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Mann aus Blech und Plastikfrau
Ein dramatisches Bühnenstück in
drei Akten
Glaube - Liebe – Hoffnung
Harald Birgfeld
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Ein dramatisches
Bühnenstück in drei Akten
Glaube - Liebe –
Hoffnung
Harald Birgfeld
Copyright 2019 beim Autor, Harald Birgfeld, alle Rechte vorbehalten.
Kein Teil dieser Veröffentlichung darf ohne schriftliche Erlaubnis des
Herausgebers, Harald Birgfeld, reproduziert werden. Das gilt insbesondere für
Vervielfältigungen, Übersetzungen, Verfilmung und Einspeicherung sowie
Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Herausgeber, Autor,
Redakteur: Harald Birgfeld, e-mail:. Harald.Birgfeld@t-online.de
© 2019
In dem Stück kommen vor:
Ein Ehepaar Ein anderes Ehepaar Eine Freundin Jugendliche Eine dressierte Ratte Ein schwuler Postbote Rezeption, Bedienung |
Er1 Sie1 Sie2 Er2 Fr. JU. „Susi“ Post. Rez. |
Ein Mann aus Blech Seine Frau Eine Plastikfrau Ihr Mann Sehr aggressiv erst menschlich, dann unmenschlich |
Die Bilder in der Reihenfolge:
1.
Akt |
Kein
Triumph Begegnung
und Verwirrung Herausforderung Bedrängnis
und Befreiung Verlockung.
Ein Lied. Einsicht,
Angst, im Park |
2.
Akt |
Liebesgeständnis Kampf
um Wahrheiten Versteinerung Kampf
der Beutetiere Ein
Kartenhaus Erfolgloser
Bote |
3. Akt |
Auf
der Suche. Ein Lied. Ein
Kind? Trennung? Freundschaft? Männerliebe? Männerhass?
Oder Suche
nach der Freiheit? Befreiung
durch Zerstörung? Drei
Träume, Es
soll nicht sein Mord
auf Raten Mord
oder Hilfe zum Selbstmord |
1. Akt,
1. Bild, Kein Triumph
Monolog
Er
1: Meinetwegen könnte, könnte Jesus Weiblich sein. Ich hätte nichts dagegen. Was wär' einzuwenden? Seine Leiden, seine Wunden Würde ich nicht sehen wollen, Sondern den Verlauf des Frauenhaars, Das wäre lang und blond. Hätt' man den Kopf der Frau, als Jesus, kahlgeschoren, Würden meine Augen über ihren ganzen Körper fahren. Meine Augen brennten sich in ihre Züge ein. Sie wäre nach wie vor ans Kreuz geschlagen Und wär voller Leiden, Und für mich voll Leben. Diese Frau als Jesus wär' für mich alleine da. Sie wäre eine ganz besondere Besonderheit. Es wär' nicht sie die litte, sondern ich. Ich litte unter ihr. In ihrem Leib könnt' ich mich wahrhaft Wiederfinden. |
Sonst wär' sie vor meinen Augen Eine zarte Frau. Im Wesen zart , das würde Ausdruck haben. Ähnlich der Pieta Michelangelos, Der Mona Lisa Leonardos. Ja, ich weiß, es hört sich kitschig an. Trotzdem soll man nicht denken, Dass ich mir den Jesus weiblich wünsche, Das wär' falsch. Ich hätte nur dagegen gar nichts einzuwenden. Manchmal denke ich zum Beispiel, Jener Arzt, der mich behandelt, Wäre besser eine Frau. In der Beziehung hab' ich wenigstens an einer Stelle Glück gehabt, Denn jetzt bin ich bei einer Zahnärztin. Ich glaube, sie ist Polin. Sie behandelt mich, Ich meine nicht nur medizinisch, Sondern eigentlich die ganze Art Wie sie sich um mich kümmert, Wie sie mit mir umgeht, |
Also, sie behandelt mich, So, wie ich mich behandelt wünsche: Sie erweckt in mir ein prickelndes Gefühl. Es ist schwer zu beschreiben. So ein königliches Selbstgefühl ist es. Ich könnte mich ihr völlig überlassen. Ein Gefühl der Selbstauslieferung ist es. Sie weiß natürlich nichts davon. Ich
will es so erklären: Sie,
als meine Mörderin, Als
meine Mörderin an mir, Hätt'
leichtes Spiel. Ich
ließe mich von ihr, fast wie gelähmt, Zu
Tode quälen. Der
Gedanke kitzelt mich Und
schüttet eine Wohligkeit auf mich, Die
kann ich nur in Gegenwart von einer Frau Empfinden. Dabei
ist viel Träumerei, ich weiß, Und
trotzdem reicht der Schrecken des Erwachens, Der
dahinter steht, nicht aus, Mich
in die Wirklichkeit Zurückzuholen. |
Eine Gruppe von Frauen
tritt auf.
Alle legen sich auf
den Rücken und spreizen die Beine.
Sonnenlicht fällt in
ihre nackten Schenkel.
Er 1 Frauen haben eine Welt in ihren Händen,
Die ich nie begreifen
werde.
Diese Welt ist maßlos
fern von meiner.
Und je näher sie mir
steht,
Steht sie mir um so
weiter weg.
Ich kann zum Beispiel
diese Frauen nicht verstehen,
Die behaupten, dass
das Leben aus dem
Weltall kommt.
Sie warten so auf
Weltraumsperma.
Das soll sie befruchten.
Diese Frauen. gibt es
wirklich.
Wenn ich richtig
unterrichtet bin,
So wollen sie erst
Frauen werden,
Aber immerhin.
Das Weltraumsperma
soll in ihre Scheiden dringen.
Ist das Dummheit oder
was?
Die Frauen treten
wieder ab.
Er 1 Die Dummheit, wenn es Dummheit wäre,
Stört mich nicht,
Weil ich sie nicht
verstehe.
Nein, mich stört auch
nicht der Glauben ins Geschehen
Oder das Vertrauen auf
Unmöglichkeit.
Mich stört, so glaube
ich, an diesen Frauen,
Dass sie sich so ohne
weitres
Von den Männern wenden,
So, als gäbe es sie nicht.
Eine Nachbildung der
"Dinner Party" (verkleinert) wird hereingefahren.
(Künstlerin: Judy
Chicago) DINNER-PARTY, die riesige Festtafel
aus
Keramik, Porzellan und Textilarbeit, an der für 39 Frauen
gedeckt und an
weitere 999 mit Stickereien gedacht ist.
|
|
|
© Judy Chicago, The Dinner Party, Wikimedia Commons
Er 1:
Ein andres Beispiel für mein Unverständnis Zielt
auf eine Gruppe Künstlerinnen. Deren
Werk mag ich nicht sehen Und
nichts von ihm hören, Aber
es hat überrascht. Um
sich in dieser Männerwelt, Wie
sie bestimmt zu Recht behaupten, Durchzusetzen, Schufen
diese Frauen, einsam und gemeinsam, Ein
aus Ton gebranntes Kunstwerk: "Dinner
Party", Das
als "Fest der tausend Frauen" Namen
aller Frauen trägt, Von
denen man inzwischen weiß, Wie
stark sie waren Und
in fremder und in eigner Sache Kämpften
und verloren, Siegten
und gewannen. |
Dieses Kunstwerk hab'n die Frauen Rundherum mit Kacheln schönster Formen Ausgeschmückt Und damit einen Tisch gedeckt. Was mich nur daran stört, Was sie entblößt und das Intimste zeigt, Das eine Frau doch niemals ohne ihrer
selbst, Wenn überhaupt, Der Öffentlichkeit überlassen würde, ist, Dass diese Kacheln Als ein metergroßes Mosaik Entfremdeter Vaginen anzuschauen sind. Man "isst" aus ihnen. Das versteh' ich schon. |
Doch
bleibt mir dieses Kunstwerk unzugänglich, Fremd,
unnahbar, Und
der Zugang sollte doch natürlich sein. Mich
stört das ganz gewaltig. Andrerseits,
denk' ich, Ist dieses
Stören Absicht? Könnte sein! |
Die Nachbildung wird
hinausgefahren.
Er 1 Wenn ich schon beim Gestehen bin,
Geb' ich auch zu, dass
ich ein Bild,
An das ich nicht zu
denken wage,
Immer wieder vor mir
sehe,
Immer wieder vor mir
habe.
Es steht fest in mir.
Es ist ein
Schreckensbild:
Ich sehe eine
ausgestreckte Hand,
Die einen
abgeschlagnen Frauenkopf
Hoch in die Lüfte
hebt.
Er packt einen
Gegenstand in seiner Nähe, den er demonstrativ
hoch wie an einem
Schopf in die Luft hebt.
Er 1:
Es ist ein glatter Schnitt. Doch
meine Phantasie verbindet unablässig Diesen
Frauenkopf mit irgendeinem Rumpf Und
trennt ihn wieder ab, Verbindet
ihn und trennt ihn ab, Bis
ich in einem Augenblick erkenne, Dass
es sich um keinen mir bekannten Frauenkörper handelt. Jedes
Mal ist es ein anderer. Die Phantasie ist nicht zu zügeln, Und ich will das alles nicht. |
Ein
schlanker Körper, schmale Schultern, Frauen,
die sich bücken, Schöne
Frauennacken ganz besonders, Mit
ein wenig Flaum, Verführen
mich zu diesem Bild. Es
sind die schlimmsten Augenblicke. Alles
sehe ich genau, Und
sonderbarerweise fließt kein Tropfen Blut. Ich
seh' den Schnitt genau, Kein
Blut! Das
Bild, erinner' ich, Stammt
von der letzten Köpfung Einer
Bremer Mörderin. Der
wurde, sagt man, Nicht
der Kopf geschoren. |
Ach,
in meiner Phantasie empfind' ich Keinerlei
Triumph Und
keinerlei Befriedigung Und
kein Bedauern, nichts. In
mir ist alles abgestumpft, Ein
Tasten in der kalten Asche Nach
der Glut. Vergeblich! Monoton
die Wiederholung, Monoton
der Ablauf. Wolken
sind es, Die
sich hoch am Himmel ineinanderschieben Und
sich trennen Und
erneut zusammen fügen. Und
ich selbst lang' dort hinauf Und
schieb die weißen Felder. |
Pause.
Er 1 Ich vergaß noch ein's:
Ich bin ein Mann aus
Blech, ein Mensch.
Ich wurd' als Mensch
geboren,
Und ich seh' nicht
anders aus als ihr,
Nur weil ihr's denkt,
wenn ihr mich seht.
Ich hab' ein Herz
Und ebenso, wie jeder
andere das Recht,
Doch davon später....
Er 1 tritt ab.
Er 1 / Sie 2 , eine Plastikfrau, Freundin (Fr).
Er 1 kommt auf die Frauen zu.
Er 1 Die Treppensteigerei ist nichts für mich.
Fr. Zu eitel für den Fahrstuhl, oder?
Er 1 Nein, ich bin doch Fahrstuhlführer,
Für den Notfall.
Steht doch drinnen an der Wand.
Fr. Ach ja, dann kann ja nichts
passieren.
Er 1 Deshalb darf ich alle Treppen laufen.
Guten Morgen erst 'mal.
Zu Sie 2 gewandt:
Sie
sind also neu? Willkommen. : Eine Plastikfrau ist- selten.
Fr. Soll ich Kaffee kochen?
Fr. geht.
Er 1 Danke, das ist gut.
Kleine Pause, dann zu
Sie 2 :
Er 1 Sie
haben eine Gänsehaut bekommen? Oder
darf ich sagen, Ihnen
sträubt sich gleich das Silberfell der Arme? Ich
bin nebenbei „Poet", Ich schreib ein bisschen. Sie 2 Das
sieht man bei Plastikfrauen gut, nicht wahr? Ja,
guten Morgen. Er 1 Noch
ein Kompliment erlaubt, gefällig? Sie 2 Bitte,
wenn es sein muss. |
Er 1 Muss
nicht sein. Es
sind nur Ihre Augen, Ihre Haare und Ihr Nacken... Wunderbar. Man
müsste malen können. ....schräg
nach vorn' geneigter Nacken. Klassisch! Sie
2 Sag'n Sie nicht antik!
Ich
bin noch nicht 'mal dreißig. Sind
Sie immer so charmant? Es
kommt mir vor, Als
plünderten Sie mich gehörig aus. Sie
räubern wohl an mir herum? |
Er l Ich
stehle mit den Augen, Das
ist doch erlaubt? Sie 2 Erlaubt
ist, was gefällt. |
Pause.
Ich hab' Sie auch bestohlen.
Davon
haben Sie noch nichts bemerkt.
Er l Bestohlen? Wie, womit?
Sie 2 Wie Sie! Mit meinen Augen
Geht auf ihn zu.
Sie
2 Ihre Augenfarbe, Ihre Stimme, Sie, Wenn ich das sagen darf. Ja,
Sie hab' ich gestohlen. Sie
gefallen mir. Er
l War das die erste Schlacht? Geschlagen
und entschieden? Sie
2 Gibt es Sieger und Besiegte? Er
l Wir bekommen gleich Kaffee. Ich lass' mich, wenn es sein muss, Gerne zum Besiegten machen. Noch
dazu von einer schönen Frau. Ich
wäre gerne Ihr Gefangener! Sie
2 Alarm, Alarm, Gefahr! Für Sie! Sie
passen nicht mehr auf. Er
1 Für diese Spiele gibt es keine
Regeln. Sie
2 Sagen Sie das nicht. Die gibt es ganz bestimmt. Vielleicht
kenn' ich nur andere als Sie. Er
1 Ein Gegenangriff! Es geht schnell bei Ihnen! Spielen
Sie? Ich meine Karten, Schach? Sie
2 Ich spiel' Gitarre, weiter nichts, Und
manchmal fahr' ich Rad. |
Er
1 Gitarre spiel' ich auch. Zum
Zeitvertreib, Nein, um zu träumen. Sie
2 Wie bei mir. Er
1 Falls wir uns weiter so sympathisch
finden Und uns weiter Komplimente machen, Werden wir schnell ins Gerede kommen. Sie
2 Das ist sicher schlecht für mich,
nicht wahr...
Und auch für Sie natürlich. Er
1 Richtig. Außerdem kann man die Plänkelei Auf kleiner Flamme halten, Das wär' kein Problem. Sie
2 Wenn's geht, wenn sich das machen
lässt? Er
1 Es muss sich machen lassen. Wir
sind doch erwachsen. Sie
2 Eben. Er
1 So ein Tempo bin ich nicht gewöhnt. |
Sie
2 Das glaub' ich gerne. Sicher
führ'n Sie eine gute Ehe, Haben
hohe Ziele, noch viel vor. Karriere?
Nein. Karriere wollen Sie nicht machen. Aber Ehrgeiz ist vorhanden. Er
1 Stimmt. Ich schreibe.. Sie
2 Sagten Sie bereits. Er
1 Ich bin davon besessen. Ja, ich schreib' an einer großen
Sache. Die braucht meine ganze Zeit. Sie
2 Und Ihren ganzen Ehrgeiz. Er
1 Wissen Sie, ich glaube alles
untersteht In irgendeinem größeren
Zusammenhang... Na ja, ich meine einer höh'ren
Ordnung. Sie
2 Bilden Sie sich ein. Er
1 Das glaube ich. Sie
2 Und wenn sich etwas ändern soll, Dann nur durch eine "Fügung" Oder etwas ähnliches, nicht wahr? |
Sie zeigt mit dem
Finger nach oben.
Er 1 Bin ich ein Bilderbuch für Sie?
Fr. Es gibt jetzt Kaffee. Kommt.
Sie stellt den Kaffe
hin und geht noch einmal hinaus.
Er 1 Ich tret' den Rückzug an.
Sie 2 Das ist nicht fein.
Er 1 Sie sind doch schon auf Festland.
Sie 2 Sie doch auch.
Er 1 Sie werden plötzlich rot.
Bis an den Haaransatz, warum?
Jetzt seh' ich erst, wenn Sie
erlauben,
Dass ich's sage,
Dass Sie Ihr Gesicht nicht
schminken.
Aus Prinzip?
Sie haben's aber auch nicht
nötig.
Ihre
Haare sind ein Bilderrahmen. Schön!
Sie
stehen fest auf Ihren Schultern.
Sie 2 holt einen
Spiegel aus der Tasche und betrachtet sich darin.
Er 1 Sie sind doch eitel.
Sie 2 beugt sich etwas
vor, dass er ihr in den Ausschnitt sehen kann.
Sie 2 Diese Schlacht ist keine Schlacht für
Sie.
Er 1 Es fällt mir immer schwerer, Ihnen ins
Gesicht zu blicken,
Oder soll ich raten,
Wo die Wurzeln Ihrer Röte enden.
Sie 2 guckt selbst in den
Ausschnitt, ohne ihn verschließen zu wollen.
Sie 2 Schminke nehm' ich nie.
Fr. Was ist denn los!
Wollt ihr bedient sein?
Guckt euch bitte nicht bereits am
ersten Tag
So tief in's Äugelein.
Das gibt sich wieder.
Das kommt täglich tausendmal
In tausend Zimmern vor.
Und nach 'ner Woche kräht kein Hahn
danach.
Erfahrung, Leute. Nur Erfahrung.
Asche bleibt.
Nichts weiter als ein wenig Asche,
Die ist kalt.
Nun
trinkt, sonst wird der Kaffee kalt.
Ein Telefon klingelt.
Fr. geht an den
Apparat. Es geht um geschäftliche Dinge.
Er 1 Ich müsste
mich vielleicht entschuldigen? Sie 2 Bei mir?
Wofür, warum? Er
1 Ich hab' Sie eben wirklich viel zu
lange angesehen. Sie
2 Finden Sie? Sie
haben sich vielleicht 'was ausgemalt? Er
1 Im Grunde bin ich hier Um Sie ein wenig einzuweisen. Ja, ich wollte Ihnen Ihre neue Arbeit
zeigen Und erklären. Das ist mein Job. Wenn Sie 'was wissen wollen, Können Sie mich immer fragen. Unterschriften
kriegen Sie von mir. Dann kommen
Sie nach unten. Übrigens,
wir sollten wirklich Nicht
so locker miteinander reden. |
Sie
2 Wieder Angst? Er
1 Hier haben Wände Ohren. Jeder
möchte über jeden etwas sagen können, Und
das muss nicht sein. Sie
2 Ist das Erfahrung Oder nur Befürchtung. Er
1 Beides. Sie
2 Ihre Augen, Ihre Stimme... Daran
werde ich mich erst gewöhnen müssen. Er
1 Sie verwirren mich. Sie
machen mich zum Trottel vor mir selbst. Ich
muss mich schämen. Nun,
ich werde mich zusammenreißen, Und
in einer Woche werden wir uns nicht mehr In
die Augen blicken wollen. |
Sie
2 Sind Sie sicher? Er
1 Man kann Abstand halten. Darf ich etwas sagen? Sie
2 Bitte. Er
1 Sie und ich, das weiß ich und das wissen
Sie.. Verstehen
Sie... Sie
haben Ihren Mann Und
ich hab' meine Frau... da kann... Sie
2 Was kann... Er
1 Man darf doch nicht... Sie
2 Man darf? Er
1 Sie legen einen Keim in meinen Kopf,
Dass mir ganz schwindlig wird. Der
zündet als die Explosion nach innen. Sie
2 Sie vergessen mich dabei. |
Er 1 steht auf und geht.
Fr Was ist nun mit dem Kaffee?
Bleibt der wieder steh'n?
1.
Akt, 3. Bild, Herausforderung
Im Büro, Er 1 / Sie 2
Sie 2 am Schreibtisch, mit einem kleinen Radio auf dem Tisch,
ein Buch und eine angefangene Schreibarbeit.
Er 1 vor ihr auf dem
Besucherstuhl.
Sie 2 Ist
das hier immer so? Er 1 Wir
sind im Sommerloch. Das
kann noch Wochen dauern. Dann
ist hier nichts los. Sie 2 Und
drehen "Däumchen"? Er 1 Oder
unterhalten uns. Sie 2 Und
dafür werden wir bezahlt? Na, mir soll's recht sein. Er 1 Ich
erleb' es nun das siebte Jahr. Im
Herbst und Winter ist das anders. Dann
verlangt man wieder viel von uns. Das
hängt von Dingen ab, Die
wir nicht kennen. Haben
Sie studiert? Sie 2 Warum?
Ist auch egal. Hab' abgebrochen.
Ja,
ich hab' studiert. Er 1 Und
Kinder? Sie 2 Keine!
Ihre will ich nicht erst wissen. Nach
dem Vorexamen. Er
1 Ich bin immer auf der Lauer
nach dem Denkbaren, Vielleicht
ergibt sich daraus Undenkbares. |
Sie 2 Ach. Ein
Beispiel für das Undenkbare gibt es nicht? Natürlich
nicht. Sonst wär's ja denkbar. Er 1 Sonderpunkt
für Sie. Sie 2 Das
"Kleine Einmaleins"! Ich sag' es Ihnen: Alles,
was wir reden, reden wir an uns vorbei. Sie
meinen nicht, das Undenkbare denken, Sondern,
denken, bis es nicht mehr weitergeht. Sie
denken dann an uns, an mich und sich. Sie
denken über Möglichkeiten Für
uns beide nach. Sie
kommen aber nur an einen Punkt. Dort
steht ein großes Halteschild bei Ihnen, Und
Sie wissen nicht, Wie's
weitergehen könnte. Dabei
geht es immer weiter, immer wieder weiter! Meine
Antwort: Undenkbares
gibt es nicht. |
Er 1
Ich bin gefangen! Gut, ich gebe mich gefangen! Sie 2 Nein, Sie sitzen in der eignen Falle. Er 1
Mag schon sein. Sie 2 Sie
springen immer wieder in denselben Kasten
mit vier Wänden, einem Boden. Und
wenn Sie hineingesprungen sind, Fällt
noch der Deckel zu Und
plumps sind Sie im Dunkeln. Kommen
Sie mal her zu mir, hier her, Und
stell'n Sie sich auf dieses Feld. |
Von oben kommt ein
Kasten mit vier Wänden herunter, der ihn ganz umschließt.
Sie nimmt schnell
einen Deckel und legt ihn oben drauf.
Sie 2 Kapiert!?
Jetzt könn'n Sie
klopfen.
Er1 klopft von innen gegen den Kasten.
Sie 2 Statt ihn zu zertrümmern!
Statt ihn zu zerschlagen!
Er 1 Der ist viel zu eng'. Das ist ja gar
nicht möglich!
Geben Sie mir Werkzeug,
Oder lassen Sie mich wieder
'raus'.
Es ist so eng hier drinnen!
Sie 2 Typisches Produkt totaler Hörigkeit.
Sie sollten endlich einmal irgendetwas
Nur für sich
entscheiden! Nur für sich.
Nicht
immer so, wie Sie wohl meinen, dass es andre gerne hätten.
Er
1 Denken
Sie nicht an sich selber?
An sich
selbst zuerst?
Ich hab'
noch so viel vor.
Ich
müsste….
Sie 2 Ja, Sie müssen, müssen, müssen
Immer
müssen Sie und Ihresgleichen
Schnell
noch irgendetwas machen.
Alles
müssen Sie!
Sie
müssen Ihren "Lieben Gott", ich weiß nicht was..
Sie
müssen die Familie, Ihre Frau,
Sie
müssen Ihre Schreiberei ...
Sie
müssen immer schnell noch etwas machen.
Alles
ist nur vorgeschoben!
Gar
nichts müssen Sie!
Das muss
doch 'mal in Ihren Kopf!
Sie machen sich zum Daueropfer
Ihrer selbst!
Sehr traurig.
Sie 2 Ich sehe das mit Schmerzen.
Ja, mit Schmerzen,
Und ich finde das sehr
schlimm.
Ich finde es auch
schlimm,
Dass Sie mir immer
Recht zu geben suchen.
Meine Argumente machen
Sie ja fast zu Ihren eignen!
Wo sind Sie, wo ist
Ihr Standpunkt!
Er 1 Aua, jetzt hab' ich mir einen Splitter In
die Hand gejagt.
Sie 2 Ein körperlicher Schmerz tut immer gut.
Ich
glaub' es aber nicht.
Ist
alles einstudierte monotone Litanei.
Er 1 Das geht zu weit. Ich will hier 'raus!
Sie sind genauso
angepasst wie ich!
Wir sind doch alle
handgestrickt:
"Ein Schlicht ein
Kraus", mehr nicht.
Kein Muster, keine
Farbe.
Gar nichts ist
erlaubt.
Er1 klopft wieder.
Er 1 Ich
will nun 'raus! Sie 2 Dann
schlagen Sie den Kasten doch kaputt! Er
1 Ich hab' es doch gesagt, es geht
nicht! Sie
2 Doch, es gäbe eine Möglichkeit. Die
könnte Ihnen eine ungeheure, Völlig
neue Freiheit bringen. Er 1
Welche? Sie 2 Freiheit
oder Möglichkeit? Er
1 Ist das ein Unterschied? Sie
2 Auf beides müssen Sie von selber
kommen. Sagen Sie, wie frei Sie sind. Er
1 Das seh'n Sie doch. Sie
2 Im Kasten sind Sie ganz genauso
frei Wie ohne ihn. Er
1 Ich komm' nicht 'drauf! Seit ich Sie kenne, Denk’ ich dauernd über eine neue
Freiheit nach. Was kommt heraus? Nur dies, nur eins: Von Ihnen bin ich
nicht mehr frei! |
Sie
2 Dann geht es Ihnen so wie mir. So
geht’s mir nämlich seit dem ersten Augenblick. Er
1 Ich kämpf’ mit einer
Unfreiheit, Die macht mir schwer zu
schaffen. Sie
2 Wissen Sie denn, Ob Sie
vorher wirklich freier waren? Wissen
Sie, wie frei Sie vorher waren? Er
1 Ich geb alles zu. Sie
bringen mich an einen Punkt, An dem
ich mich ergeben möchte. Sie
2 Sagen Sie doch gleich, Dass
Sie erst wissen wollen, Ob es
sich auch lohnt! Wer
soll die Antwort wissen. Klopfen
Sie auf Holz, das reicht. Es ist
genügend Holz in Ihrer Nähe. |
|
Sie öffnet den Kasten
und lässt ihn heraus.
Er 1 Das war höchste Zeit.
Sie 2 Sie woll'n „auf Nummer Sicher" geh'n?
Und
trotzdem reißen Sie nicht eine Ihrer Brücken ab.
Er 1 Zerstör'n geht schnell.
Sie 2 Ein großer Irrtum.
Es geht sehr, sehr langsam,
Ist die Zeit dafür
vorbei.
Gelegenheit verpasst!
Er 1 Sie wissen doch, wie schnell die
Sympathie
An ihre Grenze stößt,
Und wo
es nicht mehr weiter geht.
Er 1 Wenn es an mir liegt,
Bitte ich Sie um Entschuldigung.
Er1 lacht plötzlich auf.
Er 1 Ich hab' in meinem Horoskop gelesen:
"Hände weg vom
Löwen,
Der ist Gift für einen
Skorpion".
Natürlich!
Und Sie haben recht!
Ganz keck!
Sie 2 Ich bin ein Sommerkind,
Sie sind im Herbst
geboren.
Dieses Mal werd' ich
nicht rot.
Das weiß ich, weil ich
mich nicht schäme,
Weil ich etwas sagen
will,
Was Sie ja doch nicht
sagen.
Hören Sie, ich liebe
Sie, ich liebe Sie.
Ich weiß, das ist
verrückt.
Ich kann und will mich
nicht dagegen wehren.
Nein, von meiner Liebe
lass' ich nicht.
Ganz schnell.
Sie 2 Ich habe auch ein Horoskop.
Sie kramt in ihrer
Handtasche
Sie 2 Hier ist der Ausschnitt.
Lesen Sie. Sie sollen
selber lesen,
Was man für die Löwin
schreibt:
Er 1 liest.
