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Harald Birgfeld, Webseite seit 1987/ Website since 1987

 

da liegt mein Herz, Geschichten aus Niemandsland 2022 -2024 (im Entstehen)

z.B.: 100 Jahre „Kafka“, eine herrenlose Fundsache (neu)

 

Aufruf

 

zu Olympia – olympische Spiele!

 

 

Alle Veröffentlichungen,

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Gedicht der Woche,

Lyrik, Prosa und Ingenieurarbeiten

 

 

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Konkretes vom Himmel

Gedichte für diese und eine andere Zeit

(1959 - 1987

 

Harald Birgfeld

 

Copyright, Urheberrecht 2019 beim Autor, Herausgeber, Redakteur: Harald Birgfeld,

e-mail: Harald.Birgfeld@t-online.de

 

"Es lohnt sich, einmal einen heutigen Dichter kennen zu lernen, der mit der deutschen Sprache einen faszinierend fremden Weg betritt und trotzdem dem Leser Freiraum lässt für eigene Gedankengänge, ohne dass die Probleme in erhobener Zeigefingermanier zu zeitkritischen Trampelpfaden werden." (1986: Gutachten)

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

Inhaltsverzeichnis:

 

Abendsonne

Allein

Am Schmiegekörper

An Christine

An das Gute

An den Mond

An den Tod

An die Schöne aus weißem Stein

An L.S. und I.U.

Antennen

Beißende Sehnsucht

Bild im Bild

Bild Mallorca

Birkenwald in der Vorbeifahrt

Blühender Rhododendron

Das Blut des Dichters

Das Geborenwerden

Das Gesicht der Geliebten im Alter

Das hast du mir angetan

Das Zeichen

Deine Gegenwart

Der falsche Wein

Der Maskenball

Dich, mein Herz…

Die Bitte des Todes

Die drei Weisen

Die Hände der Geliebten

Die Nacht von Fréjus

Drei Knospen

Du mit dir im Arm

 

 

 

Ein Freund

Ein Frühlingslied

Ein Kind hat Angst

Ein Reise- und Ermahngedicht,

Ein schlimmer Traum

Eine Sekunde

Elternaugen

Erinnerung

Fallende Blätter

Flügelschlag und Sonne

Frauenfreundschaft

Frühling

Frühlingserwachen

Für dich

Gebet

Gewitter

Glaube

Haikus (6)

Haikus (8)

Herbstabend

Heute will ich dich

Ich denk darüber nach

Ich hab an mich gedacht

Ich habe einen Hund

Ich lebe im Schlaraffenland

Ich ließ dich verstreichen

Ich weiß, wovon du träumst

In deinen Augen

In Gmunden

Irre Zärtlichkeit

Kinderaugen

Kinderlachen

Kindheit

Kreislauf

Krimmler Wasserfälle

Liebe

Liebesgedichte (17)

Liebeslied

Liebesschauke

Lyrische Texte

 

 

Mit weit zurückgelegtem Kopf

Mit Welt an sich

Musik

Nach einem Liebesabend

Nacht über dem See

Nachtfenster

Neues Lieben

Nicht-Gegengedicht zu den „Neuen Gedichten“ von…

Nichts und doch Unendlichkeit

Prag

Prag oder Eine Reise, die nicht endet

Rhythmus der Nacht

Rhythmen meiner Seele

Schwüle

Sehnsucht

Selbstvergessen

Sommernacht

Süße Klage

Süßer Rotweintrunk

Taumel oder Grenze

Tote Stadt

Über den Fluss

Über dich

Verlorenes Spiel

Von einem der auszog, erwachsen zu werden

Vor dem Erwachen

Wenn du dich zu mir legst

Wenn ich die Frau begehre

Wüstenklima Weiblichkeit

 

 

Sommernacht

 

Über ihrem Blütenzauber

Liegt verträumt die Nacht.

Leichte, leise, Sommerwinde

Geben auf den Mond und Wiese,

Still Erinnerungen heischend,

Liebend, kosend, wispernd acht.

 

 

 

So, als könnten nur die wirklich

Heiter’n Leben uns beweisen.

Tanzen gaukelnd schnell erlöschend,

Eb`n noch freudig sich entzündend,

Phosphorkäfer gleich den Elfen

Einen unsichtbaren Reigen.

 

 

Ach, als ahnten sie, wie bald schon

Dieser zarte Kelch zerbricht,

Schirmen dunkle, volle Schatten

Aus der alten Bäume Laub

Mahnend, drohend dieses Lebens –

Oder Leidensparadies?

 

Glaube

 

Kleine Kirche weist nach oben,

Trägt die Krone aus Antennen,

Wie der weise Gottessohn

Einst die Dornenkroh´n aus Schmerzen.

 

 

 

Er allein verschenkte Gnade,

Sie allein kann weiter sehn,

Sieht, dass hinter manchem Hause

Auch noch andre Kirchen stehn.

 

 

 

Blickt viel weiter über Felder

Auf die Häuser ohne Turm,

Ahnt, dass in den Herzen selber

Glockenklang und Demut wohnen.

 

 

Gewitter

 

Hell und dunkel, banges Schweigen,

Fernes Beben, greller Reigen,

Und ein zartes Mädchenherz

Sucht nach schützender Umarmung.

 

 

 

 

Kindheit

 

Als Knabe auf grünender Heide verirrt,

Fand ich unter einem Strauche

Eine einsame Rose von Düften umschwirrt,

Das Rot wie von himmlischem Hauche.

 

Die purpurne Krone trug sie mit Stolz,

Ihren Odem verschenkte sie gerne.

Die Dornen waren aus edelstem Holz,

Doch ihr Blick ging weit in die Ferne.

 

 

 

Ihre sanfte Schwermut verwirrte mein Herz,

Ich versuchte leis´sie zu trösten.

Wir waren glücklich in unserem Schmerz,

bis dunkelnde Schatten uns lösten.

 

Am anderen Morgen suchte ich bald

Meine trauernde Freundin zu finden.

Doch vergebens durchstreifte ich Busch und Wald

Noch am Abend, bei kühlenden Winden.

 

 

Noch später, nach vielen Jahren schon,

Empfand ich ein trauriges Beben,

Weil keine der Rosen mir gab als Lohn

Jenes kindlich reine Erbeben.

 

 

Die drei Weisen

 

Sommer muss nun wieder scheiden

Und sie tragen immer noch

Für die Leute nur das Schweigen,

Für ihr Herz das Pilgerjoch.

 

Armut schirmt das freie Leben

Der drei Mönche, die ein Schwur

Ihrem Gotte hat ergeben

Und der Ordnung der Natur.

 

Ihn zu finden auch im Kleinsten

Und von niemandem bemerkt,

Suchen sie im Allerfeinsten

Zu entdecken noch sein Werk.

 

Also führen ihre Schritte

In die Felseneinsamkeit.

Inn´re Einkehr, fromme Bitte

Lässt vergessen bald die Zeit.

 

Als die Sonne nun die heiße

Strahlenflut herniedergießt,

Schläft talwärts im Lichtergleiße

Blau ein See, still, wie verliebt.

 

Durch die Büsche zu den Fluten

Eil`n die Wand`rer schnellen Schritts,

Ihre Körper von den Gluten

Und des Weges Müh`n erhitzt.

Und nach frischem Trunke spülen

Sie den Staub der Mäntel aus,

In den klaren Wassern fühlen

Sie den göttlich freien Hauch.

 

 

 

 

Wünschen in der Bäume Schatten

Unter flüsterndem Gezelt,

Ausgestreckt auf grünen Matten

Ew`gen Frieden dieser Welt.

 

Als von jenen Bergen schweigend

Sich ein Adler herrlich löst,

Über einem Punkte kreisend

Und dann fallend niederstößt.

 

Nun erkennen auch die Weisen

Einen Entrich auf dem See,

Als der Greif auch schon auf leisen

Schwingen stürzt aus sich`rer Höh.

 

Jäh` erfasst den Erpel Schrecken,

Wasserpeitschen, Flügelschlag.

Schnelle Flucht soll ihn noch retten,

Doch der Sieg ist ihm versagt.

 

Weh`dir, weh`dir, grausam Wilder,

Dass du so den Frieden schonst,“

Droht der eine der drei Pilger,

„Dass du so die Freiheit lohn`st!“

 

Kaum gesprochen packt ein plötzlich

Rascher Sturm sein schlichtes Kleid-

Von des Baumes Aste löst sich`s

Flattert in die Dornen weit.

 

 

 

Und der zweite, welcher bange

Nach dem bunten Entrich sah,

Feucht das Auge, rot die Wange

Kann nicht fassen was geschah.

 

Doch der Sturmwind wirft auch seinen

Reinen Umhang in den Sand.

Einzig noch des dritten Leinen

Kos`t der Wind am nahen Strand.

 

Er allein betrachtet nur

Und mit weitem, fernem Blick

Auf den Wellen letzte Spur,

Die der Kampf dort ließ zurück……

 

 

Herbstabend

 

Abendliche kühle Nebel

Steigen aus den Wiesen auf.

Ihre feuchten Arme legen

Schmeichelnd sich um meinen Hals.

 

Weit war eben noch der Himmel,

Barg die Sonne glühend schön,

Eingehüllt in Farbenspiele,

Immer blasser sie umweh`nd.

 

Leidend sah ich sie noch scheiden,

Ach, es war ein off`ner Schmerz,

Litten wir ihn doch zu zweien,

Schenkte ich ihr doch mein Herz.

 

 

 

Schweigend nun die grauen Schwaden

Hüllen alles Leben ein.

Vögel, Sträucher, Büsche sterben

Alles tot, ich bin allein.

 

Angstvoll geht mein Atem schneller,

Und die Nebel steigen schwer.

Suchend irr ich über Felder,

Schatten fliehen um mich her.

 

 

 

Lauernd, drohend wachen Bäume

Grauerstarrten Geistern gleich

Und verkörpern wirre Träume,

Dämonenhaftes Riesenreich!

 

 

Taumel oder Grenze

 

Irrsinniger Taumel durch die Lüfte.

Jagender Fall aus schwindelnder Höhe des blauen Nichts.

Mauersegler über der Großstadt Klüfte;

Wer ahnte, dass ihr spielendes Treiben Hochzeitsflug ist.

 

 

 

Schreiender Wahnsinn kündet die bizarre Schar.

Könnte ich so wie sie die Schwerlosigkeit empfinden.

Drängender Traum spiegelt noch nachts wie es war.

Sie erfüllen die Wollust der Liebe und müssen entschwinden.

 

 

 

Für sie ist es das Leben.

Ihr Gaukel ist ewig. Unser Wahn nur kurz, unvergessen.

Wir erinnern und geben.

Mensch sein, auch im Nehmen, ist Reichtum, streng bemessen.

 

 

Liebe

 

Süße Herzensqual

Glockenklang, die Tiefe eines stummen Blicks

Aus heißgeliebten Augen.

Bin ich du? Bist du ich?

Sind wir Licht?

 

Hoch und tief zugleich.

Zarte Worte bleiben nur Gedankenflug,

Wie kann ich noch empfinden,

Dich begehr`n? Dränge ich.

Ich liebe dich.

 

 

 

Stürb` ich doch vorher.

Brächt` ich nicht den wunderbaren Kelch zum Sturz.

Ach wär` ich wie die Götter.

Nur ein Kuss, nur ein Blick

Wär` mein Glück.

 

 

 

Warmes Abendrot.

Meine Arme müssen dich umfangen, komm `----.

Mein Leben ist in deinem.

Asche bleibt, ich bin tot.

Phönix. Gott!

 

 

Frühling

 

Heilig reiner Quell.

Junge Morgenlüfte weh`n.

Des Nachts war Regen.

 

 

 

 

Das Zeichen

 

Wer gab das Zeichen zu unserem Bund?

Nicht durch unser kläglich Wort geschah es.

Nicht durch deinen Mund.

 

 

 

Du weißt noch die Kirche, so hell und so klein?

Göttergleiche  Fanfaren der Sehnsucht erklangen.

Alles war Reife und rein.

 

 

 

In deinen Augen las ich mein Herz.

Ach, wahre Liebe verhüllt der Seele den Körper,

Ohne jeglichen Schmerz.

 

 

An den Tod

 

Wohl tausendmal versucht` ich dich zu fangen

Und lockte dich, war willig einverstanden.

Mein Herz erstarb vor bitterem Verlangen.

Doch du verließest schmählich mich im Bangen.

 

 

 

Ich sehnte mich vor Schmerz nach deinen Händen,

Den heißerflehten Trost mir auszugeben

Und mir den ahnungsvollen Flug zu spenden,

Als Lohn die vielen Tränen anzunehmen.

 

 

 

Ach, nein. Voll List erschwingst du deine Preise

Und willst den Wunsch in mir auch schon gewähren,

Doch sendest mich zuvor auf eine Reise,

Und lässt mich hundertfachen Tod verzehren.

 

 

Fallende Blätter

 

Nie verlockte mich der Herbst zu Träumen

So wie dies Jahr.

Süßer Liebreiz wandelt sich im Fall der Blätter von den Bäumen.

Ist`s nicht deine Hand, die kosend mich umweht?

Ist es nicht dein Atem, der an meiner Schulter geht?

 

 

 

Und die Farben, spiegeln sie nicht Reife,

Unser frühes Glück?

Eine Melodie, die mich entzückt,

Dass in Lust und Wehmut ich nach deinem flüchtigen Bilde greife.

Wie auf unsichtbaren Flügeln schwebst du hier,

Unerreichbar, und voll Zartheit bist du doch in mir.

 

 

 

Morgendlicher Tau hängt in den Zweigen,

Diamanten gleich.

Ich seh `deine Augen tränenreich.

Wie mit Fingerspitzen hüten Sonnenstrahlen sanft ihr Schweigen.

Huschte nicht ein Lächeln über dein Gesicht,

Das Verzeihung und Vergebung und Erfüllung spricht.

 

 

An das Gute

Für Hermann Claudius

 

Weil gar oft des Geistes Schwäche sich mit bösen Dingen plagt,

Ist doch uns`rer Herzensenge, ach, das Gute nicht versagt,

Flötenspiel und Kinderlachen dringen bis nach dorthin vor,

Wo in abgeschloss`ner Kammer überirdisch singt ein Chor

Sehnsucht packt wie Wind die Blätter uns`res ahnungsvollen Späh`ns.

 

 

 

Dass im Überschwung des Drängens Jahre wie im Flug vergeh`n.

Zwingt uns dennoch bitt`rer Kelch den Mund zu öffnen seinem Strom.

Nehmen wir es duldsam hin in der Gewissheit süßem Lohn.

Hab` die Kammer lange schon vom Schloss befreit.

Bin voll Hoffnung und doch stets bereit.

 

 

 

Drei Knospen

 

Drei Knospen auf leisem See,

Duftgewand am Uferrand.

