein verlorner Kuss,

Er war aus deiner Zeit,

Die lief schon parallel zu mir,

Und gestern, als wir uns begegneten,

Da hätten wir uns doch begegnen können,

So wie jetzt.

 

 

 

Du bist schlimmer, als der Beißhund,

Der in seiner Wache Gier entwickelt,

Und du sollst das Blut nun haben,

Und ich sage dir:

"Es ist nicht nur das Blut des Dichters,

Sondern jedes Künstlers.

Ja", so sage ich,

"Nun gebe ich dir recht,

Ich habe keine Liebe,

Und ich habe nur die eine Liebe,

Die gehört mir nicht,

Die gab mir jemand als Geschenk,

Und ich verprasse sie

An meine Kunst

Und huldige damit dem Geber,

Und ich liebe eine Wolke,

Einen Regen,

Einen Teil von dir und dich

Und etwas auch von dir was du nicht hast,

An anderen.

 

 

Ich gebe diese Liebe einfach ab

Und raube ihr dafür die Liebe anderer

Als Nahrung.

Deshalb hast du recht.

Ich beute dich so aus, wie einen Stein;

Auch die Bewegung deines Armes,

Wenn er sich um deinen Nacken schlingt,

Bin ich,

Du wusstest es nur nicht bis jetzt,

Und die vom Auto tot gefahr'ne,

Aufgerissne Amsel bin ich auch

Und denke mir in allem weiter nichts,

Als dass es ist, so wie es ist,

Und dass ich es als Lebender erlebe

Und erleben muss.

 

 

 

Und keinen Aufschrei, keinen Lustschrei

Darf ich dafür geben,

Und der Unterschied

Von Amsel, Mensch und Baum,

Von dir und mir

Wird grad in mir erfunden

Und von mir entdeckt.

 

Gedulde dich mit deinem Biss

Noch einen Tag,

Mein Blut muss reifen.

 

 

 

Vor deinen Augen lebte in der Haut

Ein großer Schmetterling.

 

Er lebte auf und in der Oberfläche

Und die Flügel

Gingen als die Schaukeln

Langsamen Erlebens auf und nieder.

 

Deine Augen waren auch auf mich gerichtet,

Blieben auch auf mich gerichtet

Selbst, wenn ihre Schranken

Unten waren,

Und die Augenblicke freier Überfahrt,

Die wirklich nur sekundenlang den Weg

Für die Passage offen hielten,

Waren Übergänge ohne Garantie,

Denn oft geschah es zwischendurch,

Dass sich die Flügel senkten,

Und man musste unter ihnen

Ganz allein mit dir die Dunkelheit

Verbringen.

 

 

Dabei stellte ich,

Weil ich es wissen wollte, fest,

Dass du im Spiegel gegenüber,

Immer nur das Farbenspiel

Des Senkens dieser Flügel

In extremster Langsamkeit erleben wolltest.

 

Leicht wär es für mich gewesen,

Diesen Buntstaub von den Fenstern

Deiner Einsicht, deiner Aussicht

Abzuwischen.

 

 

 

War die Dunkelheit vorbei,

Erinnerte ich mich noch schnell genug an dich,

Und hätte nie gewagt,

Dir die Paläste deiner Häuslichkeit

Mit einer dummen Putzsucht zu zerstören.

 

Sonst gab es nur wenig

Über Schmetterlinge,

Die in Langsamkeit

Die Flügel heben, senken konnten,

Zu berichten.

 

 

 

Du maltest an dem roten Bild.

Es war aus einer Folge vieler roter Bilder,

Die sich immer weiter isolieren ließen,

Schließlich rot geworden und geblieben,

War durch den Verlust der dritten Dimension

Entstanden,

Und es hatte nur so werden können,

Dass das Rot sich über eine Fläche zog,

Es zog sich hin vom Hals, aus dunkelroten Wurzeln,

Über Wangen zu den Ohren,

Stürzte sich in deine Stirn,

Von dort in eine Tiefe, die man nicht mehr

Sehen konnte.

 

 

Auf der Suche nach der Räumlichkeit

Gab ich nicht auf,

Und durch die kleinen Öffnungen der Bluse,

Die du trugst,

Durch diese Winzigseen,

Die zwischen Knöpfen lagen,

Meinen Blick verführten und entführten,

Mich bis an die Wurzeln deiner Röte

Stoßen ließen,

Fand ich einen Ursprung,

Von dem hattest du mir nie erzählt,

Und letztlich, dachte ich,

Hast du ihn selbst noch gar nicht

Wahrgenommen.

 

 

Sollte ich nun diese Bergseen

Einer allgemeinen Fischerei entdecken

Und vielleicht gar selbst

Am Ufer Trampelpfade hinterlassen,

Oder über die Entdeckung eines Ursprungs,

Dass er ja ein Ursprung bleibe,

Schweigen?

 

So gesehen, hattest du ein Recht

Auf deine eine eigne Dimension.

 

 

 

Ich war bei dir zu Gast,

Und anfangs war es,

Dass du dich dem Gast zum Gaste machtest.

 

Du und ich,

Ich sah nur dich.

Du warst allein,

Weil ich mich nicht mehr wahrnahm.

 

Das Geschirr, das du uns botst,

War nur ein Hauch von Porzellan,

Das blieb auch ungefüllt,

Und Speise, rietst du mir,

Sei anderswo.

 

 

Da überzog sich schon dein herrliches Geschirr

Mit Glanz aus Blankmetall,

Das strahlte und das blendete,

Ich blickte in das Auge eines Bergsees,

Der die Sonne eingefangen hatte.

 

Darin sah ich mich das erste Mal.

Es wurde alles bleiern schwer.

Du sagtest:

"Alles ist zum Erzguss ausgeflossen,"

Und ich stellte mit der größten Mühe

Meine leere Tasse auf den Tisch zurück.

Sie war so schwer geworden,

Kaum noch anzuheben.

 

Aus dem Kleid kam die Metallhand

Auf mich zu;

Sie war sehr weich und warm

Und hatte letzte oder erste Strahlen

Eingefangen und gespeichert,

Und du gabst mir alle Arten deiner Speisen

An dir frei.

"Ich bin durch mich geschützt,"

So sagtest du,

"Du kannst getrost durch meinen Panzer dringen,

Der hält stand."

 

 

 

Jemand sagte so zu mir:

"Du musst dich hüten vor Vergleichen;

Du darfst nicht die totgefahrne Amsel

Gleichstell'n

Mit den Schrecken einer Großstadt,

Mit den aufgespießten Kindern eines

Wahnsinnslandes,

Mit den Frauen einer fernen Gegend,

Denen man die Brüste abgeschnitten hat

Und Männern, denen man den Bauch

Mit einem Messer öffnete

Und die man so zum Laufen zwang.

 

Du darfst doch nicht so tun,

Als wäre eine Himmelswiese voller Strahlentode

Hinter fernen Welten,

So, als suchtest du für dich ein Rauschgift,

Um dich zu betäuben,

So als sagte nicht ein anderer,

Wie ich zum Beispiel,

Auch etwas dazu."