Er 1 "Der
Skorpion ist Ihnen wie ein Dolch
In Ihrer Wunde,
Der sticht fort und
fort."
Die Warnung find' ich
gut.
Ich denke dabei auch
an Ihren Mann.
Sie 2 Den könn'n Sie ganz und gar vergessen!
Sonst gibt's nichts zu sagen?
Er 1 Meine Frau!
Betrug
kommt nicht in Frage.
Sie 2 Ist doch schon geschehen.
In Gedanken, oder nicht?
Er 1 Mag sein. Trotzdem ist das ein
Unterschied.
Ich denk' an meine Dichtung.
Die darf ich um keinen
Preis der Welt
Von irgendetwas stören oder
unterbrechen lassen.
Sie 2 Ihren Gott nicht zu vergessen!
Denken Sie an Ihren Gott,
An dieses Schwert da oben.
Fürchten Sie nicht,
dass es niederfällt, Sie trifft?
In Wahrheit glauben
Sie doch nichts von all dem.
Von dem verlieren, was Sie jetzt
besitzen.
Er 1 Sind
denn alle nicht in Seiner Hand? Wir alle?
Sie 2
lacht auf.
Sie 2 Einen Dreck sind wir, bist du!
Du hörst, jetzt duz’ ich dich.
Begreifst du denn noch immer
nicht?
Sieh dich doch um.
Muss
man dich erst in einen Eisenkasten setzen?
Du
versuchst, es selbst den Unsichtbaren
Recht
zu machen..
Das
gelingt dir nicht. Niemals.
Denk'
einmal nur an dich, an uns, an mich.
Ich
liebe dich.
Sag'
mir, dass du mich liebst.
Sag'
es zu mir, sag's mir,
Sag'
es doch bitte.
Er 1 Meine Kehle ist wie zugeschnürt.
Mein Herz schlägt... fass' nur an...
Sie 2 legt die Hand
auf seine Brust.
Er 1 Es warnt mich unermüdlich,
Und ich achte nur auf deinen Mund.
Er 1 küsst sie.
Er 1 Jetzt steigt die Röte wieder auf.
Ja, du bist schön, du...
Sie 2 Rede nicht, es ist genug.
Er 1 Du bist so groß wie ich.
Vielleicht
noch eins, zwei Zentimeter größer.
Sie 2 Stört es dich?
Er 1 Dein Haar riecht gut.
Nein, stört mich nicht.
Sie 2 Sei nicht so grob.
Er 1 Ich lass dich ja schon sein.
Sie 2 So war es nicht gemeint.
Nun sei nicht so verlegen.
Bist du so verwirrt?
Er 1 In
meinem Kopf ist keine Ordnung mehr.
In meinem Kopf ist keine Ordnung
mehr!
Du solltest lieber geh’n.
Das wäre besser.
Sie 2 geht hinaus.
Beide sind nun an getrennten Plätzen,
und ein Vorhang wird
zwischen ihnen niedergelassen,
so dass sie wie in
getrennten Zimmern sind.
Sie 2 ruft ihn sofort
an.
Er 1 Kannst du fliegen?
Du bist
außer Atem. Sage nichts. Sag' nichts,
Dein
Atem ist genug.
Er 1 legt auf.
Sie 2 wird
ausgeblendet.
Nur das Geräusch des
Atems.
Er 1 Ja, ich bin verliebt! Verliebt in sie!
Verliebt, verliebt
Wie alt ich bin. Bin
ich zu alt?
Wir richten uns
zugrunde?
Trotzdem wär ich ein
Idiot,
Wenn ich die Liebe
nicht empfinden würde.
Darf ich mich denn
nicht auf mich besinnen?
Habe ich kein Recht
auf Glück,
Ein bisschen neues
Glück?
Nur weil ich mich an
tausend Enden
Eingebunden habe?
Habe ich kein Recht
auf dieses Hochgefühl,
Weil ich nicht darauf
vorbereitet bin?
Darf ich nicht lieben?
Es ist mir egal, was
daraus wird.
Ich kann dies Glück
noch gar nicht fassen.
Ja, ich liebe sie,
Und sie liebt mich.
Wer kennt den Maßstab
für das Glück?
Er1 drückt das ganze
Telefon an seine Brust.
Das klingelt und
klingelt.
Er 1 sitzt im Büro in einer
Glasvitrine, die ist wohnlich eingerichtet.
An der Vitrine fehlt aber jede
Tür. Kein Zugang zu dem Ding.
Er 1 schreibt.
Sie 2 kommt herein.
Sie 2 Das ist ein Fortschritt.
Gratuliere, welch ein
Fortschritt,
Weil Sie jetzt nach draußen sehen
können.
Er 1 Fortschritt? Ja, in meinem Sinn ist es
ein :Fortschritt.
Seh'n Sie richtig hin!
Sie 2 Ich seh' Sie gut.
Er 1 Ich freu' mich, dass Sie mich gut seh'n.
Sie 2 Sie schreiben? Was?
Er 1 Ich mache Schularbeiten.
Sie 2 Schularbeiten?
Er 1 Ich mach' eine Strafarbeit.
Ich schreibe tausendmal:
"Ich will jetzt immer artig
sein".
Sie 2 Wie süß, wie brav.
Ich möchte helfen.
Wie kommt man hinein?
Er 1 Das ist mein Fortschritt.
Türen gibt es nicht.
Die Wände sind aus festem Glas.
Das schlagen Sie nicht ein.
Das kann man nicht zerstören.
Sie 2 Und wie bist du selbst hineingekommen?
Er1 schreckt hoch.
Er 1 Das weiß ich doch nicht.
Ich habe mich hier drinnen
vorgefunden.
Sie 2 Oh!
Sie 2 entdeckt eine kleine Klappe.
Sie 2 Bist du durch dieses kleine Loch...?
Das kann nicht sein.
Das ist grad' groß genug für meine
Hand.
Sie 2 steckt die Hand hinein.
Er 1 Das sollst du nicht.
Er 1 ergreift ihre
Hand, die sie ihm überlässt und küsst ihre Innenfläche.
Er 1 Ein Trinkgefäß voll Milch und Honig.
Sie 2 Nichts ist drin, das weißt du ganz genau.
Er 1 Ich weiß es besser und du auch.
Sie 2 Man findet immer, was man sucht.
Komm' 'raus, du Lieber, komm.
Er 1 Ich kann nicht kommen.
Nein, ich kann es nicht.
Er 1 legt seinen Mund an eine Vitrinenwand, und
Sie 2 legt von außen
ihren Mund dagegen.
Er 1 Mund aus Fleisch am Rand aus Glas.
Treppauf, treppab,
Treppauf, treppab.
Lehn' deine Stirn an' s Glas.
Ich möcht' sie küssen.
Sie 2 macht es.
Sie 2 Wir, die Balken,
Die ein Strudel mit sich reißt...
Er 1 Er zieht uns nicht hinab.
Sie 2 Wir dreh'n uns auf der Stelle,
Auf der Oberfläche.
Er 1 Jeder muss sich von dem anderen befrein.
Sie 2 Das will ich nicht.
Er 1 Dann komm' herein.
Du weißt ja, wie!
Sie 2 Woher soll ich das wissen?
Er 1 Hast es mir doch selbst gesagt!
Zerschlag das Holz, hast du gesagt.
Ich sage jetzt, zerschlag' das Glas.
Du darfst dir sogar Werkzeug, Hilfe
holen.
Hol' dir, was du willst.
Das Glas ist Panzerglas,
Das hält noch lange stand.
Es wird nicht einfach sein.
Er1 lässt sie los.
Sie 2 Lass mich nicht los.
Wir haben nur die kleine Tür für
uns.
Er 1 Die reicht nicht für ein ganzes Leben.
Sie 2 Du bist ungerecht.
Du bist unmenschlich.
Sie 2 zieht ihren Arm heraus.
Sie 2 Warum quälst du mich.
Er 1 Wie soll ich hier heraus!
Warum bin ich so schwach.
Ich wehr' mich gegen deine Liebe.
Ich versteh' mich nicht.
Ich bin ein Idiot, ein Idiot.
Sieh her!
Er 1 wirft Zettel in
die Luft.
Sie
2 Was sind denn das für Zettel? Er
1 Alles Beileidstelegramme. Rate 'mal von wem. Du weißt es nicht. Die
schickt mir die Familie, wenn ich schreibe! Er liest daraus vor. Hier: Vergiss die Schreiberei. Sie bringt nichts ein. Sie sind dein Egotrip. Den
können sich die anderen nicht leisten! Oder hier: Gib deine Faulheit auf. Komm' 'raus. Es gibt genug zu tun. Und hier: Vielleicht in hundert Jahren Hast du 'was davon. Wir leben aber jetzt. Und
ich? Wann lebe ich? Leb'
ich in Faulheit, Hohn und Drückebergerei? Die
wissen überhaupt nicht, was ich mache. Sie
2 Und, was machst du? Kannst du's nicht erklären? |
Er
1 Weißt du das denn nicht? Ich schaff' Gedanken. Ja, ich schaff' Gedanken, und die
schreib' ich auf. Sie
2 Warum, lass doch das Schreiben sein. Gib's auf. Denk' lieber über deine Freiheit
nach. Er
1 Du meinst, ob ich Zuhause auch
zuhause bin? Du meinst, ich dächte nur an meinen
Gott? Ich hätte Angst, dass der sein
Schwert auf mich Gerichtet hält? Nein. Solche Schwerter richtet man
nur selbst auf sich. Ich bin ein eitler Dichter, eitel,
ja. Ich schmiede mir mein Schwert allein. Das häng' ich über meinem
Schreibtisch auf. Das richte ich direkt auf mich: Es sind die eignen Worte, Die Gedanken, die ich schaffe. Die bedrohen mich. |
Sie
2 Du drohst dir mit dir selbst. Das ist ja diabolisch. Er
1 Ich bedrohe mich mit mir. So macht es jeder Dichter. Seine Waffe ist auf seinen Kopf
gerichtet, Und er rechnet täglich, stündlich Mit der Tötung. Sie
2 Durch sich selbst. Wie praktisch. Er
1 So treibt er sich an, zu schreiben, Und verletzt sich dabei dauernd
schwer. Sie
2 Und lässt sich nicht gesunden? |
Sie 2 Mach' nur weiter so.
Er 1 Seine
Worte sind nicht Schwerter.
Sie 2 Das wär viel zu harmlos.
Er 1 Nein, sie sind ein Fallbeil,
Das im Gegensatz zu einem echten,
Dauernd niederfällt.
Es steht im Blutbad einer
Dauerköpferei
An einer einzigen Person.
Es steht und steht nicht still.
Sie 2 Ja, ich verstehe:
Dieser Käfig, dieser Kasten, diese
Glasvitrine
Soll dich vor Befreiung schützen.
Ist es so?
Er 1 Es ist so eng hier drinnen.
Trotzdem ist dies meine Welt.
Er hängt ein Schild an
die Glaswand:
Er
1 Sieh her. Dies Schild verbietet jedem Einzutreten. Es
wird gar nichts nützen. Ich
kann sagen, was ich will: "Kein
Eintritt", "Stört mich nicht", "Ich
will allein sein". Kein
Mensch kümmert sich darum. Und
andrerseits, verfluchter Widersinn: Wenn
man mich endlich mal in Ruhe ließe, Wär's
mir auch nicht recht. Ich
läg' mit meinen Ohren an der Wand Und
würd' nach draußen lauschen, In
die andre Welt. Ich
hätte sofort Angst, Man
würde mich vergessen. Vor'm
Vergessenwerden hab' ich Angst. Sie 2 Wie kommt man denn zu dir? Du
lässt ja keinen rein. Du
lässt ja keinen an dich 'ran. Ich
würd' dich auch in Ruhe lassen können. Manchmal
reicht es aus, an dich zu denken. Er 1 Jeder Dichter ist ein Tänzer auf dem
Seil, Den
darf man nie im Schaffen stören. Nicht
'mal in Gedanken, Weil
das als ein Zerren an dem Faden aufgenommen wird. |
Das
kann ihn stürzen lassen. Schwankend
ist sein Leben ohnehin, Und
pausenlos wird er zu Fall gebracht. Er
schlägt sich unsichtbare Wunden, Die
erkennt er selber kaum, Die
kennt kein Mensch. Sie 2 Du zeigst sie mir ja nicht. Ich
glaube auch, du willst nicht, Dass
sie heilen. Andre
Menschen leiden auch. Zum
Beispiel unter dir, Du
lässt sie leiden. Wünsch
dir doch ein Schloss Mit
Personal und Dienerschaft Und
Reichtum. Wär'
das nichts für dich? Wär'
das nicht besser, als die Glasvitrine? Er 1 Nein, es gibt nichts als Ersatz, Weil
es ein Zustand ist. Das
ist ja grad' der Widerspruch. Denn,
was mich auf der einen Seite stört, Brauch'
ich im Rücken, Dass
ich weiß, ich lebe. |
Sie 2 Eines Tages hat es dir die Kehle
zugeschnürt. Aus
allem redest du dich gut heraus. Du
findest immer eine andere Entschuldigung, Und
alles spricht für dich. Er
zieht sich nackend aus. Seine
Haut ist ganz aus Metall. Sie 2 Was wird denn das? Er 1 Ich
denke manchmal, dass ich fliehen sollte. Sie 2 Zieh' dich wieder an. Du
hast ja nichts am Leib. Er 1 Das
wäre alles, was ich mit mir nehmen könnte. Das
wollt' ich dir zeigen. Wovon
soll ich überleben? |
Er 1 zieht sich wieder
an. Dann sarkastisch, ironisch.
Er
1 Nein, da geh ich lieber gleich den Weg Des
ganz Gerechten. Sie 2 Eine andre Art der Flucht vor dir? Er 1 Die
ganz Gerechten dürfen Ungerecht
und eigennützig sein. Sie
dürfen egoistisch sein. Der
ganz Gerechte darf in allem nur Und
an sich selber denken. Sie 2 Du bist zu extrem. Er 1 Du
meinst, ich lebe in den eignen Exkrementen. Das
willst du doch sagen. Danke,
akzeptiert. Ich
hör' die Wahrheit gerne. Sie 2 Nimmst sie nur nicht an. Er 1 Du
hörst nicht zu. Ich
sagte doch bereits, Ich
brauch' das nicht, weil ich nicht fliehen werde. Siehst
du, das ist Leben in Gerechtigkeit. Sie 2 ...und Frieden. Hört, der Meister
aller Worte Hat
gesprochen. Amen. |
Er 1 Überlass das Spotten mir. In
dieser Sache bin ich viel bewanderter als du. Sie 2 Zum Beispiel? Er 1 Würde jemand jetzt, in diesem
Augenblick, Mich
fragen: "Glauben
Sie an Gott?" Dann
würd' ich nicht bekennen, Sondern
mich verschlagen und verlegen In
Verschämtheit sonnen. Siehst
du, so ist die Gerechtigkeit. Perfekt,
ein Netz. Es
kann dir nichts passieren. Sie 2 Gratuliere! Hast gut aufgepasst. Du
bist schon weit gekommen. Er 1 Ich nicht, sondern du. Du
bist am Werk, an mir. Ich
kann nicht unterscheiden, Ob
du einreißt oder aufbaust. |
|
Pause.
Er 1 Manchmal
glaube ich sogar, Dass du aus
einem Daueropfer einen Dauerselbstmord Machen
willst. Verzeih'. Ich
weiß, dass du's nicht willst. Es ist mir so
herausgerutscht. Sie 2 Du siehst
nur dich. Für dich bist
du der Mittelpunkt. Ich will es wirklich
nicht. Natürlich nicht. Er 1 Ich weiß
es. Was geschieht, geschieht durch mich. Sie 2 Allein
durch dich. Er 1 Vielleicht
bist du für mich... Sie 2 ...die
einzige Gelegenheit? Das wolltest
du doch sagen, nicht? Den Zwang zu
schreiben, Solltest du
gleich mit begraben. |
Er 1 Das kannst du nicht besser wissen. Davon weißt du nichts. Ich habe zwei Jahrzehnte Nur auf diesen Augenblick gewartet, Dass sich endlich die Gedanken, die
ich habe, Auch von mir in Worte fassen lassen, Dass ich sie auf einem Stück Papier Betrachten kann. Das ist, als, als wäre etwas auf die
Welt gekommen. Das werd ich mir nicht zerstören
lassen. Dazu hat kein Mensch das Recht. Das ist ein völlig eignes Leben, Das erst wächst. Ich habe es herbeigesehnt, davon
geträumt, Im Schlaf danach geschrien. Schrei' immer noch deswegen. |
Sie 2 Ich will's
dir nicht nehmen. Mach
doch einen Neuanfang mit mir. Wir lieben
uns. Wir wissen wenig voneinander, Das ist gut. Ich biet' dir viel Und will und möchte doch nur wenig. |
Sie 2 hat eine Leiter
geholt, die sie an den
Rand der Vitrine
stellt, um hinaufzuklettern.
Sie 2 Eines möcht' ich wissen,
Ob du wirklich eingeschlossen bist.
Ich kann's nicht glauben.
Sie 2 klettert hinauf und schlägt mit der flachen
Hand auf den Deckel. Der ist auch aus Glas.
Sie 2 Total verschlossen! Richtig eingeweckt. Wie hast du das
gemacht? Er 1 Es lohnt sich nicht, Denn Neuanfang und
Neubeginn Verlangten viel zu
viel von uns. Sie 2 Du sollst dich nicht sofort von deiner Frau, Familie und Zuhause trennen. Denkst du, dass ich
das verlange? Das möchte ich auch
gar nicht. Nein, das will ich
nicht. Dazu gibt's auch
keinen Grund. Warum auch? |
Er 1 Wie du dir das vorstellst. Ich
komm' nicht aus dieser Glasvitrine 'raus, Und du
sprichst immerzu von Trennung, Von
ich weiß nicht, was. Er 1 Soll ich nun hier drinnen bleiben, Oder nicht. Sie 2 Kannst du sie denn verlassen? Könntest du? Wie würdest du das machen? Er 1 Ich weiß nichts von dir, das stimmt. Ich weiß ja nicht 'mal, wie du
lebst, Woran du glaubst, Was in dir lebt. Sie 2 Du denkst, in der Vitrine Hättest du die größte Freiheit. Deshalb denkst du eigentlich.... Jetzt komm' ich langsam drauf... |
|
Sie 2 klettert wieder
herunter.
Sie 2 Das ist kein Widerspruch zu dir.
Du denkst, wenn du da
drinnen bleibst,
Wär' das der beste Weg
Ja, du fühlst dich in
deinem Glassarg wohl!
Das ist Betrug!
Du bist dabei mich zu
betrügen!
Du verrätst mich! Du
verkaufst mich!
Du benutzt mich für
Gedankenspiele,
Und du denkst gar
nicht daran herauszukommen!
Denkst auch noch ,
So überheblich, wie du
bist,
Dass ich es nicht
bemerke,
Möchtest, dass ich so
wie du,
Zum Schlachtvieh
meiner Umwelt werde!
Ja, ich soll mich
selber dazu machen!
Aber das gelingt dir
nicht!
Ich hasse dich! Ich
hasse dich!
Sie 2 läuft auf die
Wandung zu. Ihre Fäuste sind erhoben.
Aber sie läuft ohne
jeden Widerstand direkt hinein, als ob es Wände nie gegeben hätte,
Er 1 fängt sie
liebevoll auf.
Er 1 Wie hast du das gemacht?
Wie machst du das.
Er1 küsst sie, geht mit ihr ungehindert aus der Vitrine und küsst sie wieder.
Er 1 Es
ist ein Rätsel. Wer
kennt schon das Siegel eines Königs? Wer
kann eine Fälschung Von
dem wahren Siegel unterscheiden? Ich
hab' ein's gefunden, Und
was mach' ich nun damit? Sie 2 Wer
kennt es überhaupt? Kein
Mensch kennt mehr das Siegel eines Königs. Keiner
glaubt daran. Warum
auch. Du
bist draußen, das ist wichtig. Er 1 Sagt
das viel? Das sagt doch gar nichts. Du
bist jetzt mit mir da drinnen Und
ich bin mit dir hier draußen. Das
ist alles. Träumen
wir? Vielleicht
ist alles Traum? Vielleicht
träum' ich? Sie 2 Du kannst ganz sicher sein. Dass
keiner von uns beiden träumt. |
Er
1 Ich bin im All, weit draußen. Ja, ich bin ein Instrument, ein
Roboter. Und jemand schickt Befehle
hinterher, Die soll'n mich lenken, Dabei steh ich still, steh völlig still. Ich bin trotzdem auf Reisen. Sie 2 Kannst
du nicht heut' Abend etwas länger bleiben? Er 1 Keine
Korrektur der Bahn. Sie 2 Du
könntest, wenn du wolltest. Sag
schon ja. Am
Ausgang? Bitte. Eine
Stunde nur. Wir gehen in den Park, zum Wasser, Oder wo du willst, es ist mir alles recht. Er 1
Heut' Abend? Sie 2 Ja,
dass wir uns unterhalten können. |
|
Ganz nah an ihn
geschmiegt.
Sie 2 Dass wir ganz ungehört und ungestört
Versprechen geben
können.
Er 1 Was
denn für Versprechen.
Wovon redest du.
Sie 2 Sag ja. Du kommst?
Er 1 Ist gut. Wir treffen uns heut' Abend.
Sie 2 Heut' ist Mittwoch. hörst du?
Er 1 Ja, warum?
Sie 2 ganz fröhlich.
Sie 2 Mein Mann hat Kursus.
Jeden Mittwoch, jeden Mittwoch
hat er Kursus.
Er 1 Du sagst das mit einer Fröhlichkeit,
Als sollte unser Treffen kein
Geheimnis bleiben.
Sie 2 Möchte ich auch nicht.
Am liebsten möcht ich es aus dem
Fenster schrein.
Er 1 Sei still, mein Gott, sei still.
Du kriegst es fertig.
Hoffentlich erfährt es keiner.
1. Akt, 5. Bild
"Verlockung Ein Lied"
Im Park am Wasser.
Sie 2 ist schon dort. Sommerabend, kühl.
Er 1 kommt auf sie zu.
Sie 2 denkt, dass er sie in den Arm nehmen wird, aber er weicht ihr aus.
Aus dem Haus geschlichen.
Sie 2 Du vielleicht, ich nicht.
Ich habe kein Gewissen,
jedenfalls kein schlechtes.
Er 1 Es ist schön hier, eine schöne Stelle.
Hier ist Ruhe.
Selbst die Schiffe scheinen
stillzustehen.
Sie 2 Ich bin hier, falls du mich suchst.
Er 1 Ja, du hast recht.
Ich hab' mir' s aber
vorgenommen',
Dich nicht anzufassen.
Nein, ich will dich
nicht berühren.
Keinen Kuss mehr,
nichts.
Sie2 singt vor sich
hin.
Sie 2 Er sah mir in die Augen
Und verirrte sich
darin,
Drum lieb ich ihn,
drum lieb ich ihn.
Es schwieg sein Mund
Nicht laut genug
Drum hört' ich ihn,
drum hört' ich ihn.
Nun soll er mir noch
sagen,
Nun will ich ihn
fragen,
Liebst du mich, liebst
du mich auch?
Sie2 wartet etwas auf
eine Antwort.
Sie 2 Liebst du mich auch?
Sie 2 singt
vor sich hin.
Er 1 Mein Innenmund!
Es ist mein Innenmund, der nach
dir ruft.
Sie 2 Es wird schon dunkler. Das ist angenehm.
Komm her zu mir.
Lass deinen Vorsatz sein.
Er 1 nimmt sie in den Arm
und küsst sie heftig.
Sie 2 Soll ich ertrinken?
Lass mich atmen, lass
mich leben!
Sie 2 will nun auch
leidenschaftlich werden, aber er bremst sie.
Er 1 Das war, dass du siehst,
was ich empfinde.
Sie 2 Unter deiner Haut ist Glut,
Das spür' ich jetzt erst richtig.
Neben ihnen steht eine
Bank.
Sie 2 setzt sich.
Er1 kniet vor ihr und legt seinen Kopf
in ihren Schoß.
Sie krault ihn im Haar
und beugt sich über ihn.
Sie
2 Lieber, magst du das? Er
1 Ich hoffe, dass uns keiner
sieht. Sie
2 Hier nicht. Hier kennt uns
keiner. Er
1 Du bist liebevoll zu mir. Das
kenn' ich nicht. Wenn
du dich auf mich beugst, Möcht
ich in dir verschwinden. Du
hast Glück. Du
hast es immer gut. Sie
2 Warum? Er
1 Weil du dich immer bei dir
hast. Sie
2 Erzähl nicht solche Sachen. Du doch auch. Er
1 Es gibt Sekunden der
Erinnerung Die wir nicht
steuern können. Jetzt zum Beispiel
muss ich mir Die eigene
Erinnerung gefallen lassen. Sie
2 Sag' mir, was es ist und wenn du
willst. |
Er
1 Erinnerung ist Überraschung,
ungewollt. Ich
hab' von meiner Mutter einen Satz im Kopf Den
wollte ich nicht glauben, Damals,
als sie ihn erzählte. Schwer
zu glauben. War zu schwer zu glauben. als
sagte sie: „Ich
hab’ meine Kinder nie im Arm gehabt“, Dabei
hat sie gelacht, "Und
nie auf meinen Schoß gesetzt. Wir
hatten immer eine Kinderfrau“. Sie
2 Wie furchtbar. Das ist schlimm. Sie ist dir also fremd
geblieben? Er
1 Eine flüchtige Bekannte, Könnt ich sagen. Nein,
nicht ganz so. Andrerseits,
wenn ich jetzt deine Hand In
meinem Nacken spüre... Könnte
sein, dass mir doch was verloren ging, Und
ganz genau genommen... ...das
wär' ein Geständnis.. |
Sie
2 Wär ein Eingeständnis oder ein
Geständnis? Er
1 Nimm es, wie du willst. Sie
2 Was willst du sagen? Er
1 ....meine Frau, verstehst du, Hat in ihrem ganzen Leben nie
den Arm Um mich gelegt. Die fasst mich auch nicht an. Sie
2 Wie bitte?! Er
1 Weißt du, was sie sagt? Sie
2 Na? Endet
immer gleich, sagt sie. Es
endet immer gleich. Sie
meint, Berührung kann ich nicht ertragen, Ohne
dass bei mir "das Eine" daraus wird. Natürlich
hat sie letzten Endes recht. Das
sag ich auch. Es
endet schließlich immer so. Sie
2 Und endet es mit uns auch so? |
Er 1 sieht zu ihr auf.
Sie 2 schaut gelangweilt den Weg hinunter.
Er1 kommt hoch und setzt sich neben sie auf die
Bank.
Er 1 Ich suche deine Augen.
Gibt's 'was auf dem Weg?
Langweil ich dich? Was
ist mit dir.
Hast du mich nur wie
deinen Hund
Im Schoß gekrault?
Sie 2 Gib deine Hand,
Nein, komm mit deinem
Kopf!
Hör' auf mein Herz.
Was glaubst du, was
das ist? Ganz fest, ja so.
Er 1 Es ist dein Herz.
Es schlägt, als
schlüge es auf etwas drauf.
Dein Kleid ist dünn,
darunter ist es weich.
Ein königliches
Kissen!
Nein, das hab' ich
nicht vermutet.
Das ist dir nicht
anzusehen.
Hörst du's selber?
Sie 2 Es schlägt mir im Kopf.
Wenn du mich nur ein
wenig liebst,
Dann sag' es mir, ich
möcht' es hören.
Er 1 Deine Stimme streicht in mir
Die Kissen glatt.
Ich liebe deine Augen,
deine Haut,
Den Duft der Haare.
Deine Haut ist blass.
Er 1 knöpft ihr das
Kleid etwas auf und küsst sie dort hinein.
Sie 2 Noch etwas tiefer.
Er 1 Nein, es ist genug. ich knöpf es wieder
zu.