Die eine Blüte springt,

Die vollen Blätter öffnet sie ganz zart.

Dein Mund.

Ein ungesproch`nes Liebeswort

Perlt wie der Tau zum Kelch,

Mir in das Herz.

 

 

 

 

Kinderlachen

 

Chor der Engel nach durchbangten Nächten.

Erstes Schluchzen wieder.

Tausendmal ist`s besser, als der Kampf mit unsichtbaren Mächten.

 

Jedes trostgesproch`ne Wort ist Lachen,

Und mein Herz singt Lieder.

Weiß ich doch die Guten wieder über meinen Schützling wachen.

 

 

 

Selbstvergessen. Unentdeckte Hülle.

Spiegel der Kristalle.

So voll Reinheit sind die Augen noch in ihrer Lichterfülle.

 

Für Sekunden schwindet alles Denken,

Dass Erinn`rung falle.

Nur die Liebe kann wie Kinderlachen unsre Herzen lenken.

 

 

 

Musik

 

Klänge bleibt, entschwindet nicht.

Ihr zeichnet mir das Angesicht.

Flüge, die durch euch ich leide,

Trennen Geist und Körper wie durch lichte, allerfeinste Seide.

 

Süßer Töne, sanftes Spiel,

Erinnerung und Tod im Ziel.

Chaos will den Sieg bestreiten,

Doch der Anschlag einer Saite kündet holde Ewigkeiten.

 

 

 

Letzte Harmonie verklingt.

Ein Herz voll Sehnsucht leis` zerspringt.

Sehnt sich dennoch tiefen Schlummer

Müd `erschöpfte Seele.

Selbstvergessen spürt sie keinen Kummer.

 

 

 

Der Maskenball

 

Geladen kamen sie als ihre Gäste.

Zum Maskenball, dem jährlich längsten Feste,

Und was der Geist an Fratzen je ersonnen:

Die teuflisch`sten, von Grausamkeit umsponnen,

Die wildesten, aus innerer Begierde,

Die wenigsten aus Frohsinn an dem Spiele.

Der Menschen Schwächen, Laster unverhohlen,

Sie alle trugen`s frei, dem Spott gestohlen.

 

Der Fürsten und der Reichsten bunte Scharen,

Schon angeführt von ihr mit dem Gebaren

Der tanzenden Verführerin der Sinne,

Die Körper fängt wie Opfer eine Spinne.

Versprechen flüsternd folgen sie der Tollen,

Verstoßen heiliges Gesetz und wollen

Sich selbst ihr schon zum Opfer bringen,

Und jeder sieht sie seinem Arm entspringen.

 

Da öffnen sich des größten Saales Türen

Und durch den Kreis der schnell Verstummten führen

Bediente einen neuen Gast zur Mitte.

Der spricht: „Zwar ist es unter Gleichen Sitte

Den Namen, Stand, die Herkunft zu benennen,

Doch können wir ja alle nicht erkennen,

Wen jene oder diese Masken decken,

Drum möchte` auch ich das Antlitz noch verstecken.“

 

 

 

Ein paar der Gäste tanzen laut schon wieder,

Und trunken singen auch die ander`n Lieder,

Da trennt das Fest noch einmal seine Stimme,

Und jeder hält mit Neugier lauschend inne:

„Ich hab` ein Gastgeschenk euch noch zu machen,

Doch fürchte ich den Hohn und euer Lachen,

Weil ich`s nicht ohne Gegenwert vergebe

Und doch nur nach geringer Gabe strebe.

 

Ich möcht` in euch nach eines jeden Willen

Die Wünsche und das Sehnsuchtsvolle stillen.

Und alle Träume sollt ihr selbst erleben

Und nichts als Dank dem Spender dafür geben,

Wenn ihr, behaltet achtsam meine Worte,

Bis Mitternacht verweilt an fremdem Orte,

Doch dann, beim zwölften Schlag der letzten Stunde

Hier wieder löst euch vom geschloss`nen Bunde.

 

Versäumt ihr aber die bestimmten Zeiten,

So wird das Wunschbild leis` wie Dunst entgleiten.

Und was sich selbst heut` jeder spottend gab, nein,

Begehr` ich nicht, es bleibe ewiglich sein!“

Schon trieb der Rausch der unerhörten Worte

Die Phantasie an jene enge Pforte,

Wo Wahnsinn sich und Herrlichkeiten drängen,

Und unverstanden blieb sein Preis den Mengen.

 

 

 

Kein einziger, der sich dem Bund entzogen,

Und keiner, der gescheut des Taumels Wogen.

Der Frevel Schändlichkeit, der Hölle Schatten,

Der Schwachen Lust auf unerlaubten Matten,

Man feierte sie bebend im Triumphe,

Man sank und sank im weichen Sumpfe.

So hatte keine Grenze ihr Verlangen,

Der Geist muss oft mit seinem Körper bangen.

 

Kaum wähnten sie den heißen Tanz begonnen,

Als schon die angemess`ne Stund` verronnen

Und Nüchternheit die eben Schwindlen freite,

Erinnerung mit Wirklichkeit entzweite,

Und niemand, der die Frist beachtet hätte

Enteilten sie zurück an jene Stätte,

Wo er, der jetzt als Höllenfürst entlarvte,

sich höhnisch den Erschreckten offenbarte:

„Oh, blindes Haus. Wie leicht seid ihr zu narren.

Vergeblichkeit soll mit der Hoffnung harren!

Kein Bitten und kein Fleh`n werd ich erhören,

Und keine Menschenlist kann mich betören.

Die Masken sind euch Fleisch und Blut geworden!

Beginnt das Leben, noch vor Todessorgen.

Für euer Zeichen müssen alle sterben

Und aus dem Garten hier verstoßen werden.“

 

 

Liebesschaukel

 

Bewege mit mir die Liebesschaukel.

Dass von unserem Atem sie schwingt.

Mit leisen Worten umkos` uns der Wind

Und singe Lieder in unseren Gaukel,

Dass jeder im Fall eine Ewigkeit sinkt.

Und wir dennoch schwungvoll getragen sind.

 

 

 

Es hemmt unser Gleiten der Bäume Gipfel,

Augenaufschlaglanges Erwachen.

Von ihnen dringt Flüstern in unseren Reigen

Und Sehnsucht klingt in ihrem Wipfel.

Schon lässt die schwere uns Abschied machen.

Seh` noch der Kronen Zueinanderneigen.

 

 

 

Liebeslied

 

Ein eisiger Hauch läuft über den See

Und lässt ihn erzitternd gefrieren.

Dein wärmender Mund nur kann lösen den Schnee.

Christine, lass dich nicht verlieren.

 

Des Winters diamantene Sternenpracht,

Des Todes klirrende, schneidende Macht,

Sie erhöhen nur meines Herzens Schlag,

Dass mein Sehnen nach dir sie zu bannen vermag.

 

 

 

Wie eine Fee berührt mich dein liebendes Wort,

Eröffnet mir ewige Welten.

Und lässt mich durcheilen den Wunderort,

Wo der Liebe Gedanken nur gelten.

 

 

 

Ein weißes Segel am Horizont.

Eine Flocke entfällt dem Himmel.

Erinn`rung und Schönheit haben sich gesonnt

In der Augen Strahlengewimmel.

Was bin ich Reicher für ein armer Tor.

Ich ließ von Sirenen mich necken.

Doch aus ihnen sah`n deine Gebärden hervor,

Und nur mühsam konnt` ich mich wecken.

 

 

Vor dem Erwachen

 

Ein junger Quell entgrünt dem Zweig.

Der Willkür Ohnmacht sandte ihn in unser Reich.

Noch fühlt er nicht die Sendung nur die Kraft.

Oh, ahnt` er seine Botschaft doch, noch ehe sie erschafft.

 

Er sprengt so Blatt für Blatt,

Als ob er große Mühe hat

Und glaubt, das Licht sei schon erkämpft,

Obwohl` s ihn blendet und sein Wagen dämpft

 

 

 

Auch spürt er Wärme in sich brennen

Und kann sie noch nicht Liebe nennen.

Ganz zaghaft fllüstert`s ihm im Herzen

Und er zittert wie der rote Schein von Kerzen.

 

Der ungetrübte Schimmer wird bewacht,

Und eines Meisters Hand schickt Blindheit mit Bedacht,

Dass nicht ein Dämon schürt die reine Flamme

Zu ungeheurer Feuerbrunst, zu einem Feuerdamme.

 

 

 

Dass nicht die Jugend vor dem Wissen schon

Zerfressen wird von seinem bitt`ren Lohn.

Und jede Zeit zu Ende reife.

Und Unvergang`nes nicht schon nach der Zukunft greife.

 

 

Über den Fluss

 

Jenseits und Diesseits.

Drängt`s mich den Fluss zu durcheilen?

Baue Brücken, finde Wege.

Sieh, viele Rosen birgt der See.

 

Ohne Ordnung reiht sich Blütensaum nach drüben.

Ich kann ja die Füße heben und fliegen

Und tänzelnd ihre Kelche berühren.

Sieh, ihre Blätter kosen mich.

 

 

 

Mich ruft`s nicht mehr, das andere Ufer.

Über den weißen Elfenköpfen schwebt mein Haus.

Nie kann ein Sturm es erreichen.

Sieh, erkennst du es nicht?

 

 

 

Nur ein schmaler Steg ins gefundene Land.

Nicht das andere Ufer sucht` ich.

Ich führ` deine Hand, Christine.

Und achte, dass dich kein zweiter Orpheus verliert.

 

 

Sehnsucht

 

Dem Quellengemurmel entschlüpft es.

Mit den Vögeln hüpft es

Von Zweig zu Zweig

Und bettet mein Herz so weich.

 

Der Sonne letzten Strahl

Hab` ich getrunken in meiner Qual.

Der Fischlein Sprung in die Höh`,

In Kreisen erzählt es der See

 

 

 

Dem verronnenen Tag

Singt es die Nachtigall noch.

Mal ist es wie Trauer, banges Sehnen und Zagen,

Mal leicht wie ein Hauch, wie himmlisches Tragen.

 

 

 

Jedem Wand`rer verrät es der Blumen Duft.

Und des Mondes Licht - - -

Ach, Christine, hörst du denn nicht.

Wie mein Herz dich ruft?

 

 

Verlorenes Spiel

 

Tränen, Fragen, Zweifelwünsche warten.

Erstickender Wuchs im Liebesgarten.

Leises Verstehen des Licht`s und der Schatten.

Lockenflut huscht über die Matten.

Der Himmel entlässt den schwarzen Ball.

Lautlos ist sein Fall.

Er verschlingt die Versproch`nen,

Er gebiert die Gebroch`nen

Und rollt in wildem Reigen.

Menschen verkaufen dem Chaos ihr Schweigen.

Kein Blick horcht nach innen.

Es verstummen die Stimmen.

Haben sie die Augen erst abgewendet,

Ist jedes Spiel verschwendet.

 

 

 

 

Selbstvergessen

 

Verloren, verloren.

Wann wird mir die Hoffnung geboren.

Das Meer verspricht mich ein Jahrtausend zu wiegen.

Und ich möcht ein Jahrtausend Unendlichkeit spüren,

In zeitlosen Armen liegen.

 

 

 

Nichts darf mich führen.

Nur ein Hauch,

Ach, Vergessen - - -

Lass, lass doch.

 

Wellen sollen mich heben und senken,

Kein Rufer, kein Frager, nichts mich lenken.

Ein Schwung, der mich mit sich nimmt.

Nur jetzt. Nur eine Sekunde Ewigkeit.

Ich bin bereit.

Ich taumel, ich fall` .

Deine Arme, All!

 

 

 

Nach einem Liebesabend

 

Wie ein abgeriss`ner Hund

Streich ich durch die Nacht.

Meinen Körper quält eine Macht

Und die Seele läuft sich wund.

 

Wehe, dass mich keine Blicke berühren,

Mein Herz ist nur noch Scham.

Ein Flammenspiel war es als ich kam.

Jetzt können die Füße nur durch Asche führen.

 

Ich schließe die Lider,

Und ein Feuerbrand

Entzündet der Augen Rand.

Meine Wangen beißt ein Fieber.

 

 

 

Und ich verfluch` mein Begehren.

Unerfüllte Wunschvisionen

Lass ich von Hassliebe

Mit Lust verzehren.

 

Dann kehr` ich zurück zu dir.

Höre mein Sehnen vor Schmerzen schrei`n,

Steh` vor verschlossener Tür

Und kann kein Wort vom Munde befrei`n

 

 

 

 

Tödlich waren die Liebesstunden

Bis Mitternacht.

Wir zerrissen alte Wunden

Unbedacht.

 

Die Nacht ist lang und dunkel,

Unendlich mein Treiben.

Mich sticht das Sternengefunkel.

Allein muss ich so leiden.

 

 

Frühlingserwachen

 

Einfallender Mond,

Schatten hat die Nacht.

Was im Schweigen erwacht,

Wird mit Schönheit belohnt.

 

Silberner Schleier,

Verhüllt ist das Gesicht.

Andächtige Feier.

Hörst du den gesundenden Atem nicht?

 

 

 

Pochendes Drängen der Brandung.

Noch wagt kein Leben die jubelnde Freude.

Eines sanften Windes umspülende Landung,

Unser Herz entdeckt ein gläsernes Gebäude.

 

 

 

An Christine

 

Wir luden uns zu einem Blumenfeste.

Die Wiese war die Barke seiner Gäste.

Leis` schaukelnd trug sie fort ein bunter Reigen,

Und Lichtlein flammten auf, den Tanz zu zeigen.

 

 

 

Es schien des Mondes Licht durch Abendschleier,

Die Sterne boten sich zur Lampionfeier.

Ich ließ den Blick in deine Augen sinken,

Der Lippenkelch erblühte nur zum Trinken.

 

 

 

Ach, morgen früh schon muss ich dich verlassen,

Auch Mond und Sterne müssen tags erblassen,

Doch kehr` ich wieder, immer wieder, wieder,

Zu trinken von dem Quell die süßen Lieder.

 

 

An den Mond

 

Silberscheibe Mond,

Wie viel Tränen ließ ich schon

In deine baumgefloh`nen

Liebesnetze fallen;

Wie viel tausend Wege irrten

Meine Augen in dem Schattenlicht,

Das mir ihr Gesicht versprach.

Und ich wünscht`, dein heller Duft

Wär` ihr Mund,

Der meinen Namen flüstert

 

 

 

 

Nachtfenster

 

Einsamer Trompetenklang der Nacht.

Gleich der Flamme des Kometen

Steht der Azalee

Rotfeuernde Mantilla

Vor dem Fenstersee.

Flüsternd hebt der kühle Wind

Den Schleier,

Dass die Blüten zittern.