 

 

Ich tat ja nichts,

Und auch nicht so als täte ich nur so.

 

Die Leiter fängt mit einer ersten Sprosse an.

 

Dort wo ich stand,

War lange schon die Höhe

Nicht mehr auszumachen.

 

An mir, sah ich,

Konnte man sehr wohl die Bilder sehen,

Die der Mensch, der mich so angesprochen,

Auch beschrieben hatte.

Woher hätte er sie sonst wohl nehmen können,

Wenn nicht nur von mir.

 

 

 

Kam ich zu dir,

Verlangte ich darum nicht mehr

Als dass sich deine Arme um mich legten,

Dass du mir das

Rückenfell ein wenig glättetest.

Nur,

Mein Verlangen konntest du nicht wissen,

Weil wir wegen dieser Welten,

Die uns trennten,

Zwei verschiedne Sprachen

Wählten.

 

Keiner von uns beiden

Wagte dies Geständnis.

 

 

 

Du führtest mich ins Haus;

Es war ein kleines Haus,

Es war ein Spitzdachhaus.

 

In deiner Stirn entdeckte ich sofort

Das Giebelfenster.

 

Ich verbot dir,

Und ich war sehr streng,

Mir irgend etwas zu verwehren.

 

Ohne Worte gabst du nach

Und zogst mit lässiger Gebärde

Deine schwarzen Haare,

Die weit über deine Schultern fielen,

Mit den tänzerischen Armbewegungen

Und spitzen Fingern hoch,

Du machtest dein Gesicht zur Bühne,

Die vor schwarzem Vorhang stand.

 

 

Das Spiel, das ich erwartete,

Sollt ich nun selber bringen.

 

Alles legtest du und dich zurück auf bunte Kissen,

Deine Kleider taten sich

Als Schmuckkassette vor mir auf.

 

Du irrtest dich.

Ich wollte mich nicht mit dir schmücken,

Und ich dachte nicht an Raub,

Nicht an Verkauf,

Nicht an Besitz

Und schlug mit der geballten Faust,

Das Giebelfenster ein.

So, und nicht anders

Wollte ich in dir an dich gelangen.

Blutig wurde meine Hand.

 

 

Du hattest später einen Traum,

Der, sagtest du,

Hätt dir den Aufenthalt

In einer Anstalt aufgezwungen.

Dort hätt man dich wochenlang

Zur Heilung einer Wunde,

Die du selbst nicht sahst,

Die du, so sagte man, nicht sehen konntest,

Festgehalten.

 

 

 

Einmal wollte ich dich lieben,

Und ich dachte,

Dass man immer und für alles

Einen Schlüssel brauchte,

Und ich dachte dabei nicht ans Öffnen,

Sondern ans Verschließen,

Und ich kaufte bunte, selt'ne Blumen,

Die man nur aus Märchen kannte,

Kaufte Blauaurikel und vermischte sie

Mit Weißmaiglöckchen,

Um sie dir zu schenken.

 

 

Dann kam ich zu dir.

 

Du sahst mich und du sahst

Den Wunsch an mir

Und sahst die Blumen an

Und sagtest, noch in deiner Tür, zu mir:

"Man darf nie Märchenblumen

Miteinander mischen.

Sieh, sie lassen schon die Köpfe hängen,

Können sich selbst nicht ertragen,"

Und du trenntest sie,

Dass sie sich nicht mehr sahen,

Stelltest sie in ganz verschied'ne Vasen,

In verschied'ne Räume.

 

 

Deinen Schlüssel hattest du

Ganz sorglos, unbedarft,

Im Schloss

Von außen stecken lassen.

 

 

 

Denken, sagst du,

Ist dem Träumen nahe.

 

Denken träumen,

Ist das Sagen, das man niemals sagt,

Von dem man wenig,

Meistens gar nichts weiß.

 

Ich denke oft in dir,

Das weißt du nicht,

Und denke, wie es ist,

Wenn ich mir nahe bin in dir,

Und träume so vom Denken, meinem Denken.

 

 

Das könnt ich dir sagen,

Und ich sage nichts,

Weil ich zu wenig davon weiß,

Und dich dagegen, habe ich in mir ertappt,

Du kanntest dich, das hast du zugegeben,

Sehr gut aus.

Du warst nicht zu vertreiben,

Und ich sah es ein, bevor ich daran dachte,

Und du bliebst,

Gingst aus aus mir und ein

Und fort und kamst zurück.

 

 

Ich fragte dich, so arglos ich nur konnte,

Nach mir aus.

Du sagtest gleich:

"Es ist mir jetzt ganz klar,

Auf dich kann ich nicht bauen,

Ich vertraue nicht auf dich.

Du bist ein Zufall,

Der für mich begehbar ist

Und bist mit gar nichts zu erreichen,

Und ich selbst bin dir ganz fremd.

Du würdest mich,

Wenn du mich wieder fändst,

Noch nicht einmal vermissen."

 

 

 

Wir schrieben an dem Buch

Der Eingeständnisse.

Es war ein Buch,

Das wir gemeinsam schrieben.

 

Jeder trug dort streng geheim

Auf eine Seite,

Die der andre niemals würde lesen dürfen,

Das Geständnis ein,

Mit dem man ihn, den anderen,

Betrog, belog, betrogen und belogen hatte,

Ihn belügen und betrügen würde.

 

 

 

Jeder wusste von den Eingeständnissen

Des anderen

Und kannte keines.

So gesehen,

War ein Eingeständnis

Auch Geheimnis, das man offenbarte.

 

Jeder machte sich zum Detektiv

Und lauschte auf verräterische Einzelheiten.

 

 

 

Dir entlockte ich nicht viel,

Es war auch nicht der Rede wert

Und war nicht mehr,

Als dass du dir die wahre Freiheit wünschtest,

Dass du dir in dir die wahre Freiheit,

Wie du sie versehentlich beschriebst,

Bewahren wolltest,

Und sie wäre ein Betrug an mir,

Die Beute eines Raubzugs,

Den du immer wieder durch mich machtest.

 

In dem Buch,

An dem wir beide schrieben,

Konnte Schrift,

Wie wir sie schreiben, lesen konnten,

Gar nicht haften.

 

 

 

Um dich schlugst du Decken,

Und du frorst.

Im Zimmer war ein neuer Schnee gefallen,

Der lag überall.

 

Du wusstest nicht wohin mit dir,

Und sagtest so:

"Die Kälte, die ich in mir trag,

Bricht nun heraus.

Was soll ich machen?"

 

 

 

Ich sah dich normal gekleidet

In demselben Zimmer sitzen,

Und du sprachst mit mir

In einer zweiten Sprache ganz wie sonst,

Als wäre nichts geschehen,

Und wir unterhielten uns

Und tranken ein Getränk dazu

Und froren nicht

Und lebten in der Kälte

Und dem Eis des Raumes.