Wir sollten so zufrieden sein.
Es ist nicht mehr erlaubt.
Sie 2 Bestimmst du das?
Nun fangen meine Schmerzen wieder
an.
Sie fasst sich ans
Herz
Er 1 Was denn für Schmerzen.
Sie 2 Ja, es schmerzt.
Das hört nur auf, wenn du mich
nicht mehr quälst.
Er 1 Was kann das sein?
Sie 2 Ich sag' es doch,
Es kommt durch dich.
Er 1 streichelt ihr das Haar.
Er 1 Mein
Gott. Sie 2 Es
kommt, wenn ich nur an dich denk'. Er 1 Und
geht es bald vorbei? Sie 2 Jetzt
ist es besser, Es
lässt nach. Er 1 Wir
müssen uns vergessen. Wollen! Wenn
es so schlimm ist, Dann
um so schneller. Ist
für beide besser. Nein,
ich wusste nicht, dass du durch mich Noch
körperliche Schmerzen kriegst. Sie 2 Das
macht nichts mehr. Er 1 Wir
dürfen uns nicht wieder treffen. Sie 2 Soll
das heißen, dass du gehen willst? Ich
bitte dich, doch jetzt noch nicht. |
Er 1 Es
hat doch keinen Sinn. Du
weißt, dass ich nicht weitergehen kann Und
darf und will. Ich
denk' auch immerzu an deinen Mann. Er
kann ja nichts dafür. Und trotzdem
macht mich der Gedanke krank. Wie
sollte ich dich jemals lieben Wenn
ich an ihn denken muss, dass er... ...nach
mir, vor mir.. Nein
das ertrag ich nicht. Das
würde ich nicht einen Tag ertragen, Keine
Stunde. Sie 2 Ist
doch lächerlich. Meinst du ich könnte deinetwegen Wieder Jungfrau werden? Siehst du, so ist das. |
Er 1 Ich
würde dich mit keinem teilen wollen, können. Nein,
ich würd' dich ganz für mich verlangen. Es
gibt tausend Gründe. Reg'
dich bitte nicht gleich auf! Sie 2 Ich
bin ganz ruhig. Nimm
dir doch ein Zimmer. Zieh
doch einfach von Zuhause aus. Ich
zieh zu dir. Ich
such' mir eine neue Arbeit. Irgendwo,
woanders. Das ist einfach. Ich
mein' s ernst. Das ist kein Spaß. Nein,
wirklich nicht. Er 1 Ich
glaub' dir ja, Und
trotzdem geht es nicht. Nein, nie. Sie 2 Es
muss ja nicht sofort sein. Denk'
erst drüber nach. |
Sie 2 schmeichelt sich
an ihn heran.
Sie 2 Du könntest mit mir kommen, jetzt mit mir.
Zu mir.
Er 1 Zu
dir?
Sie 2 Mein Mann hat heut' doch Kursus.
Der kommt spät.
Dann bist du einmal
ganz bei mir.
Wie findst du das?
Er 1 Ich weiß nicht, was ich sagen soll.
Es ist das schönste,
was du sagen konntest,
Eine zuckersüße
Schmeichelei.
Ich darf nicht erst zu
Ende denken.
Nein, ich weiß nicht,
was ich sagen soll.
Sie 2 hakt sich bei
ihm ein und schiebt ihn in ihre Richtung.
Er 1 Sei mir nicht böse,
Aber nimm die
Unentschlossenheit bei mir
Noch nicht als
Zeichen.
Nein, nein.
Du weißt nicht, was du
da verlangst.
Er gibt ihr einen Kuss
auf die Stirn.
Er 1 Du bist ein Engel,
Kleine Pause
Er 1 Der mit schwarzen Flügeln fliegt.
Ich soll in euren
Betten mit dir toben,
Und nachher erfährt
dein Mann davon?
Durch irgendeinen
dummen Zufall?
Nein, das mach ich
nicht.
Der schlägt mich tot,
wenn er dahinter kommt.
Ich weiß nicht, was
noch alles.
Sie 2 bleibt ganz
ruhig.
Sie 2 Würd' er nicht, verlass dich drauf.
Sei unbesorgt.
Du kannst ganz ruhig bleiben.
Er 1 Was weißt du von deinem Mann.
Woher willst du das wissen.
Ich wär' fürchterlich in meiner
Raserei.
Sie 2 Das ist es, was mir so an dir gefällt.
Nun komm schon mit.
Er 1 Es
blitzt aus deinen Augen.
Ach, du denkst wohl, weil ich wütend
bin,
Hast du mich besser in der Hand.
Er 1 Ich möchte wissen, woher du den Mut
Und deine Sicherheit bekommst.
Er 1 beruhigt sich
wieder.
Er 1 Ich darf nicht an Zuhause denken.
In der Firma dürfen wir uns
Auch nicht wieder duzen. Das
fällt auf.
Sie 2 Mir ist es gleich, was andre denken.
Und die im Büro erfahren's sowieso.
Ich glaub', die wissen längst
Bescheid.
Er 1 Bescheid? Du hast doch nichts gesagt?
Wie kommst du denn darauf.
Sie 2 Ich denke, dass man uns das ansieht.
Nein, ich habe nichts erzählt. Zu
wem auch.
Er 1 Das ist gut. Sei mir nicht bös'.
Ich werde gehn.
Allein.
Ich kann nicht mit dir
gehn. Das geht nicht.
Nein, ich bring's
nicht fertig.
Weißt du, was du jetzt
schon alles in mir
Angerichtet hast?
Sie 2 An mich denkst du natürlich nicht.
Er1 nimmt sie liebevoll in den Arm.
Eine Kirchturmuhr
schlägt langsam sechs Uhr.
Sie wiegen sich im
Takt hin und her.
Sie 2 Was denkst du, wie es in mir aussieht.
Schlägst du etwas
andres, Bessres vor?
Mein Mann merkt wirklich
nichts.
Und wenn er etwas
merkt, ist es nicht schlimm.
Er 1 stößt sie von
sich.
Er 1 Du bist total verrückt.
Warum ist es nicht
schlimm,
Das kannst du doch
nicht wissen.
Ich bin völlig
durcheinander.
Was du sagst, sind
alles Rätsel.
Die kann ich nicht
lösen,
Und ich will sie auch
nicht lösen.
Nein, ich will nicht
mehr,
Dass wir uns
wiedertreffen.
Überhaupt nicht mehr.
Ich werd' mich
zwingen, nicht an dich zu denken.
Unsretwegen lass ich
schon so vieles liegen,
Was ich gerne tat,
Was mir am Herzen lag.
Das ist nicht gut.
Ich muss auch immerzu
dran denken,
Dass ich meiner Frau
nicht untreu werden will.
Ich denke pausenlos an
meine Schreiberei...
Sie 2 ...an meinen Mann..
...an deinen Gott..
... an bla, bla, bla...
Gib's zu, du willst nicht, das
ist alles.
Er 1 Was ist nachher, wenn jetzt etwas mit uns
wäre?
Nein, das geht nicht gut.
Am meisten stört mich
doch dein Mann.
Ich muss jetzt geh'n.
Sie 2 Du findest also, dass du gehen musst.
Sie 2 verändert ihre
Stimme, schlägt
sich an die Schläfen
und schreit ihn an.
Sie 2 Du Schwein! Du liebst mich nicht:
Du liebst nur diese
Quälerei an mir,
Sonst gar nichts.
Wo ist ein Beweis?!
Sie stampft mit den
Füßen auf den Weg.
Er 1 Ich will das nicht.
Nicht meinetwegen.
Sei
doch lieb. Versteh mich doch.
Ich will dich ja. Es geht nur
nicht.
Du musst doch sehen, alles
spricht dagegen.
Sie 2 Nur in deiner Phantasie vielleicht.
Er 1 Nein,
wenn es wirklich einmal etwas mit uns werden soll,
Dann arrangiert es sich von ganz
alleine,
Nicht durch dich
Und nicht durch mich.
Sie 2 schreit nun wie
eine Wahnsinnige auf.
Er reißt sie an sich.
Er 1 Sei bitte still, ich bitte dich, sei
still!
Verzeih. mir.
Quäl' dich doch nicht
so.
Du musst jetzt leise
sein.
Ich will es wirklich
nicht!
Sie2 beruhigt sich.
Er 1 Entschuldige, ich denke nur an mich.
Vielleicht liebst du mich wirklich.
Das könnt' ich am wenigsten verstehn.
Sie 2 ist jetzt ganz
ruhig.
Sie 2 Ich atme einmal durch, das hilft.
Jetzt bin ich wieder
so, wie du mich gerne hast:
Ganz sanft und ruhig.
Gut so?
Er 1 Danke.
Sie 2 Gehn wir noch ein Stück zusammen?
Er 1 Wenn du willst.
Sie 2 Und merk' dir gut, dass du es weißt
Und nie vergisst:
Ich lass von meiner
Liebe nicht.
Ich werde nicht von
meiner Liebe lassen.
Ja, vergiss es nicht
und nie.
Und ob du sie mir
glaubst, ist mir egal.
Und noch ein's:
Du brauchst nicht,
nicht einen Augenblick
An meinen Mann zu
denken.
Tu, als gäbe es ihn
nicht für dich. Tu so.
Du weißt, dass ich ihn
liebe...
Sie legt ihm schnell die Hand auf den Mund.
Sie 2 Weißt, dass ich ihn anders lieb' als dich.
Mit ihm ist es ' was
anderes.
Er 1 Dass er dich liebt, ist auch 'was
anderes!
Natürlich!
Sie 2 Ja, er liebt mich eben auch.
Es ist mit uns nicht so,
Wie zwischen dir und mir.
Es wäre schön, wenn
ihr euch gut verstehen könntet,
Und ihr hättet mich.
Ach, übrigens mag dich
mein Mann gut leiden.
Er 1 Jeder deiner Sätze tötet mich!
Er bleibt stehen und
packt sie am Arm.
Sie 2 Du tust mir weh! Lass los, lass los!
Er 1 Dann sprecht ihr über mich?
Sie 2 Natürlich! Lass doch los!
Er gibt sie frei.
Sie 2 Warum denn nicht.
Schon seit ich in der
Firma bin,
Bist du das Thema
Nummer eins bei uns.
Das Hauptgespräch...
Früh morgens, abends..
Er 1 Nein!
Sie 2 Wir haben auch dein Buch gekauft
Und lesen die
Gedichte, die du schreibst.
Wir lesen jede Zeile.
Die sind schlimmer,
als du denkst.
Für uns!
Wir beide mögen dich,
Und nicht so, wie du
denkst.
Er 1 Wie!
Wie! Wie!
Ich denk' nicht
irgendwie!
Und deinen Mann willst
du betrügen?!
Eben sagtest du doch
noch, dass du ihn liebst
Und schmilzt dahin,
Und zwei Minuten
vorher wolltest du ihn glatt
Mit mir betrügen.
Ich versteh' das
nicht.
0h, Gott, wie bin ich
blöde.
Sie 2 Ich betrüg' ihn nicht.
Auf keinen Fall mit dir.
Er 1 Wo
ist nur mein Verstand.
Plötzlich.
Er 1 Wieso bist du so freundlich und
versöhnlich.
Ach, ihr seid euch also einig
über mich?
Nein, ich versteh nichts mehr.
Das ist zu viel.
Wenn ich mir
vorstell',
Dass der Kerl mich
mögen könnte...
Ekelhaft, nein
widerlich ..
Es widert mich in
allem an.
Du bist für mich ein
Engel, der in Flammen steht.
Bleib' hier, komm
nicht mehr mit,
Ich geh' alleine
weiter. Bleib'.
Dass ich dir wehtat,
tut mir leid,
Ich wollt' es nicht
und will es nicht.
Sie 2 hat wieder ihren
gelangweilten Blick.
Sie guckt von ihm
fort.
Er 1 So hast du auch vorhin geschaut.
Du siehst nach innen?
Schlägt dein Herz
schon wieder bis zum Hals?
Ich kann nicht mehr.
Ich lass dich jetzt
allein.
1. Akt, 6. Bild, "Einsicht, Angst"
Zuhause, im Park
Abends. Er 1 kommt nach Hause, sieht in
alle Zimmer. Steht dann vor dem
Spiegel im Flur.
Er 1 Schon so spät. Zum Glück ist keiner hier.
Ein Zettel?
Er liest.
Er 1 "Kommen nicht vor sieben Uhr
zurück."
Da brauch' ich nicht
mit Lügen aufzuwarten.
Gott sei Dank.
Zu sich im Spiegel.
Er 1 Jetzt
schwör' ich's dir: Von
nun an will ich mich beherrschen. Wie
ein Mann, von mir aus. Nein,
das ist ganz schlecht. Das
geht ja grade nicht. Als
Mann müsst ich ganz anders handeln. Siehst
du nicht? Das ist doch das Problem. Ich
muss den Willen haben. Willen
ganz alleine reicht schon aus. Man
muss den festen Willen haben. Müsste, müsste... Damit
könntest du sehr viel erreichen. Merk'
dir das. Natürlich
hat sie recht. Es
ist doch gut und richtig, Wenn
sie sich dem eignen Mann, dem sie vertraut, Auch
anvertraut. Ich
brächte das nicht fertig. Stimmt. Ich
könnte meiner Frau nicht alles sagen. Könnt'
ich nicht und wollt' ich nicht. Aha! Und
tu es nicht, damit du's weißt. Und
seine Sympathie für mich Kann
tausend Gründe haben. Dann
noch meine Vorurteile. Ich
bin eingenommen gegen ihn. Natürlich
bin ich das. Und
sie? Ich lass' mich von ihr selbstzufrieden machen. Ist
mir alles klar. Es
ist doch schön zu wissen, Dass
sie liebt, mich liebt, sehr liebt. |
Von mir will ich nicht reden. Maßlos könnte alles sein, Ja, ohne Maßen. Dass sie mir das sagt, mir sagen kann, In einer Ehrlichkeit, Die brächte ich nicht auf. Sieh dich doch an. Ein Zimmer nehmen... Wie sie sich das denkt... Verführerisch ist der Gedanke... Ein Gedanke, der verführt? Und dann? Danach? Auf vieles müsstest du verzichten. Sei 'mal ehrlich. Ja, sei ehrlich. Ob dir das bekommt? Das würdest du doch gar nicht wollen, oder? Möchtest alles haben und behalten. Ja, du bist so einer. Hättest doch am liebsten beide, Deine Frau und diese Frau Und die Bequemlichkeiten, wie gewohnt, natürlich. Nur auf nichts verzichten. Nein? nicht ganz? Die Angst vor einem Neubeginn? Vielleicht die Angst, dass sie dich gar nicht liebt? Vielleicht sollst du ihr neues Spielzeug sein. Das hat sie nicht sofort bekommen, Und nun setzt sie ihren ganzen Ehrgeiz. ein. Sie hat vielleicht Probleme, selbst Probleme, Die du gar nicht kennst, nicht kennen kannst, Und niemals lösen könntest. |
Kann doch sein, dass sie auf Hilfe hofft, von dir, Und du weißt nichts davon, Nicht wie und wo du helfen solltest. Nein, das hört sich nicht mehr so gut an, nicht wahr? Gib's zu, gib's endlich zu: Du liebst sie. Das ist alles. Bist verrückt vor Liebe nach der Frau. Das weiß sie, ja, natürlich weiß sie es. Ich geb' dir einen Rat. Ein guter Rat von mir: Lass deine Finger von der Frau. Das
ist ein schlechter Rat? Kein
guter Rat? Ist gar kein Rat? Ja,
ja, ja, ja ich weiß, ich weiß!! Die
Wahrheit! Ja, die Wahrheit! Sie
liebt beide: Ihren Mann und mich. Das
kann ich nicht ertragen. Ich
versteh' es nicht. Sie
liebt uns beide, ihn und mich! Ich
kann nicht teilen. Nein,
ich kann nicht teilen. Keine
Frau aus zweiter Hand! Das
wär' mein Tod! Du
siehst es: Das kommt dabei 'raus. Vielleicht
begreifst du jetzt: Du
wirst sie nie, nie, nie für dich alleine Haben
können. Bist
doch sonst so schlau. Denk' nach! Da
fällt dir nichts mehr ein? |
Das Telefon klingelt. Er 1 nimmt den Hörer ab.
Sie 2 wird
eingeblendet. Sie sitzt am Telefon.
Er 1 Ja, bitte?
Sie 2 Du, ich bin allein.
Ich weiß nicht, was
ich machen soll.
Kannst
du mich hören?
Er 1 Ja, natürlich. Bist du schon Zuhause?
Sie 2 Du, ich möcht' dich noch einmal sehen.
Komm' noch 'mal. Du bist so einfach
fort!
Ich muss dir 'was erklären. Bitte,
komm'.
Er 1 Was denn.
Er 1 hört eine Tür
schlagen.
Er 1 Du ich kann nicht mehr.
Wir müssen aufhör'n.
Meine Frau kommt heim.
Sie 2 Ich muss dich seh'n. Ich will dich sehen.
Heute noch!
Wir treffen uns im
Park, im Zentrum,
Gleich am Eingang.
Sagen wir in einer
Stunde.
Er 1 Nein, das schaff' ich nicht.
Ich hab' doch keinen Wagen. Den
hat meine Frau.
Sie 2 Versuch es bitte, unbedingt.
Du,
ich verlass mich drauf.
Er 1 Ich will's versuchen. Also gut, ich
komme.
Sie 2 legt den Hörer
auf und wird ausgeblendet.
Sie 1 kommt auf den
Flur.
Sie 1 ist in Eile.
Er 1 Tag, kann ich den Wagen haben?
Sie 1 Hilf
mir bitte, auszuladen.
Ich muss gleich noch
einmal fort.
Kannst du nicht
warten?
Wohin willst du denn?
Er 1 Ich hab' es eilig. Brauch' ihn gleich,
sofort.
Ich will zu einer Vernissage.
Sie 1 Da
hast du doch noch Zeit.
Er 1 Wenn ich schon 'mal den Wagen haben
will...
Ich bin in Eile,
Will mich noch mit
jemandem dort treffen..
Gut, lass sein... Ich
nehm' die Bahn..
Sie 1 Wann
bist du denn zurück?
Mit
wem willst du dich treffen?
Er 1 Kennst du nicht.
Du brauchst auch nicht auf mich
zu warten.
Die
Bühne dreht sich. Das Zuhause wird ausgeblendet.
Sie
2 ist im Park auf einer Bank.
Ein
Fahrrad steht daneben. Sie fröstelt.
Er
1 kommt auf sie zu.
Sie
bleibt lässig sitzen, mit den Armen auf der Lehne.
Sie 2 Dass du doch noch kommst! Hat lang'
gedauert.
Bist du mit der Bahn gekommen?
Er 1 Ja, den Wagen konnte ich nicht nehmen.
Sie 2 Hast ihn nicht bekommen!
Deine Frau hat Krach gemacht,
nicht wahr?
Bin ich dir nicht
einmal das Geld
Für eine Taxe wert?
Er 1 An eine Taxe hab ich nicht gedacht.
Sie 2 Du hättest sie auch nicht genommen..
Er 1 Nein, wohl nicht.
Sie 2 Bestimmt nicht. Mir ist kalt.
Ich bin sehr bös' zu
dir?
Entschuldige.
Komm, Lieber, dicht zu
mir..
Er 1 setzt sich zu ihr
und nimmt sie in die Arme.
Sie 2 rollt sich aus
seinen Armen, kniet vor ihm
und legt ihren Kopf in
seinen Schoß.
Er 1 Was machst du denn?
Er 1 streichelt ihr
die Haare.
Sie 2 Ich mag es, so vor dir zu hocken,
Wenn du mich so hältst.
Er 1 Wir bringen unsre Hände durcheinander.
Sie 2 Ich weiß über meine gut Bescheid.
Er 1 Und dabei habe ich mir ganz fest
vorgenommen..
Sie 2 Ja, ich weiß.
Am liebsten würdest du
mich nicht mehr sehen wollen.
Aber den Gefallen tust
du dir natürlich nicht.
Und ich denk auch
nicht dran.
Er 1 Dein Kopf in meinem Schoß.
Noch nie hat eine Frau vor mir
gekniet.
Sie 2 Ich baue mir ein Nest mit meinen Haaren.
Er 1 Ich denk' an ein Bild dabei:
Man sieht, wie eine
Frau die langen Haare
In das Wasser eines
Baches taucht.
Dann hebt sie sie mit
beiden Händen an
Und geht mit ihrer
Fracht, den Haaren und dem Wasser,
Auf den Rasen, dort zu
einem Mann.
Dem kühlt sie mit dem
Haar die Stirn.
Sie 2 Ein bisschen zu romantisch, findst du
nicht?
Er 1 Das ist ein Bild, das Demut zeigen soll,
Und Liebe kann doch
schnell zu Demut werden,
Oder einer Art von
Demut.
Das kommt, weil du vor
mir kniest.
Sie 2 breitet etwas
spöttisch ihre Arme nach hinten aus.
Sie 2 Ach, Lieber, nimm mich bitte an..
Ich geh' mit dir wohin du willst.
Ich gebe mich dir hin.
Sieh her:
So her geb' ich mich dir.
Er 1 Ich glaub' es dir sogar.
Sie 2 Das sollst du auch.
Er 1 Du…
Er 1 küsst sie, und
sieht dann an ihr vorbei, den Weg hinunter.
Dann amüsiert:
Er 1 Steh' auf, sei brav. Es kommt ein
Mensch.
En Mann.
Vielleicht ist es
sogar dein Mann..
Zum Glück kenn' ich
ihn nicht.
Er 1 lacht etwas.
Sie2 ist gelangweilt.
Sie 2 Das kann schon sein.
Der Kursus ist um diese Zeit zu
Ende.
Und er geht dann immer
durch den Park.
Wir wohnen ja gleich
in der Nähe.
Er 1 Das sagst du aus Spaß.
Sie 2 Das könnt' er wirklich sein. Wart' ab. Er
ist gleich hier.
Er 1 springt hoch.
Sie 2 Nun wart' doch ab.
Er 1 Soll ich mich hier von ihm
Mit seiner eignen Frau
erwischen lassen?
Ich versteh' dich
nicht.
Ich müsste mich zu
Tode schämen.
Habt ihr wirklich kein
Geheimnis voreinander?
Er 1 geht schnell weg.
Sie 2 Lässt du mich nun einfach sitzen?
Bleib'
doch, lauf nicht weg!
Er 1 kommt kurz
zurück.
Er 1 Ich bin voll Wut auf dich, verdammt noch
'mal.
Ich Idiot.
Ich sollte auf mich
selber wütend sein.
Ich könnte heulen,
dass ich auf dich reingefallen bin.
Ich könnte heulen, wenn
es nicht die Wahrheit wäre.
Du und ich.., was
machst du nur mit mir.
Er 1 läuft nun fort.
Sie 2 wird
ausgeblendet.
Er 1 irrt im Park herum.
Er 1 Ist alles Selbstmitleid. Hast selber
schuld.
Er schaut nach hinten.
Er 1 Sie kommt nicht nach.
Ich will auch gar
nicht wissen,
Ob er es nun war.
Der Weg ist sicher
falsch.
Ich kenn' mich
überhaupt nicht aus.
Das kann noch lange
dauern,
Bis ich an die Straße
komm'.
Wenn ich am Ausgang
bin,
Wird keine Bahn mehr
fahren.
Höchstens noch ein Bus.
Vielleicht.
Er zeigt nach oben.
Er 1 Du könntest dafür sorgen, dass sie alle
schlafen,
Wenn ich Heim komm',
Dass sie morgen nicht
mehr fragen,
Und mir die Geschichte
mit der Vernissage abnehmen.
Ach mein Kopf, mein
Kopf.
Wie werd ich wieder schlafen.
Mach doch bitte, dass
ein anderer heut Nacht
Der Träumer meiner
Träume wird,
Und mach', dass ich
nicht wieder lügen muss.
Ich hab' das Lügen
satt!
Ich hab' es satt!
Ich lüge, lüge ohne
meine Schuld.
2.
Akt, 1. Bild "Liebesgeständnis"
Kantine
Sie 2 und Er 1 in der Kantine.
Einige Gäste.
Er 1 Du rufst mich nicht mehr an,
Du sprichst nicht mehr mit mir.
Sie 2 Aha, und du?
Er 1 Du bist so blass.
Sie 2 Und wenn ich mit dir reden will,
Lässt du mich einfach stehn.
Er 1 Das war nicht nett von mir. Entschuldige.
Ich hab' mich dann ja auch
besonnen.
Sie 2 Nur, weil meine Freundin Krach geschlagen
hat.
Er 1 Sonst wärst du jetzt mit ihr
An diesem Tisch.
Sie 2 's ist mir lieber so.
Er 1 Mir auch.
Geht's dir nicht gut? Was hast
du.
Soll ich uns 'was holen?
Sie 2 Nein, ich ess' nichts mehr, seit gestern
schon.
Er 1 Warum?
Sie 2 Weil du nicht angerufen hast,
Nicht mit mir sprichst.
Weil du nichts von mir wissen
willst.
Ich hab' dir nichts getan.
Ich lieb'
dich nur, und du...
Er 1 Du musst doch etwas essen!
Meinetwegen isst du nichts:
Was mach' ich wieder falsch?
Ich will doch nur, dass wir Distanz
gewinnen,
Und
statt dessen zwing ich dich, mich zu erpressen.
Jede andre Frau, hätt'
zehnmal nachgefragt,
Was los ist, warum
spricht er nicht mit mir.
Du ziehst statt dessen
gleich die Konsequenz daraus
Und isst nichts mehr.
Wenn ich dich bitte?
Sie 2 Nein, ich möchte nichts.
Sie legt ihren Kopf
ganz flach auf den
Tisch und schaut ihn
von unten an.
Sie 2 Ich esse wieder, esse dann erst wieder,
Wenn ich etwas ganz
Bestimmtes von dir höre.
Wenn du sagst, dass du
mich liebst.
Sag' es mir bitte,
bitte endlich.
Sag' es mir.
Ich möchte es ganz
langsam von dir hören,
Weil ich schon nicht mehr
dran glaub'.
Ich kann es nicht mehr
glauben.
Ich denk' immerzu, ich
rede mir das alles ein.
Ich will es endlich
von dir hören.
Ja, ich will es
wissen.
Er 1 Lieber Gott.
Er nimmt ihre Hand und
küsst die von außen und von innen.
Er 1 So küss' ich dich von außen und von
innen.
Hör' mir zu.
Ich stell jetzt meinen
Willen in die Ecke,
Und ich sag' dir,
Was ich dir nicht
sagen sollte.
Ich will unser Leben,
deines und das meine,
Nicht erschweren.
Und du weißt, das hab'
ich tausendmal gesagt,
Ich will, ich kann,
ich darf dich niemals lieben,
Niemals richtig. Doch,
das weißt du!
Wenn es jemals anders
kommen soll,
Dann sicher nicht
durch unser Zutun.
Hör' mir bitte weiter
zu.
Mit deiner Frage
zwingst du mich.
Anscheinend willst
meine Antwort,
Die ich dir mit jeder
Geste gebe, auch noch hören:
Ja, ich liebe dich.
Ich sag' es dir, weil
es so ist.
Ich schwöre dir, in
meinem Leben hab' ich keine Frau
So sehr verlangt, wie
dich.
Das ist die reine
Wahrheit.
Er küsst ihr die
Stirn.
Er 1 Meine Liebe frisst mich auf,
Weil ich mir
vorgenommen habe,
Sie in mir zu lassen.
Nie im Leben werde ich
so wieder lieben können.
Aber, ich sag' dir
alles nur dies eine Mal.
Danach nie wieder.
Und vor allen die es
hören wollen,
Werd' ich leugnen.
Vor mir selber werd'
ich es bestreiten
Und es nicht noch
einmal eingestehen.
Er küsst ihr noch
einmal die Hand.
Er 1 Also, es ist wahr,
Dass ich dich liebe,
liebe, liebe,
Mehr als alles in der
Welt.