Blanke Fische tummeln sich

In deinem Licht,

Silberscheibe Mond.

 

 

 

 

Tote Stadt

 

Haus zittere, Stahl.

Dach, beuge dich, kahl.

Turm spießt sich, Beton.

Licht beißt sich, Salon.

Pfahl erstarrt in Wehr.

Straßen pflastert ein Heer.

Drahtgespreitzte Viper.

Todgefüllte Gitter.

 

 

 

Kreise, kreise Dorn.

Glocke: Pulverhorn.

Ohne Kopf, heißt Gott.

Wer nicht in Not.

Ist tot.

 

 

 

Nacht über dem See

 

In den See tropfe dein Licht,

Silberschale der Wolken.

Die dunklen Reiter

Über den Wipfel

Zwingt das Flügelpferd.

Wellenspiele schillern dich,

Stiller Nachen, and`res Ufer.

Lange rudern Schattenweiden

Meinen Traum.

Die volle Bergkuppel

Ruht in meiner Hand,

Auf der Geliebten Brust.

Ach, im leisen Windspiel

Beugen endlich sich die Wimpern.

 

 

 

 

Süßer Rotweintrunk

 

Kerben reifen sich vom Grund

Zu zarter hochgeschwung`ner Anmut,

Öffnen zwingend dich dem Mund,

Und Doppelkuss am Rande ausruht.

 

Dunkelroter Spiegelglanz,

Und meinen Pulsschlag zittern Ringe.

Glasgefang`ner Augentanz

Mit der Erinn`rung schnell entspringe.

 

 

 

Aus dem Kelche trinkend flieh`,

Die Kerben schlängeln meine Sonne.

Abgrundtiefen schmeicheln sie.

Und ach, der Höhen süße Wonne.

 

 

 

Blühender Rhododendron

 

Glühender Strauch,

Sendest du auch

In dein Blütenspiel,

Dein Liebesziel?

 

Kelchrotes Licht

Flimmerst du nicht

Meine vielen Zeilen,

Die dem Herzen enteilen?

 

 

 

Farbenklang

Aus jeder Traube,

Wandelnder Sang

Der wiegenden Laube.

 

Hundertfach

Hast du gesagt,

Was ich immerzu denk,

Was mein Sehnen lenkt.

 

 

 

Rhythmus der Nacht

 

Tanz und Spiel sind Lust.

Blütenspiel ist Lust am Wegesrand.

Glut und Blick, ich weiß,

Feuerbrand ist Wunsch und sonnenheiß.

 

Mein Blick streift nur ihr Haar, dunkles Sommerfest.

Ich lud ihre Locken ein, weiches Schattennest.

Sie wandte die Augen nicht von dem Rosenstrauch

Und schöpfte in Trunkenheit seinen Purpurhauch.

Da brach ich den Zweig, oh, kelchvoller süßer Tod.

Ihr schwarzbraunes Haar, wie Erde in Flammenrot,

War nun seine Laube, züngelnde Lockung mir.

Die pochende Melodie nur noch hörten wir.

 

 

 

Kleiner Vogel trank.

Feuervogel trinkt den Wellenschlag.

Rebe wächst den Born.

Traubenschwerer Überfluss verführt.

 

Sie sprach nur den Rhythmus unserer frühen Nacht,

Zu entspringen dem Quell war`n Wangen und Mund erwacht.

Sie schenkte Liebkosungen mir mit der zarten Hand

Und bog sich im Schreiten, nieder fiel das Gewand.

 

 

 

 

 

Mond nur weht sein Licht.

Silberfisch, du schwimmst in Wolkenflut,

Nass und kalt und tot.

 

 

Allein

 

Vier Schritte breit und vier Schritte lang,

Tot sind die Wände, ein farbloser Klang.

Das ist meine Zitadelle,

Dem suchenden Herzen die lieblichste Quelle.

 

Durch das offene Fenster fällt Licht,

Bringt der Geäste Schatten mit sich,

Die den Raum zum Leben wecken.

Ich fang` mit den Händen die wärmenden Flecken.

 

 

 

Tot sind die Wände, ein farbloser Klang,

Höre dennoch der Mücke Gesang,

Mal ihr Nahen, mal ihr Schweigen,

Dem dankbaren Ohr ein wandelnder Reigen.

 

 

 

Spüre des leisesten Windes weh`n,

Lerne den Atem der Nacht verstehn.

Weiß nicht wo die Ander`n sind,

Ich sehe sie nicht, meine Augen sind blind.

 

 

Schwüle

 

Der Sommerabend war so lang,

Die Luft war schwül, das Herz mir bang.

Da ging ich, suchte Kühlung dort

Hinab zum See, zum Vogelhort.

 

Die weiße Rose war entflammt.

Auf grünem Blätterspiegel stand

Sie Kelch an Kelch wie Perlenspiel,

Der schnellen Abendschwalbe Ziel.

 

Aus Bäumen, Sträuchern, Busch und Rohr

Erklang der kleine Sänger Chor,

Und durch die Schattenzweige brach

Die späte Sonne nur noch schwach.

 

 

 

Schon stieg im dunklen Uferrand

Das leise Lied der Nebelfrau.

Sie spann und spann ihr feuchtes Band,

Zum stillen Wasser trieb das Grau.

 

Da stürzt` sich drüben von dem Ast

Der Falke, schlug mit jäher Hast

Die helle Schwalbe aus dem Flug.

Der See erstarb im Atemzug.

 

 

 

Vom Wege floh ins Schilf der Frosch.

Ich eilte, eh`der Tag verlosch

Zurück. Die Schwüle wuchs mit Macht.

Der Regen kam erst in der Nacht.

 

 

Die Nacht von Fréjus

 

…. drei, zwei, eins, null!

Es zuckt der grelle Blitz,

Wirft lichte Schatten in den Sonnentag

Und frisst und speit den roten Sand.

Die Einsamkeit zerreißt sein gieriges Gebrüll.

Er schüttelt Flammenstöße in das Firmament.

Es wächst und quillt und steigt der Pilz.

So weben Macht und Ohnmacht ihren Kranz.

 

Im Tale, noch zwischen hoch ragendem Stein,

Nur wenige Stunden vom Meer landein,

Dem schmalen Bache durchflossen,

Den schweigenden Bergen umschlossen,

Erkannte des Wanderers Blick nur mit Müh

Wie Spielzeug die Häuser von Fréjus.

 

Doch hinter dem Dorfe, höher hinauf,

Wo, bei jenen Felsen, in endlosem Lauf

Der Fluss sich sein Bett eingeschnitten,

Wo Bäume und Graten ritten,

Dort griff mit kühner Höhe und Schwung

Und glich dem versteinerten Tiere im Sprung,

Das leuchtende Wehr durch die weite Schlucht.

 

 

 

Im Rücken, wie eine Meeresbucht

Bedrängte das Wasser die Sperre.

Als ob sie die Fesseln zerre,

Zersprühte die Welle am Ufer mit Macht.

Am seitlichen Damm hielt ein Turm seine Wacht.

 

Vor wenigen Jahren erstand erst der Bau.

Die spritzende Flut war der Morgentau

Auf diesem gigantischen Werke.

Nicht tiefengewachsene Stärke,

Geflochten aus Quadern, Erde und Holz,

Ein flüssiger Guss, der die Felsen verschmolz,

Wuchs schlank auf vom toten Gebirgesgrund.

 

Doch drangen aus leise geöffnetem Mund,

Nun friedliche Wasser wieder,

Die Ströme ins Urtal hernieder

Und gaben die Kräfte dem wartenden Land.

Welch Siegen versprach hier des Meisters Hand.

 

 

 

Und dann stürmte zwei Tage Regen herab.

Im Tal schuf der Nebel ein finsteres Grab,

Zerfraßen die tobenden Winde

Des Kraftwerkes junge Rinde.

Die dritte Nacht zerbrach der Damm.

Fréjus ertrank im sumpfigen Schlamm.

 

 

Beißende Sehnsucht

 

Du bist mein Tod.

Du bist mein Tod!

Du bist mein fleischgewordener Tod,

 

Du bist mir Qual.

Du bist mir Qual!

Du bist mir marterlange Qual,

 

Du bist mein Fluch.

Du bist mein Fluch!

Du bist mein engelsgleicher Fluch,

 

 

 

Du bist mein Quell.

Du bist mein Quell!

Du bist mein giftgetränkter Quell,

 

Wär` ich nicht ich.

Wär` ich nicht ich!

Wär` ich nicht mein gezweites Ich,

 

Wär`st du mir Hass.

Wär´st du mir Hass!

Wär`st du mir herzensechter Hass,

 

 

 

Und keine Lieb`.

Und keine Lieb!

Und keine flammende Lieb,

 

Wünscht` ich mich tief.

Wünscht` ich mich tief!

Wünscht` ich mich Kilometer tief.

 

 

In Gmunden (Für Frau Hoflehner)

 

Durch das Abendwehen drang

Weit des tönernen Glockenspiel`s Klang.

Schwebende Nebelfächer

Trugen ihn über die Dächer.

 

Gleich dem Greif, der Schwingen hat,

Floh mit dem Tönen mein Herz aus der Stadt,

Über den grüntiefen See

Zu den Traunstein`s Höh`.

 

 

 

Doch mein träumerischer Blick

Glitt von dem Gipfel ins Tal zurück,

Trank von den wechselnden Farben,

Felsen und leuchtenden Garben.

 

Kehrte noch beim Wirte ein,

Schenkt` meinem Mädchen vom goldenen Wein,

Lauschte dem Tanzen und Singen,

Auf das Saitenklingen.

 

 

 

Ach, als zögen Flügelpferde

Lass` ich schon morgen dies Fleckchen Erde.

Wieder ist alles verloren,

was ich zu lieben erkoren.

 

 

An die Schöne aus weißem Stein

 

Wenn mich in diesen engen Wänden

Sehnsucht plagt nach einem Weib,

Nach weißen Schultern, Brüsten, Lenden,

Blick ich stumm auf deinen Leib.

 

Mir pocht das Blut in engen Adern,

Deine Schönheit macht mich blind.

Ich möchte mit, Steinerne, dir hadern,

Fragen, wo die Sinne sind.

 

 

 

Doch legten dir des Künstlers Hände

Fesseln um die Arm` und Bein`,

Als dürfte deines Körpers Spende

Nicht in meinen Armen sein.

 

 

 

Du selber zerrst ja deine Bande,

Kennst des heißen Glückes Schaum.

Und schenkst mir, tot und nur am Rande,

Dennoch süßen Liebestraum.

 

 

Neues Lieben

 

Alt waren meine Gedanken,

Träge und kraftlos. Sie schwankten,

Gräser nur, Wellentreiben,

Unsteter Wind ohne Bleiben.

 

Flucht waren meine Gedanken,

Flucht vor den wilden Ranken,

Wurzeln, die Hoffnung machten.

Bangte um billiges Trachten.

 

 

 

Wissen sind jetzt die Gedanken,

Weil sie in Sehnsucht ertranken,

Ungestillt sich zähmten,

Wünsche vertrieben, die lähmten.

 

Weit sind meine Gedanken,

Kennen kein täuschendes Wanken,

Eilen dir jung entgegen,

Singen von neuem Leben.

 

 

 

Singen von neuem Lieben.

Seit du das Dunkel vertrieben,

Mir deine Augen lachten,

Kann mich kein Wahn mehr umnachten.

 

 

Die Bitte des Todes

 

Der Tod, ein armer, alter Mann,

Saß gestern Nacht auf meinem Bette.

Mich starrten seine hohlen Augen an

Und baten stumm, dass ich ihn rette.

 

Den Schädel hielt er ohne Kraft,

Und schwankend zuckten seine Glieder,

Aus Wellen sah hervor der Flaschenschaft,

Ihn schlug`s im Rhythmus hin und wider:

„Ich steche sie beim Liebestrank,

Zerreiß` ihr Fleisch wie nie vor Zeiten,

Lass` unter zehn zugleich den scharfen Klang

Der Messer und der Zangen gleiten.

 

 

 

Doch die der Augenblick verschont,

Das Hirn der Ander`n im Gesichte,

Verlassen mich, den sonst Verzweif`lung lohnt`

Und tanzen unterm Kerzenlichte,

Begehren Rausch und Trunkenheit

Und wenden ihren Blick zum Hellen,

Erkennen sich am Stank der Eitelkeit,

Sie tummeln in den Lebensschnellen.

 

 

 

Ich wünsche nur, dass einer noch

Die Milde meiner Macht erkenne,

Dass einer von den vielen Blinden doch

Mich einen weisen Ender nenne,

Dass sie mein Name furchtsam schrickt,

Vor meinem Kommen heimlich fliehen,

Zum Mindesten, was meinen Händen glückt

Als Mahnung vor die Zukunft ziehen!“

 

 

Das Gesicht der Geliebten im Alter

 

Sommer ging vorbei.

Sehe noch den Wein zum Herbst.

Vogelspur im Schnee.

 

 

 

 

Die Hände der Geliebten

 

Durch das Sommersonnenlicht

Flirrte die Zerbrechlichkeit,

Lebend rotes Blattgeflicht,

Schmaler Hände Zierlichkeit.

 

Traubenvoller Rebenzweig.

Deiner Fingerschalen Paar

Trug den süßen Perlglaswein.

Herbstblatt fiel dir leis ins Haar.

 

 

 

Dann, im winterweißen Kleid.

Bargst du Finger, Hand und Arm,

Riefen dennoch, kalt und warm,

In der reinen Einsamkeit,

Anmutvoll am Hals der Nacht

Frühlingsträume in mir wach.

 

 

 

Rhythmen meiner Seele

 

Schatten nur, Schwüre, die zusammenhalten.

Spiele jäher Wirbel, Wind.

Schleier der Verführung sind

Tänzer nur. Rhythmen meiner Seele walten.

 

 

 

Eile Blick! Hasche von den Trunkenheiten.

Ohnmacht zwingt zur Wiederkehr.

Träum` von Sattheit nimmermehr!

Eile Blick, tumm`le dich in Eitelkeit.

 

 

 

Nichts und doch Unendlichkeit

 

Wenn hohler Klang im Herzen gähnt,

Das von Liebe dumpf,

Zwiegeteilter Rumpf,

Sich nach der andren Hälfte sehnt,

Ist`s Finsternis, die das Gewölbe dehnt.

 

 

 

Wenn süßes Ahnen dann dem Drang

Leises Glöckchen regt,

Ein Versprechen trägt,

Im Tasten einer schmalen Hand

Ist`s bange Scheu, die sich zerbrechlich spannt.

 

 

 

Doch, wenn das Lied im Tosen schweigt,

Finsternis verwischt,

Bange Scheu erlischt,

Sich Lippe zart auf Lippe neigt,

Ist`s nichts und doch Unendlichkeit.