Eis und Kälte brachen ständig neu aus dir.

 

 

Als Kind,

Das fiel mir noch als Warnung ein,

Hieß es für mich,

"Du darfst mit deiner Zunge

Nie am Eis des kalten Türgriffs lecken."

Das erklärten die,

Die die Erfahrung hatten.

"Schlimm," so sagte man,

"Sind die Verletzungen," und auch,

"Es ist kein Unterschied zu spüren,

Zwischen dem Erfrieren

Und im Eis verbrennen.

 

 

 

Einmal tatst du so zu mir,

Als hätte man dich grad verlassen,

Und ich sei der nächste.

 

Nicht, dass du dich irgendwie verkauftest,

Sondern mit den Augen

Winktest du noch einem Schatten nach,

Den ich nicht sah,

Und ließt mich warten;

Dann zu mir:

"Nun bist du fort

Und bist doch grade angekommen."

 

 

Wirklich, dachte ich,

Vor ihrer Tür ließ ich mich immer sein

Und überließ mich ihr und mich

Und machte einen Zeitpunkt mit mir aus,

Dann würde ich mich wieder holen,

Und ich dachte auch,

Als Frau hat sie ja Augen,

Die durch Wände sehen können,

Außerdem sieht sie an mir,

Dass ich der Falsche bin.

 

 

Der andere würd sie sich nicht

Mit einem Andren teilen wollen,

Und sie fragte mich danach

In schwacher Neugier aus:

Sie würde mich doch gerne

Kennen lernen wollen.

 

 

 

Ich möchte dir

Von dem Gespräch erzählen,

Dass ich mit mir hatte.

Das ging so:

"Auf meine Schulter

Setzte sich dies sanfte Wesen,

Setzte sich ein Schmetterling.

 

Es war kein Schmetterling,

Wie du ihn kennst,

Es war vielmehr ein Sandbild.

Das bestand aus Farbsand,

Der war eingesperrt in eine Flüssigkeit

Und die bewegte sich als "Malerei"

In einem Doppelglas,

In einem "Bildmobil",

In einem Zwischenglas,

Das war zu drehen,

Und mit jeder Drehung

Floss das Bild ganz anders

Und ganz neu zusammen.

 

 

So, in dieser Art,

War jener Schmetterling auf meiner Schulter.

 

Sage mir,

Der ich ja du bin,

Was das ist,

Damit ich dich

Und damit mich verstehe."

 

Darauf sagte ich zu mir:

"Das, was du fühlst,

Machst du dir sichtbar,

Dass du es begreifen kannst

Und kannst und darfst es nicht begreifen.

Was du siehst und sehen kannst,

Ist unsichtbar,

Weil es nur eine Sehnsucht ist.

Noch ist sie bunt

Und voller Farben,

Lässt sich unter deinen Händen drehen.

 

 

Eines Tages aber wird das Wesen

Eier legen wollen,

Um sich fortzupflanzen,

Und es wird von dir Besitz ergreifen wollen,

Und es wird sich dir

Als Todessehnsucht zeigen

Und erkenntlich machen

Und in Trauerkleidung gehen."

 

 

 

Am andren Morgen sagtest du:

"Nun ist mein Tag

Nur ein Gerippe.

Alles ist verzehrt,

Und ich bin müde,

Denn von dir bekomm ich keinen Schlaf.

Du frisst die ganze Nacht an mir

Und schläfst dabei

Und zehrst mich auf

Und meinen neuen Tag dazu,

Und meine Kräfte lassen nach."

 

 

 

Das, dachte ich,

Hab ich mir nicht verdient

Und dachte auch,

Wovon ernährt sich denn ein Mensch,

Wenn nicht von andren Menschen,

Und ich dachte, dass ich dir

Von mir gegeben hätte

Und war im Gewissen ruhig, ausgeglichen,

Bis zu diesem Augenblick,

Als du so heftig an die Waage stießt.

 

 

 

Aus einer der zwei Schalen

Fiel mir meine Welt zu Boden.

Plötzlich war sie faul,

Ein Apfel der im Ausschlag lebte

Und im Aufprall gleich zerplatzte,

Durch und durch

War er schon braun durchzogen.

 

Was kann ich, ein armer Fresser,

Gegen meinen Menschenhunger machen,

Der stillt sich nicht von allein.

 

Ich kann mich zehnmal selbst zerfleischen

Und von mir verspeisen lassen.

Das bringt gar nichts ein.

Das ist doch ganz umsonst.

 

 

 

Diese Nacht hab ich im Schlaf

Geschrien,

Und dich hatt ich als Wache

An mein Bett gestellt,

Du konntest ruhig schlafen.

 

Du warst mir im Schlaf das Nadelkissen,

Das war voller Stiche,

Und die waren mir zugleich die Spitzen

Eines Nagelbrettes,

Das lag unter mir.

 

 

 

Du wecktest mich

Und riefst mich,

Das war auch im Schlaf

Und konntest so nicht helfen,

Und ich wünschte nur,

Dass du mich wecken, retten würdest,

Denn ich tat im Schlaf,

Was ich nicht machen wollte,

Und ich brauchte einen Rückruf.

 

 

 

Morgens sprachen wir im Aufbruch

Über diese Nacht.

Ich konnte mich sehr gut erinnern,

Und ich sagte nichts,

Und du warst mit Vergleichen

Schnell zur Hand:

"Dir bin ich als ein Nadelkissen

Halt und immerzu Vergessen,

Und du selbst quälst dich auf einer Nagelbank.

 

Dein Schlaf ist Tag,

Und deine Tage sind die Nächte,

Die verbringst du mit der

Augenbildermalerei und mit dem Denkbaren,

Und nachts kämpfst du

Um deren Wirklichkeit

Und Wahrheit."

 

 

 

Man brachte einen

Königlichen Stuhl herein.

Sonst war das Zimmer leer.

 

Die junge Frau stand auf der Leiter,

Und mit einem breiten, schweren Pinsel

Weißte sie die Wand.

 

Wir waren in der Zelle.

Schlampig war die Frau gekleidet,

Und der Kittel, den sie trug,

War viel zu kurz.

Die Knöpfe, vorne,

Waren nicht ganz durch geknöpft,

Man hätte sich an ihr vergehen können.

 

 

Sie,

Die Leiter,

Weiße Farbe,

Königlicher Stuhl

Und ich

In dem Gefängnis, in der Zelle.

 

So, denk ich, verhalten sich die Gegenstände

Hinter unsrem Rücken.

 

 

 

Wär ich ich,

Hätt ich die Frau doch angesprochen

Oder umgekehrt.

Es krönten sich die Dinge selbst,

Wir mussten helfen

Als die Diener unter einer Dienerschaft.

 

Viel früher schrieb ich einmal

Von den Göttern,

Die man in Gehegen hielt.

Mit deren Augen

Sah ich dieser jungen Frau

Ins Tun.

 

 

 

Der Augenblick des Handelns war vorbei,

Nun war der Augenblick des Denkens,

Und ich dachte nur an mich.