Er legt seiner Finger
auf ihren Mund.
Ich möchte bei dir
sein.
Ganz nah,
Wie du es willst.
Ich möchte alles von
dir haben, glaubst du mir?
Es fällt mir schwer,
unsagbar schwer,
Von dir zu lassen.
Unsre Liebe lässt sich
aber nicht erfüllen.
Ja, ich geb' es zu,
Ich bin dabei, sie zu
begraben.
Das betrifft nur mich.
So bin ich eben.
Darum, hörst du, darum
bitt' ich dich,
Erschwer' uns nicht
die Tage.
Lass uns wenigstens so
nahe beieinander sein
Wie möglich,
Dass wir uns so oft
wie möglich sehen können.
Ich bin zu sehr
eingebunden,
Und ich kann nicht
über meinen Schatten springen.
Denk doch nur an meine
Frau, Familie und die Schreiberei.
Ich kann mir nicht die
kleinste Unterbrechung leisten.
Nein, Erfüllung gibt
es nicht.
Nicht für uns beide
und schon gar nicht jetzt.
Sie 2 zögert mit der
Antwort.
Sie 2 Ich glaub' dir. Ja, ich glaube dir.
Du zwingst mich auch.
Er 1 Zu was?
Sie 2 Du zwingst mich, dass ich mich entscheide.
Er 1 Bitte, und wofür, wogegen?
Sie 2 Wenn du glaubst, was du gesagt hast nehme
ich so hin,
Dann hast du dich geirrt.
Ich lass doch nicht
mit mir durch dich geschehn,
Was andere sich
wünschen!
Er 1 Andere?
Sie 2 Natürlich andere!
Die irren sich
gewaltig.
Du, das weiß ich
langsam, hilfst dir nicht,
Und mir, das sagst du
selber,
Willst du auch nicht
helfen.
Also nehm' ich selbst
die ganze Sache in die Hand.
Er 1 ist erleichtert.
Er 1 Das
find' ich gut.!
Ich weiß zwar nicht,
was du nun machen willst,
wünsch dir aber für
uns beide Glück,
Denn ich hab' wirklich
keine Ahnung.
Du machst das, was du
für richtig hältst.
Nach einer kleinen
Pause.
Er 1 Sei lieb und iss nun wieder, bitte.
Eine Kleinigkeit, dann
kommt der Appetit.
Es liegt mir viel
daran.
Sie sieht ihn lange
an.
Er 1 Was gibt's. Du glaubst mir doch?
Sie 2 Wenn du nur wüsstest, was ich alles machen
würde,
Um dich zu bekommen.
Alles, alles gäb' ich
her.
Du könntest alles,
alles von mir haben,
Alles, was du
wolltest.
Er nimmt ihr Gesicht
in beide Hände.
Zwischen ihnen steht
ein Kantinentisch.
Er 1 Du,
mit deinem überirdischen Gesicht.
Gerahmt mit blonden Haaren.
Deine Einsicht macht
mich froh.
Ich danke dir dafür.
Ich sage, Gott sei
Dank, weil es mich so erleichtert.
Sie stehen auf, um
sich Essen zu holen.
Sie flüstert in sein
Ohr
Sie 2 Sagst du's noch einmal?
2. Akt, 2. Bild,
„Kampf um Wahrheiten"
Zuhause bei Er 1 und Sie1.
Abends.
Er 1 Ich hasse jeden Wochenanfang.
Irgendetwas läuft doch immer
schief.
Sie 1 Da
ist ein Brief gekommen.
Ganz privat an dich.
Persönlich!
Eine Frau.
Den Namen kenn' ich
doch.
Die sitzt doch im Büro
bei dir.
Was will die denn.
Die kann doch mit dir
reden, wenn sie etwas will.
Er 1 Sie schreibt an mich?
Sie 1 Dann
weißt du, wen ich meine?
Habt ihr's miteinander?
Er 1 ist verdächtig verlegen.
Sie 1 Treibt ihr's miteinander im Büro?
Nach Feierabend etwa?
Auf den Tischen?
Auf dem Teppich, oder
wo?
Er 1 Du bist gemein.
Sie 1 Ich
schufte hier für dich und spiel' die Blöde
Er 1 Sei doch still.
Was bildest du dir ein.
Da ist doch nichts.
Wir unterhalten uns
und weiter nichts.
Ich schwör' es dir.
Was du gleich denkst.
Sie 1 Was
schreibt sie denn.
Er 1 Wie soll ich wissen, was sie schreibt.
Du hast doch ihren Brief. Gib
her.
Sie 1 Dann
lies ihn vor.
Sie 1 gibt ihm den
Brief, den er öffnet.
Er 1 Wir
werden sehn. Sie1 Das
möchtest du natürlich nicht. Ich
möchte auch so manches manchmal nicht, Und
du fragst nicht danach. Er 1 Herr
Gott, noch 'mal. Sie 1
Das hörst du nicht so gern'! Was
ist mit euch. Du
liebst sie, ist es so? Er 1 Es
ist ein bisschen so, und überhaupt nicht so. Ich
kann dich ja verstehn. Ich
würd' auch kochen. Sie 1
Würdest du, aha, wie nett, Das
freut mich aber, Und
beruhigt so. Er 1 Aha,
aha! Was
ist dabei. Sie drängt sich etwas auf, Und
ich, ich mag sie auch ein wenig. Das
ist doch erlaubt! Sie 1
Du liebst sie! Gib's doch
endlich zu! Er 1 Mein
Gott. Ich bin ja nicht aus Holz. Ich
bin oft stundenlang am Tag mit ihr zusammen, Aber
zwischen uns ist nichts gewesen, gar nichts. |
Sie 1
So, das soll ich glauben. Was
war neulich Abend mit dem Wagen los? Mit
deiner Vernissage? Meinst
du, die hab' ich dir geglaubt? Jetzt
weiß ich wo du warst. Hast
sie besucht! Natürlich. Bist
bei ihr gewesen. Er 1 Stimmt,
ich hab' sie noch getroffen. Das
war wichtig, weil wir uns noch niemals Richtig
ausgesprochen hatten. In
der Firma ging das nicht. Es
musste einfach sein. Das
hättest du doch nie verstanden. Sie 1
Und was gab es auszusprechen? Will
ich gar nicht wissen! Wo
und wann... Ich weiß Bescheid! Er 1 Das
ist nicht wahr! Um
Himmelswillen, nein, das ist nicht wahr! Es
stimmt, ich liebe sie. Ich
kann es mir ja selber nicht erklären. Sie 1
Hast es ihr natürlich gleich
gesagt! |
Er 1 Sie
denkt es sich. Sie weiß es nicht genau. Es
geht ja sowieso nicht. Will
sie nur als Freundin nicht verlieren, Das
hab' ich versucht ihr zu erklären. Sie1 Du
brauchst eine Freundin? Soll
die Händchen halten, oder was. Er 1 Ich
kann ihr wunderbar erklären Was
und wie, warum ich schreibe, Und
sie hört mir zu, Und
sie versteht mich auch, Ich
hoff' es jedenfalls. Sie 1
Mit mir kannst du natürlich
nicht darüber reden. Da
muss so ein Küken kommen! So
ein Miststück. Hat
von nichts 'ne Ahnung. Und verdreht
dir gleich den Kopf. Was
steht nun in dem Brief. Lies vor. |
Er1 überfliegt der Brief.
Er 1
Moment. Ich
muss ihn selber erst verstehn. Nein,
den lese ich nicht vor. Ich
sag' dir, was sie schreibt. Und
eines sag ich dir schon jetzt: Probleme,
nur Probleme. Sie 1
Was sie sagt! Er 1 Es
ist ein Angebot an mich. Sie
will mir meine Sachen schreiben helfen. Sie 1
Und, was noch? Er 1 Und,
dass sie etwas für mich tun will. Sie 1 Was
denn. Er 1 Wie
ich sagte: Sie
will für mich sorgen, dass ich schreiben kann. Sie 1
Die spinnt. Sie will dich an
sich binden, Dass
du blind nach ihrer Pfeife tanzt. Die
hält dich aus, und lässt dich fallen, Wenn
du ihr nicht mehr gefällst. Und
was verdient sie schon. Das
ist doch viel zu wenig, für euch beide. Alles
Schwachsinn! Er 1
Geht doch alles nicht. Sie
ist doch auch verheiratet. Genau wie wir. |
Sie 1
Du glaubst doch nicht, dass die
das stört! Im
Gegenteil! Die
Gegenleistung. Was
will sie als Gegenleistung haben? Die
ist doch verrückt! Er 1 Sie
will von mir nur, Dass
ich irgendwie mit ihr zusammenziehe, Will
mit mir zusammenleben, aber, Glaub'
mir, das ist ihre Phantasie. Kommt
nie für mich in Frage, Weißt
du doch, wie käme ich dazu. Ich
habe wirklich keinen Grund. Sie 1 Die
nimmt auf gar nichts Rücksicht! Das
machst du ihr aber klar. Sonst
ruf' ich selber bei ihr an. Er 1 Das
lässt du sein! Du
kannst mir glauben, Zwischen
uns ist nichts und wird nichts sein. Ich
schick den Brief an sie zurück. Ich
schreib' ihr ein paar Zeilen, Dass
sie nicht beleidigt ist. |
Sie 1
Es wird ja immer schöner! Sie
soll nicht beleidigt sein? Und
ich, was ist mit mir? Hat
sie mich nicht beleidigt? Er 1 Also
gut. Ich will mir ihre Freundschaft aber nicht
verderben. Sie 1
Was du davon hast! Er 1 Versprochen
ist versprochen: Ich
nehm' keinen Brief mehr von ihr an. Du
kannst dich drauf verlassen. Dir
erzähl ich lieber gar nichts mehr von ihr. Du
bist ja außer dir. Das
muss nicht sein. Im
Grunde gibt es keine Gründe. Sie 1
Trotzdem will ich alles wissen,
Und
ich möchte sicher sein, Dass
es nicht schlimmer wird, als es schon ist. Wer
weiß, was ich dir glauben kann. Er 1 Ich
hab' dir doch gesagt: Ich
schreib' ihr einen Brief und sag' ihr ab. |
Sie 1 möchte ihm den Brief
aus der Hand nehmen, aber er steckt ihn weg.
Sie 1 Die
schmeißen dich noch aus der Firma 'raus,
Nur wegen dieser Frau.
Wenn die 'was merken,
ist es aus mit dir.
Dann kannst du gehn,
Und ich kann sehn, wie
ich zurechtkomm'.
Daran denk' falls du
mal denkst!
Er 1 Ich kann doch mein Gefühl nicht ausziehn
Oder wechseln wie mein Hemd.
Was willst du noch. Von mir aus tret'
ich kurz,
Sie wird sich das nicht bieten lassen.
Ich
muss es erklären, dass sie es versteht.
Sie 1 Schick ihr den Brief zurück
Und mach's ihr klar!
Es klingelt an der
Tür. Das sind vielleicht die Kinder, ich mach' auf.
Sie 1 geht hinaus.
Er 1 0h Gott, mein Herr.
Ich bringe alles
durcheinander.
Hätt' ich lieber
nichts gesagt. Ich weiß nicht,
Alles ist so schnell
gekommen.
Natürlich hat sie
recht.
Ich müsste wissen, wo
ich hingehöre.
Er 1 holt den Brief
aus der Tasche.
Er 1 Andrerseits gefällt mir, was sie
schreibt.
Nicht schlecht. Das
meint sie aber nicht im Ernst.
Nein, ganz bestimmt
nicht.
Ich werd' schreiben,
dass ich ihr nicht besser
Meine Liebe hätte
eingestehen können
Als sie es mit diesem
Brief an mich getan hat.
Ja, der hat mich
überzeugt.
Die liebt mich
wirklich.
Vorher war ich voller
Zweifel, aber jetzt..
Vielleicht ist sie die
einzige Gelegenheit
Aus meinem Leben was
zu machen, da herauszukommen.
Nein, das schreib' ich
nicht.
Sie ist ja selbst
nicht frei.
Das übersieht sie
einfach.
Ich? Du meine Güte!
Vierfach unfrei!
Ja, dass müsste ich
ihr schreiben.
Dass sie sieht: ein
hoffnungsloser Fall.
Das schreibst du ihr natürlich
nicht.
Du wärest ja verrückt.
Er 1 zeigt mit dem
Finger nach oben.
Er 1 Ja, du da oben stehst im Wege,
Weil ich Treue halten
soll.
Die hab' ich ihr
geschworen, damals bei der Hochzeit.
Ist verjährt? Das
zählt heut' nicht?
Oh doch, mein Herr.
Das wär' zu einfach.
Das hab' ich
geschworen. War mein Schwur.
Geschworen ist
geschworen.
Pause.
Er 1 An
die Schreiberei darf ich nicht denken.
Wie soll
ich mich konzentrieren können, Wenn
ich liebe. Nichts darf mir dazwischen kommen. Das
wär' tödlich. Nein,
gib's zu, das Schlimmste ist ihr Mann. Du
würdest doch mit einer Frau aus zweiter Hand Nicht
glücklich werden, oder? Also siehst
du, so ist das. Ich
werd' sie bitten, mich aus ihrem schönen Kopf Zu
streichen. Und
wer streicht sie dir aus deinem? Das
ist das Problem. Da
kriegst du sie nicht 'raus. Und
über dich lacht sie sich aus. Mit Recht. Wenn
dies Gefühl nicht wäre: Dies
Gefühl Sichgehenlassenmöchten. Gibt's
das überhaupt? Bei
dir? Gewiss. |
Du darfst es ihr nicht zeigen. Ihr nicht und nicht deiner Frau. Nein, beiden nicht. Das nutzen beide schamlos aus. Ich werde keinen Brief mehr öffnen. Werd' sie einfach ungeöffnet lassen. Soll'n sie denken, was sie wolln. Was hab' ich denn davon. Nur Ärger hinterher. Es ist ganz eigenartig. Einen Brief nicht aufzumachen ist brutal. Erzwinge ich damit nicht eine Wahrheit, Die nicht existieren soll? Kann sein. Ich bringe das Geschehen durcheinander, Weil bei mir nicht das geschieht, Was sich der Briefeschreiber denkt. Es wird von mir nichts nachvollzogen. Gut, ich werd' es ihnen sagen, Aber sie versteh'n es nicht. Ein eigenartiges Gefühl. Es stellt den Briefeschreiber in ein ungewohntes Licht.
|
Er wird an seine Absicht denken: Wie mach' ich dem anderen das klar! Sie kann ja mit mir reden, wenn sie will. Und wenn sie's nicht tut, werde ich mir Eine Wirklichkeit ertasten.. Kann mir denken, was ich will, Vermuten, was der Briefeschreiber will. Ich könnte auf Gedanken kommen, Die viel schlimmer wären, Als es auf dem Blatt Papier zu lesen wäre. Könnte, könnte. Aber meine Wahrheit wird nicht schlimmer sein Als jede andere. Nur, mir bedeutet sie sehr viel. Ich möchte meinen eignen Irrweg ganz zu Ende geh'n. Ich weiß, das soll ja grad' vermieden werden. Aber ich stoß so auf neue Möglichkeiten. Treff' vielleicht auf neue Grenzen, Finde, wo das Undenkbare anfängt. |
Sie 1 kommt zurück mit
zwei Briefen in der Hand.
Sie 1 Das
errätst du nicht.
Es ist doch nicht zu
fassen.
Eben kam ein Taxi
vorgefahren.
Man setzt fort!
Gemeinsam!
Beide sind für dich.
Der eine ist von ihr,
der andere von ihm.
Von ihrem Mann!
Er 1 Gib her.
Die schick' ich so
zurück.
Ich werde keinen
öffnen.
Sie 1 Das versteh' ich nicht.
Du weißt doch gar nicht, was die
schreiben!
Er 1 Eben drum!
2.
Akt, 3. Bild "Versteinerung"
Büro
Er 1 im Büro.
Sie 2 kommt herein. Sie hat zwei Briefe in der Hand.
Im Büro liegt, wie zur Zierde, ein großer weißer Felsen.
Sie 2 Guten Morgen, oder besser: Guten Tag.
Ich habe Post für dich.
Er 1 Die will ich nicht,
Und die Geschäftspost
ist schon durch.
Ja, Guten Tag.
Sie 2 Ist rein geschäftlich.
Sie lacht.
Er 1 Weiß ich besser.
Sie 2 Feigling. Warum schickst du uns die Post
zurück?
So ungeöffnet? Ist doch kindisch.
Er 1 Find' ich nicht.
Ich weiß nicht, was
die Briefe sollen.
Sag mir, was du
willst.
Sie 2 Mein Brief ist wichtig.
Ohne ihn verstehst du meinen
ersten nicht...
Er 1 Dann sag' es.
Sie 2 …und mein Mann ist richtig traurig über
dich.
Er 1 Mag sein. Ich will die Briefe nicht.
Kannst du dir denken, was der erste
bei mir angerichtet hat?
Bei mir Zuhause? Nein, natürlich
nicht.
Sie 2 Du darfst mir aber schreiben, oder?
Er 1 Es war auch nicht richtig.
Ich
hätt' gar nichts machen sollen.
Sie 2 Find' ich nicht.
Mein zweiter Brief
gehört zum ersten, klärt ihn auf.
Den kann man so nicht
stehen lassen.
Pause.
Sie 2 Was mein Mann schreibt, weiß ich nicht.
Er 1 Ich denk' ihr sagt euch alles.
Diesmal nicht?
Ich will's auch gar
nicht wissen.
Beide Schreiben
intressier'n mich nicht.
Sie wirft ihm einen
vorwurfsvollen Blick zu.
Er 1 Ich weiß nicht, warum ich so bin zu dir.
Ich find' mich selber
ekelhaft. Entschuldige.
Sie 2 Es gibt nichts zu entschuldigen.
Du bist so. Einfach, fertig, aus.
Du denkst, wenn man beharrlich
schweigt,
Kann man mit Schweigen alles
überdecken.
Sie nimmt eine
Gießkanne und beginnt den
Felsen zu begießen.
Sie 2 Siehst du das?
Er 1 Warum. Was soll denn das nun wieder.
Sie 2 Dieser Stein bist du.
Ich habe Hoffnung.
Irgendwann, wirst du
erweichen.
Vielleicht treibst du
eines Tages Blüten?
Werden Steine älter
oder jünger?
Er 1 Warum fragst du das.
Sie 2 Ich frage mich, wie so ein Stein entsteht.
Der ist doch nicht so plötzlich
da.
Er 1 Er bricht aus einem größeren.
Sie 2 ...und dann zerbricht er noch einmal?
...und noch einmal?
...und aus den kleinen
Steinen wachsen wieder große?
...werden Felsen und
Gebirge?
...die zerbrechen
wieder, und so weiter, ist es so?
Er 1 Kann sein, vielleicht. Ich weiß es nicht.
Sie 2 Es ist so.
Deshalb sage ich, die
Steine werden immer jünger,
Weil sie kleiner
werden, und nie älter.
Siehst du nun, warum
ich Hoffnung habe?
Sie stellt die Kanne
wieder fort.
Er 1 Wenn wir noch Schüler wären,
Brächte man uns anders
zur Vernunft:
Man würde uns ins
Ausland schicken,
Auseinander bringen,
voneinander trennen.
Dich nach England,
mich nach Frankreich oder so.
Wir würden uns
vergessen müssen.
Sie 2 Aber, wir sind keine Schüler.
Ich auf keinen Fall!
Und wer entscheidet,
was vernünftig ist.
Für dich, für mich.
Du bist doch sowieso
aus Blech.
Und ich, ich hab' mir
vorgenommen,
Dich daraus zu lösen.
Aber,
Sie 2 zögert.
Sie 2 Ohne deine Hilfe schaff’ ich's nicht.
Du musst es wollen..
Und ich glaube
einfach, dass du's willst.
Du kannst nicht einmal
lieben!
Nein, du sagst es
zwar,
Und trotzdem liebst du
nichts.
Nicht deine Frau, nicht
mich,
Nicht deinen Gott,
nicht dein Zuhause,
Selbst die Dichtung,
deine eigne Dichtung nicht.
Ich lieb' dich aber.
Ja, ich liebe dich.
Ich weiß es,
Und ich weiß, dass du
zur Liebe fähig bist.
Sie begießt wieder den
Felsen.
Sie 2 Die will ich in dir wecken.
Sie lächelt ihn über
die Schulter an.
Er 1 Jedes deiner Lächeln ist so
unterschiedlich.
Dies zum Beispiel...
Sie 2 Dies zum Beispiel...?
Er 1 ...mütterlich und trotzdem so
zerstörerisch
Und auch, als gäbe es noch etwas,
Dass du für dich
retten willst.
Ich weiß nicht was es
ist.
Behalt's für dich.
Nein, bitte nicht.
Sie 2 Nimmst du die Briefe?
Er 1 Steht's darin? Ich will's nicht wissen.
Nein, behalt sie, hHeb' sie auf.
Sie 2 Ich habe Hoffnung und Geduld. Ich warte.
Weißt du, dass ich glaube,
Dass du wirklich nicht aus deiner
Haut kannst.
Schlimm ist das. Im
Grunde ist das
Schlimm für mich, für
dich,
Für meinen Mann, weil
er mich liebt.
Er mag dich auch.
Er 1 schweigt dazu.
Sie 2 Wir könnten alle drei...
Er 1 Mein. Gott, hör' auf!
Das könnten wir ganz
sicher nicht!
Er 1 im Scherz.
Er 1 Ganz anders säh' es mit zwei Frauen aus.
Das könnte mir gefallen.
Sie 2 fasst das nicht
als Scherz auf. Sie zögert mit der Antwort.
Sie 2 Gut, dann rede ich mit deiner Frau.
Er 1 Du bist verrückt.
Das war doch nur im Scherz.
Sie 2 Ich habe mich entschlossen.
Wenn ich dich nicht ganz bekomm',
Will ich dich halb.
Ich werd' dich mit ihr
teilen.
Du wirst kaum mit ihr
darüber reden wollen, oder?
Weiß sie überhaupt
schon von uns beiden?
Er 1 Ja, durch deinen Brief.
Sie weiß inzwischen,
dass es etwas gibt.
Dass es dich gibt.
Sie möchte, dass ich
mich entscheide.
Nein! Das hat sie
nicht gesagt!
Das ist mir so
herausgerutscht'.
Sie 2 Ich kenn' dich viel zu gut,
Und deine Frau ist
klug.
Das hätte sie in ihrem
ganzen Leben nicht gesagt!
Du hast es dir
gewünscht.
Das spricht doch sehr
für dich, für uns;
Ist frisches Wasser
auf die Mühle.
Sie 2 schmiegt sich an
ihn.
Sie 2 Lieber, was du da gesagt hast,
Ist viel mehr wert,
als...
Sie 2 küsst ihn.
Sie 2 ...ist mir Beweis.
Er 1 Wenn du dich an mich schmiegst,
Kann ich nicht denken.
Mich stört nur dein
Mann,
Und dass du heute
Abend wieder alles
Mit ihm durchsprichst.
Ich werd' krank von
dem Gedanken.
Sie 2 Sprich doch nicht von ihm
Und nicht von deiner
Frau.
Sprich nur von
mir und dir.
Ist nicht möglich.
Sie 2 Ist auch gar nicht nötig,
Wenn wir gleich zusammenziehen.
Er 1 Kann ich nicht. Das geht doch nicht.
Begreif' doch endlich.
Sie 2 In zehn Jahren lachen wir uns über das
Gespräch
Von heute tot.
Wir werden nämlich
dann schon jahrelang
Zusammenleben.
Er 1 Bist du sicher? Du mit mir ?
Sie 2 Du wirst noch deine Meinung ändern.
Brauchst noch Zeit. Ich hab' Geduld.
Was denkst du jetzt?
Er 1 Ich sag' nicht immer alles, was ich
denk'.
Sie 2 Und sagst statt dessen manches,
Was du gar nicht denkst.
Er 1 Das wäre?
Sie 2 Kannst dir sicher sehr gut vorstell'n,
Wie es mit uns wäre.
Sie 2 wird eingeblendet.
Sie 2 ruft von sich Zuhause an.
Sie 1 nimmt ab.
Sie 1 Ja,
bitte?
Sie 2 Hier bin ich. Sie wissen, wer ich bin?
Sie 1 Ich denke, ja. Sie sind es? Nein.
Sie 1 sieht zu ihm. Er1 steht erschrocken
auf und stellt sich in
die Tür,
als wollte er gehen.
Aber er hört zu.
Sie 2 Es wird nicht lange dauern. Sie 1
So . Sie 2 Ihr
Mann und ich sind übereingekommen, Sie 1
...ach, mein Mann und Sie. Sie 2 Wir
finden's besser, Wenn
wir für gewisse Zeit zusammen zieh'n. Sie1 Wie
bitte? Sie und er? Sie machen Witze Sie 2 Nein,
bestimmt nicht. Er
hat nicht den Mut und… Sie1 ...
es mir selbst zu sagen. Sie 2 Nein,
das nicht. Nein, es sich selber zu gestehn. Er
traut sich nicht, den Schritt allein zu machen. Dabei
braucht er Hilfe. Da will ich ihm helfen. Sie 1
Wollen Sie. Wie schön. Das
kann ich gut verstehn. Natürlich
nur für eine ganz bestimmte Zeit, nicht? |
Sie 2 Für
wie lange wissen wir noch nicht. Wir
wissen's beide nicht. Sie 1
Für ein paar Tage, Wochen,
oder wie? Sie 2 Nein,
nein. Ich denke so zehn Jahre. Sie 1
Nicht bis an Ihr Lebensende? Na,
wer weiß. Sie 2 Wir
woll'n zusammenziehn. Sie 1
Das sagten Sie. Sie 2 Ihr
Mann ist einverstanden. Nicht,
dass wir nun ständig aufeinander hocken wollen, Sondern,
dass wir uns ganz frei, So oft
wir wollen, treffen können. Sie 1
Und Sie wissen auch, wovon
Sie leben wollen? Sie 2 Ja,
natürlich. Aber das ist unsre Sache. Sie 1
Ach, natürlich, das ist Ihre
Sache. |
Sie 2 Ja,
ich denke, dass wir's schaffen werden. Anfangs
wird es sicher etwas schwer. Sie 1
Das macht doch nichts, nicht
wahr? Sie 2 Sie
sollten davon wissen, Weil
ich denke, dass es Sie doch überrascht. Sie1 Nein,
überhaupt nicht. Kommt mir wie gerufen. Wär
ja nicht das erste Mal. Sie 2 Das
ist ein andres Thema. Jedenfalls,
Sie wissen nun Bescheid. Und
über Einzelheiten kann man immer reden, Wenn
es soweit ist. Sie1 Aha.
Ich weiß Bescheid. Ich
soll mich sicher noch bedanken, oder? |
Sie 1 schmeißt den Hörer in die Gabel,
schaut sich wie irre
um und geht dann
ganz besonnen auf
einen Stuhl zu.
Sie 2 wird
ausgeblendet.
Sie1 Mein Lieblingsstuhl.
Der ist mir grade
recht.
Dazu hast du
wohl keinen Mut gehabt.
Mir das zu sagen,
schickst du dieses Miststück; vor!
Und die ist frech
genug! Die wagt es auch!
Mich anzurufen!
Eine Frechheit, eine Frechheit,
die sie sich erlaubt!
Sie 1 wirft ihm den
Stuhl hinterher. Der fällt auf den Boden.
Die Beine brechen ab. Sie 1 schreit- auf und schluchzt.
Sie1 Mein Stuhl, mein Stuhl. Mein
Lieblingsstuhl.
Den hab' ich selbst
bezogen.
Oh, mein schöner Stuhl!
Das alles ihretwegen.
Ach, mein schöner Stuhl.
Sie 1 kniet sich vor
den zerbrochenen Stuhl.