 

 

Süße Klage

 

Rottupfender Mohn.

Klagt bei des Wand`rers Schritt

Der festen Wurzeln.

 

 

 

 

Kreislauf

 

Flamme der Vergangenheit

Ist Asche,

Die im Phönix

Uns die Zukunft sendet.

 

Farbenspiegel

Längst verglühter Leidenschaft,

Traumpulver bläst der Wind

In süchtigem Rausch.

 

 

 

Hinüber gleitet auch der Säulenpfad,

Des Stromes Zier im Sommergarten.

Doch die Wände drängen,

Nur das Abbild bleibt.

 

 

 

Durch die Wellen greift die Hand ins Nichts.

Verlöschend quillt das Bäumen aus der Flut.

In des Sees Tiefe flicht`s

Die Wolken spiegelnd eines Vogels Flug.

 

 

Eine Sekunde

 

Eine Sekunde,

Fragment der Unvernunft.

Später warst du Seligkeit,

Keimtest

Wild in mir

Zu Gewalt

Und zu Selbstverlust.

 

 

 

 

Ein Kind hat Angst

 

Du wirst noch lernen zu fliegen!

Ja wirklich!

Du wirst dabei auf dem Rücken liegen

Und deine Angst von gestern ist vorbei.

 

 

 

 

Ein Freund

 

Den Freund zu begrüßen

Und wissen zu müssen,

Dass er mit Lust

Sich zerstört,

Da frage ich laut:

Begrüße ich mich?

 

 

 

 

An L.S. und I.U.

 

Liebevoller konnten wir nichts fangen

Als uns selbst.

 

Wir ziehen in den Garten unsrer Sonnen.

 

 

 

Neige deinen Kopf und lass mich Wange sein

An deiner Wange.

 

Beet aus Frühling.

Wir die Gärtner unsrer Sonnen.

 

 

 

Wir, so eng

Und doch hält jeder Ausschau

Nach dem anderen.

 

 

Lyrische Texte

 

Die Liebe meiner Puppe.

 

 

Auf den Stühlen der Zeit.

 

 

Die Flüge heller Sonnen.

 

 

Das Loch im Fell der Nacht.

 

 

Die Ringer ferner Sternenbilder.

 

 

Auf der anderen Seite der Nacht.

 

 

Unter dem gläsernen Dach des Atems.

 

 

 

 

Das bunte Laub der Worte.

 

 

Die hellen Steine lieber Blicke.

 

 

Fremde Nadeln Strickerinnen meiner Jacke.

 

 

Der Lebenslauf des ungemalten Bildes.

 

 

Die Liebeslieblichen.

 

 

Die Gleichzeitigkeit der Ereignisse.

 

 

 

 

Die Freiheit der Nackten.

 

 

Das Tun der Unwissenden.

 

 

Vom Leuchten goldener Wege.

 

 

Wenn Weinen geboren wird.

 

 

Frauenfreundschaft

 

Ich sehe sie im Umgang miteinander,

Wie sie miteinander umgehn,

Wie sie umeinander gehen

Und sich wohlgefällig

In der Augensprache

Schwesterlich verstehen.

 

Liebevoll begegnen sie sich, fast vertraut,

Sind Pilzsammlerinnen guter Worte,

Die kein Gift in ihre Körbe lassen,

Die vermeiden jede arge List

Und können miteinander lachen.

 

Meine Augen reichen kaum,

Die Vielfalt dieser sanften Heimlichkeiten,

die sie sich enthüllen,

Die sie sich verschenken,

Dieses übervolle Blumenbeet von Blühendem

Und von der Blüte in die schöne Frucht

Sich Wandelndem,

Zu überblicken.

 

 

 

So geht Freundschaft

Mit der Freundschaft um.

 

Ihr Lachen ist ein zierliches

Und hastiges

Und frohes Läuten kleiner Glöckchen,

Die sie an den Fußgelenken,

An den Handgelenken

Und in Wirklichkeit

In ihren Mündern tragen.

 

 

 

Ob sie wissen,

Welch ein herrliches Gefühl

Der Frauenfreundschaft sie erleben?

Ob sie wissen,

Dass ein Außenstehender,

Fast selbst ein wenig glücklich,

Dieses Glück erlebt

Und sich bis jetzt gehütet hat,

Aus Angst, in eine Glasmenagerie zu greifen,

Diesen Glücklichen

Ihr kleines Glück

Mit Worten zu beschreiben?

 

 

Ich denk darüber nach

 

Du sagtest dann:

„Ich denk drüber nach“,

Und hast dich

Aufgemacht

Und jagst noch immer

Deinen Freiheitsträumen nach.

Die können doch nicht anders sein

Als sie vor Jahren waren.

 

„Ich stehe dauernd unter Strom bei dir,“

Sagst du,

Und recht hast du damit.

Ich kenn mich besser als du denkst

Und weiß, dass du

Die Spannung in mir bist,

Mein Tor zur Welt.

Das hab ich dir

Am ersten Tag gesagt,

Und du hast nicht gefragt,

Wie lang sie hält.

Das weißt du nun.

 

 

 

Du bist es, die ich

Morgens immer wieder

An der Tür zum Bad vorüberhuschen seh`

Die das Geräusch von Kleiderstoffen

Mit sich führt, die eilt, und immer noch

Sechs Schritte vor mir geht,

Nicht wartet, deren Augen,

Die nach vorne gehn,

Trotzdem nach hinten sehn.

 

 

 

Du bist es, die Strukturen sucht und

Die das Feld begrenzt,

Und alles, alles, alles offen hält.

Du bist es, die vor mir den Sinn

Den Übersinn erwartet und erhält,

Verlangt, ihn haben will, besitzt,

Und gar nicht darauf zählt.

„Ich bin nun einmal so,“

Sagst du

Als brauchtest du, die sich

In etwas füllen kann und selber füllt

Und leert,

Als brauchtest du

Die mir Gedanken legt,

Und dabei lacht und es nur wissen wollte,

Ja, alles brauchtest du

Noch vor dir selber Trost.

Denk wirklich nach.

 

 

Elternaugen

 

Großwerden.

So groß werden

Wie…..

 

Kleinwerden.

So klein werden,

Dass…..

 

 

 

Älterwerden.

So alt werden

Wie…..

Jungwerden.

So jung werden,

Dass…..

 

 

 

Erwachsensein.

So erwachsen,

Dass…..

Wie…...

 

 

Kinderaugen

 

Der Spiegel

Sieht euch zu.

Der Spiegel sieht euch

Immerzu.

Ihr seht

Den Spiegel.

Der, so scheint es,

Ist euch nicht

Verschlossen

Durch den

Spiegel.

 

 

 

 

Für dich

 

Draußen lieg das Meer.

Die Wellen laufen ruhig über Sand.

Am Strand geht eine Frau, die ruft nach mir

Mit einem Fingerlocken.

 

 

 

Weit,

Schon fast im Horizont,

Steht weiß der Augenaufschlag

Eines Segels,

Den lässt sie vor meinen Blicken

Untergehn:

„Es ist ja nicht verloren.

Es wird wiederkommen.“

 

 

 

Abendsonne

 

Aus gelber Abendsonne

Gießt sich Licht in ein geformtes Glas.

Das schreckt in heitren, schnellen Farben auf,

Wird Blitz aus Blau und Grün,

Ist gold, orange und rot,

Und an dem feuchten Rand

Entsteht die Farbe in der Farbe,

Die ist nicht mehr zu beschreiben.

Dorthin zieh` ich ein,

Das wird zum Glas in mir

Und mir Behältnis.

Ich darin bin wie verletzt und durch Geborgenheit

Zugleich im Übermaß geheilt,

Gehoben, angenommen, mitgetragen, fortgeschwemmt,

Und klingt in mir

Als Saite eines Instrumentes,

Die, gezupft, zum Singen angeregt,

Ein Lied entstehen lässt,

Das mir sofort entkommt.

 

 

 

Fast wie im Spiel

Verlauf ich mich dabei in mir,

Und such als Feder, die nur niederschwebt,

Und die nicht Ausschau hält.

Ich finde als mein eigner Atem,

Als ein Hauch im Raum,

Nicht mehr zurück in meinen Mund.

 

 

 

Ich möchte mich mir anvertrauen,

Möchte laut gestehen,

Möchte mich belauschen,

Möchte mein Geheimnis

In die Stille meiner Ohren schreien,

Möchte tief in mir

Mit mir an meiner Hand

Spazierengehen.

 

 

Ich weiß, wovon du träumst

 

Du sinkst in einen Stuhl

Und machst die Augen zu

Du lässt dich etwas geh`n

Dein Atem kommt zur Ruh

 

 

 

Ich weiß wovon du träumst

 

Ich flüster dir

Ein liebes Wort ins Ohr

Und setz einen Kuss

Auf deine Stirn

 

 

 

Über dich

 

Ich habe dich erfahren.

Du bist gar nicht so, wie ich

Dich für mich dachte,

Als ich dachte, dass du wärst,

Als ich

Mich für dich dachte.

 

Du bist weißer als dein Porzellan,

Darunter roher als dein frischer Ton,

Den formst du dir zum Brennen.

Außer mir glaubt mir kein Mensch

Wie sehr ich dich

In meine Hand zu nehmen wünsche.

 

 

 

Du wirst feinster Sand an mir,

Der fällt in meine Augen,

Der schläft alles zu,

Der rieselt dich durch mich

Und lässt mir

Keine Ruh.

 

 

 

Ich habe dich

Ein ganz klein wenig,

Nur so viel,

Dass ich noch atme, esse, lebe,

Lieb.

 

 

Haikus (8)

 

Tanzpaar auf dem Ast

Knospen brechen aus dem Zweig

Du mein Blumenstrauß

 

Spiel mit Leichtigkeit

Deine Wolken tragen dich

Wo ist Berührung

 

 

 

 

Nichts ist aus Musik

Dunkelheit macht dir Farbe

Reicht das Wort dir aus

 

Kleines Haus im Schloss

Tür in einem großen Tor

Herz schlägt im Herzen

 

Endlich steigst du auf

Ich bin dir vorbereitet

Wir sehen uns zu

 

 

 

Schmetterling steigt auf

Garten ohne Zaun für dich

Du bist mir im Blick

 

Wir sind weit davor

Du dahinter bist in mir

Ich bin ganz direkt

 

Jetzt fall ich dir ein

Ja du fielst mir in den Schoß

Fallen ohne Halt

 

 

Gebet

 

Du bist die Höhe,

Bist die Breite,

Bist die Länge

Und die Zeit.

 

 

 

Ich bin darin,

In dir,

In deiner Zeit

Nur eine Räumlichkeit,

Die währt

in Ewigkeit,

Die ist zu lang

Für Traurigkeit

Und viel zu kurz

Für Glück.

 

 

 

Trotzdem,

Gib mir den Augenblick

Nach meiner Ewigkeit

Zurück.

 

 

Ich hab` an mich gedacht

 

Ich hab an mich gedacht,

An mich gedacht,

Gedacht an mich.

 

Ich habe nicht an dich,

Das erste Mal seit langem nicht

An dich gedacht.

 

 

 

Was ich für mich gedacht,

Für mich gedacht,

Betraf nur dich.

 

Ich wünschte dich für mich

Und mich für dich

Und hab` an mich gedacht.

 

 

 

 

Das hast du mir angetan

 

Das hast du mir angetan,

Dass ich die Leidenschaft zu dir verwein

Und nichts passiert,

Und meine Hand nichts hält,

Und selbst Verzicht

Zu nichts

Zerrinnt.

 

 

 

Kein Wort,

Das mich betraf,

Traf mich

Aus deiner Hand

 

Und keine Hand

Aus deinem Mund

Wurd mir

Zum Wort.

 

 

 

So flieg

Denn aus

Erinnerung,

Vergiss

Und lass

Was war

Erinnert sein.

 

 

Erinnerung

 

Bleib,

Erinnerung,

Ich bitte dich,

Versteckt.

 

 

 

 

Bild im Bild

 

In der Tiefe

Schlägt ein Wellenkamm aus Meer

An Stein,

Den Felsen in der Brandung.

 

Aus dem Grün

In hoher Landschaft

Stürzt ein Wasserfall hinab,

Umspült den Stein

Und legt das Haar

Aus Schaum

Dort ab.

 

 

 

Im Raum

Umschweben Menschenaugen,

Fern von ihren Höhlen,

Das Gestein, den Wassersturz,

Und blicken

Ohne jede Suche

Weit ins Hinterland.

 

Dort grast die Herde Schafe.

Die ist kaum ein Bild

Im Bild.

 

 

 

Deine Gegenwart

 

Deine Gegenwart

Ist unablässig

Streicheln

Meiner Gegenwart

 

 

 

 

Mit Welt an sich

 

Dreifach Stein aus Glas,

Getrennt

Und transparent,

Verloren,

Ohne den Zusammenhalt,

Im Raum.

 

Dreifach Raum im Glas.

Vereint und abgesperrt

Und einverleibt

Das Innere.

Ein Raum

Im

Raum.

 

 

 

Dreifach Welt aus Glas,

Gefüllt mit sich

Und Wand an Wand

Mit Welt

An

Sich.

 

 

 

Flügelschlag und Sonne

 

Nicht weit

In einer Höhe über mir,

Zum Greifen nah,

Sah ich das Flügelpferd,

Es graste in der Luft.

 

Dahinter stand die Sonne,

Die beschrieb mit eignen

Worten, was sie sah,

Und ließ sich gleich

Auf seinem Rücken nieder.

 

Zwischen dem Gefieder

Hingen ihre gelben Locken

Bis herab zu mir.

Den Mund an seinem Ohr

Verschwieg sie sich

Fast ganz und sagte nur:

„Sieh unter uns die Schatten,

Die sind wir.“

 

 

 

Vom See nahm ich den Weg nach Haus,

Und meine Augen ließ ich noch

Im hellen Grün und Blau der Wipfel

Über mir

Spazierengehen,

Ließ sie sich vom Goldhaar blenden,

In den schwarzen Punkten, die entstanden,

Frauenblick und Ohrgehänge, Wimpern sehen.

Meine Ohren, die ich nicht verstecken konnte,

Hörten leises Atmen

Unter körperhaftem Schmiegen

Und das Stampfen

Eines unerhörten Rufes

Mit dem Fuß.

 

 

 

In Eile taten sich die Schatten,

Buchenstamm um Buchenstamm, zusammen,

Wurden Wald,

Und Dämmerung schwieg mir

Entgegen.