 

Ich hatte mich erschossen.

 

Autohupen um mich her

Kam näher,

Also war ich in Gefahr.

 

Sofort darauf: Klaviermusik.

Es hatte eine Kneipe in mir aufgemacht,

Und ernstes, schönes Spiel

Drang durch den Eingang.,

Eingelagert in die Sprache,

Die ich sprach,

Die wurde fremd, zur fremden Sprache.

 

 

Meine Frau, denk ich,

Liegt schon im Bett

Und fürchtet sich vor mir:

"Nun wird er kommen,

Oder ich hab heute Glück,"

Sie wird nicht um mich weinen,

Und sie weint nicht mehr um mich.

 

Die festen Treppen fließen plötzlich doch.

 

 

 

Ich hätte an die Blumen denken sollen,

Das hab ich versäumt,

Und denke an den Krieg,

Der ist ein schlimmes Unkraut,

Und ich denke an die dumme Schläue

All der Menschen,

Die den Wildwuchsgarten halten,

Die sind immer außerhalb des Zaunes.

 

In der Hosentasche suche ich nach einem Tuch

Und greife in die Wurzeln,

Die sind bis hierher gekommen.

 

 

 

In dem Autofach

Liegt eine Folie,

Die ist dünn und superfest

Und reflektiert in Gold,

Das ist die Rettungsplane.

Die ist klein, wenn sie gefaltet ist,

Und ich umfasse sie mit einer Hand.

 

Du möchtest sie benutzen,

Weil es regnet,

Und du denkst an deine Haare

Und dass das ein Notfall ist.

 

 

Du möchtest mit der Plane auf dem Kopf

Den Wagen schnell verlassen

Und planst diese Rettung, das ist deine Rettung,

Und du bist geschickt

In dem Entfalten.

 

Hier im Wagen ist sehr wenig Platz,

Und deinen Notfall planst du ganz alleine,

Und ich helfe nicht dabei

Und seh dir zu.

Dann springst du aus dem Fahrzeug,

Das steht still.

 

 

Ich höre Regentropfen

Zweierlei Geschlechts.

Geräusche dringen durch das Dach

Und durch die Fensterscheiben.

 

Du bist schneller fort

Als dich die Not erreichen könnte.

 

Meine Scheibenwischer lass' ich laufen,

Und du bist ein Gold umhüllter

Regenball,

Der tanzt um Pfützen und bringt sich voran.

 

Im Notfall ist dir alles recht.

Du hättest auch für Sonne einen Einfall.

 

 

 

Einmal sprach ich ganz normal mit dir

Und dachte an die Kunst,

Die wir für uns entdeckten,

Und die doch schon vor uns war,

Und du erzähltest,

Dass es diese beiden Menschen gäbe, außer uns.

 

 

Der eine hätte eingestanden,

Dass er nicht verstehen könnte,

Was ich sagte und wovon ich redete,

Und alles gäbe wohl ein Bild,

Doch bliebe alles unklar,

Und der andre Mensch, so sagtest du,

Fänd diese Bilder

Als die eignen in sich wieder,

Nur dass sie vor mir nicht dort gewesen wären,

Und es wäre fast wie eine Sucht für ihn,

Dass er auf neue Worte von mir hoffte,

Um in sich in die Verliese

Einer unbekannten Galerie zu kommen.

 

 

"Ich," so sagst du,

"Habe selten Zugang,

Ich," so sagst du,

"Gehe hinter deinen Worten,

Und ich sehe über deine Schulter,

Ob du einen Spiegel trägst,

Dass ich dich sehen kann,

Dass ich dir glauben kann,

Dass ich mir glauben kann,

Dass du es bist,

Der vor mir geht."

 

 

 

Ich schenkte dir ein Haus

Aus Glas,

Das war sehr klein

Und hätte grade ausgereicht für zwei.

Das sagte ich dir aber nicht,

Weil ich erst wissen wollte,

Ob du es auch ohne mich bemerken

Würdest.

 

 

 

Übers Glashausdach

Zogst du gleich ein Gewächs,

Das Schatten gab.

Die Wände und die Türen

Überwucherten mit Pflanzen,

Die sofort in Blüte standen,

Und du blühtest selbst mit diesem Haus

Zu einem Glasgewächs,

Dass ich dir wortlos

Meine Küsse auf die Rücken deiner Hände legte.

 

 

Einmal sagtest du dazu:

"Das Haus hat Glück gebracht,

Ich danke dir.

Wir sind darin

So glücklich wie noch nie.

 

Es ist gerade Platz für zwei darin,

Sonst würde ich dich zu uns bitten,

Aber so

Bin ich mit mir bei mir,

Wir füllen alles aus."

 

 

 

Den Meisten, die daheim sind,

Wird das Heim nicht Heim.

 

Ihr Heim ist dort,

Wo sie nicht heimisch sind

Und quälen sich mit irgendeiner Quälerei,

Die hinterlässt kein Wohlgefühl,

Und die Gedanken, die du hast

Und über die du sprichst,

Sind dir, die nie das Heim verließ

Und nie verlässt,

Ein Heimatland, in das du fliehst.

 

 

 

Dir ist das "Ding" des Mannes,

Wie du’s für dich nennst,

Nicht oft genug im Leib,

Und über jegliches Detail

Weißt du Bescheid

Und sprichst in einem Atemzug davon,

Wie "göttlich" sich das alles

Ineinander fügt

Und denkst dabei:

Wie lange hält es an,

Wie lange hält er an,

Und dann denkst du:

Du bist sein Heim

Und hoffst, dass er dir Heimat bleibt,

 

 

Und er darf dich nicht beißen,

Und du schiebst ihm seinen Mund

Von deiner Brust,

Und er lässt dich nicht herrschen über dich,

Und du schreist auf im Schmerz

Und denkst:

Die Schmerzen einer Frau sind fürchterlich

Und selten körperlich,

Und heimatlos sind die,

Die in der Heimat sind,

Und schmerzlos sind,

Und viel zu oft machst du's dir selbst.

 

 

 

Nun stehst du ganz in weißen Blüten,

Stehst in weißen Blüten,

Deren Ränder einen rosafarbnen Schimmer tragen.

 

Ich steh unter dir

Und seh hinauf

Und könnte dich mit einer schnellen Drehung

Wieder unter meinen Körper bringen

So, wie ich dich eben

In die Höhe hob, dass du nun auf mir liegst,

So bist du machtlos,

Wenn ich dir die Macht geb,

Über mir zu liegen.

 

Und du fühlst dich auch nicht wohl

Und stützt dich ab

Und liegst auf mir.

 

 

Es sind im Jahr nur ein paar Tage,

Die du so in Blüte stehst.

Du selbst bleibst fest im Boden,

Und ich klettere auf deine Äste,

Um den Blüten nah zu sein.

 

Sie strahlen Sonnenwärme aus,

Und einen eignen Duft

Entdecke ich auf deiner Haut.