Er 1 Es
ist doch alles anders. Sie 1
Wag dich nicht in meine Nähe! Mach
den Mund nicht auf! Sei still! Du
Lügner, Lügner! Hast mich angelogen! Aber
jetzt weiß ich Bescheid! Zieh
doch zu ihr. Zieh aus! Geh doch. Lass
dir von ihr die Hemden bügeln Und
das Essen machen! Die
wird sich noch wundern! Deine
Launen kann sie auch ertragen. Die
kennt dich bis jetzt doch nur Von
deiner Schokoladenseite. Ja,
bei der versprühst du deinen ganzen Charme. Kein
Wunder, dass die auf dich fliegt. Mein
schöner Stuhl, mein schöner Stuhl. Er 1 Lass
doch den Stuhl. Ich
mach ihn wieder heil. Das krieg' ich hin. Lass
dir 'was sagen. |
Sie 1
Bleib mir bloß vom Leib! Du
kannst verschwinden. Zieh Zu diesem Miststück! Mach
doch, was du willst. Ich
bin nicht auf dich angewiesen. Geh doch, geh'. Mein
Stuhl, mein schöner Stuhl! Mein
Lieblingsstuhl. Er 1 Den
krieg' ich wieder hin. Hör zu. Sie 1
Ich hab' die Lügen satt. Und
wenn du mich berührst, Schrei
ich das ganze Haus zusammen. Er 1 Von
euch Weibern hab ich, Jetzt
die Schnauze voll. Ich
hab es satt! Hör auf mit dem Geplärr! |
Ich
habe nichts als Ärger, Streit im Haus! Steck
dir den Miststuhl an den Kopf, Verflucht
noch 'mal! Ihr
beide denkt doch nur an euch! Ihr
seid die größten Egoisten. Keine
von euch beiden denkt an mich! Ich
hab' ein Herz! Und was wollt ihr? Die
eine will den Kopf, mit allem was darin steckt, Die
andre will die Därme! Soll
ich mich zerreißen: Auseinanderreißen? Bin
ich für euch Futter, das ihr fressen dürft!
Du
kreischst herum! Sie
kriegt kein Kind von mir. Ich
war nicht 'mal mit ihr im Bett. Ich
hab' ihr nichts versprochen! |
Er 1 steht wieder auf. Jetzt kniet er sich vor den
Stuhl
und versucht, die
zerbrochenen Beine zusammenzustecken.
Es gelingt ihm nicht.
Sie1 Du meinst, du kriegst das wieder hin?
Er 1 Ich
kann doch nichts dafür,
Wenn sie hier anruft.
Kann ich dafür, wenn
wir uns lieben,
A b e r es nicht tun.
Ich frag' dich, ja,
ich frage dich!
Kannst du mir sagen,
was du möchtest:
Soll ich gehen, oder
bleiben.
Soll ich dich
verlassen.
Ich mach', was du
willst.
Sie 1 sieht, dass er die
Frage ernst meint, bleibt aber auf Distanz.
Sie 1 Was wird aus meinem Stuhl? Der ist antik.
Ist überhaupt nicht zu
bezahlen,
Weißt
du ganz genau.
Den Stoff hab' ich
bestickt.
Ich hab' ihn selbst
bezogen.
Wie
bekomm' ich den nur wieder heil.
Er 1 steht auf. Nun
kniet sie sich wieder vor den Stuhl.
Sie 1, eiskalt und
bestimmt.
Sie1
Du bleibst! Ich möchte, dass du bleibst.
Da weiß ich wenigstens noch was
ich habe.
Er
weicht erschrocken über ihre unerwartete Antwort zurück.
Sie 1
steht auf.
Sie1
Ich geh’ ins Bett. Allein!
Ich
brauch den Schlaf.
Sie 1 geht.
Er 1 wartet. Dann liest er etwas in einem Buch.
Geht dann zum Telefon
und ruft Sie 2 an.
Sie 2 wird
eingeblendet.
Sie 2 Hallo? Er 1 Du
bist verrückt. Du weißt nicht, Was
du angerichtet hast. Sie 2 Ein
Blutbad? Er 1 Fast.
Ich hab' ihr grad' gesagt, Dass
ich euch Weiber satt hab'. Hab'
ihr vorgeworfen, Dass ihr zwei die größten Egoisten seid, Nur
an euch selber denkt. Sie 2 Das
klärt die Fronten. So und so. Das macht nichts. Er 1 Du
willst meinen Kopf, Mit
allem was drin steckt, Und
sie will meine Därme. Beutetiere
seid ihr beide. Sie 2 Kann
sie haben. Er 1 Hättest
du ihr lieber nichts gesagt. Ich
weiß nicht, was ich machen soll. Sie 2 Ich
hab' es dir gesagt. Er 1 Bist
du alleine? Sie 2 Ja,
und du? Was machst du nun? Er 1 In
diesem Augenblick? Ich
blättre in dem „Buch der Bücher". Sie 2 In
der Bibel etwa? Das
ist doch kein Buch für dich. Er 1 Ich
hab' da 'was gefunden. Sie 2 Suchst
du Rat? Er 1 Vielleicht.
Ich glaube, ja. Hör zu. Ich hab's. Ein
Rätsel, das den Schlüssel in sich trägt. Ich
glaube, das ist gut. Sie 2 Dann
lies. Er 1 Es
heißt: "Ich habe dir geboten, Sei
getrost und unverzagt, Lass dir
nicht grauen, -
jetzt hör' zu - Und
lass dich nicht entsetzen, Denn
der Herr, dein Gott, Ist
hier mit dir in allem, Was
du tun wirst." Sie 2 Und
das heißt? Er 1 Verstehst
du nicht? Es ist das Wort „Entsetzen".
Wenn
man's anders liest: "Ent - Setzen". Durch
die Trennung kriegt es seinen Sinn! Ich
soll mich nicht von meinem Platz Ent-
setzen, nicht davon entfernen, Soll
ihn nicht verlassen, Gleich,
was kommt. Ich
soll mich nicht vor dir verstecken... |
Sie 2 Und.
vor unsrer Liebe. Du... Er 1 Jetzt
hab' ich mich entschlossen. Ich
soll keine Angst mehr haben. Es
ist alles gut. Es soll so sein. Sie 2 Ist
das dein Ernst? Ich
werd' verrückt vor Glück. Ich
kann es gar nicht sagen. Er 1 Wenn
du's überhaupt noch willst. Ist das
Musik in deinen Ohren? Sie 2 Treffen
wir uns noch? Er 1 Heut'
doch nicht mehr. Nein, morgen. Sie 2 Morgen
fällst du wieder um. Er 1 Ich
schwör' es dir: Ich
fall nicht um. Ich
akzeptiere unsre Liebe jetzt. Sie 2 Und
all die andren Hürden, Die
du immer wieder aufbaust? Er 1 Deinen
Mann.. Sie 2 Denk
nicht an ihn. Vergiss ihn endlich. Er 1 Ich
zieh aber nicht gleich aus. Ich
mache erst 'mal „Überstunden“. Sie 2 Für
den Anfang gut. Er 1 Ich
hätte nie geglaubt, Dass
du den Mut, sie anzurufen, finden würdest. Sie
hat einen Lieblingsstuhl, Den
liebt sie mehr als mich. Den
hat sie mir noch nachgeworfen, Brach
entzwei, natürlich. Sie
ist ganz verzweifelt. Sie 2 Siehst
du. Sie
zeigt dir auf ihre Weise ihre Liebe: Beißt der
Lieblingspuppe gleich den Kopf ab. Oder
denkst du, dass sie deinetwegen heult! Er 1 Sie
hat ihn selbst zerschlagen. Ach,
vielleicht verreis' ich 'mal für eins, zwei Tage. Sie 2 Bringst
du das? Mit mir? Er 1 Ich
glaube, ja, ich pfeif auf Treue. Sie 2 Sie
ist sicher treu. Ich
liebe dich. Er 1
Wart' ab und quäl' mich
nicht. Sag
nichts von euren Briefen. Ich
bin froh, dass ich jetzt glücklich bin. Ich
hab' gezögert, das ist nun vorbei. Sie 2 Wir
seh'n uns morgen? |
Er 1 Ich
kann jetzt viel freier Über
alles denken. Denk
auch plötzlich anders über die, Die
freier denken. Nicht so eng, wie sonst. Ich
glaube, die sind auch nicht schlechter Oder
besser, als die anderen. Sie
haben’s vielleicht besser, oder? Sie 2 Zwischen
uns darf.. Er 1 Selbst
der kleine König David Hat
die Frau des Knechts verführt. Sie 2 Du,
zwischen uns darf kein Geheimnis bleiben. Er 1 Bleibt
es nicht. Ich hasse Lügen. Weißt
du, dass der David seinen Knecht... Sie 2 Das
war gemein von ihm. Er 1 Es
muss nicht so weit kommen. Ach,
ich fühle mich so frei. Wir
werden schlau sein. Nicht
zu viel auf einmal. Alles
mit Bedacht. Sie 2 Mit
uns ist es doch anders, Denn
die Frau des Knechts von David wurde nicht gefragt. Ob
die ihn wollte? Er 1 Stimmt,
war anders. David hatte gleich nach ihr verlangt. Ich
dachte, dass mich meine Frau Zum
Teufel jagen würde. Sie 2 Hat
sie nicht. Die Quälerei war ganz umsonst. |
Sie legen die Hörer
auf. Sie 2 wird ausgeblendet.
Er 1 den zerbrochenen Stuhl und aus einer
"Apotheke"
eine übergroße Nadel
und einen übergroßen Faden
und versucht damit die
Stuhlbeine zusammenzunähen.
Das gelingt natürlich
nicht. Es ist hoffnungslos.
"Ein
Kartenhaus"
2.
Akt, 5. Bild, ein Kartenhaus
Er 1 und Sie 2 in der Kantine.
Sie 2 Du siehst mich an,
Als wolltest du mir etwas sagen.
Er 1 "Etwas" reicht nicht aus.
Sie 2 Du kannst es ruhig sagen: Du willst mich.
Du kannst mich haben.
Sie 2 in sein Ohr.
Sie 2 Heut'
ist Mittwoch. Er 1 Ich
bin froh, dass du nun wieder isst. Du
bist für mich ein Augennest, nein, tausend Augennester. Weißt
du, was ich mein'? Sie 2 Ich
seh's dir an. Du
ziehst mich mit den Augen aus. Das
hätt'st du früher nicht gewagt. Es
macht mir nichts. Ich weiß, dass es so ist. Wenn
wir uns länger kennen, gibt es sich. Ich
mag es, wenn du mich so anschaust, Wegen
deiner Augen. Er 1 Schamlos,
nicht? Beim Essen kommt der Appetit. Ich
stell mir deinen Körper vor. Ich
bin jetzt völlig frei. Sie 2 Und
dein Gewissen? Er 1 Nicht
vorhanden. Sie 2 Welch
ein Wandel. Irgendwie brutal. |
Er 1 Das
stimmt. Ich kann ganz schön brutal sein. Mein
Verhältnis zu Metall zum Beispiel. Wenn
ich Eisen sehe, möcht' ich es verbiegen. Ist
wie eine Lust. Es zieht mich magisch an. Ich
glaub' es zeigt mir meine Stärke, Einen
Widerstand, wie ich ihn in mir selber spüre. Sie 2 Eine
Art der Selbstzerstörung? Ganz
normal. Bei dir bestimmt. Du
kannst bestimmt auch grob sein. Seh
ich dir auf hundert Meter an. Nur
keine Angst. Ich mag es grob und sanft. Er 1 Es
war verkehrt von mir, Dich
so zu ignorieren. Sie 2 Du,
ich möchte mit dir reden. Sieh
mich bitte an. |
Er 1 Ein
Rückzug? Kannst es ruhig sagen. Ich
hätt' schneller schalten sollen. Sie 2 Nein,
das nicht. Wie kommst du drauf? Ich
will nur, dass du mir vertraust. Er 1 Man
soll nicht alles komplizierter machen, Als
es ist. Ich
bin so froh, dass ich mich doch entschlossen habe. Sag'
mir etwas Liebes. Deinen
Augen seh ich's an. Du
hast die Silberglöckchen schlagen hören. Nein,
sag' lieber nichts. Lass
mich nur deinen Mund betrachten. |
Er fährt mit den
Fingern ihre Lippenränder nach.
Er
1 Lippenwanderer. Sie 2 Ich
muss dir noch 'was sagen. Sonst
denkst du nachher, dass ich nicht ehrlich war. Er 1 Wieso,
ich möchte dich nur lieben. Ist
das nicht das wichtigste in diesem Augenblick? Sie 2 Trotzdem. Wenn
du mich lieben willst, Muss
ich dir eine Wahrheit sagen, Und
noch eine andere Und
eine, die du nicht verstehst, Und
eine, die ich selber nicht verstand. Er 1 Das
will ich nicht. Ich mag nichts hören. Ich
hab' gar nicht aufgepasst. Ich
bin auf nichts gefasst. Gesteh'
mir doch ein andres Mal. Sie 2 Ich
hab' nichts zu gestehen, Aber
vor zwei Jahren hatt' ich eine Fehlgeburt, Und
einmal hab' ich abgetrieben. |
Er 1 Dein
Besteck! Sie 2 Was
ist damit? Er 1 Es
sind zwei Ruderblätter, Die
nicht mehr ins Wasser finden. Unbeweglich.
Stehen
einfach still. Das
ist die Strafe. Sie 2 Hör'
mir erst 'mal zu. Er 1 Was
noch, noch mehr? Sie 2 Das
Kind kam, glaube ich, von meinem Mann, Das,
was ich abgetrieben habe, Kam,
von einem Arzt. Er 1 Wie
praktisch. Sehr bequem. Sie 2 Das
ist noch gar nicht lange her. War
kurz bevor ich zu euch kam. Er 1 Oh,
Gott. Ich
dachte immer, Kartenhäuser Stürzen
schnell zusammen. Meine
aber fall'n in einer Langsamkeit, Die
ist fast unerträglich. Sie 2 Weißt
du, dass ich keine Pille nehme? |
|
Sie lacht hell auf.
Er 1 Wegen diese Lachens lieb' ich dich.
Sie 2 Ich nehm' die Pille nicht.
Was würdst du tun,
Wenn ich von dir ein Kind
bekäme?
Er 1 Was? Wie willst du das denn machen?
Noch sind wir doch nicht...
Sie 2 Nun sei nicht so entrüstet.
Irgendwie versteh' ich dich ja
gut.
Du hältst mich jetzt für ein
Nutte, stimmt's?
Trotzdem, das musst du glauben,
Ich erzähl' dir alles
nur,
Weil ich dich ganz für
mich alleine haben will.
Das ist der Grund,
warum ich "beichte".
Lieben will ich dich.
Ich will dich lieben.
Ich und niemand sonst.
Ich liebe dich, wie
nie zuvor in meinem Leben
Einen Menschen.
Das sag' ich dir nur,
Damit du mir
vertraust.
Vertraust du mir?
Er 1 Wer kommt nach mir?
Kennst du den schon?
Was ist mit mir, wenn ich nicht
mehr der Letzte bin?
Sie 2 Du willst mir weh tun.
Darauf sag' ich nichts.
Sie hebt energisch
ihren Kopf:
Er 1 Es gibt noch mehr, als nur dein Lachen.
Deinen ganzen Kopf...
Er ist zu schön.
Die Haare rahmen alles
ein.
Verirrte Ranken, die
um ein Geländer wachsen.
Bitte halte still.
Ich steh' auf einer
Treppe.
Es ist eigenartig. Was
du sagst
Ist schlimm für mich,
ist maßlos schlimm.
Und trotzdem ist es
so,
Als ob mich alles, was
du sagst,
Zu dir hinüberzieht.
Er 1 Wie ich dich liebe,
Liebt dich keine
zweite Frau.
Das ist nicht möglich.
Nein, das gibt es
nicht.
Du glaubst, wenn man
sich treu ist, liebt man sich.
Bestimmt ist sie dir
treu. Wenn ich mir vorstell':
Deine Frau und du!
Von Liebe habt ihr
beide keine Ahnung.
Nichts wisst ihr
davon.
Ihr seht sie euch durch
Fensterscheiben an
Und steht selbst
draußen.
Aber dich hol' ich
herein.
Dich will ich Liebe
lehren.
Die ist unermesslich.
Er 1 Hat
für viele Platz. Verzeih', das war nicht so gemeint.
Du reißt in mir die Wände ein.
Das schmerzt.
Ich grabe jetzt in kalter Asche.
Sie 2 Wände deines Kartenhauses.
Nach einer Pause.
Sie 2 Für ein Jahr war ich mit einer Frau
zusammen.
Sehr intim.
Ich hab' mit ihr
gelebt, als Frau mit einer Frau,
Verstehst du?
Er ist geschockt.
Sie 2 Frauen lieben intensiver und intimer.
Allerdings sind sie
viel eifersüchtiger.
Das mochte ich zum
Schluss nicht mehr.
Er 1 Und deinen Mann hast du danach gefunden,
Nach der Frau?
Sie 2 Den kannte ich schon lange vorher.
Aus der Jugend, aus der Schulzeit.
Eine Zeitlang waren wir fast wie
Geschwister.
Dann kam etwas anderes dazu.
Wir kennen uns schon
lange.
Weißt du meinen Mann
lieb' ich ganz anders,
Als nun dich.
Pause.
Sie 2 Es wäre schön, wenn ihr euch gut vertragen
würdet.
Er 1 Das wäre gar nicht auszudenken.
Wenn ich mir das
vorstell'.
Das wär eine Wanderung
durch Schotter, durch Geröll.
Ein falscher Schritt,
Und man stürzt ab.
Ich habe gar nichts
gegen ihn.
Er brauchte aber
meinetwegen nicht zu sein.
Ich mein', an deiner
Seite.
Sie 2 Und der Mensch an deiner Seite?
Er 1 Du hast recht. Wir sind an unsren Platz
gestellt.
Und keiner hat im Grunde etwas
ausgesucht.
Und dass wir uns
begegnet sind
Und uns nicht finden
können,
Ist doch auch
verflucht.
Sie 2 Das find' ich nicht.
Du sollst nur wissen,
wen du vor dir hast.
Ich möchte, dass du
mir vertraust.
Ich möchte ehrlich
sein.
Ich bin jetzt sehr
erleichtert,
Weil ich dir das alles
schon seit langem
Hatte sagen woll'n.
Er 1 Geschieht mir recht.
Sie 2 Sei froh! Es ist das erste Mal,
Dass du von deinen
Vorurteilen abgekommen bist.
Ich seh' dich nun viel
deutlicher.
Ich seh', wie schwer
es für dich ist,
Da 'rauszukommen,
alles aufzugeben,
Was man dir in
viereinhalb Jahrzehnten
Eingetrichtert hat.
Sie holt die zwei Briefe
aus der Tasche.
Er 1 Ich kann mich nicht mehr konzentrieren.
Du hast immer noch die
Briefe?
Warum machst du dich
zum Boten deines Mannes?
Das versteh' ich
nicht, versteh' ich nicht,
Das kann ich nicht
versteh'n!
Sie 2 Ich weiß nicht, was er schreibt.
Er hat es nicht gesagt.
Nimm sie doch an und
öffne sie.
Lies sie. Hab' keine
Angst. Ich les sie vor?
Er 1 Auf keinen Fall.
Ich kann nicht wissen,
was dein Mann mir schreibt.
Ich kann's mir aber
denken,
Und was du mir sagen
willst,
Brauchst du nicht
aufzuschreiben.
Briefe deines Mannes
mag ich nicht.
Ich weiß nicht, was
das soll.
Ihr treibt mich in die
Enge.
Sie 2 Er ist dir nicht böse.
Glaub' mir, wirklich nicht.
Er 1 Ich glaube, dass er mich nicht mag.
Er will mich warnen, ist doch
klar.
Das weiß ich ohne seinen Brief,
Und heute Abend wirst
du alles wieder brav erzählen.
Gott, in was bin ich
geraten.
Ich versteh' nichts
mehr,
Ich muss jetzt geh’n.
Sie 2 Und meinen willst du auch nicht?
Sie steckt die Briefe wieder ein.
Er 1 Nein. Vergiss mich. Lass die Briefe sein
Und lass das Schreiben.
Schreibt mir keine Briefe mehr
nach Haus'.
2.Akt,
6.Bild, "Erfolgloser Bote
"Zuhause
Abends bei Er 1 und Sie 1 Zuhause.
Er 1 kommt von der Arbeit heim.
Sie 1 Na,
was gibt' s.
Hat sie sich noch gemeldet?
Er 1 Nein. Wir seh'n uns im Büro.
Mehr nicht.
Sie 1 Das
müsst ihr ja.
Hat sie nichts mehr
gesagt? Kein Wort?
Und nichts von ihrem
Mann?
Er 1 Kein Wort von ihrem Mann, und sie
schweigt auch.
Seit Tagen nichts. Jetzt ist wohl
Ruhe.
Sie 1 Das
hast du schon oft gesagt.
Die lässt nicht nach, die nicht.
Wenn ich dran denk',
Was die am Telefon von
sich gegeben hat.
Die gibt nie auf.
Was du denkst, will
ich gar nicht wissen:
"Was der Mensch
nicht weiß,
Macht ihn nicht
heiß!"
Er 1 Ich hoffe, dass sie mich vergisst.
Sie 1 geht hinaus.
Er
1 Ich hoffe, dass es nicht so ist. Kein Sterbenswort. Seit Tagen schon. Sie schweigt, sie ruft nicht an. Ich
wag' es nicht. Das weiß sie doch, Dass
müsste sie doch wissen. Ich
kämpf nur noch gegen meine Liebe an. Und
dabei müsste ich sie hassen. Alles
macht sie mir kaputt. Gott
weiß aus welchem Grund. Und
ich zerstöre ihre Liebe. Alles falsch. Wenn
ich sie sehe, kann ich nur noch an sie denken. Ich
vergesse dann sofort, was sie mir alles Eingestanden
hat. Nicht eingestanden, Aber
was sie mich hat wissen lassen. War
nicht nötig. Hätt' sie auch für sich behalten können. |
Häng'
ihr richtig nach, und seh ihr nach, Das
ist schon unverschämt. Das
spürt sie sicher. Wenn sie dann geschäftlich zu mir
kommt, Werd' ich zu Eis. Und dabei möchte ich die Arme um sie
legen. Sie hat eine sehnsuchtsvolle Art der
Liebe In mir aufgeweckt. Ich kann es nicht
erklären. Möchte angenommen werden, möchte
geben, Möchte aber auch dabei zugrunde
gehen. |
Habe keinen Widerstand. Ich suche ihre Nähe. Pausenlos. Ich denke manchmal, Dass sie mir mit ihren Augen etwas
sagen will. Ich müsste mit ihr reden. Wenn ich sie nicht sehe, ist es
anders. So wie jetzt. Dann hab' ich meinen Vorsatz, gegen
jede Besserwisserei: Lass sie in Ruhe. Denke nicht an sie. Sie hat dich längst vergessen. Das geht eins, zwei Tage gut. Nein, alles Lüge. Nein in Wirklichkeit wird es bei mir Mit jedem Tag nur schlimmer. Ihr geht's sicher ganz genau so. |
Es klingelt an der Tür
Er 1 Öffnet. Er 2 steht in der Tür.
Er 1 Bitte? Guten Abend. Kommen Sie..
Pause.
Er 2 bleibt in der Tür stehen.
Er 2 Ich
bin ihr Mann. Sie kennen mich.
Sie 1 kommt hinzu.
Er 2 spricht mit
völlig verträumter Stimme
Er 2 Sie
kennen mich, von Ihrer letzten Dichterlesung.
Er 1 Ja, mein Gott. Sie haben recht.
Das wusste ich nicht mehr. Es
stimmt.
Sie 1 Was gibt es denn? Wer ist der Herr:
Bitt' ihn herein.. Ach so, sind Sie
ihr Mann?
Natürlich. Wurd' auch Zeit, wie
gut.
Er 2 Ich
bin in Eile. Draußen steht mein Taxi.
Ja, mein Taxi wartet.
Möchte weiter nichts, als diesen
Brief abgeben.
Ist der Brief von meiner Frau.
E 1r hat einen Brief
in der Hand.
Er 2 Ich
bringe Ihnen ihren Brief.
Ich möchte, dass Sie diesen Brief
annehmen.
Meinen eignen halte ich zurück.
Sie sagt, ihr Brief sei wichtig.
Ich weiß nicht, was sie da schreibt.
Sie sagt nur, dass er wichtig ist,
Und dass Sie ihn bis jetzt nicht
nehmen wollten.
Er 1 Das ist richtig, und das wird so bleiben.
Er 2 Woll'n
Sie mir nicht den Gefallen tun?
Ich bitte Sie. Ich tu es nicht für
mich.
Ich tu's für sie.
Er 1 Sie bringen ihren Brief? Warum.
Ich will ihn nicht. Das weiß sie doch.
Und deshalb fahren Sie mit einem Taxi?
Er 1 Nein, auf keinen Fall.
Er 2 Ich
bitte Sie. So nehmen Sie ihn doch.
Er 1 Ich denke nicht daran.
Weiß sie davon, dass Sie mit
ihrem Brief bei uns sind?
Er 2 wendet sein
Gesicht nach draußen, bleibt aber in der Tür stehen.
Er 1 und Sie 1 sehen
sich ratlos an.
Er 1 Komm'n Sie doch herein.
So zwischen Tür und Angel. Kommen Sie.
Er 2 wendet sich ihnen
wieder zu, bleibt aber in der Tür.
Er 2 Sie
weiß es nicht. Sie tut mir leid.
Ich möchte sehr, dass Sie den
Brief erhalten.
Er 1 Nein, ich nehm' ihn nicht.
Ich seh' es auch nicht ein.
Sie kann ja mit mir reden.
Braucht mir nicht zu schreiben.
Er 2 Sie
würd' gerne selber kommen...
Sie 1 Nie! Das soll sie ja nicht wagen!
Er 1 Sei doch bitte still.
Sie 1 Ich weiß, du fändst das auch noch toll!
Die kommt mir nicht in's Haus.
Verzeihen Sie. Sie ist ja Ihre
Frau.
Er 2 Ich
öffne ihn und les' ihn vor. Ist das in Ordnung?
Er 1 Auch umsonst. Dann geh' ich 'raus.
Ich will das nicht.
Sie 1 geht beiseite und will das Zimmer verlassen.
Er 1 geht hinterher, hält
sie am Arm fest und spricht ihr ins Ohr.
Er 1 Der ist arm dran. Das siehst du doch.
Du siehst doch, der
ist wie aus Watte.
Steht herum und kommt
nicht 'rein
Und geht nicht 'raus.
Mir tut er leid.
Er ist ja wie betäubt.
Und die Mission bringt
der so nicht zu Ende.
Weil ich es nicht
will. Bleib' hier.
Er wird es schon
verstehn.
Zu Er 2 gewandt.
Er 1 Verstehen Sie uns bitte, oder mich.
Er 2 Ich
leg' den Brief hier hin.
Vielleicht besinnen Sie sich
doch.
Er 1 Es gibt nichts zu besinnen.
Dieser Brief bleibt nicht im
Haus'.
Betretenes Schweigen.
Er 2 dreht sich
langsam um und geht mit dem Brief wieder fort.
Beide sehen ihm nach.
Sie 1 Du
hätt’st den Brief doch nehmen können oder sollen.
Er 1 Ich versteh' dich nicht.
Ich hab' geschworen,
keine Post von ihr
Und keinen Brief von
ihm mehr anzunehmen.
Sie 2 Ach, geschworen. Das ist leicht gesagt.
Er 1 Ich bleib' dabei.
Sie 2 Fängt nun das ganze wieder an?
Noch ' mal von vorne?
Er 1 Nein. Das Ganze ist doch längst
vergessen.
Der wollt' testen, ob noch irgendetwas
läuft.
Ob ich 'was mit ihr habe. Das war
alles.
Sie 1 So
sah der nicht aus.