 

 

Haikus (6)

 

Am Schmiegekörper

Ich verlasse mich in dich

Du umwächst dich mir

 

 

Sonnenblick Graswind

Denk an meine Tür im Beet

Laube in der Nacht

 

 

Zauberbringerin

Dein Fuß stampft gegen dich auf

Vergib der Sehnsucht

 

 

 

Tempelsingerin

Du unterliegst dich gerne

Ranke Melodie

 

 

Zauberschlange Stein

Dein Fuß in meinem Handkuss

Du mein Gewölbe

 

 

Blaubusch Weißsteinwuchs

Blütenschnee verführt zum Traum

Dein Kleid ist scheinbar

 

 

 

Wenn ich die Frau begehre

 

Weit entfernt der kleine Strich.

Am Himmel steigt das Flugzeug auf,

Darunter Dächer Unbekannter.

Mein Balkon in zehnter Höhe

Lässt mich überschauen,

Da ist weiter nichts.

 

Klaviermusik aus meinem Zimmer.

Nein, es ist das Radio.

Sonst will ich keine Sendung mehr, die mich erinnert.

Nachrichten verbiete ich dem Ohr.

 

 

 

Ein Wind hier oben voller

Essensdüfte.

 

Ist Erinnerung an Heimat

Nicht für mich?

An Liebe,

An Berührung so viel weniger

Mein Krieg,

Als Krieg

In einem anderen Land?

 

 

 

Wenn ich die Frau begehre,

Weiß ich, dass uns eine Grasbank

Reicht.

Dort richtet sie auf sich

Das Bett.

 

 

Prag

 

Du schautest in Dein Spiegelbild,

Das war zu Hause

Und auch die Scham von damals

Ließ dich sein.

 

Jetzt, im Fassadenfeuer rotgeschwärzter

Mauerwände, Sandsteinheiligen und

Einem Brückenwind von dem du vorher wusstest,

Goldenem Figurenrauschen,

Deinem Schritt auf Kopfsteinpflaster,

Der in Füßen längst verstorbener Menschen

Steckte,

Jetzt, im Fremdsein der vertrauten Stadt, in Prag,

Vergaßt du das.

 

 

 

Die neue Leere brauste in dir auf

Und Wohligkeit

Und eine Wärme zwischen Kopf und Bauch begann,

Und auch die Ruhe einer ungewohnten Sprache

Breitete sich aus.

Du schlüpftest in die braunen Augen

Eines lieben Nahen neben dir,

Den du zum Schutzschild machen,

Den du nutzen wolltest, um das völlig Neue neu zu sehen,

So, als wärest du dahinter abgeschirmt,

Als könntest du dem Leben so entgehen.

 

 

 

Du, in Wahrheit, wurdest von dir vorbereitet,

Deine Neugier, dein Erwarten, dein Empfinden

Allem zu verraten, das dir hier begegnen sollte,

Um in frischer Liebe und in Ehrlichkeit

Und eigener Empfindlichkeit genügend,

Dich dir völlig zu erhalten.

 

 

Bild Mallorca

 

Tränende Berge im Land

Ein See schon gefüllt von der Flut.

Man weiß von dem Anschluss

Ans Meer.

 

Die Frau im Stillstand,

Geschwanktes Rohr,

Die Pinie erträgt die Bank,

Deren Blau, ihre Wetterleuchtigkeit.

 

 

 

Und küsst mein Mund

Den gelben Sand.

Ganz, ganz nah,

Ist Landschaft

Unberührt, noch fast

Wie neu.

 

 

 

Das Blut des Dichters

 

Als wir gestern,

Nur getrennt durch die Entfernung

Eines hingehauchten Kusses im Gedränge,

Und mit der Berührung unsrer Haare

An den Schläfen,

In der Kirche auf der Holzbank saßen,

War die nicht aus Holz.

 

 

 

Du neben mir standst

Voll in weißer Blühte, dass ich mich

In dir verfing,

In dem Gezweig aus Seelenhäutung und

Aus Körperduft, der galt ganz mir,

Aus Zwitscherstimme, die dich jubilieren ließ,

Aus einer Schulter, die Berührung brachte.

 

 

 

Und, dein Handgelenk,

Ein Inselchen verbliebener Lässigkeit,

Hervorgeschaut aus Stoffen, die dich wärmten,

Nahm ich mir als Landplatz.

 

In deinen Augen stand die scharfe

Sichel ungesprochener Worte.

 

 

Liebesgedichte (17)

 

Dein Haar erinnert mich…

Ach nein, lass sein.

Erinnerung erinnert sich

Zum Schluss allein an dich.

 

 

Du gießt dir Kaffee ein,

Dann mir.

Wie wahr du bist.

Nur weil du liebst

Lässt du mich sein

So wie ich bin

Und wie ich dir

Gefalle.

 

 

Die Hand von dir

Und blass die Haut darauf.

Mein Mund verlangt

Nach einem Kuss.

Der steigt an deiner Hand

Bergauf.

 

 

Du blickst so still mir nach.

Ich denke laut zurück

Und ruf: „Bis dann.“

Du lächelst hinterher.

Ganz spät denk` ich

Bis wann

Ist dann?

 

 

Dein Arm ist fast um meinen Hals.

Ganz hoch hebst du ihn an.

Ich mache mich für dich ganz klein

Und innerlich

Ganz groß.

 

 

Du lügst, das weiß ich,

Weil du lügen musst.

Denn wäre wahr,

Was du mir sagst,

Dann bräche mich

Ein Wort von dir

Zu einem Glück,

Das wäre über dir

Und nur für uns.

 

 

Ich bitte dich, sprich nichts.

Du sagst so viel,

Weil du so lange schweigst.

Die Augen halt ich dir

Mit meinen Händen zu,

Den Mund mit meinem Mund.

 

Nur so

Ertrage ich in meinem Glück

Noch die Beredsamkeit

An dir.

 

 

 

 

Dein Fuß ist ausgestreckt

Und unbewacht.

Die Zehen spielen

Mit sich selbst

Ich liebe dich

Und das, was dir an dir geschieht,

So sehr.

 

 

Das kann ich nicht verstehen:

Wie du mit nur einer Fingerspitze,

Auf den Tisch gestellt,

Dich hältst,

Nicht schwankst,

Und alles, was du weißt

Erzählst.

Ich könnte dich, den Finger, deinen Arm,

Die Körperhaltung, das Gesicht, genau beschreiben.

Nur von dem,

Was du mit tausend Gesten sagtest,

Weiß ich nichts

Und habe dir doch sehr gut

Zugehört.

 

 

Du sinkst in einen Stuhl,

Du atmest tief,

Du machst die Augen zu,

Du lässt dich etwas gehn

Und kommst zur Ruh.

Ich schau dir zu.

Ich weiß, wovon du träumst.

Ich flüster dir ein liebes Wort

Ins Ohr

Und setzte einen Kuss

Auf deine Stirn.

 

 

Sie macht

Ein ruhiges Gesicht,

Das sagt mir,

Dass sie liebt.

Sie sieht auf mich,

Und ich darunter

Seh an ihr die Augenwinkel

Zucken

Und den Mund.

So fängt ihr Lachen an.

Geheim

Bleibt ihr Geheimnis,

Was sie denkt.

Vielleicht probiert sie in Gedanken

Neue Sachen an,

Trägt jetzt gerade

Einen Hut aus Stroh,

Mit einem Fisch

In einem Nest

Darin.

 

 

Ich schau

Auf deine Augen,

Schau auf deine Haut,

Auf deinen Mund,

Auf dich und alles,

Was zu dir gehört.

Du hast es gut,

Du hast dich immer.

Hast es immer gut bei dir

Mit dir

Und dir an dir.

Man könnte dich

Beneiden.

 

 

 

 

Aus deiner Stimme

Rollt ein Tuch

Aus Samt.

Das kleidet dich,

Das hängt dir um,

Das trägt auf sich,

Als strahlendes Gestirn,

Den Glanz aus deinen Augen.

Ja, ich weiß,

Zu dir zu langen

Reicht mein Arm nicht aus,

Obwohl ich dich

In Händen halte.

 

 

Von deinem Hals

Ist es nicht weit

Bis an dein Ohr.

Ich plane einen

Überfall

Und beiße sanft

Hinein.

Das war es,

Was du wolltest,

Weiter nichts

Als nur gefangensein.

 

 

Du warst es,

Die fragte.

Ja, ich geb‘ es zu:

Du bist die erste

Und die einzige,

Und die nach dir

Wird niemals sein.

Das schwöre ich,

Und du verschwörst dich nicht,

Weil ich nicht frage.

Niemals werde ich

Die Angst davor

Sich laut

In Worte

Fassen lassen.

 

 

Ich lass nicht zu,

Dass jemand sagt von mir,

Er machte sie

Zu seiner Frau.

Vielleicht sogar, dass du

Es selber glaubst.

Nein, als du wirklich

Deine Augen vor mir schlosst

Und dich nicht mehr

Verschlosst,

Gabst du dich frei

Als Frau,

Um Frau zu sein

An mir.

 

 

Du warst schon

Aus dem Haus.

Im rosa Bad

Begegneten mir noch

Die nassen Trippelschritte

Hochgestellter Füße.

Zeh auf Zeh setz ich

Und hüte mich

Den Weg

Zu überqueren.

Augenblicke noch,

Dann zieht die Nässe ab,

Und wirklich leer

Von dir

Wird jeder Raum.

 

 

Krimmler Wasserfälle

 

Wenn im Winter die weißen Flocken niederschweben,

Seh` ich das komplizierte Gleichmaß ihrer Form.

Eine jede trägt ihr zackiges Eigenleben

Eine gefrorene Wassertropfenexplosion.

 

Kurz ist so ein Dasein in meiner Hand

Ein Tropfen bleibt, nicht viel mehr.

Anders als in der Gletscherwand

Wo es wächst zu eisigem Meer.

 

 

 

Dort bleibt der Schnee ein Jahrhundert liegen

Wird zum Panzer, dann langsam zu Eis,

Und spürt nicht auf sich neue Flocken fliegen

Auf langer Reise, von der er nichts weiß.

 

Dann kommt nach vielen Menschenleben

Bewegung ins eisige Grab.

Vom Berge stürzt in Nebel und Regen

Kristallklares Wasser herab.

 

 

 

Wir sehen im dunklen Waldesgrün

Ein schimmerndes, silbernes Band

Und sprudelndes Blut im Abendglüh`n

An felsiger glatter Wand.

 

Wir sehen und hören mit mächtigem Hall

Die schäumende Wasserpracht

Über Klippen und Schluchten im Sturz zu Tal

Seit Jahrtausenden Tag und Nacht.

 

 

Antennen

 

Es sind die Soldaten unserer Zeit:

Bajonette, Knüppel, Schwerter und Schilde,

Ragen aus den Verstecken.

 

 

Es sind die betenden Jungfrauen unserer Zeit:

Zepter, Kerzen, Stäbe und flache Schalen,

Ragen aus ihrer Unsichtbarkeit.

 

 

 

Es sind die Ängste unserer Zeit:

Tod, Vergeltung, Gefahr und die Sorge,

Ranken in unsere Stuben.

 

Doch wer sie genau betrachtet

Und ihr Wachstum beachtet,

Der sieht sie schrumpfen,

Unmerklich werden sie kleiner.

 

 

 

Bald fragt kaum noch einer:

Wo sind die Soldaten,

Die Jungfrauen.

Und unsere Ängste,

Sind sie dahin?

 

 

Das Geborenwerden

 

Das Geborenwerden hört nicht auf.

Ich achte nicht auf Kleinigkeiten.

Meinem Sohn gab ich,

Als Vorschuss auf die Weihnachtszeit,

Den Geldschein in die Hand.

Den warf er, weil er`s so verstand,

Dem Bettler in den Hut.

Es tut sehr gut,

Wenn uns ein Kind vertraut.

 

 

 

Das Geborenwerden hört nicht auf.

Ich achte nicht auf große Dinge.

In der Zeitung stand vom

Glück im Glück der Sieger

Und den Flügeln,

Die den Menschen endlich wachsen,

Alles das zur Weihnachtszeit.

Am Heiligabend werde ich wie immer

Einfach diese schönen, warmen Lieder singen.

 

 

 

Das Geborenwerden hört nicht auf.

Ich möchte meinen Augen trauen,

Wenn sie Dinge schauen,

Die man sonst nicht sieht.

Ich spreche von der einen Nacht,

Die mich im Glauben glauben macht,

Wie sonst zu keiner Zeit.

 

 

Ein Frühlingslied

 

Die Knospen schöner Blumen

Springen auf,

Man wartet auf den bitteren Geschmack

Des Ginsters,

Der uns zwischendurch erinnert,

Keiner weiß an was.

Bienen, Hummeln summen

Und die Wolke süßen Duftes

Steigt bis zum Balkon

Hinauf.

 

 

 

Dies ist die Zeit

In die die Glücklichen geboren werden,

Und in der die Sonnenkinder leben,

Dies ist auch die Zeit

In der die schönen Frauen

Wie aus frischem Flieder schauen,

Hier entstehen Frühlingslieder,

Die man auch an Wintertagen singen kann.

 

 

 

Prag, oder Eine Reise, die nicht endet

 

So denke ich auf meine Weise

Einer Reise nach:

 

Es war ein Film

Aus Filigran und Ornamenten,

Den man uns auf übergroßer Leinwand zeigte.

Wir betraten einen Leidensweg,

Der über Brücken führte,

Brücken einer goldenen Stadt.

Er blieb fast unberührt,

Nachdem der letzte ihn verlassen hatte,

Und er rührte uns;

Ein Leidensweg,

Der voller Hilfeschreie steckte.

Aus den Kellerfenstern, Mauerritzen,

Konnte man das Weiß der Augen unbekannter Partisanen

Ahnen, blitzen sehen.

Rundherum um sie

Sah man den Einschlag der Geschosse.

 

 

 

Dieser Leidensweg,

So unbegreiflich, wie das Werk von Menschen ist,

Nahm alle, die auf Reisen waren,

An die Hand

Und führte sie,

Vorbei an längst vergangenen Tagen,

Zu den Männern, Frauen,

Voller hoher Ziele

Und der tiefsten Augenblicke.

 

Über uns riss eine Sonne

Fast sechs Tage lang die Schleusen auf.

Sie spann, so hörte ich es sagen,

Einer Frau ein eigenes Gefühlsgewebe,

Strahlen ihrer eignen Sonne,

Das schloss sich, so eng es ging,

Um ihren Leib, war körperlich und warm.

Und tauchte sie und alle anderen

In unerhörte Wohligkeit.

Es hing ein Bild vor uns,

Getaucht in Schauspiel, Wonne und Musik.

 

 

 

Dann brachen

Hausfassaden, Kirchen, Burgen, Türme

Eine Landschaft auf,

Die lag an sich in uns

Und fand uns doch von außen.

 

Draußen stand der Herbst so unverhofft

In voller Blüte,

Dass wir schwiegen.

Unsre Augen glitten staunend

Über rote Erde,

Wälder, die die Hügel farbig überzogen.

Wir genossen tief mit einem Atem,

Der uns ruhig stimmte.