 

Die andre Frau,

Die auch Gedichte schreibt,

Ist mir im Ohr.

Man hat sie für die Schreiberei verhaftet.

Die würd über meine fade Lyrik lachen.

 

 

 

Sie kämpft gegen Politik und gegen Schwachsinn,

Gegen Menschenfresserei

Und gegen Strahlensterben.

 

Unter einem andren Blütenstamm

Steht noch ein Mann,

Der ist nicht alt

Und ist doch halb gelähmt,

Gestützt auf einen Stock,

Und völlig hilflos

An den Baum gelehnt.

Den holt man nicht mehr ab.

 

 

 

Ich hatte es nun so oft angesprochen,

Dass es unaussprechlich wurde,

Ja, es war zum Unaussprechlichen an sich

Geworden.

 

Nun, da ich es dir beschreiben möchte,

Und da ich es andren zeigen möchte,

Nun, da ich das Unaussprechliche

Aussprechen möchte,

Ist die Chance vertan.

 

Was bleibt, ist der Verzicht.

 

Ein Beispiel:

Ich schau aus dem Zugabteil.

Die Züge fahren hier in schneller Folge.

 

 

Auf den Bahnsteig

Eilt ein junges Mädchen,

Um den Zug noch zu erreichen,

Und es hat gar keinen Abstand zu sich selbst.

Das wird so bleiben,

Nirgends wird es seinen Abstand halten.

 

Und bei mir Zuhause

Wird an einem Feiertage Staub gesaugt.

Die Ruhe dieses Tages

Habe ich gekauft

Und mir Gedanken aufgehoben.

Nicht einmal von ihnen

Hält man Abstand,

Und der Lärm der Reinlichkeit

Saugt die Gedanken auf

Und jagt mich auf den Haublock einer Richtstatt.

 

 

Nichts hab ich verbrochen,

Und ich flehe diesen Henker an,

Der Feiertags nicht köpfen darf,

Doch heute ausnahmsweise seines Amtes

Schnell zu walten.

Der vertröstet mich auf morgen.

 

 

 

Wir machten eine Reise.

 

"Das," so sagtest du, "stimmt nicht,

Denn es ist nur im Traum gewesen,"

Und ich konnte mich auch nicht erinnern.

 

Dir im Traum

Lag ich im Schlaf,

Und du warst um mich her

Mit Reisevorbereitungen beschäftigt,

Und die Koffer hattest du gepackt

Und hattest über alles nachgedacht

Und auch an mich gedacht

Und an die Zukunft.,

Und ich fragte nach,

Weil ich auch an die Zukunft dachte,

Und du zeigtest mir die Liste

Aus dem Traum,

 

 

Die hattest du im ersten Wachen abgeschrieben,

Weil es doch viel Zeit ersparte,

Und die Liste war perfekt und fehlerfrei,

Und nichts, fandst du heraus,

War frei geblieben,

Und du hattest, das gestandst du noch einmal,

An mich dabei gedacht,

Und es sei gut,

Dass ich im Schlaf gewesen sei,

Obwohl du wusstest, dass es doppelt Schlaf,

Mein Schlaf in deinem Schlaf

Gewesen war.

 

 

Als ich dann aufstand, einfach ging,

Riefst du mir etwas nach.

 

Mag sein,

Dass du den Traum

Noch immer träumst.

 

 

 

In dir war eine "gute Stube",

Und ich durfte sie betreten,

Als ich dich besuchte.

 

Du, so sagtest du,

Würdst auch gleich kommen,

Und du seist ja ohnehin

Schon rundherum und um mich her.

 

 

In deiner "guten Stube"

Suchte ich sofort nach dem,

Was "gut" war an der Stube,

Und es herrschte Sauberkeit,

Und eine Reinlichkeit bewegte sich

Als schwere Flüssigkeit,

Die, einmal in Bewegung, nicht mehr still stand,

Sie bewegte sich als kleines Meer,

Das pausenlos mit seiner Brandung

An die Wände schlug.

 

Dort hingen Bilder,

Die, sich selbst genug,

Nichts mehr bebilderten.

 

 

Ich fand das "Gute"

Dieser Stube nicht

Und hob den Teppich an,

Sah unter einen Tisch

Und unter jeden Stuhl.

Ich drehte eines dieser Bilder um

Und stieß auf eine dieser Fragen,

Die galt mir, die war von dir,

Die maßtest du dir an:

"Denkst du, selbst unter Gegenständen,

An die Sehnsucht zwischen Mann und Frau,

Bist du, in mir, mir noch nicht nah genug?"

 

 

 

Du erinnertest dich noch ein Mal

An deinen Traum,

In welchem wir auf Reisen waren

Und in welchem du um meinen Schlaf herum

In Wachheit reistest

Und die Koffer packtest

Und den neuen Gästen sagen musstest,

Dass sie sich gedulden müssten:

"Unser Zimmer wird gleich frei.

Ich packe schon,

Und meinen Mann möcht ich

Noch schlafen lassen,

Weil er nicht in Wahrheit schläft.

Er schläft in meinem Traum,

Den kann ich nicht so einfach enden lassen."

 

 

Ja, ich konnte mich erinnern.

Heute fiel mir alles ein.

 

Ich lag in deinem Traum im Schlaf

Und kam mit dir an deine Tür, an unsre Tür,

Um einzuziehen,

Denn es war ein Zimmer im Hotel,

Das durften wir beziehen,

Und ich kam, um mich zu wecken

Und kam nicht an dir vorbei,

Und du und diese Frau

An meiner Seite

Wurden eins.

 

 

 

Ihr wart geschickt mit mir,

Dass ich sogar vergessen konnte.

 

Jetzt erst fällt mir alles wieder ein.

 

Ich seh mich immer noch

Im Schlafe schlafen

Und in deiner Tür.

 

 

 

Gestern war es, als ich sah,

Dass du den Eintrag machtest.

Ich nehm an,

Es ist dein Tagebuch gewesen,

Das vor dir und aufgeschlagen lag.

 

Du schriebst direkt aus deinen Augen ab.

Die lagen gleich daneben.

Deshalb sprach ich dich nicht an,

Du hättest mich im Schreiben

Und im Lesen, wie du schriebst

Und wie du last, nicht sehen können.

 

Meine Tagebücher schrieb ich anders.

 

 

Meine Augen gingen dann

In mir verloren,

Und ich hatte oft sehr lang damit zu tun,

Sie wieder zu entdecken,

So wie jetzt.

 

Ich war zu nah an dich geraten,

Und sie hatten uns verwechselt.

Du schriebst also von mir ab,

Durch meine Augen sahst du ein Erleben,

Das hieltst du für deines,

Und last nach.

 

 

Ich sah nun wie viel mir

Durch dich verloren ging

Und sah auch ein,

Dass es in einer Richtigkeit geschah,

Die ließ uns das Gemeinsame gemeinsam werden,

Ohne uns noch mit uns zu vergleichen,

Und ich sah umsonst auf dich durch deine Augen.