Die Sache ist bestimmt
noch nicht zu Ende,
Die fängt jetzt erst
an.
Ich möchte auch nicht
wissen, was du wirklich denkst.
Vielleicht ist dir das ganze
Auch egal.
Willst dich mit nichts belasten.
Das wär' typisch.
Trau' ich dir am meisten zu.
3.
Akt, 1. Bild, Auf der Suche, ein Lied.
Im Park
Ein schöner Tag.
Sie 2 und Er 1 treten auf und setzen sich auf den Rasen.
Er 1 Ein Lied von Freiheit
Und von Gummibärchen,
Sie 2 Und von Zwischenwegen in den Gärten,
Er 1 Die einst waren,
Sie 2 Und von einem neuen Ursprung.
Sie singen beide ein
Lied.
Die Zeit der
Gummibärchen ist vorbei,
Sie schrien umsonst
Nach einer dummen
Freiheit.
Kinder haben die
Bonbons gegessen;
Von den aufgeblasnen
Tüten
Blieb ein Knall.
Man lässt das Unkraut
Wieder in den Gärten
wachsen.
Zwischenwege, die
einst waren,
Sind vergessen.
Irgendwo entsteht ein
neuer Ursprung,
Den erkennt man
An der ausgestreckten
Hand.
Die schneidet einfach
Fenster
In die Landschaft.
Das bringt Raum
Und großen Abstand.
3.
Akt, 2. Bild, "Ein Kind? Trennung? Freundschaft?
Straße
Männerliebe? Männerhass? Oder Suche nach der Freiheit?"
Vor dem Ausgang der Firma. Feierabend. Gegenüber ein Straßencafe.
Er 1 kommt aus dem Haus. Ihm folgt Sie 2 .
Ein Telefonhäuschen.
Sie 2 Warte bitte, warte doch.
Ich muss dich sprechen, wart' auf
mich.
Er 1 Ich hab' dich nicht gesehn. Wie schön.
Was gibt es?
Sie gibt ihm die Hand,
die er sich schnell an den Mund führt.
Er 1 Danke,
dass du mit mir sprichst. Sie 2 Es geht zu Ende, weißt du's schon? Er 1 Was
geht zu Ende, ich versteh' dich nicht, Was
meinst du. Sie 2 Na, mit uns, mit meinem Job. Ich
hab' gekündigt. Er 1 Nein, das
gibt's doch nicht. Wieso, warum.
Schmeißt
man dich 'raus? Sie 2 So ähnlich. Wir
bekommen neue Chefs, die bringen ihre Damen mit. So
hat man' s uns gesagt. Wir
soll'n uns darauf vorbereiten. Heißt
im Klartext: War sehr nett mit Ihnen, Gute
Reise: Er 1 Wer
hat das gesagt. Sie 2 Die Personalabteilung. Sagen
zwar, das ganze hätt' noch Zeit, Und
dass man uns nur darauf vorbereiten wollte, Aber
trotzdem... Er 1 Du
hast Ernst gemacht und gleich gekündigt. War
doch ganz bestimmt nicht nötig. Das
ist schlimm. Ich kann es gar nicht fassen. Und
zu wann? Was wird aus uns? Sie 2 Ich weiß nicht. Kommt dir doch entgegen, oder? Nein,
verzeih, das war nicht so gemeint. Er 1 Es
reicht. Ich find' wir haben uns genug gequält. Den
ganzen Tag denk' ich nur noch an dich. Ich
kann an überhaupt nichts anderes mehr denken. Tag
für Tag. Das weißt du doch. Ich
hab' dich immerzu vor Augen. Sie 2 Siehst mich aber trotzdem nicht. Siehst
mich nicht einmal an. Du
könntest dich doch wenigstens 'mal melden. Aber
nichts! |
Er 1 Ich
weiß. Versteh mich selber nicht. Mach'
alles falsch. Aus
dir werd' ich genauso wenig schlau. Was
soll nur aus uns werden. Und
Zuhause bin ich auch nicht mehr wie früher. Die
Familie leidet unter mir. Benehme
mich, als ginge sie mich nichts mehr an. Ich
hab' mich ganz zurückgezogen. Gebe
vor zu schreiben. Stimmt sogar. Ist
trotzdem nur ein Vorwand. Alles,
was mir früher wichtig war, Hab'
ich ganz hinten an gestellt. Mein
Glauben macht mir Sorgen. Sie 2 So, dein Glauben macht dir Sorgen. Intressant! Sonst
nichts. Er 1 Doch
andres auch. Mein
Gott, du wirst doch nicht so einfach gehen wollen, Nicht
so schnell. Vielleicht
kannst du die Sache stoppen. Sag',
es wäre übereilt gewesen, Dass
du bleiben möchtest, wenn es geht. Du
wärest überrascht gewesen. Sag,
du würdest auch in eine andere Abteilung geh'n. Versuch
es bitte. Sie 2 Gut, ich kann's versuchen. Alles hat noch Zeit. Soll
erst im Herbst passieren. Wirklich
nicht sofort. Er 1 Die
haben dich beleidigt? Sie 2 Ja, natürlich. Ist doch unverschämt. Was
die sich leisten, wie die mit mir umgehn! Er 1 Hast
j a recht. Dein
Übereifer war trotzdem nicht nötig. Er 1 Zieh
die Kündigung zurück. Ich
werde sagen, dass wir dich In
unserer Abteilung brauchen. Ja,
das geht vielleicht. Sie 2 Vielleicht. |
Er 1 Hast
du nicht einen Augenblick dabei An
mich gedacht? An
Trennung hätte ich von mir aus nie gedacht. Vielleicht
auch besser so. Sie 2 Dein Kartenhaus? Er 1 Ein
Vorhang wird zerrissen. Mittendurch. Sie 2 Das heißt? Er 1 Ich
seh' jetzt deutlich, Was
ich zu verlieren habe. Wolltest
du das wissen? Ich
darf nicht zu Ende denken. Echter
Wahnsinn könnte so beginnen. Sie 2 Wir sind doch nicht aus der Welt. Ich
war in Wut und hab' nicht lange nachgedacht. Er 1 Wahrscheinlich
hast du recht. Viel
mehr als Freundschaft würde sowieso Nicht
übrig bleiben. Sie 2 Meinst du? Sag' mal, willst du nicht verstehn? Du
tust, als wäre meine Kündigung ür
uns von Nachteil. Ist
doch ganz genau das Gegenteil. Wir
können uns viel unbeschwerter treffen. Wann
und wo wir wollen. Alles
wird bequemer, viel bequemer. Siehst
du das nicht ein? Er 1 Ich
sehe, dass du mir verloren gehst. Es
ist schon schlimm, dass unsre Liebe keine Liebe war, Aus
unsrer Liebe keine Liebe werden wird. Dass
ich dich aber nicht mehr sehen soll und darf, Ist
viel, viel schlimmer. |
Sie2 lacht auf.
Sie 2 Wenn ich in diesem Haus nichts werden kann
Und dich nicht lieben darf,
Werd' ich Gewalt anwenden.
Er 1 Du, Gewalt? Und gegen wen?
Spöttisch.
Er 1 Und ohne Waffe wirst du gar nichts werden
können.
Sie 2 Das ist kein Problem.
Ich hab schon lange
eine Waffe.
Wenn nicht gegen dich,
dann gegen einen andren.
Eine Waffe jedenfalls
ist kein Problem.
Genau genommen, weiß
ich, wo mein Vater eine hat.
Ich kann auch damit
umgehn.
Hat er mir gezeigt.
Hab selbst damit
geschossen.
Ich weiß ganz genau
damit Bescheid.
Sie liegt versteckt.
Na ja, das ist nicht schwer.
Die Wohnung ist sehr
klein.
Du brauchst nicht
blass zu werden.
Er 1 In Gedanken hast du mich schon paar Mal
umgebracht,
Nicht wahr?
Sie 2 Vielleicht, vielleicht auch einen
anderen.
Dich will ich erst noch lieben.
Sie 2 kommt ganz nahe
an sein Gesicht.
Sie 2 Weißt
du doch. Er 1 Dass
du an eine Waffe kommst, Allein
schon, dass du daran denkst... Und
was du in Gedanken damit machst, ich sage in Gedanken.. Sie 2 Du hast Angst vor mir? Er 1
Ich weiß nicht. Nein, ich glaube, nein.
Ich
würde mich nicht fürchten, Dir
zu unterliegen. Andrerseits,
die Sache könnte wirklich unsanft enden. Sie 2 Wird sie nicht. Du bist das Pfand dafür. Er 1 Du
weißt nicht, dass ich irgendwie ganz gerne Durch
dich sterben würde. Nein,
du weißt nicht, was mir das bedeuten würde. Kannst
es ja nicht wissen. Ist
ein Abgrund, fast pervers, Empfinden,
weißt du, wider die Natur. Sie 2 Beschreib' es mir. Ich denke auch viel Schlimmes. Denkt
doch jeder. |
Er 1 Es
wär eine Krönung, Glück, Befriedigung, Befreiung,
alles, wenn mein Tod Durch
dich, durch meine Liebe zu mir kommen würde. Wenn
ich ihn durch dich erhalten würde. Eine
Art Verschmelzung wäre es. Ja,
eine Art Verschmelzung, aber nicht mit dir, Nein,
nur mit mir. Es
wäre unvorstellbar. Sie 2 Tritt nicht ein. Gewalt
wend' ich nicht an. Er 1 Es
wär' ein Hochgefühl. Mit einem Schlag wär' ich aus allem 'raus Und endlich frei. Sie 2 Das ist die Lust an Selbstzerstörung. Ganz
normal. Nicht weiter schlimm. Die
Tür verschließ dir wieder. Er 1 Bis
auf einen kleinen Spalt. |
|
Ironisch.
Er 1 Viel Glück, Madame.
Ich biete mich als Opfer an.
Sie 2 Du sollst kein Opfer sein.
Sie2 ist nun sehr ernst und sehr einschmeichelnd.
Nah an ihm.
Sie 2 Ich möchte dich um etwas bitten.
Ja, ich glaube es ist
Zeit,
Dass ich's dir sage.
Er 1 Wenn ich deinen Wunsch erfüllen kann.
Sie 2 Es ist sehr ernst. Ich habe lange
überlegt,
Wie ich's dir sagen soll und
wann.
Er 1 Dann sag' es schnell.
Sie 2 Ich will dich bitten, einfach bitten,
Weil ich denke, dass du's nun
auch selber möchtest.
Sie 2 legt ihm den
Finger auf den Mund.
Sie 2 Schlaf mit mir, weil ich es will.
Und nicht nur so, nein
richtig, ganz.
Versteh mich gut:
Ich will ein Kind von
dir. Ich bitte dich.
Ich möcht' ein Kind
von dir.
Mach mir ein Kind. Ich
will's von dir
Und von sonst keinem.
Nur von dir.
Du sollst dann deine
Ruhe haben.
Sie 2 lacht wieder
etwas.
Sie 2 Kannst uns jederzeit besuchen. Wann du
willst.
Er 1 ist entrüstet.
Er 1 Wer ist das: "uns". Dein Mann
und du vielleicht?
Du bringst mich doch noch um.
Sie 2 streichelt ihm
übers Haar.
Sie 2 Dein blankes Fell soll sich nicht
sträuben,
Lieber. Hör doch zu:
Dein Kind und mich.
Uns zwei, sonst keinen.
Kannst zu mir und
deinem Kind, so oft du willst.
Am Tag und Nachts.
Kannst kommen, wann du
willst.
Ich gebe alles auf,
das schwör' ich dir.
Das Kind und ich sind
nur noch für dich da.
Er 1 Das glaub' ich dir auch ohne Schwur.
Er 1 küsst ihr die
Stirn.
Er 1 Und wovon wollt ihr leben?
Sie 2 Weiß ich nicht. Das findet sich. Von
irgendetwas.
Kann doch sein, dass du mit
deinen Büchern
Über Nacht erfolgreich
bist.
Das wär' doch möglich.
Er 1 Triffst natürlich gleich auf meine
schwächste Stelle.
Sie 2 Tut mir leid.
Das ist dein Ehrgeiz,
weil er unbefriedigt ist.
Man muss dran glauben.
Ich glaub' felsenfest
daran.
Er 1 Das macht dich lieb und wert.
Doch sonst wirfst du mich wieder
völlig aus der Bahn.
Ein Kind von mir. Ich hätte längst
drauf kommen sollen.
Wie stellst du dir das nur vor?
Sie 2 Ich denke nicht, ich liebe Dich!
Er 1 Ich hab' mir so viel andres vorgenommen.
Einen Berg zu schreiben, das ist eins
davon.
Du müsstest ewig warten.
Nein, ein Kind, das kann nicht
sein.
Sie 2 lacht.
Sie 2 Ich sag' ja nicht sofort. Nicht hier.
Ich habe Zeit. Ich warte.
Du wirst von alleine
kommen, glaube mir.
Du wirst von ganz
alleine kommen.
Er 1 Immer wieder liegt's an mir.
Von mir hängt wieder alles ab.
Ich darf es aber nicht.
Du hast doch deinen
Mann. Sei nicht so dumm.
Knöpf' deine Bluse
auf, zeig' ihm
Die Frau darunter.
Blind und steinern
müsst er sein,
Wenn er dich übersehen
würde.
Den mach dir zum Vater
deines Kindes.
Nebenbei hat er auch
noch ein Recht darauf.
Geh zu ihm hin.
Sehr ironisch.
Er 1 Sei brav und sei ihm
"untertan".
Du wirst schon alles
richtig machen.
Sie 2 Du verstehst mich nicht, um Himmels
Willen.
Du verstehst mich falsch.
Das ist doch etwas völlig
anderes.
Sie 2 sieht ihn von
der Seite an.
Sie 2 Du kannst dich nicht in das Gefühl
versetzen,
Das ich hab', das eine
Frau hat.
Muss ich mich von
einem Stückchen Glas,
Das Spiegel heißt,
belügen lassen?
Muss ich mich bei
meiner Morgentoilette
Ganz allein genießen,
meinen Körper,
Die Ästhetik eines
schönen Leibes?
Ja, ich liebe meinen
Körper,
Und dies Glücksgefühl,
wenn ich mit beiden Händen
Meine Haut abtaste.
Dieses Prickeln will
ich nicht für mich behalten.
Jemand soll es mit mir
teilen.
Nein, ich will mich
nicht alleine haben.
Jemand soll mir alles
abverlangen,
Auch das Glücksgefühl.
Ich geb' es gerne
Und mit Widerstand.
Ich will nicht tot im
Spiegel stehn,
Vor meiner Angst
allein zu sein.
Ich brauche dich.
Pause.
Sie 2 Auch wenn du nichts davon verstehst,
Versteh mich trotzdem
gut:
Ich will ein Kind von dir
Und nicht von meinem Mann
Und nicht von irgendeinem Mann
Ich will es nur von dir.
Von dir will ich ein
Kind, von dir, von dir,
Von dir, und davon
lass' ich nicht.
Ich wollte es vom
ersten Augenblick,
Als ich dich sah.
Von Anfang an warst du
der Mann,
Der hinter meinem
Spiegel stand.
Dich hab' ich dauernd
angesehen,
Und du sagst es
selbst:
Du siehst mich dauernd
an.
Hinter ihnen geht die
Tür auf.
Sie werden durch die
Freundin gestört.
Ich hab' euch schon vom Fenster
aus gesehn.
Sie 2 Ich muss jetzt los.
Ist viel zu spät inzwischen, hab'
noch einzukaufen.
Sie 2 geht.
Sie 2 Dann bis morgen.
Er 1 Ja, bis morgen.
Fr Hat sie'was? Ich wollt' nicht
stören. War so kurz.
Er 1 Nein, dass Sie kamen, war ganz gut.
Sie hat mir etwas anvertraut.
Fr Die Sache mit der Kündigung, nicht
wahr?
Betrifft mich auch.
Wir sind verärgert.
Er 1 Sie hat daraus gleich die Konsequenz
gezogen.
Fr Ja, mein Herr, so ist das.
Er 1 Nein, sie hat mir etwas andres
anvertraut.
Ich würde gern' darüber sprechen,
Sie 'was fragen.
Fr Was denn, bitte. Wenn ich helfen
kann.
Er 1 Als ihre Freundin wissen Sie ja sowieso
Bescheid.
Fr Ich weiß nicht alles.
Man kann aber über alles mit mir
reden.
Er 1 Wissen eigentlich die Leute im Büro
Bescheid?
Ich meine hier im Hause? Über
uns?
Fr Die Leute? Über wen.
Er 1 Na, über mich und Ihre Freundin, Dass wir
uns sehr mögen.
Fr Was, Sie zwei?!
Sie lacht und ist
total überrascht.
Fr Das hör' ich selbst zum ersten Mal.
Das kann nicht sein.
Das weiß kein Mensch.
Um Gottes Willen:
Die ist doch
verheiratet.
Sie haben Kinder.
Er 1 Wissen Sie, ich habe keinen Freund.
Ich habe niemanden,
mit dem ich einmal d'rüber
Sprechen kann. Ich
dachte mir,
Sie wüssten alles.
Fr Nein, ich hatte keine Ahnung.
Er 1 Wissen Sie, wir lieben uns.
Das ist die eine Seite.
Andrerseits ist nichts geschehen
zwischen uns.
Nichts, überhaupt nichts.
Nur, dass wir uns
sehr, sehr quälen.
Weiter nichts.
Es ist ein Wahnsinn,
so sehr lieb' ich diese Frau.
Es wäre alles glatt und
gut,
Er zögert,
Er 1 Wenn ich mich nicht so sperren würde,
Kann mich nicht
entschließen, nachzugeben.
Immer wieder halte ich
mir tausend Sachen vor:
Es darf nicht sein, es
ist verboten und so weiter.
Antiquiert, nicht
wahr? Ich bin nun so.
Sie sagt ich bin aus
Blech.
Das ist nicht wahr.
Ich zwing' mich nur,
nichts zu verraten.
Das in einer Zeit, wo
Treue gar nichts gilt.
Man macht sich
lächerlich,
Wenn man es nur
erwähnt. Ich find' da nicht heraus.
Fr War wirklich weiter nichts?
Zu mir hat sie kein Wort gesagt.
Geschwiegen hat sie wie ein Grab.
Sie können letzten Endes froh sein,
Wenn nichts weiter war.
Sonst wär' doch alles
viel, viel komplizierter.
Wenn Sie nun ein wenig
Abstand hielten?
Er 1 Hab' ich ja versucht.
Ich halt's nicht durch.
Es macht mich
innerlich kaputt.
Ich nehm's mir immer
wieder vor.
Und wenn sie vor mir
steht,
Ist jeder Vorsatz hin.
Und ich bin froh darüber.
Fr Manchmal regeln sich die Dinge von
allein.
Man soll nichts übereilen.
Er 1 Tag und Nacht denk' ich an diese Frau.
Sie herrscht total in meinem
Kopf.
Fr Ein bisschen Liebe kann doch auch
nichts schaden, oder?
Er 1 Ja, ich weiß.
Ich seh' mich selbst
als Trottel,
Weil ich die
Gelegenheit verstreichen lass',
Die kommt so bald
nicht wieder.
Fr Sie sind viel zu selbstbeherrscht.
Wie ist es denn bei ihr?
Ich glaub', sie hätte lieber eine
ganze Sache.
Es zieht eine Gruppe
Jugendlicher die Straße herauf.
Sie setzt sich an den
Straßenrand und spielt mit einer dressierten Ratte.
Die Jugendlichen, Jungen und Mädchen, machen einen sehr
aggressiven Eindruck.
Er 1 Es ist meine Schuld, weil ich mich immer
wieder sperre.
Ihretwegen hätt' es kein Problem
gegeben.
So ist alles Krampf.
Sie weiß, dass ich sie
liebe.
Fr Die spiel'n mit 'ner Ratte.
Er 1 Ekelhaft.
Fr Und sonst war wirklich nichts?
Das kann ich gar nicht glauben,
aber das soll's geben.
Er 1 Meinen Sie die Ratte, oder mich?
Nein, außer Küsschen
schenken, lieben Worten,
War da nichts.
Sie sieht kein einziges
Problem für sich.
Die Pille nimmt sie
auch nicht.
Sie hat mir aus Spaß
gesagt,
Dass sie an eine Waffe
kommt.
Fr An eine Waffe? Was soll das denn
heißen?
Er 1 leicht spöttisch.
Er 1 Daran sehen Sie, wie ernst es ist.
Mir ist es jedenfalls ganz lieb,
Wenn jemand davon weiß.
Es macht mir aber
keine Sorgen.
Die Geschichte nicht.
Fr Was denn? Gibt's noch was anderes?
Er 1 Sie sind doch eine Frau. Vielleicht
verstehn Sie es.
Mich hat sie völlig überrascht:
Sie will ein Kind von
mir.
Sie will es nicht von
ihrem Mann,
Sie will es nur von
mir.
Nun weiß ich nicht
mehr, was ich machen soll.
Fr Na, die ist gut.
Das sagt sie so?
Er 1 Ganz offen auf der Straße, eben grad'.
Über die Straße kommt
ein Schwuler,
der sich aufdringlich als
Postbotin verkleidet hat,
auf Er 1 zu, bleibt
vor ihm stehen und winkt dann ab.
Er 1 Das weiß ich nicht, der war doch schwul.
Fr Den mein' ich nicht.
Ich meine den da!
Man sieht jetzt, wie
Er 2 die Straße heraufkommt.
Fr Warten Sie noch auf Besuch?
Er 1 Wieso?
Fr Dann drehn Sie sich' mal um: ihr
Mann!
Der will bestimmt zu Ihnen.
Er 1 Seine Frau ist doch schon weg.
Fr Sie sollten ruhig bleiben.
Er 1 Zwischen ihr und mir ist nichts gewesen.
Bin vielleicht ein bisschen weit
gegangen.
Ist natürlich schlimm für ihn.
Wenn er mich sprechen
will, werd' ich mich wohl
Entschuldigen.
Fr Das find' ich gut. Behalten Sie die
Ruhe.
Wie ein Schläger sieht er auch
nicht aus.
Die Freundin geht
fort.
Die Jugendlichen machen
den Postboten an.
Ju He, hast du keine Post für uns?
Vielleicht 'ne warme Karte?
Einer hebt die Ratte hoch.
Ju Unsre Susi mag dich.
Darfst mal 'ran, wenn
du sie streichelst.
Musst nur lieb sein.
Susi steht auf Männer.
Ju Der kommt erst zu mir. Ich mag das
auch.
Der Schwule geht
beiseite, aber nicht fort
Er 2 kommt auf Er 1 zu.
Er 2 trägt einen Hut, den er aber nicht abnimmt.
Unter dem Arm trägt er
eine kleine Tasche
Er 1 Zu mir? Aha. Und nicht zu Ihrer Frau?
Die ist ja auch grad'
weggegangen.
Guten Abend erst 'mal.
Pause.
Er 1 Keine Antwort? Auch gut.
Er 2 Möcht'
Sie sprechen.
Er 1 So?
Er 2 Nicht
hier und nicht da drüben.
Wenn es geht im Bahnhofsrestaurant.
Mehr werde ich nicht sagen, bis wir da
sind.
Gehen wir!
Er 1 Moment. Nicht ganz so schnell.
Ein bisschen
flegelhaft, nicht wahr?
Den Hut nimmt man
natürlich auch nicht ab.
Von mir aus. Aber bis
da hinten geh ich nicht.
Vielleicht erklär'n
Sie 'mal worum es geht.
Es spricht doch nichts
dagegen, oder?
Pause.
Er 1 Wenn wir uns schon jetzt mal unterhalten.
Bis zum Bahnhof geh
ich nicht!
Sie woll'n doch mit
mir reden, ja?
Von mir aus. Gehn wir
ins Café.
Pause.
Er 1 Ach ja, Sie sagen nichts. Ärgerlich.
Mein Gott, es geht um
Ihre Frau.
Hör' n Sie 'mal zu:
Wir sind doch beide
nur aus Fleisch und Blut.
Sie haben eine schöne
Frau.
Ich find' sie schön.
Geb' ich ja zu.
Und Sie doch sicher
auch.
Ich mag sie gern',
sehr gerne, zugegeben.
Aber, wenn Sie wissen
wollen, ob es da was gibt,
Dann sag' ich:
Fehlanzeige.
Ist nichts zwischen
ihr und mir.
Das ist die Wahrheit.
Zwischen ihrer Frau
und mir war nichts, gar nichts.
Und ich verspreche
Ihnen,
Zwischen ihr und mir
wird niemals etwas sein.
Ich hoffe, dass Sie
das beruhigt.
Was ist, immer noch
kein Wort?
Sie denken an die
Zukunft?
Muss ich passen.
Ich weiß nicht, was
Ihre Frau sich vorgenommen hat.
Das müssten Sie sie
selber fragen.
Na, noch immer stumm?
Wenn Sie nicht reden
wollen,
Komm' ich nicht mehr
mit.
Ach, blöde Kinderei! Ich
geh' nach Haus.
Auf Wiedersehn !
Er 1 will gehen. Er 2
sehr scharf.
Er 2 Ich
werde Ihnen ja nichts tun.
Dann gehn wir eben ins Cafe.
Er 1 Wie soll das enden? Aber meinetwegen.
Ich ruf' schnell
Zuhause an und sag' Bescheid.
Es wird doch später.
Er 1 geht an den
Münzfernsprecher,
bekommt aber keinen
Anschluss.
Er 1 Immerzu besetzt. Vielleicht auch besser
so.
Wer weiß. Jetzt ins
Cafe?
Ich möchte draußen
sitzen.
Er 2 hängt seinen
Mantel an den Haken, den Hut daneben.
Er 1 legt seinen Mantel
neben sich über einen andren Stuhl.
Ein Ober kommt.
Er 2 Whisky bitte, ohne Eis.
Er 1 Die Sprache ist zurückgekehrt, wie schön.
Für mich nur Kaffee, bitte. Hab' dann
wenig Zeit.
Ich zahle gleich.
Der Ober geht, kommt
mit der Bestellung.
Er 1 zahlt.
Er 1 Die Schweigerei ist mir zu dumm.
Sie stehl'n uns doch die Zeit. Mir
jedenfalls.
So eine Kinderei!
Er 2 ist erfreut.
Er 2 Sie
ärgern sich? Das ist sehr gut.
Dann hab' ich Sie so weit.
In meiner Tasche ist ein Brief.
Er 1 Nein, nicht schon wieder!
Gott, ich werd' verrückt.
Er 2 Sie
bleiben. Ah, da ist er.
Kennen Sie die Schrift?
Er 2 legt Er 1 den
Brief auf den Tisch.
Er 1 Sie sind ja krank.
Ich will den Brief nicht haben.
Er 1 sieht auf den
Umschlag.
Er 1 Ist von Ihrer Frau. Soll das die
Überraschung sein?
Mein Gott, wie ist das schlimm.
Er 2 Das
erste, was Sie heute lernen sollten,
Haben Sie gelernt.
So ist es, wenn man nicht mehr
angenommen wird.
Ich hab' geschwiegen, nur damit Sie
das begreifen.
Ist geglückt.
So ist es, wenn man ohne Antwort
spricht
Und Briefe ungeöffnet lässt.
So fühlt man sich,
Wenn man sich zum Empfänger seiner
eignen Schreiben
Macht.
Beinahe jedenfalls.
Er 1 Sie hätten Lehrer werden sollen.
Sind Sie fertig, kann ich geh'n?
Er 2 Sie
sind ein rücksichtsloser Mensch.
Hier ist der Brief von meiner
Frau.
Sie könn'n jetzt lesen.
Er 1 Danke, keine Lust und kein Intresse.
Er 2 Gut,
dann les' ich vor.
Sie können noch mehr lernen.
Er 1 Schön! Von wem, von Ihnen etwa?
Er 2 Nein.
Ich denke über sich.
Er 1 Ich
geb' es auf. Sie hab'n gewonnen.
Ich geb' nach, damit Sie endlich Ruhe
geben.