 

Kaum, dass wir uns unsre Augen

In Erwachen reiben konnten,

War die Zeit herum,

Und ich bedachte schnell im Voraus,

Was mir zu erinnern bliebe.

 

Hier, so dachte ich,

Bin ich ein anderer als hier,

Und wär` ich hier,

Wär` ich bestimmt ein anderer.

 

So denke ich auf meine Weise

Einer Reise nach,

Die ist noch lange nicht beendet.

 

 

Ich habe einen Hund

 

Ich habe einen Hund,

Das ist ein kluges Tier,

Und es gehorcht nur mir.

Ich gehe dann und wann

Mit ihm spazieren.

Hinterm Nachbarzaun

Lebt noch ein andrer Hund,

Der bellt und bellt.

Dann lässt sich meiner nicht mehr führen,

Weil er mir zu schnell zu kräftig wird.

Ich spreche dann ein Zauberwort

Und habe stets

In meiner Tasche einen Keks,

Das bändigt ihn sofort.

 

 

 

Spricht mein Vater mit dem Tier,

Verlangt er von dem armen Hund,

dass er gehorcht,

Ganz ohne Grund,

Das will er nicht.

Bei mir ist es natürlich etwas anderes.

Ich habe ja mein Zauberwort im Mund,

Das heißt: „Was macht der brave Hund?“

Ich habe stets

In meiner Tasche einen Keks.

Das ist ein guter Unterricht

Und macht ihn sehr gelehrig.

 

 

 

Unser Hund ist kuschelig und warm.

Ich lege gerne meinen Arm um ihn,

Versuche ihn zu tragen,

Horche durch den Rücken

Auf sein Herz

Und höre es schnell schlagen.

Meine langen roten Haare fallen über ihn

Und sind von seinem Zottelfell

Nicht mehr zu unterscheiden.

 

Alles darf ich mit ihm machen,

Auf ihm reiten, wenn ich will.

Ich habe stets

In meiner Tasche einen Keks.

Mein Hund mag mich gut leiden.

 

 

Von einem der auszog, erwachsen zu werden

 

Dies ist ein ganz alltäglich Ding

Und brauchte nicht erwähnt zu werden,

Doch der Mensch, um den es ging,

Irrt immer wieder neu herum

Auf Erden.

 

Gleich, nach der Geburt

Und seiner Namensgebung,

Aber vor der Taufe schon,

Besann sich dieses Kind

Auf eines:

Irgendwann möchte` ich erwachsen werden..

 

Und es sah ja die Verbote ein

Und hörte auf die Besserwisserei der Eltern:

Tu nicht dies und tu nicht das,

Sei brav, sei artig und gehorche.

So wird ganz bestimmt noch `was

Aus dir.

Und wenn du erst erwachsen bist,

Dann kannst du tun und lassen

Was du willst.

 

Das klingt,

So dachte sich das Kind,

Sehr gut,

Und lern` ich mehr als andere,

Und eigentlich bin ich nicht dumm,

Dann kriege ich die Zeit der Kindheit

Schnell herum

Und komm dem Ziele näher.

 

Denn vergiss nicht, sagte es zu sich,

Du möchtest irgendwann

Erwachsen werden.

 

Jedes Kind , und so auch dieses,

Muss um neue Perspektiven kämpfen.

Also etwas machen,

Was sonst niemand weiß,

Was eigentlich verboten ist.

Das ist dann wie ein Vorgeschmack

Auf höchste Ziele.

 

 

 

 

 

 

 

Leider machte dieses Kind,

Was menschlich ist, den Fehler;

Irgendjemandem, der es nicht hören sollte,

Doch zu beichten.

So erkannte es sehr schnell,

Hat eine Freiheit

Einen hohen Preis,

Und eine Freiheit,

Ohne, dass ein andrer davon weiß,

Macht keinen Spaß.

 

Doch, dachte dieses Kind,

Es war von einer Einsicht leis` gestreift,

Und war inzwischen jugendlich;

Wenn ich erwachsen bin,

Dann werde ich genießen.

 

In der Schule lehrte man:

Ein Jugendlicher ist für sich verantwortlich,

Wenn er in der Entwicklung

Geistig, sittlich reif geworden ist

Und Einsicht hat zu handeln.

 

Diese Einsicht war ihm ja,

So dachte er,

Zur völlig falschen Zeit gekommen.

Aber, wenn ich erst erwachsen bin,

Dann kann ich tun und lassen

Was ich will.

Ich weiß ja schließlich,

Wie es mit der Einsicht ist

Und dem Verständnis und mit dem Verstand.

Es ist ein Schattenboxen vor der Wand.

Man spricht, wenn man es anders will,

Mit Spiegeln

Und erlebt die tollsten Spiegelein

Und macht zum Schluss

Fast ausnahmslos

Wie andere es wollen,

Denn der Jammer ist,

Dass ich noch nicht erwachsen bin.

 

Der Jugendliche, den ich meine,

Ist nun nahe am Erwachsenwerden

Und liest kräftig in den Paragraphen nach,

Und findet auch die Stellen,

Die ihn plötzlich so begeistern.

 

So verschlangen vor Jahrzehnten

Nur noch junge Mädchen

In geheimen Ecken

Die Passagen voller Liebesleben

Der Novellen eines Maupassant.

 

 

 

 

Er liest im B G B den Absatz sechzehn neunzehn,

Der soll ihm nun schwarz auf weiß beweisen,

Welche Rechte, welche Freiheit hat ein Mensch,

Der sich erwachsen nennt.

 

Dort steht:

„Das Kind,

Solange es dem elterlichen Hausstand angehört,

Hat alle seine Kräfte

Und sein ganzes Wesen

Dienstbar, willig seinen Eltern

In Geschäften und im Haushalt

Vorzulegen.“

 

So sieht also das Erwachsenwerden aus!

 

Der Jugendliche fragt:

Hört das denn niemals auf?

 

Falls sich von der Geschichte

Jemand angesprochen fühlt,

Sei dies ein Trost für ihn:

 

„Du kannst von nun an

Machen, tun und lassen, was du willst,

Wenn du zuvor nur deine Mutter fragst,

Vielleicht auch deinen Vater,

Später deine Frau

Und noch viel später………

Aber dann wirst du bestimmt,

Das garantier` ich dir,

Erwachsen sein.“

 

Es sei denn,

Und das könnte wirklich sein,

Ist die Geschichte mit der Einsicht

Und den Paragraphen doch nicht alles,

Irgendetwas fehlte noch.

Dann könntest du

Schon ab sofort für dich entscheiden,

Könntest alles tun und lassen,

Was du tun und lassen kannst.“

 

 

Birkenwald in der Vorbeifahrt

 

Schlanke, weiße Beine stehen

In der aufgerissnen Blätterwolke

Fremder Bäume.

 

Niemand kann den leisen Schrei

Aus meinem Mund

Nach Halt auf freier Strecke

Unterdrücken,

Niemand meinen Wunsch

Nach einem Augenblick des Stillstands

So schnell wissen und erfüllen.

 

 

 

Wäre gerne ausgestiegen;

Hätte auch den großen Abstand

Zwischen Trittbrett und dem Schotter

Übersprungen,

Wäre meinetwegen hiergeblieben

Hätte nur das Pergament der Rinde

In die Finger nehmen,

Und ein Grußwort der Berührung

Darauf drücken,

Darauf legen wollen.

 

 

 

Niemand hätte es bemerkt.

 

Es wäre ein Geschenk,

Ein Glück für mich gewesen;

Das bleibt draußen,

Bleibt vor einer Fensterscheibe stehen,

Ist zum Greifen,

Ist zum Fassen nah,

Und ist doch nicht zu halten.

 

Hauche in der Eile auf das Glas,

Dass es beschlägt,

Und schreib` dem Glück in den Belag

Das Grußwort.

Doch die Scheibe ist jetzt blind

Und nimmt mir jede Sicht.

 

 

Ein schlimmer Traum

 

Ich hatte einen schlimmen Traum,

Den träumte ich sofort nach Mitternacht

In Hoffnung auf den Schlaf,

Der traf nicht ein.

 

Hellwach war ich im Traum,

Die Uhr auf meinem Nachtisch

Sprang vom Freitag auf den Samstag um,

Es war der zwölfte Tag im Juli.

Wach lag ich im Schlaf,

Und suchte mich im Keller

Zu erhängen.

 

Unser Keller ist nicht hoch genug.

Die Falltür zu dem Pumpensumpf

Kommt mir gelegen,

Doch es fehlt ein Haken über ihr.

 

 

 

Den bohre ich in wilder Hast und Hektik

In die Decke aus Beton,

Und setz` ihn ein,

Dass er auch wirklich hält,

Er soll mich schließlich halten,

Wenn ich mich an ihm erhänge,

Und ich denke nicht an mich dabei

Und denke alles das von mir

Und bin mir völlig unbekannt,

Und ich erfinde an dem Seil,

Das sich mir stellt,

Den Knoten,

Der rutscht glatt und sicher

In die Enge.

 

So erhänge ich mich auf der Stelle an der Stelle,

Und ich träume diesen Traum

Ein zweites und ein drittes Mal,

Dann wach ich auf.

 

 

 

Es ist halb eins,

Ich ende meinen Mord,

Und stehe auf und trinke

Und ertrinke schließlich doch

In einer Müdigkeit,

Die sich ganz plötzlich

Auf mich rollt.

 

Am anderen Tag

Ruft mich mein Bruder an:

„Es ist ganz schlimm.

Es hat sich unser Bruder in der Nacht,

Genau nach dieser Tageswende

In der ersten halben Stunde

In den Bäumen seines Gartens

Aufgehängt.“

 

Ich bin betroffen

Und ich sage nichts,

Und was ich sage,

Sagt ein anderer

Und denke,

So holt Wahrheit Träume ein

Und sich das Fressen.

 

 

Ein Reise- und Ermahngedicht,

das sich nicht immer reimt (von deinem Vater)

 

Früher fuhr man,

Wenn man reich war,

Nur mit Kutschen

Durch die Lande.

Arme Leute spannten

Schusters Rappen an,

Das hieß:

Mit eignen Füßen wandern!

 

Auf den Lippen hat man vielleicht

Ein Lied:

Links `ne Pappel,

Rechts `ne Pappel,

In der Mitte `n Pferde…..

Na, du weißt schon.

 

Stell `dir vor, von hier

Bis hin zum Steigerwald zu Fuß.

Damals lagen auch noch Räuber

Auf den Straßen, die vergaßen oft den Anstand

Damen gegenüber,

Und die waren gar nicht zimperlich

Mit Reisenden und zierten sich nicht,

Selbst den ärmsten Schlucker auszurauben.

 

 

 

Heute fährst Du mit dem Bus,

Der ist bequem und angenehm

Und gut gefedert.

Und er macht Station,

Wenn`s nötig ist.

 

Man kommt nicht so gerädert an,

Wie unsere Altvorderen.

Er trägt dich über viele

Hundert Kilometer durch das Land,

Und du kannst dabei schlafen,

Wenn du willst.

So viel konnt` früher nicht einmal

Das Märchenkind mit

„Siebenmeilenstiefeln“ schaffen.

 

Zwischen Würzburg - Bamberg

Setzt man Dich fast im

Naturpark ab.

Hier gingen Könige und Fürsten

Oft auf Jagd.

In Bamberg wirst Du sicher etwas

Davon hören und auch sehen können.

 

Dir und Deinen Freunden wünsche ich

Für Euren Aufenthalt nur

Sonne, Sonne, Sonne,

Dass es Euch nicht so geschieht

Wie damals uns:

Wir hatten in dem Städtchen Regen,

An der Regen,

Einundzwanzig Tage Regen.

 

 

 

Sieh Dir alles an,

Was es zu sehen gibt,

Und spiele alle Spiele mit,

Und pass` gut auf dich auf.

Und denk` im Laufe Deiner Reise

An Dein Elternhaus

Und ruf` mal an

Und lass` uns wissen,

Wie es dir ergeht.

 

Auch wie`s um Deine Freunde steht.

Und hilf den andren, wenn du kannst,

Und lass` Dir auch von andren helfen.

Nun viel Glück

Und gute Fahrt

Und Gottbefohlen, wie man sagt,

Und führ` ein Tagebuch,

Das ist sehr gut,

Um später einmal etwas nachzulesen

 

 

„Nicht-Gegengedicht“ zu den „Neuen Gedichten“ von

Elisabeth Borchers  -  „Training“

Ulla Hahn  -  „Vorsicht“

Sarah Kirsch  -  „Schneewärme“

Ursula Teicher-Maier  -  „Die Nächste“

Eva Zeller  -  „Glückwunschtelegramm“:

 

Wüstenklima Weiblichkeit

 

In „Training“,

Das vom Schreiben spricht,

Und doch das besser Ungeschriebene sagt,

In „Vorsicht“,

Die sich zwischen Sehnsucht, Glück und Schmerz

Vor sich verschanzt,

In „Schneewärme“,

Von der nichts bleibt, als Asche einer Löwin,

Irgendwo im All verstreut,

Verwechselt mit den Lämmern eines Himmelsrandes,

Der uns scheinbar nahe steht,

 

 

 

Und in „Die Nächste“,

Der er doch den Mund

Nicht völlig füllen kann,

Weil sich das Schweigen darin

Nicht ganz schweigend halten lässt,

Und schließlich

In dem „Glückwunschtelegramm“,

Das wirklich, ohne Poesie gesandt,

Im Grunde Sehnsucht nach der Poesie verbreitet,

Ja, in diesem ausgewählten

Flechtwerk trockner Worte

Lässt ein

Wüstenklima Weiblichkeit

Die Horizonte laufen,

Dass nicht einmal mehr ein Durstiger

In diesem Durst

Verdursten kann.

 

 

 

Ich lebe im Schlaraffenland

 

Zum König hat man mich ernannt,

Zum König von Schlaraffenland.

Ich weiß nicht, was ich machen kann,

Denn was ich mach`, ist schon getan.

 

In meinem Reich sind alle reich,

Die Untertanen alle gleich,

Sind Könige und Königinnen

Und ich langweil` mich mit ihnen.

Königlich arm dran bin ich.

 

Ich reise manchmal sehr, sehr weit

Bis in die Einsamkeit.

Doch kann ich noch so lange schaun

Ich finde nicht den Zaun,

Die Grenze um mein Reich.

 

 

 

Mein Volk lebt dicht um mich

Und füttert mich mit Köstlichkeiten.

Alle wollen schließlich seh`n:

Dem König muss es wenigstens so gut

Und besser als uns selber geh`n,

Sie pflegen unsre Leiblichkeiten.

 

Heimlich bin jetzt dabei,

Das dürfte keiner wissen,

Über die Studiererei,

Mir neue Wege zu erschließen.