 

 

 

Morgens....

Dann kommst du dazwischen...

Ich geh gleich.

Die Tür ist zugesperrt,

Ich kann nicht fort.

 

Dann komm ich eben heim.

Du kommst dazwischen.

 

Nun, dann geh' ich durch dich durch.

 

Du hältst den Rock dazwischen:

"Nicht am Morgen," sagst du,

"Nicht schon wieder".

 

 

Ich steig auf das Dach.

Es geht nicht weiter.

Du stehst hinter mir:

"Du bist verrückt.

Komm gleich zurück."

 

Ich komm' zurück.

Du stehst auf meinem Weg nach unten.

Das ist ungerecht,

Und wäre nicht dein kleines Haus

Mit Menschen angefüllt,

Ich zählte dich allein schon dreimal,

Mich genauso oft,

Und von Sekunde zu Sekunde wächst die Anzahl.

 

 

Wäre dieses kleine Haus

Nicht mit uns angefüllt,

Dass ich mich dauernd vor mir

Bloßgestellt und ausgezogen schämen müsste,

Würde ich dich auch am Morgen

Auf der Treppe nehmen,

Und du hieltest nicht den Rock

Und dich dazwischen.

 

 

 

In dem Haus stand immer schon

Die Kiste,

Ganz und gar aus Kampferholz gemacht.

Man hatte nie hinein geschaut.

 

"Die Kiste ist ganz leer

Und was sie aufbewahrt,

Ist eine dumme Weisheit,"

Und man lachte über eine

Unbekannte Klugheit.

 

Du hast mich gezwungen, ohne es zu wollen,

Eine Neugier auszuüben,

Und du sagtest so:

"Die Frage nach dem Sinn des Lebens

Ist die Frage nach dem Un- Sinn,

Und wer gibt schon gerne zu,

Dass er im Un- Sinn lebt,

Und dass es zwischen Sinn und Un- Sinn

Keine Grenze gibt,

Wer gibt schon gern sein Leben

An die Kunst."

 

 

Ich musste also jene Kiste öffnen.

Ja, du wusstest über ihre Existenz

In mir Bescheid.

 

Sie war fast leer,

Und auf dem Boden lag ein Zettel,

Darauf stand:

"Mein Leben ist Erlaubnis,

Und den Keim des Todes darf ich in mir tragen,

Als die Garantie dafür."

 

 

 

Ich sagte nichts davon zu dir,

Du fragtest auch nicht nach.

Viel später erst kamst du darauf zurück.

Es war auf einer Autobahn,

Die wir befuhren

Und mich überkam totale Freiheit,

Mehr als das Gefühl, war es schon Existenz.

 

Du sagtest später von dir selbst:

"Ich war im Irrtum,

Denn ich dachte doch sekundenlang,

Dass ich allein im Auto säße.

Auch den Wagen lenkte niemand."

 

 

 

Deine Kunst war so:

Du sahst den Menschen auf den Mund

Und tatst, als sprächen sie mit dir,

Das schriebst du auf.

 

Von mir schriebst du:

"Ich ging Versteinerungen zu begießen,

Und ich traf auf seinen Mund,

Der war aus Stein.

Die Formen waren deutlich zu erkennen,

Und er sprach auf seine Art zu mir.

Ich sah, wie schlimm

Er unter der Behinderung zu leiden hatte.

Wasser brachte nichts bei ihm;

So resignierte ich zum Schluss,

Ich war zu spät gekommen.

 

 

Lange rief er mir noch nach."

 

Sie schrieb die Wahrheit.

Alle ihre Briefe

Ließ ich ohne Antwort liegen,

Weil ich keine Anschrift hatte.

 

 

 

Die war auch

In meinem Mund verschlossen.

 

 

 

Also, dachte ich,

Es ist die Müdigkeit in dir und gähnte,

Und es kam ein Mann,

Den kannte ich schon lange.

 

Beide fuhren wir in einem Zug,

Und alles dauert nur wenige Sekunden.

 

"Gähnen", sprach er,

"Ist ein Zeichen höchster Spannung,

Die verbraucht den Sauerstoff,

Und das bewirkt den Hunger nach der Luft."

 

 

Er hatte Recht.

Ich lebte in dem Neugefühl

Der Solidarität mit Dingen,

Und ich hatte die Verfremdung

Hinter mir gelassen,

War in eine Fremde vorgedrungen,

Die nur noch aus Gegenständlichkeit bestand,

Aus Sachzwang.

 

Dieser Mann war als Gefahr für mich

Auf meinen Weg gestellt.

Ich sagte so:

"Ich bin nicht ich,

Ich fürchte, Sie verwechseln mich mit mir.

Ich kenne niemanden wie Sie."

 

 

Der Mann zog sich zurück

Und sah in einem fort zu mir.

 

Ich musste noch ein wenig warten.

Alles dauerte, das sagte ich, Sekunden.

Dann sprang ich so hoch es ging

Und warf mich auf den Boden,

Dass ich überall zerbrach. Nun konnte er mir glauben

Und dem eignen Irrtum.

 

Meine Scherben

Ließ ich liegen.

Niemand würde sich bekümmern müssen.

 

 

 

Es war ein Wort,

Das ich verloren hatte.

 

Alles hätte ich verlieren dürfen,

Und von allem

Konnte ich mich leichten Herzens trennen,

Nur nicht von den Worten.

 

Jedes Wort, das von mir ging,

War an den festen Platz gestellt

Und hatte dort zu bleiben.

So war meine Wortschar eine Einigkeit,

Die lebte von der Nachbarschaft,

Und jede Nachbarschaft war unersetzlich,

Und es fehlte nun ein Wort.

 

 

Von dir erfuhr ich folgendes:

"Das was du denkst

Und deine handgeknüpften Teppiche

Sind mir zutiefst zuwider,

Und ich mag nicht sehen,

Wie du daran arbeitest

Und mag nicht sehen,

Wie du diese Art der Netze spinnst,

Und was du damit einfängst,

Kann nichts taugen."

 

 

 

So ging mir das Wort verloren.

 

Auf dem Weg durch meinen Mund

Ging mir mein Wort verloren,

Sonst hätt ich doch irgend etwas

Zu dem Vorwurf sagen,

Dir entgegnen können.

 

So gefährlich war es also,

Wenn man mich in Frage stellte.

 

 

 

Wir hatten uns getroffen

Fragen auszufragen.

 

Später saß ich in der Bahn.

Die Leute neben mir

Besprachen den Erfolg.

 

Ich hatte dich vor Augen:

Deine Technik, eine Armbanduhr,

Verzierte eine dünne blaue Ader,

Die lief fort aus dem Gehäuse,

Über, unter eine blasse Haut,

Verzweigte sich

Und schimmerte als Flüsschen,

Das aus größter Höhe sichtbar wurde,

Unter unberührtem Sand.

Ich sah bis auf den Grund.

 

 

Von hier, aus meiner Höhe,

Sah ich auch auf ein Gebirge, das sich anschloss.