Lesen Sie. Ich hör's mir an.
Sie wissen sicher, was sie schreibt,
Sonst wär'n Sie doch nicht so erpicht
darauf.
Dann ist es sowieso egal.
Und nicht so laut. Die brauchen nichts
zu hören.
Er 1 zeigt auf die Jugendlichen.
Er 1 Kennen Sie den Inhalt oder nicht.
Er 2 ist erleichtert.
Er 2 Nur
oberflächlich.
Meine Frau hat angedeutet, was
sie schreiben wollte.
Er 2 sieht Er1 mit langem Blick an.
Er 1 Und? Was gibt's. Was seh' n Sie mich so
an?
Ich denk', Sie wollen lesen, ja?
Er 2 liest.
Er 2 Du
bist ein Schwein! Sadistensau!
Dir geht's nur gut, wenn du mich
leiden siehst.
Du kümmerst dich 'nen Dreck um mich.
Wie kannst du das ertragen.
Lies, dass ich mich dafür rächen kann.
Ja, ich will Rache.
Du behauptest mich zu lieben? Du
liebst nichts.
Du liebst nur meine Quälerei.
Ja, darin bist du Meister.
Meine Quälerei wird dir zur Lust.
Damit befriedigst du dich selber.
Und du weißt es auch: Du bist der
Stärkere.
Du kannst mich leiden lassen,
Weißt, dass ich dir...
Er 1 Nein, um Gottes Willen: Hör'n Sie auf!
Der ist doch nie von ihr. Den hat sie
nie geschrieben.
Und Sie sollten leise lesen.
Damit meint sie mich doch nicht.
Ich schäme mich in Grund und Boden.
Nein, ich glaub' es nicht.
Er 2 lächelt überlegen
und liest weiter.
Er 2
Du kannst mich leiden
lassen, Weißt,
dass ich dir unterlegen bin, Weil
ich zu meiner Liebe steh'. Er 1 Ich
schäme mich. Er 2
Ja, schrei nur auf. Das tu
ich auch. Ich
will dich einmal peinigen, Wie
du es täglich mit mir machst. Von
Anfang an hast du mich so gepeinigt. Jetzt
zahl' ich mit gleicher Münze heim. Hör'
zu, lies weiter. Ich
hab' nachgedacht, wie ich dich treffen kann. Ich
will dich schwer verletzen. Stell
dir vor, ich wär' bei einer andren Frau, Und
du wärst auch dabei. Ich
habe aber vorgesorgt: Entlaufen
kannst du nicht, und deine Neugier Zwingt
dich unentwegt uns zuzuschaun und zuzuhör'n. Du
kannst es noch nicht fassen, Aber,
was du siehst, ist Wirklichkeit, Das
weißt du auch. Ich
bin mit ihr intim. Wir lieben uns Nach
Strich und Faden. Das verstehst du nicht, Das
kannst du nicht begreifen, nicht? Ich
lieg... |
Er 1 Ich
mag das nicht mehr hören. Schämen
Sie sich selber nicht, das vorzulesen? Sie,
ihr Mann? Das
hat sie niemals selbst geschrieben. So
ein Unsinn. Welch ein Abgrund. Er 2
.., lieg' bei dieser andren
Frau, und du siehst zu. Das
schmerzt, nicht wahr? So ist es recht. Dann
knie ich mich vor sie und rufe, rufe, rufe, Dass
du es in deinem Leben nicht und nie vergessen wirst, Ich
rufe deinen Namen. Immer
wieder deinen Namen, deinen Namen. |
|
Er 2 faltet den Brief zusammen.
Er 1 So 'was würd' sie niemals schreiben.
Nein, das hab' ich nicht
verdient.
Er 2 Und
nicht erwartet.
Er 2 ist um Er 1
besorgt.
Er 1 Dass Sie das noch lesen mögen.
Ihre Frau mit einer andren Frau...
Das könnt ich nicht ertragen.
Darin hat sie recht: sie trifft mich
schwer damit,
Obwohl es alles kümmerlich und niedrig
ist.
Er 2 Es
ist nicht alles Phantasie bei ihr.
Er 1 Ich weiß.
Anscheinend freut Sie das auch
noch.
Er 2 streckt langsam den Arm aus und legt ganz
liebevoll
seine Hand auf den Arm
von Er 1 . Der gerät fast in Panik.
Er 2 Sie
brauchen keine Angst zu haben.
Ich versteh Sie gut. Ich weiß
genau,
Was jetzt in Ihnen vorgeht.
Er 1 Gar nichts wissen Sie.
Das mag ich überhaupt nicht.
So 'was Ähnliches hab' ich mir
immer schon gedacht.
Er 1 nimmt seinen
Mantel und will gehen.
Er 1 Wahrscheinlich hab'n Sie selbst den Mist
geschrieben,
Einfach ausgedacht,
Und ich Idiot fall' darauf 'rein.
Er 2 Hier
ist der Umschlag. Ist an Sie.
Ist alles ihre Schrift und ihre
Unterschrift.
Er 1 Und wenn schon, das soll sie mir selbst
bestätigen.
So glaub ich gar nichts.
Er 1 geht und bleibt
nach ein paar Schritten stehen.
Kommt dann wieder
zurück.
Er 1 Wissen Sie, was mich an Ihnen stutzig
macht?
Nicht eine Vorhaltung von Ihnen, und
Sie werfen
Mir nichts vor.
Sie woll'n nicht wissen, ob's was gibt
und ob's was gab.
Sie schrei'n mich nicht 'mal an.
Kein Vorwurf, nichts.
Sie hätten doch bestimmt...
Ich meine Grund genug sich über mich
zu ärgern.
Ach, ich vergaß, dass sie ja alles
gleich erzählt.
Dann wissen Sie natürlich, dass nichts
war.
Ich möchte trotzdem wissen, was
dahinter steckt.
Er 2 Von
meiner Frau hab' ich gehört,
Dass Sie sehr langsam sind.
Er 1 Wie nett, wie kommt sie darauf.
Ach, natürlich. Sie hat recht.
Es stimmt, ich schalte viel zu
langsam.
Sehr scharf.
Er 1 Sie und Ihre Frau, Sie wollten sich mich
teilen,
Stimmt's. Ich frage, ob es stimmt!
Ihr seid ein Teufelspaar!
Und fassen Sie mich nicht noch einmal
an,
Als wär' ich eine Frau. Wie widerlich.
Erst dieser Mensch in Frauenkleidern,
und dann Sie.
Er 1 jetzt ganz ruhig.
Er 1 Ich habe selber schuld, ich weiß.
Das darf ich nicht vergessen. Ich
vergess' es leicht.
Ja, alles meine Schuld.
Damit es nun zu Ende geht, bitt' ich
Sie um Entschuldigung.
Von Mann zu Mann.
Er 1 streckt Er 2
die Hand hin.
Der schlägt aber nicht
ein.
Er 1 Ich
mein' es ehrlich. Nein? Sie wollen nicht? Er 2
Es geht doch nicht darum. Er 1 Wie
bitte? Worum denn. Es
geht um Ihre Frau. Das
schwöre ich: Sie
bleibt für mich der Engel, der im Feuer steht. Versteh'n
Sie? Unerreichbar! Kann
und will sie nicht erreichen. Alles,
was ich je für sie empfand begrabe ich in mir. Es
wäre schön, wenn Sie das als Beruhigung Mit
sich nach Hause nehmen würden. Er 2
Ja, ich weiß. Sie machen
meiner Frau Das
Leben schwer. Sie ist ein lieber Mensch. Wir
beide streiten Ihretwegen oft Und
nicht um Sie, wie Sie nun wieder denken. Aber
das ist auch egal. Sie
hat sehr viel für mich getan. Wir
mögen uns sehr gerne. Ja,
auf meine Weise lieb ich sie. Gewiss
ganz anders als Sie es sich denken. |
Er 1 Hör'n
Sie zu, das war kein Spaß. Ich
wiederhole es, und ich versprech’ es Ihnen. Ja,
ich werd' mich danach richten: Ihre
Frau fass' ich nie wieder an. Was
heißt nie wieder. Angefasst hab' ich sie nie. Sie
wissen aber, was ich meine. Er 2
Ja, das ist es eben. Das
versteht sie nicht. Er 1 Versteht
sie nicht. Aha. Verstehen
Sie es denn? Versteh'n
Sie beide nicht? Bin
ich der einzige, der nichts versteht?! Er 2
Sie sollten wissen, dass wir
uns in großer Freiheit lassen, Meine
Frau und ich. Ich
lasse sie, und sie lässt mich. Wir
mögen uns trotzdem sehr gerne. Meine
Frau hat mir auch ihr Problem erzählt. |
Er 1 Sie
meinen mich? Sie
meinen ich hab' ein Problem? Er 2
Sie tun mir leid, und meine
Frau bedauer' ich, Weil
sie bei Ihnen nichts erreicht. Er 1 Sie
hätten also nichts dagegen, Wenn
sich Ihre Frau und ich... Ein
wenig näher kämen, irgendwie... Er 2
Bestimmt nicht. Nein, warum
auch. Jetzt
ist sie in einem Zustand, Der
ist unbeschreiblich. Ich
versteh' es so: Sie
schreit und ruft so laut es geht nach Ihnen. Wissen
Sie, es ist ein innerlicher Schrei, Der
hört in ihr nicht auf. Sie
ist verzweifelt, sie ist innerlich zerweint, So
sagt sie. Sie
hat keine Tränen mehr. |
Pause.
Er 2 Wenn sie sich diese Liebe wünscht,
Kann man sie ihr doch geben. Ja, das
denke ich.
Sie möchte Sie.
Er 1 Es ist ganz einfach. Ja, Sie haben recht.
Man gibt ein bisschen Liebe. Was ist
schon dabei.
Es wär' nicht schlecht und wäre nicht
verwerflich,
Wenn man sich...
Wenn ich mir nicht dabei im Wege
stünde.
Er 2 Sehen
Sie. Da hab'n Sie ihr Problem.
Er 1 Sie haben wirklich recht. Es ist ganz
einfach.
Und das will sie?
Und das woll'n Sie auch? Sie haben
nichts dagegen?
Warum find' ich nicht wie Sie die
Leichtigkeit
Mit Liebe, Treue umzugeh'n.
Ich seh' es langsam ein:
Ich bin es, der sich dauernd hindert.
Nein, ich kann euch beiden wirklich
nicht mehr böse sein.
Er 1 schlägt die Hände vor' s Gesicht.
Er 1 Der Dümmste von uns drein bin ich.
Vielleicht sind Sie ein wenig
schlechter dran,
Vielleicht auch Ihre Frau.
Doch was die Dummheit anbetrifft,
Da bin ich Ihnen beiden haushoch
überlegen.
Nein, wie sollte ich ihr weiter
Einen Vorwurf machen können.
Ihren Brief kann man verstehen, ich
versteh ihn fast.
Es ist ein Schrei, ist ihre Art nach
mir zu schrein.
Und wenn sie leugnen würde, ihn
verfasst zu haben,
Wär' es fast noch schlimmer.
Das kann keine Hoffnung sein.
Ganz sicher hat sie
ihn geschrieben.
Nein, es brächte
überhaupt nichts ein.
Und Sie...
Sie sind ein netter
Kerl,
Soweit ich Sie verstehen
kann...
Nein, heißt nicht
mehr...
Ich sag' es ehrlich,
dass es gut ist,
Dass wir einzig über
ihre Frau Berührungspunkte haben
Und sonst nicht.
Er 2 Sie
machen sich ein völlig falsches Bild von mir.
Er 1 steht auf, um endgültig zu gehen.
Er 1 So kann es jedenfalls nicht weitergehen.
So nicht und nicht so.
Ich glaube, dass es
zwischen ihr und mir
Zu gar nichts kommen
wird.
Ich habe Ihnen auch
mein Wort gegeben.
Er 2 Das
geb' ich zurück. Es ist nicht meine Sache.
Und, was Sie sich selbst
und anderen versprechen,
Geht mich gar nichts
an.
Ist auch nicht meine
Sache.
Er 1 fragt nun ganz beiläufig.
Er 1 Übrigens, zum Schluss,
Weiß Ihre Frau von diesem Treffen
eigentlich?
Er 2 ist zutiefst erschrocken,
fast verzweifelt, und
ergreift Er 1 am Arm.
Er 2 Ich
bitte, ich beschwöre Sie.
Nur das nicht.
Sie darf nie ein
Sterbenswort erfahren.
Das versprechen Sie
mir doch.
Sie müssen es
versprechen. Das Gespräch
Behalten Sie für sich.
Ich bitte Sie darum,
Ich fleh' Sie an.
Sie wissen nicht, was
das bedeutet.
Nein, sie weiß es
nicht. Das würde sie mir nie verzeihn.
Er 2 sinkt in sich
zusammen.
Er 2 Sie hat es mir verboten. Ausdrücklich
verboten:
"Das geht dich
nichts an," hat sie gesagt,
"Du darfst dich
nicht in meine Angelegenheiten mischen."
Sie weiß ganz genau,
Wie sehr ich an ihr
hänge.
Alles weiß sie über
mich.
Es wäre furchtbar, gar
nicht auszudenken.
Alles habe ich aus mir
heraus getan.
Das könn'n Sie doch
versteh'n. Versteh'n Sie doch.
Er 2 Nun
sagen Sie doch bitte etwas.
Die Jugendlichen sind
auf sie aufmerksam geworden.
Ju Die sind doch ein Liebespaar.
Und den Verrückten von der
Post...
Ju ...den hab'n sie abgetan, als wär' er
Dreck.
Passt auf die Susi
auf.
Das wär' ein
schlechter Umgang.
Susi soll durch
"solche" nicht verdorben werden.
Ju Susi ist noch Jungfrau.
Er 1 ist verärgert.
Er 1 zu Er 2
.
Er 1 Sie sind ärmer dran, als Ihre Frau,
Und noch viel ärmer
dran, als ich.
In Ihrer Haut möcht'
ich nicht stecken,
Haben selbst Probleme,
Und 'ne Lösung hab'n
Sie nicht in Sicht.
Das hätte ich vorhin noch nicht
gedacht.
Vor Ihnen möchte ich
gern' teuflisch sein.
Ich hätte richtig Lust
dazu.
Ja, die bekommt man
hier.
Sie beide sind ein
schwaches Paar,
Und über eure Teufelei
kann ich nur lachen.
Jetzt kann ich darüber
nur noch lachen.
Ich, der wirklich gar
nichts dazu beigetragen hat,
Ich wollte keine
Teufelei aushecken,
Ich bin nun der
Teuflischste von allen drein.
Ganz gegen meinen
Willen.
Alles, was ich tat,
nicht so zu sein,
Hat mich dazu
gebracht, dazu gemacht.
Ich lache über Sie,
ich lach' Sie aus.
Gefahr, wie ich sie
kenne,
Droht von Ihnen
wirklich nicht.
Was mich bedroht,
sitzt ganz woanders.
Er 1 schlägt sich auf
die Brust.
Er 1 Hier
Er 1 schlägt sich an
die Stirn.
Er 1 Und hier.
Gefahr, die mich
bedroht, mein Gott,
Das ist die Wahrheit,
droht mir nur vor mir.
Vor mir muss ich mich
hüten.
Hier schließt sich der
Teufelskreis.
Arm dran bin ich.
Wenn ich nach Hause
komm,
Bleibt mir zum Weinen nur
die Toilette.
Welch ein
Scherbenhaufen, welch ein Scherbenhaufen.
Warum muss ich andere
so quälen, warum quäl' ich mich.
Und keine Antwort,
keine Antwort.
Die Jugendlichen
kommen jetzt auf Er 1 zu.
Der will gehen.
Ein Jugendlicher setzt
ihm die Ratte auf den Rücken.
Er 1 windet sich und
ekelt sich.
Ju Nicht so zimperlich. Die mag Sie.
Das ist Susi. Susi ist noch
unerfahren,
Ist noch Jungfrau.
Er 1 Nehmt das Vieh da 'runter.
Ju Sein Sie doch ein bisschen nett zu
ihr.
Sie will doch nur gestreichelt
werden.
Die Jugendlichen
machen es ihm vor.
Ju So. Sie seh'n doch, so.
Ganz leicht.
Die schnüffelt immer.
Susi, der hat Angst vor dir.
Er 1 Ihr sollt die Ratte 'runternehmen.
Die kommt immer höher. So ein
widerliches Vieh.
Ju Der Kerl beschimpft die Susi. Hört
ihr das?
Hört euch das an.
Ju Der kriegt 'was in die Wäsche.
Mag die Susi nicht.
Ju Die ist doch lieb.
Ju Der hat doch keine Ahnung. Nehmt sie
runter.
Wenn er nicht begreift, was er
für sie bedeutet.
Ju Idiot.
Die Susi läuft ihm ja fast nach.
Ju Sie klettert unter seine Jacke. Hol
sie 'raus.
Ju Von mir aus. Susi, liebe Susi komm.
Er 1
steht ganz still und wartet ab.
Ju Aha, er hat begriffen.
So ist's gut. Das mag sie gern'.
Ju Jetzt macht sie ihm auf's Hemd.
Ju Er weiß nicht, dass das Glück
bedeutet.
Bloß nicht wackeln. So, nun komm,
du süßes Tier.
Ju Die Ratten fühl'n sich wohl,
Wenn Teufel in der Nähe sind.
Die Jugendlichen
lachen.
Ju Sie will nicht von ihm lassen.
Er 1 versucht zu
helfen.
Ju Und er nicht von ihr.
Jetzt plötzlich liebt er sie. Die
arme Susi.
Ju Erst beschimpft und dann verführt.
Die Jugendlichen zieh’n wieder
ab.
Er 1 Mein Gott, wie ekelhaft.
Er 2 Die
Jugendlichen lieben sie anscheinend.
Er 1 Das mir das passieren musste.
Ich hab' keine Zeit mehr.
Er 2 Wiedersehen.
Er 1 geht.
3.
Akt, 3. Bild; "Befreiung durch Zerstörung"
Drei Träume
Abends. Er 1 und Sie 1 sind schon im Bett.
Man sieht sie nur schwach.
Im Schlaf gesprochen.
Er 1 Kann man das versteh'n? Fragst du mich
aus?
Sie 1 Das kann man nicht, ich will's auch nicht.
Du rufst und rufst.
Er 1 Wenn ich um Hilfe ruf', musst du mich
wecken.
Sie 1 Weißt du wenigstens, wovon du träumst, und
was?
Er 1 Nein, es ist alles weg.
Du kannst von mir aus gerne
Träumerin in meinen Träumen sein.
Sie 1 Ich glaube nicht, dass sich das lohnt.
Es sind nur Brocken, die du
sprichst.
Er 1 Und du wachst davon auf?
Sie 1 Ja, meistens.
Es wird dunkel.
Das Bett von Er 1
bleibt als helle Silhouette im Raum.
Jetzt kommt Er 1 zur
Tür herein.
Er 1 ist angezogen,
aber man merkt, dass es ein Traum ist.
Er 1 kommt in ein
Museum.
An der Wand hängt eine
übergroßes, nachempfundenes
Bild von Artemisia
Gentileschi: Judith enthauptet Holofernes.
Davor steht ein Sofa,
wie auf dem Bild.
|
|
|
© AKG332488_Low_res
Er 1 Gut , dann muss ich eben wieder selber
Träumer
Meiner Träume sein. Geschenkt. Wenn sie
nicht will.
Ich hab's ihr angeboten. Wollte nicht.
Zu dumm.
Was weiß sie schon von mir.
Sie 2 tritt ein.
Hinter ihr die Freundin. Man erkennt
Sie 2 wieder, aber sie
und ihre Freundin
haben sich wie auf dem
Bild gekleidet.
Sie 2 Ich bin für deine Frau gekommen.
Hast die Falsche
eingeladen.
Ich komm' gern' als
Träumerin in deinen Traum.
Ich bin ganz scharf
auf deine Träume.
Die soll'n meine
Wahrheit werden.
Fr. Ja, mein Herr, so ist das.
Sie 2 Die steht ganz auf meiner Seite.
Fr. Ja, mein Herr, so ist das.
Er 1 zeigt auf das Bild.
Er 1 So ein Schinken.
Jeder sieht sofort,
dass die noch nie
Gemordet hat. Hat
keine Übung.
Und die Malerin...
Die säbelt ihm am Hals
herum.
Sie 2 Sie schafft es aber.
Er 1 Wie soll der denn dabei sterben.
So wird' s lange dauern.
Sie 2 Judith tötet ihn aus Liebe. Tod aus Liebe
dauert lange.
Fr Ja, mein Herr, so ist das.
Er 1 Nein, sie tötet nicht aus Liebe. Oder
doch?
Sie 2 Wir werden seh'n.
Leg dich hier her und
halte still
Und lass es dir
gefallen.
Er 1 klettert brav aufs Sofa.
Sie 2 holt einen viel
zu großen Säbel aus dem Kleid.
Er 1 Vorher hat sie ihn geliebt. Jetzt weiß
ich's.
Ja, so war es.
Also hat sie ihn geliebt.
Sie 2 Du wolltest keine Liebe. Nun sei ruhig.
Fr Sehen Sie, mein Herr, so ist das.
Er
1 zur Freundin.
Er 1 Und Sie helfen ihr dabei?
Das hab' ich mir doch gleich
gedacht.
Er
1 legt sich hin. Alle drei nehmen nun
ohne jeden Kampf
die
Posen ein, wie auf dem Bild. Dann stimmt die Stellung.
Sie 2 Du denkst, du träumst, du Schwein!
Sadistensau! Der Säbel ist von
meinem Vater!
Halt' ihn fester!
Fr Ja, mein Herr, so ist das.
Er 1 Noch doch nicht. Ich hab' noch so viel
vor.
Wir woll'n uns doch noch lieben!
Sie 2 Das ist jetzt vorbei. Zu spät!
Ich will jetzt meine Rache.
Sie 2 schneidet ihm
den Kopf ab. Es fließt viel Blut.
Es wird ausgeblendet.
Man sieht wieder nur das Bett von Er 1 .
Er wälzt sich hin und
her.
Er 1 ist wieder im Museum.
An der Wand hängt ein übergroßes,
nachempfundenes Bild
von Tamara de
Lempicka:
Junges Mädchen in Grün
.
Auf der Bühne ein
Frisiertisch mit Spiegel. Dahinter lehnt Er 1
.
Sofort kommt Sie 2 in
Unterkleidern herein.
Sie hat ein grünes
Kleid über dem Arm. Man erkennt Sie 2 gut wieder.
|
|
|
© AKG298375_Low_res
Er 1 Du bist hier?
Sie 2 Du weißt nicht, wo wir sind?
Er 1 Natürlich, im Museum.
Sie 2 kreischt auf mit
einem irren Lachen.
Sie 2 Nein! Nein! Nein!
Wir sind in einem deiner Träume,
Träume, Träume.
Er 1 Ach, das stimmt. Ich hatte es vergessen.
Sie 2 Du vergisst zu viel zu viel, zu viel.
Das mag ich nicht.
Wenn du mich willst,
Wenn du mich willst,
Wenn du mich willst,
darfst du mich nicht
Vergessen, vergessen,
vergessen.
Er 1 Ich hab' dich nicht vergessen.
Sie 2 "Mann aus Blech, "
"Mann aus Blech,
"
"Mann aus
Blech," sei still, ich muss mich schmücken,
Muss mich schmücken,
muss mich schmücken.
Er 1 Du verwechselst mich doch nicht?
Sie
2 setzt sich vor den Spiegel und kleidet sich genau,
wie
das Mädchen aus dem Bild. Auch die Perücke hat
die
holzspäneartigen Haare.
Sie
versucht zwischendurch die Endstellung anzunehmen.
Kennst du mich
denn schon lange?
Sie 2 Fragst, als wüsstest du nicht,
Wüsstest du nicht, wüsstest du
nicht, wer ich bin.
Er 1 Doch,
doch, entschuldige.
Du bist es, die ich liebe, nein,
die ich nicht lieben darf.
Sie 2 ...und kann. So ist es recht.
Sie 2 ist mit der
Garderobe fertig und sitzt genau wie auf dem Bild.
Sie 2 Du bist der "Mann aus Blech",
der "Mann aus Blech",
Der "Mann aus Blech" .
Vom ersten Tag an, Tag an, Tag
an,
Stehst du hinter meinem Spiegel,
meinem Spiegel, meinem Spiegel.
Ich bin deine, deine,
deine
"Plastikfrau",
"Plastikfrau", "Plastikfrau".
Sie 2 ganz streng.
Sie 2 Jetzt wiederhole: Mann aus Blech und
Plastikfrau.
Er 1 ganz leise
Er 1 Mann aus Blech und Plastikfrau.
Sie 2 Lauter, lauter, lauter!
Sie 2 und Er 1 zusammen
Sie 2 Mann aus Blech und Plastikfrau,
Mann aus Blech und
Plastikfrau,
Mann aus Blech und
Plastikfrau,
Sie 2 Die können sich nicht lieben,
Können sich nicht lieben,
Können sich nicht lieben!
Sie 2 kreischt wieder
vor Lachen auf und fällt mit dem Stuhl um.
Sie 2 singt dann
weiter.
Sie 2 Mann aus Blech,
Mann aus Blech,
Mann aus Blech,
Lässt sich nicht
verbiegen, verbiegen, verbiegen.
Es wird ausgeblendet.
Er 1 wälzt sich
wieder im Bett hin und her.
Er 1 ist wieder im
Museum. An der Wand hängt ein
übergroßes, nachempfundenes Bild der Nana von Manet.
Er 1 läuft erfreut
darauf zu.
|
|
|
© AKG46515_Low_res
Er 1 Nana,
Nana.
Stimme von Sie 2
Brauchst du wieder Trost, ein Pflaster?
Sie 2 kommt hinter dem
Bild hervor.
Sie ist in allem wie
die Nana gekleidet.
In der Hand hält sie
ein übergroßes Heftpflaster.
Man erkennt Sie 2
wieder.
Sie 2 Soll ich deine Wunden lecken?
Er 1 Sieh mich an, ich bin am Ende.
Alle Ärzte haben heut' geschlossen.
Ich war überall. Die machen mir nicht
auf.
Die andren lassen sie hinein; mich
nicht.
Ich weiß nicht mehr wohin.
Sie 2 legt das
Pflaster auf den Boden
und stellt sich wie in
dem Bild vor den Spiegel.
Sie 2 Ich habe wenig Zeit. Beeil' dich bitte.
Er 1 Womit soll ich mich beeilen?
Sie 2 Stell dich nicht so an!
Mein Mann kommt
jeden Augenblick.
Er 1 Dann hat es keinen Sinn.
Sie 2 Erst recht. Ich hab es ihm versprochen.
Er soll auch ' was davon haben .
Er 1 Wovon, was denn. Nein , niemals.
Sie 2 Er will uns überraschen,
Und ich hab' es ihm erlaubt.
Er 1 Das will ich nicht.
Bevor ich das erlaube, bringe ich
mich lieber um.
Sie 2 Er ist doch Arzt. Er kann dich heilen.
Er 1 Er ist Arzt? Das wusste ich ja nicht.
Sie 2 Doch, Er ist Arzt. Das wusstest du
natürlich nicht.
Vertraust du mir? Du, Lieber, leg
dich hin. Leg' dich hier hin.
Er 1 legt sich auf den
Fußboden.
Sie 2 klebt ihm das
Pflaster quer über die Brust
und über die Arme,
dass er gefesselt am Boden angeklebt ist.
Er 1 Was willst du mit mir machen?
Ist dein Mann kein Arzt? So hilf mir
doch.
Ich kann mich nicht befrein.
Bist du nicht Nana?
Sie 2 Du bringst alle Leute durcheinander.
Wie soll man dir helfen.
Kennst mich nicht 'mal mehr.
Ich wollte dir doch meine Liebe
schenken.
Schenken, hörst du?
Sie wär' ein Geschenk gewesen. Was
machst du statt dessen?