 

 

 

Eines hab` ich so erfahren:

Die, die Laster haben,

Drängen sie auch andren auf,

Und außerhalb der Türen

In`s Schlaraffenland,

Darf niemand mehr den anderen

Zum leben im Schlaraffenland

Verführen.

 

 

Der falsche Wein

 

Der junge Mann,

In mehr als Freundschaft

Einem and`ren zugetan,

Geht eine neue Bindung ein.

Ihn lockt Verschiedenes,

Das ihm noch nicht bekannt,

Verliebt sich zwischendurch

Erst leicht in eine Frau, dann

Wieder neu in einen Mann.

 

Im Zufall treffen sich auf einem Fest,

Die Frau, die er in Liebe lässt,

Das neue Paar

Und auch der aufgegeb`ne Mann.

Von ihm springt gleich, als heißer Funke

Alte Liebe durch`s Quartett.

 

Schnell geeinigt setzt man

Die begonn`ne Rund dort

In seiner Wohnung fort.

Vom Wein erhitzt,

Im Stolz verletzt,

Gibt einer doch dem anderen

Manch böses Wort.

 

Die Frau erkennt das neue Paar

Und voll Verrat an ihrer Liebe,

Die ganz ehrlich war,

Macht sie dem ersten Freund nun

Schöne Augen.

 

 

 

Der erkennt mit Abscheu ihren Sinn

Und wendet sich der alten

Liebe wieder hin.

 

Der neue Freund im Paar,

Verzehrt sich heut, für ihn zum ersten Mal,

Nach dieser Frau.

Er streichelt sanft ihr blondes Haar

Das nimmt sie ungern hin

Ihr steht der Sinn

Nach jenem and`ren.

 

Nur der junge Mann

Bleibt seiner neuen Bindung untertan.

Doch findet er von Gegenliebe keine Spur.

 

Die Frau im Kreis der schwulen Männer

Will nun geh`n.

Sie kann das ganze kaum versteh`n,

Obwohl sie manche dieser Regung

Sicher kennt aus eigner Neigung.

 

 

 

 

In ihrer Wut gibt sie die Schuld

Dem, den sie einst geliebt.

 

Zum Schluss

Die Lust der Männer hässlich anzuregen

Hat sie ein Mittel,

Das bescherte ihr schon manchen Segen

Und schüttet dieses in noch off`nen Wein.

Für Frauen konnte es

Nicht schädlich sein.

 

Doch was sie nicht geahnt,

In ihrer blinden Hast,

Das war des Unglücks langer Arm

Der bis in diese Küche kam.

 

Gestohlen vom Labor in letzter Nacht

Stand Säure in der Flasche abgefüllt,

Dass kein Verdacht

Den Diebstahl gleich erhellt.

 

Gemeinsam nahmen alle dies Getränk,

Nur einen Schluck,

Und noch im Morgengrau`n

Zuckten ihre Leiber

Wie im Schlaf gequält von schwerem Traum

Und grauenvoll verrenkt.

Man fragte noch,

Wie konnt` es sein, dass alle

Sich zugleich und auch so grausam

Umgebracht,

Und, woher kam

Der falsche Wein?

 

 

Ich ließ dich verstreichen

 

Du fielst als Stern,

Und deine Richtung hatte keine

Schwerkraft sondern einen Wunsch.

 

Ich, auf deinem Weg, kam dir entgegen,

Du auf meinem, warst das Zeichen ferner Himmel.

Davon hatte ich geträumt.

 

Du wolltest glauben,

Freiheit könnte in der Freiheit

Nur auf Freiheit treffen….

 

Meine Freiheit macht mich nicht frei.

 

 

 

Mein Wunsch nach größter Nähe war zu nah,

Nach Haut an Haut

Und engen Worten, die im andren Mund

Gesprochen und von dort direkt

Ins Herz geträufelt würden.

Ja, ich dachte viel zu sehr an die,

Die wir verletzen müssten,

Sah den Riss aus Liebe

Durch die Liebe schließlich selbst entstehen.

Meine Ohren hielten auch umsonst

Nach sanften Liebesworten Ausschau.

Ein Verlust, der mich die Liebesleichtigkeit,

Die du empfandst,

Nicht trinken ließ.

 

 

 

Dein Beispiel,

Wie es einmal war, als es mit einem andren

Anders, unvergleichlich, war,

Nahm ich nicht an,

Und ließ dich ganz und gar an mir

Verstreichen.

 

 

Wenn du dich zu mir legst

 

Wenn du dich zu mir legst

Und deine Stimme,

Funkelnd und zugleich verhalten gurrend

Als Geschmeide warmer, weicher Worte,

Über deine Zunge weht,

Wenn du dich an mir formst

Und mich so zu dir formst,

Dass ich danach

Den Tag nur als Verlust

Der zweiten Hälfte seh,

Wenn ich im Bild

Dein Bild versuche,

Und dich schließlich wahr erlebe,

Honigmilch von dir

Auf meine Lippen nehme,

Wenn wir uns

Und endlich

Ohne Schatten an den Füßen

Flügelleicht begegnen,

Wenn………..

 

 

 

 

Mit weit zurückgelegtem Kopf

 

Heute Abend hast du mich

Ins Fell gebissen,

In die Wange, in die

Oberlippe, und

Es zitterte vor Zärtlichkeit

Dein Mund.

 

Der Schmerz ist süß,

Das weißt du, und

Mein Aufschrei ist dir fast

Genug.

 

 

 

Beim Abschied hast du dich

Erneut versucht,

Du Liebe, du, mein Herz.

Dein Haschen wird noch

Enden,

Wenn du voll in Blüte stehst,

Als Königin der Nacht.

 

 

 

Du hast das Spiel

Gemacht,

Damit ich seh

Und weiß

Was Einsatz gilt

An dir,

Den überlässt du mir

Mit weit zurückgelegtem

Kopf…

 

 

In deinen Augen stand die Sichel ungesprochner Worte

 

Als wir gestern,

Nur getrennt durch die Entfernung

Eines hingehauchten Kusses,

Und mit der Berührung unsrer Haare

An den Schläfen,

In der Kirche

Auf der Holzbank saßen,

War die nicht aus Holz.

Und dieses kleine

Weihnachtslied von einer Ros`,

Die mitten in der Nacht….

 

 

 

Du neben mir standst

Voll in weißer Blüte, dass ich mich

In dir verfing,

In dem Gezweig aus

Seelenhäutung, die fand statt,

Aus Körperduft, der galt ganz mir,

Aus Zwitscherstimme, die dich jubilieren ließ,

Aus einer Schulter, die versuchte die Berührung.

 

 

 

Und, dein Handgelenk,

Ein Inselchen verbliebner Lässigkeit,

Hervorgeschaut aus Stoffen, die dich wärmten,

Nahm ich mir als Landeplatz.

In deinen Augen stand die

Sichel ungesprochner Worte.

 

 

Heute will ich dich

 

Heute will ich dich

Verführen,

Heute will ich dich

In eine rosa Bettenwolke legen,

Heute will ich dich

An deiner neuen Seelenhaut berühren,

Heute will ich dich,

Dass du nie wieder von mir lassen kannst,

Und heute will ich dich

An dir in dir erleben.

 

 

 

Heute will ich dich,

Dass du uns nicht mehr

Voneinander unterscheiden kannst,

Und heute will ich dich

Und will

Und dich,

Dass du mich willst

Und uns

Und dass du willst…..

 

 

 

Irre Zärtlichkeit

 

Goldstaub, du,

Und Filigran in meinem Auge,

Nähe,

Irre Zärtlichkeit an mir.

 

 

 

Ich selbst

Befahre

Mit Konfettisonnensegeln

Deine Haut

Und regne mich

Ganz tief in dich

An die Verborgenheit.

 

 

 

Du mit dir im Arm

 

Jetzt, als du das Wasser aus dem Fell der Seele

Schütteltest,

Begriffst du deine Sehnsucht.

Du verstandst,

Warum

Aus Kindertagen grüne Felder,

Baumumrandet,

Lichtgewärmt,

An rotes Backsteinhaus gewachsen,

Dich so streichellieb

An Gegenwart erinnerten.

 

 

 

Du wusstest nun, warum sich

Bilder über Bilder schieben,

Und warum ein Schuh dir immer

Wieder in dem feuchten Grund

Verloren gehen musste.

 

 

 

Du, im Laufen hügelab,

Kamst mir mit dir im Arm entgegen:

„Das bin ich.

Und zwischen dir und mir

Liegt nicht ein Tag,

Den du nicht kennst.“

 

 

Dich, mein Herz…

 

du,

leiser, warmer, gelber, Sommerhauch

in meinem Arm,

du Schatten,

der vom Kirschbaum niederfällt,

um mich zu kühlen,

du,

mein Umhang und das liebe Wort

in meinem Mund

das Zungennass auf meiner Lippe,

du,

der Sommerkuss aus

roter Beere.

 

 

 

dich, mein Herz,

will ich

mit meinen Händen

ganz und gar

umschließen.

 

 

 

Königin der Nacht

 

Einmal aufgewacht,

Vertut sie sich

In dieser einen Nacht an sich,

Sie hängt an sich

Und öffnet ihre weißen Kleider

Bis zum Nichts,

So weit, dass ihre gelbe Zunge

Schweren Atem streut.

 

 

 

Nach Mitternacht

Vergisst sie Duft und Weiß und Gelb

Und Blütenpracht.

 

 

 

Man wird noch lange reden

Von der

Königin der Nacht.

 

 

Auf dem Sekretär

 

Auf dem Sekretär liegt eine Klinge,

Die ist messermesserscharf.

 

 

 

Ein Hauch läuft über sie,

Ein Atem, der sie treffen soll,

Sonst nichts.

 

 

 

Auf diesem Schreibtisch wird sich niemals

Eine ungerade Seite Schreibpapier

Befinden.

 

 

Zwischen Halterungen

 

Zwischen Halterungen

Spannt sich schwarz

Ein dünner Faden.

Daran hängen Blicke,

So, als hängten sie zum Trocknen.

 

 

 

Der vor mir hier war,

Vielleicht auch die,

Ist fort.

 

Ein Fallstrick?

 

 

 

Wieder bin ich mir mir überlassen.

 

 

Ein Blick ins Tal

 

Der Blick in eine Unterwasserlandschaft,

Die an Sonnenstrahlen hängt.

 

Hier oben hört man keinen Laut.

Man sieht nur die Bewegung

In der Tiefe,

Auf den Straßen, unten,

In dem Grün der Bäume.

 

 

 

Wasser, nah am Grund, bewegt

Ein Kornfeld.

Wellen laufen unentwegt

Darüber hin.

 

 

 

Im linken Ohr hat sich

Ein Rauschen

Eingenistet.

Das wird von dort oben kommen,

Aus dem Blau,

Wo sich die Wellenkämme,

Wegen der Entfernung,

Überirdisch langsam,

Ineinanderschieben und bewegen.

 

Lolalo-Gebirge.

 

 

Mit dem Rücken

 

Mit dem Rücken

Zum Tag.

 

 

 

Wie soll ich das verstehen?

Was ist mit der anderen Seite?

Wessen Rücken trennt?

 

 

 

Ich gehe hin,

Ich fasse an,

Ich stoße an!

 

Es hat gestimmt.

 

 

Im Spaziergang

 

Im Spaziergang,

Im Vorbeigang,

Im Vorübergehen taste ich die Haut

Der Säule ab,

Die Rauheit einer Rinde, einer Saite.

 

 

 

Klang und Schwingung

Nah am Ohr.

Ich küsse mit demselben Ohr

Den Körper der Gitarre.

Nah ist mir mein Leben so,

Wir sind verwachsen.

 

 

 

Diesem Instrument verriet ich,

Dass ich gerne auf ihm spielen

Können möchte, das ist

Mehr, als darauf musizieren.

Ohr an einer Säule.

Ohr an einem Körper.

Ohr an meinem Ohr.

 

 

Im Garten stürzte die Libelle

 

Im Garten stürzte die Libelle

Einfach aus dem Flug

Ins Gras

Und als ich ankam

War sie angetrocknet,

Und ich sah, sie konnte nicht

Wie alle andren Tiere

Ihre Flügel an den Körper legen.

Und der Gummimotor, den ich in mir hab`,

Ist nur von außen zu bedienen

Und da hast du ihn gleich entdeckt.

 

Du meintest auch, dass du ihn

Aufziehn könntest,

Und ich hatte Angst davor:

Wer rettet mich, wenn mir die

Flügel brechen?

Und wie stehts mit dir?

Willst du nicht frei sein

Und zugleich die Freiheit

Eines anderen bewirken?

Gibt es denn gleich zweimal Freiheit?

Gibt es zweimal die Unendlichkeit?

Und dann der andere?

Sind das nicht zwei in einem,

Einer den du in den beiden siehst?

 

 

 

Du willst uns beiden

Deine Flügel leihen

Und noch selbst dabei sein,

Wenn wir uns erheben?

Wie soll das geschehen,

Mit nur einem Flügelpaar für drei?

 

Dir glaube ich und keiner sagte

Mir zuvor die Wahrheit ehrlicher,

Und keiner hat mir solche

Wahrheit je gesagt.

Dir glaube ich auch ganz,

Und darf dir darum, kein Wort glauben.

Und ich spiele mit dem Wachs

An dir, das ist noch beinah flüssig

Und es tropft so angenehm auf meine Haut

Und in mir möchte irgendetwas leise schreien

Und dann läuft der Herd der

Flüssigkeit so unerwartet auf die Tagesdecke

Und ich weiß mir wieder keinen Rat.

 

 

 

Ich weine nicht um dich

Und dass ich um dich weine, weiß nur ich

Und deine Tränen könnte ich nicht mehr

Ertragen und ich weiß von ihnen, weil ich sie

An dir ertrug.

Du weißt wie ich, dass Tränen, wenn sie

Sich in Glas verwandeln, schöner sind

Als jede Perlenreihe.

Hüte alles, was du findest,

Heb` es auf für dich.

Und mich, an den du nur

Versehentlich gestoßen bist, lass liegen.

 

 

DOKUMENTA ACHT

 

Mit meinem Federkiel aus Gold

Und meinem Farn besprüht mit eben dieser Farbe,

Dann in einen Korb gesteckt,

Und einem Lorbeerkranz, genau wie das davor,

Auf meinem Haupt,

Und lebensfroh und weltbejahend

Setze ich mich als mein eignes Werk

Zur Dokumenta Acht.

 

 

 

Vor mir die Waage für die Worte:

„Darf`s ein Viertel Prosa sein,

Ein Achtel von der Lyrik?

 

 

 

Gerne.

Für ein Auftragswerk

Ist mir

Die Haut zu Markte

Nicht zu schade.“

 

Vorne kann man`s lesen:

„Du mich auch.“

 

 

Wie bitter bist du, Tod

 

Wie bitter bist du, Tod,

Auf meiner Zunge.