Eine unbekannte neue Sonne

Tauchte alles in Türkis

Und zündete in einer Meeresbucht

Ein Leuchten an.

 

Nun hörte ich,

Dass du mir Fragen stelltest,

Und ich hörte meinen Mund,

Der redete und redete und sprach von mir.

 

 

 

Es war doch leider so, das warf ich ein,

Dass ich von mir nur reden konnte,

Wenn ich von mir sprach.

 

Dann, als wir draußen waren,

Musstest du dich schützen,

Und vor eines deiner Augen setztest du,

Um nah an mir zu sein, ein Teleobjektiv.

Das andre Auge sah nach innen.

Dort begegnete ich ihm ein zweites Mal.

 

 

 

Ich hatte es notiert:

Zwei Tage waren in der Wahl.

 

Du drehtest dich vor mir

Und zeigtest deine Vorderseite,

Dann den Rücken,

Und du blicktest bei der Rückenschau

Nicht zu mir hin.

Ich bat dich noch einmal zurück

Und wieder so,

Dass du dich von mir wandtest.

 

Eingestehen müsste ich dir,

Welches meine Vorderseite ist.

 

Zwei Tage waren in der Wahl.

 

 

Du hattest nicht zu wählen,

Und du fragtest nicht.

Dann hattest du mich überzeugt.

Es war dir gleich,

Und den Betrug verstandst du nicht

Und ludst mich einfach zu dir ein.

 

Mit mir, so sagtest du,

Sei alles in der Ordnung,

Und ich hätte,

Weil ich doch im Vorrecht wäre,

Freie Wahl.

Noch einmal zeigtest du dich

Von den beiden Seiten.

Jeder Unterschied war nun verschwommen.

 

 

Du, ein Kreisel, drehtest dich vor mir.

Ich rief dir zu:

"Stütz deine Hände in die Hüften,

Das bringt Sonne."

 

Alles machtest du für mich

Und glühtest auf.

Nicht anzufassen war die freie Wahl an dir.

 

 

 

Ich sah es selbst:

Die Worte lebten in den Jahreszeiten.

Allerdings vergingen die in einer Reihenfolge,

Die ich nicht verfolgen konnte.

 

Was ich heut

Im Frieden zu dir sagte,

Löste morgen eine kriegerische Wolke aus,

Die legte sich auf deine Stirn,

Und Sturm und Regen

Schleuderte dein Mund.

 

 

Zu andrer Zeit riss dir dasselbe Wort

Den Sonnenvorhang auf,

Dass ich vor dieser Plötzlichkeit erschrak.

 

Vor Jahren hatte ich gelesen,

Dass sich Künstlerinnen die Vaginen

In Keramik nachgebildet hatten,

Sie in Tellergröße brannten

Und dann einen Tisch mit ihnen deckten.

 

 

 

So gedachten sie einander,

Denn es waren auch auf den Servietten

Frauennamen eingestickt.

 

Das Kunstwerk nahmst du an.

"Es war symbolisch," sagtest du, "gemeint."

 

Ich dachte an die Küsse,

Die für deinen Schoß gesammelt waren.

 

Sie verbrachten deinetwegen

Einen dummen Herbst

In meinem Mund.

 

 

 

Ich halte eine Uhr in meiner Hand.

Es ist nicht eine Uhr,

Wie du sie kennst,

Wie ich sie kenn,

Es ist das Schwimmen

Ohne Vorwärtskommen in dem Sand,

Es ist nur ein Gefühl

Und wird zum Zeitgefühl

Und wird zu dem Gefühl der Zeit,

Die lässt sich so berühren.

 

Kannst du anders Zeit berühren,

Als in der Sekunde,

Wenn sie stehen bleibt?

 

 

Am Frühstückstisch entstand vor dir,

Weil wir so nah am Fenster saßen,

Dieses Hinterglasportrait,

Die Spiegelung von dir,

Die zeigte dich ganz anders.

 

Warum hatte ich dich niemals

Hinter Glas gesehen,

Niemals richtig hingeschaut.

 

 

 

Mir fiel auch ein,

Dass du mir einmal zugerufen hattest:

"Sieh dich vor vor meinem Zweitgesicht,

Das hat mit dir zu schaffen."

 

Deine Zeit kam noch von hier,

Und deine Worte waren noch an meinem Ohr,

Doch du warst längst schon

Drüben auf der andren Seite,

Und du lebtest dort.

 

 

 

Du hieltst mir deine Hand entgegen,

Und ich sah,

Und ich erschrak,

Dass dir ein Finger abgetrocknet war,

Ich sollte ihn entfernen:

"Er ist abgetrocknet,

Brauchst ihn mir nur abzubrechen."

 

Niemals würde ich mich so an dir vergeh'n

Und sagte:

"Gleich, ich komme gleich dazu.

Ich muss noch einiges bedenken,"

Und ich dachte über das Geschehen nach.

 

 

Der Finger war vielleicht ein Anfang,

Später käme dann die ganze Hand,

Der Arm, ich weiß nicht, was noch alles,

Und die Trockenheit

Vermochte dich vielleicht ganz auszutrocknen.

 

Andrerseits, so dachte ich,

War ich vielleicht grad aufgewacht

Und hatte nichts bemerkt,

War durch den Schlaf verhindert worden

Etwas zu bemerken

Und bemühte mich umsonst,

Ließ mich umsonst bemühen,

Stand vor einem Rest, der sich bemühte,

Vor mir zu verschwinden,

Und ich war zu früh erwacht.

 

 

Vielleicht hieltst du den Finger hingestreckt

Und wolltest mich zur Unbedachtsamkeit

Verführen.

 

Mocht auch sein,

Dass dir ein trockner Zweig

Versehentlich ans Licht gebrochen war.

 

So hielt ich ein

Und dachte auch an meine Schuld dabei.

 

 

 

Ich fand noch einen Fischer,

Der verstand das Netz zu flechten,

Und ich ließ ein Netz, für

"Fischfang", sagte ich,

Von ihm erstellen.

Das bezahlte ich

Und zog es in dem Garten über einen Balken

Und den Balken

In die größte Höhe,

Dass das Netz als Segel senkrecht hing

Und so nichts fangen konnte,

Selbst der Wind stand nicht darin.

 

 

Das Segel, das kein Segel war,

War mir ein Netz,

Das konnte ja nichts fangen.

 

Du verstandst mein Handeln nicht.

Ich sagte:

"Wenn dies nicht die beste Sprache

Für mich wäre, um mich auszudrücken,

Würde ich natürlich eine andre wählen."

 

 

 

Du verstandst mich wieder nicht,

Du zwangst mich also,

Meine Zeichensprache zu ergänzen.

So stieg ich ins Netz

Und blieb in halber Höhe

In den Maschen

Und mit einem Seil band ich mich an

Und richtete mich ein,

So gut es ging.