Na, du lehnst sie ab.
Da soll ich nicht
beleidigt sein?
Kommst her und willst
ein Pflaster haben. So ein Unsinn.
Aber bitteschön, du
hast dein Pflaster.
Das wird ewig halten.
Er 1 Komm ich nicht mehr los?
Sie 2 Erst wenn du meinen Wunsch erfüllst.
Er 1 Das tu ich nicht.
Ich will nicht, dass dein Mann
uns zusieht.
Sie 2 Der ist blind. Das hatte ich dir nicht
gesagt?
Sie 2 lacht.
Der ist ganz blind.
Den muss ich führen. Also machst du's nun?
Sie 2 Sonst hol' ich deine Frau.
Du weißt, ich mache Ernst.
Er 1 Ich weiß, ich weiß, ich weiß!
Ich darf euch jederzeit besuchen?
Sie 2 Ja, das Kind und mich.
Er 1 Es wird aus Fleisch und Blut sein,
Hast du das bedacht?
Ich müsste euch auch lieben, und ich
weiß nicht wann.
Ich seh' euch kaum.
Wie soll ich euch denn lieben ,
Wenn ich euch nicht seh'.
Sie 2 Mein Mann ist blind! Du kannst doch sehen.
Siehst du das nicht ein?
Er 1 lacht irre.
Er 1 Ich weiß es jetzt.
Dich gibt es gar nicht. Du bist
Phantasie.
Du lügst mich an. Du willst kein Kind
von mir.
Das mit dem Kind von mir, hast du dir
ausgedacht.
Du hast mich einfach festgeklebt, damit
ich nicht
Entkommen kann.
Und ich Idiot fall
darauf 'rein.
Ich Idiot, ich Idiot.
Es wird ausgeblendet.
Sie1 weckt Er 1 .
Sie1 steht auf.
Sie1 Du träumst schon wieder. wach doch auf.
Er 1 Hab' ich gesprochen?
Sie 1 Nein, du hast mich aufgeweckt.
Ich hab' kein Wort verstanden.
Beide werden ganz
ausgeblendet.
3.
Akt, 4. Bild, "Es soll nicht sein"
Bahnhofshotel
Im Foyer eines Bahnhofshotels.
Sie 2 und Er 1 kommen herein.
Sie 2 Als du mich heute Abend anriefst,
Wusste ich, dass du nicht fliehen
würdest.
Er 1 Meinst du es war Flucht?
Ich war verreist. In einer andren
Stadt.
Da gab es was zu sehen. Weiter
nichts.
Sie 2 Gib's zu, du warst verärgert.
Aber jetzt ist alles gut.
Sie gibt ihm einen
Kuss.
Er 1 Es stimmt. Wir haben uns noch nicht
einmal begrüßt.
Er umarmt und küsst
sie.
Er 1 Ich war verärgert. Weißt es sicher
längst:
Ich hab' mit deinem
Mann gesprochen.
Sie 2 Weiß ich.
Er 1 Eigentlich hat er mit mir gesprochen.
Sie 2 lacht. Beide setzen
sich.
Sie bestellt etwas zu
trinken.
Sie 2 Bitte zweimal etwas ohne Alkohol.
Pause.
Sie 2 Das hat dich gleich so krank gemacht,
Dass du heut' fehlen
musstest?
Er 1 Hast du wirklich diesen Brief
geschrieben?
Sie 2 Hat mein Mann ihn dir gezeigt?
Er 1 Dann weißt du also doch nicht alles?
Ja, er hat ihn mir gezeigt.
So ähnlich war es jedenfalls.
Sie 2 Wenn er den richtigen genommen hat,
Dann ist er wohl von mir.
Du brauchst ja nichts dazu zu sagen.
Diese Nacht gehört uns beiden.
Er 1 Als ich anrief, hat dein Mann da
zugehört?
Sie 2 Du hast doch selber erst mit ihm
gesprochen.
Nein, er hat nicht zugehört.
Er ist dann 'rausgegangen.
Sie lacht wieder.
Sie 2 Weißt du, was er neulich zu mir sagte, So
aus Spaß?
Er 1 Woher wohl, nein.
Sie 2 Er hat gesagt,
Wenn ich mit dir zusammenkäme,
Würde ich sofort von dir ein Kind
bekommen.
Ja, er sagt, das sieht man dir schon
an.
Er sagt, du siehst schon danach aus.
Er 1 Ich sehe danach aus?
Sie 2 lacht ganz
unverschämt.
Er 1 Und woran sieht man das?
Und warum hat er das
zu dir gesagt?
Sie 2 legt sich selber
den Finger auf den Mund.
Sie 2 Er kennt doch meinen Wunsch!
Und du, als Skorpion, bist voller
Leidenschaft,
Sie kommt nah an ihn
heran.
Sie 2 Bist voll Begehren, bist voll Eifersucht.
Und was du anfängst,
machst du ganz.
Wer sich auf dich verlässt, ist
nicht verlassen.
Er 1 Nur am Anfang hapert's also.
Sie 2 Ganz genau so ist es.
Er 1 Von der Löwin hat er nichts gesagt?
Sie 2 Nein, das hab' ich zu ihm gesagt.
Er 1 Und was?
Sie 2 Die Löwin lässt von ihrer Beute nicht.
Sie lacht.
Sie 2 Und die bist du, mein Lieber, Lieber,
Lieber.
Ach, ich freu' mich
so.
Mein Glücksrad dreht
sich wieder.
Er 1 Und was sagt dein Mann dazu?
Ich mein', dass wir uns treffen?
Sie ist verärgert.
Sie 2 Was sagt dein Mann, dein Mann, dein Mann!
Was sagt denn deine Frau dazu?
Er 1 Du weißt, dass sie nichts weiß.
Ich will auch nicht, dass sie davon
erfährt.
Bei euch ist das doch anders.
Sie 2 ist wieder
freundlich.
Sie 2 Er hat doch mit zugehört.
Ich glaub', ich hab' ihn sehr
verletzt.
Pause.
Sie 2 Sag' nicht, dass er dir leid tut!
Er 1 Eben, auf der Rückfahrt,...
Sie 2 Nein, erzähl nicht weiter.
Irgendetwas ist schon
wieder zwischen uns.
Das spür' ich ganz
genau.
Er 1 Es bleibt dabei: wir nehmen uns ein
Zimmer.
Aber eine Frau, ich kenn' sie gar
nicht,
Hat mich angequatscht:
"Sie sind wohl in Geschäften
unterwegs.
Sie kenn' mich gar nicht?
Ich bin ihre Nachbarin. Drei Häuser
weiter.
Ist nicht schlimm. Wir haben's gleich
geschafft."
Sie 2 Na und?
Sei stolz auf dich.
Das erste Mal in
deinem Leben bist du drauf und dran
Von ganz alleine einen
Schritt zu machen.
Von alleine!
Lass die Nachbarin doch reden.
Er 1 Kurz bevor wir hielten, kam ein Mann
dazu.
Den hab' ich nie gesehen.
Sie 2 Und?
Er 1 Der hat mich angestarrt, als käme ich vom
Mond.
Der wollte, dass ich grüße.
Sie 2 Und?
Er 1 Ich hab' gegrüßt. Da war der ganz
erleichtert,
Hat mir gleich die Hand geschüttelt:
"Gute Weiterfahrt" und all
so' n Zeug's
"Und schöne Grüße..."
Weißt du, langsam geb ich' s auf.
Ich mag jetzt bald nicht mehr.
Sie 2 Du machst dir noch Gedanken über diese
Witzfiguren.
Denkst du einmal nur an mich?
Pause.
Sie 2 Ich habe meinen Mann verlassen.
Pause .
Er 1 Das versteh' ich nicht, Was soll das
heißen:
"...habe meinen Mann
verlassen."
Sie 2 Habe ihn verlassen. Weiter nichts.
Hab' ihm gesagt, dass ich ihn jetzt
verlassen werde.
Habe auch gesagt, warum.
Dass ich mit dir zusammenziehen werde.
Er 1 Heute Nacht und morgen.
Sie gibt ihm einen
Kuss.
Sie 2 Es ist gut, du Lieber, Lieber.
Er 1 Das sind alles Zeichen gegen mich,
Es soll und soll nicht sein.
Sie 2 schreit plötzlich
auf, dass das ganze Foyer sekundenlang erstirbt.
Sie 2 jetzt ganz
gefasst und messerscharf zu ihm.
Sie 2 Es soll, es soll, es soll.
Jetzt machst du, was ich sage!
Er 1 Gut wir nehmen uns ein Zimmer.
Sie 2 Nein, wir bleiben hier.
Wir bleiben hier in dem Hotel.
Er 1 Das wird doch viel zu teuer.
So viel Geld hab' ich nicht mit.
Sie 2 Du kannst dir jeden weiteren Gedanken
sparen.
Meld' uns an.
Ich will es jetzt zu Ende
bringen.
Meine Energie reicht für uns
beide.
Er 1 Gut, in Gottes Namen, meinetwegen.
Sie 2 Der wird es nicht ändern.
Er 1 Frag' , ob die noch frei sind.
Schreib' den Meldeschein.
Sie gehen zur
Rezeption,
Sie 2 ist eng an
seiner Seite.
Rez Wir haben Doppelzimmer frei.
Es ist schon spät. Hier ist der
Meldeschein.
Er 1 füllt ihn aus und gibt ihn zurück.
Die Rezeption reißt
ihn gelangweilt durch.
Rez Sie sind aus dieser Stadt?
Er 1 Ja,
beide.
Rez Tut uns leid.
Dann dürfen wir Sie hier nicht
übernachten lassen.
Er 1 Das versteh' ich nicht, warum denn nicht?
Rez Man hat uns leider dazu angewiesen.
Von der Direktion, verstehen Sie?
Den anderen Hotels in dieser Gegend
Ist es ganz genau wie uns verboten.
Beide verlassen das Hotel.
Die Bühne dreht sich.
beide sind auf der
Straße.
Es ist eisig kalt.
Sie 2 Die sind total verrückt.
Nur wegen dieser Gegend.
Was ist los mit dieser Gegend?
Er 1 Kannst es dir doch denken.
Woll'n nicht, :
Dass man bloß 'mal absteigt.
Sind
' was Besseres.
Sie 2 Wir suchen uns ein andres Zimmer.
Weiter außerhalb.
Er 1 Für mich ist Schluss. Das war die dritte
Warnung.
Nichts wird mich mehr dazu
bringen.
Sie 2 fängt an zu
weinen.
Sie 2 Siehst du nicht, wie ich nun dasteh'?
Wohin soll ich jetzt.
Ich hab' doch meinen Mann verlassen.
Wie soll ich ihm das erklären.
Lass uns doch woanders hin, ich bitte
dich.
Er 1 Ich hab' es so gemacht, wie du es
wolltest.
Nein, ich kann nicht mehr und
will nicht mehr.
Sie 2 wird erschreckend
wütend.
Sie 2 Du hast das alles wieder eingefädelt!
Er 1 weicht zurück.
Sie 2 Quälen willst du mich! Schon wieder!
Und ich dumme Kuh, so dumm, so saudumm
wie ich bin,
Fall darauf 'rein!
Er 1 Das kenn' ich schon von dir.
Ich kann nicht mehr.
Vergiss mich bitte, bitte...
Er 1 geht. Sie ruft hinterher.
Sie 2 Lauf mir nie wieder über'n Weg!
Du Schwein, du Schwein, du
Schwein!!
Sie bleibt vor einer
großen Fensterscheibe
stehen, in der er sich spiegelt.
Er 1 steht unentschlossen in der Bahnhofstür
und sieht zu ihr
zurück. Er sieht nur ihren Rücken.
3.
Akt, 5. Bild, "Freiheit, oder Mord auf Raten"
Büro im Spinnennetz
Im Büro. Von der Decke hängen grellbunt ausgestrahlte Spinnweben.
Es ist ein Wald voller Spinnweben.
Er 1 ist im Büro.
Sie 2 kommt grade herein. Sie können sich nicht sehen.
Er 1 Was
ich ihr empfahl, empfehl' ich mir nun selber.
Sie 2 Was denn?
Er 1 Bist du hier? Was machst du. Siehst du
mich?
Du kannst mich hören?
Sie 2 Ja, ich hör' dich, aber seh'n kann ich
dich nicht.
Wo steckst du denn.
Er 1 Hier drüben.
Sie irren herum, ohne
sich zu finden.
Er 1 Habe mir empfohlen dich nun endlich zu
vergessen,
Und ich schaff' es nicht.
Sie 2 Hast du das denn erwartet?
Er 1 Nein, genau genommen nicht. Natürlich
nicht.
Sie 2 So ist das. Siehst du, so ist das, mein
Lieber.
Pause. Etwas ironisch.
Sie 2 Das ist Schicksal. Wir sind Schicksal
füreinander.
Er 1 Schicksal? Meinst du das?
Das hab' ich nie bedacht.
Pause. Dann erfreut.
Er 1 Ich freu' mich, dass du mit mir sprichst.
Sie 2 Warum denn nicht?
Er 1 Nach dem, was gestern war?
Sie 2 Es war doch nichts Besonderes.
Er 1 Dann bist du mir nicht böse? Du verzeihst
mir?
Sie 2 hat einen frohen
Ton in der Stimme.
Sie 2 Wo's doch gar nichts zu verzeihen gibt?
Er 1 Ich hab' dir gestern lange nachgeseh'n.
Sie 2 Ich weiß. Ich hab' dich auch geseh'n.
Ich dachte auch, du würdest dich
besinnen.
Er 1 Dachtest du, ich käm' zurück?
Sie 2 Ich hab's gehofft.
Er 1 Wie konntest du mich sehen?
Sie 2 War doch leicht.
Ich stand vor einer großen
Fensterscheibe.
Die gab alles wieder.
Sie 2 Du hast mindestens noch eine halbe Stunde
Drüben in der Bahnhofstür
gestanden, stimmt's?
Ich hab' dich ganz genau geseh'n.
Sie lacht. Er 1 sucht sie weiter.
Er 1 Ich find' dich nicht.
Er 1 lässt sich nieder
und gibt das Suchen auf.
Er wischt sich die
Spinnweben vom Gesicht.
Er 1 Wie
schön dein Lachen klingt. Ich lieb' es so.
Du weißt nicht, wie mich das
erleichtert,
Was du sagst.
Sie 2 Da drüben hattest du doch nur den
Rückenakt der Dame.
Er 1 In der Bahnhofstür?
Ja, mehr war nicht von dir zu
sehen.
Sie 2 In der Fensterscheibe...
Er 1 Bist du wirklich nicht mehr böse?
Sie 2 War ich nicht und bin es nicht.
Er 1 Was war mit deinem Mann?
Sie 2 Der fand es gut,
Pause
Sie 2 Dass ich so schnell nach Hause kam.
Sie lacht wieder.
Sie 2 Das stimmt ja gar nicht.
Nein, er war nicht da.
Er 1 Nicht da?
Sie 2 War ausgegangen. Was weiß ich wohin.
Er 1 Kein Kommentar von ihm? Heut' morgen?
Sie 2 Nein. Er hat gesehen, dass ich wieder
In den eigenen vier Wänden war.
Er 1 Dann kennt er das von dir?
Sie 2 Vielleicht. Na gut, ich hab's schon 'mal
gemacht.
Sie findet ihn jetzt und umfasst ihn von hinten.
Sie 2 Du Lieber, Lieber, Lieber.
Alle Liebe, die ich für dich habe,
Meine ganze Liebe, ist das Gegenteil
von Tod.
Sie ist lebendig, springlebendig.
Sie2 küsst ihn in den Nacken. Er legt seine Arme
nach hinten um sie.
Sie 2 Ich verlang' nicht viel von dir.
Du bist kein Seelenarzt.
Er 1 Warum?
Sie 2 Du darfst mir nicht verschreiben, ja
verschreiben
Was ich mit Gedanken und Gefühlen,
Ob für dich, für mich zu machen habe.
Das ist meine Sache.
Er 1 Tu ich das? Irrst du dich nicht?
Ich finde unsre Liebe ist ein
ungeheurer Widerspruch:
Ich, der ich alles tu, dich zu
vergessen,
Werde dich in meinem Leben nie
vergessen können.
Und grad' ich hab' dir gesagt: Vergiss
mich, bitte.
Alles nur aus Liebe, alles nur aus
Liebe.
Sie 2 Ich mit meiner Liebe...
Er 1 Und mit deiner Freiheit.
Sie 2 Ich mit meiner Liebe und mit meiner
Freiheit,
Fordere von dir dieselbe Liebe, die
ich geben will,
Aus Liebe, alles nur aus Liebe.
Denkst du, wenn du ganz verzichtest,
Wirst du auch vergessen können?
Welch ein dummer Irrtum.
Welch ein hochpolierter Unsinn.
Er 1 Und du denkst, man muss nur alles
fordern.
Sie 2 Wenn man liebt, dann ist es das.
Ein Kind von dir zum Beispiel.
Sie 2 küsst ihn wieder.
Sie 2 Ja,
ein Kind zum Beispiel.
Er 1 Wenn man liebt, bekommt man alles?
Sie 2 Ja, glaubst du noch immer nicht daran?
Er 1 Ich habe einen Glauben.
Sie 2 Hab' ich auch, wir beide: Du hast deinen,
ich hab' meinen Glauben.
Über Glauben muss man reden
können.
Sie lacht.
Sie 2 Und mein Glaube, glaub' ich, ist für beide
gut.
Hab' ich dich überzeugt?
Sie wird wieder ernst.
Sie 2 Wir wären ja verurteilt stillzustehen,
Wenn wir über unsren Glauben
Nicht mehr sprechen könnten.
Alle Kriege sind aus diesem Grund am
Leben.
Sie 2 Alle Menschen müssen sehen und erkennen
lernen,
Dass
sie aufeinander angewiesen sind,
Zum Beispiel.
Er 1 Weißt du, das klingt gut, passt immer,
Und für beide Seiten.
Man hat immer recht damit.
Kein Mensch wird das bestreiten.
Ich am wenigsten.
Sie 2 springt auf.
Sie 2 Du machst mich rasend!
Merkst du nicht, dass alles, was du
redest, redest, redest
Eine Zucht aus irgendeinem
Schrebergarten ist?
Der Glaube, unsre Liebe, Hoffnung
Wachsen doch in Wahrheit wild!
Die kann man nicht begießen
Und an Stöckchen
binden und beschneiden,
Dass sie grade
wachsen.
Schön, und brav und
ordentlich.
Die wachsen auf in
Freiheit! Freiheit!
Weißt du, was das
ist?!
F! R! E! I! H! E! I!
T!
So buchstabiert man
das!
In Freiheit!
Glaube, Liebe,
Hoffnung
Haben doch denselben
Boden, alle drei!
Die Wurzeln ähneln
sich
Und wachsen
ineinander!
Das ist doch kein
Zufall!
Sie bedingen sich
einander,
Und ich kann sie nicht
in meiner Seele
Voneinander trennen.
Er 1 schweigt betreten.
Sie 2 Ich bin voller Trauer, denn ich seh',
Dein Glaube schließt die Liebe aus.
Du. lebst zwar auch in einer Wildnis,
Aber die ist karg und unfruchtbar.
Dein Weg ist völlig fremd für mich.
Du bist voll Widerspruch.
So vieles machst du nur,
Um ausgetret'ne Pfade zu
vermeiden,
Und in Wahrheit trittst du sie wie
all die andren aus.
Du siehst nicht links
nicht rechts davon.
Und was noch viel,
viel schlimmer ist,
Er 1 Noch schlimmer? Was ist das?
Sie 2 Dein drittes Auge, das nach innen schaut,
Nach innen schauen soll,
Hast du dir scheint es, ausgestochen.
Er 1 Neulich hat dein Mann zu mir
Von deinem Innenmund gesprochen,
Dass der nach mir ruft.
Du kämpfst um etwas, ist es so?
Sie 2 Du siehst ja nicht, wohin du gehst,
Wohin du dich bewegst,
Ich meine innerlich.
Du bist ein blindes
"Ich".
Sie lacht.
Sie 2 Soll ich vielleicht auf dich verzichten?
Woll'n wir eine ideale
Liebe machen?
Liebe ohne Sex: Nur
mit dem Kopf?
Von Herz zu Herz? Kein
bisschen tiefer?
Sie schreit ihn an.
Sie 2 Ich
will keine Selbstverstümmelung. Sag' mir,
sag' mir, Was
muss ich machen, Dass
du meiner Liebe endlich glaubst. Er 1 Du.
zwingst mich, etwas anzustreben, Was
ich gar nicht will. Ich
wusste nicht, dass eine Frau, dass du Noch
mehr als Liebe fordern kannst. Ich
dachte, dass du meine Liebe wolltest. Die
hab' ich dir eingestanden, Tausendfach,
mit jeder Handbewegung, jeder Geste. Sie 2 ...und
in dir begraben. Dass
wir ja nichts davon haben. Er 1 Dann
hast du ein Kind von mir gewollt, Sie 2 Du
Lieber, siehst du nicht, Dass
ich es mir noch immer wünsche, Mehr
als ,je zuvor? |
Er 1 Nein,
nein. Ich glaube, du hast jetzt Ganz
andres vor. Das
Kind willst du noch immer. Ja,
da bin ich sicher, Doch,
das glaub' ich dir. Nein,
du willst mehr. Du willst noch mehr. Du
willst noch viel, viel mehr. Was
du betreibst, in mir betreibst, Ist
eine ganz bestimmte Art von Mord! Ja,
Mord willst du. Das
Schlimme daran ist, Dass
du es selber gar nicht weißt. Du
ahnst es nicht einmal. Sie 2 Das
ist doch Wahnsinn! Das
kann ich nicht wollen. Sollt
ich wollen, dass du dich Vor
meinen Augen umbringst? Glaubst du das? Kannst
du das glauben? Nein,
das will ich nicht, niemals werd' ich das wollen! |
Er 1 Du
weißt ganz genau, dass ich das deinetwegen Schon
alleine niemals machen würde. Sie 2 Und
aus keinem andren Grund? Er 1 Es
wächst trotzdem der Wunsch dazu in mir. Der Grund liegt auf der Hand. Sie 2 Du
siehst es falsch, ganz falsch. Vertrau'
mir doch, vertrau' mir doch. Es
ist nur deine Ohnmacht, weil du nichts Dagegen
unternimmst. Tu
doch etwas dafür, dagegen, wie du willst, Tu etwas, tu doch
irgendetwas. |
Er schreit sie an.
Er 1 Ich kann doch nicht, ich darf doch nicht!
Ich kann doch nicht, ich darf
doch nicht!
Er springt auf und läuft davon.
3. Akt, 6. Bild,
"Mord oder Hilfe zum Selbstmord"
Nachts, auf der hell erleuchteten Straße, gegenüber dem Cafe.
Die Jugendlichen randalieren um einen Sarg herum.
Auf dem steht in großen Buchstaben: S U S I.
Sonst ist es menschenleer.
Die Jugendlichen haben den schwulen Postboten in ihrer Mitte.
Er 1 kommt auf sie zu.
Jugendlicher zum Postboten.
Ju Gib's endlich zu! Du hast sie
umgebracht.
Post Ich war es nicht, nein, glaubt mir doch!
Ich war es wirklich nicht.
Ich hätte keinen Grund gehabt!
Die Jugendlichen
schlagen ihn.
Ju Du warst es doch, du schwule Sau.
Post Ich bin es nicht gewesen. Hilfe, Hilfe!
Schlagt mich nicht! Ich war es
nicht.
Ich sag' die Wahrheit! Der da
drüben...
Der da drüben war's!
Ju Und woher weißt du das? Du lügst uns
an.
Post Ich lüge nicht. Ich hab's gesehn.
Er hat's gemacht, weil ihr ihn so
geärgert habt.
Ihr wisst doch, neulich Abend.
Habt die Susi auf ihm krabbeln lassen.
Habt ihr das vergessen? Ihr seid doch
nicht dumm!
Er war's! Der hat sie umgebracht.
Ju Wenn du das warst, dann "Gute
Nacht"!
Ju Dann bist du dran!
Ju Der oder der, das ist uns gleich!
Alle Ju Wir wollen Rache, Rache, Rache!
Wer hat unsre Susi umgebracht!
Sie tanzen um den Sarg herum.
Der Postbote und Er
1 sind für sich.
Alle Ju Wir wollen Rache, Rache, Rache!
Wer hat unsre Susi
umgebracht.
Postbote zu Er 1 .
Post Hau ab, hau ab! Verschwinde!
Schnell! Ich komm' mit denen klar.
Die denken jetzt, dass du das warst!
Die sind in Rage.
Schnell, hau ab!
Nun, hau doch ab, um
Gottes Willen.
Der Postbote will
fliehen, kommt aber zu Er 1 zurück .
Post Mein Gott, bist du verrückt!
Die bring'n dich um!
Dich oder mich.
Die komm'n doch gleich
zurück.
Er 1 Die sind verrückt mit ihrer Rattenplage.
Was
ist schon passiert.
Post Das Vieh ist tot. Die trauern.
Ja, die trauern wirklich! Um die
Susi.
Das sind die von neulich, weißt
du das, nicht mehr?
Er 1 Doch, doch. Das sind die Vollidioten.
Trauern die um diese kleine
Ratte?
Postbote ist
verzweifelt.
Post Mensch, du schaffst es gleich nicht mehr.
Du musst jetzt laufen, schnell,
sie kommen!
Er 1 Hau doch ab! Ich werd' mit denen fertig!
Post Wahnsinn, Wahnsinn! Die sind außer sich!
Die wollen Blut, verstehst du
nicht?
Die wollen Blut!
Er 1 Halt's Maul nun endlich!
Kümmer dich um deine Sachen!
Postbote läuft davon.
Ju Die Sau ist weg! Verdammt!
Ju Er hat gesagt, dass der das war.
Ju Das könnte stimmen.
Zu Er 1 gewandt.
Ju Hast du sie umgebracht? Die Susi?
Hast du sie gekillt?
Ju Was sagt er, war er's, oder war's der
schwule Hund!
Ju Der ist jetzt weg.
Er 1 Ich hab' mit eurer Ratte nichts zu tun
gehabt.
Ihr könnt mir glauben.
Aber hier, ich geb' euch Geld.
Kauft euch 'ne neue.
Ju Habt ihr das gehört?
Kauft euch 'ne neue sagt der
Kerl.
Mann, das war Susi! War die Susi!
Ju Sie gibt's doch nicht neu!
Ein Jugendlicher hält
ihm ein Messer an die Kehle.
Ju Du bist verrückt!
Du weißt nicht, was du sagst!
Die Susi war uns mehr wert, als
der beste Freund!
Kapiert?
Alle Ju Das stimmt. Das stimmt. Das stimmt.
Er 1 Und wenn schon.
Ju Warst du's, oder warst du's nicht!
Ju Mach' auf die Dose! Mach' die Dose
auf!
Frag' nicht so lange. Setz doch an!
Stoß zu!
Soll'n uns 'ne neue kaufen, hat der
KEr 1 gesagt!
Alle Ju Er hat die Susi umgebracht!
Er hat die Susi umgebracht!
Wir wollen Rache, Rache, Rache!
Wollen Rache, Rache, Rache!
Ju Hat die Susi umgebracht,
Weil wir sie auf ihn losgelassen
haben.
Stimmt's? Gib's zu!
Ju Wie der schon aussieht.
Wie der rumläuft! Ganz aus Blech,
der Kerl!
Den mach' ich auf !
Er 1 Ich gebe gar nichts zu! Ihr seid
verrückt!
Ju Dann war er's also doch!
Alle Ju Mach' die Dose auf! Mach' die Dose auf!
Der Jugendliche sticht
zu.
Er 1 bricht zusammen und bleibt neben dem Sarg
liegen.
Er
1 ist tot.
Ju War sowieso aus Blech.
Na, stirbst'e, Blechmann?
Die
Jugendlichen laufen fort.
© 2019