Wehst herüber,

Kommst zu mir von den

Verstorbenen.

 

 

 

Nicht anders wirst du eines Tages

Von mir fort

Und auf die Zunge

Eines andren springen

Und dort Bitterkeit

Verbreiten.

 

 

 

Bei Strafe

 

Ich hatte Lust, dich zu berühren.

Du saßt unter mir.

So war es gut.

Es störte uns dein Kind, mein Kind,

Es störte mich.

 

Dich störte schon am Morgen,

Als mein Mund in dich zu beißen suchte:

„Das gibt einen Fleck auf meiner Bluse.“

 

Grund ist immer Grund genug.

Ich dachte: Zieh` sie aus. Tu etwas für die Haut.

Und nachher stand ich hinter dir im Flur.

Du sahst sofort,

Warum ich deine Nähe suchte,

Und du schobst den Blumenstrauß,

Der in der Wanne stand,

Mit sicherem Gespür vor meinen Mund.

 

 

 

Was hätte ich dir sagen können.

 

Kussverbot und Brustverbot und Hautverbot und Lustverbot,

Weil es nicht passt,

Weil man uns stört,

Weil es dich stört,

Weil dich das Stören stört.

Und abends, spät, ein fröhliches: „Was ist!“

Jetzt darf ich wieder.

 

 

 

Du hältst sicher still, ich weiß.

Ich weiß von deiner Lust, die hat nicht Lust.

Ich weiß von deinen Küssen, die nicht küssen

Und von deiner Haut,

Die sich nicht häutet über mich:

„Du willst ja nicht, dass dich ein Mensch berührt.“

 

So wird die Lust als Unlust aufgeschrieben.

Und ich schreibe:

„Nein, die will ich nicht. Berührung nicht.

Das ist mir nämlich nicht genug.

Und deine Brust hält mich an guten Tagen aus,

An anderen beißt du deine Zähne

Fest zusammen.“

 

Und nun fragst du mich,

Was mit mir ist.

Ich glaube, es ist wirklich nichts.

Es liegt am Wetter.

Alles ist normal

Und Argumente gibt es nicht.

 

 

Augentasche

 

Unter meiner Jacke ist die Tasche

In das Futter eingenäht,

Darin das Auge:

Augentasche.

 

 

 

Dir erlaube ich von außen

Dran zu horchen.

 

Sei schön still.

Es sieht dich gut.

 

 

 

Ich selbst bleib` abgewendet

Von euch beiden

 

 

Erkläre mir

 

Erkläre!

Mir!

Erkläre mir, weil ich es nicht verstehe.

 

Axt im Holz.

Der Schlag war nicht genug,

Die Spaltung trat nicht ein.

Warum!

 

Sei unter mir.

Riskiere mich.

 

Du beugst dich vor

Und, weil du größer bist als ich,

Stellst du die Beine etwas breit.

Jetzt komme ich an dich heran.

 

Frör` mir der Mund am Eis

Des Fensterrahmens fest,

Der eisern seine Kälte hütete,

Wär` es nicht anders.

 

 

 

Deine Zunge ist mir nicht Muränentier,

Das mich belauerte.

Sie sucht in meinem Mund nach Heimkehr,

Weiter nichts.

Ich spüre, dass das alles ist.

Ich spüre, dass du mir nicht wegen deiner Feuchtigkeit

So nahe kommst.

Und deiner Brust auf meiner Höhe

Hältst du die verschränkten Arme vor,

Darauf, die Warzen, weiß ich,

Werden hart.

So machst du mich zu dem,

Der dich verletzen soll.

 

 

 

Mit meinem Eisen breche ich am Holz der Kiste.

Keine weitere Erregung und ich sage:

Gehe du zuerst. Geh` du vor mir und gehe schnell,

Dass ich dir aus den Augen komme.“

 

Und du gibst mir recht

Und gehst und fliehst vor mir.

 

So hastig gingst du schon ein andres Mal

Aus meiner Nähe,

Als ein wenig Blut,

Nur wegen deiner dummen Regel

Aus dir auf den Teppich tropfte.

 

Damals steckte ich im Holz

Und saß zu fest für dich.

 

 

Die Dome ihrer Hälse

 

Es sind nicht die Schwäne,

Nicht die Dome ihrer Hälse,

Die im Abend- oder Morgenlicht

Die Liebe (keiner weiß genau, wovon ich spreche)

Und den Tod (den kennt man ganz genau so wenig,

Höchstens von den anderen,

Die ihn im Aufschrei mit sich nahmen),

Also Schwäne sind es nicht,

Die Liebe, Tod,

Das Leben und das Sterben zeigen,

Und ich glaube auch nicht mehr dem Knochenmann,

Der hinter einem jungen Mädchen

Lauert.

 

 

 

Ja, ich geb` es zu:

Stünd` das Gerippe zehnmal hinter ihm,

Gäb` ich ihm doch den Rest von meinem Leben

Für ein liebevolles, liebetolles

Zumirneigen dieses Mädchens,.

Schon um seiner braunen Haare willen,

Wegen seiner Schultern,

Deren Wasserfall zu beiden Seiten stürzt,

Den meine Augen nicht mehr bremsen könnten,

Und auch wegen dieses Regenbogens,

Der sich daraus spannt

Und über Felder weißer Haut,

Die zu beackern wären,

Kleidsam wird,

Und der in Lippen endet,

Die sich unter einer Schranke heller Zähne

Hin und her bewegen,

Wegen dieser Schranke,

Ja, auch wegen dieser Schranke,

Die sich öffnen wird und die

Zerfleischen könnte.

 

 

 

Nein, ich glaube Tod, der Tod, mein Tod

Hat damit nichts zu schaffen.

 

Tod, der Tod, mein Tod

Sitzt völlig abseits

Und wird mich bedienen,

Aus Versehen oder weil es an der Unzeit ist,

Er wird mich sterben, ohne es zu merken,

Einfach so

Als Wort im Wort

Als ein Duett, von fremden Sängern vorgetragen,

Einfach als die Säule

Gotischer Gebäude in die Höhe steigen

Und in spitzen Bögen enden.

 

Fremd wird er mir bleiben müssen.

Mich wird er nie kennenlernen.

Tod geschieht im All,

Im Raum, geschieht in den Geräuschen,

Die im Urlaub auf der Straße bleiben,

Nicht betreffen können,

Weil sie einfach in die Stube dringen,

Und nicht heimisch werden können.

 

Tod wird mich bedienen,

Wird mich sterben,

Wird sich niemals um mich kümmern können.

 

 

Bist du zwei?

 

Du sagtest:“Ich bin zwei.“

Du sagtest noch:

„Was wächst, braucht Zeit.“

Brauchtest du dann doppelt Zeit?

 

Bist du, so wie du sagst,

Zwei Gärten, die, allein durch dich getrennt,

Ganz nahe beieinanderliegen?

Bist du Weg, der trennt?

 

Besucher kamen.

Sie vermuteten zu Recht

Das Ungeteilte.

 

 

 

Ziergras auf den Pfaden

Zwischen kleinen Beeten

Zog sich als der ausgerollte Teppich

Über eigentliche Schottersteige.

Jeder Schritt auf ihnen sollte federn,

Sollte Schreiten

Über einen Laufsteg werden.

 

Die Besucher sahen die Gefahr.

 

 

 

Vor Jahren hatte man,

Als ein Geschenk von dir,

An völlig andrer Stelle,

Einen abgeschnitt`nen Trauerweidenzweig

Kopfüber in den Sand gesteckt,

Und er steht heute,

Unverändert an demselben Platz,

Als großer Baum.

 

Er hat den Zaun, in den er anfangs wuchs,

Mit in die Luft gehoben.

 

So viel Glück,

Kann man nicht immer haben

 

 

Im Feuer eines blauen Lichtes

 

Du lauerst vor der Tür.

Du drängest gerne ein.

Du bist der Sandmann, der, statt Schlaf,

Den Frost verstreut.

Dich locken meine Augen.

 

Kälte, Eis,

Zwei Küsse, die mir letzten Endes

Gut gefallen könnten,

Könnte man sie sich am andren Morgen

Aus den Augen wischen.

 

Nein, nur kein Vertrauen,

Nur kein Schlaf in deinem Schoß,

In einem Bett aus Schnee;

Kein letztes Lächeln

Auf erstarrte Züge zwingen lassen.

 

 

 

Scheint die Sonne, perlst du aus.

Das Nass auf deiner Stirn bleibt stehen.

Durch das Eis des Sees schießt Riss um Riss,

Die Jauchzer und die langgezog`nen Seufzer

Deiner Schritte.

Ja, man sieht`s, du hörst dir selber zu.

 

Scheint keine Sonne,

Tobst du dich mit Beißen, Schneiden und Verwehen,

Oder schweigendem Verdecken, stiller Schönheit,

Aus.

 

 

 

In mancher Nacht zeigst du dich,

Wenn dir danach ist,

Ganz unbekleidet,

Trägst den weißen Mond im Haar.

Wer sich dir überlässt,

Dem brichst du, dem zerspringen die Gedanken

Noch im Kopf.

 

Die Eiskristalle, deine Leibesvögel,

Zünden Dunkelheit und Sonnenstrahlen an,

Sie steigen auf

Und irren sich zu Boden.

 

Tränen kennst du nicht.

Du stehst im Feuer eines blauen Lichtes,

Das tanzt über dich hinweg

Und huscht in letzte Winkel.

 

 

Der Herbst, ein großer Ball

 

Drüben, weiß ich,

Hängt gleich hinter diesem Vorhang, Nebel,

Schwarz das Netz der Äste, Zweige,

Deren Fang, die Blätter, die Blätter,

Schwer heruntertropfen.

 

Baum im Baum. Ich sehe ihn.

 

Ich müsste durch den Vorhang gehen,

Meine Hand aufs nasse Dunkelgrün

Der Rinde legen

Und nach oben in die Krone blicken.

Müsste, müsste….

 

 

 

 

Krähenschrei!

So unverhofft, so nah,

so in die Luft gekratzt….

Es wird der Krähenschrei

Zum Schrei der Luft, des Nebels,

Wird zum Schrei des Morgens,

Dass ich auf der Haut erschrecke.

Ausschau muss ich halten.

Meine Hand legt sich auf meinen Mund:

Ich war es nicht, der schrie.

Der Schrei aus meinem Mund

Kam her zu mir,

Und ich, der hörte,

Der die Augen lauschen ließ,

Sitz im Geäst ganz oben,

Dort, wo dieser Krähenvogel sitzen muss.

 

 

 

Der Stein, auf dem ich stehe,

Um noch mehr von diesem Nichts zu sehen,

Dieser Stein, so seh` ich`s unter mir,

Hält seine Augen zu.

Ich steh` auf ihnen.

Schwarz sind meine Flügel,

Weit und sanft ihr Schlag.

Ich stoß` mich ab

Und fliege, nah am Boden,

Über Furchen und Erhebungen.

Der Vorhang öffnet sich nach vorne,

Und er schließt sich hinter mir.

 

Blassgelb, mit weißem Rand in ihm,

Die Sonne über mir.

 

Der Herbst, ein großer Ball,

Rollt über alle Erde.

 

 

Die Zeit des Sommers

 

Mit den Augen male ich die Landschaft.

 

Drüben fallen Winde,

Denen ich als Reiter in die Mähne greife,

In die Wolken grüner Blätter.

 

Rauschen der Bewegung.

 

Klarinettenklänge,

Die sich spielend jagen

Und erhaschen

Und sich lassen.

 

 

 

Zwischendurch ein Zartgefühl,

Ein Rhythmus,

Schläge eines neuen Pulses,

Ein Gitarrenspiel:

Die Luft holt Atem.

 

Leises Klirren aus den Ästen,

Von den Blättern,

Eine Hand, die oben in die Zweige langt,

Ein Vogel.

 

 

 

So wünsch` ich mich mir:

Ganz von mir selbst erfüllt,

Und weit von mir entfernt,

Mit gar nichts zu erreichen

Und von mir nichts wissen wollend,

Und mit mir in meinem Kopf,

In ihm die Zeit des Sommers.

 

 

Frühlingsmorgen

 

Wüsst` ich doch,

Woher es kommt.

 

Ich stehe auf.

 

Es rührt ein wohliges Behagen

Mit der Kraft an meine Haut.

Genüsslichkeit und Kraft und Ruhe,

Neugier und Beredsamkeit der Sinne

Drängen mich ans Fenster,

Und ich schau hinaus.

 

Es reicht mir nicht,

Ich öffne es

Und atme tief den Frühlingsmorgen ein.

 

Ein Überfall im selben Augenblick.

 

 

 

Es stürzen sich auf mich

Die Spiegel roter, brauner Ziegeldächer,

Stimmen, die sich mögen, ineinander haken,

Und Gerüche, die im Mund und in der Nase liegen bleiben,

Vorgeschmack, den ich schon kenne.

….darin möchte ich mit einer Lust am Untergang

Ertrinken,

….darin drohe ich mich zu ertränken.

Ja, ich lebe auf,

Und es ist schön!

 

 

 

Ich strecke meine Arme,

Strecke meine Arme, dass ich sie erreiche,

Nach der Sonne aus.

Sie ist ganz nah.

Ich werde, wachse und entstehe,

Tänzerisch und pflanzengleich.

 

Mich kleidet alles, alles ist ein Stück von mir,

Und alles, alles löst mich in sich auf.

 

 

Du wusstest nicht….

 

Du wusstest nicht,

Ob ich verstehen würde.

Du erzähltest:

Hinter einer Dünenlandschaft,

Mitten in der rauen Sehnsucht

Hoher Nördlichkeit,

Verflacht das Land zum Meer.

 

Du wolltest mir von mir erzählen,

Und dir fiel dazu

Die Landschaft ein.

 

 

 

Der Boden dieses Meeres,

Den man Tag für Tag einmal begehen kann,

Wenn sich das Meer als Tier

In Putzsucht fast bis an den Horizont

Zurückzieht,

Und auf jeden äugt,

Der seinen Platz, das Watt, betritt,

Der Boden dieses Meeres, das sei ich.

 

 

 

Du wolltest mir von mir erzählen,

Und du wusstest nicht,

Ob ich verstehen würde.

Dabei hattest du mich längst

Bis an den Küstensaum geführt.

 

In meine Sohlen drückten sich,

Wie du es mir beschriebst,

Die harten Bodenwellen,

Sand auf Sand,

Die Spuren einer unentwegten Ruhelosigkeit.

Du sprachst zu mir.

Der Abstand zwischen uns war groß,

Ein scharfer Wind hielt seine Arme ausgebreitet.

Er fraß deine Worte,

Schlug die Lippen, als die Pendel offner Türen,

Auf und zu.