 

Du dachtest nun zu Recht,

Dass ich wohl alles deinetwegen machte,

Und du sagtest noch, bevor du gingst:

"Ich habe damit nichts zu tun."

 

 

 

Nichts blieb von mir unversucht.

Ich setzte alles, was ich kannte,

Der Versuchung durch mich aus.

 

So ging ich ins Museum,

Ins Theater,

Sang in einem Chor

Und war Familienvater.

 

 

 

Das Museum blieb Bewahrer,

Ich erfuhr nicht ein Geheimnis,

Das Theater blieb mir fremd,

Die Trennung zwischen Publikum und Bühne

War nicht aufzuheben,

Selbst im Chor stand ich als Einzelfall,

Der ging nicht unter in der Menge.

Den Familienvater glaubte ich mir nicht,

Selbst Dokumente, die ich hatte,

Konnten mich nicht überzeugen.

 

 

Meine Wiesen mähte ich mit meinen Füßen,

Und in Steine konnte ich

Ganz ohne jede Mühe beißen.

 

Die Versuchung war sehr groß

Und nützte nichts.

 

Ich sagte immer wieder zu mir selber:

"Wiesen kann man nicht mit Füßen mähen,

Und in Steine kann ein Mensch nicht beißen,"

Und ich gab nicht auf.

 

 

 

Ich stand vor einer Frage.

Die befand sich morgens früh

Auf meinem Weg

Und war mit Händen anzufassen.

 

"Das ist also meine Frage," dachte ich

Und sah zum Himmel.

Dort entdeckte ich zwei große Entenvögel,

Die die Flügel hastig schlugen

Und in spitzen Pfeilen eilten,

Dann ganz unverhofft

Auf einem Spitzdach, einem Giebel, landeten.

 

 

Ich rief zu ihnen:

"Ihr befindet euch im Irrtum,

Euer See kann hier nicht sein."

 

Die Frage brach im Weg zusammen,

Ohne sich gestellt zu haben

Und versickerte im Handumdrehn im Sand.

 

Die Entenvögel flogen plötzlich auf

Und waren fort.

 

 

Ich würde sicher lange warten müssen,

Um der Frage wieder zu begegnen,

Und ich wusste nicht Bescheid.

 

Ich stellte auch den Menschen,

Die mir nahe standen,

Meine Frage nach der Frage,

Ob sie selbst vielleicht....

 

 

 

Ich dachte so:

Wenn einem Menschen etwas fremd wird,

Wird ihm schließlich alles fremd.

 

Ich war in fremder Stadt.

Die war mir fremd gewesen

Schon bevor ich ankam,

Fremd war ich in fremder Nacht,

Ich hatte meinen Alltag nicht verlassen.

 

Ja, die fremde Stadt war Gast bei mir,

Sie war ein Ding auf Wanderschaft,

Ich konnte mich dagegen überhaupt nicht wehren.

 

 

Zwischen Stadt und fremder Nacht

Fiel aus dem Fliederbusch

Der Duft auf mich.

Den kannte ich, der war mir sehr vertraut

Und heimatlich

Und war, wie alle Dinge, in Bewegung.

 

Dinge waren auch die Dinge,

Die nicht dinglich waren.

 

 

 

Sollte man ein Kind,

Das mit zwei Köpfen lebte und gesund war,

Töten?

Viele sagten ja.

 

Ich dachte schnell an mich

Und wie gefährlich meine Liebsten waren,

Wie ich Tag und Nacht durch sie gefährdet war,

Am meisten durch mich selbst,

Durch meinen zweiten Kopf,

Ein Ding,

Das ständig auf der Suche nach mir war,

Um mich mit mir zu jagen.

 

 

 

Einer jungen Frau

Erzählte ich von mir.

Ich fing von vorne an,

Damit sie mich verstehen konnte.

 

Nachher sagte sie, weil sie mich gut verstand:

"Sie haben also meinetwegen

Mit dem Ende angefangen,

Dass ich sie verstehe."

So ertappte sie mich schnell.

 

Ich schwieg und sah durch sie hindurch.

 

 

 

An ihrem Glashaus

Waren keine Risse zu entdecken.

Drinnen führte sie den Haushalt,

Den sie für sich machen musste,

Und ich dachte:

"Sie ist nicht so schlimm,

Dass sie in Tötungsabsicht lebt."

Von außen war sie schön,

Fast lieblich anzusehen.

 

Statt der Antwort fragte ich:

"Wie lebt es sich,

Wenn man in sich alleine lebt,

Wenn man vom Töten leben muss."

 

 

Sie sagte:

"Seien Sie mein Gast,

Das Ende ist vorbei,

Wir sind am Anfang,

Und wir können neu beginnen.

Hinter Glas sieht man uns nicht."

 

Sie hätte mir noch sagen müssen,

Wo bei ihr der Anfang und das Ende waren,

Denn das "Wir"

War sicher eine Falle,

Die sie stellte.

 

 

 

Man gab mir Essen,

Weil ich hungrig war.

Es war ein Essen,

Das ich mir nicht wünschte,

Aber dringend brauchte.

 

Jemand fragte:

"Wo entstehen die Gedanken?

Kann es sein,

Dass sie den Ursprung

Nicht in unsren Händen haben,

Sondern in dem Mund,

In einer Art von Innenhänden,

Die dem Mund so ähnlich sind?"

 

 

Das Essen, das ich nehmen wollte,

Wich mir aus,

War nicht zu fassen.

Jemand reichte einen Teller,

Gab mir ein Besteck,

Dass ich nicht völlig hilflos bliebe,

Doch es nützte nichts,

Das Essen war nicht zu erreichen,

Und ich gab es auf.

 

 

 

Man dachte ich sei satt

Und räumte ab.

Ich hätte mich bedanken sollen, dachte ich,

Und dachte auch, wofür, und sagte:

"Danke für die Speise."

Und man nickte höflich:

"Nein, Sie dürfen uns nicht danken,

Das ist doch nicht richtig,

Sondern wir bedanken uns bei Ihnen,

Denn es war ein gutes, großes Mahl,

Und ausgewählt war jede Speise."

 

So, denk ich,

Entstehen die Gedanken.

 

 

 

Jahrelang hing ich an einem Band.

Das war mir immer lang genug

Und nie zu kurz gewesen,

Gab gelegentlich auch nach,

Und heute hatte man es heimlich

Durchgeschnitten.

 

Neben jenem Schnitt lag noch das Messer,

Das nahm ich in meine Hand.

 

Es sah nun aus,

Als hätte ich den Schnitt getan.

Es wär ein Schnitt an mir gewesen.

 

 

Mit dem Messer in der Hand

Hätt ich nicht klagen können,

Und ich hätte mich auch wegen dieses Schnittes

Nicht beklagen können,

Denn er machte mich ja frei

Und gab mir eine Freiheit,

Die ich sonst nicht hatte,

Eine wahre Ungebundenheit band mich an sich.

 

 

 

"So," könnt man sagen,

"Stelle ich mir meine Freiheit vor.

Man muss doch sehe